Tote Zeugen plaudern nicht - Drei Nick-Wilson-Krimis - Wolf G. Rahn - E-Book

Tote Zeugen plaudern nicht - Drei Nick-Wilson-Krimis E-Book

Wolf G. Rahn

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Beschreibung

Dieser Band enthält eine kleine Auswahl der besten Kriminalromane von Wolf G. Rahn.
Drei Klassiker, wiederentdeckte Kleinode eines großen Krimiautors in einem Band vereint.
Zu »Nick Wilson und der tote Zeuge«: Paul Quint, ein kleiner Ganove, belauscht bei einem seiner Raubzüge, wie zwei Kerle einen Überfall planen und dabei auch einen Mord in Kauf nehmen. Quint warnt den Kurier, der überfallen werden soll. Aber der stirbt nicht, sondern der, der den Auftrag für diesen Überfall hatte.
Quint ist sofort klar, wer der Mörder ist, und er beschließt, eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Doch das wird ihm zum Verhängnis, denn er hat sich mit einem skrupellosen Verbrecher angelegt. In seiner Not bittet er den Privatdetektiv Nick Wilson um Hilfe, denn nun ist auch seine Tochter Lori in Gefahr.
Der Detektiv ist kniffelige Aufträge gewöhnt und setzt dabei hin und wieder sein Leben aufs Spiel, deshalb lässt er sich auch in diesem verworrenen Fall nicht daran hindern, die Wahrheit aufzudecken, und tritt dabei in ein »Wespennest« der Sonderklasse …


In diesem Band sind folgende Kriminalromane enthalten:
› Busticket in den Tod
› Nick Wilson und der tote Zeuge
› Nick Wilson und der Höllenflug

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Wolf G. Rahn

 

 

Tote Zeugen plaudern nicht

 

Drei Nick Wilson-Krimis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Xebusch-Verlag 

Cover: © by Kerstin Peschel nach Motiven, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv/Xebusch-Verlag

Dieser Band enthält Neuausgaben bereits früher veröffentlichter Romane, die behutsam bearbeitet und neu korrigiert wurden.

 

Verlag: Xebusch. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Tote Zeugen plaudern nicht 

Busticket in den Tod 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

Nick Wilson und der tote Zeuge 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

Nick Wilson und der Höllenflug 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

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Das Buch

 

 

 

Dieser Band enthält eine kleine Auswahl der besten Kriminalromane von Wolf G. Rahn.

Drei Klassiker, wiederentdeckte Kleinode eines großen Krimiautors in einem Band vereint.

Zu »Nick Wilson und der tote Zeuge«: Paul Quint, ein kleiner Ganove, belauscht bei einem seiner Raubzüge, wie zwei Kerle einen Überfall planen und dabei auch einen Mord in Kauf nehmen. Quint warnt den Kurier, der überfallen werden soll. Aber der stirbt nicht, sondern der, der den Auftrag für diesen Überfall hatte.

Quint ist sofort klar, wer der Mörder ist, und er beschließt, eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Doch das wird ihm zum Verhängnis, denn er hat sich mit einem skrupellosen Verbrecher angelegt. In seiner Not bittet er den Privatdetektiv Nick Wilson um Hilfe, denn nun ist auch seine Tochter Lori in Gefahr.

Der Detektiv ist kniffelige Aufträge gewöhnt und setzt dabei hin und wieder sein Leben aufs Spiel, deshalb lässt er sich auch in diesem verworrenen Fall nicht daran hindern, die Wahrheit aufzudecken, und tritt dabei in ein »Wespennest« der Sonderklasse …

 

In diesem Band sind folgende Kriminalromane enthalten:

› Busticket in den Tod

› Nick Wilson und der tote Zeuge

› Nick Wilson und der Höllenflug

 

 

***

 

 

 

 

Tote Zeugen plaudern nicht

 

Drei Nick Wilson-Krimis 

 

 

Busticket in den Tod

 

 

1. Kapitel

 

Der Abendhimmel leuchtete hell. Das Land, durch das der Bus fuhr, war flach. Nur in weiter Ferne erhob sich wie ein tiefschwarzer Scherenschnitt eine sanfte Hügelkette.

Weizenfelder schickten ihr leuchtendes Gold zu den Reisenden herüber. Ein friedliches Bild.

Brad Corner lehnte sich zufrieden zurück. Er war glücklich, endlich den entscheidenden Schritt getan zu haben. Entgegen aller pessimistischen Freunde, die ihm einreden wollten, dass man heutzutage von der Landwirtschaft nicht mehr dementsprechend leben könne.

Er war nicht anspruchsvoll. Und vor allem war er keiner jener hektischem Karrieretypen, die sich in dem Hexenkessel New York wohlfühlten. Mochten sie ihn einen Aussteiger nennen, er wusste genau, was er tat.

Acht Jahre hatte er nur für dieses eine Ziel gearbeitet und jeden entbehrlichen Dollar gespart. Jetzt befand sich eine ansehnliche Summe in seiner Brieftasche. In bar. Denn dadurch sparte er bei dem Landkauf volle siebeneinhalb Prozent.

Brad Corner schloss die Augen und sah das kleine Farmhaus vor sich, das er nur von Fotos kannte und das morgen bereits ihm gehören würde. Francis, seine Schwester, hatte ihn zwar für verrückt erklärt, aber gerade sie würde die Erste sein, die sich mit ihm über seine Erfolge freute. Sie musste ihn, sobald es ging, besuchen.

Der junge Mann mit der blonden Stoppelfrisur und dem erwartungsvollen Blick zog eine goldene Uhr an einer Kette aus der Westentasche. Ein Erbstück seines Vaters. Im Grunde das Einzige, was ihm seine Eltern an materiellen Gütern hinterlassen hatten. Sein Vater war in New York an der Börse bankrott gegangen. Seitdem hasste Brad Corner diese Stadt, in der nach seiner Überzeugung nur die Skrupellosen überleben konnten.

In Nebraska konnte man noch atmen. Dort waren die Menschen frei. Es gab vielleicht weniger Millionäre, aber mit Sicherheit auch weniger Verzweifelte. Er freute sich auf dieses Land.

Brad Corner blickte auf die Uhr und ließ sie wieder in seiner Tasche verschwinden. Ob er versuchte, ein wenig zu schlafen? Der Mann neben ihm versuchte immer wieder, ein Gespräch mit ihm anzufangen, aber er wollte nicht reden. Er wollte von seiner Zukunft träumen.

Irgendwann würde er eine Frau kennenlernen. Eine, die zu ihm passte. Die Kleine, die zwei Reihen vor ihm mit ihrer Mutter saß, würde ihm zum Beispiel gefallen. Doch daran durfte er jetzt noch nicht denken. Erst musste er eine gesicherte Existenz gründen. Dann war für das Privatleben immer noch Zeit.

Die meisten Mitreisenden waren Touristen, die das Land aus der Nähe kennenlernen wollten. Ihn hatte Francis unbedingt in ein Flugzeug stecken wollen. Dann wäre er in wenigen Stunden in North Platte gewesen.

Er hatte aber einen Horror vorm Fliegen. Es war ihm ganz einfach nicht sicher genug. Man las doch jeden Tag in der Zeitung, was da alles passierte. Motorenschaden, menschliches Versagen, Entführungen, Katastrophen und oft genug ein Streik des Bodenpersonals.

Nein, da nahm er lieber die Strapazen einer fast zweitägigen Reise in Kauf und vertraute sich der Inter Trailways mit ihren farbenfrohen Überlandbussen an. Das Schlimmste, was da passieren konnte, war ein Reifenwechsel, und sogar der war ihnen während der gesamten Strecke erspart geblieben.

Brad Corner wurde plötzlich nach vorn geschleudert. Er prallte mit der Stirn gegen die Lehne seines Vordermannes und fluchte über den Fahrer, der so scharf gebremst hatte.

Ein paar Frauen auf der anderen Seite schrien hysterisch auf und riefen nach der Polizei.

Ein kleines Kind begann zu weinen.

Der Mann neben Brad Corner wurde kreidebleich. Er packte seinen Nachbarn an der Schulter und schüttelte ihn.

»Sie bringen uns um«, schrie er dabei. »Sie werden uns alle umlegen. Ich will hier raus!«

Brad Corner begriff noch immer nicht. Erst als er die vermummten Gestalten draußen neben dem Bus sah, als er die Maschinenpistolen in ihren Fäusten erkannte, wusste er, was die Glocke geschlagen hatte.

 

 

2. Kapitel

 

Seine Kollegen nannten ihn Jim, the Oak, weil er groß und kräftig wie eine knorrige Eiche wirkte. Bei den Fahrgästen war er beliebt, denn trotz seines anstrengenden Jobs war er stets fröhlich und hilfsbereit.

Jim liebte seinen Beruf, den Kontinent, den er Tag für Tag auf seiner Route durchquerte, und die Menschen, die er an ihr Ziel brachte. Er fühlte sich frei und wie der stolze Besitzer dieses prächtigen Busses, obwohl er nur ein kleiner Angestellter bei der Gesellschaft war.

Das Fahren war seine Leidenschaft. Nächsten Monat würde ihn die Inter Trailways ehren. Eine halbe Million Meilen hatte er für sie bereits heruntergerissen. Eine stramme Leistung. Das Besondere daran war aber, dass er während der ganzen Jahre nicht in einen einzigen Unfall verwickelt war und sich auch nur ganz unbedeutende Geldstrafen eingehandelt hatte. Das sollte ihm mal einer nachmachen. Es gab zu viele Holzköpfe auf der Straße, die sich ihre Fahrlizenz anscheinend gegen ein paar Päckchen Kaugummis eingetauscht hatten.

Der Typ da vor ihm zum Beispiel gehörte zu dieser Kategorie. Dabei sollte man von einem Berufsfahrer etwas mehr erwarten. Aber heutzutage bildete sich ja jeder ein, einen Truck fahren zu können und damit das große Geld zu machen. Die Praxis sah dann meistens anders aus.

»O Boy, die Straße gehört dir doch nicht allein. Lass mich wenigstens vorbei! Danach kannst du wieder sämtliche Spuren für dich beanspruchen«, murmelte Jim.

Der Truck mit dem hohen, silbrig glänzenden Auflieger fuhr in abenteuerlichen Schlangenlinien vor dem Bus her. Der Fahrer schien betrunken zu sein, denn er reagierte weder auf Jims Licht oder Hupzeichen.

Jim überlegte, ob er über CB-Funk mit dem Trucker Kontakt aufnehmen sollte. Er wusste, welchen Kanal diese Cowboys der Highways üblicherweise benutzten.

Schon langte er zum Mikrofon und betätigte den Kippschalter, als sich der Auflieger plötzlich vor ihm querstellte.

Jim stieg voll auf die Bremse und ließ das Mikrofon dabei fallen.

Er achtete nicht darauf. Auch nicht auf das entrüstete Geschrei hinter sich, denn seine Aufmerksamkeit wurde durch etwas anderes in Anspruch genommen.

Die Türen des Aufliegers flogen auf. Ein paar Männer sprangen heraus. Sie trugen Gesichtsmasken und sie hielten Maschinenpistolen in den Fäusten.

Jetzt entsann sich Jim, davon gehört zu haben, dass in letzter Zeit mehrfach Überlandbusse überfallen worden seien. Wie zur Zeit der guten alten Postkutsche.

Nicht mit ihm! Er ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. Wenn er auf der Straße blieb, kam er an dem Truck nicht vorbei. Aber er schaffte es bestimmt, ein Stück neben der Straße zu fahren.

Er würgte den Rückwärtsgang rein und gab impulsiv Gas.

Die Reisenden schrien erneut auf. Auch sie hatten die Bedrohung längst erkannt.

Jim trat die Kupplung, während er das Lenkrad hart nach rechts einschlug. Mit dem niedrigsten Gang versuchte er, an dem Hindernis vorbeizukommen.

Zwei der Maskierten senkten die MPis und feuerten. Orangerote Feuerzungen leckten nach dem Bus und zerfetzten die Reifen auf einer Seite. Der Bus ging in die Knie.

»Mach die Tür auf, du Narr!«, schrie einer der Gangster wütend. »Oder willst du, dass wir dich abknallen?«

Jim wusste, dass ihn die großen Glasscheiben nicht schützen konnten. Es war wohl auch vernünftiger, erst gar nicht den Revolver hervorzuholen. Das reizte die Halunken nur. Sie würden ihre Drohung sonst wahr machen. Dann war es aus mit der Ehrung im kommenden Monat.

Ruhe bewahren! Die Schufte waren mit Sicherheit nur scharf auf Bargeld und Wertgegenstände.

Er trug auch die Verantwortung für die Reisenden. Er musste sie unversehrt ans Ziel bringen. Viele von ihnen hatten ohnehin eine Versicherung abgeschlossen.

»Seien Sie vernünftig!«, rief er beschwörend nach hinten. »Leisten Sie keinen Widerstand. Befolgen Sie die Anweisungen der Gangster. Dann wird keinem etwas geschehen.«

Er drückte auf einen der vielen bunten Knöpfe auf dem Armaturenbrett, und zischend schwang die Tür zurück.

Schwüle Luft quoll zwischen die Reihen, und die Schwüle mischte sich mit der Angst.

Einer der Gangster, ein kräftiger Kerl in dunkler Kleidung und mit schwarzen Haaren, blieb vor der offenen Tür stehen und zögerte.

Dann riss er die MPi hoch und schoss.

In den vielstimmigen Entsetzensschrei der Reisenden hörte man Jims qualvolles Aufstöhnen. Seine Augen weiteten sich. Die rechte Hand zuckte zur Ablage, wo sie den Revolver wusste. Doch dafür war es jetzt zu spät.

Sterbend brach der Fahrer über dem Lenkrad zusammen.

Der Gangster schickte eine zweite Salve in die CB-Box unter dem Dach. Dann ließ er zufrieden die Waffe sinken.

»Aussteigen!«, befahl er scharf. »Einer nach dem anderen. Falls einer ’ne Waffe trägt, wirft er sie vorher durch die Tür. Sollten wir sie erst hinterher bei ihm entdecken, geht es ihm dreckig. Vorwärts! Worauf wartet ihr noch?«

Brad Corner überlegte fieberhaft. Was sollte er tun? Wenn er das vorher geahnt hätte, wäre er nie in einen Bus eingestiegen.

Er sah, wie sich die vordersten Plätze leerten.

Zuerst verließen zwei Teenager den Bus. Sie hatten während der ganzen Fahrt gekichert. Jetzt stand Panik auf ihren Gesichtern. Sie klammerten sich aneinander und wurden von den Gangstern johlend in Empfang genommen.

Sie mussten ihr Geld, die Armbanduhren und den Schmuck abliefern, obwohl der nur ein paar Dollar wert war.

Ein baumlanger Kerl stieß sie mit seiner MPi vor sich her. Sie mussten zusehen, wie der Nächste um seine Wertgegenstände erleichtert wurde.

Einer nach dem anderen kam an die Reihe. Ein paar besaßen eine Schusswaffe. Keiner riskierte sein Leben. Alle befolgten den Befehl des Killers. Sie hatten gesehen, dass mit ihm nicht zu spaßen war.

Geld und Schmuck wanderte in bereitgestellte Ledertaschen. Wenn eine gefüllt war, schleppte sie ein Vermummter in den Auflieger.

Ein anderer zerrte den toten Fahrer von seinem Sitz und schleifte ihn hinter ein Gebüsch. Dann klemmte er sich selbst hinter das Lenkrad und fuhr den Bus von der Straße herunter. Die zerschossenen Reifen klatschten dabei gegen das Blech.

Auch der Truck gab nun endlich die Straße frei. Er stellte sich so, dass er den Bus und alles, was dahinter geschah, weitgehend verdeckte.

Unterdessen setzten die übrigen Gangster die Plünderung fort. Zwei öffneten die großen seitlichen Klappen, hinter denen sich das Gepäck der Reisenden befand. Sie trugen sämtliche Koffer und Taschen in den Auflieger, dessen Doppeltür wie ein gefräßiges Maul geöffnet war. Sie interessierten sich nicht für den Inhalt. Sie waren sicher, eine Menge Brauchbares zu erbeuten.

Besonders scharf aber waren sie auf Bargeld.

Brad Corner war sich im Klaren, dass sein Traum von der eigenen Farm ausgeträumt war, wenn die Lumpen das Geld bei ihm fanden. Verstohlen zog er die Brieftasche heraus, entnahm ihr fast sämtliche Scheine und verbarg sie unter seinem Hemd auf der bloßen Haut.

Minuten später war er an der Reihe. Er biss die Zähne zusammen und zwang sich zur Ruhe.

»Her mit den Mäusen!«, fuhr ihn der Maskierte an.

Brad Corner griff in die Brusttasche und holte die dünne Ledermappe hervor.

Der Gangster warf sie in die neben ihm stehende Tasche, ohne ihren Inhalt zu prüfen. Dann griff er nach der Uhrkette.

»Lassen Sie mir die Uhr! Bitte!« Brad Corners Stimme zitterte vor Erregung. »Sie ist ein Andenken an meinen toten Vater.«

»Hör auf zu flennen!«, herrschte ihn der Verbrecher mitleidlos an. »Sonst ist sie für mich ein Andenken an einen toten Trottel.«

Er riss die Uhr an sich und schickte sie hinter der Brieftasche her.

»Der Nächste!«

Trotz seiner ohnmächtigen Wut war Brad Corner froh, so billig davongekommen zu sein.

Er ließ sich zu den anderen dirigieren, die zum Teil schluchzend, zum Teil fluchend mit ihrem Schicksal fertig zu werden versuchten.

Nach ihm stieg eine ältere Frau aus. Außer ein paar Dollar war bei ihr nichts zu holen.

Der Gangster stieß sie ärgerlich beiseite. Sie strauchelte und fiel. Niemand kümmerte sich um die Gebrechliche, die vergeblich versuchte, wieder auf die Füße zu kommen.

»Ich helfe Ihnen«, rief Brad Corner spontan. Dagegen konnten die Dreckskerle nichts haben.

Doch kaum tat er einen Schritt nach vorn, als ihn auch schon eine knochige Faust wie ein Pferdehuf an der Brust traf. Die nächste folgte gleich hinterher und schleuderte ihn zurück. Er stolperte und fiel auf den Rücken.

Vorsichtshalber rührte er sich nicht mehr, um den Brutalen nicht noch mehr zu reizen.

Doch das Interesse des Gangsters an ihm war erwacht. Er trat an ihn heran und befahl: »Aufstehen!«

Brad Corner gehorchte zähneknirschend. Er dachte an den toten Fahrer. Die Kerle fackelten nicht lange. Ihm wurde siedend heiß.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass du ’ne zusammengefaltete Zeitung unterm Hemd trägst«, höhnte der Vermummte. »Was mag es wohl sonst sein, was da so interessant geknistert hat?«

»Ich ... ich habe nichts gehört«, stammelte Brad Corner.

»Ist auch nicht nötig.«

Dieselbe Faust, die ihn gerade noch niedergeschlagen hatte, riss blitzschnell seine Knopfleiste auf, und die Scheine quollen hervor.

»Dafür sollten wir dich eigentlich umlegen.«

»Das könnt ihr mir nicht wegnehmen. Es ist alles, was ich besitze.« Brad Corner stöhnte.

»Das wollen wir auch hoffen. Wenn wir nämlich noch was bei dir finden, ist es aus mit dir. Also rück’s lieber freiwillig heraus.«

Es waren fast achtzigtausend Dollar. Acht Jahre lang hatte er sich nicht einmal einen Kinobesuch gegönnt. Und das alles, um es diesen Schuften in den Rachen zu werfen? Nein!

Brad Corner warf sich mit einem Aufschrei nach vorn. Er wollte dem Gangster das Geld entreißen.

Da traf ihn der Lauf der Maschinenpistole. Wie ein Sack fiel er um und streckte sich. Er sah nicht mehr, wie sich der Bewaffnete dem nächsten Opfer zuwandte, und schon gar nicht, wie die Verbrecher nach einer Weile wieder im Auflieger verschwanden und mit dem Truck davonrasten.

 

 

3. Kapitel

 

Die melancholische Stimme der Sängerin wehte zu ihnen herüber.

Jane Morgan hob überraschend den Kopf und schüttelte ihre blonde Löwenmähne.

»Seltsam!«, sagte sie.

»Ist etwas mit dem Essen nicht in Ordnung?«, forschte Nick Wilson. Er hatte seine Mitarbeiterin eingeladen, um den erfolgreichen Abschluss eines komplizierten Falles zu feiern. Ihm lag daran, sich mit der Wahl des Restaurants nicht zu blamieren, denn Jane hatte vorgeschlagen, doch einfach zu Musis Bar & Grill zu gehen. Da wussten sie, dass sie reell bedient wurden. Der bärtige Armenier war schon fast ein Freund. Doch Nick hatte darauf bestanden, ihr etwas zu bieten, das sie sich nicht alle Tage leisteten.

»Sehe ich Kummerfalten auf deiner klassischen Stirn?«, spöttelte die Blondine. »Keine Angst! Mit diesem Feudalschuppen blamierst du dich nicht. Die Atmung ist okay. Ich meinte das Mädchen dort auf der Bühne.«

Nick folgte ihrem Blick. Hinter dem Mikrofonständer verneigte sich gerade das schlanke Persönchen mit den langen, blauschwarzen Haaren. Es wirkte ein wenig linkisch, wie es den spärlichen Applaus entgegennahm.

Nick hatte Erbarmen und klatschte wie wild. Die Kleine hatte eine Aufmunterung nötig. Ihr Chef sollte glauben, dass ihr Gesang ankam. Sonst warf er sie womöglich hinaus.

»Sieht nicht übel aus, die Kleine«, fand er bereitwillig. »Jedenfalls besser, als sie singt.«

»Ich kenne sie.«

»Tatsächlich?« Nick hob sein Weinglas und trank einen Schluck. »Dann bitten wir sie doch an unseren Tisch. Sie sieht so mager aus. Sie kann bestimmt einen Happen vertragen.«

Jane lehnte ab. »Ich habe das Gefühl, es wäre ihr unangenehm, erkannt worden zu sein. Vielleicht fürchtet sie sogar Ärger mit ihrer anderen Arbeitsstelle.«

»Woher kennst du sie?«

»Aus einer Boutique, in der ich manchmal kaufe. Sie ist dort als Verkäuferin beschäftigt. In Wirklichkeit ist sie blond und sieht mit ihrer Fransenfrisur viel netter aus. Anscheinend will sie heiraten und nützt deshalb jede Verdienstmöglichkeit.«

»Geht uns nichts an«, meinte Nick und lehnte sich zurück.

Die Sängerin war von der Bühne verschwunden.

Die Drei-Mann-Band im Hintergrund spielte leise Barmusik. Dazwischen klang das Klappern von Besteck.

Einige der männlichen Gäste reckten verstohlen ihre Hälse, um Jane Morgan besser sehen zu können. Sie trug ein raffiniert geschlitztes, rotes Kleid und war sich ihrer Wirkung durchaus bewusst.

Nick amüsierte sich im Stillen. Mit Jane erregte er fast überall Aufsehen.

Er spürte Lust, den Abend noch auszudehnen. Er wusste, dass Jane phantastisch tanzte. Es war ein Genuss, ihr zuzusehen. Noch atemberaubender aber war es, ihr Partner zu sein. Warum sollten sie sich nach den Wochen der Aufregung und Gefahr nicht den Spaß gönnen.

Jane war sofort Feuer und Flamme. Sie wusste auch, in welcher Discothek sie nicht zu sehr auffallen würden, weil sie beide nicht mehr achtzehn waren.

Nick beglich die Rechnung und verließ mit seiner Begleiterin das Restaurant.

Der silbergraue Mercedes 450 SL brachte sie in die 48ste Straße. Hier befand sich schräg gegenüber vom Hotel Belvedere die Discothek, auf die sie es abgesehen hatten.

Jane zuckte es bereits in den Beinen, als sie ihre Garderobe abgaben. Nick tanzte zwar gut, aber nicht sehr häufig. Die Break Dance Music, die gerade von der schwarzen Scheibe zuckte, versetzte ihn auch nicht gerade in Begeisterung.

Er hielt nach einem freien Tisch Ausschau, doch er merkte schnell, dass das vergebliche Liebesmüh war. Der Laden war proppenvoll.

»Macht nichts«, fand Jane fröhlich. »Ich will tanzen und nicht sitzen.«

Sie zog Nick auf eine der drei rotierenden Tanzflächen, die von unten angestrahlt und von oben mit flackernden Laserblitzen versorgt wurden, und bewies, wie biegsam ihr Körper war.

Ausgerechnet nach diesem Tanz legte der Disc-Jockey eine kleine Pause ein. Auf einer sichelförmigen Leinwand flimmerte ein Videostreifen.

»Setzen wir uns an die Bar«, schlug Nick vor.

Sie eroberten zwei Hocker und bestellten zwei Restarts.

Das Barmädchen wirkte etwas zerstreut. Es blickte immer wieder auf die Uhr und warf schließlich sogar ein Glas mit dem Ellbogen um.

Einer der Gäste begann zu fluchen und Drohungen auszustoßen.

Das Girl murmelte eine Entschuldigung. »Ich werde gleich abgelöst, Sir. Meine Kollegin verspätet sich, und ich habe es sehr eilig.«

»Was geht mich das an?«, fauchte der Gast. »Ich will hier trinken und nicht baden und schon gar nicht Ihre Lebensgeschichte hören.«

Nick ärgerte sich über diesen Büffel. Er wollte beschwichtigend eingreifen, doch dann stutzte er. Die Rothaarige, die nun endlich erschien, um ihre Kollegin abzulösen, kam ihm bekannt vor. War das nicht die Sängerin von vorhin?

Auch Jane war überrascht.

»Da ist sie ja schon wieder«, flüsterte sie. »Junge, Junge! Ich glaube, die will auf einen Schlag Millionärin werden. Drei Jobs rund um die Uhr, das hält doch der stärkste Mann nicht durch.«

Nick trank sein Glas aus und schob es auf fordernd über den Tresen.

Die Rothaarige beeilte sich, ihn zu bedienen. Sie sah abgespannt aus, dabei fing ihr Dienst erst an.

Nick wartete, bis sie ihn ansah. Dann ließ er ihren Blick nicht mehr los.

»Warum tun Sie das?«, fragte er leise. »In spätestens zwei Wochen liegen Sie auf der Nase. Das kann doch nicht Ihr Ziel sein.«

Das Mädchen zuckte erschrocken zusammen. »Ich ... ich verstehe nicht«, behauptete es und wurde rot.

»Sie sind in Schwierigkeiten. Verzeihen Sie, dass ich mich einmische. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie von jemand unter Druck gesetzt werden. Wenn Sie also Hilfe brauchen ...«

»Sie kennen mich doch, nicht wahr?«, fiel Jane ein.

Die andere nickte. »Gewiss. Ich habe Ihnen erst kürzlich die beiden Hosen verkauft. Ich hoffe, Sie sind damit zufrieden. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Mrs. Holler nichts davon erzählten, dass Sie mich hier gesehen haben.«

»Nicht nur hier. Wir haben auch Ihre gesanglichen Fähigkeiten bewundert.«

»O Gott! Sie lassen sich durch Perücken anscheinend nicht täuschen.«

»Vielleicht wenn es Perücken für traurige Augen gäbe. Wir werden Sie bestimmt nicht verraten, aber was Sie tun, ist Raubbau mit Ihrer Gesundheit.«

»Ich habe keine andere Wahl. Ich brauche das Geld. Ein Detektiv ist teuer.«

»Sie beschäftigen einen Detektiv?«, fragte Nick überrascht.

»Noch nicht. Aber ich werde es tun. Er muss meinen Bruder finden, bevor ein noch größeres Unglück geschieht.«

»Darüber sollten wir uns unterhalten«, schlug Nick vor. »Manche Detektive sind billiger, als Sie glauben.«

»Dann taugen sie auch nichts.«

Jane lachte leise. »Nick ist der beste Privatdetektiv, den Sie in der ganzen Stadt finden können«, behauptete sie stolz.

Das Mädchen musterte Nick erstaunt. »Sie sind Detektiv? So sehen Sie aber gar nicht aus.«

»Sagen Sie jetzt nur nicht, dass er verblüffende Ähnlichkeit mit George Lazenby aufweist«, empörte sich Jane. »Das streicht er mir sonst wieder wochenlang aufs Sandwich.«

»Was ist mit Ihrem Bruder?«, bohrte Nick ungeduldig.

Die Rothaarige bat um Entschuldigung und bediente ein paar andere Gäste. Als der Disc-Jockey wieder zum Tanz lockte, leerte sich der Tresen beachtlich.

»Jetzt habe ich etwas Zeit«, sagte das Barmädchen. »Meine Geschichte ist schnell erzählt. Der Traum meines Bruders war es seit jeher, Farmer zu werden. Er sparte jahrelang für ein Stück Land. Schließlich hatte er rund achtzigtausend Dollar zusammen. Er nahm das Geld, packte seine sieben Sachen und fuhr nach Nebraska. Dort hatte er sich über eine Agentur für ein passendes Objekt entschieden. Er war sehr glücklich. Er benutzte nicht das Flugzeug, sondern einen Linienbus. Mein Bruder Brad hat kein Vertrauen zur Technik. Der Rest ist schnell erzählt. Der Bus wurde kurz vor dem Ziel überfallen. Man erschoss den Fahrer und plünderte alle Reisende aus. Brad verlor seinen ganzen Besitz.«

Nick hatte aufmerksam zugehört. Als Francis Corner schwieg, nickte er verbissen. »Ich habe schon von jenen Überfällen gehört«, sagte er. »Meines Wissens bleiben die beiden großen Gesellschaften Greyhound und Continental Trailways davon verschont. Anscheinend vermuten die Gangster hier bewaffnete Begleiter. Sie halten sich an die kleineren Unternehmen und sahnen dabei kräftig ab. Was Ihrem Bruder geschehen ist, tut mir leid. Aber Sie sagten, er sei verschwunden.«

Francis schluchzte. »Er rief mich an«, fuhr sie fort. »Er war ganz verzweifelt und hat sich nun in den Kopf gesetzt, sich sein Eigentum zurückzuholen. Er will die Gangster jagen und austricksen. Aber das kann doch nicht gut ausgehen. Das sind doch Killer. Sie werden ihn töten, falls es Brad wirklich gelingt, ihre Spur aufzunehmen. Sie schrecken vor nichts zurück.«

»Ich fürchte, Ihre Sorge ist nicht unberechtigt, Francis«, gab Nick zu. »Die Kerle sollen ausgesprochen rücksichtslos vorgehen. Sie müssen unbedingt Ihren Bruder von diesem Plan abbringen. Die Polizei ist längst hinter den Burschen her. Das ist ein Fall fürs FBI, denn es ist in mehreren Bundesländern zu ähnlichen Überfällen gekommen.«

Francis seufzte. »Das ist es ja. Ich kann Brad nicht warnen. Er hat sich nur ein einziges Mal bei mir gemeldet. Das ist nun schon fast zwei Wochen her. Ich fürchte, sie haben ihn bereits erwischt.«

Francis Corner ließ ihren Tränen freien Lauf.

»Hat er sich auch nicht bei der Busgesellschaft gemeldet?«, forschte Jane mitfühlend. Zum Tanzen hatte sie plötzlich keine Lust mehr.

Francis hob den Kopf. Ihre blauen Augen schimmerten feucht. »Ich habe mich in der hiesigen Agentur der Inter Trailways erkundigt. Dort weiß man nichts. Ich hatte überhaupt den Eindruck, dass die Leute dort die Überfälle herunterspielen. Sie haben Angst, ihre Kundschaft zu verlieren.«

Nick stellte noch einige Fragen, die hauptsächlich Brad Corner betrafen.

Francis trug sogar ein Foto ihres Bruders bei sich. Sie liebte ihn scheinbar sehr. Seit dem Tod ihrer Eltern hatten die Geschwister ihr Leben allein meistern müssen.

»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Nick ruhig. »Ich suche Ihren Bruder und bringe ihn zur Vernunft. Dabei stelle ich allerdings eine Bedingung.«

»Nennen Sie Ihren Preis«, sagte Francis matt.

»Davon rede ich nicht. Ich verlange, dass Sie mit der unsinnigen Nachtarbeit aufhören. Sie brauchen jetzt Ihre Nerven. Brad ist nicht damit gedient, wenn er gerettet wird, während Sie dafür vor die Hunde gehen.«

»Aber dann kann ich Sie nicht bezahlen, Nick.« Aus ihrer Stimme klang Verzweiflung.

Der Detektiv lächelte. »Halten Sie mich nicht für einen Wohltäter, Francis. Ich lebe selbst gern gut und beschäftige eine Mitarbeiterin, der ich monatlich ein Wahnsinnsgehalt zahlen muss.« Er warf Jane einen schrägen Seitenblick zu. »Wenn es mir gelingt, den Gangstern das Handwerk zu legen, finde ich bestimmt einige Geschädigte, die sich darum reißen, mir ein ansehnliches Honorar zahlen zu dürfen.«

»Und wenn es Ihnen nicht gelingt?«

»Auf diesem Ohr hört der Meister schwer«, verriet Jane Morgan. »Es wird uns selbstverständlich gelingen, Francis. Davon gehe ich auch aus. Vorher lassen wir nicht locker.«

»Wir?« Nick sah die Blondine mit der Löwenmähne tadelnd an.

Jane lächelte harmlos. »Irgendetwas muss ich doch für mein angebliches Wahnsinnsgehalt tun. Oder willst du, dass ich die Nächte mit einem schlechten Gewissen verbringe?«

Nick war von dieser Idee nicht gerade begeistert. Es würde eine Jagd auf skrupellose Killer werden, denen ein Menschenleben nicht viel bedeutete.

Andererseits war ihm bewusst, dass sich die Suche über den ganzen Kontinent erstrecken konnte. Da musste ihm jede Hilfe recht sein.

Das gab den Ausschlag.

 

 

4. Kapitel

 

Nick spielte mit dem Gedanken, der Inter Trailways seine Dienste anzubieten. Doch je länger er darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher erschien ihm, dass die Drahtzieher der Überfälle in diesem Unternehmen selbst zu suchen waren. Um sichere und auch lohnende Raubzüge zu starten, genügte es nicht, die Fahrpläne der Gesellschaft zu kennen. Da musste man schon mit allen Gepflogenheiten näher vertraut sein.

Vor allem machte ihn stutzig, dass die geschädigte Firma sich anscheinend nicht über die Verbrechen aufregte. Francis hatte recht. Die Angelegenheit wurde bagatellisiert.

Die notwendigen Informationen über die bisherigen Überfälle verschaffte sich Nick über Tobi Rogers. Tobi war sein Freund, vor allem aber Leiter der Mordkommission Manhattan C/II. Als dieser fiel es ihm nicht schwer, sich auch die Unterlagen über solche Fälle zu beschaffen, die nicht in seinen Verantwortungsbereich fielen.

Vor allem interessierte sich Nick für die Tatorte. Seine Hoffnung, dass sie sich auf ein enges Gebiet beschränkten, erfüllten sich aber nicht. Außer aus Nebraska waren Überfälle aus Ohio, Illinois, Kalifornien, Texas, Mississippi und Florida bekannt. Ein zeitliches Schema war vorläufig nicht erkennbar. Auch wurde keine bestimmte Linie bevorzugt. Bis auf ein einziges Mal war jedoch ausschließlich die Inter Trailways heimgesucht worden.

Die Verbrechen selbst ähnelten sich so sehr, dass niemand auf die Idee kam, es könnte sich um verschiedene Gangs handeln. Diese Erkenntnis war gleichzeitig auch das einzige Resultat, das die Beamten des FBI bisher erzielt hatten. Ansonsten tappten sie im Dunkeln.

Obwohl kein Mangel an Zeugen bestand, gab es nicht einen einzigen Hinweis, der zu einer heißen Spur führte. Sämtliche Gangster, meistens handelte es sich um fünf oder sechs, waren maskiert und trugen Handschuhe, um nicht am Bus versehentlich Fingerabdrücke zu hinterlassen.

Der Bus wurde an einer verkehrsarmen Stelle zum Halten gezwungen. Dazu verwendete man einen Truck, der aber nicht immer derselbe war. Die Zulassungskennzeichen erwiesen sich als falsch und wurden bei jedem Coup geändert. Obwohl es den Überfallenen schon zweimal gelungen war, die Polizei verhältnismäßig rasch zu alarmieren, hatte bisher keine Straßensperre zum Erfolg geführt. Die Ermittlungsbehörden gingen davon aus, dass jedes Mal in der Nähe eine zweite Zugmaschine bereitstand, die den Auflieger mit der Beute und den Gangstern übernahm.

In aller Regel ließen die Verbrecher einen Toten zurück. Fast immer handelte es sich um den Fahrer des Busses. Es war aber auch schon vorgekommen, dass einer der Fahrgäste, der geglaubt hatte, Widerstand leisten zu können, diesen Versuch mit dem Leben bezahlen musste.

Die Gangster waren mit Maschinenpistolen bewaffnet, von denen sie rücksichtslos Gebrauch machten. Regelmäßig zerschossen sie das im Bus installierte Funkgerät. Damit verhinderten sie Hilferufe über CB.

Ein einziges Mal war ein Überfall von einem Außenstehenden nicht nur beobachtet worden. Der Mann hatte so viel Courage besessen, den Truck zu verfolgen.

Die Fahrt in seinem Lincoln war aber nur von kurzer Dauer. Aus dem Auflieger heraus zerschossen ihm die Gangster die Vorderreifen und die Windschutzscheibe. Der Mann konnte von Glück sagen, dass er mit einer nicht sehr komplizierten Schulterverletzung davongekommen war.

Nick notierte sich Name und Adresse dieses Mannes. Er glaubte aber nicht, dass er von ihm noch unbekannte Einzelheiten erfahren würde.

Die Polizei setzte auf die Beute. Irgendwo musste sie schließlich wieder auftauchen. Dann wollte man den Weg zurückverfolgen und hoffte, dadurch auf die Gang zu stoßen.

Ein schöner Traum. Das erbeutete Bargeld war nicht gekennzeichnet. Der Schmuck würde in finstere Hehlerkanäle fließen, und alles andere war nicht charakteristisch genug, zumal es die Gangster mit Sicherheit erst tausend Meilen entfernt an den Mann brachten.

Nick fragte sich, mit welchem Trick Brad Corner, falls er überhaupt noch lebte, an die Gang herankommen wollte. Er besaß kein Geld, keine Waffe, nicht einmal ein Hemd zum Wechseln. Eine erbärmliche Ausrüstung, um es mit einer Truppe eiskalter Killer aufzunehmen.

Jane und er würden an jeder Abfertigungsstelle der Inter Trailways nach Brad Corner fragen und sein Foto herumzeigen. Viel Hoffnung, dass sich einer an ihn erinnerte, hatten sie jedoch nicht. Er würde sich hüten aufzufallen.

»Ich schätze, dass er sich ’ne Kanone beschafft hat und dazu ein paar Dollar, mit denen er die gleiche Strecke abfährt, auf der er ausgeplündert wurde«, vermutete Jane. »Ich werde mir diese Linie vornehmen. Ist das okay?«

Nick hatte aus einem einfachen Grund nichts dagegen. Er glaubte nicht, dass dieselbe Linie in nächster Zeit schon wieder heimgesucht wurde. Jane war auf der Strecke zwischen New York City und San Francisco also verhältnismäßig ungefährdet.

Er selbst interessierte sich mehr für die Strecken, die bisher verschont geblieben waren. Irgendwann würden sie an der Reihe sein, vermutete er. Dann wollte er in dem Bus sitzen, und er hoffte, dann wenigstens einen, der Kerle zu erwischen und ihn zum Reden zu zwingen.

Jane musste ihm versprechen, sich mit den Gangstern nicht anzulegen. Sie sollte die Augen offen halten und ihn mit Nachrichten versorgen. Ihre Kontaktaufnahmen ließen sich anhand der Fahrpläne exakt verabreden.

Nick vermutete, dass auch das FBI den einen oder anderen Bus durch seine Beamten bewachen ließ. Bisher war noch keines dieser Fahrzeuge überfallen worden. Die Halunken mussten über ausgezeichnete Informationsquellen verfügen.

Darin bestand seine Chance. Jane und ihn kannten sie nicht. Sie rechneten nicht mit ihnen.

Das Wichtigste war, Brad Corner zu finden, bevor er eine nicht wiedergutzumachende Dummheit begehen konnte.

Dass sie dazu eine völlig andere Fährte hätten verfolgen müssen, konnte Nick zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

 

 

5. Kapitel

 

Brad Corner hatte sich verändert. Innerhalb nur weniger Tage war aus dem begeisterungsfähigen Burschen mit den großen Idealen ein verbitterter Mann geworden, der nur noch sein Recht wollte. Alles andere interessierte ihn vorläufig nicht mehr.

Da man ihm den letzten Dollar gestohlen hatte, musste er vor allem wieder flüssig werden. Ohne Geld konnte er seinen Rachefeldzug gleich in den Rauch schreiben.

Er scheute sich nicht davor zu arbeiten. Jetzt während der Erntezeit war er auch sicher, hier in Nebraska einen Job zu bekommen.

Doch das dauerte ihm für seine Pläne zu lange. Er hatte keine Zeit. Es musste schnell etwas geschehen, eine schnelle Methode, zu Geld zu kommen, war ihm aber nicht bekannt.

Brad Corner dachte natürlich an redliche Methoden. Er hatte nicht die Absicht, einen krummen Weg einzuschlagen. Dazu war er nicht berechtigt, und das verbot ihm auch seine ganze Lebenseinstellung. Büßen sollten nur die Schuldigen.

Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Er erschien in Gestalt eines zerlumpten Burschen, der ihn in der Nacht aus der Hütte vertreiben wollte, die er sich als Übernachtungsstelle auserkoren hatte. Der Kerl beanspruchte sie als seinen Stammplatz.

Der Fremde, der sich Winky nannte, lenkte jedoch schnell ein. Brads gute Kleidung brachte ihn wohl auf die Idee, dass hier etwas zu holen sein konnte. Hinterlistig schlug er ein Spielchen vor.

»Wir spielen um einen Dollar und das Recht, hier zu schlafen«, sagte er und holte ein Päckchen unappetitlicher, speckiger Karten aus seiner löchrigen Jackentasche.

Er wollte nicht glauben, dass Brad völlig blank war. Als er dann aber erfuhr, was geschehen war, rückte er noch ein Stück näher und raunte: »Das ist eine schlimme Geschichte, Kumpel. Wenn ich dir ’nen Rat geben kann, dann höre dich mal auf den Truck Stops um. Die Jungs hören das Gras wachsen. Außerdem stehen sie mit ihren CB-Boxen in ständiger Verbindung. Ich wette, dass die längst ahnen, was da gespielt wird. Natürlich hüten sie sich, das laut zu sagen. Das sind zum großen Teil arme Schweine, die nichts weiter besitzen als ihren geliebten Truck. Und auch der ist oft erst angezahlt, oder sie fahren überhaupt nur für ’n paar Dollar für ’ne Frachtgesellschaft. Die riskieren nichts. Und den Bullen geben sie auch keinen Hinweis, denn mit denen sind sie wie Katz und Maus. Wegen der Strafzettel, die sie manchmal verpasst kriegen. Aber geredet wird natürlich ’ne Menge. Am besten wäre es natürlich, wenn du mit einem von ihnen mitfahren könntest. Trucker untereinander haben keine Geheimnisse. Die sind wie eine verschworene Gemeinschaft.«

Diese Bemerkung ließ Brad Corner nicht mehr los. Du brauchst einen Truck, sagte er sich. Damit kannst du die Gang überlisten. Aber kein Trucker wird dir seine Zugmaschine leihen.

Winky erklärte sich einverstanden, dass Brad statt des Dollars seine letzten Zigaretten als Einsatz in dem Spiel gab, und mischte die Karten.

Brad hob ein paarmal ab und ließ den Landstreicher geben. Die Partie dauerte nur wenige Augenblicke, dann besaß Brad einen Dollar und teilte dafür mit dem Verlierer eine Zigarette.

Winky runzelte die Stirn. »Ich will dir ja nicht zu nahe treten«, sagte er zäh. »Aber mich würde interessieren, wo du das gelernt hast. Wenn ich mische, ist mir nämlich der Einsatz normalerweise sicher.«

Brad grinste ihn an. »Und wenn ich abhebe, wendet sich das Blatt«, erklärte er. »Hör mal! Diese Tricks habe ich schon als Zehnjähriger beherrscht. In der Bronx lernt man das.«

»Was ist das? Ein Gefängnis?«

»Du spinnst wohl? Das ist ein Stadtteil von New York, einem steinernen, seelenlosen Ungeheuer. Als ich fünfzehn wurde, zogen meine Eltern nach Manhattan. Dort war es etwas besser. Aber ich hielt es dort trotzdem nicht aus. Ich brauche ein freies Leben.«

Winky lachte schwindsüchtig.

»Frei bist du ja nun. Frei von all deinem Ersparten.«

Brad zeigte ihm den gewonnenen Dollar und widersprach: »Was du hier siehst, ist der Grundstock für achtzigtausend. Das schwöre ich dir.«

In dieser Nacht schliefen sie beide in der Hütte. Jeder in einer Ecke, denn Brad fürchtete, dass der andere Ungeziefer hatte.

Am Morgen wachte Brad durch eine sanfte Berührung auf. Er spürte, wie eine schmale Hand in seine Gesäßtasche kroch und sich geschmeidig wieder zurückzog.

Er wartete genau fünf Sekunden mit geschlossenen Augen und gleichmäßigem Atem. Dann schnellte er in die Höhe und schlug zu.

Winky heulte auf. Er hielt den gestohlenen Dollar noch zwischen den Fingern.

»Er gehört mir«, jammerte er. »Du hast falsch gespielt.«

»Du etwa nicht, du Kanaille?«, schrie Brad und packte den Burschen am Kragen.

Winky wurde himmelangst. Bisher hatte er sich immer auf seine Schnelligkeit verlassen. Das Zuschlagen war nicht seine Stärke.

»Lass mich laufen!«, bat er. »Was hast du davon, wenn du mich zusammendrischst? Ich bin ein genauso armes Schwein wie du.«

Brad ließ von ihm ab. »Das werden wir gleich sehen«, sagte er finster. »Wie viel Geld hast du noch?«

Winky förderte dreieinhalb Dollar zutage.

»Die kannst du mir nicht wegnehmen.«

Brads Augen blickten entschlossen. »Ich bin kein Dieb«, erklärte er.

»Wir werden um das Geld spielen. Wenn du Glück hast, holst du dir deinen Dollar zurück. Dann lasse ich dich gehen. Du hast mein Wort darauf.«

»Aber ich bin dir nicht gewachsen.«

»Wer sagt das, Kumpel? Du weißt doch jetzt, woran du mit mir bist. Versuch’s, besser zu machen.«

Brad Corner legte seinen Dollar auf den Boden der Hütte und streckte die Hand aus. »Dein Einsatz und die Karten!«, befahl er.

Winky wand sich. Am liebsten wäre er davongelaufen. Er wusste aber, dass das sinnlos gewesen wäre.

So fügte er sich in das Unabänderliche, verspielte den nächsten Dollar und anschließend den Rest seines bescheidenen Kapitals.

Erst als er sich im Besitz von viereinhalb Dollar befand, ließ Brad ihn gehen. Er fühlte sich miserabel, aber er sah keinen anderen Weg.

 

 

6. Kapitel

 

Nick fühlte sich beobachtet. Er wusste nur noch nicht, von wem. Er hatte sich bis zur Abfahrt des Busses in Petersburg in dem Imbiss-Shop einen Hamburger bestellt, der anscheinend erst geschnitzt werden musste. Jedenfalls wartete er schon seit acht Minuten.

Er trank eine Cola in kleinen Schlucken und ließ dabei unauffällig seinen Blick schweifen. Das Kribbeln in seinem Nacken warnte ihn.

Die Menschen, die wie er auf die Weiterfahrt warteten, machten einen unverdächtigen Eindruck. Nicht einer war darunter, dem Nick ein Schwerverbrechen zutraute. Ob er sich nicht doch täuschte?

Sein Blick kreuzte sich mit dem einer jungen Frau, die errötete und hastig die Augen niederschlug. Sie nahm ihre Handtasche vom Tisch, erhob sich und verließ verwirrt den Raum.

Nick sah ihr nach. Sie sah nicht anders aus als die Sekretärinnen, Verkäuferinnen oder Büroangestellten in New York. Aber natürlich konnten sich die Gangster solch harmlos wirkender Kundschafter bedienen.

Ein schwarzhaariger Mann in dezent karierter Jacke folgte der Frau ebenfalls mit den Blicken. Dann sah er zu Nick herüber und zuckte kaum merklich zusammen.

Nick sah es aber doch und wurde nun erst recht aufmerksam.

Der Fremde war ungefähr dreißig Jahre alt und sein Benehmen vermittelte den Eindruck, als hätte er etwas zu verbergen.

Jetzt setzte er sich in Bewegung und folgte der Frau in einigem Abstand.

Endlich kam der Hamburger. Nick zahlte und nahm ihn mit. Er wollte wissen, was der Fremde vorhatte. Er kam ihm nicht ganz geheuer vor.

Die Frau stieg gerade in den Bus ein. Es war ein rollendes Ungetüm, in den Farben rot, weiß und blau gestreift. Auf den Seiten stand die Aufschrift »Inter Trailways«. Darunter ein zum Sprung ansetzender Puma.

Der Fahrer war ein Farbiger. Er trug eine Schirmmütze und zeigte seine prächtigen Zähne. Ein vertraueneinflößendes Aushängeschild für das Busunternehmen. Wer ihn sah, kam nicht auf die Idee, dass schon etliche seiner Kollegen im Kugelhagel von Maschinenpistolen verblutet waren.

Der Bursche mit dem karierten Sakko blieb vor dem Fahrer stehen und bot ihm eine Zigarette an.

Nick hätte zu gerne gehört, worüber die beiden sich unterhielten. Der Fremde sprach aber für diese Entfernung zu leise.

Der Schwarze tat sich weniger Zwang an. Nick gelang es, wenigstens ein paar Fetzen aufzufangen.

»... immer eine Kanone ... sollen nur kommen ... keine Angst ... Geld gut versteckt.«

Der Karierte wurde immer interessierter. Wenn das nicht verdächtig war, wollte Nick seine Lizenz zurückgeben.

Der Fahrer blickte auf seine Armbanduhr und kletterte pfeifend auf seinen Bock. Er ließ die Hupe dröhnen und rief damit die letzten Fahrgäste.

Der Bus war nur halb besetzt. Nick wechselte seinen Platz. Er setzte sich eine Reihe schräg hinter den Karierten, was dieser mit sichtlichem Unbehagen registrierte.

Nick ließ sich dadurch nicht stören. Er nahm eine Zeitung und verbarg sich dahinter. Er hatte nicht die Absicht zu lesen, wurde aber automatisch durch einen Artikel gefesselt, der von einem Überfall auf einen Linienbus in der Nähe von Ogden berichtete.

Sie hatten also schon wieder zugeschlagen. Und zwar genau auf der Strecke, die von Jane befahren wurde. Aber bis Utah war sie noch nicht gekommen.

Neue Erkenntnisse brachte die Meldung nicht. Es handelte sich nur um eine Sechszeilennotiz, aus der lediglich zu ahnen war, dass sich alles wie bei den früheren Überfällen abgespielt hatte.

Der Karierte hatte inzwischen eine Unterhaltung mit seinem Platznachbarn, einem fetten Sechziger, angefangen. Der Dicke trug einen etwas zu engen Maßanzug. Die beiden Ringe an seinen Wurstfingern hatten zweifellos ein paar tausend Dollar gekostet.

Der Mann hatte in einem Börsenblatt gelesen, ließ sich nun aber bereitwillig in ein Gespräch verwickeln. Seine Stimme klang mühsam und asthmatisch.

»Ich fahre diese Strecke schon seit zwei Jahren«, erklärte er gerade. »Es ist noch nie etwas passiert. Mich bringen Sie in kein Flugzeug. Das wäre für mich die Hölle.«

»Aber Sie tragen doch hoffentlich eine Waffe bei sich«, forschte der Karierte lauernd.

Der Dicke lachte geringschätzig. »Wozu? Ich könnte doch nicht damit umgehen. Sind Sie denn bewaffnet?« Der andere zögerte. »N...nein«, sagte er dann. »Aber bei mir gibt es ja auch nichts zu holen.«

Der Bus donnerte weiter. Allmählich wurde es dunkel. Sie würden auch die Nacht hindurch fahren. Zuvor war noch bei Williamson ein Stopp. Hier konnte man umsteigen und vor allem ein Abendessen zu sich nehmen.

Nick wusste, dass die Busse bisher immer tagsüber ausgeraubt worden waren. Das bedeutete zwar keine Garantie für die Zukunft, doch glaubte er, sich ein paar Stunden Schlaf erlauben zu dürfen. Sobald der Bus sein Tempo verlangsamte, würde er ohnehin wach werden.

Als sie Williamson an der Grenze nach Kentucky erreichten, war es stockfinster.

Für Nick lag eine Nachricht am Abfertigungsschalter. Sie stammte von Jane, die versucht hatte, ihn von Cleveland aus telefonisch zu erreichen.

»Sehr heiß hier«, las er. »Tante Maggie ist eine Nervensäge. Sie hat jetzt rote Haare und redet nur von Geld. In Macomb erwartet sie Onkel Steve. Er würde sich bestimmt freuen, dich zu sehen. Jane.«

Nick las die Zeilen ein paarmal. Sie hörten sich nur scheinbar so verrückt an. In Wirklichkeit enthielten sie eine brandwichtige Botschaft.

Jane hatte eine heiße Spur gefunden. Zumindest war sie davon überzeugt. Tante Maggie war zweifellos eine rothaarige Frau, die ihren Verdacht erregt hatte. Sie glaubte, dass in Macomb in Illinois etwas passieren würde.

---ENDE DER LESEPROBE---