Überzeugend evangelisch -  - E-Book

Überzeugend evangelisch E-Book

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Beschreibung

Evangelisch sein kann man auf unterschiedliche Art und Weise. Martin Luther King, Dietrich Bonhoeffer, Richard von Weizsäcker, Katharina von Bora und weitere Persönlichkeiten haben ihren Glauben auf ihre je eigene – und beeindruckende – Weise gelebt. Sie werden in diesem Buch lebendig porträtiert und so dargestellt, dass es Spaß macht herauszufinden, was für den eigenen Glauben und das eigene Leben wichtig ist. Weitere Persönlichkeiten Johann Sebastian Bach, Katharina von Bora, Martin Luther King, Albert Schweitzer, Dietrich Bonhoeffer, Dorothee Sölle, Charlotte Brontë, Immanuel Kant, Philipp Jacob Spener, Johann Hinrich Wichern, Clara Schumann und Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt

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Seitenzahl: 168

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Frank Muchlinsky

Überzeugend

evangelisch

Vorbilder fürs Leben

Inhalt

Cover

Titel

Einleitung

Frage 1 Was können Ihrer Meinung nach Frauen generell besser als Männer?

Charlotte Brontë

Frage 2 Bildung kostet Geld. Wer bräuchte dringend deutlich mehr?

Frage 3 Sie haben einen wichtigen Termin vergessen. Wie gehen Sie damit um?

Albert Schweitzer

Frage 4 Im Bus pöbeln Jugendliche einen Jüngeren an. Was unternehmen Sie?

Martin Luther King

Frage 5 Welchen Satz würden Sie am ehesten sagen, wenn man Sie nach Ihrer Haltung zum Thema Arbeit fragt?

Clara Schumann

Frage 6 Was trauen Sie dem menschlichen Verstand zu?

Immanuel Kant

Frage 7 Wie stehen Sie zur Bibel?

Frage 8 Sie begegnen einem Bettler auf der Straße. Wie ist Ihre Reaktion?

Johann Hinrich Wichern

Frage 9 Welche Aussage über Gott ist Ihnen am wichtigsten?

Aemilie Juliane Gräfin von Schwarzburg-Rudolstadt

Frage 10 Jemand fragt Sie auf einer Party nach Ihrem Glauben. Wie reagieren Sie?

Frage 11 Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Musik …

Johann Sebastian Bach

Frage 12 Sind Glauben und Wissen für Sie Gegensätze?

Frage 13 Welches Motto könnte in einer Konfliktsituation am ehesten zu Ihnen passen?

Richard Freiherr von Weizsäcker

Frage 14 Wenn jemand weint, dann …

Elisabeth Schwarzhaupt

Frage 15 Wo sollte man das Wort Gottes am lautesten verkündigen?

Frage 16 Wie sollte man mit anderen Konfessionen umgehen?

Katharina von Bora

Frage 17 Wenn in einem Witz erzählt wird, dass Jesus an einem Joint zieht …

Hanns Dieter Hüsch

Frage 18 Wo trifft man Ihrer Meinung nach Gott am leichtesten?

Dorothee Sölle

Frage 19 Was halten Sie von der Idee, dass Pfarrer bunte Talare tragen sollten?

Frage 20 Wie reagieren Sie, wenn jemand beim Spielen schummelt?

Dietrich Bonhoeffer

Frage 21 Was ist Ihrer Meinung nach ein Problem der Demokratie?

ElisabethI.

Frage 22 Mit wem kann man nicht vernünftig reden?

Nachweis der längeren Zitate

Impressum

Weitere Bücher

Evangelisch wie …

Finde es heraus!

Evangelisch sein kann man auf ganz unterschiedliche Art und Weise. In den 500 Jahren des Protestantismus haben sich Schwerpunkte entwickelt, die man als „typisch evangelisch“ bezeichnen könnte: Bildung, Musik, Frömmigkeit, Verantwortung, Toleranz und Humor prägen den Protestantismus, aber auch Regeln, Arbeit und Gewissen. Immer wieder sind evangelische Persönlichkeiten aufgetreten, die beispielhaft für den einen oder anderen „typisch evangelischen“ Schwerpunkt stehen.

Im Internet lädt der „Protestant-O-Mat“ dazu ein, sich mit 22 Fragen zu beschäftigen, die zu diesem Schwerpunkt hinführen – und zu den Persönlichkeiten, die beispielhaft für solche protestantischen Themen stehen. Die Fragen sind dabei einfach gestellt, auch wenn es manchmal schwerfällt, sich für eine Antwort zu entscheiden. Doch wer sich durch die Fragen im Netz hindurchklickt, bekommt am Ende verraten, welcher evangelischen Persönlichkeit man am nächsten ist.

Der Protestant-O-Mat ist ausgesprochen beliebt und wird viel genutzt: privat, im Konfirmandenunterricht oder in der Schule. Es ist spannend, sich den verschiedenen Fragen zu stellen und zu schauen, wem man am Ende wohl am ehesten gleicht. Häufig möchte man dann gern mehr über diese Person wissen, mit der man die meisten Übereinstimmungen hat. Dafür haben wir dieses Buch verfasst. Es enthält kurze Biografien 15 protestantischer Persönlichkeiten. Sie gehen vor allem der Frage nach, was diese Personen nun zu „überzeugend evangelischen“ Menschen macht.

Außerdem verraten wir, warum der Protestant-O-Mat ausgerechnet diese 22 Fragen stellt. Jede Frage wird erläutert, und es wird geschaut, welche der evangelischen Persönlichkeiten dazu wohl eine besonders klare Meinung gehabt hätte. So ist das Buch ein Streifzug durch viele Themen und Perioden des Protestantismus: Es geht um Widerstand, um Ökumene, um Aufklärung und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

Immer geht es in diesem Buch – wie beim Protestant-O-Mat selbst – darum, sich selbst anzuschauen und sich zu fragen, wie man wohl in verschiedenen Situationen reagieren würde oder welche Haltung man zu bestimmten Themen hat. Die 15 protestantischen Persönlichkeiten helfen dabei und geben interessante Antworten.

Man kann dieses Buch vor der Benutzung des Protestant-O-Mat lesen, danach oder – das ist meine Empfehlung – währenddessen. Man kreuzt beim Lesen im Buch an, wie man auf die einzelnen Fragen antworten möchte und überträgt anschließend die Antworten im Internet in den Protestant-O-Mat. Auf diese Weise erhält man ein Ergebnis, das dem eigenen Glauben und Denken besonders nah ist. Ich wünsche viel Vergnügen auf dieser Expedition!

Viele Vorbilder in diesem Buch werden von meinen Kolleginnen und Kollegen vorgestellt. Ich bin sehr dankbar für ihre Beiträge. Sie machen das Buch so bunt und vielfältig wie die evangelische Kirche selbst. Danke also an Markus Bechtold, Lilith Becker, Jörg Echtler, Friederike Erichsen-Wendt, Franziska Fink, Claudius Grigat, Anne Kampf und Birgit Mattausch.

Frank Muchlinsky

www.protestantomat.de

Der Protestant-O-Mat ist ein kostenloses Angebot des Internetportals evangelisch.de.

evangelisch.de ist ein Produkt des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik.

Frage 1

Was können Ihrer Meinung nach

Frauen generell besser als Männer?

Organisieren.

Kinder erziehen.

Leid ertragen.

Nichts davon. Das ist keine Frage des Geschlechts.

Die Unterscheidung zwischen männlich und weiblich gehört zum Menschsein von Anfang an dazu. Das steht zumindest so in der Bibel. Gott schuf den Menschen als Mann und Frau (1. Mose 1). Mann und Frau erkennen, dass sie nackt sind, sehen anscheinend ihre Unterschiede und schämen sich (1. Mose 3). Kaum haben die Menschen den Unterschied zwischen Mann und Frau erkannt, werden beiden Rollen und Aufgaben zugeschrieben: Männer müssen „im Schweiße ihres Angesichts arbeiten“ und Frauen „unter Schmerzen Kinder gebären“ (1. Mose 3). So geht es weiter in der Bibel: Männer sind gewalttätig (1. Mose 4), Frauen verdrehen Männern den Kopf (1. Mose 12). Die Bibel lässt nichts aus, was das Leben bereithält. So wird auch die Rolle immer deutlicher, die die biblischen Texte Frauen zuschreiben. Der innere Kreis um Jesus besteht vorwiegend aus Männern, und im ersten Brief des Paulus an die Korinther steht der denkwürdige Satz, Frauen sollen in der Gemeindeversammlung schweigen (1. Korinther 14,34).

Mehr zu Aemilie Julianes Leben ab Seite 96

Kirche und Christentum haben dieses Frauenbild ausgesprochen lange weitergereicht. Frauen hatten vor allem Aufgaben zu erfüllen, die sich aus ihrer biologischen Fähigkeit ableiteten, Kinder zu kriegen. Die Reformation änderte lange Zeit nichts daran, dass Frauen nicht Pfarrerinnen werden durften. Erst über 400 Jahre nach der Reformation wurde die erste Frau zur Pfarrerin ordiniert. Aber auch bis dahin gab es viele protestantische Frauen, die sich sehr wohlfühlten in der Rolle, die ihnen ihr Glaube und die Gesellschaft zusprachen. Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt zum Beispiel war eine Gräfin, die um 1700 herum lebte und der es bestimmt nicht eingefallen wäre, ihren Mann in Erziehungsurlaub zu schicken, damit sie die Geschäfte führen kann. Sie war aber ausgesprochen bedacht darauf, dass sie selbst und die Frauen in ihrer Umgebung eine ausgesprochen gute Bildung bekamen. Sie wollte diejenigen widerlegen, die meinten, dass „Weibsbilder zum Studieren keineswegs tüchtig seinen“. Wie hätte sie wohl die Frage danach beantwortet, was Frauen besser können als Männer?

Mehr zu Elisabeths Herrschaft ab Seite 202

Oft haben sich Frauen als ausgesprochene Organisationstalente einen Namen gemacht. Häufig war es vor allem der eigene Haushalt, den sie mit Geschick führten, wie bei Katharina von Bora, ohne deren Umsicht Martin Luther wohl frühzeitig bankrott gewesen wäre. Es konnte aber auch vorkommen, dass eine Frau ein ganzes Weltreich zu führen und zu organisieren hatte, wie ElisabethI. von England im 16. Jahrhundert. Elisabeth machte England endgültig zu einem protestantischen Land und führte es in den Krieg gegen das katholische Spanien. Kinder bekam sie nie. Ihr Spitzname „The Virgin Queen“ (die jungfräuliche Königin) macht deutlich, wie ungewöhnlich dieser Entschluss war.

Mehr zu Elisabeth Schwarzhaupts Kampf für Gleich­berechtigung ab Seite 138

Kann es möglich sein, dass Frauen dieselben Rechte haben wie Männer? Dürfen sie wählen, sich wählen lassen, dürfen sie dieselben Berufe ausüben wie Männer? Dürfen sie überhaupt arbeiten gehen ohne die Erlaubnis ihres Mannes? Dürfen sie gar Pfarrerinnen werden oder Ministerin? All diese Fragen wurden in Deutschland erst im 20. Jahrhundert zugunsten der Frauen entschieden. Die erste Ministerin einer deutschen Bundesregierung war Elisabeth Schwarzhaupt. Sie war eine gläubige evangelische Christin und Mitglied der CDU. Für sie war klar, dass Männer und Frauen vor dem Gesetz in jedem Fall gleich zu behandeln sind. Ob sie der Meinung war, dass es Dinge gibt, die Frauen besser können als Männer? Vielleicht hätte sie gesagt, dass Fähigkeiten nicht an das Geschlecht gebunden sind, ebenso wenig wie Ämter.

Die evangelische Kirche brauchte Jahrhunderte, bis man sich entschloss, die Bibel so zu verstehen, dass Männer keine anderen Rechte haben als Frauen: Gott hat die Menschen zwar unterschiedlich geschaffen, aber ihr Geschlecht sagt nichts darüber aus, was sie im Leben dürfen und was nicht. Die Debatte darüber, was Frauen von Männern unterscheidet, die Diskussion darüber, was Frauen vielleicht besser können als Männer, ist immer noch im Gang.

Charlotte Brontë

(1816–1855)

Der berühmteste Roman der viktorianischen Schriftstellerin ist „Jane Eyre“. Brontë legte ihrer gleichnamigen Romanheldin viele feministische und nach damaligem Verständnis sogar unchristliche Worte in den Mund – zu ihrer Zeit ein Skandal.

Die Menschen in Yorkshire sind so rau wie die Landschaft der Hochmoore, in der sie leben: „Ihr Gruß ist knapp, ihre Gefühle nicht leicht zu wecken“, so urteilte die Schriftstellerin Elizabeth Gaskell – Zeitgenossin, Freundin und Biografin von Charlotte Brontë. Und doch gediehen hier das literarische Talent und die blühende Fantasie der Brontë-Schwestern, die einige der bedeutsamsten Romane des 19. Jahrhunderts schrieben.

Charlotte Brontë wuchs mit ihren Geschwistern in einem Pfarrhaus in Yorkshire auf. Ihr Vater Patrick stammte aus einer Bauernfamilie in Irland, ein Stipendium ermöglichte ihm jedoch ein Theologiestudium in Cambridge. Schließlich wurde er Pastor in dem kleinen Dorf Haworth in Yorkshire. Es war kein einfaches Leben im Norden Englands: Offene Kanalisation, vom Friedhof verseuchtes Trinkwasser, im Pfarrhaus selbst waren die Wände feucht.

Mutter Maria kam aus einem methodistischen Elternhaus und wuchs inmitten einer großen, liebevollen Familie in einer südenglischen Kleinstadt auf. Die Briefe der Mutter aus ihrer Verlobungszeit mit Pastor Patrick sind der Nachwelt bis heute erhalten. Briefe voller Wärme und Witz, die eine intelligente, charakterstarke Frau zeigen, die offen ihre Gefühle aussprach und gleichzeitig selbstbewusst ihre religiösen Ansichten vertrat. Ein erster Hinweis auf den Eigensinn und die literarische Begabung ihrer Kinder? Inwieweit Mutter Maria die Brontë-Schwestern tatsächlich beeinflusste, ist nicht überliefert, denn Maria starb früh und hinterließ sechs Kinder: Ihre jüngste Tochter Anne war gerade einmal 20 Monate, Charlotte war fünf Jahre alt.

Die Geschwister wuchsen in der Abgeschiedenheit der Heidelandschaft von Yorkshire auf und lebten relativ einfach. Der Vater war bemüht, den Wissensdurst seiner Kinder zu stillen: Er hatte stets die wichtigsten Zeitschriften abonniert und seine Bibliothek, deren Grundstein er in Cambridge gelegt hatte und auf die er sehr stolz war, vergrößerte sich ständig. Im Pfarrhaus der Brontës war man bestens informiert und es wurde viel diskutiert.

Um ihre Bildung zu komplettieren, schickte Patrick seine vier ältesten Töchter auf ein Internat. Dort muss es schrecklich gewesen sein: Kälte, Hunger und eine lieblose Umgebung setzten den Schwestern zu, schließlich starben die beiden ältesten kurz hintereinander an Tuberkulose. Pastor Patrick nahm daraufhin Charlotte und ihre Schwester Emily schnell von der Schule. Wieder zu Hause zog sich Charlotte zusammen mit ihren zwei jüngeren Schwestern Emily und Anne sowie ihrem Bruder Branwall in eine literarische Fantasiewelt zurück: Die Brontë-Kinder lasen viel und schrieben Abenteuergeschichten, die in den von ihnen erfundenen Königreichen „Angria“ und „Gondal“ spielten.

Dankbarkeit ist ein göttliches Gefühl, sie erfüllet das Herz, aber nicht bis zum Zerspringen, sie erwärmt es, aber nicht bis zum Fieber wie andere Gefühle.

Nach einem erneuten Aufenthalt in einer besseren, aber auch wesentlich teureren Schule wollte Charlotte endlich selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Mit Anfang 20 begann sie, als Gouvernante zu arbeiten. Es war die erste Stelle in einer Reihe von vielen: Sie hielt es immer nur kurze Zeit in den Familien aus: Die Arbeit war ermüdend und die Anerkennung gering. Einer ihrer Schüler warf ihr bei einer Auseinandersetzung sogar eine Bibel an den Kopf – eine Szene, die sie später im Eröffnungskapitel ihres bekanntesten Romans, „Jane Eyre“, aufgriff.

Auch ihre Schwestern verdienten sich ihren Unterhalt als Lehrerinnen und Gouvernanten anderswo. Und doch fand die ganze Familie immer wieder in dem Pfarrhaus in Haworth zusammen, das Heimweh war einfach zu stark. Dort arbeiteten die Schwestern unermüdlich weiter an ihren Gedichten und Geschichten. Im Jahr 1846 war es schließlich soweit: Die drei Schwestern veröffentlichten unter den männlichen Pseudonymen Currer, Ellis und Acton Bell ihren ersten Gedichtband, der ein kleiner Kritikererfolg wurde. Die Verkaufszahlen blieben jedoch bescheiden: Nur drei Exemplare gingen über den Ladentisch. Doch ein Jahr später kam der literarische Durchbruch für alle drei Schwestern, die ihre Romandebüts wieder unter ihren männlichen Pseudonymen veröffentlichten. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme sorgten Charlottes „Jane Eyre“, Emilys „Sturmhöhe“ und Annes „Agnes Grey“ für Aufruhr: Die selbstbewussten, weiblichen Hauptfiguren schienen so gar nicht in ihre Zeit zu passen.

„Jane Eyre“, die Geschichte einer Gouvernante, die um ihre Selbstbestimmung kämpft und einige moralische Prüfungen bestehen muss, wurde innerhalb kurzer Zeit sogar zum Bestseller. „Ich bin kein Vogel, und kein Netz und kein Vogelsteller vermag mich zu fangen. Ich bin ein freies, menschliches Wesen miteinem unabhängigen Willen, und jetzt mache ich denselben geltend, indem ich Sie verlasse“, sagt Jane Eyre, die eigenwillige Hauptfigur, zu ihrem Arbeitgeber, dem reichen und exzentrischen Mr.Rochester. Wie kam eine Schriftstellerin im viktorianischen Zeitalter dazu, ihrer Heldin solche feministischen und für manche ihrer damaligen Kritiker sogar unchristlichen Worte in den Mund zu legen? Charlotte betont in ihrem Roman die Gleichberechtigung von Mann und Frau, zudem geht es in der Geschichte vor allem um die moralische Entwicklung der Protagonistin. Im religiösen Sinne steht die Protestantin Charlotte Brontë für einen Glauben, der sich zwar an Traditionen orientiert, diese aber durchaus weiten oder gar sprengen kann – so lange Gott und die Liebe die Maßstäbe bleiben.

Das gilt auch für ihre berühmte Titelheldin Jane Eyre. Sie lehnt zwei Heiratsanträge ab: Zum einen das Angebot einer unmoralischen, wilden Ehe mit ihrem Arbeitgeber Mr.Rochester, den sie liebt, aber der sich als bereits verheiratet herausstellt. Und auch eine lieblose Ehe mit dem strengen Pfarrer St. John schlägt sie aus: Er will sie nur heiraten, weil sie eine gute Pfarrersfrau abgeben würde. Eine Ehe ohne Liebe kommt für Jane aber nicht infrage. Und zwar nicht nur aus persönlicher Sicht, sondern auch aus moralischen Gründen: Liebe und Mitgefühl sind für Jane Eyre wesentlich für eine christliche Lebensweise.

Genau das ist tatsächlich auch der Standpunkt von Charlotte Brontë: Sie lehnte mit 23 Jahren aus den gleichen Gründen den Heiratsantrag eines Pastors ab – im Wissen darum, dass dies wahrscheinlich ihre einzige Chance auf eine Ehe und damit ein versorgtes Leben bleiben würde.

Zurück zu Jane Eyre: Im Laufe des Romans entwickelt sie einen eigenen Moralkodex, der von christlicher Lehre, Liebe und Mitgefühl geprägt ist. Nur so kann sie am Ende dem mittlerweile verwitweten und vom Leben gezeichneten Mr.Rochester als ebenbürtig gegenübertreten und ihr persönliches Glück finden.

Festhalten am Herkömmlichen ist nicht sittliches Verhalten. Selbstgerechtigkeit ist nicht Frömmigkeit. Erstere schmähen heißt nicht Letztere anfechten.

Als bekannt wurde, dass eine Frau den Roman geschrieben hatte, war das Staunen groß – und Kritik wurde laut: Wie kann die Titelheldin nur auf einem selbstbestimmten Leben beharren, sich den Männern widersetzen, sogar Pfarrer als scheinheilig entlarven? War das nicht moralische Verblendung? Aber da war das Buch schon längst ein großer Erfolg. Und wieder ist es Charlottes berühmte Heldin, die die richtige Antwort weiß: „Gott hat mir mein Leben nicht gegeben, dass ich es fortwerfe.“

Charlotte selbst war nach ihrem großen literarischen Wurf mit tragischen Ereignissen konfrontiert: Innerhalb eines Jahres verlor sie ihre beiden Schwestern und ihren Bruder. Doch sie schrieb weiter, reiste zu literarischen Salons nach London – und heiratete Arthur Bell Nicholls, den Hilfspfarrer ihres Vaters. In dieser Ehe fand sie mit Ende dreißig doch noch Glück und Geborgenheit. Charlotte Brontë hatte nicht mehr damit gerechnet hatte. Das Eheglück währte nur kurz: Neun Monate nach der Hochzeit starb die schwangere Charlotte, und mit ihr starb das ungeborene Kind. Ihr Ehemann Arthur aber blieb noch sechs Jahre als Hilfspfarrer in Haworth bei ihrem Vater Patrick – bis zu dessen Tod.

Franziska Fink

Frage 2

Bildung kostet Geld.

Wer bräuchte dringend deutlich mehr?

Familien.

Kindertagesstätten.

Schulen.

Theater.

Hochschulen.

Es wird genug für Bildung ausgegeben.

Die Geschichte der Reformation und der evangelischen Kirche ist auch eine Geschichte der Bildung. Die Grundidee dabei war und ist: Wenn jeder Mensch seinem eigenen Gewissen verpflichtet ist, wenn es keine Autoritäten geben soll, die einem den Glauben endgültig erklären und dann sagen, was man zu tun und was zu lassen hat, dann muss man auch selbst in der Lage sein nachzulesen, was denn die Bibel selbst sagt. Es muss Bibeln in der eigenen Muttersprache geben, und man muss geschult sein, sie lesen zu können. Man muss gelernt haben, logisch zu denken, damit nicht Autoritäten mir einen Bären aufbinden können. Darum begannen die Reformatoren sofort damit, selbst Unterricht zu geben und Schulen einzurichten.

Allerdings kann man nicht nur in der Schule etwas lernen, sondern auch an anderen Orten. Nach evangelischem Verständnis ist Bildung viel mehr als das Sammeln von Wissen und Fertigkeiten. Letzendlich soll Bildung Menschen dabei helfen, das zu werden, wozu Gott sie geschaffen hat: ein Ebenbild Gottes. Mit anderen Worten: Bildung soll die Entwicklung des ganzen Menschen fördern. Es geht darum, sich selbst ebenso verstehen zu lernen wie die Welt, in der wir leben. Bildung bedeutet, ebenso nach dem Sinn der Dinge zu fragen wie danach, wie die Welt funktioniert. Bildung bedeutet, Kompetenzen im Umgang miteinander zu erwerben. Die Schule ist nur ein Ort unter vielen, an denen Bildung stattfindet. Gerade bei der Frage, wer für die Erziehung von Kindern sorgen solle, war die evangelische Kirche lange Zeit klar der Meinung, dass kleine Kinder nirgends besser aufgehoben seien als in der eigenen Familie. Immer noch gilt die Familie nicht nur als Ort der Geborgenheit, sondern auch als ein wichtiger Bildungsort.

Mehr zum Erziehungskonzept von Johann Hinrich Wichern ab Seite 84

Darum ist die Frage, wer mehr Geld für Bildung bekommen sollte, eigentlich eine Frage danach, wo man seinen persönlichen Schwerpunkt setzt. Der Hamburger Pastor Johann Hinrich Wichern schuf am Ende des 19. Jahrhunderts einen Ort für verwahrloste Kinder, also für Kinder, die von Prostitution oder Kriminalität lebten. Im sogenannten „Rauhen Haus“ konnten sie wie in einem Familienverband leben. Sie bekamen die Geborgenheit und Fürsorge, die sie brauchten, und eine Schulbildung, die es ihnen ermöglichte, später Berufe zu ergreifen und auf eigenen Füßen zu stehen. Bildung war für Wichern der Schlüssel zu einem besseren Leben.

Auch Hochschulen sind für die evangelische Kirche ausgesprochen wichtig. Schon die Tatsache, dass die Reformation in Wittenberg und in einer Universität stattfand, hat dafür gesorgt, dass in Deutschland angehende Pfarrerinnen und Pfarrer immer noch selbstverständlichein Studium der Theologie an einer Hochschule absolvieren müssen.

Mehr zu Johann Sebastian Bachs Verständnis von Musik und Bildung ab Seite 112

Die Kunst trägt ebenfalls zur Bildung bei. Nicht zuletzt die Musik war immer schon ein entscheidender Teil, nicht nur der Bildung, sondern der christlichen Verkündigung selbst. Komponisten wie Johann Sebastian Bach haben mit ihrem Werk einen großen Beitrag zur Verkündigung geleistet – so wie der Buchdruck zur Verbreitung der Lutherbibel.

Mehr über England zur Zeit ElisabethsI. ab Seite 202

Auch das Theater ist ein Bildungsort. In England entstand in der Zeit ElisabethsI. ein so reges Theaterleben, dass es bis heute berühmt ist. An neu gebauten Theatern gab es zum erstem Mal seit tausend Jahren wieder festangestellte Schauspieler. Hier wurden Klassiker der griechischen Antike ebenso gespielt wie brandneue Werke von William Shakespeare. Die Theater waren für alle offen und trugen so auch zur Bildung aller bei. Zu dieser Zeit gab es in England einen großen Bildungsschub.

Die evangelische Kirche setzt sich weiterhin an den unterschiedlichsten Orten für Bildung ein. Sie arbeitet dabei häufig eng mit staatlichen Einrichtungen zusammen. Wenn die finanziellen Möglichkeiten geringer werden, stellt sich natürlich dringender die Frage, wohin die Mittel gehen sollen. Gebraucht werden sie überall.

Frage 3

Sie haben einen wichtigen Termin vergessen.

Wie gehen Sie damit um?

Ich lache darüber.

Ich bitte ausführlich um Entschuldigung.

Ich mach gleich einen neuen Termin.

Ich bin lange zerknirscht.

Die evangelische Kirche