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Sichern Sie sich jetzt die Jubiläumsbox - 6 Romane erhalten, nur 5 bezahlen! Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt.Toni, der Hüttenwirt liebt es ursprünglich. In Anna hat er seine große Liebe gefunden. Für ihn verzichtete Anna auf eine Karriere als Bänkerin im weit entfernten Hamburg. Jetzt managt sie an seiner Seite die Berghütte. Ihre Serie hat Geschichte geschrieben. Die Idee dahinter hat exemplarischen Charakter. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Erfolgreiche Romantitel wie "Wenn das Herz befiehlt", "Tausche Brautkleid gegen Liebe" oder besonders auch "Irrgarten der Gefühle" sprechen für sich – denn sie sprechen eine ganz eigene, eine unverwechselbare Sprache. E-Book 295: Ein überraschender Besuch … E-Book 296: Wendy spielt Hochzeiterin! E-Book 297: Findet Wendy die richtigen Worte? E-Book 298: Tanja kehrt heim E-Book 299: Eine Verlobung zum Träumen E-Book 300: Endlich ist es soweit ...
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Seitenzahl: 757
Veröffentlichungsjahr: 2018
Ein überraschender Besuch …
Wendy spielt Hochzeiterin!
Findet Wendy die richtigen Worte?
Tanja kehrt heim
Eine Verlobung zum Träumen
Endlich ist es soweit ...
Franz Boller hatte im Großhandel eingekauft. Der Geländewagen war bis auf den letzten freien Zentimeter vollgepackt. Er parkte auf dem Parkplatz, um im Laden anzurufen.
Veronika nahm das Gespräch nicht an. Es war Mittagszeit und es gab sicher viel zu tun. Franz hatte seiner Frau schon oft vorgeschlagen, eine Aushilfe anzustellen, wenigstens im Sommer.
In der Saison kamen viele Urlauber nach Waldkogel, dann konnten er und seine Frau froh sein, wenn sie mal ein paar Minuten für sich hatten. Aber Veronika gab nicht gern etwas ab. Dabei ging es nicht um die Schmälerung des Gewinns, den sie mit dem Trachten – und Andenkenladen erwirtschafteten. Zumal sie im etwas tiefer gelegenen Teil des Geschäfts Haushaltswaren und Lebensmittel des täglichen Bedarfs anboten. Veronika war fest davon überzeugt, dass niemand so gut die Kunden bedienen und beraten konnte wie sie. Der Laden war ihr Leben. Sie und Franz hatten eine Arbeitsteilung: Franz war für das Lager, den Einkauf und die Kalkulation zuständig, Veronika bediente. Dabei unterhielt sie sich gern mit jedem, der den Laden betrat, natürlich besonders gern mit den Waldkoglern. Sie galt als sehr neugierig, denn sie hatte keine Hemmungen, jeden auszufragen und sich in alles einzumischen. ›Wenn du über jemanden etwas wissen willst, dann musst du nur die Veronika fragen‹, das wusste jeder in Waldkogel. Dabei wurde allgemein anerkannt, dass es Veronika Boller bei aller Einmischung niemals böse meinte. Im Gegenteil, sie galt als hilfsbereit.
Endlich sprang der Anrufbeantworter an. Veronikas Stimme erklang: »Grüß Gott! Hier ist der Trachten- und Andenkenladen von Franz und Veronika Boller in Waldkogel. Wir sind im Augenblick im Kundengespräch. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer. Wir rufen Sie zurück!«
Franz wartete den Piepton ab, dann sprach er auf den Anrufbeantworter: »Veronika, ich bin es, Franz. Du wirst viel zu tun haben. Ich wollte dir nur sagen, ich habe alles bekommen. Es hat ein wenig länger gedauert, aber ich fahre jetzt los. Nur damit du dir keine Sorgen machst, wo ich bleibe. Pfüat di!«
Franz legte auf. Er ließ den Motor an und fuhr los.
In Kirchwalden war um die Mittagszeit sehr viel Verkehr. Außerdem war an einer Hauptkreuzung die Ampel ausgefallen. Es gab einen Stau. Franz war froh, als er die kleine Landstraße nach Waldkogel erreichte, dort war wenig Verkehr. Er kam gut voran und musste hinter keinem landwirtschaftlichen Nutzfahrzeug hertuckern.
Mittagshitze lag über dem Marktplatz.
Franz stutzte, als er in Richtung des Ladens blickte. »Geschlossen?«
Alle Ständer und Körbe mit Waren, die sonst vor dem Geschäft auf dem Bürgersteig standen, waren weggeräumt. Die Ladentür war geschlossen. Innen hing das rote Schild mit der Aufschrift: ›Geschlossen‹ Darunter standen, in kleineren Buchstaben, die Öffnungszeiten.
Franz spürte, wie sein Herz schneller schlug. Die Gedanken überschlugen sich. War etwas mit Veronika? Er machte sich Sorgen. Dass der Laden an einem Werktag geschlossen war, war noch so gut wie nie vorgekommen! Und schon gar nicht, dass er nichts davon wusste.
Franz bekam feuchte Hände. Er steuerte das Auto in die Einfahrt und stieg aus.
»Franz!«, rief eine Stimme. Bürgermeister Fellbacher kam über den Marktplatz. »Was ist passiert, Franz? Warum ist das Geschäft geschlossen?«
»Fellbacher, das kann ich dir nicht sagen. Ich bin selbst erstaunt. Ich komme gerade aus Kirchwalden, vom Großhandelseinkauf. Halte mich nicht auf! Ich verstehe nicht, dass unser Geschäft geschlossen ist. Ich muss Veronika suchen. Hoffentlich geht ihr es gut«, stieß Franz Boller aufgeregt hervor.
»Veronika geht es gut. Ich habe beobachtet, wie sie alles hineingetragen und den Laden geschlossen hat.«
Für einen Augenblick war Franz erleichtert. Veronika schien bei bester Gesundheit zu sein. Aber was war dann vorgefallen?
»Ich muss wieder ins Rathaus, Franz. Schau doch später mal vorbei!«, rief Fellbacher ihm noch zu.
Franz nickte nur und eilte zur Hintertür. »Veronika! Veronika, wo bist du?« Er betrat die Ladenräume und roch Kaffee. »Veronika?«
»Hier bin ich, im Lager!«
Franz ging zum Lager. Verwundert blieb er im Türrahmen stehen und betrachtete seine Frau.
Veronika saß auf einem Stuhl, längs des großen Tisches, und hatte ihre Beine auf einen anderen Stuhl gelegt. Auf dem Tisch stand die Kaffeekanne aus Glas, die halbgefüllt war.
»Veronika, was ist los? Warum hast du den Laden zugemacht?« Franz trat zu seiner Frau, befühlte ihre Stirn. »Fieber hast du nicht. Bist du krank? Tut dir etwas weh? Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Nimm die Hand fort! Du ruinierst mir die Frisur. Schmarrn, ich bin doch nicht krank.«
»Was ist dann?«
»Das wirst du gleich erfahren. Nimm dir einen Becher und setze dich!«
Franz war mit seiner Frau über dreißig Jahre verheiratet. Wenn sie ihn aufforderte, sich Kaffee zu nehmen und sich zu setzen, wusste er, dass vorher kein Wort der Erklärung über ihre Lippen kam. Also kam er ihrer Bitte nach. Er schenkte sich Kaffee ein, setzte sich hin und trank einen Schluck.
Veronika schwieg immer noch.
»Himmelherrschaftszeiten! Maria-und-Josef«, schimpfte er ärgerlich. »Jetzt red schon! Warum ist der Laden zu?«
»Weil ich beschlossen habe, dass er geschlossen wird.«
»Du hast … einfach so … ohne mich zu fragen … warum?«, stieß Franz stotternd hervor. »Was soll das heißen? Wir müssen doch noch bis zur Rente arbeiten. Von was sollen denn leben, wenn wir den Laden nicht mehr haben?«
»Mei, Franz, doch nicht für immer! Erst mal für heute und vielleicht auch noch morgen«, erklärte Veronika. »Ich verpasse denen einen Denkzettel, das schwöre ich!«
Franz trank einen Schluck Kaffee. Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe kein Wort, Veronika. Jetzt sagst du sofort, was geschehen ist. Ich habe nicht ewig Zeit. Das Auto ist voller Zeug. Ich muss noch ausräumen, die Waren auspreisen und einsortieren«, stieß Franz jetzt genervt hervor. Auf der einen Seite war er froh, dass es Veronika gut ging. Auf der anderen Seite war ihm klar, dass sie mal wieder über das Ziel hinausgeschossen war. Das geschah bei ihrem Temperament öfter. Irgendetwas musste sie aufgebracht haben. »Sag endlich, was los ist!«
»Franz, ich habe mich geärgert. Schwarz habe ich mich geärgert. Alle, alle sind mir in den Rücken gefallen! Du hättest das erleben müssen. Ich stand hinter der Kasse. Alle haben sich darüber unterhalten und bereits Pläne gemacht. Sie waren Feuer und Flamme. Alle waren auf Wendys Seite. Sie haben mir überhaupt nicht zugehört. Ich war Luft für sie.«
»Wendy? Was ist mit ihr? Ist ihr etwas passiert?«
»Mei, die will uns Konkurrenz machen!«
Franz Boller legte die Stirn in Falten. »Da musst du etwas falsch verstanden haben, Veronika …«
»Du schwärmst wohl auch für das junge, fesche Madl? Die verdreht allen Burschen und Mannsbildern den Kopf. Erst hat man sie mit Kuno gesehen, dem Enkel vom alten Alois. Dann ist sie mit dem Simon Oberländer zusammen gewesen. Und wer ist der Nächste? Mit der ganzen Sache will sie wohl die jungen Burschen scharenweise auf die Alm locken.«
Franz Boller seufzte. »Ich weiß nicht, was das vorhandene oder nicht vorhandene Liebesleben von Wendy mit unserem Laden zu tun haben soll. Du kommst vom Thema ab, Veronika. Was hat das mit unserem Geschäft zu tun?«
»Ach, Franz, es geht doch nicht darum, mit welchen Burschen Wendy gerade herumpoussiert. Sie will einen kleinen Laden aufmachen, oben auf der Alm.«
»Auf der Alm?«, wiederholte Franz, als hätte er sich verhört.
»Ja, du hast mich genau verstanden, oben auf der Alm.«
Franz Boller konnte sich das nicht vorstellen. Er schüttelte den Kopf. »Wer hat dir das erzählt?«
»Niemand! Das ist es ja. Keiner unserer Kunden hat es für nötig gefunden, mir – uns – etwas zu sagen. Ich habe das zufällig erfahren, als sich zwei Waldkoglerinnen unterhielten. Dann kamen mehr Kundinnen in den Laden. Du weißt doch, Franz, vor dem Mittag, bevor sie anfangen zu kochen, kommen die Hausfrauen zum Einkaufen. Und am Schluss haben alle sich darüber unterhalten.«
»Du hast nicht nachgefragt?«
»Natürlich habe ich das gemacht. Ausgelacht wurde ich, weil ich noch nichts davon gehört hatte.«
Franz Boller rieb sich die Stirn. Er verstand das Ganze nicht. »Und was für einen Laden will Wendy eröffnen?«
»Sie will Getränke verkaufen, Süßigkeiten, Andenken und Sachen, die Wanderer und Bergfreunde haben wollen, Ansichtskarten, Andenken. Tische und Stühle soll es geben. Es soll so ein Art erweiterter Kiosk werden. Die Frauen haben davon gesprochen, dass sie über Wendy auch Sachen anbieten könnten, selbstgestrickte Handschuhe zum Beispiel.«
Franz schüttelte den Kopf. »Und dass hat dich so getroffen, dass du den Laden geschlossen hast?«
»Ja, ich war einfach ärgerlich. Sie haben mich direkt angegriffen. Eine hat gesagt, es wundere sie doch, dass ich noch nicht auf diese Idee gekommen sei, wo ich doch so geschäftstüchtig sei. Da müsste erst ein Madl aus Norwegen kommen. Aber genau genommen stimmt das nicht. Toni ist Wendys Vater und somit ist die Wendy zur Hälfte aus Waldkogel. Jedenfalls werden wir das zu spüren bekommen, Franz, wenn sie ihren Kiosk eröffnet hat. Wir machen um zwanzig Uhr den Laden zu. Sie will bis Mitternacht geöffnet haben, erzählen die Leut.«
»Veronika, ich habe dir zugehört, aber es ergibt doch keinen Sinn. Überlege mal! Bist du ernstlich der Meinung, sie könnte oben auf der Alm Umsatz machen? Wer wird schon die Mühe auf sich nehmen, hinaufzufahren?«
Veronika schüttelte den Kopf. »Es gibt genügend Orte in den Bergen, die haben solche Kioske, die bis spät in der Nacht geöffnet haben. Und ich sage dir, die Leut werden sich dort versammeln. Sie werden ein bisserl einkaufen. Die jungen Leute gehen da bestimmt hin. Das Café Jakob hat nicht bis Mitternacht offen. Bisher deckten sich die jungen Burschen hier mit Getränken ein, wenn sie abends feiern wollten. Und wo gingen sie hin, wo haben sie sich verabredet? Dir muss doch bekannt sein, dass es bestimmte Heustadl sind und Almhütten, die nicht bewohnt sind und nicht genutzt werden. Dort treffen sie sich und sind unter sich. Damit ist jetzt Schluss. Wendy wird ihnen mehr bieten. Hinter der Almhütte können sie bequem auf der Wiese parken. Am Ende macht sie dort oben noch eine Disco auf«, redete sich Veronika immer mehr in Fahrt.
Franz trank einen Schluck Kaffee. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Veronika, du musst etwas falsch verstanden haben.«
»Habe ich nicht! Ich weiß doch, was ich gehört habe«, erwiderte Veronika ärgerlich und rollte mit den Augen.
»Und du hast dich geärgert.«
»Genau, ich habe mich sehr geärgert. Franz, du weißt es selbst, wir arbeiten bis zum Umfallen. Wir halten alle Artikel bereit, auch solche, die selten verlangt werden. Und wenn mal jemand etwas vergessen hat und bei uns klingelt, außerhalb der Geschäftszeiten, dann waren wir immer hilfsbereit. Und jetzt sind wir Luft. Alle fragen sich, wann es losgeht.«
Franz Boller seufzte innerlich. Er versuchte sich ein Bild zu machen. Dass Veronika sehr empfindsam war, das wusste er. Deshalb war sie sehr empfänglich für Kritik.
»Du hast dich so darüber geärgert, dass du den Waldkoglern einen Denkzettel hast verpassen wollen?«
»Ja, genauso ist es. Sollen sie doch sehen, wie das ist, wenn unser Laden geschlossen ist. Ich habe mich so geärgert, Franz. Es war demütigend. Sie standen in unserem Laden, direkt vor mir an der Theke und begeisterten sich für den neuen Kiosk, Laden, was für ein Ding es auch sein wird und wie immer es heißen wird«, schimpfte Veronika. Sie atmete tief ein, bevor sie weiter sprach. »Jedenfalls hatte ich keine Freude mehr am Bedienen. Da habe ich zugemacht.«
Franz Boller lächelte seine Frau an. »Veronika, ich verstehe, dass du dich geärgert hast«, sagte er sanft. Er fand nicht, dass Veronika recht hatte, aber es wäre sinnlos, mit ihr sachlich über die Sache zu sprechen. Es war schon öfter vorgekommen, dass sie sich in etwas verrannt hatte. Je mehr er ihr widersprochen hatte, desto mehr hatte sie ihre Einstellung verteidigt. Er wusste, nun konnte jedes Wort zuviel sein, weil Veronika in solchen Situationen alles in den falschen Hals bekam. So gab sich Franz ruhig und ein wenig besorgt. Er schwieg, wenn auch aus anderen Gründen, als Veronika vermutete.
»Jetzt sagst du auch nix mehr, Franz. Und ich sage dir noch etwas: Waldkogel war bisher eine Ausnahme in dem ganzen Touristenzirkus. Hier war es immer ruhig. In Waldkogel gab es nie einen Touristenrummel, wie in vielen Bergdörfern, in denen sich ein Verkaufsstand an den nächsten reiht. Aber das scheint sich jetzt zu ändern, Franz. Wenn Wendy erst mal damit angefangen hat, dann werden die anderen Almen nachziehen.« Veronika seufzte. »Ach, Franz, da fällt mir noch etwas ein. Die Alma Geller war auch dabei und redete mit. Sie schlug vor, dass Wendy auch Briefmarken verkaufen könnte, wenn sie schon Ansichtskarten anbietet. Sie will mit ihren Sohn sprechen. Als Postmeister von Waldkogel soll er einen Antrag stellen, dass dort oben ein Briefkasten anbracht wird. Wenn er die Post für die Berghütte an der Alm abgibt, könnte er ihn leeren.«
Franz Boller schüttelte den Kopf.
»Gell, jetzt bist du auch überrascht, Franz.«
»Wenn an der Geschichte etwas dran ist, wäre zu überlegen, was wir tun«, sagte Franz leise. Er hatte es mehr zu sich selbst gesagt. »Uns wird schon etwas einfallen, Veronika. Wir haben doch immer für alles eine Lösung gefunden. Ich verstehe, dass du dich geärgert hast. Gut, lassen wir den Laden bis zum Abend geschlossen. Nimm das Auto und fahre nach Kirchwalden. Mach dir einen schönen Nachmittag. Ich räume das Auto aus und kümmere mich um die Waren. Du hast doch Freundinnen in Kirchwalden, die du schon längst einmal besuchen wolltest. Rufe sie an. Verabrede dich mit ihnen.«
»Franz, das ist eine gute Idee. Ich brauche wirklich Abstand. Machst du den Laden später wieder auf?«
Franz schüttelte den Kopf. »Nein, wir lassen ihn heute Nachmittag geschlossen. Es trifft sich gut. Ärzte und Apotheken haben Mittwochnachmittags auch geschlossen, jedenfalls viele. Morgen Früh machen wir wieder auf. Sollte dich jemand fragen, warum geschlossen war, dann ist das eine gute Ausrede. Wir wollten eben mal testen, wie es aufgenommen wird, wenn wir einen Nachmittag in der Woche geschlossen haben. Das kann uns niemand verdenken. Wir haben im Sommer am Samstagnachmittag bis zum Abend offen und am Sonntag ebenso, wegen der Touristen.« Franz sah seine Frau an. »Veronika, wir lassen alles auf uns zukommen. Ich denke, es wäre gut so zu tun, als hättest du nichts gehört.«
Veronika dachte einen Augenblick nach und nickte dann. »Du hast recht, Franz. Du bist ein kluger Bursche. Ich weiß schon, was ich an dir habe. Du behältst immer den Überblick. Wenn mich jemand fragt, ob ich etwas gehört hätte, dann sage ich, dass … dass ….«
»Dass du dir das nicht vorstellen kannst. Sicher wäre da etwas völlig falsch verstanden worden, wie das bei Gerüchten so ist«, vollendete Franz Boller den Satz seiner Frau.
Er stand auf und trank den Rest Kaffee aus.
»So und du machst dich jetzt fein für die Stadt. Ich fahre das Auto hinten in den Hof und lade es aus. Dazu brauche ich nicht lange. Ich lagere die Waren vorläufig in der Garage. Später hole ich sie nacheinander herein, preise sie aus und räume sie in die Regale. Du nimmst das Auto, besuchst deine Freundinnen und machst dir einen schönen Nachmittag, einen echten Weibertag.«
»Ja, so mache ich es.«
Veronika nahm die Beine vom Stuhl und stand auf. Sie schenkte ihrem Franz ein warmes Lächeln und ging nach oben in die Wohnung, sie wollte sich noch umziehen.
Als sie gegangen war, blieb Franz im Lager stehen und dachte nach. ›An Gerüchten ist immer etwas Wahres dran‹, überlegte er. Etwas musste im Gange sein. Niemand würde sich einfach so eine Geschichte ausdenken. Aber er war sich sicher, dass er es herausfinden würde. Er wusste schon, mit welchem Trick er die gewünschte Information bekommen würde.
Nachdem Veronika sich auf den Weg nach Kirchwalden gemacht hatte, griff Franz Boller zum Telefon. Er rief im Rathaus an.
Weil noch Mittagspause war, nahm Bürgermeister Fritz Fellbacher das Gespräch selbst entgegen.
»Fritz, ich bin es, der Franz Boller. Hast du Zeit? Kannst du rüber kommen?«
»Hast du herausgefunden, warum deine Veronika den Laden geschlossen hat?«
»Komm rüber! Das lässt sich schlecht am Telefon erklären.«
»Ja, ich komme. Sagen wir in zehn Minuten. Gina hat noch Mittagspause. Sie ist aber immer pünktlich.«
»Gut! Ich warte. Komm hinten herum, über den Hof!«
»Mache ich, Fritz!«
Sie verabschiedeten sich und legten auf.
Es dauerte eine Viertelstunde, dann kam Bürgermeister Fritz Fellbacher.
Franz begrüßte ihn herzlich. Er nahm ihn mit ins Lager. Dort hatte er den Tisch gedeckt. Es gab Delikatessen, die er aus Kirchwalden mitgebracht hatte.
»Gibt es etwas zu Feiern?«, fragte Fellbacher. Er war sich nicht sicher, ob er etwa einen Jubiläumstermin vergessen hatte.
»Naa, es gibt nix zu Feiern, Fritz. Außer vielleicht, dass Veronika in die Stadt gefahren ist, ihre Freundinnen zu besuchen. Da hat man doch mal Zeit für ein Männergespräch, ohne weiblichen Kommentar«, lachte Franz Boller.
Fritz Fellbacher schmunzelte.
»Ja, ja die Weiber, die sind gelegentlich schwer zu verstehen. Meine Irene hat auch ihre schwierigen Seiten. Bitte verstehe mich Recht, ich liebe meine Irene, und wir haben fünf Kinder zusammen. Aber es ist ein Unterschied, ob sich ein Mann mit einer Frau unterhält oder ob er mit einem Mann redet. Da stimme ich dir zu, Franz.«
»Dass du deine Irene so gern hast, wie ich meine Veronika, das müssen wir nicht diskutieren. Ich wollte mich einfach mit dir in Ruhe unterhalten. Und als ich hörte, dass du über Mittag im Rathaus gewesen bist, dachte ich mir, gegen eine Brotzeit hast' nix einzuwenden. Ich habe Bier und Obstler. Dort drüben sind verschiedene Sorten, suche dir etwas aus.«
Fellbacher lachte laut. »Sag mal, Franz, was hast du mit mir vor? Willst du mich bestechen?«
Sie lachten beide.
Fellbacher nahm sich ein dunkles Bier. Sie fingen an zu essen. »So, Franz, jetzt sagst du mir, was geschehen ist.«
»Eigentlich nix«, spielte es Franz Boller herunter, »nur, dass sich Veronika heute Morgen im Laden über einige Weiber geärgert hat. Sie ist eben ein bisserl überarbeitet. Es wird Zeit, dass der Sommer zu Ende geht, und es wieder ruhiger wird. Es war ihr einfach zuviel. Aber das bleibt unter uns, Fritz.«
»Das verspreche ich dir.«
»Danke«, sagte Franz. »Ich habe meine Veronika sehr gern, aber manchmal habe ich es nicht leicht. Da setzt sie sich etwas in den Kopf und ist nur schwer davon abzubringen. Nun, wenn sie heute Abend kommt, wird sie einen schönen Nachmittag gehabt haben und vergnügt sein.« Franz Boller öffnete sich auch ein Bier und schenkte ein.
Sie prosteten sich zu und tranken.
Fritz Fellbacher grinste. »Franz, dir brennt doch was auf der Zunge. Sonst würdest du dir nicht so eine Mühe geben und mich bewirten. Ich kann eins und eins zusammenzählen.«
»Du bist ein schlauer Fuchs, Fritz«, schmunzelte Boller.
»Ich versuche, ein guter Politiker und Bürgermeister zu sein.«
»Das bist du, Fritz.«
»Danke, aber hör jetzt auf, mir Honig ums Maul zu schmieren. Um was geht es?«
Franz atmete aus und trank einen Schluck Bier. Er sah Bürgermeister Fritz Fellbacher in die Augen, als er fragte: »Fritz, was ist an dem Gerücht dran, dass die Gemeinde Waldkogel ein Gewerbegebiet entlang des Milchpfads ausweisen will?«
»Wie bitte? Hier in Waldkogel? Ein Gewerbegebiet? Entlang des Milchpfads?«, wiederholte Fellbacher in Halbsätzen und starrte Franz an.
»Ja, das erzählt man sich«, behauptete Franz, mit einem ernsthaften Nicken.
Fellbacher schaute erst ganz verwundert, dann, nach einigen Schrecksekunden, brach er in schallend lautes Gelächter aus. »Franz, wenn heute der erste April wäre, würde ich sagen, da hat sich jemand einen saftigen Aprilscherz geleistet. Aber wir haben nicht den ersten April. Trotzdem ist es ein Scherz, ein übler Scherz. Das ist ein gemeiner und hinterhältiger Witz. Aber ich kann mir denken, was oder besser, wer dahinterstecken könnte. Das hat bestimmt der Huber Franz, der Strohmann vom Ruppert Schwarzer, in Umlauf gebracht. So ein elender Bazi!«, schimpfte er.
»Du solltest niemand verdächtigen, bevor du Beweise hast«, sagte Franz Boller. Er verschwieg, dass er Fellbacher aufs Glatteis geführt hatte.
»Stimmt, Beweise habe ich nicht. Ich gebe auch zu, dass du der Erste bist, der mich darauf anspricht. Es scheint dich zu beschäftigen?«
»Ja, das gebe ich zu. Weißt du, hier im Laden hört man so allerlei.«
»Ja, das ist so. Vielleicht sollte ich eine Zweigstelle bei euch einrichten, damit ich über alles informiert bin«, witzelte Fellbacher. »Was erzählt man sich so? Nun mal ein bisserl genauer, Franz!«
»Gut, ich erzählte es dir. Du vergisst aber ganz schnell, dass ich es dir gesagt habe, Fritz.«
»Darauf kannst du dich verlassen. Zuträger muss man immer schützen, sonst erfährt man bald nichts mehr. Also, was ist jetzt?«
»Oh, es wird mächtig spekuliert. Jeder macht Pläne, wie er aus den Wiesen entlang des Milchpfades Geld herausschlagen kann. Die meisten, die dort Grundbesitz haben, denken darüber nach, selbst etwas zu eröffnen. Natürlich geht es dabei um Tourismus. Da ist alles dabei, vom Hotel, einem Freizeitpark am Berg, bis zu einem Laden, mit Bedarf für Wanderer und Bergsteiger, der bis Mitternacht offen haben soll.« Fritz ließ seiner Fantasie freien Lauf, damit es glaubhafter wirkte.
Fellbacher schüttelte den Kopf. »Was für ein Schmarrn! Fritz, da muss jemand zu tief ins Glas geschaut haben. Waldkogel bleibt, wie es ist. Wir sind ein Ort, der auf die Schönheit der Natur setzt. Da wird nix verschandelt. Allen geht es doch gut hier. Ich sage dir etwas, Franz. Wir sind der Zeit weit voraus. Bei uns gab es keine Skilifte und Seilbahnen. Wir sind für sanften Tourismus. Und ich sage dir, die Bettenzahlen steigen jedes Jahr. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe verkleinern den Viehbestand und bieten Ferien auf dem Bauernhof an. Das ist eine sehr gute Entwicklung. Und sie wird Bestand haben, dessen bin ich mir sicher.«
Franz nickte und aß etwas.
»Du siehst nachdenklich aus, Franz.«
»Ja, das bin ich auch. Ich habe gerade daran gedacht, dass es in anderen Nachbargemeinden Rastplätze mit einem Kiosk gibt.«
Fellbacher grinste. »Aha, jetzt hast dich verraten, Franz! Willst du mir andeuten, dass ihr gern in den Bergen einen Kiosk betreiben würdet?«
»Bewahre, Fritz! Wir haben in unsrem Laden genug zu tun. Und ob wir wollen oder nicht, wir werden jedes Jahr ein Jahr älter. Wir wollen weniger tun, nicht mehr. Im Augenblick überlegen wir, ob wir im Sommer einen Nachmittag schließen, so wie heute. Schließlich haben wir im Sommer jeden Tag lange geöffnet, auch am Wochenende. Apotheken und Ärzte haben Mittwochnachmittags geschlossen«
Fellbacher sah Franz erstaunt an. »Wirklich? Mei, das wird die Waldkogler verwundern. Überlegt es euch noch einmal, Franz.«
»Das werden wir. Wir haben das heute nur einmal testen wollen. Das heißt, Veronika hat sich spontan dazu entschlossen, während ich in Kirchwalden war. Es war ihr allein plötzlich alles ein bisserl viel, denke ich. Das wird sie zwar nie zugeben. Lass dir bitte nichts anmerken, Fritz.«
»Du kannst dich auf mich verlassen«, sicherte ihm der Bürgermeister zu.
Franz Boller trank einen Schluck Bier. »Fritz, ich muss dir gestehen, es beruhigt mich sehr, dass das dumme Gerede von einen Gewerbegebiet am Milchpfad nur eine Seifenblase ist, die irgendjemand aufgeblasen hat.«
»Ganz bestimmt, Franz. Da musst du dich nicht beunruhigen. Es bleibt alles so, wie es ist. Außerdem wäre das nicht umzusetzen. Der Hang ist viel zu steil. Welches Gewerbe sollte sich dort freiwillig ansiedeln?«
»Stimmt! Nur die ehemalige Oberländer Alm, mit der großen Wiese hinter der Almhütte, würde sich dafür eignen.«
»Da hast du recht, Fritz. Aber Toni braucht die Alm. Es war schon immer so, das die Alm die Berghütte jeden Tag mit frischer Milch, mit Butter und Käse versorgt hat. Daran wird sich nichts ändern. Die Oberländers haben es in dem Vertrag, den sie mit Toni und Anna geschlossen haben, als sie ihnen die Alm überließen, sogar festgeschrieben, dass die Alm bleiben muss. Nein, da wird sich nichts ändern, zumal Toni sehr naturverbunden ist. Und Wendy liebt die Alm. Ich habe sie neulich besucht. Sie hat sie wunderschön renoviert. Wenzel und Hilda sind begeistert und stolz auf sie, als würde sie zur Familie gehören.«
»Wendy ist ein tüchtiges Madl, Fritz. Sie kann zupacken. Allerdings füllt sie die Alm doch bestimmt nicht aus, stelle ich mir so vor.«
»Oh, darüber hat sie nicht gesprochen. Sie scheint sich nicht zu langweilen. Wenn sie mit ihrer Arbeit auf der Alm fertig ist, wandert sie oft hinauf auf die Berghütte und hilft dort aus.«
»Ja, das habe ich auch schon gehört. Ich war noch nicht auf ›Wendys Alm‹, wie sie jetzt heißt.«
»Das solltest du einmal machen, Franz.«
»Ach, Fritz, gern, aber woher nehme ich die Zeit?«
»Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«, schmunzelte Bürgermeister Fellbacher. Er schaute auf die Uhr. »Ich könnte noch gern und gut eine Weile bei dir hier sitzen und plaudern, Franz. Aber ich muss rüber ins Rathaus. Gina wird schon warten. Es sind Briefe zu unterschreiben, die heute noch zur Post müssen.«
»So hat jeder seinen Termindruck, Fritz«, bemerkte Franz Boller lächelnd.
»Du sagst es! Und danke, dass du mir erzählt hast, welches Gerücht die Runde macht. Weißt du, mich wundert das nicht. Gerüchte ohne jeden Funken Wahrheit werden gern ausgestreut, um herauszufinden, wie sie aufgenommen werden.«
»So ein Art Testballon?«, warf Franz ein.
»Du sagst es, Franz. Ein Gewerbegebiet am Milchpfad wird es nie geben, jedenfalls nicht, solange ich Bürgermeister bin, und das werde ich sicherlich noch eine Weile sein. Wir, der Gemeinderat und ich, haben uns nicht umsonst jahrelang bemüht und alles getan, damit Ruppert Schwarzer hier nicht Fuß fassen kann. Bist du jetzt beruhigt?«
»Oh, ich war nicht beunruhigt. Ich war nur verwundert. Da dachte ich, frage dich.«
»Das war gut so, Franz. Aber jetzt muss ich wirklich gehen.«
Fritz Boller brachte Bürgermeister Fellbacher bis auf die Straße. Dann verabschiedeten sie sich.
Im Rathaus rief Bürgermeister Fellbacher sofort Gina in seine Amtsstube. »Gina, mach bitte die Tür zu, ich muss dich etwas fragen.«
»Die Tür ist zu, ich meine, die Tür draußen. Wir sind allein. Heute Nachmittag sind keine Öffnungszeiten«, erinnerte sie ihren Chef.
»Hast du von dem Gerücht gehört, dass es ein neues Gewerbegebiet entlang des Milchpfades geben soll? Das wird nämlich erzählt.«
Gina staunte. »Nein, davon habe ich noch nichts gehört. Und angesprochen hat mich auch noch keiner. Die Leute versuchen mich ja immer auszufragen.«
Fellbacher rieb sich das Kinn. Er bat Gina, die Ohren offenzuhalten.
Der Nachmittag verging. Fellbachers Gedanken kehrten immer wieder zu dem Gespräch mit Franz Boller zurück. Sein Gefühl sagte ihm, dass etwas im Gange war. Aber was?
Franz nahm sich vor, bald Toni auf der Berghütte zu besuchen und auf dem Weg kurz bei Wendy vorbeizuschauen. Vielleicht erfuhr er so etwas.
*
Die große Wandergruppe stand auf dem Geröllfeld. Nacheinander verabschiedeten sie sich von Toni.
»War sehr schön!«
»Hat uns gut gefallen!«
»Es war wirklich ein Erlebnis!«
Solche und ähnliche Sätze bekam Toni zu hören. Er lächelte und wünschte eine gute Heimreise. Jeden verabschiedete er mit einem herzlichen: ›Pfüat di!‹«
Toni blieb noch auf der Terrasse stehen und sah den Hüttengästen nach, als sie aufbrachen und im Gänsemarsch, hintereinander weg, den Pfad hinunter zu ›Wendys Alm‹ einschlugen.
Er ging zu Anna in die Küche.
»Sind sie fort?«, fragte sie.
»Ja und sie waren begeistert. Ich vermute, sie melden sich nächsten Sommer wieder.«
Anna legte die Stirn in Falten. »Herr im Himmel, verschone uns vor Pest und Cholera und solchen Gästen!«, stöhnte sie.
Toni schmunzelte. Er schlang die Arme um sie und zog sie an sich. »So schlimm? Ich habe dich noch nie fluchen gehört.«
»Toni, das war kein Fluch. Ich bin nur froh, dass sie fort sind. Sie waren sehr anstrengend, diese Bergneulinge. Die Betonung liegt auf ›neu‹, Toni.«
»Ja, das waren sie. Gut, dass wir unsere Stammgäste haben.«
»Oh ja! Und viele davon sind schon die Enkel von denen, die als junge Burschen zu Alois auf die Berghütte kamen.«
Der alte Alois kam in die Küche. Er hatte draußen im Wirtsraum Gläser gespült und das Gespräch zwischen Toni und Anna gehört.
»Ich schenke einen Obstler ein für uns alle. Wir haben ihn verdient. Anna, du bist großartig gewesen. Dich konnte nichts aus der Ruhe bringen. Das hast du wirklich großartig hinbekommen mit diesen Großstadtheinis.«
»Danke, Alois! Die ›Heinis‹ waren nicht so schlimm wie die ›Tussis‹, die dabei waren«, lachte Anna. »Was die Eine für ein Theater gemacht hat, als ihr ein Fingernagel abgebrochen ist. Als sei das der Weltuntergang. Und als sie erfuhr, dass es in Waldkogel kein Nagelstudio gab, brach die Welt zusammen.«
Alle lachten.
»Ist sie wirklich nach Kirchwalden gefahren, um sich die Nägel machen zu lassen?«, fragte Toni. »Ich war an dem Vormittag unten bei meinen Eltern und einkaufen.«
»Ja, das war sie. Da die Gruppe mit einem gecharterten Reisebus gekommen war, hatte die Dame«, bei dem Wort schmunzelte Anna, »kein Auto. Sie bestellte sich in Kirchwalden ein Taxi, das sie auf ›Wendys Alm‹ abholte. Sie kam auch mit einem Taxi zurück.«
»Alles wegen einem abgebrochenen Fingernagel?«, vergewisserte sich Toni noch einmal.
»Ja, für so ein feines Madl ist das wichtig«, grinste der alte Alois. »Wir können so etwas nicht verstehen.« Alois schenkte ein.
»Trinken wir auf die wahren Bergfreunde, die echten Bergbegeisterten«, sagte Toni.
Sie prosteten sich zu und tranken.
»Was ich nicht verstehe, jeder hatte eine neue Kletterausrüstung dabei. Ich dachte anfangs, sie sind wirklich am Klettern und Bergsteigen interessiert und haben Erfahrung«, bemerkte Toni.
»Ein paar hatten Erfahrung«, berichtete der alte Alois. »Ich habe mich gut mit ihnen unterhalten. Aber die meisten waren Büroleute, die kaum die Natur kennen, weil sie die meiste Zeit in Zimmern mit Klimaanlagen verbringen. Sie gehen zwar ins Sportstudio, habe ich erfahren, aber Klettern und Wandern am Berg, das war ihnen zu viel. Die erste Tour brachte sie bereits an ihre Leistungsgrenzen. So haben sie es vorgezogen, die Tage auf der Terrasse zu verbringen.«
»Vielleicht sollte man dafür eine Bezeichnung haben, wie ›Après-Ski‹? Ich habe es! Sie haben ›Après-Berghütte‹ gemacht«, lachte Anna. »Dabei kann man sich nicht einmal einen Fingernagel beschädigen.«
»Was sind wir böse, Anna«, schmunzelte Toni.
»Nein, sind wir nicht. Ich für meinen Teil bin nur erschöpft. Jeden Morgen frische Wäsche, für jedes Bett und jedes Matratzenlager, weil sie es von den Hotels so gewöhnt sind. Der Schuppen ist voller Wäsche. Zwar haben sie extra dafür bezahlt, aber ach … lassen wir’s lieber. Vergessen wir die letzten beiden Wochen«, seufzte Anna.
Toni gab ihr einen Kuss.
»Ich bin sicher, sie kommen öfter«, bemerkte Alois. »Der Zauber der Berge lässt niemand los. Wenn sie wieder in der Hektik der Großstadt sind, werden sie sich nach der Berghütte sehnen und der Ruhe. Ich habe es oft erlebt. Hüttengäste kamen hier zum ersten Mal an und waren verwundert. Vielleicht sage ich besser erstaunt. Sie erlebten einen Kulturschock. Sie hätten sich nie vorstellen können, dass man so einfach leben kann. Sie staunten. Aber sie spürten, wie sich langsam diese Einfachheit in ihre Herzen einschlich. Von dort aus eroberte es alle Hirne«, schmunzelte Alois. »Ich habe damals zu meiner lieben Hedwig gesagt, das wird schon, lass ihnen Zeit. Sie werden die Vorteile schon erfassen und sie werden die eifrigsten Bergfreunde werden. Und ich sage euch, das war es. Später lachten sie über sich selbst, wenn sie an ihren ersten Aufenthalt dachten. Jeder Mensch hat sich seine eigene Welt geschaffen und nimmt an, dass es überall so oder so ähnlich sein müsste. Anna, Toni, seid nachsichtig mit den Neulingen! Sie hielten sich für die Größten, machten Fitness und träumten davon, Gipfel zu erobern. Das werden sie auch. Ein, zwei, drei Jahre werden ins Land gehen, bevor sie sich oben auf dem Gipfel des ›Engelsteigs‹ im Gipfelbuch verewigen. Sie haben erkannt, welche Kraft eine Bergwanderung kostet.« Alois schmunzelte. »Und die Madln werden erkennen, dass es schwierig ist, mit langen Fingernägeln ein Seil zu umfassen, sich richtig daran zu klammern. Ich sage euch, so schwierig sie waren und welche Ansprüche sie auch stellten, im Grunde waren sie verunsichert.«
»Verunsichert?«, fragte Anna nach.
»Ja, das waren sie. Sie sind gewöhnt, immer alles zu haben und zwar alles auf eine bequeme Weise, Strom aus der Steckdose, warmes Wasser aus der Dusche und, und, und … Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Sie können nichts dafür. Das ist eben die moderne Zeit. Aber sie haben die Sehnsucht nach dem einfachen Leben in sich, auch wenn ihnen das vielleicht nicht bewusst ist.«
Toni rieb sich das Kinn. »Alois, ich denke, du hast recht. Und gegen Ende des Aufenthalts hatten sie sich gut eingewöhnt. Auf jeden Fall waren sie begeistert. Ihre Augen haben richtig geleuchtet vor Begeisterung. Einige haben mir erzählt, sie wollten in einem Sportstudio in München an einer Kletterwand üben.«
»Das hört sich doch gut an, Toni«, sagte Alois. Er dachte dabei, dass diese Hüttenbesucher sich teilweise wie Kinder verhalten hatten, die ein bisserl an die Hand genommen werden mussten. Früher, als Alois noch jung gewesen war, war er mit Neulingen einen Tag oder ein und einen halben Tag in die Berge gegangen. Er war mit ihnen gewandert. Auf der von ihm gewählten Tour konnten die Neulinge lernen, wie man sich am Berg bewegt und sich verhält, einschließlich einer kleinen Felswand, die sie überwinden mussten. Dabei hatte er ihnen mit Rat und Tat zur Seite gestanden.
»Toni, für solche Fälle wäre es gut, wenn wir Neulingen erfahrene Bergführer anbieten könnten«, sagte Anna, als hätte sie Alois' Gedanken erraten.
»Das ist eine gute Idee, Anna. Aber woher nehmen?«
Doch dafür hatte Anna auch eine Idee. Sie riet Toni, mit seinen Freund Leo zu sprechen, der Leiter der Bergwacht in Kirchwalden war und Hubschrauberpilot.
»Toni, irgendwann scheiden bei der aktiven Bergwacht Ältere aus dem aktiven Dienst aus und konzentrieren sich auf die Verwaltung. Sie haben Erfahrung und sind bestimmt gute Lehrer für jeden Neuling am Berg. Freude macht es ihnen bestimmt auch. Ich bin sicher, dass Leo gern einen Mitarbeiter dafür freigibt.«
»Anna, das ist eine gute Idee. Leo will ohnehin morgen einen der vorgeschriebenen Übungsflüge absolvieren. Dabei bringt er uns wieder das Bier herauf.«
Toni lächelte. Ohne die Übungsflüge, bei denen sein Freund regelmäßig die Bierfässer herauf flog, wäre die Betreibung der Berghütte nicht so bequem. Aber diese Geste hatte für alle Seiten Vorteile. Die vollen Bierfässer und die leeren auf dem Rückflug stellten Ballast dar, den Leo, als Ersatz für Personen auf dem Übungsflug mitnehmen musste. Dass Toni und Anna regelmäßig die Männer der Bergwacht zu einem Hüttenabend einluden, war selbstverständlich.
»Jemand von der Bergwacht kann beides vermitteln, Begeisterung für die Berge und Ehrfurcht vor der Natur. Ebenso den Respekt vor den Gefahren am Berg und wie man ihnen begegnen sollte«, sagte Toni.
Alois hielt das auch für eine gute Idee. »Komm, wir setzen uns einen Augenblick hin und trinken einen Kaffee!«
Anna schüttelte den Kopf. »Es ist noch zu früh für die Pause. Es ist noch so viel zu tun.«
»Ja, ich weiß. Aber das schaffen wir. Jetzt setzen wir uns hin und machen eine Extrapause. Wir atmen durch und sammeln neue Kräfte.«
Toni schob Anna aus der Küche in den Wirtsraum und drückte sie auf einen Schaukelstuhl am Kamin.
Benno, der junge Neufundländer, kam und bettelte um Streicheleinheiten.
Es dauerte nicht lange, dann brachte Toni zwei große Becher mit Kaffee. Er setzte sich neben sie.
»Setzt sich Alois nicht dazu?«, fragte Anna.
»Nein, er hat beschlossen, einen seiner berühmten Eintöpfe zu kochen. Heute gibt es nur Eintopf und Brot, sagt er, damit du mit der Kocherei nicht so viel Arbeit hast. Du hast ja noch viel Wäsche zu machen.«
»Wie lieb von ihm«, lächelte Anna.
Eine ganze Weile saßen Toni und Anna still da und tranken Kaffee. Sie dachten über die vergangenen zwei Wochen nach und über das, was Alois gesagt hatte. Ihre kritischen Ansichten über die Schickimicki-Hüttengäste schlugen um.
Toni nahm sich vor, mit Markus zu telefonieren, der so etwas wie der Organisator gewesen war. Er wollte ihm für das nächste Mal einen Art Einführungskurs in die herrliche Bergwelt anbieten.
Plötzlich schlug sich Toni mit der Hand auf den Oberschenkel. Das Geräusch, das dabei das Leder seiner Kniebundhose verursachte, riss Anna aus ihren Gedanken.
»Mei, Anna, jetzt hätte ich beinahe vergessen, es dir zu sagen. Aber das war bei dem Trubel kein Wunder «, sagte Toni und rieb sich verlegen das Kinn. »Meine Mutter hat die Marie gefragt, ob sie, mit ein paar Dorfhelferinnen, für einen Abend die Arbeit auf der Berghütte übernehmen könnte. Sie will heute oder morgen Bescheid geben. Marie denkt, es sei zu machen. Sie stellt den Dienstplan um. Meine Eltern werden das Wirtshaus schließen an dem Tag.«
Anna erfasste sofort, um was es ging. »Du sprichst von Franziskas Feier auf dem Bichler Hof, zu der die Meiningers eingeladen haben?«
»Genau, Anna! Franziska hat gesagt, sie werde ihre bestandene Prüfung nicht ohne Alois feiern.«
Anna lächelte. »Unsere Franziska hat schon immer sehr an ihm gehangen.«
»Wie schnell die Kinder groß geworden sind, Anna. Die Jahre, wo sind sie geblieben?«
Anna seufzte leise. »Stimmt, mir kommt es manchmal so vor, als sei es erst gestern gewesen, dass wir sie aufgenommen haben, nach dem schlimmen Unfalltod ihre Eltern. Und bald danach haben wir sie adoptiert.«
Sie lächelten, als sie sich daran erinnerten, dass Franziska und ihr älterer Bruder Sebastian mit dem Wunsch an sie herangetreten waren, sie wollten echte Baumberger werden.
Anna und Toni hatten schon daran gedacht, wollten aber die beiden Waisen in ihren Gefühlen nicht verletzen. Die Wärme, die diese Bitte in Annas und Tonis Herz ausgelöst hatte, konnten sie niemals vergessen. Die Kinder waren Geschenke des Himmels in ihrer kinderlosen Ehe.
»Wahrscheinlich kommt es uns noch schneller vor, als anderen Eltern, die leibliche Kinder haben. Wir bekamen sie, da waren sie schon zehn und zwölf Jahre alt. Die Zeit davor haben wir nicht erlebt.«
»Richtig, Toni, und jetzt sind sie erwachsen«, seufzte Anna. »Ich bin gespannt, welchen Lebensweg Franziska einschlägt.«
»Das bin ich auch, Anna. Ich finde, Franziska macht es sehr gut und geschickt. Sie hat Simon Meininger einen persönlichen Brief geschrieben. Darin hat sie ihre Vorstellungen dargelegt und die Verträge hinzugelegt, die Magnus ausgearbeitet hatte. Sie bittet ihn, es sich in Ruhe zu überlegen. Sebastian hat Simon auch einige Zeilen geschrieben.«
»Es war wirklich eine gute Idee von Franziska, auf diese Weise ihre Bitte und ihr Angebot den Meiningers nahezubringen. So können sie ihn Ruhe darüber nachdenken. Ich denke, es wird so kommen, wie es sich Franziska ausgedacht hat, Toni.«
Toni nickte und trank einen Schluck Kaffee. »Ich bin Stolz auf sie.«
»Das bin ich auch. Franziska handelt sehr umsichtig, weitblickend und fair. Ich wage gar nicht daran zu denken, was werden wird, wenn Simon ablehnt.«
»Schmarrn, Anna, das wird er nicht. Was habe ich von dir als Bankerin gelernt? Es ist eine Sache, bei der beide Seiten gleich viel gewinnen und Vorteile haben. Nennt man das nicht eine Win-win-Situation?«
»Doch, so sagt man, Toni.«
»Anna, Simon wird sicherlich nicht ablehnen. Franziskas Vorschlag mindert seine Pacht und unser Madl arbeitet weiter bei ihm, wenn auch weniger, auch wenn sie sicherlich die Stunden nicht zählen wird. Die Meiningers und Franziska verstehen sich gut. Ich bin davon überzeugt, dass einer den anderen unterstützt. Außerdem wird Simon Meininger nicht ablehnen können, da Franziska sonst gehen würde. Das kann er Lukas auf keinen Fall antun. Er weiß doch, dass sein Bub ein Auge auf sie geworfen hat. Ich denke, die beiden bleiben zusammen. Wenn Franziska und Lukas heiraten sollten, dann wird eine neue Basis der Zusammenarbeit gefunden werden müssen.«
»Bis dahin wird es wohl noch etwas dauern, Toni. Doch ich stimme dir zu, aus den beiden wird ein Ehepaar werden, in einigen Jahren.«
»Dann wird der Pachtvertrag ohnehin auslaufen. Bis dahin wird sich Sebastian auf der Berghütte gut eingearbeitet haben und wir können überlegen, ihn zum Teilhaber zu machen. Sicher wird er dann Franziska den Bichler Hof überlassen. Du weißt, die beiden haben sich Gedanken über ihr Bichler Erbe gemacht und sind sich einig. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik, Anna.«
»Lukas war Franziskas erste Liebe, und sie war auch die erste Liebe für Lukas. Ich kann mich nicht erinnern, dass man ihm nachgesagt hätte, er hätte ein Madl«, sagte Anna.
»Nein, Lukas hat sich für kein anderes Madl interessiert, als für Franziska. Ich war dabei, als sie sich um ersten Mal sahen, an dem Tag, als die Meiningers sich den Bichler Hof ansahen. Sie gaben sich die Hand, sahen sich an und jeder konnte sehen, dass etwas mit ihnen geschah. Sie wurden weder rot, noch verlegen. Sie sahen sich nur an, und es war ein Knistern in der Luft. Damals war Franziska … lass mich rechnen … Sie war fünfzehn, wurde bald sechzehn Jahre. Simon wollte den Hof auf fünfundzwanzig Jahre pachten. Als Franziska das hörte, nahm sie Sebastian zur Seite. Die beiden flüsterten. Dann erklärte Sebastian, dass sie nur einen Pachtvertrag für zehn Jahre wünschten, mit der Möglichkeit zur Verlängerung. Dabei stand Franziska dicht neben Sebastian und warf Lukas scheue Blicke zu, die er erwiderte. Simon und Eva dachten sich wohl ihren Teil, genau wie ich. Sie stimmten zu, obwohl ein längerer Pachtvertrag für sie vorteilhafter gewesen wäre.« Toni trank wieder einen Schluck Kaffee. »Während Sebastian und ich mit Simon und Eva in der Wohnküche zusammen saßen, gingen Lukas und Franziska draußen herum. Franziska zeigte ihm noch einmal alles, so, als wäre er der Bauer und nicht sein Vater.«
Toni und Anna lächelten sich an.
»Eines Tages wird Franziska Bäuerin auf dem Bichler Hof sein und Lukas der Bauer«, sagte Anna. »Die erste große Krise haben sie hinter sich.«
»Hella!«
»Genau, Toni! Beide haben daraus gelernt. Franziska wird sich nicht mehr scheuen, Lukas darauf anzusprechen, wenn sie etwas stört. Und Lukas weiß, dass es gut ist, alles mit Franziska zu bereden.«
»Wie das bei einem Paar sein soll.«
»Toni, du hast mir noch nicht von deiner Idee erzählt. Neulich nachts ist dir doch etwas eingefallen. Entschuldige, aber ich war so müde, dass ich nur noch schlafen wollte. Am nächsten Morgen hatte ich vergessen, dich danach zu fragen, und du hast auch nichts mehr gesagt.«
Toni nickte. »Oh ja, das stimmt. Aber ich habe meinen Einfall nicht vergessen. Ich habe mich nur zurückgehalten. Ich dachte mir nur, es sei gut, nicht zu viel auf einmal anzuregen.«
»Mir wirst du es doch erzählen?«
»Natürlich, Anna! Also höre, ich habe mir Folgendes gedacht: Franziska will einen eigenen kleinen Betrieb haben. Lukas hat seine Schweinezucht, die offiziell über seinen Vater läuft.«
Anna begriff sofort, was Toni sich dachte, ließ ihn aber ausreden.
»Ich könnte mir vorstellen, dass die beiden zusammen einen eigenen Betrieb gründen. Sie werden gute Partner, denke ich. Außerdem liebt Franziska Tiere. Lukas Erfolg verdankt er Franziskas Mithilfe bei der Aufzucht und der Pflege der Schweine. Sie hat in ihrer Freizeit mindestens fünfzig Prozent der Arbeit gemacht. Wer sollte es auch machen, wenn Lukas in München an der Universität war?«
»Franziskas Anteil schlägt mit mehr als fünfzig Prozent zu Buche, Toni«, korrigierte Anna ihn streng.
»So sehe ich es auch. Deshalb dachte ich mir, die beiden machen sich zusammen selbständig.«
Anna lächelte. »Klingt gut, Toni! Ja, es ist eine wunderbare Idee. Du hast noch nicht mit Franziska darüber gesprochen?«,
»Nein, Anna! Es eilt nicht. Aber vor der Feier werde ich Franziska zur Seite nehmen. Bis dahin hat sich Simon bestimmt geäußert, wie es weitergeht und ob er Franziskas Angebot annimmt.«
»In ein paar Tagen wissen wir mehr«, sagte Anna. Sie trank einen Schluck Kaffee. »Toni, Franziska hat mich gebeten, ihr bei der Buchführung zu helfen, wenn sie ihren Betrieb gründet. Kommt Lukas Meiningers Schweinzucht dazu, wird die Sache eine Nummer größer. Ich muss mich schlau machen über Schweinezucht. Bis jetzt weiß ich darüber nur das, was Franziska erzählt hat. Das ist mir zu wenig für eine geschäftliche Prognose. Ich will nicht riskieren, dass die beiden scheitern und mir Vorwürfe machen, ich hätte einen fehlerhaften Businessplan geschrieben.«
»Besuche Martin und Katja! Dort kannst du am PC recherchieren«, schlug Toni vor.
»Das ist viel zu umständlich, Toni. Ich denke, wir sollten einen Computer auf der Berghütte haben.«
Toni riss die Augen auf. Er starrte Anna an. Er traute seinen Ohren nicht.
Anna musste laut lachen. »Schau mich nicht so erschrocken an, Toni! Die meisten unserer Gäste kommen mit einem Notebook im Gepäck hier an. Das ist die moderne Zeit. Damit solltest du dich abfinden.«
Toni rieb sich das Kinn, er war entsetzt.
»Toni, nun tue nicht so! Wir haben doch auch Handys.«
Er seufzte. »Ich dachte, der Generator und deine Waschmaschine wären die einzigen Zeugen der Neuzeit auf unserer schönen Berghütte.« Toni seufzte erneut. »Du weißt, wir halten es traditionell hier.«
»Toni, das heißt heute: im Vintage-Stil. Das bringt uns immer mehr Erfolg. Aber ich könnte doch einen Computer benutzen. Er hat ein Akku, das wir aufladen, wenn du den Generator anwirfst. Außerdem, das hat mir Sebastian erzählt, gibt es mobile Solaranlagen in Kofferform, die genug Strom für einen Computer und einen Drucker erzeugen. Den benötigen wir natürlich auch.«
Toni sah Anna immer noch überrascht an.
»Schau nicht so, Toni! Wenn Sebastian nächsten Sommer zu uns kommt, bringt er ohnehin seinen Computer mit. Dann kannst du es nicht mehr verhindern.«
»Daran habe ich noch nicht gedacht, Anna.«
Anna lachte wieder. »Toni, dann wird es höchste Zeit, dass du dich mit dem Gedanken vertraut machst.«
»Der Gedanke ist mir nicht sonderlich angenehm«, sagte Toni.
»Schatz, ich verspreche dir, dass du dich ganz auf deine Arbeit als Hüttenwirt konzentrieren kannst, die herzliche Betreuung unserer Gäste. Du musst dich nicht fürchten vor dem Computer. Ich verspreche dir, dass du dich nicht damit beschäftigen musst, wenn du nicht willst. Ich kann drahtlos ins Internet, spiele mir Buchhaltungssoftware auf und …« Anna brach den Satz ab.
Toni runzelte die Stirn. »Was ist? Warum sprichst du nicht weiter?«
Anna errötete leicht. Sie verstand es selbst nicht, warum sie sich so zierte. »Ich dachte gerade daran, dass es für mich einfacher wäre, mit meinen Freundinnen in Hamburg Kontakt zu halten. Eine Email ist schnell geschrieben. Das gilt auch für meine Familie. Okay, meine Großmutter wird sich keinen Computer mehr anschaffen. Aber sie meinte, wenn ich Onkel Oskar, meiner Nichte oder meinem Neffen maile, dann könnten sie meinen Brief ausdrucken.«
»Anna, warum hast du mir das nicht längst erzählt?«, fragte Toni überrascht.
»Ach, weil ich es immer wieder vor mir her schob. Aber jetzt, wenn ich nicht nur die Buchhaltung für die Berghütte mache, sondern auch die für Franziska, wie immer auch das mit ihrer Zukunft wird, wäre es praktisch. Ständig werde ich Franziska diese Arbeit nicht abnehmen können. So viel Zeit habe ich nicht, jedenfalls nicht im Sommer. Doch ich werde ihr am Anfang helfen.«
Toni holte sich einen Obstler. »Und wo willst du das Ding hinstellen?«
Anna lachte laut. »Ich werde es so aufstellen, dass du es nicht ständig sehen musst«, schmunzelte sie.
»Mei, so rückständig bin ich nicht, Anna. Ich bin nur traditionell.«
»Toni, du muss dich nicht verteidigen. Ich dachte, ich benutze Franziskas Zimmer dazu. Es ist ohnehin fast leer und es hat einen Schreibtisch.«
»Gut, dann … okay, dann schaffen wir so ein Ding an. Aber das musst du allein aussuchen. Ich verstehe nichts davon«, sagte Toni.
»Keine Sorge, du musst dich nicht darum kümmern. Sebastian und Franziska und sicherlich auch Lukas haben Kataloge. Die leihe ich mir aus und informiere mich. Außerdem wird mich Sebastian beraten. Wenn er am Wochenende herkommt, spreche ich mit ihm darüber.«
»Gut«, sagte Toni leise.
»Es eilt nicht, Toni. Wir können uns Zeit lassen. Der Sommer ist bald zu Ende, dann sind wir im Tal bei deinen Eltern. Dann haben wir Zeit und ich kann nach Kirchwalden fahren oder nach München.«
Annas Worte hatten Toni beruhigt. Für ihn, dessen Herz an der Tradition hing, und der um den Erhalt der Berghütte im alten Stil kämpfte, war es ein großer Schritt. Das wusste auch Anna.
Sie tranken ihren Kaffee aus.
»So, aufi! Ran an die Arbeit«, sagte Anna.
Sie gingen gemeinsam in den Schuppen, der etwas abseits der Berghütte stand.
Toni füllte Diesel in den Tank des Generators und schaltete ihn ein.
Anna pumpte Wasser aus dem Gebirgsbach in den Tank, der an die Waschmaschine angeschlossen war. Dann füllte sie die Maschine mit Bettwäsche.
Danach bügelte Anna im Wohnzimmer die Wäsche vom Vortag. Dabei dachte sie an Franziska und ihre Zukunftspläne.
*
Ole saß in seinem großen Eckbüro am Schreibtisch. Seine Augen blickten auf die vor ihm liegenden Akten, aber er war mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Das gestand er sich ein, als er sich wiederholt dabei ertappte, wie er ganze Sätze und Abschnitte mehrmals las und in dem Aktenordner zurückblätterte.
Er schraubte den eleganten Kolbenfüllhalter zu, mit dem er ausschließlich schrieb, und legte ihn zur Seite. Er rieb sich das Gesicht, als könnte er damit die Gedanken zur Seite schieben, die auf ihn einstürmten. Doch das war vergebliche Mühe.
Ole war angespannt.
Er wartete darauf, dass Erika sich meldete. Doch sie hüllte sich erneut in Schweigen. Ole sah auf die Uhr und rechnete die Stunden aus bis zum Feierabend.
Seit einiger Zeit wohnte er bei Erika. Da er am Morgen vor ihr aufstand, legte er ihr immer einen Brief auf den Frühstückstisch. Erika schlief länger. Er wollte nicht, dass sie auf ihren Schlaf verzichtete, um ihm Frühstück zu machen. Er deckte den Tisch für zwei, füllte den Kaffee in eine Thermoskanne, damit sich Erika später gleich hinsetzen konnte. Sonst rief sie ihm im Büro an, wenn sie frühstückte. Heute hatte sie das nicht getan, und das machte Ole nervös.
Ole Hansen stand auf und ging zum Fenster. Von seinem Büro, in einer der oberen Etagen, hatte er einen wunderschönen Blick über die Dächer von München. Es war ein sonniger Tag und die Luft war rein. Er konnte die Berge am Horizont sehen.
Ole freute sich darauf, am Wochenende nach Waldkogel zu fahren. Seit er bei Erika eingezogen war, verbrachten sie mehr gemeinsame Wochenenden bei Erikas Verwandten.
Simon Meininger war Erikas Bruder. Ole war ihm und seiner Familie immer willkommen. Simon freute sich über das späte Liebesglück seiner Schwester. Er verstand sich gut mit Ole.
Simon hatte Ole und Erika eingeladen. Sie feierten Franziskas beruflichen Abschluss als Landwirtin mit einem Hoffest auf dem Bichler Hof, der Heimat von Franziska und Sebastian.
›Es wird sicherlich sehr schön werden‹, dachte Ole. Er freute sich darauf, mit Erika zu tanzen. Er war sehr glücklich mit ihr. Es fehlte nur noch Erikas Entscheidung, seine Frau zu werden. Es hatte sich alles so gut entwickelt, bis Erikas Tochter Tanja, die in Paris Karriere in der Modewelt machte, sich gegen ihn aussprach und ihre Mutter unter Druck setzte.
Obwohl er großes Verständnis für Erikas Konflikt hatte, wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt.
Plötzlich rissen ihn laute Geräusche im Vorzimmer aus seinen Gedanken.
Dann wurde die Tür aufgerissen und Gerold trat ein. Die eine Hand auf der Türklinke, schrie er Oles Mitarbeiterin an. »Sie können mir nicht verbieten, meinen zukünftigen Stiefvater zu überraschen. Und jetzt können Sie uns Kaffee bringen!«
Ole sah, wie Grit bei den Worten ›zukünftiger Stiefvater‹ dunkelrot anlief.
»Ich konnte es nicht verhindern«, entschuldigte sich Grit. »Soll ich den Sicherheitsdienst alarmieren?«
Ole gab keine Antwort. Er ging auf Gerold zu. Die beiden nahmen sich kurz in den Arm, wie es Menschen tun, die sich sehr verbunden fühlen.
Ole bat Grit, zu gehen und die Tür zu schließen. Es war ihr anzusehen, dass sie Gerolds Besuch störte.
»Welche Überraschung!«, sagte Ole. »Wie bist du hereingekommen?«
Gerold schmunzelte. »Die Dame unten im Foyer ist sehr nett. Ich sagte ihr, ich wolle dich überraschen, meinen zukünftigen Stiefvater. Ich zeigte ihr die Fotos auf meinem Handy, die ich auf dem Bichler Hof gemacht habe. Das hat sie wohl überzeugt, und ich konnte hinaufgehen, ohne dass sie mich angemeldet hat. Bei deiner Vorzimmerdame war das nicht so einfach. Aber mit ihr hatte ich schon telefonisch meine Erfahrung gemacht, wie du weißt. Also betrat ich einfach das Büro und schoss auf deine Tür zu. Sie sprang hinter dem Schreibtisch auf und stellte sich mir in den Weg.«
Ole schmunzelte. »Du hast Grit einen Schock versetzt, Gero. Doch dafür kannst du nichts. Sie wird darüber hinwegkommen. Vielleicht sieht sie jetzt ein, dass sie bei mir keine Chancen hat.«
»Chancen?«, wiederholte Gerold.
»Ja, weißt du, ich habe Flurgeflüster zugetragen bekommen. Das heißt, es war nicht mehr zu überhören. Ich achte eigentlich niemals auf solches Gerede. Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte es getan, um eingreifen zu können. Einer meiner Abteilungsleiter hat es mir gesteckt. Grit tut so, als hätte sie mich an der Angel. Sie hat es auf mich abgesehen. Dabei habe ich ihr niemals einen Anlass gegeben. Das musst du mir glauben, Gero.«
Gerold lachte. »Mache dir keine Gedanken, Ole! Ich weiß, dass du nur in meine Mama verliebt bist. Zu Grit sage ich nur: Weiber!«
Sie lachten beide.
Grit klopfte an die Tür und trat ein. Sie brachte den Kaffee. Dabei vermied sie es, Ole und Gero anzusehen und verschwand sofort wieder.
»Das Wort ›Stiefvater‹ war für Grit wie eine eiskalte Dusche«, schmunzelte Ole. Er schenkte Gerold Kaffee ein. Dabei erzählte er, dass er ein sehr ernsthaftes Personalgespräch mit Grit geführt habe. »Aber deine Bemerkung scheint weit wirkungsvoller gewesen zu sein, Gero«, schmunzelte er.
»Ich habe gar nicht darüber nachgedacht. Es ist mir nur so herausgerutscht. Bei der Gelegenheit kann ich dir sagen, dass ich mich freue, dich als Vater, Stiefvater, zu bekommen. Du bist ein Supertyp, Ole. Besser könnte ich es nicht treffen.«
Ole wurde es warm ums Herz. Hoffnung keimte ihn auf, dass Erika Gerold gegenüber bekannt haben könnte, dass sie ihn, auch gegen Tanjas Widerstand, heiraten würde. »Wenn du mich ›Stiefvater‹ betitelst, denke ich, – hoffe ich, dass Erika …«
Gerold ahnte, was er sagen wollte und hob abwehrend die Hände. »Ole, meine Mama hat mir nichts gesagt. Ich frage sie auch nicht. Es wird schon werden. Sie hat Fortschritte gemacht, seit ich hier bin. Du bist bei ihr eingezogen. Also ist sie dir doch wohl gesonnen.«
»Meinst du?«
»Natürlich! Immerhin brachte sie den Mut auf, sich damit gegen Tanja zu stellen.«
»Was ich fragen möchte, wie hat es Tanja aufgenommen, dass ich jetzt bei Erika wohne?«
Gerold zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung! Es kann sein, dass sie es nicht weiß. Mir gegenüber hat Tanja nicht die klitzekleinste Bemerkung gemacht, wenn wir telefonieren. Ich habe ihr auch nichts gesagt. Das bedeutet aber nicht, dass sie es nicht weiß.«
Ole grinste schief.
Gerold ebenfalls. »Meine Cousine Ronja wird Tanja schon informiert haben. So einen Knüller lässt sie sich sicher nicht entgehen.«
»Das ist gut möglich«, sagte Ole nachdenklich. »Wenn Tanja sich jetzt in Schweigen hüllt, dann kann das schon der halbe Weg sein. Ich meine, ich hoffe damit, dass sie mich akzeptiert.«
Gerold nahm einen Schokoladenkeks aus der Schale, die Grit ebenfalls gebracht hatte. Er kaute und zog dabei Grimassen. »Ole, ich hoffe natürlich, dass es so ist. Aber ich kenne Tanja und weiß, wie dickköpfig sie sein kann. Vielleicht tut sie nur so, weil sie gesagt hat, dass sie kein Wort mehr mit Erika spricht, wenn sie sich nicht von dir trennt. Warten wir es ab. Ich werde Ronja am Wochenende befragen. Ich werde sie ausquetschen wie eine Zitrone, wenn sie mir nicht alles erzählt, was sie Tanja berichtet hat.«
»Gero, ich wünsche mir so sehr, dass Erika meine Frau wird. Doch sie lenkt ab, wenn ich das im Gespräch nur andeute. Deshalb habe ich ihr einen Liebesbrief geschrieben und auf den Frühstückstisch gelegt. Ich hatte gehofft, sie freut sich und ruft mich an. Sie ruft sonst jeden Tag an, wenn sie am späteren Vormittag aufgestanden ist. Heute hat sie es nicht getan, und jetzt haben wir schon Nachmittag.«
»Du solltest das nicht überbewerten. Vielleicht gibt es dafür eine einfache und einleuchtende Erklärung.«
»Hast du sie gesehen, ich meine, heute?«
Gerold schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, dass ich kaum bei ihr bin, vielmehr, jetzt muss ich sagen, bei euch. Ich übernachte meistens bei Freunden.« Er grinste. »Ich will es so umschreiben. Da alle wissen, dass ich mich in Kürze mit Abigail verlobe und wir bald heiraten, bin ich jeden Abend woanders eingeladen. Es sind immer tolle Partys, wie bei einem Junggesellenabschied. Ich kann schlecht ablehnen, da keiner der Burschen zur Hochzeit kommen kann. Also lasse ich ihm den Spaß. Deshalb seht ihr mich so wenig während der Woche. Aber am Freitag fahre ich wieder mit nach Waldkogel. Ich freue mich schon darauf.« Gerold trank einen Schluck Kaffee. »Mei, hatte ich gestern und am Tag davor einen Brummschädel am Morgen! Doch ich freue mich, die Freunde zu sehen. Wenn ich ganz in Amerika lebe und mit Abigail verheiratet bin, werde ich sie seltener sehen.« Er sah Ole an. »Eigentlich bin ich hergekommen, um dich um einen Gefallen zu bitten.«
»Ich tue dir gern jeden Gefallen, Gero, wenn es in meiner Macht steht. Was kann ich für dich tun?«
»Du kannst mit mir einkaufen gehen. Ich war schon in einigen hochpreisigen Läden, aber ich wurde wohl nicht ernst genommen. Ich wollte Abigail einen Ring kaufen, einen Verlobungsring. Ich kann keine Unsummen ausgeben. Aber vom Design her sollte er etwas Besonderes sein. Dort wird man anscheinend nur bedient, wenn man im teuren schwarzen Anzug kommt, mit einer schweren goldenen Uhr am Handgelenk.«
»Ja, ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Läden gibt, die nur Millionäre als Kunden im Blickfeld haben.«
Gerold schmunzelte. »Und so sehe ich eben nicht aus. Wenn ich einmal mit Abigail verheiratet bin und die Nachricht mit Fotos in sämtlichen Klatschjournalen abgedruckt wurde, dann werde ich nicht mehr abgelehnt. Das ist doch traurig, finde ich.«
»Irgendwie schon. Aber es gibt schöne kleinere Läden, Gero. Sicherlich komme ich mit dir. Wir werden einen schönen Ring für deine liebe Abigail finden.«
»Ole, nicht irgendeinen Ring! Ich habe bei zwei Juwelieren einen Ring im Schaufenster gesehen, der mir gut gefallen hat. Jeder davon würde zu Abigail, zu unserer Liebe und wie wir uns kennenlernten, passen.«
Ole fragte nach dem Aussehen der Ringe.
Gerold erklärte, der eine Ring sei ein schlichter Silberring, der, an Stelle eines Steins, einen Notenschlüssel aufgesetzt hatte. Nicht unbedingt ein typischer Verlobungsring, mehr ein ungewöhnlicher Schmuckring. Im anderen Geschäft lag ein breiterer Goldring aus, ungewöhnlich breit. Das war auch notwendig, da die Zeile eines Notenblattes mit Noten eingraviert war.
»Da ich den Ring nur von vorn sah, kann ich dir nicht sagen, was für eine Melodie es ist.«
»Das finden wir heraus, Gero.«
»Ole, wo hast den Ring für Erika gekauft?«, fragte Gerold.
»Ich dachte, ich gehe mit Erika zusammen unsere Eheringe aussuchen, und ich schenke ihr dazu einen schönen Schmuckring.«
Gerold riss die Augen auf. »Du hast noch keinen Ring?«, stieß er hervor. »Das verstehe ich nicht.«
»Ich bin zwar bei deiner Mutter eingezogen, aber was unsere Heirat betrifft, hält sie mich an der langen Leine.«
Gerold schüttelte den Kopf. »Ole, so geht das nicht, wirklich nicht! Du bist zu rücksichtsvoll. Kaufe Ringe und zeige sie ihr. Sage ihr, du wolltest eine Antwort, jetzt sofort und gleich und auf der Stelle. Hü oder Hott, verstehst du? Und du buchst die Flüge für euch nach Amerika zu meiner Verlobung mit Abigail. Schaffe Tatsachen! Organisiere alles, meinetwegen schon den Hochzeitstermin. Hör auf, so passiv zu sein! Meine Mutter ist nicht sehr mutig, jedenfalls im Augenblick. Umso mehr musst du mutig sein.«
»Gero, dazu habe ich zu viel Respekt und Achtung vor Erika. Ich liebe sie sehr. Tanja hat sie mit ihrem Ultimatum tief verletzt. Ich kann mich nicht ähnlich verhalten. Das ist für dich, als junger und stürmischer Bursche vielleicht schwer zu verstehen.«
»Ja, das ist wirklich schwer zu verstehen, Ole.«
Ole Hansen lächelte. »Indem ich mich in Geduld übe, will ich deiner Mutter meine Liebe beweisen.«