Trident Rescue: Feindliche Zone - Alex Lidell - E-Book

Trident Rescue: Feindliche Zone E-Book

Alex Lidell

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Beschreibung

Ich kenne Typen wie Cullen Hunt nur zu gut. Attraktiv. Wohlhabend. Mächtig. Gerade bin ich aus New York geflohen, um einem wie ihm zu entkommen. Aber als ich in Colorado ankomme, heißt es entweder einen Job bei Cullens Trident Rescue annehmen oder obdachlos werden. Und Cullen? Er ist noch schlimmer, als ich dachte. Kontrollierend. Fordernd. Ein Idiot. Eine Handgranate, die jeden Moment explodieren kann. Er ist auch heiß und seine Sexiness lässt meine Haut kribbeln. Ich hasse es, dass ich von ihm träume. Wie er mich küsst, wie er mich hält. Auch er hat Träume. Albträume, die nur ich bändigen kann. Ich kenne Typen wie Cullen Hunt nur zu gut. Ich bin clever genug, mich von ihnen fernzuhalten. Oder etwa nicht? Die Amazon Top-100-Autorin Alex Lidell liefert einen fesselnden, in sich abgeschlossenen Enemy-to-Lovers-Liebesroman mit einer mutigen Heldin, einem starken Navy SEAL und einer herzzerreißenden PTBS, die nur die Liebe heilen kann. Feindliche Zone ist das erste Buch der Trident Rescue Serie, die eine Gruppe von Navy SEALs begleitet, die nach ihrem Militärdienst nach Denton Valley, Colorado, zurückkehren und den privaten Rettungsdienst Trident Rescue gründen. Die einzelnen Bücher der Serie sind in sich abgeschlossen und können in beliebiger Reihenfolge gelesen werden.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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TRIDENT RESCUE: FEINDLICHE ZONE

TRIDENT RESCUE

ALEX LIDELL

Übersetzt vonEVA KELLY

Lektoriert vonMICHAELA EBBINGHAUS

INHALT

1. Sky

2. Cullen

3. Sky

4. Cullen

5. Cullen

6. Sky

7. Cullen

8. Sky

9. Sky

10. Sky

11. Cullen

12. Cullen

13. Sky

14. Sky

15. Cullen

16. Sky

17. Cullen

18. Sky

19. Sky

20. Sky

21. Cullen

22. Frank

23. Sky

24. Sky

25. Cullen

26. Sky

27. Sky

28. Cullen

29. Sky

30. Sky

31. Sky

32. Cullen

33. Sky

34. Sky

35. Cullen

36. Sky

37. Cullen

38. Sky

39. Sky

40. Sky

41. Sky

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Über die Autorin

Ohne Titel

1

SKY

„Neues Mädel, heute ist dein Glückstag“, dröhnt die Stimme von Frank Peterson durch den chaotischen Redaktionsraum von Denton Uncovered. Mein neuer Chef ruft laut genug, um die Toten zu wecken, obwohl ich nur ein paar Meter von ihm entfernt bin.

Ich zwinge meine Mundwinkel zu einem höflichen Lächeln, als Frank auf mich zu schlendert, wobei seine Schultern sein Sportjackett nicht ganz ausfüllen. Ich möchte ihn gerne darauf hinweisen, dass ich eine dreiundzwanzigjährige Frau mit einem Abschluss in Journalismus bin und kein Mädel oder eine Kleine oder was auch immer, aber ich tue es nicht. Neuer Chef. Neue Zeitung. Erster Tag. Denton Uncovered, ein Boulevardblatt im abgelegenen Denton Valley, Colorado, ist nicht gerade eine der führenden Zeitungen, aber nach dem Fiasko in New York war Frank der einzige, der mir die Chance gab, in einer Redaktion zu arbeiten. Halbtags. Und ich hatte Dutzende von Bewerbungen verschickt.

„Mein Name ist Skylar, Mr. Peterson“, sage ich. „Skylar Reynolds.“

Frank fuchtelt mit den Händen vor seinem Gesicht herum, als wäre ich eine lästige Mücke und knallt mir ein Blatt mit einer hingekritzelten Adresse auf den Schreibtisch. „Eine Story für Sie!“

Und los geht's. Mein Herz schlägt schneller, aber ich schaffe es, die Aufregung zu unterdrücken und nicht aus meinem Stuhl aufzuspringen. „Ja, Sir.“

Frank nickt zustimmend. „Autounfall an der Ecke Main und First.“

Mein Lächeln gefriert auf meinem Gesicht. Ein Autounfall. Das ist keine Geschichte, das ist ein Polizeibericht.

Frank schnaubt. „Enttäuscht?”

Ja. „Nein, Sir. Ich mache, was auch immer Denton Uncovered braucht.”

„Ausgezeichnet. Denn es ist nicht nur ein Autounfall, Schätzchen.“ Frank beugt sich über mich und verteilt sein süßliches, an Insektenspray erinnerndes Parfüm direkt in meinen persönlichen Luftraum. Verdammt, vielleicht ist es tatsächlich Insektenspray. Ich versuche, nicht zu würgen. Die fluoreszierende Deckenbeleuchtung lässt seine kahle Stelle leuchten, während er sich bewegt und beide Hände in die Luft streckt, als würde er ein Bild einrahmen. „Man munkelt, der Fahrer sei Mr. Mason von Mason Pharmaceuticals, ein bekannter Saufkopf, der häufiger betrunken als nüchtern ist. Aber das sieht man seiner Polizeiakte nicht an – Geld regiert in dieser Stadt. Wenn du dich beeilst, kommst du vielleicht an, bevor er die Bullen bezahlt und freikommt.“

Nun, jetzt hat Frank meine Aufmerksamkeit. Irgendwie dreht sich mir der Magen um, wenn ich höre, dass irgendein reiches Arschloch das Fahren mit Alkohol am Steuer mit Geld vertuschen kann. Es gibt Dinge, die sollte man mit Geld nicht kaufen können.

„Schon unterwegs“, sage ich, greife mir den Schlüssel zu meinem in die Jahre gekommenen Toyota Corolla und flehe die Autogötter an, dass er es tatsächlich bis zum Unfallort schafft. Ich werde kein Geld haben, um ihn reparieren zu lassen, bevor ich meinen ersten Gehaltsscheck bekomme und das ist erst in ein paar Wochen der Fall, so wie Franks Gehaltsabrechnung organisiert ist. Selbst dann wird es vielleicht nicht reichen. Ich habe diesen Job angenommen, um Erfahrungen im Außeneinsatz zu sammeln, aber ich werde mir schnell einen zweiten suchen müssen, wenn ich meine Lebenshaltungskosten decken will.

Ich werfe einen letzten Blick in das Büro. Der Fotograf, James Dyer, eilt aus der mit Milchglas mattierten Tür, während Frank und ich uns unterhalten, also gehe ich davon aus, dass das, was er vorhat, nichts mit meiner Geschichte zu tun hat. Patrick Capaldi, der erfahrene Sportjournalist, tippt hinter mir in seinen Laptop. Ich drehe mich um, als das Klicken der Tasten aufhört und entdecke ein Grinsen in seinem Gesicht. Oder zumindest glaube ich das. Denn so schnell ich es gesehen habe, so schnell ist es wieder verschwunden.

Seltsam.

Aber vielleicht bin ich auch nur paranoid. Streich das. Ich weiß, dass ich paranoid bin. Aber nach der Scheiße, die mein Ex-Verlobter und seine Marine-Kumpel in New York abgezogen haben, kann ich nicht anders. Es gibt zwar noch andere weibliche Angestellte hier, aber ich bin die einzige weibliche Reporterin. Dennoch habe ich keinen Grund anzunehmen, dass irgendjemand hier frauenfeindlich wäre – trotz seines Gequatsches hat Frank mich eingestellt. Ich habe genug von diesem „Männer halten zusammen“-Scheiß für ein ganzes Leben. Für zwei Leben.

Dies ist mein Neuanfang.

Mein Auto springt gnädigerweise beim zweiten Versuch an, und bald befinde ich mich auf der Hauptdurchgangsstraße von Denton Valley. Denton Valley, Colorado, liegt, wie der Name schon sagt, in einem Tal, das von den schroffen, schneebedeckten Gipfeln der südlichen Rocky Mountains wie von einem Schal umgeben wird. Sie wirken wie ein Schutz, ähnlich wie ein Paar dicke Wollsocken. Zumindest denke ich so darüber. Als ich mich auf den Weg zum Unfallort mache, beunruhigt mich der dichte, grün und jetzt herbstlich orange gefärbte Wald, der sich seitlich des Highways ausbreitet. Die Stadt ist nicht winzig, aber sie ist auch nicht mit meinem alten Wohnort Brooklyn zu vergleichen.

Die Straße ist verdammt kurvenreich und ab und zu beschließt ein Reh, das es von all den Möglichkeiten, die es gibt, die Straße zu überqueren, die gefährlichste Variante wählt und vor mir die Fahrbahn kreuzt. Nach all meiner Zeit in New York bin ich nicht gerade Fast and Furious, wenn es um das Fahren geht. Zum Glück ist es Herbst, so dass ich nicht mit eisigen Straßenverhältnissen zu kämpfen habe. Noch nicht. Ich komme damit klar. Ich komme mit allem klar.

Ich verlasse den Highway und fahre in das mir eher vertraute städtische Gebiet. Die roten und blauen Lichter des Krankenwagens und die gelben Lichter eines Abschleppwagens leiten mich die letzten paar hundert Meter zum Unfallort. Das Auto des Opfers – ein Cadillac Escalade, der bis auf die fehlende vordere Hälfte tadellos zu sein scheint – hat sich offenbar um einen Baum gewickelt.

Wenigstens hat der Mistkerl niemanden sonst verletzt.

Ich fahre in eine Parklücke ein paar Autolängen weiter und steige aus, die Notizen-App auf meinem Handy parat. Aber das Wichtigste zuerst. Fotos.

Ein paar Polizisten stehen Wache, beinahe stramm.

Ein Mann in einem verschmierten Overall, der gerade damit beginnt, den verunglückten Cadillac mit einer Winde auf einen Abschleppwagen zu ziehen.

Ein muskulöser Sanitäter in hautenger Arbeitskleidung mit der Aufschrift Trident Rescue auf dem Rücken, der über einem genervt dreinblickenden Mann im Geschäftsanzug steht, der ein Tuch auf eine Platzwunde am Kopf presst, während im Hintergrund die Lichter des Rettungswagens, einem großen SUV, flackern.

Ich schlucke, meine Hand umschließt mein Handy, als der Kamerazoom das Gesicht des Sanitäters in allen Einzelheiten zeigt. Sein Kiefer ist kantig und glatt rasiert, seine Wangenknochen wie gemeißelt, sein Mund breit mit vollen Lippen. Dazu noch die moosgrünen Augen voll Intelligenz und Besorgnis – ja, er ist im Grunde ein Adonis. Ein echter, lebendiger Adonis. Mir steigt die Hitze ins Gesicht und meine Schenkel spannen sich an, bis ich endlich den Gedanken verdrängen kann, wie dieser Sanitäter wohl ohne Hemd aussieht und mich auf die bevorstehende Aufgabe konzentriere.

Ich vergewissere mich, dass ich meinen Presseausweis gut sichtbar um den Hals trage und trete an einen der Beamten heran. „Guten Tag, Sir. Sky Reynolds, Reporterin bei Denton Uncovered. Können Sie mir sagen, ob Sie bei dem Fahrer einen Alkoholtest durchgeführt haben?“

Der Uniformierte sieht mich ungläubig an. „Bei Eli Mason?“

Ich deute das als ein Nein.

„Den Bremsspuren nach zu urteilen, scheint Herr Mason auf der Straße ausgewichen zu sein, bevor er einen Baum rammte. War noch jemand in den Unfall verwickelt? Gibt es ein weiteres Opfer?“ Oder hat der Baum ihn einfach vom Straßenrand aus angegriffen?

„Unfall mit nur einem Auto, Ma'am.“ Der Partner des Mannes kommt mit einem harten Gesichtsausdruck zu uns hinüber, der deutlich macht, dass ich mich verpissen soll, wenn ich weiß, was gut für mich ist.

Außer, dass ich weiß, was gut für mich ist. Und das ist die Wahrheit.

Ich drücke mich um die Polizisten herum und laufe selbstbewusst auf den Sanitäter-Adonis und seinen Patienten zu.

„Du musst genäht werden und hast vielleicht eine Gehirnerschütterung.“ Adonis' Stimme ist ein satter, befehlshaberischer Bariton, der perfekt zu seinem durchtrainierten Körper passt, dessen marineblaue Cargohose sich an seine schlanke Hüfte schmiegt. Sein blonder Kurzhaarschnitt ist so akkurat rasiert, dass es aussieht, als hätte er ein Lineal benutzt. Vielleicht sogar ein Winkelmesser. Normalerweise stehe ich nicht auf diesen Look – zu militärisch, und davon hatte ich definitiv genug –, aber bei Adonis ist er perfekt.

„Ich muss nicht genäht werden, verdammt.“ Mason klingt wie ein verletztes Tier, sein britischer Akzent und seine Arroganz überspielen den Schmerz. Im Gegensatz zu Adonis' Kurzhaarschnitt fällt Elis widerspenstiges kupferfarbenes Haar auf seine Stirn. Sein weißes Button-down-Businesshemd ist am linken Arm blutverschmiert. „Ich habe auch keine Gehirnerschütterung.“

Ich trete auf die Männer zu und strecke eine Hand aus. „Guten Tag, meine Herren. Ich bin Skylar Reynolds, Reporterin bei Denton Uncovered. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“

Mason blinzelt mich an, als ob er Kopfschmerzen hätte, also wende ich mich an Adonis. Als ich ihm in die Augen sehe, bemerke ich, wie sein Blick hart wird. Sogar hasserfüllt. Es ist nicht mehr der besorgte Blick, den er hatte, als er mit Eli sprach. Steht Adonis auch auf der Gehaltsliste von Eli Mason? Auf die Cops scheint es jedenfalls zuzutreffen.

Ich atme tief durch. Ich habe schon öfter mit hasserfüllten Männern zu tun gehabt und ich mag das nicht. Eigentlich verachte ich es. Vor allem, wenn dieser harte Blick sofort von einem Zucken der Mundwinkel begleitet wird.

Ein hämisches Grinsen. Ich stehe da wie eine Idiotin mit ausgestreckter Hand und Adonis ist zu sehr damit beschäftigt, mich niederzustarren, um es überhaupt zu bemerken.

„Verschwinden Sie von meinem Einsatz“, schnauzt Adonis und er schiebt sein Kinn nach vorne.

Ich lese den Namen, der auf sein Hemd gestickt ist. Hunt.

„Ich bin von der Presse und das ist eine Story, Mr. Hunt. Was bedeutet, dass sie mich tatsächlich angeht. Sollte es einen Grund geben, warum Mr. Mason nicht auf seinen Blutalkoholspiegel getestet wurde? Oder zumindest ein Alkoholtest gemacht wurde?“

Elis Augen blitzen vor Wut, als er sich zu mir dreht und zuckt.

Ich möchte näher an Eli herantreten, aber Hunt versperrt mir den Zugang zu ihm. Er hat eine Art, den ganzen Bereich um sich herum in Beschlag zu nehmen. Die ganze Luft.

„Es ist mir egal, ob Sie die Königin von England sind, Sie und Denton Uncovered ...“ Er knirscht mit den Zähnen, als müsste er das, was er eigentlich hinzufügen möchte, unterdrücken, bevor er mit einem knappen „Sie müssen gehen. Sofort!“, fortfährt.

Ich bleibe standhaft. „Der erste Verfassungszusatz besagt etwas anderes.“

Hunt macht einen Schritt auf mich zu, die Schultern breit gespannt, als würde er gleich wie ein Erzengel Flügel ausbreiten. Seine Haltung ist pure trainierte Autorität. Dieser Typ kommt entweder aus dem Polizeidienst oder, was wahrscheinlicher ist, aus dem Militär.

Genau wie mein Vater. Genau wie Jaden. Der Gedanke an meinen Ex-Verlobten lässt mich vor Abscheu erschaudern.

„Cullen“, sagt Eli hinter dem Sanitäter, der warnende Ton darin ist subtil, aber unüberhörbar.

Hunts Hände ballen sich zu Fäusten, Wut strahlt in Wellen von ihm ab. Ich trete einen Schritt zurück. Ein Muskel in Hunts Unterkiefer zuckt, er dreht sich auf dem Absatz um und knallt seine Handfläche mit einem lauten Knall gegen den SUV – nur dank seiner unheimlich schnellen Reflexe bewahrt Eli seine Hand davor, zerquetscht zu werden.

In Ordnung, vielleicht ist Eli Mason nicht betrunken.

Hunt stapft an dem Rettungswagen vorbei und setzt sich hinter das Lenkrad.

„Mason, Shotgun.“

Zuerst habe ich keine Ahnung, was Hunts Befehl bedeutet. Hat er mir gerade ernsthaft mit einer Schrotflinte gedroht? Aber dann wirft Eli mir einen schnellen Blick zu, bevor er wie ein Kadett zusammenzuckt und auf die Beifahrerseite klettert.

Ah.

Ich will ein weiteres Foto von der Szene machen, aber meine Hand hält mitten in der Bewegung inne. Nicht nur, dass Eli Mason nicht berauscht wirkte, sondern auch die Art und Weise, wie Hunt seine Befehle herausbrüllte, machte es schwer vorstellbar, dass der Sanitäter auf der Gehaltsliste seines Patienten steht. Das Einzige, was Frank richtig eingeschätzt hatte, war die Unfallstelle.

Die Sirene geht an und heult so laut, dass ich mir die Hände über die Ohren legen muss. Dann taucht der SUV in den fließenden Verkehr, schneidet dabei eine Limousine und rauscht die Hauptstraße entlang. Ein paar Blocks weiter rast er eine Seitenstraße hinunter, wobei die Signalleuchte die gepflegten Grünanlagen der Gebäude und Wohnhäuser kurz in ein blaues Licht taucht.

Bevor ich alles, was gerade passiert ist, registrieren kann, sind das Einsatzfahrzeug und sein mürrischer Fahrer aus meinem Blickfeld verschwunden.

Na toll. Die einzige Zeitung, die mich engagieren wollte, hatte mich ohne die richtigen Informationen auf eine Story angesetzt und ich war nicht in der Lage gewesen, auch nur ein kurzes Interview mit einem der Beteiligten zu führen.

Was nun?

2

CULLEN

„Ein Hund? Ernsthaft, Mason?“ Cullen Hunt sieht Eli Mason stirnrunzelnd an, als der ehemalige SEAL sich beim Anblick des chirurgischen Nähzeugs abwendet, das Cullen gerade herausholt. Cullen hat es bereits aufgegeben, den starrköpfigen Mistkerl in ein Krankenhaus bringen zu wollen, um eine vollständige Untersuchung auf Gehirnerschütterung durchführen zu lassen, aber in diesem Fall will er nicht nachgeben. Die Wunde an Elis Arm blutet nicht stark, aber sie ist lang und tief genug, um eine Infektion auszulösen, wenn sie nicht behandelt wird. Eli ist glimpflich davongekommen. Man kann sagen, was man will, aber der Cadillac hat verdammt gute Airbags.

„Du kannst einen verdammten Humvee um Granatenexplosionen herum manövrieren, aber ein streunender Hund lässt dich mit einem Baum kollidieren?“, fragt Cullen.

„Er stand genau auf der Mitte der Kreuzung ...“ Eli gestikuliert mit den Händen, die plötzliche Bewegung lässt ihn zusammenzucken und er senkt die Hände wieder. Der britische Akzent des Mannes, den ihm seine in London geborenen Eltern eingebläut haben, ist ausgeprägter als sonst. Wie immer, wenn er gestresst ist. „Er war klein und braun. Hatte Schlappohren. Es war wahrscheinlich ein Welpe. Ich mag ein Arschloch sein, aber ich werde keinen Welpen überfahren. Und ich brauche kein Kindermädchen, Cullen. Oder genäht werden. Ich bin ...“

„Oh, lass mich raten“, unterbricht ihn Cullen und übergeht ihn. „Dir geht's gut.“

„Ja, mir geht es gut.“ Eli steht auf und läuft in einem der Behandlungsräume der kleinen Trident Rescue Gesundheitsstation hin und her, die Arme vor der Brust verschränkt. Wenigstens ist niemand da, der Eli dabei beobachten kann, wie er das, was er als Sanitäter im Dienst predigt, nicht in die Tat umsetzt.

Im Gegensatz zu Denton Valleys wichtigstem Rettungsdienst, Denton EMS, ist Trident Rescue ein privates Unternehmen – eines, das Cullen gehört. Die SEALs hatten ihm die Notfallmedizin regelrecht eingeimpft und Cullen hat diese Leidenschaft mitgenommen, als er das Militär verließ. Der Name Trident bezieht sich auf die Militärschule und der Trident, der Dreizack ziert als Logo das Gebäude, die Rettungswagen und die Kleidung der Sanitäter.

Cullen hatte zunächst versucht, als Freiwilliger bei Denton EMS zu arbeiten, aber der zivile Dienst ist nicht das Richtige für ihn. Trident Rescue hingegen schon – vor allem, nachdem er Eli Mason, Liam Rowen und Kyan Keasley rekrutiert hat. Die Männer, mit denen sich Cullen auf der Militärschule angefreundet hat, auf die ihre Eltern sie geschickt hatten.

Jetzt arbeitet jeder von ihnen ein oder zwei Schichten pro Woche ehrenamtlich im Rettungsdienst und übernimmt die Notfalleinsätze, die Denton EMS in ihre Richtung schickt.

Da der Rettungsdienst von Denton immer unterbesetzt ist, sind sie dort mehr als froh über die gelegentliche Hilfe – vor allem bei Unfällen in den Bergen.

Es ist eine Win-Win-Situation. Die Tridents können ihre Fähigkeiten aufrechterhalten, Denton Valley bekommt kostenlose medizinische Hilfe und bei den gelegentlichen schweren Unfällen in den Bergen wird schneller reagiert. Außerdem kann ein Mann nur eine bestimmte Zeit hinter einem Mahagonischreibtisch sitzen, bevor er den Verstand verliert, ganz gleich, wie gut er sein Geschäft führt.

Der heutige Verkehrsunfall gehört nicht zu den üblichen Einsätzen der Tridents, aber als Cullen im Radio von einem Fahrzeug mit Totalschaden hörte, das zu Elis Escalade passt, hatte er den Anruf entgegengenommen. Und obwohl er es nie laut zugeben würde, verfolgten ihn aufblitzende Bilder von Eli, der in einen tödlichen Unfall verwickelt ist, den ganzen Weg zum Unfallort.

Apropos Eli: Der Mann weigert sich standhaft, sich auf eine der Behandlungsliegen zu setzen, obwohl er offensichtlich Schmerzen hat. Das ist typisch. Ähnlich hat er sich verhalten, als er sich mit sechzehn den Arm gebrochen hatte. Eigentlich hatte Elis Vater ihm den Arm gebrochen, auch wenn Cullen und die anderen das damals noch nicht wussten. Da er selbst schon misshandelt wurde, versteht Cullen das. Eine Verletzung im Kampf zu erleiden, war eine Sache. Jemandem – selbst einem Kameraden – zu erlauben, einem Schmerzen zuzufügen, wenn man wehrlos ist, ist eine ganz andere Sache. Selbst wenn die Schmerzen einem guten Zweck dienen.

„Leutnant.“ Cullen lässt den vollen Befehlston seines früheren Ranges in seinen Tonfall einfließen und Eli bleibt sofort stehen und richtet seinen Blick auf ihn. Im Grunde genommen muss sein Freund kein Wort von dem befolgen, was er sagt, aber nach fast einem Jahrzehnt der Konditionierung fühlt sich das Erteilen und Befolgen von Befehlen immer noch so selbstverständlich an, wie zu atmen, obwohl sie schon seit ein paar Jahren nicht mehr in der Navy sind. „Beweg deinen Arsch hierher und gib mir deinen blöden Arm.“

„Ja, Sir.“

Himmel noch mal.

„So, Denton Uncovered hat einen neuen Ansatz und ein neues Gesicht.“ Cullen spritzt Lidocain in die Wunde, wobei seine eigene Schulter mitfühlend zwickt.

Eli zuckt zusammen. „Kannst du dir nicht ein angenehmeres Thema aussuchen, wenn du mich ablenken willst?“

Cullen schnaubt. Die einzigen ‚Nachrichten‘, die diese Zeitung aufdeckt, sind die Gerüchte und der sensationslüsterne Klatsch, den sie selbst verbreitet. Der Herausgeber des Boulevardblatts, Frank Peterson, lebt für drei Dinge: Macht, Chaos und den eigenen Vorteil. Der Mann würde alles Nötige tun, um sicherzustellen, dass er auf all diese Dinge auch jederzeit Zugriff hat. Und nun ein neuer Tiefpunkt – eine umwerfend schöne Reporterin zu schicken. Langes, glattes, rotblondes Haar, das ihr wie ein Wasserfall den Rücken hinunter fällt. Helle, makellose Haut. Strahlend blaue Augen wie ein Gebirgsbach.

Sie hat einen professionell wirkenden blauen Hosenanzug getragen, der die Farbe ihrer Augen betonte, und sprach mit einer sanften und überraschend melodischen Stimme.

Cullen hat keine Ahnung, wie Frank es geschafft hatte, sich Skylar Reynolds zu schnappen, aber wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass sie nicht von hier stammt.

Entweder das oder sie ist aus demselben Holz geschnitzt und tritt eifrig in die Fußstapfen ihres Mentors. Wem will Cullen etwas vormachen? Natürlich ist sie aus demselben Holz geschnitzt. Sie fängt gleich am Unfallort an, Lügen zu verbreiten. Trunkenheit am Steuer? Eli Mason, der Chef des örtlichen Pharmakonzerns?

Das ist eine linke Nummer. Aber die Frau scheint tatsächlich an ihre eigenen Worte zu glauben.

Der Anblick von Skys Gesicht, das vor Unbehagen errötete, und ihre Augen, in denen die Wut aufblitzte, hat ihn angemacht. Enorm. Und die unerbittliche Art, mit der sich sein Schwanz gegen den Reißverschluss in seiner Hose stemmte, hatte Cullen nur noch mehr erregt.

Erregung gemischt mit Feindseligkeit erweist sich als eine äußerst unangemessene Reaktion.

Außerdem hat er, wenn es um Frauen und romantische Verwicklungen geht, die denkbar schlechteste Erfolgsbilanz vorzuweisen. Was im Nachhinein wahrscheinlich auch gut so ist. Bei Cullen sind zu viele Dinge im Arsch, als dass es fair wäre, ihn einer Partnerin auszusetzen.

Er hat gerade die letzte von Elis Nähten beendet, als der private Festnetzanschluss neben ihm aufleuchtet. Da seine Disponentin im Mutterschaftsurlaub ist und seine Büroassistentin plötzlich mit einer Blinddarmentzündung ausgefallen ist, gibt es aktuell niemanden, an den er die Anrufe weiterleiten kann. Er schnappt sich den Hörer.

„Trident Rescue.“

„Cullen, hier ist Suzy.“

Suzy Canefield, seine Disponentin, Gott sei Dank. Die letzten drei Monate, in denen sie im Mutterschaftsurlaub ist, sind die Hölle gewesen. Er hat sich mit Aushilfskräften beholfen, aber keine von ihnen hat die Fähigkeiten von Suzy und ehrlich gesagt besteht der Sinn des Rettungsdienstes darin, eine kleine, eng zusammengeschweißte Gruppe zu haben. Er braucht Suzy zurück und er braucht sie gestern. Sie am anderen Ende der Leitung zu hören, erfüllt ihn daher mit Erleichterung.

„Schön, von dir zu hören, Suzy. Freust du dich darauf, morgen wieder hier zu sein?“ Gott weiß, dass er es tut.

„Nun, die Sache ist die, Boss. Ich werde morgen doch nicht zurückkommen.“

Cullen rutscht der Magen in die Knie. „Brauchst du mehr Auszeit?“ Bitte sag nein. „Eigentlich ... muss ich meine Kündigung einreichen.“

Scheiß auf mein Leben.

„Kannst du mir sagen, warum?“, fragt er stattdessen und versucht, seinen Tonfall harmonisch zu halten.

„Es geht um Bobby. Seiner Bitte, in Stuttgart stationiert zu werden, wurde entsprochen, so dass wir uns alle drei in absehbarer Zeit in Deutschland niederlassen werden. So kommt er nicht nur aus dem Nahen Osten heraus, sondern es ist auch eine Beförderung für ihn. Wir werden jetzt als Familie zusammen sein können. Wir haben erst heute Morgen den Anruf erhalten.“

„Das sind großartige Neuigkeiten“, sagt Cullen und meint jedes Wort ernst. Keiner weiß besser als er, welche Schrecken in Afghanistan und in Irak herrschen. Dass Bobby lebend und gesund als Ehemann und Vater zurückkommt, ist ein Grund zum Feiern.

Nicht viele kommen heil zurück. Cullen ist das ganz sicher nicht gelungen. Bar Peterson – ihr fünfter Musketier von der Militärschule – hat es überhaupt nicht zurückgeschafft.

Was nicht heißen soll, dass Suzys Nachricht den Rettungsdienst nicht in Schwierigkeiten bringt, denn das tut es durchaus. Suzy ist Cullens rechte Hand. Oder rechte und linke Hand. Wie auch immer. Sie ist unentbehrlich.

„Danke für dein Verständnis, Boss. Ich wünschte, ich hätte dich wenigstens vorwarnen können, aber ...“ Ihre Stimme versiegt im Nichts.

„Mach dir keine Sorgen. Ich werde die Stellung halten, bis ich einen festen Ersatz gefunden habe.“ Er hält inne. „Ich meine es ernst, Suz. Gratuliere Bobby von mir und pass auf dich auf. Wenn du etwas brauchst, ruf mich jederzeit an.“

Er legt auf und wirft einen Blick auf Eli, der es, während er telefonierte, für nötig befunden hat, ein Pflaster auf Cullens Arbeit zu kleben, ihm einen klugscheißerischen Salut zu zeigen und dann aus dem Zimmer zu verschwinden. Undankbar. Nicht, dass er diesen Undankbaren nicht wie einen Bruder liebt. Er würde für den Kerl sterben und weiß, dass Eli genauso handeln würde. Genauso wie Liam und Kyan.

Was jedoch keines dieser Arschlöcher tun würde, ist, den Vorratsschrank aufzufüllen oder die Einsatzberichte auf etwas anderem als irgendeinem Stück Papier zu notieren, das zufällig in der Nähe ist, wenn sie vom Einsatz kamen. Man sollte meinen, dass es für alle vier, die jetzt große Unternehmen leiten, einfach wäre, so etwas Kleines wie Trident Rescue zu verwalten, aber die Realität sieht anders aus. Selbst bei Liam, der eine Sicherheitsfirma besitzt, kann man sich nicht darauf verlassen, dass er die Tür hinter sich abschließt.

„Suz kommt nicht zurück“, ruft Cullen Eli hinterher und sein ehemaliger Leutnant marschiert zurück über die Türschwelle.

„Was? Nie wieder?“

„Nein. Bobby wird in Deutschland stationiert. Sie und das Baby gehen mit.“

Eli kratzt sich am Kopf. „Du musst so schnell wie möglich jemanden einstellen.“

„Ach, wirklich?“

Cullen streicht sich mit der Hand über sein kurzes Haar. Seine Assistentin, Catherine, soll in den nächsten Tagen zurückkehren. Es sei denn, sie macht einen auf Suzy. Catherine Falkner, eine matronenhafte Dame in ihren Sechzigern, hat seit Jahren keinen einzigen ihrer Arbeitstage versäumt, bis sie mit hohem Fieber und starken Bauchschmerzen in die Notaufnahme gebracht wurde. Sie hat eine Blinddarmentzündung. Die Chancen stehen also gut, dass sie relativ bald zurück sein wird. Zumindest hofft er es.

Als hätte sie gespürt, dass er sie braucht, flimmert eine SMS über das Display seines Handys.

Der Arzt sagt, ich darf nur halbtags arbeiten, aber ich bin ab morgen wieder arbeitsfähig. Kann ich von acht bis eins kommen?

Er tippt seine Antwort so schnell, wie es seine starken Finger zulassen.

Sie können arbeiten, wann Sie wollen. Und, verdammt noch mal, suchen Sie mir einen neuen Disponenten.

Ich werde Ihnen den Mund mit Seife auswaschen, Cullen Hunt.

Cullen prustet.

Eli sieht über Cullens Schulter auf die Nachrichten und schüttelt den Kopf, bevor er Cullen auf den Rücken klopft.

„Das hast du verdient, Arschloch. Aber wenigstens vertraue ich Catherine mehr als dir, jemanden zu engagieren. Ich weiß, Trident Rescue ist dein Baby, aber du brauchst hier jemanden. Jemanden, der nicht du bist.“

3

SKY

Als ich zu Denton Uncovered zurückkehre, höre ich Gelächter, sobald ich durch den Eingang trete. Der Fotograf, dem ich bisher nicht vorgestellt worden bin, und der Sportreporter starren mich belustigt an.

„Also ... wie ist es gelaufen?“, fragt Capaldi, der Sportreporter.

„Haben Sie Ihre Story über Eli Mason bekommen?“ Dyer spielt mit seiner Kamera.

Ich werde zornig. Hatten die Mistkerle gewusst, dass Frank mich auf eine aussichtslose Mission schicken würde? „Was ist so lustig?“

„Ignorieren Sie sie, Schätzchen.“ Als wäre er durch meine Anwesenheit aus seinem Büro beschworen worden, materialisiert sich Frank neben mir, sein Tonfall ist herablassend. „Jungs sind eben Jungs.“

Jungs sind eben Jungs. Ich hatte diesen Satz schon einmal in New York gehört. Es war kurz bevor sich meine Karriere in Luft aufgelöst hat. Kochend vor Wut drehe ich mich zu meinem neuen Redakteur um. „Warum haben Sie mir gesagt, der Unfall sei durch Alkohol am Steuer verursacht worden?“

„Das haben meine Quellen gesagt, Schätzchen. Und Sie sollten nie den Quellen anderer Leute glauben.“ Seine Stimme wird härter. „Das wüssten Sie, wenn Sie einen Funken Erfahrung oder zumindest einen gesunden Menschenverstand hätten. Ihnen gefällt nicht, was ich Ihnen auf dem Silbertablett serviere? Ziehen Sie sich einen kurzen Rock an und besorgen Sie sich Ihre eigenen Quellen. Oder hören Sie mit dem Journalismus auf. Aber wenn Sie erwarten, dass man Sie mit Geschichten füttert, sind Sie in der falschen Branche.“

„Ich ...“ Ich öffne meinen Mund und schließe ihn wieder.

„Ich habe die Story morgen auf meinem Schreibtisch“, poltert er und verschwindet wieder in seinem Büro. Als ich mich wieder zu Capaldi und Dyer umdrehe, lacht keiner der beiden Männer mehr. Aber sie sehen mich auch nicht an.

Ich habe einen dicken Kloß im Hals, aber ich weigere mich, vor den Männern in Tränen auszubrechen. Was am Unfallort mit dem Arschloch-Adonis und jetzt mit meinem Chef passiert ist, kommt mir viel zu bekannt vor. Ich hatte gehofft, diesen chauvinistischen Scheiß hinter mir lassen zu können, aber hier stehe ich nun und muss mich wieder damit auseinandersetzen. Doch jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Schwäche zu zeigen.

Ich straffe meine Schultern und verbringe den Rest meines Arbeitstages damit, die Fakten, die ich gesammelt habe, zu einer Geschichte zu verarbeiten. Journalismus ist meine Leidenschaft. Echter Journalismus – die Art von Journalismus, die integer ist und die Macht hat, die Welt zum Besseren zu verändern. Heute Abend bedeutet das, über einen Verkehrsunfall so gut wie möglich zu berichten.

Als ich fertig bin, sind alle anderen schon nach Hause gegangen. Ich schiebe meinen Bericht unter Frank Petersons Tür hindurch und verlasse das Büro. Ich rutsche auf den Fahrersitz meines alten Autos und lasse endlich den Kopf in Resignation nach vorne auf das Lenkrad fallen. Ich lasse mich insgesamt sechzig Sekunden lang gehen, dann atme ich tief durch die Nase ein, fasse neuen Mut und fahre zu der feuchten Kellerwohnung, die ich gemietet habe.

Als ich durch die Tür trete, schlägt mir der subtile Geruch von Schimmel entgegen. Meine Wohnung ist dunkel und fensterlos, und das könnte tatsächlich echtes Moos sein, das in der Türlaibung wächst, aber ich bin dankbar, dass ich überhaupt ein Dach über dem Kopf habe. Wenn sich nicht bald etwas ändert, wird das vielleicht nicht mehr lange der Fall sein. Die halbe Stelle bei Frank bringt nicht genug Geld ein.

Ich schalte eine Lampe ein und lasse mich auf meinem Bett nieder, um den Stand meiner Jobsuche zu begutachten. Die einzige andere Zeitung in der Stadt, der Denton Valley Leader, behauptet, keine offenen Stellen zu haben, ebenso wie die weiter entfernten Zeitungen, mit denen ich via Videocall gesprochen habe. Die Details unterschieden sich, aber das Prinzip blieb dasselbe: „Wir stellen im Moment nicht ein, aber wir behalten Ihre Bewerbung in den Akten“.

Meine Suche außerhalb der Branche läuft kaum besser. Ich habe Bewerbungen für Sekretariatsarbeiten, Nachhilfeunterricht und sogar für ein paar Stellen als Kellnerin verschickt. Aber nichts.

Mit anderen Worten, ich habe einfach kein Glück.

Ich klappe meinen ramponierten Laptop auf, um neue Bewerbungen zu verschicken. Dazu schaue ich mir die neuesten lokalen Angebote an, für die ich auch nur im Entferntesten in Frage kommen könnte. Ein Angebot für eine Anwaltsgehilfin und eine Stelle als Disponentin/Büroleiterin fallen mir ins Auge. Als ich mir den Namen des zweiten Unternehmens ansehe, muss ich laut über die Ironie lachen – Trident Rescue, Adonis' Wirkungsstätte.

Tja, so ein Pech. Ihm gelegentlich über den Weg zu laufen, mag unangenehm sein, aber obdachlos zu sein, ist es auch. Ich klicke auf ‚Senden‘ und verschicke meine Bewerbung und meinem Lebenslauf online. Ich fühle mich in jeder Hinsicht ausgelaugt, dusche, ziehe mein bequemstes Nachthemd an, esse ein paar Erdnussbuttercracker zum Abendessen und falle ins Bett.

Genau in diesem Moment klingelt mein Handy, das Bild meiner Mutter erscheint auf dem Display, begleitet von diesem auf- und abschwellenden Xylophon Geräusch. Ich überlege, ob ich es ignorieren soll. Gespräche mit meiner Mutter machen mich immer nur wütend – was sie aber nicht davon abhält, mich immer wieder von neuem zu behelligen.

Trotzdem kann ich nicht verhindern, mich zu fragen, ob etwas nicht stimmt. Was, wenn dies ein Notfall ist? Nicht ihre Art von Notfall, sondern ein echter Notfall – durchaus möglich, wenn man bedenkt, wie jähzornig einige ihrer Sugar Daddys im Laufe der Jahre gewesen sind. Man sollte meinen, dass das Zusammenleben mit meinem Vater sie die Anzeichen für übergriffige Männer gelehrt hätte. Vielleicht hat es das auch und es ist ihr einfach egal.

Ich schwanke hin und her wie ein Fähnchen im Wind, bis ich schließlich meiner Sorge nachgebe und den Hörer abnehme. „Mom? Geht es dir gut?“

„Mir geht es gut. Warum sollte es mir nicht gut gehen?“

„Weil du mich kurz vor Mitternacht anrufst.“

Sie kichert am anderen Ende und senkt ihre Stimme verschwörerisch. „Oh, Greg und ich waren fast den ganzen Tag bei Bloomy und dann hat er darauf bestanden, dass wir zu Tiffany gehen. Und als wir dann nach Hause kamen und eins zum anderen führte ... Nun, ich komme gerade erst wieder zu Atem und muss wissen, dass es meinem kleinen Mädchen gut geht.“

Was so viel heißen soll wie: Ich wollte nicht, dass mein neuer Sugar Daddy davon abgelenkt wird, mir Dinge zu kaufen und endlich habe ich Zeit, damit zu prahlen.

„Könntest du bitte nicht über Geschäfte reden, als ob sie deine Freunde wären?“ Ich reibe mir das Gesicht und versuche mich zu erinnern, ob Greg der siebzigjährige Arzt oder der „glücklich“ verheiratete Immobilienanwalt ist. „Wie auch immer, mir geht es gut. Und ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“

„Warte! Ich wollte dir noch sagen, dass Greg uns beide auf eine Kreuzfahrt einlädt! Er möchte dich kennen lernen, weißt du, und es wäre eine tolle Gelegenheit, Zeit miteinander zu verbringen. Besonders nach allem, was in New York passiert ist ...“

„Ich habe einen Job, Mom. Den kann ich nicht hinwerfen, um eine Kreuzfahrt zu unternehmen.“

„Sei nicht albern. Wir können mit Greg über einige Positionen sprechen, bei denen er dir helfen kann. Aber das kann nur geschehen, wenn er dich besser kennt.“

Ich versuche, mich bei dem Wort ‚Positionen‘ nicht zu verschlucken, denn ich kann mir genau vorstellen, nach welchen er suchen würde. „Mom, ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“ Ich trenne die Verbindung, bevor sie antworten kann und stelle das Telefon bis zum Morgen auf lautlos.

Am nächsten Morgen bin ich auf dem Weg zur Zeitung, als mein Handy wieder klingelt. Eine Catherine von Trident Rescue. Sie hört sich so kompetent und höflich an, dass ich für einen Moment denke, ich werde verarscht. Zum Glück erhole ich mich rechtzeitig, um zu merken, dass ich tatsächlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden bin.

Ich fahre an den Straßenrand und notiere mir eifrig die Details. Ja, heute würde es passen. 15.00 Uhr ist perfekt. Ich werde da sein.

Als der Nachmittag anbricht, bin ich jedoch eher verwirrt als optimistisch. Trident Rescue wurde als kleiner ländlicher Rettungsdienst beschrieben, aber das Gebäude, zu dem mich Catherine geschickt hat, ist eines der schicksten in der Stadt – direkt neben dem Mason Pharmaceuticals Tower.

Mit seiner mehrstöckigen, spiegelnden Glasfassade sieht das Gebäude eher wie ein nobles Bürogebäude als eine medizinische Einrichtung aus – auch wenn der Name des Gebäudes das Wort Trident enthält. Ich greife nach meinem Telefon und google die Adresse, um zu erfahren, dass ich mich vor der Zentrale der Trident Medical Group befinde. Der Betrieb verwaltet das Denton Valley Hospital und einige Zweigstellen. Vielleicht ist Trident Rescue einfach zu klein, um erwähnt zu werden?

Nachdem ich das Gebäude ein paar Mal umrundet habe, stelle ich fest, dass ich Gefahr laufe, zu spät zu kommen und beschließe, einfach hineinzugehen.

Als ich die Lobby mit ihren Marmorsäulen betrete, fühle ich mich wie in einem Museum, nur dass das Interieur noch opulenter ist. Meine Absätze klacken laut auf dem glänzenden schwarzen Steinboden unter meinen Füßen, als ich an zwei Glasdrehtüren und einem riesigen Wandgemälde mit Kinderhandabdrücken vorbeikomme, bevor ich an einen geschwungenen Empfangstresen gelange.

„Guten Tag“, sage ich zu der umwerfend schönen Frau mit rabenschwarzem Haar und perfekt geschminktem Gesicht, die den Empfang besetzt. „Mein Name ist Skylar Reynolds. Ich habe einen Termin bei Mr. Hunt.“ Ich erschaudere fast, als ich den Namen ausspreche – eine ironische Übereinstimmung mit dem Namen des Sanitäters von neulich. „Können Sie mir den Weg dorthin zeigen?“

Die Frau reckt ihr Kinn in die Höhe und blickt über ihre kecke und beneidenswert kleine, gerade Nase auf mich herab. Auf dem Schild vor ihr steht Rachel Arnault und sie könnte nicht nur ein Model sein, sondern sie scheint sich dessen auch bewusst zu sein. Ihre Bluse sieht seidig und teuer aus und ihre silberne oder vielleicht sogar echt Platin Halskette, die Ohrringe und die verschiedenen Ringe bilden einen hübschen Kontrast zu ihrem Hautton.

Ich mustere vor meinem inneren Auge das, was ich heute Morgen angezogen habe. Mein schwarzes Kleid mit Gürtel ist zwar bis aufs Äußerste gebügelt, aber es hat nicht wirklich Klasse. Ich kann mir gerade nicht viel leisten, also muss ich etwas kreativ werden, wenn es um den Einkauf von Businesskleidung geht. Die Ständer mit den Sale-Angeboten sind längst zu meinen besten Freunden geworden, ebenso wie die gelegentlichen Funde in Secondhand-Läden. Ich muss mich anstrengen, nicht die Arme vor der Brust zu verschränken, um das Gefühl der Unzulänglichkeit zu verbergen, das mich überkommt.

„Natürlich. Ms. Richards, richtig?“

„Reynolds“, korrigiere ich.

„Ja. Das Büro von Mr. Hunt befindet sich im siebten Stock im Penthouse. Begeben Sie sich einfach zur Fahrstuhlreihe dort drüben.“ Sie deutet darauf. „Es ist die zweite Tür auf der linken Seite. Aber da Sie so spät dran sind, sollten Sie es sich vielleicht noch einmal überlegen, ob Sie ihn stören wollen.“

„Ich werde es riskieren.“

Rachel schenkt mir ein Lächeln mit ihren scharlachroten Lippen, das ein klein wenig zu zuckersüß ist, und ich tue mein Bestes, mich davon nicht einschüchtern zu lassen und drehe mich um, um ihren Anweisungen zu folgen.

Auf dem Weg nach oben nehme ich einige tiefe, beruhigende Atemzüge, straffe meine Schultern und trete aus dem Aufzug. Meine Absätze sinken sofort in den dicken, cremefarbenen Teppichboden ein und ich nehme die raumhohen Fenster und die prächtigen dunklen Stuckverzierungen im Korridor zur Kenntnis. Als ich mich der zweiten Tür zu meiner Linken nähere, klopft mein Herz immer heftiger. Ich gehöre nicht hierher. Menschen wie Rachel gehören hierher.

Ich bleibe vor einer dicken Holztür stehen und spüre, wie mein ganzer Körper erstarrt, als ich das Namensschild lese: CULLEN HUNT, CEO. TRIDENT MEDICAL GROUP.

Cullen.

Natürlich kann es nicht dieser Cullen sein, aber allein der Anblick des gleichen Namens verursacht ein unwillkommenes Kribbeln in meinen Oberschenkeln. Ich versuche zu klopfen, aber im letzten Moment kneife ich. Ich schließe die Augen, reiße mich zusammen und hebe entschlossen die Hand. Doch diesmal öffnet sich die Tür, bevor meine Fingerknöchel sie überhaupt berühren können. Ein sehr großer – und sehr, sehr verärgerter – Mann mit einem Adonis-ähnlichen Körper und moosgrünen Augen starrt mich von der Schwelle aus an. Er ist es. Es ist dieser verdammte Cullen.

Mein Mund wird trocken, alles in mir erstarrt einfach. Verflucht. Heilige gesegnete Scheiße.

Einen wahnsinnigen Moment lang denke ich darüber nach, dass der Sanitäter von gestern vielleicht einen Zwilling hat. Sicherlich ist an dem Mann, der jetzt vor mir steht, etwas anders als an dem Cullen von gestern. Statt seines Hemdes mit dem Trident-Rescue-Emblem trägt dieser Cullen einen maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug aus wahrscheinlich sehr teurer und fein gewebter Wolle. Seine Seidenkrawatte in einem moosigen Grün, das zu der Farbe seiner Augen passt, kostet wahrscheinlich mehr als der Inhalt meines gesamten Kleiderschranks.

Cullens Gesicht verfinstert sich. „Ich habe Denton Uncovered nichts zu sagen. Welcher Teil davon war Ihnen gestern nicht klar?“

Ja, das ist definitiv derselbe Cullen. Er trägt sogar den gleichen abweisenden Blick, den er mir gestern zugeworfen hat. Aber warum gibt er sich im Denton Valley an einem Tag als Sanitäter und am nächsten Tag als verdammter CEO aus? Nichts davon ergibt einen Sinn. Nichts an ihm ergibt einen Sinn.

Ich öffne meinen Mund, aber es kommt kein Ton heraus. Mein ganzer Körper verspannt sich, das Blut pumpt in meine Beine und Lungen, mein Kampf-oder-Flucht-Instinkt setzt ein.

Aber ich kann weder kämpfen noch fliehen. Ich brauche diesen Job. „Ich ... ich bin nicht als Reporterin hier, Sir.“ Ich versuche zu schlucken, aber es gelingt mir nicht. „Ich bin wegen eines Vorstellungsgesprächs hier. Es geht um die Stelle als Disponentin? Um drei Uhr nachmittags?“

Cullen holt ein Telefon aus seiner Gesäßtasche und tippt eine Nummer ein. „Catherine. Wie lautet der Name meines 15-Uhr-Termins?“

„Skylar Reynolds, Sir“, sagt die Frau am anderen Ende des Telefons sofort. „Ist sie nicht da?“

„Oh doch, sie ist da, Catherine. Warum spreche ich mit ihr?“

„Weil sie den besten Lebenslauf von allen hat, Cullen.“

Cullen unterbricht die Verbindung mit einem angewiderten Brummen und wirft mir einen finsteren Blick zu, bevor er mich mit einer Geste in sein Büro bitte. „Sie sind spät dran.“

„Ich ... ich hatte Probleme, das Gebäude zu finden.“

„Es ist sieben Stockwerke hoch und hat eine Hausnummer an der Fassade. Wie schwer kann das schon sein?“

Ich balle meine Hand zu einer Faust. Nun gut. Cullen ist ein Arschloch. Das weiß ich. Er weiß, dass ich es weiß. Aber trotzdem bin ich mit einem bestimmten Ziel hergekommen und das werde ich durchziehen, selbst wenn es mich umbringt. Der Tag, an dem ich mich beuge, weil ein tyrannischer Mann etwas Unhöfliches zu mir sagt, ist der Tag, an dem ich aufhöre, ich zu sein.

Ich stapfe vorwärts in Cullens Büro und nehme seinen Geruch wahr, als ich an ihm vorbeigehe. Im Gegensatz zu Frank Petersons furchtbarem Insektenspray-Geruch ist Cullen Hunts Duft würzig und doch sauber und dezent. Wenn ich als Chemikerin geboren wäre und den berauschendsten Duft aller Zeiten in Flaschen abfüllen wollte, wäre es dieser. Genau dieser.

Cullen lässt die Tür zufallen und setzt sich hinter seinen massiven L-förmigen Schreibtisch. Wie der Rest des Gebäudes schreit auch Cullens Büro nach Reichtum und Wohlstand. Vor ihm steht ein hochmoderner Desktop-Computer, daneben ein verziertes hölzernes Schreibset. In einer Reihe von Ahornholzablagen stapelt sich Papierkram und auf einer Schreibtischecke steht eine kleine Holztruhe mit verschlungenen abstrakten Mustern. An der Wand entdecke ich eine Reihe von Urkunden und Plaketten, aber ich habe nicht die Zeit, sie genau zu betrachten, da er mich beobachtet. Alles wirkt hier überlebensgroß, genau wie der Mann selbst. Ich fühle mich wie ein Kind, das zum Schulleiter geschickt wird.

In ein Rektorzimmer, in dem eine Vitrine mit einer Handfeuerwaffe an der Wand hängt. Die Galle steigt mir in die Kehle. Ein medizinisches Bürogebäude, das der Gewalt huldigt. Großartig.

„Setzen“, befiehlt Cullen mit der Wärme einer Klapperschlange. Ich sammle das letzte bisschen Würde, das ich besitze und setze mich in den verführerisch bequemen Stuhl.

Cullen trommelt mit den Fingern auf seinem Schreibtisch. „Die Stellenbezeichnung lautet Disponent und Büroverwalter. Denton EMS kümmert sich um die eigentlichen Notrufe, aber ich mag es, eine eigene Person im Dienst zu haben, die die Verbindung hält, wenn wir aktive Dienste fahren, was normalerweise viermal pro Woche der Fall ist. Die meisten der Aufgaben sind administrativer Natur. Welche Erfahrungen haben Sie darin? Ich frage übrigens nur, weil ich Catherine ehrlich sagen möchte, dass ich Sie befragt habe, bevor ich Ihnen die Tür zeige.“

Wunderbar. Ich räuspere mich. „Konkret, mit Büroverwaltung, keine. Aber ich ...“

„Wie ist Ihr Bildungsweg?“

„Nun, ich habe mein Studium an der NYU mit summa cum laude abgeschlossen, mit einem Bachelor in Kommunikation und Journalismus. Außerdem ...“

„Außerdem erfinden Sie gerne Geschichten, wo es keine gibt. Glauben Sie, dass Sie als Disponentin irgendwelche Insider-Informationen bekommen? Ich erspare uns beiden die Mühe und gebe Ihnen ein Funkgerät. Unser Funkkanal ist leicht zu empfangen, so dass sie immer über unseren Status Bescheid wissen.“

Meine Finger graben sich in die Armlehne meines Stuhls. Also gut. Ein bisschen davon habe ich verdient. Aber ich werde nicht zulassen, dass ein Missverständnis den guten Ruf meiner Integrität ruiniert. Nie wieder.

„Wenn Sie sich auf unser Zusammentreffen an der Unfallstelle von Mr. Mason beziehen, Sir, dann habe ich nur meine Arbeit gemacht“, sage ich mit fester Stimme. „Ich habe nach Fakten gesucht. Wenn wir schon beim Thema sind, wurde in der Zeitung etwas Falsches gedruckt?“

Ich weiß mit Sicherheit, dass das nicht der Fall war, denn Frank hat mich zwei Stunden lang angeschrien, dass ich die Niederlage in einen Sieg verwandeln soll, bevor er den Artikel auf die letzte Seite geklatscht hat. Ich richte mich im Sitzen auf und rutsche nach vorne auf die Kante des Stuhls. „Wenn Sie ...“

„Warum haben Sie sich für diese Stelle beworben?“, unterbricht er mich.

Wenn er das noch einmal macht, kann ich nicht mehr für mein Handeln verantwortlich gemacht werden. Mein Puls steigt und ich atme dreimal tief ein und aus. Ich kann diesem Typen gegenüber nicht frech werden. Es hat mich jeden Cent meiner Ersparnisse gekostet, die erste und zugleich letzte Monatsmiete zu bezahlen. Abgesehen von Frank Peterson, der mir so gut wie nichts zahlt, ist dies buchstäblich der einzige Laden, der mich zumindest zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen hat.

Ich sammle mich und lege Cullen eine Kopie meiner Mappe mit Beispielen meiner früheren Artikel auf den Schreibtisch. Das ist zwar nicht gerade relevant für die Stelle als Disponentin, aber es ist alles, was ich habe, um meine Kompetenz zu beweisen. Als der Bastard nicht reagiert, schiebe ich die Mappe zu ihm, bis meine Hand gegen seine stößt. Die Berührung fühlt sich an wie ein elektrischer Schlag, als hätte ich eine statische Aufladung erhalten.

„Mr. Hunt, ich weiß, wir haben uns gestern missverstanden. Aber ich sage ganz offen, dass meine Bewerbung für diesen Job nichts mit meiner Position als Reporterin zu tun hat. Ich würde das eine nicht benutzen, um das andere zu beeinflussen, oder umgekehrt. Das wäre unprofessionell und entspräche nicht den hohen Ansprüchen, die ich an mich und meine Arbeit stelle.“

Cullens Augen richten sich auf die Stelle, an der sich unsere Hände immer noch berühren, aber die Tatsache, dass er mir erlaubt, meine Sätze zu beenden, ist ermutigend. Mein Herz trommelt immer noch wie wild, ich lecke mir kurz über die trockenen Lippen und fahre fort.

„Darf ich Ihnen meine Referenzen zeigen?“

Cullen blickt in mein Gesicht, seine Augen sind dunkler, als ich sie je zuvor gesehen habe, bevor er seine Hand von meiner wegreißt, als hätte ich ihn wie ein tollwütiges Tier gebissen.

„Ich habe genug gesehen, Ms. Reynolds. Sie können gehen.“

„Ich …“

„Ich sagte, Sie können gehen.“ Cullen bellt das letzte Wort wie einen Befehl und ich bin auf den Beinen, bevor ich die Kontrolle über meine Gedanken erlangen kann.

„Ich wollte sagen, ich gebe Ihnen recht“, schnauze ich ihn an und die Welt, die sich um mich herumdreht, kommt plötzlich mit einem lauten Klick zur Ruhe. Ich weiß, was für ein Mann Cullen ist. Er ist wie mein Vater. Er ist wie Jaden. Er schreit die ganze Zeit, als wäre die Welt nur erfunden worden, um auf sein verdammtes Kommando Böden mit Zahnbürsten zu schrubben. Und dieses Vorstellungsgespräch? Ich habe verdammtes Glück. Ich beende das besser jetzt, bevor sein Bellen in Beißen umschlägt. Denn das passiert früher oder später immer.

Ich halte mit meiner Hand an der Tür inne. „Wollen Sie wissen, warum ich diesen Job wollte, Sie aufgeblasenes Arschloch? Aus demselben Grund, aus dem jeder einen Job will, der kein verdammter CEO ist und zum Spaß Sanitäter spielt. Weil es einen Gehaltsscheck gibt. Aber wissen Sie was? Ich brauche Ihr Blutgeld nicht. Suchen Sie sich jemand anderen, den Sie tyrannisieren können. Oder noch besser – lassen Sie es besser.“

Meine Stimme hallt immer noch von den Wänden wider, als ich aus seinem Büro stürme und die Tür so fest wie möglich hinter mir zuschlage.

4

CULLEN

Cullens Ohren klingeln davon, wie heftig Skylar Reynolds die Tür zugeschlagen hat, so dass ein Foto aus Afghanistan von seinem Platz an der Wand gefallen war. Das Ding hatte Zentralasien und den Nahen Osten überlebt und jetzt hätte eine zierliche Frau es fast zerstört. Ironischerweise passend.

Cullen sitzt eine Minute lang da und analysiert, was gerade zwischen ihnen vorgefallen ist. Er mag Sky nicht. Sie hat versucht, Cullens besten Freund in eine Falle zu locken, hat die Stellenanzeigen nach Hinweisen für eine gute Story durchforstet und versteht nicht, warum Cullen und die anderen Trident-Männer bei der Rescue dienen. Sie ist die Art von Frau, die als kolossale Nervensäge durchs Leben schreitet, und dieses so selbstverständlich ausübt wie das Atmen. Aber eines kann man von Skylar Reynolds keineswegs behaupten: langweilig zu sein. Sie hat Rückgrat und einen Willen, der stark genug für einen guten Drill-Sergeant ist – so viel steht fest.

Was er, nun ja ... interessant findet.

Und anstrengend.

Vor allem, wenn sie dort sitzt und sich mit der Zungenspitze über die Lippen fährt. Eine absichtliche Provokation? Der Anblick dieser feuchten, rosafarbenen Zunge, die aus ihrem köstlichen Mund hervorlugt, hat Cullens Gedanken in eine höchst unpassende Richtung gelenkt. Es hat ihn angemacht und als sie ihn angeschrien hat, hat ihn das noch mehr angemacht.

Was zum Teufel?

Cullen will nicht, dass Reynolds Anwesenheit ihn anmacht und seinen Schwanz hart werden lässt. Er will sie nie wiedersehen.

Voller Energie, die er nicht anders kanalisieren kann, steht Cullen auf und schreitet neben den gerahmten Zertifikaten und Auszeichnungen auf und ab, die er im Laufe der Jahre erworben hat, einige als SEAL und einige danach. Die Zertifikate stammen zumeist aus Übersee, zum Beispiel als er seine Ausbildung zum Kampfsanitäter für Spezialeinsätze – SOCM – abgeschlossen hatte. Es war sehr anstrengend gewesen, als würde man einen Drink aus einem vollaufgedrehten Hochdruckreiniger nehmen. Am Ende hatte Cullen jedoch die gleichen Fähigkeiten wie ein Medizinstudent im dritten Jahr. Er hat diese Kenntnisse auch angewandt. Alle seine Kameraden haben das getan.

Viel zu oft.

Das war der Teil, den Reynolds nicht versteht – wahrscheinlich nie verstehen wird. Er hat es in ihren Augen gesehen, die sich beim Anblick seiner Schusswaffe an der Wand verächtlich zusammengezogen haben. Der Ersatzwaffe, die ihm das Leben gerettet und ihn den Wert des Trainings gelehrt hat. Die Bereitschaft. Für die Skylar Reynolds dieser Welt sind Waffen wie gefährliche Feuerwerkskörper, so wegwerfbar wie die kleinen grünen Soldaten, die sie tragen.

Cullen schüttelt den Kopf, er will nicht weiter darüber nachdenken.

Er hebt das heruntergefallene Foto auf und hängt es zurück neben die kleine Auszeichnung der Kinderstation des Denton Valley Memorials. Obwohl er nicht viel Zeit dort verbringt, hat er eine beträchtliche Summe für die Station gespendet. Verbrennungen und Krebs töten so effizient wie Mörsergranaten. Letzteres hat er nicht verhindern können. Er hofft, dass er bei der Bekämpfung von Ersterem helfen kann.

Cullen hat sich inzwischen einigermaßen beruhigt und kehrt an seinen Schreibtisch zurück – nur um festzustellen, dass die Unterlagen von Reynolds ihn direkt anstarren. Wer bringt ein Portfolio zu einem Vorstellungsgespräch mit? Verdammt. Die Frau hat es wieder geschafft, ihm zuzusetzen, ohne überhaupt im verdammten Raum zu sein. Das erfordert einiges.

Die ganze Interaktion mit Reynolds hat bei Cullen ein … ungutes Gefühl hinterlassen. Sie war in diesem engen schwarzen Kleid hereingeschlendert, das sich wie ein Handschuh an ihre Kurven schmiegte, hat sich über die Lippen geleckt und seine Hand berührt. Und wieder hat sie ihn nicht nur wütend, sondern auch scharf und erregt zurückgelassen.

Oh Gott.

Und doch funktionieren seine normalen Abwehrmechanismen bei dieser Sky-Frau nicht. Irgendwie ist sie ihm trotzdem unter die Haut gegangen.

Vielleicht liegt es daran, dass Skylar Reynolds ein wandelnder Widerspruch ist. In einem Moment ist sie leidenschaftlich bei der Arbeit, im nächsten geht es ihr um einen Gehaltsscheck. Ein Anspruch auf Standards und Integrität im Gegensatz zu der Tatsache, dass sie ausgerechnet für Frank Peterson arbeitet. Zuerst ist Cullen sich sicher gewesen, dass die junge Frau wegen einer Story und nicht wegen eines Jobs gekommen ist, aber vielleicht ist es einfacher als das. Vielleicht verkauft sie ihre Prinzipien und ihre Integrität einfach an jeden, der bereit ist, dafür zu zahlen.

Cullen weiß es nicht. Cullen interessiert es nicht. Basta!

Draußen vor dem Fenster krachen Blitz und Donner mit einer Gewalt durch die Luft, die Cullen zusammenzucken lässt. Einen Moment später mischt sich Regen und Hagel zu einem plötzlichen Wolkenbruch, der gegen die Fensterscheiben prallt. Rat-tat. Rat-tat. Rat-tat.

Cullens Atmung beschleunigt, seine Augen blinzeln gegen die Dunkelheit an. Er bewegt sich. Er rannte. Er durchbrach die Trümmer. Der Geruch von verkohltem Fleisch und kupfernem Blut erfüllte seine Lunge. Er öffnete den Mund und schmeckte eine unwirkliche Süße, während um ihn herum die Schreie von Kindern ertönten.

„Komm mit mir!“, rief er und drückte ein kleines Mädchen an seine Brust. Sie atmete nicht. Er schnappte sich eine Beatmungsbeutelmaske, die wie durch ein Wunder in Reichweite war, legte sie ihr fest über das Gesicht und drückte den Beutel zusammen, um für sie zu atmen. Der Brustkorb des Mädchens hob sich.

Eine Frau, die Mutter des Mädchens, schlug ihn mit einem Stein. Sie blutete stark. Lebensgefährlich stark. Aber sie schlug ihn trotzdem.

„Du hast das getan! Du warst das!“, schrie die Frau und versuchte, Cullen das Kind aus den Armen zu reißen. Er konnte genug Dari, um zu verstehen, was sie sagte, aber nicht genug, um ihr zu erklären, dass das Kind sterben würde, wenn er sie losließ.

„Du hast das getan. Du hast das getan!“

Er beatmete das Mädchen und lief so schnell er konnte mit ihr auf dem Arm in Richtung des Ausgangs des Feldlazaretts.

Doch die Frau holte ihn irgendwie ein, ihr hasserfüllter Blick durchbohrte ihn. Sie riss das Kind weg. „Du.“

Cullen presst seine Stirn gegen das Glas und spürt, wie die Kälte in seine Haut eindringt, während das zerstörte Feldlazarett sich in seinen Gedanken auflöst. Sein Herz pocht in seiner Brust und nimmt den Rhythmus des Rat-tat, rat-tat der Hagelkörner auf. Verdammt. Normalerweise bringt ihn Donner nicht aus der Fassung, aber mit dem Sturm hat er nicht gerechnet. Als er zuletzt nachgesehen hat, war der Himmel klar und blau gewesen. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, wie Skylar Reynolds ihn kurz vor ihrem Abgang angesehen hat – als wüsste sie, dass er der leibhaftige Teufel ist. Genau wie diese Mutter in Afghanistan.

Cullen schnappt sich Reynolds' Mappe, wirft das Ganze in den Papierkorb und lässt sich vor seinem Computerbildschirm auf den Bürostuhl fallen. Skylar Reynolds hat ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, und er kann seinen Mittelpunkt immer noch nicht wiederfinden. Als ob sie Kryptonit ist. In Afghanistan und in Irak hat Cullen sich abgewöhnt, irgendetwas zu fühlen. Im Zivilleben ist das schwieriger. Zu viele Unterbrechungen. Aber heute ist es noch schwieriger. Das Donnern. Der Hagel. Die Augen der Frau.

Mit einer Reihe tiefer Atemzüge zwingt sich Cullen, einen klaren Kopf zu bekommen, und zieht den Schutzmantel der Emotionslosigkeit wieder fester um sich. Er fügt der Mauer, die den Rest der Welt vor der schussbereiten Granate schützt, die Cullen Hunt immer sein wird, egal wie viele pädiatrische Verbrennungsstationen er finanziert, weitere Steine hinzu.

Zu wissen, dass die Frau nie wieder einen Fuß in seine Firma setzen wird, hilft. Es hat Vorteile, der Chef zu sein und Rachel an der Rezeption, die normalerweise nicht seine Lieblingsperson, aber ein Pitbull ist, wenn er sie braucht, würde Reynolds nicht einmal durch ein Fenster schauen lassen, wenn Cullen darum bittet.

Cullens Telefon klingelt und unterbricht seine wiedergefundene Ruhe. Rachel will wissen, ob sie Cullens nächstem Gesprächspartner für das Bewerbungsgespräch angesichts der frischen Spuren in seinen Venen sagen könne, dorthin zu gehen, wo der Pfeffer wächst.

Das waren ... drei geschafft und es stehen noch fünf für diesen Tag an. Es muss doch jemanden geben, der Cullen nicht dazu bringen wird, sich selbst erschießen zu wollen.

* * *

Drei Stunden später knurrt Cullens leerer Magen, als Eli an die offene Tür klopft. Nicht, weil er wirklich eine Einladung gebraucht hätte, aber Eli ist bemüht, Cullen nicht unnötig zu erschrecken.

„Ich bin auf dem Weg zu Kyan zum Abendessen und ...“ Eli bricht ab und blickt mit zusammengekniffenen Augen auf den Boden, wo Reynolds' Foto offenbar aus dem Ordner unter einen Beistelltisch gerutscht ist. „Was zur Hölle? Ist das ...“

„Ganz genau. Nur in einem anderen Gewand.“ Cullen steht auf, reißt Eli das Foto aus den Händen und will es zurück in die weggeworfene Bewerbungsmappe stecken. „Reynolds hatte die Dreistigkeit, hier hereinzuplatzen, als ob sie den Job als Disponentin wirklich haben wollte.“

„Oh, das ist zu gut.“ Eli reißt Cullen die Mappe aus der Hand. Dieses Arschloch. „Mal sehen, sie weiß doch, dass weder der Disponent noch das Büromanagement einen Kundenkontakt haben, oder? Es sei denn, das Porträt soll andeuten ...“

---ENDE DER LESEPROBE---