Überleben in Zürich - Susann Sitzler - E-Book

Überleben in Zürich E-Book

Susann Sitzler

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Beschreibung

In keine Stadt der Schweiz ziehen so viele Deutsche wie nach Zürich. Doch sie stellen fest, dass die Stadt – und die Zürcher – anders sind als erwartet. Ihnen bietet Susann Sitzler viele Tipps und praktische Hintergrundinformationen zum Eingewöhnen. Man erfährt nicht nur, was es mit den »Züri-Seck« auf sich hat, sondern liest auch, wo man die Einheimischen kennenlernt und wie man die Stadt genießt, wenn man noch keinen Freundeskreis aufgebaut hat. Von Ankommen und Anwärmen über Ausgehen und Ausruhen bis zum Angeben mit dem neu gewonnenen Wissen bietet das Buch unverzichtbare Insiderinformationen und pointierte Unterhaltung für Neu-Zürcher und solche, die es werden wollen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 145

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Susann Sitzler

Überleben in Zürich

365 Dinge, die man über diese Stadt wissen sollte

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage als E-Book, 2012 entspricht der 2. Druckauflage von 2010

© Christoph Links Verlag GmbH, 2008

Schönhauser Allee, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0

www.christoph-links-verlag.de; [email protected]

Cover: KahaneDesign, Berlin,

unter Verwendung eines Fotos von Manuel Bauer/Zürich Tourismus

Inhalt

Vorwort

Ankommen

Wohnung suchen und besichtigen

Wohnlagen und Stadtteile

Das Leben als Mieter

Ämterkram: Aufenthalt, Bewilligung und Umsiedlung

Mobilität und Bankgeschäfte

Einkaufen und Einrichten

Telefonieren in der Schweiz

Kranksein und Zahnarzt

Anwärmen

Der erste Tag an der neuen Arbeitsstelle

Feierabend

Freizeit und Sport, Kurse und Vereine

Kollegen und Freunde

Zürich lesen

Kirchen, Gemeinschaften und Selbsthilfegruppen

Machen Sie die Stadt zu Ihrem Dorf

Ausgehen

Cafés und Restaurants

Kino und Theater

Klassik aktiv und passiv

Sport für Zuschauer

Clubbing und Tanzen

Kontaktbörsen und Singletreffs

Special Interest

Ausruhen

Die Stadt allein genießen

Schönheit, Wellness, Spa und Sauna

Joggingstrecken

Spaziergänge und Parks

Kunst und Literatur

Erfreuliche Entdeckungen

Flohmärkte, Brockenhäuser und Second Hand

Angeben

Logierbesuch unterhalten

Museen

Besondere Aussichten und Sehenswürdigkeiten

Shopping

Umland und Ausflüge

Restaurants

Andenken, Erinnerungen und Souvenirs

Ein paar tröstende Worte zum Schluss

Anhang

Zürich ist gewiss keine Stadt, deren Schönheit den Fremden unmittelbar trifft, bewegt und erregt. Zürichs Schönheit hat nichts Plötzliches, nichts augenblicklich Überwältigendes, nichts Direktes. Die Schönheit dieser Stadt muss man allmählich entdecken, Schritt für Schritt, Tag für Tag.

WERNER WOLLENBERGER

Dann liegt da am Ende der Bahnhofstrasse plötzlich dieser See, mitten in der Stadt, und schmiegt sich in diese surreale Bergwelt ein. Das war an meinem ersten Tag hier, und Zürich hat mich direkt ins Herz getroffen.

ANONYME DEUTSCHE

Vorwort

Dass in Zürich etwas anders geworden ist, bemerkte ich im Supermarkt. Ich war mit meinem Mann für ein paar Tage in der Stadt und wollte etwas zum Abendessen einkaufen. »Lass uns doch mal an die Fleischtheke gehen«, wollte ich zu ihm sagen. Was herauskam war: »Chumm, mer gön zerscht schnäll zum Fleisch.« Ich sprach ihn auf Schweizerdeutsch an. Das war absurd, weil er von der Nordseeküste kommt, wir in Berlin wohnen und zusammen hochdeutsch sprechen. Aber in diesem Supermarkt kam es mir plötzlich gefährlich vor, hochdeutsch zu sprechen. Gefährlich für meinen Seelenfrieden. Ich wollte nicht als vermeintliche Deutsche den Unmut meiner Schweizer Landsleute auf mich ziehen. Die Verkäuferin an der Fleischtheke sollte mich nicht als Fremde wahrnehmen. Oder wenigstens bloß als Baslerin, nicht als Deutsche. Alles das geschah rasch und unbewusst, und als es mir klar wurde, war ich erschrocken. Denn es brachte an die Oberfläche, was ich bei vielen Besuchen und einem längeren Aufenthalt in Zürich in den Monaten zuvor immer deutlicher registriert hatte: In der Stadt sieht und hört man immer mehr Deutsche. Und dagegen zeigen immer mehr Schweizer offen ihre Abneigung. Seit jeher waren die Deutschen in der Eidgenossenschaft eine beliebte Zielscheibe mehr oder weniger freundlicher Spöttelei. Ihre schnittigere Sprache, das selbstbewusstere Auftreten, der Umstand, dass man sich als Schweizer von der deutschen Rasanz manchmal überrannt oder genervt fühlt, das war immer Teil des Alltags. Aber der offen zutagetretende Widerwille, den manche Leute nun zeigen, ist neu. Er hängt damit zusammen, dass die Schweizer im täglichen Leben jetzt immer häufiger Deutschen begegnen. Das wiederum hängt unmittelbar mit der Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes durch die bilateralen Verträge mit der EU zusammen. Dadurch ist das Land als Arbeitsort attraktiver geworden. Ungefähr 1000 Deutsche pro Monat ziehen allein nach Zürich. Jetzt haben sie mit ihrer Anzahl offenbar eine Schallmauer durchbrochen. Der Ort verändert sich durch sie schneller, als es manchen Zürchern in ihrer beschaulichen little big city – einer der Slogans der Stadt – lieb ist.

Dieses Buch ist entstanden, weil viele Deutsche, die unvorbereitet nach Zürich kommen, mit dieser Ablehnung nicht rechnen. Sie erwarten, dass das Leben in Zürich ungefähr so verläuft wie in einer vergleichbar großen deutschen Stadt. Nur dass man hier mehr verdient und einen See in der Innenstadt hat. Und dass die Leute ein bisschen merkwürdig sprechen. Sie erwarten nicht, dass sie sich fremd und manchmal sogar unwillkommen fühlen könnten. Dass die Schweizer so anders ticken. Denn die Schweizer sind nicht einfach Deutsche, die ein bisschen langsamer sind. Sie fühlen und verhalten sich anders, und sie legen Wert darauf, dass die Neuzugänge sich dessen bewusst sind und darauf Rücksicht nehmen. Das Problem für die Deutschen fängt damit an, dass, wer den Schweizer Dialekt nicht spricht, vielleicht Mühe haben wird, unter den Einheimischen »Kollegen« – so nennt man hier Freunde – zu finden. Es geht damit weiter, dass, wer in der Bäckerei auf Hochdeutsch Brötchen bestellt, es sich vielleicht irgendwann zu Herzen nimmt, dass der freundliche Gruß der Verkäuferin einfriert. Und es endet damit, dass es manchen Deutschen irgendwann zu blöd wird, sich immer noch mehr anzupassen, um den Einheimischen vielleicht irgendwann genehm zu sein. Bei manchen führt es dazu, dass sie erwägen, der Stadt vorzeitig wieder den Rücken zu kehren. Das wäre schade. Denn Zürich ist eine tolle Stadt. Aber sie ist auch noch immer in allererster Linie eine Schweizer Stadt. Das heißt: Sie ist ziemlich spröde.

Damit man als deutscher »Neuzuzüger« das Leben an der Limmat vom ersten Tag an genießen kann, versammelt dieses Buch Hinweise und Informationen. Es ist ein Wegweiser, der die Zeit erleichtern soll, in der man vor Ort noch keine sozialen Kontakte hat. Es will die Stadt vom ersten Tag an benutzbar machen. Aber es ist kein Reiseführer. Ein Hauptgewicht liegt auf pragmatischen Tipps zum Umgang mit Zürich und den Zürchern. Der Umzug in eine andere Stadt bedeutet auch, dass man das eigene Leben mindestens in Teilen noch einmal fast wie ein weißes Blatt vor sich liegen hat. Seinen Alltag neu einzurichten, ist aufregend und manchmal anstrengend. Wenn man damit einmal angefangen hat, macht es ungeahnt glücklich. Die allgemeineren Hinweise zu diesem Thema sind von persönlichen Erfahrungen geprägt. Sie sollen als Anregungen, nicht als Belehrungen verstanden werden.

Sämtliche Hinweise in diesem Buch, auch diejenigen auf konkrete Orte und Geschäfte, erfolgen ausschließlich subjektiv und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit oder Alleinseligmachung. Sie sind von der Autorin aufgrund eigener Vorlieben oder Eignung für die Thematik ausgesucht worden. Sie oder der Verlag sind an keinem der genannten Geschäfte finanziell beteiligt und auch mit keinem Etablissement verwandt oder verschwägert.

Das Buch baut sich aus fünf Kapiteln auf, die sich am konkreten Alltag eines Neuankömmlings orientieren. In erster Linie richtet es sich an Leserinnen und Leser, die allein nach Zürich kommen, um hier zu arbeiten. Deswegen finden sich darin keine speziellen Ratschläge zum Leben mit Kindern. Diesem Thema widmen sich andere Bücher. Das Verhältnis von Arbeit und Familie ist in der Schweiz ein anderes als in Deutschland. In der Schweiz sind noch immer weite Kreise der Bevölkerung überzeugt, dass Frauen, die kleinere Kinder haben, nicht oder nur wenig arbeiten sollen. Entsprechend schwieriger als in Deutschland sind beide Lebensbereiche zu vereinbaren. Aber natürlich gibt es auch in Zürich Spielplätze, Kinderkrippen, Kinder-und Jugendkultur, familienfreundliche Restaurants und unzählige Unternehmungen, die besonders auf die Bedürfnisse von Familien ausgerichtet sind. Über die Kinder und ihre spezielle Infrastruktur werden Familien aus Deutschland in Zürich manchmal sogar leichter und schneller als Alleinstehende Kontakt zu Einheimischen finden.

Sämtliche Hinweise, Tipps und vertiefenden Angaben wie Adressen, Öffnungszeiten und Internetadressen in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und für diese Auflage aktualisiert. Trotzdem können weder Verlag noch Autorin eine Gewähr für die Richtigkeit oder anhaltende Gültigkeit übernehmen.

Von vielen Orten und Möglichkeiten hätte ich nie erfahren, wenn nicht Zürcher Freunde und Bekannte bereitwillig ihr Insiderwissen auf den Tisch gelegt hätten. Dass sie ihre Geheimtipps großzügig für ein solches Buch verraten haben, bedeutet auch, dass es so schlimm mit der Abneigung gegen die Deutschen nicht sein kann. Der Titel »Überleben in Zürich« ist so gesehen irreführend. Das Buch will nicht nur helfen, als Deutscher in Zürich zu überleben. Es will zeigen, wie man diese spröde, vielfältige, widersprüchliche Stadt auch mit wenig Zeit bald liebgewinnen und zu seiner eigenen machen kann. Und wenn mir als Baslerin das gelungen ist, sollte es für Sie als Deutsche oder Deutscher überhaupt kein Problem sein.

Berlin, im Januar 2010

Susann Sitzler

Ankommen

Sie haben eine Arbeitsstelle in Zürich gefunden. Herzlichen Glückwunsch! Jetzt brauchen Sie nur noch eine Wohnung, ein Lieblingscafé und eine Ahnung, was es mit den »Züri-Seck« auf sich hat. Wie Sie zu all dem kommen, erfahren Sie in diesem Kapitel.

Wohnung suchen und besichtigen

1

Erschrecken Sie nicht, wenn Sie die Zürcher Mietpreise sehen. Sie gehören zu den höchsten der Welt.

2

Aber auch die Löhne gehören zu den höchsten der Welt. Und die Steuern sind niedriger als in Deutschland. Also lassen Sie sich nicht entmutigen. Für Ihren »Zins« – die Miete – werden Sie sehr wahrscheinlich eine sorgfältig gepflegte, gereinigte, renovierte und mit vielen Schikanen ausgestattete »Loge« – Wohnung – bekommen. Oftmals verstehen sich die angegebenen Preise zudem »inklusive«. Das bedeutet, dass Heizung und Nebenkosten schon enthalten sind.

3

Kümmern Sie sich frühzeitig um eine Unterkunft. In Zürich herrscht Wohnungsnot. Von 1000 Wohnungen im Stadtgebiet ist nicht einmal eine frei. Sprechen Sie Ihren zukünftigen Arbeitgeber und jeden anderen Menschen, den Sie in der Schweiz kennen, darauf an. Lesen Sie Online-Anzeigen, geben Sie selbst Anzeigen auf. Schränken Sie sich in Bezug auf Lage und Art der Wohnung am Anfang so wenig wie möglich ein.

4

Bereiten Sie sich innerlich darauf vor, dass viele Vermieter nicht begeistert sein werden, wenn sich ein Deutscher oder eine Deutsche bewirbt. Viele Zürcher sind im Moment etwas überfordert von der Tatsache, dass jeden Monat ungefähr 1000 Deutsche in die Stadt ziehen.

5

Das hat mit der Geschichte der Schweiz zu tun. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist es für die schweizerische Identität von zentraler Bedeutung, dass man die Deutschen einst durch eigenen Einsatz am Einmarsch in die Schweiz hatte hindern können. So hat man nämlich lange Zeit geglaubt. Und es ist bis heute im Unterbewusstsein vieler Eidgenossen verankert.

6

Außerdem sprechen die Deutschen viel schneller als die Schweizer. Für manche Schweizer klingt Hochdeutsch an sich schon nach Befehlston. Darum treten sie innerlich manchmal einen Schritt zurück. Nehmen Sie das nicht persönlich. Und diskutieren Sie nicht darüber.

7

Benehmen Sie sich bei der Wohnungsbesichtigung einfach so zurückhaltend und höflich wie möglich. Wenn Sie aus einer Region mit einem gemütlichen Dialekt kommen, hilft es vielleicht, wenn Sie diesen deutlich durchklingen lassen und langsam sprechen.

8

Erwähnen Sie bei der Wohnungsbesichtigung auf keinen Fall, dass Sie erwägen, irgendwelche Veränderungen an den Einbauten vorzunehmen. Das betrifft auch laut ausgesprochene Überlegungen, Wände in anderen Farben zu streichen oder neue Teppichböden zu verlegen. Der Vermieter wird sonst davon ausgehen, dass Sie ein Querulant sind.

9

Wenn Ihnen eine Wohnung einigermaßen akzeptabel erscheint, sagen Sie zu allem Ja und Amen. Damit ist Ihre Chance am größten, dass Sie den Zuschlag bekommen. Schauen Sie so viele Wohnungen wie möglich an. Sie werden jedes Mal einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen müssen. Murren Sie nicht. Fragen Sie früh am nächsten Tag beim Vermieter nach, und geben Sie sich bei diesem Gespräch den Anschein schüchterner Entschlossenheit.

10

Abstandszahlungen für Wohnungseinrichtungen sind in der Schweiz nicht üblich. Erwähnen Sie sie nicht von sich aus. Das könnte als Bestechung verstanden werden.

Wohnlagen und Stadtteile

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Zürich hat 12 Stadtkreise. Diese genießen bei den Einheimischen unterschiedliche Akzeptanz.

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Als beliebteste Bezirke gelten die Kreise 1, 3, 4, 5, 8 und 10. Den Stadtkreis 2, vor allem das Enge-Quartier, sehen einige Leute als zunehmend interessant an.

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Als inakzeptabel gelten Seebach im Kreis 11 und Schwamendingen (Kreis 12). Seebach gilt als spießig und Schwamendingen war einmal in der ganzen Schweiz als »Getto« verrufen. In Wirklichkeit ist es nicht einmal halb so schlimm. In Schwamendingen wohnen überdurchschnittlich viele ältere Leute, überdurchschnittlich viele Kinder und überdurchschnittlich viele Ausländer. Und es gibt überdurchschnittlich viele gut gepflegte Grünflächen, weil Schwamendingen einmal als Gartenstadt geplant wurde. Die Chance, dass Sie hier eine bezahlbare Wohnung finden, ist überdurchschnittlich hoch.

14

Am Anfang ist es nicht so wichtig, wo in Zürich Sie wohnen. Die Stadt ist vergleichsweise klein und der Verkehr sehr gut erschlossen. In die City brauchen Sie auch mit dem öffentlichen Verkehr von nirgendwo länger als eine gute Viertelstunde.

15

Der Stadtkreis 1 umfasst die Altstadt. Wenn Sie hier eine Wohnung finden, haben Sie genug Geld, Beziehungen und Glück, um ohne Ratschläge durchs Leben zu kommen. Im Kreis 1 befindet sich auch das berühmte »Niederdörfli«. In diesem mittelalterlichen Teil der Altstadt gibt es viele kleine Geschäfte, Lokale, Spelunken und die Rotlichtbars.

Der Stadtkreis 2 umfasst die Stadtteile Enge und Wollishofen, die direkt an den »Züri-See« grenzen, sowie Leimbach. Hier finden sich vorwiegend Geschäftsräume und die trutzigen Mauern der alteingesessenen Versicherungen und Banken. Aber auch ein paar schöne, stattliche Straßenzüge und Wohnungen.

Der Stadtkreis 3 heißt Wiedikon (ausgesprochen: Wie-dikon oder in Dialekt: Wi-e-dike). Wiedikon galt lange als klassisches, bürgerliches Wohnquartier. In den letzten Jahren wurde es aber zunehmend von gelassen kreativen und studentischen Kreisen entdeckt, die ihm – etwas voreilig – an manchen Stellen sogar schon den Charakter von Berlin-Prenzlauer Berg bescheinigt haben.

Der Stadtkreis 4 heißt nur auf dem Papier »Aussersihl«. Die ältere Bevölkerung kennt ihn noch als »Chreis Cheib«. Der Kreis 4 gehört zu den Szene-Stadtteilen von Zürich. Hier liegt die legendäre Langstrasse, in der sich türkische, tamilische und asiatische Imbisse, Szene-Bars, Bordelle und kleine Geschäfte aller Art nebeneinander behaupten. In den Nebenstraßen haben sich kleine Boutiquen und Grafikbüros angesiedelt. Und natürlich kann man im »Vieri« gut ausgehen, weil hier viele Bars und Clubs sind.

Der Stadtkreis 5 oder »s Föifi« hat eine ähnliche Struktur wie der Kreis 4 und heißt auch »Industriequartier«. Allerdings kommt noch der neue Stadtteil »Züri-West« dazu. Hier hat sich in den letzten Jahren eine dichte, großstädtische Infrastruktur aus Kultur und Kreativen angesiedelt. Im Kreis 5 zu wohnen ist ein Traum für die meisten jüngeren Zürcher.

Der Stadtkreis 6 heißt Unterstrass/Oberstrass, liegt am Hang über der Stadt und wird von den mächtigen Gebäuden der Zürcher Universität und der »Eidgenössisch Technischen Hochschule« (ETH) dominiert. Hier wohnen viele Studenten und Angehörige der Universität. Die Infrastruktur ist auf diese Klientel ausgerichtet.

Der Stadtkreis 7 umfasst die Quartiere Fluntern und Hottingen, ist aber besser bekannt als »Züriberg«. Am Hang des gleichnamigen Hügels liegt das nobelste Viertel der Stadt. Hier wohnt das alteingesessene gehobene Bürgertum in trutzigen Villen und legt Wert darauf, unter sich zu bleiben.

Der Stadtkreis 8 heißt Riesbach, wird aber oft mit dem Quartierteil »Seefeld« gleichgesetzt. Das Seefeld ist ein gehoben bürgerliches Wohnquartier. Im Sommer wird es aber von den Zürchern aus allen Bezirken frequentiert, weil man direkt am See spazieren und sitzen kann.

Verwechseln Sie das Seefeld nicht mit »Seebach«. Seebach ist ein Stadtteil im Norden, der an Neu-Oerlikon grenzt. Seebach ist ungefähr das Gegenteil vom Seefeld: Dort wohnt man nicht in städtischem Schick, sondern in der geregelten Peripherie.

Der Stadtkreis 9 besteht aus den spät eingemeindeten ehemaligen Vororten Altstetten und Albisrieden. Hier findet man eher ruhige Wohnquartiere.

Der Stadtkreis 10 setzt sich aus den Stadtteilen Höngg und Wipkingen zusammen. Diese Quartiere liegen sehr zentral und werden von den jüngeren Trendsettern, die in den Kreisen 4 und 5 keine Wohnung finden, als Alternative angesehen. Der Kreis 10 liegt am anderen Ufer der Limmat, genau gegenüber von den Szenequartieren. Hier gibt es eine sehr gute städtische Infrastruktur und schöne, bürgerliche Mietshäuser der vorletzten Jahrhundertwende.

Der Stadtkreis 11 umfasst die spät eingemeindeten Stadtteile Oerlikon, Seebach und Affoltern. Seit einigen Jahren gibt es auch Neu-Oerlikon. Neu-Oerlikon sieht aus wie die Computersimulation eines Architekten. Hier findet man große, moderne, teure Wohnungen. Für diejenigen, die auf Style und kühles Design Wert legen, gilt Neu-Oerlikon als der urbanste Stadtteil von Zürich. Für diejenigen, die gern in Altbauwohnungen leben, gilt er als Inbegriff der Seelenlosigkeit im globalisierten Jahrtausend.

Der Stadtkreis 12 ist als »Schwamendingen« bekannt (siehe Punkt 13).

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Wenn von der »Goldküste« die Rede ist, sind die reichen Vorortgemeinden am rechten Ufer des Zürichsees gemeint. Dort, wo die Abendsonne hinstrahlt. Die linke Küste wird »Pfnüselküste« gennannt. »Pfnüsel« bedeutet »Schnupfen«.

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Eine Alternative ist es, in die »Agglo« zu ziehen. Agglo wie »Agglomeration«. So heißen in der Schweiz die Vororte. Die Agglo hat keinen guten Ruf. Dennoch wohnen 70 Prozent aller Schweizer in einer Agglo. In Zürich sind die Verkehrsanbindungen in die Agglo hervorragend, und auch die Wohnungen dort sind günstiger und leichter zu finden. Wenn Sie in eine Agglomerationsgemeinde ziehen, haben Sie alle amtlichen Dinge bei der jeweiligen Gemeinde zu regeln, nicht bei der Stadt Zürich.

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Sollte man Wert darauf legen, schnell Teil einer coolen Szene zu werden, ist es besser, nicht in die Agglo zu ziehen.

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Wenn Sie der Typ dafür sind, können Sie auch versuchen, in Zürich ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu bekommen. Allerdings ist in der Schweiz diese Lebensform weitestgehend auf das Studentenalter beschränkt. Viele WGs reagieren ablehnend auf Bewerbungen von Deutschen, weil sie keine Lust haben, schon am Frühstückstisch hochdeutsch zu reden. Nehmen Sie auch das nicht persönlich. Es hängt mit den Punkten 5 und 6 zusammen.

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Falls Sie mit Ihrer Familie in die Schweiz ziehen und vorhaben, für immer oder für sehr lange in Zürich zu bleiben, könnte es sinnvoll sein, sich bei den vielen Baugenossenschaften der Stadt anzumelden. Meistens bestehen lange Wartelisten, und ohne Kinder oder eine deutliche Absicht zur Familiengründung sind die Chancen gering. Genossenschaftswohnungen sind oft wesentlich günstiger als Unterkünfte auf dem freien Markt. Sie sind meist umfangreich modernisiert und gut ausgestattet.

Eine Übersicht der Zürcher Baugenossenschaften finden Sie im Internet unter www.svw-zh.ch► Mitglieder.

Das Leben als Mieter

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