Traumhaft verliebt - Lori Wilde - E-Book

Traumhaft verliebt E-Book

Lori Wilde

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Beschreibung

Wenn man in der Nacht vor Weihnachten ein Plätzchen unter sein Kissen legt, dann sieht man im Schlaf seinen Traummann …

Im kleinen Dörfchen Twilight glauben die Bewohner an eine alte Legende: „Wenn man in der Nacht vor Weihnachten ein Plätzchen unter sein Kissen legt, dann sieht man im Traum seinen Seelenverwandten …“. Nur nicht Sarah Collier: Als sie als 15-jährige vergeblich in eine Trauzeremonie stürzte, um Travis Walker davon abzuhalten, die Falsche zu heiraten, platzte ihr Traum von der Liebe. Doch als das Schicksal sie Jahre später zurück nach Twilight führt, scheint es so, als ob an der alten Legende doch etwas Wahres dran sein könnte …

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Seitenzahl: 461

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Buch

Jedes Jahr hatte Sarah Collier mit ihrer Großmutter am Abend vor Weihnachten Schicksalsplätzchen gebacken. Denn eine Legende des malerischen Dörfchens Twilight in Texas besagt, dass eines dieser Plätzchen unters Kopfkissen gelegt zu dem schicksalhaften Traum führt, der einem die einzig wahre Liebe offenbart. Und jedes Jahr hatte Sarah von Travis Walker geträumt. Zumindest bis zu dem denkwürdigen Tag, als sie als Fünfzehnjährige mit Zahnspange, in einem Strickpullover mit Glöckchen und einem Rentiergeweih aus Plüsch in seine Trauungszeremonie stürzte, um ihn davon abzuhalten, die Falsche zu heiraten – vergeblich.

Zehn Jahre später, Sarah ist inzwischen erwachsen und lebt als namhafte Bestsellerautorin von Kinderbüchern in New York, hat sie diesen Tag noch nicht vergessen. Und sie hat sich geschworen, nie wieder so dumm zu sein, sich so unsterblich in einen Mann zu verlieben wie damals. Doch als der Fan-Brief eines schwer erkrankten kleinen Mädchens sie zurück nach Twilight führt, kreuzen sich die Wege von Travis und ihr ein zweites Mal. Und es stellt sich die Frage: Ist an der Plätzchenlegende von Twilight vielleicht doch etwas Wahres dran …?

Autorin

Lori Wilde ist eine Bestsellerautorin aus den USA, wo sie bereits mit zahlreichen Preisen, u. a. dem »Romantic Times Reviewers’ Choice Award«, dem »Booksellers Best« und »The National Readers’ Choice« ausgezeichnet wurde. Sie lebt mit ihrem Mann und einer Schar von Haustieren in Weatherford, Texas.

Lori Wilde

Traumhaft

verliebt

Roman

Übersetzt

von Kristina Lake-Zapp

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel

»The First Love Cookie Club« bei Avon Books,

an Imprint of HarperCollins Publishers, New York

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Dezember 2011

Copyright © der Originalausgabe 2010 by Laurie Vanzura

Published by Arrangement with Laurie Vanzura

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

Thomas Schluck, 30827 Garbsen.

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Coverillustration: © FinePic, München

Redaktion: Hella Neukötter

MR · Herstellung: Str.

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-641-06534-8

www.goldmann-verlag.de

Für all die großartigen Väter dort draußen.

Lang möget ihr lieben.

Prolog

An jedem Heiligabend, seit sie acht Jahre alt war, hatte Sarah Collier Schicksalsplätzchen gebacken, eine Handvoll davon unter ihr Kopfkissen gelegt, bevor sie schlafen ging, und von ihrer einzig wahren Liebe geträumt.

Sie hatte es gar nicht erwarten können, endlich einzuschlafen, während die funkelnden Lichter auf den Dachvorsprüngen durch die transparenten Spitzenvorhänge vor ihrem Schlafzimmerfenster fielen und der harzige Duft der frisch geschlagenen Douglas-Fichte das Haus erfüllte. Dazu dudelte Bing Crosbys »White Christmas« auf dem Plattenspieler ihrer Großmutter.

An diesem wundervollsten aller Abende, in ihrem gemütlichen kleinen Häuschen am See in Twilight, Texas, holte Gramma Mia Mehl, Zucker, Vanille und sahnige, fette, echte Butter hervor (die Sarahs Mutter sie niemals essen lassen würde) und verknetete die Zutaten auf den glänzend weißen Fliesen der Küchenanrichte. Obwohl sie beide das Rezept auswendig kannten, faltete Gramma das vergilbte Blatt Papier mit der verblassten, in blauer Tinte geschriebenen eigenwilligen Schnörkelschrift auseinander und lehnte es behutsam gegen die Teekanne. Begierig darauf, endlich anzufangen, verknotete Sarah mit aufgeregten Fingern ihre Schürzenbänder und band ihr welliges, karamellfarbenes Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammen.

Seit sieben Jahren hatte sie jetzt immer dasselbe geträumt: weiße Spitze, sanft fließend wie ein Hochzeitsschleier. Ein dunkelhaariger Mann in einem schwarzen Smoking, der wartend am Ende eines mit rosa Rosenblättern bestreuten Ganges stand, den Rücken ihr zugewandt, während Schneeflocken sanft aus einem stahlgrauen Feiertagshimmel rieselten.

Mit klopfendem Herzen schwebte sie näher. Das Blut rauschte ihr in den Ohren. In dem Augenblick drehte sich der Mann um, lächelte und streckte ihr die Hand entgegen.

Jetzt sah sie sein Gesicht.

Der Mann war Travis Walker, der gut aussehende ältere Junge, der im Haus neben Gramma wohnte, doch im Traum war er erwachsen.

Ihr Held.

Sarah schlief voller Glückseligkeit, die Hände unter der Wange, und ahnte nichts von dem Aufruhr, den ihr dieser alljährlich wiederkehrende Traum schon bald bescheren sollte.

Am Morgen des ersten Weihnachtstages, Sarah war jetzt fünfzehn Jahre alt, wachte sie mit der süßen Erinnerung an ihren Schicksalsplätzchentraum auf. Lächelnd fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen.

Travis.

Ihr aufblühender junger Körper schmerzte vor Verlangen, und anstatt wie sonst aus dem Bett zu springen und nachzusehen, was für sie unter dem Weihnachtsbaum lag, kuschelte sich Sarah tiefer in die Kissen, schloss die Augen und ignorierte den Duft nach Schinkenspeck und Waffeln, der durch die Luft zog. Sie versuchte, die Bruchstücke ihres verblassenden Traums einzufangen, doch Grammas sanftes Klopfen an der Tür zerstörte ihre Bemühungen.

»Sarah, Liebes, steh auf und zieh dich an, deine Eltern haben gerade angerufen. Sie werden bald da sein.«

Sarah seufzte und setzte sich auf die Bettkante. Es kam ihr unfair vor, dass ihre Eltern kaum Zeit für sie hatten, aber wenn sie denn mal aufkreuzten, erwarteten sie von ihr, dass sie ihnen ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Das Doktorenehepaar Mitchell und Helen Collier schickte Sarah jeden Sommer und auch während der Weihnachtsferien zur Großmutter. Den Rest des Jahres verbrachte sie an der Chatham Academy, einem Internat in Dallas. Die beiden waren äußerst beschäftigte, berühmte Herzchirurgen aus Houston und jetteten als Gastdozenten um die ganze Welt, da konnten sie sich nicht auch noch die Mühe machen, ihre eigene Tochter großzuziehen.

Hör auf, dich selbst zu bemitleiden. Du hast mehr als die meisten anderen Menschen.

Das stimmte, aber es hielt sie nicht davon ab, sich nach einer Familie zu sehnen, in der man sich nahestand. Sie schlang die Arme um ihr Kissen und drückte es an die Brust, wobei sie eine Spur von Plätzchenkrümeln auf dem Flanelllaken hinterließ.

Es war nicht gerade von Vorteil, dass sie schüchtern war und zu überbordenden Fantasien neigte. An der Schule war sie nicht sonderlich beliebt, konnte sich nur schlecht in eine Gruppe einfügen. Englisch war das einzige Fach, in dem sie brillierte. Ihre Eltern waren praktische, hervorragende Wissenschaftler, und sie verstanden ihre Tochter nicht im Geringsten. Manchmal stellte sie sich vor, sie wäre adoptiert worden, aber die Ähnlichkeit mit ihrem Vater – sie hatte sein unbändiges hellbraunes Haar und seine strahlend blauen Augen geerbt – war so groß, dass es unmöglich war, ihre Abstammung zu leugnen.

Seufzend stieg sie aus dem Bett, wechselte die von den butterigen Plätzchen befleckten Laken und ging anschließend unter die Dusche. Sie zog einen roten Schottenrock an, rote Leggings und schwarze Stiefeletten und dazu eine weiße Seidenbluse mit einem grünen Pullunder darüber. Gramma hatte ihn für sie gestrickt und klingelnde Glöckchen darauf genäht. Aus einer Laune heraus setzte sie sich den Haarreif mit dem Rentiergeweih auf den Kopf, den sie beim letzten Dickens-Festival auf dem Stadtplatz gewonnen hatte. Ihre Mutter würde den Haarreif hassen. Grund genug, ihn zu tragen.

Sie schlenderte in die Küche. Gramma bedeutete ihr, sich an den Tisch zu setzen. Sie stellte einen Becher mit heißer Schokolade vor sie hin und dazu einen Teller mit Belgischen Waffeln und einer dicken Scheibe Schinkenspeck.

»Hast du gut geschlafen?«, erkundigte sich ihre Großmutter augenzwinkernd.

»Sehr gut.« Sarah grinste.

»Hast du von deiner wahren Liebe geträumt?«

»Ja, das habe ich.« Sarah durfte Gram nicht verraten, wer ihre wahre Liebe war, das war nicht erlaubt. Tat man es doch, ging die Schicksalsplätzchenprophezeiung nicht in Erfüllung.

»War es derselbe Mann wie im letzten Jahr?«

»Und wie im Vorjahr, im Vorvorjahr und im Jahr davor.«

Gram nickte. »Dann ist es wahr, Liebes. Er ist für dich bestimmt.«

Ein glücklicher Schauder überlief Sarahs Arme, und sie schlang sie fest um sich. Travis Walker. Ihre einzig wahre Liebe. Sie hatte ihn seit ihrer Ankunft bei Gramma noch nicht gesehen, obwohl sie ein paarmal auf die Veranda hinausgetreten war und zu seinem Haus hinübergespäht hatte in der Hoffnung, seinen zerbeulten Ford Pick-up in der Auffahrt zu entdecken. Sie hatte ihre Großmutter nicht nach ihm gefragt, um ihre heimliche Schwärmerei nicht zu verraten.

Das ist keine Schwärmerei,rief sie sich in Erinnerung. Er ist dein Schicksal.

Sarah schluckte einen Mundvoll Waffel, die vor Ahornsirup triefte, und biss in den knusprigen Schinkenspeck. Sie wollte ihr Frühstück gegessen haben, bevor ihre Mutter auftauchte und anfing, über ihr Gewicht zu lamentieren. Gramma behauptete, sie wäre genau richtig, aber Helen Collier würde ihren Taschenrechner zücken, ein paar Zahlen eintippen und ihr mitteilen, dass ihr Body-Mass-Index bei 25,4 liege, was Übergewicht bedeutete. Größe vierundvierzig. Ihre Mutter würde enttäuscht den Kopf über ihre pummelige Tochter schütteln. Sarah biss in ihre Waffel und fragte sich, ob Travis sie für fett halten oder finden würde, dass sie mit ihrer Zahnspange dämlich aussah.

An der Tür ertönte ein Klopfen.

»Herein!«, rief Gramma und stand auf, als sich die Hintertür öffnete.

Dotty Mae Densmore, die im Alter ihrer Großmutter war und ein paar Häuser weiter wohnte, platzte ins Zimmer, einen Korb voller frisch gebackener Blaubeer-Muffins am Arm. »Frohe Weihnachten!«

»Frohe Weihnachten, Mrs. Densmore«, wünschte Sarah.

»Oh, du siehst aber festlich aus«, stellte Dotty Mae fest. »Was für ein prächtiges Rentiergeweih!«

Sarah hob die Hand und tastete nach dem Geweih, das aus braunem Filz mit Baumwollfüllung gefertigt war. »Danke.«

Dotty Mae, die Wangen von der Kälte gerötet, stellte die Muffins auf die Anrichte und wandte sich um zu Gramma Mia. »Ich nehme an, du gehst nicht zu dieser Hochzeit?«

»Hochzeit?« Gramma runzelte die Stirn. »Wann findet sie denn statt?«

»Hast du keine Einladung gekriegt?« Dotty Mae drückte die Finger auf ihre Lippen. »Ähm … tut mir leid, ich bin davon ausgegangen, du hättest eine bekommen.«

Gramma schüttelte den Kopf.

»Ich hab meine auch erst vorgestern gekriegt. Buchstäblich in letzter Minute. Vermutlich war es allerhöchste Eisenbahn …«

Sarah war sich nicht sicher, wovon sie redeten. Was hatte eine Eisenbahn mit einer Hochzeit zu tun? Mit Sicherheit hatte niemand vor, der Braut oder dem Bräutigam eine Bahnreise zur Hochzeit zu schenken …

»Ich war so beschäftigt mit den Weihnachtsvorbereitungen, dass ich gar nicht nach der Post gesehen habe. Ich hoffe doch, eine Einladung im Briefkasten zu finden. Selbst wenn es zu spät ist, daran teilzunehmen, möchte ich wenigstens ein Geschenk schicken. Du gehst nicht hin?«

»Ich kann nicht. Meine Jungs und ihre Familien kommen zu Besuch, um den Weihnachtstag mit mir zu verbringen.«

»Es kommt tatsächlich ungelegen. Helen und Mitchell sind ebenfalls auf dem Weg hierher.«

Dotty Mae zog eine Augenbraue hoch, griff tief in den Muffin-Korb und zog eine Flasche Pfefferminzschnaps hervor. »Möchtest du deiner heißen Schokolade einen kleinen Schuss Festtagsstimmung versetzen, Mia?«

»Ich dachte schon, du fragst nie.« Grinsend ging Gram zum Herd, nahm den Teekessel und füllte heißes Wasser in eine Tasse mit Kakaopulver für Dotty Mae. »Es bedarf stets einer gewissen Grundlage, um mit Helen zurechtzukommen.« Und an Sarah gewandt fügte sie hinzu: »Liebes, würdest du bitte für mich die Straße hinunter zum Briefkasten laufen und die Post holen?«

»Klar.« Sarah schob ihren Stuhl zurück, nahm ihre Jacke vom Garderobenhaken neben der Eingangstür und trat hinaus auf die Veranda. Rasch warf sie einen Blick zu Travis’ Haus hinüber. Sein Pick-up stand nicht in der Auffahrt. Ob er noch hier wohnte? Er war jetzt zwanzig. Vielleicht war er ausgezogen und hatte sich eine eigene Wohnung genommen. Hm. Sie würde einen Weg finden müssen, Gram unauffällig danach zu fragen.

Sarah schlenderte über den Kopfsteinpflasterweg, der zur Uferstraße führte. Der See schimmerte blau und glänzend im klaren, kalten frühmorgendlichen Sonnenschein. Sie dachte daran, wie Travis sie zum Fischen an die Anlegestelle mitgenommen hatte. Wie er ihren Schilfrohrstecken mit kleinen Fischen versehen und so getan hatte, als hätte sie einen riesigen Thunfisch an der Angel, obwohl sie nur einen handtellergroßen Sonnenbarsch eingeholt hatte. Sie war zehn gewesen. Er fünfzehn. Genauso alt, wie sie jetzt war. Er hatte stets Super-Bubble-Kaugummi in der Tasche gehabt, das er mit ihr geteilt hatte. An jedem 4. Juli waren sie zusammen auf Großmutters Dach geklettert und hatten sich das Feuerwerk angeschaut, und einmal hatte er ein paar Rüpel verjagt, die sie in den Gartenweg getrieben und Wegezoll von ihr verlangt hatten.

Diesmal war ihr Traum ein wenig anders gewesen. Er hatte nicht damit geendet, dass Travis ihre Hand genommen hatte. Diesmal hatte er sie in seine Arme gezogen, den Kopf geneigt und sie geküsst. Es war ein glühend heißer, prickelnder Kuss gewesen, der ihren ganzen Körper zum Kribbeln brachte.

Sarah war noch nie geküsst worden. Nicht im wahren Leben. Aber dieser Kuss in ihrem Traum … Wow! Genau so stellte sie sich einen Kuss vor. Fest und feucht und sinnlich.

Bei der Erinnerung daran leckte sie sich die Lippen. Wie lange würde sie sich gedulden müssen, bis sie ihn in echt küssen durfte? Wie sollte sie ihn dazu bringen, die Frau in ihr zu sehen, zu der sie heranreifte, und nicht länger das kleine Mädchen mit den Zöpfen und der Zahnspange, das ihn anbettelte, ihm Gespenstergeschichten zu erzählen? Sie wälzte das Problem in ihren Gedanken hin und her, eifrig darauf bedacht, die Prophezeiung des Schicksalsplätzchens voranzutreiben.

Sollte er sich der Tatsache nicht baldmöglichst bewusst werden, dass er für sie bestimmt war? Vielleicht sollte sie ihm ein paar Schicksalsplätzchen backen und ihm sagen, er solle sie nachts unter sein Kissen legen. Zu dumm, dass Gramma behauptete, der Schicksalsplätzchenzauber würde nur an Heiligabend wirken! Sie würde sich also noch ein ganzes Jahr gedulden müssen. Vor Enttäuschung zog sie die Schultern nach vorn.

Sarah kam am Briefkasten an, der mit schwarzen und weißen Flecken versehen war wie eine Holsteiner Kuh, und öffnete die Klappe. Es lag nur ein einziger Brief darin. Ein dicker, cremefarbener, quadratischer Umschlag. Offenbar war Gramma zu besagter Hochzeit eingeladen worden.

Sie zog den Umschlag heraus, schloss die Briefkastenklappe und blickte auf die Adresse: »An Mrs. Mia Martin und Miss Sarah Collier.« Sie war ebenfalls eingeladen. Eine Hochzeit an Weihnachten. Wie schön. Dann fiel ihr Blick auf den Absender. Mr. und Mrs. Albert Hunt. Crystal Hunt und Travis Walker.

Hm?

Ihr Gehirn wollte nicht begreifen, was das bedeutete, doch ihre Hände, ihre verräterischen Hände, fingen an zu zittern, als sie den hübschen cremefarbenen Umschlag aufrissen und die starre Klappkarte herauszogen. Darin war ein Foto von einem lächelnden Travis, der eine schöne, junge blonde Frau umarmte, die Sarah nicht kannte.

Auf der Karte stand: »Mr. und Mrs. Albert Hunt geben voller Freude die Hochzeit ihrer Tochter Crystal Ann Hunt mit Travis Stephen Walker am Samstag, den 25. Dezember um neun Uhr in der presbyterianischen Kirche von Twilight bekannt.«

Sarah entfuhr ein Schrei der Verzweiflung, die Karte fiel flatternd zu Boden. Travis heiratete? Das konnte doch nicht wahr sein. Das war unmöglich. Er war viel zu jung … und … diese Frau … Wer zum Teufel war sie? Travis gehörte zu Sarah. Er war ihre einzig wahre Liebe. Das behaupteten die Schicksalsplätzchen.

Sie blickte auf die Uhr und stellte fest, dass es kurz vor neun war. In wenigen Minuten würde Travis verheiratet sein!

Nein!

Das durfte sie nicht zulassen. Er musste erfahren, dass sie füreinander bestimmt waren. Er durfte diese Crystal Hunt nicht heiraten. Das durfte einfach nicht geschehen!

Blindlings wandte sie sich um und rannte los, nur ein einziger Gedanke hämmerte in ihrem Gehirn: Lauf zu Travis. Erzähl ihm von deinen Träumen. Halt die Hochzeit auf!

Jetzt!

Sarah schoss den Lakeshore Drive entlang in Richtung Stadtzentrum. Sie war nicht gerade in Bestform, und sie geriet schon bald außer Atem. Heftiges Seitenstechen zwang sie, in einen schnellen Laufschritt zu fallen.

Beeil dich, beeil dich! Das ist ein Notfall!

Ihre Gedanken waren ein einziges Durcheinander. Der kalte Wind frischte auf, herabgefallene Blätter wirbelten vor ihr über die Straße. So früh am Morgen des ersten Weihnachtstags waren die Straßen menschenleer. Es war zehn Minuten nach neun, als sie an den Autos vorbeieilte, die sich auf dem Parkplatz vor der presbyterianischen Kirche drängten. Ihr Herz dröhnte in ihrer Brust. Bumm, bumm, bumm. Jeder Schlag erschütterte ihren Körper.

Sie rannte die Stufen hinauf, stieß die schwere Holztür auf und taumelte hinein.

Strahlend weiße Spitze, genau wie in ihrem Traum, war über die Bankreihen drapiert. Der Mittelgang war mit Rosenblättern bestreut. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Vorne vor dem Altar stand Travis, er sah unglaublich gut aus in seinem schwarzen Smoking. Neben ihm stand die spindeldürre Blondine von dem Foto auf der Hochzeitskarte, gekleidet in ein duftiges weißes Chiffonkleid. Sie sahen aus, als wären sie die Verzierung auf einer Hochzeitstorte.

Sarah drehte sich der Magen um. Nein! Nein!

Ein Geistlicher stand vor Travis und seiner Braut. »… treten Travis Walker und Crystal Hunt nun in den Stand der heiligen Ehe. Sollte irgendjemand Einspruch gegen die Vermählung der beiden erheben, so möge er jetzt sprechen oder auf ewig schweigen.«

Es war noch nicht zu spät! Sie konnte dem Akt der Trauung immer noch Einhalt gebieten!

Der Geistliche hielt inne.

»Warten Sie!«, rief Sarah und sprintete den Gang entlang, die Glöckchen an ihrem Pullunder klingelten fröhlich.

Sämtliche Augen schweiften vom Brautpaar zu ihr. Gedämpftes Gelächter ging durch die Menge. In dem Augenblick wurde Sarah bewusst, dass sie noch immer das Rentiergeweih auf dem Kopf trug, aber das war ihr egal. Ihr Anliegen war zu bedeutend. Wenn sie lächerlich aussehen musste, um diese Zeremonie aufzuhalten, dann war das eben so.

Völlig außer Atem flitzte sie zum Altar.

»Junge Dame.« Der Geistliche blickte sie streng durch seine Brillengläser an. »Haben Sie noch Einwände gegen diese Hochzeit vorzubringen?«

Sarah sah von ihm zu Travis.

Travis schaute völlig verwirrt drein. »Sarah?«

»Wer ist das?«, fragte Crystal.

Sarah ignorierte sie und sah Travis direkt in die grauen Augen. »Heirate sie nicht. Du darfst sie nicht heiraten.«

»Wie meinst du das?«, fragte er verwirrt.

Die Worte flossen wie ein Sturzbach aus ihrem Mund. »Ich bin deine Seelenverwandte. Deine einzig wahre Liebe. Es ist dir bestimmt, mich zu heiraten. Wenn du sie heiratest, ist alles aus. Keiner von uns beiden wird das Glück finden, das ihm beschieden ist.«

Er verzog die Mundwinkel zu einem liebenswerten Lächeln. »Sarah«, sagte er dann, streckte die Hand aus und berührte sie sanft am Arm.

Seine Berührung ging ihr durch Mark und Bein. Sämtliche Luft wich aus ihren Lungen.

»Du bist erst fünfzehn«, sagte er. »Du weißt doch noch gar nichts über die wahre Liebe.«

»Doch, das tue ich! Ich träume jeden Heiligabend von dir, seit ich acht bin. Die Schicksalsplätzchen irren sich nie. Du und ich sind füreinander bestimmt.«

»Ach du meine Güte! Hast du noch alle Tassen im Schrank?«, fuhr Crystal Hunt dazwischen. »Du bist eine eifersüchtige kleine Spinnerin, die zu viele Liebesromane gelesen hat. Es gibt keine Seelenverwandtschaft oder die einzig wahre Liebe! Mach dir doch nichts vor!«

Die Kirchenbesucher brachen in Lachsalven aus, und in diesem entsetzlichen Bruchteil einer Sekunde trat Sarah aus sich selbst heraus und betrachtete die ganze Szene wie in einem abscheulichen Albtraum.

Da stand sie, ein moppeliger Teenager mit einer Zahnspange, einem Rentiergeweih auf dem Kopf und klingelnden Glöckchen am Pullunder, zwischen Braut und Bräutigam, und erklärte einem erwachsenen Mann ihre Liebe, welche dieser ganz sicher nicht erwiderte, während das ganze verdammte Twilight dabei zusah und sich köstlich über diese elende Schmach amüsierte.

Sie verspürte einen heftigen, schmerzhaften Stich im Herzen.

»Sarah«, murmelte Travis, »vielleicht solltest du jetzt besser nach Hause gehen.«

Du Dummkopf! Er will dich nicht. Du bringst ihn in Verlegenheit.

Ihr Gesicht brannte. Ihr Magen rumorte. Ihre Brust schmerzte. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie konnte nichts mehr erkennen. Blindlings drehte sie sich um und stolperte in Richtung Tür, riss sich das Geweih vom Kopf und die Glöckchen vom Pullunder. All ihre Hoffnungen, all ihre Träume waren dahin, und sie rannte so schnell und so weit weg, wie sie nur konnte, von dem dröhnenden Gelächter hinter ihr.

Und sie schwor sich, nie mehr jemandem ihr Herz zu schenken.

Kapitel eins

Das musst du dir anschauen, Sarah. Es wird dir das Herz zerreißen.«

Ha! Zu spät. Das Herz hatte es ihr schon vor neun Jahren zerrissen, als sie eine naive, alberne Fünfzehnjährige gewesen war. Nicht dass sie noch allzu oft an Travis Walker dachte. Und als wäre diese Peinlichkeit nicht genug gewesen, um sie zu einer waschechten Zynikerin zu machen, hatte ihr der Unfall während ihrer College-Zeit den Rest gegeben. Abwesend fuhr sich Sarah mit der Hand über den Bauch und rieb die Narbe, die immer noch von Zeit zu Zeit schmerzte.

Sie blickte über ihren Computerbildschirm hinweg auf ihren Literaturagenten Benny Gent. »Ich werde Weihnachten keine weitere Lesereise antreten, Benny. Das letzte und das vorletzte Jahr waren …«

»Anstrengend, ich weiß. Ich war dabei.« Er stand auf der Schwelle zum Wohnzimmer, das sie in ihr Büro umgewandelt hatte, eine Schulter gegen den Türrahmen gelehnt, und hatte sein ach-so-charmantes Grinsen aufgesetzt.

Benny hatte nach einem Geschäftsessen mit ihrem Verleger Hal Howard bei ihr vorbeigeschaut. Sie waren bei Movers und Shakers gewesen, einem angesagten neuen Restaurant uptown. Benny hielt ein Blatt Papier in der Hand. Sarah konnte sein Aftershave riechen, teuer und exotisch, Sternanis und Kardamom. Er trug einen Designer-Anzug, ein frisches cremefarbenes Button-down-Hemd und einen Seidenschlips mit Paisley-Muster. Sein aschblondes Haar hatte er einem Vielbeschäftigte-Nachwuchsführungskraft-Kurzhaarschnitt unterzogen, und er war knackig braun, was er dem Spray-Tanning-Salon unten in seinem Haus zu verdanken hatte. Benny hatte die Energie eines Kernkraftwerks, und manchmal zermürbte sie seine Anwesenheit schlicht und einfach. Trotzdem war er ihr engster Freund und Vertrauter.

Ach, wem machte sie eigentlich etwas vor? Er war ihr Freund, auch wenn sie jede Menge Bekannte hatte. Sich emotional auf Menschen einzulassen war ihr immer schon schwergefallen, aber noch mehr, seit Gram nicht mehr da war.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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