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Transformationen E-Book

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Beschreibung

Der 1924 geborene Klaus Huber, 2009 mit dem begehrten Siemens-Musikpreis ausgezeichnet und soeben mit dem Deutschen Musikautorenpreis 2013, ist einer der renommiertesten Schweizer Komponisten des 20./21. Jahrhunderts. Unter dem Titel «Transformationen» veranstaltete das Studio Neue Musik der Züricher Hochschule der Künste im März 2010 ein internationales Symposion zur Musik des Komponisten. Der Band versammelt die Beiträge dieses Symposiums. AutorInnen sind Thomas Gartmann, Jörn Peter Hiekel, Sibylle Kaiser, Till Knipper, Susanne Kogler, Claus-Steffen Mahnkopf, Max Nyffeler, Christian Utz, Martin Zenck und Heidy Zimmermann.

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Jörn Peter Hiekel / Patrick Müller (Hg.):Transformationen. Zum Werk von Klaus Huber

 

edition neue zeitschrift für musik

Herausgegeben von Rolf W. Stoll

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Bestellnummer SDP 92

ISBN 978-3-7957-8640-3

© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz

Alle Rechte vorbehalten

Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer NZ 5028

© 2013 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz

www.schott-music.com

www.schott-buch.de

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlags. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung kopiert und in ein Netzwerk gestellt werden. Das gilt auch für Intranets von Schulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen.

Umschlag: HJ Kropp unter Verwendung

von Fotos von Stefan Forster

und Rolf W. Stoll (Buchrücken)

Transformationen

Zum Werk von Klaus Huber

herausgegeben von Jörn Peter Hiekelund Patrick Müller

Vorwort

Klaus Huber kann seit längerem als feste Größe in der europäischen neuen Musik gelten, verschiedenste renommierte Auszeichnungen belegen dies ebenso wie Aufführungen auf fast allen wichtigen europäischen Foren für Gegenwartsmusik. Und dennoch ist sein Schaffen von der Musikwissenschaft bislang allenfalls in Ansätzen erforscht. Der vorliegende Band möchte dazu beitragen, über diesen Zustand hinaus zu kommen, und versteht sich als Impuls für weitere Forschungen. Dabei enthält er bewusst unterschiedliche Darstellungsformen, Ansätze und Ausgangspunkte, verschränkt genuin wissenschaftliche Ansätze, die auf Analysen bzw. Skizzenforschungen basieren, mit essayistischen und bewusst subjektiven Formaten und operiert mit unterschiedlichen Kontextualisierungen sowohl von Hubers Schaffen als auch seiner künstlerischen Persönlichkeit. Diese Variabilität der Perspektiven hat gewiss damit zu tun, dass die Beiträge von Autorinnen und Autoren mit jeweils recht unterschiedlichen Erfahrungshorizonten stammen. Und sie kommt auch darin zum Ausdruck, dass in den Betrachtungen zu Hubers Musik in sehr unterschiedlichem Maße auf Äußerungen des Komponisten zurückgegriffen wird. Hiermit ist ein wichtiger Aspekt berührt, der im wissenschaftlichen Reden und Schreiben über Gegenwartsmusik, das dem Ziel einer Verbreiterung der Perspektiven dienen möchte, stets von Belang ist.

Es versteht sich bei einem Komponisten wie Huber wohl von selbst, dass verschiedene explizit politische Akzentuierungen seiner Musik in diesem Buch ebenso anklingen wie die spirituellen und transkulturellen. Andererseits wurde versucht, neben diesen im Schreiben über Huber schon recht präsenten Aspekten auch solche zum Zuge kommen zu lassen, die bislang nur vergleichsweise wenig Beachtung fanden. Der Buchtitel Transformationen ist dabei zunächst ein Gefäß für sehr unterschiedliche Denkbewegungen. Freilich deutet dieser Titel zugleich – und vor allem deswegen wurde er gewählt – auf eine Art konzeptionelles Leitmotiv von Hubers kompositorischen Strategien: auf das von einem äußerst wachen Geist beflügelte Ansinnen, auf allen Ebenen eines Musikwerks historisch Vorfindliches nachdrücklich auf die Gegenwart hin zu beziehen, und dies weit jenseits jeder bloßen Affirmation. Denn so – um nur ganz wenige Beispiele zu nennen – wie etwa die Huber’sche Mikrotonalität als Kritik an der Fixierung auf bestimmte tonale Standards gelesen werden kann und die in den Werken der jüngeren Zeit präsenten Bezüge zu arabischen Klangwelten als Geste der Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen gemeint sind, lassen auch Hubers Anverwandlungen textlicher oder musikalischer Modelle und seine Integrationen älterer Musik stets die Tendenz zur kreativen Neudeutung und zur Distanznahme gegenüber dem Geläufigen erkennen. Und dabei ist etlichen der hier angedeuteten Transformationen, die Hubers Musik durchziehen und die im vorliegenden Buch zur Beschreibung kommen, ein politischer Subtext anzumerken.

Der Band geht zurück auf ein Symposion, das im März 2010 am Musik-departement der Zürcher Hochschule der Künste stattfand – es war die bislang umfänglichste Tagung überhaupt, die Hubers Schaffen gewidmet war. Getragen war sie von lebhaften, zum Teil sogar kontroversen Diskussionen, an denen sich Klaus Huber selbst intensiv beteiligte. Und sie war zudem sinnfällig verknüpft mit Aufführungen von etlichen seiner Werke.

Zu danken ist zunächst allen Referentinnen und Referenten, ferner aber auch der Schweizer Kulturstiftung «Pro Helvetia» für ihre Unterstützung bei dieser Veranstaltung, der musikwissenschaftlichen Forschungsabteilung sowie dem Studio Neue Musik der Zürcher Hochschule der Künste für die finan-zielle Unterstützung der Publikation, Tobias Rothfahl für die Mitarbeit bei den Korrekturen, schließlich dem Verlag Schott für das Interesse, dieses Buch in die schöne Schriftenreihe der Neuen Zeitschrift für Musik aufzunehmen.

Zürich, Dezember 2012

Jörn Peter Hiekel und Patrick Müller

Inhalt

Vorwort

Transformationen

Zu einigen Facetten des Komponierens von Klaus Huber

Jörn Peter Hiekel

Klaus Huber: Komponist, Schweizer, Schweizer Komponist

Max Nyffeler

Die Wahrheit von Klaus Hubers Musik

Claus-Steffen Mahnkopf

«In die Tiefe dringen, um den Widerstand zu verankern»

Klaus Huber und die Geistliche Musik

Thomas Gartmann

Gesualdissimo

Zur transepochalen Affinität des späten 20. Jahrhunderts zum Manierismus des frühen 17. Jahrhunderts. Klaus Hubers Skizzen zu den «Lamentationes sacrae et profanae ad responoria Iesualdi»

Martin Zenck

«Zwischen Verstummen und Schrei»

Zur Relation von Sprache und Klang bei Klaus Huber

Susanne Kogler

Morphologie und Bedeutung der Klänge in Klaus Hubers «Miserere hominibus»

Mit Exkursen zum Verhältnis von Struktur und Kontur und zur dritteltönigen Stimmung

Christian Utz

Tonsysteme im kompositorischen Schaffen von Klaus Huber

Till Knipper

Monodie und Struktur

Zu einigen Solostücken Klaus Hubers

Heidy Zimmermann

«Das Unabgegoltene im Vergangenen suchen …».

Werkbezüge und Rekompositionen im Spätwerk Klaus Hubers

Sibylle Kayser

Transformationen

Zu einigen Facetten des Komponierens von Klaus Huber

Jörn Peter Hiekel

Sucht man die im kompositorischen Schaffen von Klaus Huber prägenden konzeptionellen Strategien und zugleich deren Vielschichtigkeit zu ergründen, kann es hilfreich sein, auf das Begriffsfeld des «Transformativen» oder der «Transformation» zu rekurrieren – obwohl oder gerade weil dieses Begriffsfeld recht unterschiedliche Assoziationen hervorruft. Einige der dabei aufscheinenden Facetten des «Transformativen», verstanden als beharr-liche und permanente Prozesse der Veränderung, Wandlung oder Anverwandlung, möchte ich im Folgenden kurz andeuten – dies mit dem Ziel einer Kontextualisierung und zugleich Bündelung verschiedener Ansätze von Klaus Huber, ausdrücklich ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit,1 aber doch vom Wunsch getragen, die innere Konsequenz und Sinnfälligkeit von Hubers Ansatz anzudeuten. Berührt sind dabei gleichermaßen produktions- wie rezeptionsästhetische Aspekte.

1. Reflexionen älterer Musik

Eine Facette, die deswegen am Beginn dieser Überlegungen firmieren mag, weil sie beispielhaft steht für Hubers Konzept eines überaus vielschichtigen Komponierens, ist durch die darin immer wieder vorhandenen Anklänge und Reflexionen von älterer Musik markiert. Im Komponieren der letzten sechzig Jahre gibt es, grob gesagt, vier Kategorien der Auseinandersetzung mit Musik vergangener Zeiten: die erste ist die weitgehende Vermeidung oder Ausblendung von Traditionsbezügen, wie man sie, auf der Suche nach einer unabhängigen eigenen Sprache, am ehesten in der seriellen Musik der frühen 1950er Jahre findet. Die zweite, geradezu gegenläufige Tendenz ist die unbekümmert mit Traditionsbeständen jonglierende oder sie verklärende Form des Umgangs mit Traditionen, die nicht selten als «postmodern» bezeichnet wird, weil sie einen Teil – gewiss nicht alle – der mit dem Begriff «Postmoderne» verbundenen Kriterien erfüllt. Die dritte Kategorie steht im breiten Feld zwischen den beiden zuerst genannten: sie ist das bewusste Gegen-den-Strich-Lesen der Musikgeschichte, wie man es etwa bei Nicolaus A. Huber oder Rolf Riehm findet (Riehm spricht selbst vom «Fehllesen», vom absichtlichen Missverstehen mit dem Ziel, gerade so ungeahnte Potenziale eines älteren Werks zu entbinden).2 Und die vierte Kategorie der komponierenden Auseinandersetzung mit der Musikgeschichte ist eine Form des kreativen Weiterdenkens, weit jenseits von Monumentalisierung und Verklärung, dafür aber mit dem Ziel, das Sperrige, vielleicht sogar Provozierende eines vorgefundenen Elements erfahrbar zu machen.

Diese vierte Kategorie nun ist in besonderem Maße im Werk von Klaus Huber anzutreffen. Für sie liegt der Begriff der «Transformation» – im Sinne von Umwandlung oder Verwandlung – am ehesten nahe. Wenn Huber in seinen Lamentationes Sacrae et Profanae ad Responsoria Iesualdi (1993-1997) auf Carlo Gesualdo da Venosa reagiert oder wenn er in anderen Werken Elemente aus Stücken von Purcell, Bach oder Mozart einbezieht, schließt die Transformation immer auch kreative Neudeutung ein. Diese Art der Vergangenheits-Belebung bezeichnet eine wichtige Facette der heutigen Musik. Auch Namen wie Salvatore Sciarrino, György Kurtág oder Hans Zender – der mit Blick auf seine eigene Einrichtung von Schuberts Winterreise von «komponierter Interpretation» sprach – wären hier, mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen, zu nennen. Offenbar ist Klaus Huber ebenso wie Hans Zender bei der Entwicklung und Entfaltung seiner eigenen kompositorischen Verfahrensweisen am stärksten von Bernd Alois Zimmermann beeinflusst worden, der nach einer treffenden Formulierung von Zender in der Nachkriegszeit «der erste namhafte Komponist [war], der bewusst und explizit Geschichte in sein Werk eingehen» ließ. Interessant für die inzwischen gewandelten Einschätzungen dieser Ausrichtung ist die Tatsache, dass selbst Zimmermanns langjähriger Antipode Karlheinz Stockhausen, obschon entschieden anders ausgerichtet, diese Eigenschaft der Musik Zimmermanns wahrgenommen hat, zunächst mit einigem Unverständnis, später wohl mit gewissem Respekt. Er sprach davon, Zimmermann sei eben mehr Transformator als Generator gewesen (Stockhausen selbst empfand sich ja bekanntlich Zeit seines Lebens vor allem als «Generator», also als jemand, der ständig Neues schafft). In dieser Äußerung klingen jene oft dargestellten – und in mancher Hinsicht heiklen – Diskussionen zum Materialfortschritt und zur Innovation an, die in den ersten Nachkriegsjahrzehnten mit einiger Polemik geführt wurden. Heute, da sich die polemischen Wogen längst geglättet haben, weiß man, wie sehr auch Transformationen ihre höchst kreative, nicht-akademische und auch nicht bloß spielerische Seite haben können und sogar im Sinne eines «generativen» Prozesses verstanden werden können.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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