Verbotene Erfindungen - György Egely - E-Book

Verbotene Erfindungen E-Book

György Egely

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Beschreibung

Die unglaubliche Chronik der verbotenen Erfindungen

  • Erfindungen, die von Wissenschaft und Industrie unterdrückt wurden
  • Funktionsweisen, Baupläne, Fotos
  • Die Schicksale der Erfinder, die behindert wurden, auf mysteriöse Weise verschwanden oder ums Leben kamen


Im Jahre 1712 führte ein junger deutscher Heiler eine außergewöhnliche Maschine vor: ein Rad, das sich ständig drehte und währenddessen auch noch Gewichte hob. Dies tat es monatelang, auch in verriegelten Räumen und sogar dann noch, als es auf ein anderes Gestell gehoben wurde. Viele namhafte zeitgenössische Wissenschaftler untersuchten das Rad und stellten fest, dass es keine externe Energiequelle hatte. Der Erfinder forderte nicht weniger als 100000 Taler für sein Geheimnis. Da aber niemand diese Summe bezahlen wollte, nahm er dieses mit ins Grab ...

In den 1920er-Jahren führte der junge amerikanische Elektrotechniker Henry Moray eine Holzkiste vor, die ohne externe Einspeisung wochenlang mehrere Kilowatt elektrische Energie liefern konnte. Auch er nahm sein Geheimnis mit ins Grab, da niemand bereit war, den geforderten Preis zu zahlen ...

Energie aus dem »Nichts«

In den 1930er-Jahren beobachtete ein junger österreichischer Förster erstaunt, dass die Forellen in einem tosenden Bergbach nicht von der Strömung mitgerissen wurden. Nach der Untersuchung ihrer Kiemen baute er einen Stromkanal, aus dem das Wasser mit mehr Energie heraustrat, als es eingetreten war. Da den Forscher kaum jemand unterstützte, konnte er seine Ergebnisse nicht verbreiten

Nikola Tesla, der große Erfinder unseres Zeitalters, baute in den 1930er-Jahren ein Elektroauto, das keine externe Energiequelle benötigte. Trotzdem starb er arm und verlassen ...

Geniale Erfinder - verspottet, behindert und ermordet

Solche und ähnliche Fälle gab es auch in den vergangenen Jahrzehnten - und es gibt sie heute noch. Immer wieder verschwinden Erfindungen samt ihren Erfindern.

Erfinder, die einen Ausweg gefunden hatten und funktionierende Geräte zur Herstellung Freier Energie bauten, wurden allesamt von Wissenschaft und Industrie unterdrückt. Aber auch die Erfinder selbst haben mit ihrer Geldgier und Geheimniskrämerei bisweilen zum Problem beigetragen.

Dieses Buch erzählt die spannende Geschichte einiger verbotener und vergessener Erfindungen und erklärt ihre Funktionsweise mithilfe schwer zugänglicher, zum Teil geheimer Dokumente.

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1. Auflage Oktober 2017 2. Auflage Mai 2019 als Sonderausgabe 3. Auflage Mai 2020 als Sonderausgabe 4. Auflage April 2021 als Sonderausgabe 5. Auflage Mai 2022 als Sonderausgabe Copyright © 2017 by György Egely Copyright © 2017, 2019, 2020, 2021, 2022 für die deutschsprachige Ausgabe bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Titel der ungarischen Originalausgabe: Tiltott Találmányok Alle Rechte vorbehalten Covergestaltung: Nicole Lechner Übersetzung aus dem Ungarischen: Sebastian Domoszlai Lektorat: Karen Görlitz, Dávid Padányi-Gulyás, Helmut Kunkel Zeichnungen: Hajnal Eszes und Tamás Gáspár Satz und Layout: Helmut Kunkel ISBN E-Book 978-3-86445-535-3 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Einleitung

Abb. 1 Bauplan eines nicht funktionsfähigen Perpetuum mobile aus dem 19. Jahrhundert

© Archiv des Autors

Einleitung

Wozu eigentlich die Beschäftigung mit diesem Thema? Gibt es überhaupt so etwas wie verbotene oder verschwiegene Erfindungen? Wer am Ende des Buches angelangt ist, wird mit Sicherheit wissen: Ja, es gibt sie. Zum Teil sind sie sogar wertvoller und interessanter als die erlaubten. In vielen Bereichen der Technik liegt die Forschung brach oder ist mit einem Tabu belegt. Unzählige Erfindungen sind in Panzerschränken eingeschlossen und werden nicht realisiert, weil sie den Interessen gewisser Personen oder Kreise zuwiderlaufen. Und immer wieder werden Forschungsberichte zu Unrecht verunglimpft oder gar nicht erst veröffentlicht.

Vornehmlich in zwei großen Bereichen gibt es ohne jeden Zweifel verbotene und verschwiegene Erfindungen: in der Pharmaindustrie und in der Energetik. Die Pharmaindustrie, die ihre steile Karriere im 20. Jahrhundert einem amerikanischen Ölkartell verdankt, hat heilsame, natürliche Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten systematisch unterdrückt oder verschwinden lassen. Gleichzeitig wurden immer mehr chemische Präparate und bisweilen aggressive Therapien gefördert, deren Wert oft mehr als zweifelhaft ist. Ich denke dabei insbesondere an die Propagierung der ultrakonservativen »Heilmethoden« in der Krebsindustrie. Tumorpatienten werden standardmäßig mit Bestrahlung und gefährlichen Giften behandelt – den Zytostatika, die selbst krebserregend sind. Dabei gab und gibt es eine Reihe alternativer, wirksamer Heilmethoden gegen Krebs, die ohne solche schädlichen Nebenwirkungen auskommen. Auch sind Medikamente bekannt, die chronische Krankheiten wie Geschwüre oder chronische Blutarmut schnell heilen könnten. Es liegt jedoch nicht im Interesse der Pharmaindustrie, die besten Medikamente auf den Markt zu bringen, da große Gewinne dann entstehen, wenn die Patienten ein Medikament über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen.

Natürlich ist ein Leben ohne Medikamente heutzutage kaum vorstellbar. Auch wäre es falsch, alle Ärzte und medizinischen Forscher über einen Kamm zu scheren, denn sehr viele sind seriös und leisten großartige Arbeit. Doch wie in jedem System, bei dem viel Geld im Spiel ist, wird es auch hier schwarze Schafe geben. Während aber in der Pharmaindustrie die Zahl der schädlichen Medikamente (hoffentlich) nicht mit der der echten und nützlichen vergleichbar ist, sieht es im Bereich der Energetik vollkommen anders aus. Hier tummeln sich heutzutage fast nur schwarze Schafe, und Erfindungen, die die Energiekrise der Menschheit lösen könnten, dürfen sich nicht verbreiten.

Im vorliegenden Buch geht es in erster Linie um Erfindungen in diesem Bereich. Dabei soll das Thema auf zwei Ebenen angegangen werden. Einerseits erzähle ich die Geschichten von Erfindungen, die ich selbst ausgegraben habe und die sich oft wie ein Krimi lesen. Andererseits halte ich es für wichtig, die Entstehung des Begriffs der Energie und ihr physikalisches Wesen zu klären, da sonst der Hintergrund des Ganzen unverständlich bliebe und somit auch die prekäre Lage, in die wir Menschen geraten sind und die uns nach wie vor bedroht …

Die Bedeutung der Energie

Warum sind die Energie und die Energieindustrie eigentlich so wichtig für uns? Heutzutage gibt jeder zwei Drittel seines Gehalts für Energie in irgendeiner Form aus. Ich denke dabei nicht nur an Heizungs-, Beleuchtungs- oder Benzinkosten, sondern auch an die auf indirekte Weise entstehenden Energiekosten. Beim Bau eines Hauses etwa machen die Energiekosten den größten Anteil aus. Die Herstellung und der Transport des Baumaterials sind sehr kostspielig; Dachpfannen, Ziegelsteine und Zement beinhalten ebenfalls einen großen Anteil Energie. Aber auch beim Gemüsehändler oder Bäcker zahlen wir die Energie, die betriebsbedingt verbraucht wird, mit. Wenn wir alles zusammenrechnen, werden wir sehen, dass bei einer Kinokarte allein die Hälfte des Preises von Energiekosten herrührt. Aber auch im Urlaub oder im Bereich der Bildung entfällt der größte Teil der Kosten auf Energie.

Daneben zahlen wir jedoch auch noch in anderer Form für Energie. Wie wir wissen, emittieren die heutige Industrie, der Verkehr und die Stromerzeuger Schadstoffe, die die Widerstandsfähigkeit unseres Körpers schwächen. Deshalb müssen wir häufiger zum Arzt gehen, mehr Medikamente kaufen, und letztendlich kann sich dadurch sogar unser Leben verkürzen. Der Arzt und die Medikamente wiederum müssen bezahlt werden, und das ist nicht gerade billig. Die Energieindustrie und die damit verbundenen Kosten sind in jedem Moment unseres Lebens präsent. Sogar wenn unsere Steuern zur Aufrechterhaltung und Entwicklung der Armee verwendet werden, zahlen wir indirekt für Energie, weil nämlich die Aufgabe der Armee unter anderem der Schutz der strategischen Energie- und Rohstoffquellen ist.

Auch auf lange Sicht ist die negative Wirkung der Energieindustrie bedeutend. Heutzutage wird ja häufig davon gesprochen, dass die Durchschnittstemperatur auf der Erde steigt und deshalb die Eisdecke an den Polen schmilzt; dies wiederum führe zu einem Anstieg des Meeresspiegels. Diese Darstellung ist jedoch irreführend und geht am Problem vorbei. Man sagt, es gibt drei Kategorien von Lügen: kleine Lügen, große Lügen und Statistiken. Die Daten zur Durchschnittstemperatur gehören zur dritten Kategorie, denn nicht der Durchschnitt, sondern die Abweichung davon, die Streuung, ist entscheidend. Wir erleben immer häufiger, dass das Wetter erstaunliche Werte hervorbringt, das heißt, schnelle Abkühlung und schnelle Erwärmung folgen direkt aufeinander. Der Durchschnitt unterscheidet sich kaum von dem der letzten Jahrzehnte, die Streuung jedoch umso mehr. Darüber hört man aber nur wenig.

Das Problem ist jedoch spürbar, da sich kein Lebewesen – auch wir Menschen nicht – innerhalb weniger Stunden ohne Schwierigkeiten an solche Temperaturschwankungen anpassen kann. Dies ist der Grund dafür, dass beim Durchzug einer Front plötzlich die Sterbequote ansteigt. Es ist überflüssig, zu berechnen, dass die Durchschnittstemperatur im Frühling 20 °C beträgt, wenn die Temperatur an einem Tag auf 30 °C steigt, am anderen aber auf 10 °C fällt. Dies tut weder Pflanzen noch Menschen gut.

Diese extremen Veränderungen sind aber nicht nur bei der Temperatur, sondern auch beim Niederschlag zu beobachten. Oft treten unerwartet heftige Wolkenbrüche auf, gefolgt von einer langen Dürre. All dies geschieht, weil der Kohlendioxidgehalt der Luft ansteigt, sodass diese mehr Sonnenlicht verschlucken kann. Das wiederum führt zur sogenannten Rayleigh-Bénard-Instabilität (siehe Abb. 2), die durch extreme Wetterschwankungen verursacht wird. Aprikosen beispielsweise kann man in Ungarn schon seit Langem kaum noch ernten, da auf eine plötzliche, zu frühe Erwärmung, die die Knospen aufblühen lässt, ein kurzer Frost folgt, der die gesamte Ernte vernichtet. Auch an den Überschwemmungen im Frühjahr ist zum Teil das schnelle Schmelzen der Schneedecke infolge einer plötzlichen Erwärmung schuld.

Mit vielen Dingen kann und sollte man sogar experimentieren, mit dem Wetter und dem Klima der Erde aber darf man es nicht. Hier ist nur eine ultrakonservative Haltung akzeptabel.

Der Klimawandel hat aber auch direkte Folgen: Wenn nicht genügend Regen fällt, trocknen auch die noch vorhandenen Wälder und Savannen aus. Mensch und Tier können sich den Veränderungen einigermaßen anpassen, Pflanzen jedoch nicht. Sie können in den heißen, trockenen Sommern nicht einfach 400 oder 500 Kilometer weiter nach Norden ziehen. Eine Eiche kann es sich nicht einfach anders überlegen und ab dem nächsten Tag als Akazie weiterleben, damit sie die Hitze besser verträgt. Der Anstieg des Kohlendioxidgehalts, die Temperaturschwankungen und die Übersäuerung des Bodens sind Folgen der jetzigen Methode zur Energiegewinnung.

Abb. 2 Die Rayleigh-Bénard-Instabilität. Die thermische Strömung, die über der von unten beheizten Oberfläche entsteht, teilt sich in Zellen auf.

© Archiv des Autors

Abb. 3 Durch die wachsende Instabilität steigt auch die Abweichung von der Durchschnittstemperatur

© Archiv des Autors

Die Energetik beeinflusst das Leben eines jeden Menschen. Am auffälligsten spiegelt sich dies in der Armut wider, an die sich der Mensch heutzutage leider schon fast gewöhnt hat. Die Technik eines Landes entwickelt sich umsonst weiter, denn die Armut, dieser in unserer Geschichte so ausdauernde und effektive Serienmörder, ist überall anzutreffen, auch in den als reich geltenden Staaten. Deshalb sind die Physik und die Technik der Energetik nicht nur eine wissenschaftliche Frage, sondern auch eine menschliche. Jedes kleinste Detail muss überprüft, der dünnste Strohhalm ergriffen und neue Wege gesucht werden, um das größte Problem unserer Zeit zu lösen.

Natürlich hat die Technik in den vergangenen Jahrhunderten auch große Fortschritte gemacht: So wäre beispielsweise das Diplom eines Arztes oder Elektroingenieurs von vor 100 Jahren heute nicht mehr viel wert. Ein Telefonist oder ein Landarbeiter von damals würde sich in Anbetracht der Veränderungen nur an den Kopf fassen. Anders verhält es sich in der Energetik. Die heute verwendeten Gasturbinen, Gasthermen oder Verbrennungsmotoren sehen fast noch genauso aus wie zur Zeit ihrer Erfindung. Die wichtigsten von der Energetik heute benutzten Maschinen stammen aus der Zeit der Jahrhundertwende. Wenn sich um uns herum so vieles weiterentwickelt und verändert hat, warum hat sich dann gerade der Energiesektor keinen Schritt vorwärtsbewegt? Warum sind wir auf diesem Gebiet kaum weiter als vor 100 Jahren? Dieses Buch versucht, eine Antwort hierauf zu finden.

Vielleicht wäre es logischer, sich gleich am Anfang mit der Physik der Energie und den Grundlagen der Energetik zu beschäftigen, trotzdem möchte ich mich als Erstes mit dem Schicksal einer Erfindung und ihres geistigen Vaters beschäftigen, der im frühen 18. Jahrhundert ein mechanisches Perpetuum mobile konstruierte. Ich bitte den Leser darum, das Buch jetzt nicht zuzuschlagen: Bitte haben Sie Geduld. Am Ende des Buches werden Sie verstehen, dass es möglich ist, ein mechanisches Perpetuum mobile zu bauen, ja, dass es im Laufe der Geschichte sogar mehrere gegeben hat. Sie werden auch sehen, wie und unter welchen Umständen diese Erfindungen verschwanden.

Es ist müßig, davon zu sprechen, wie anders nicht nur die Technik und die Wissenschaft, sondern auch das Schicksal der Menschheit verlaufen wäre, hätte man diese Erfinder leben und schaffen lassen und hätten sie sich über ihre kleinlichen menschlichen Ambitionen, ihre Gier nach Macht und Geld hinweggesetzt. Wie oft hätte jemand die Menschheit weiterbringen können – und wie oft hat er es nicht getan. Auch davon handelt dieses Buch.

Die erste Geschichte – der Fall Bessler – ist eigentlich beispielhaft, denn das Drehbuch ist immer das gleiche, nur der Hintergrund, das Alter des Darstellers und der Name des Falls ändern sich wie bei einem Theaterstück – dramatischer Beginn, dramatisches Ende. Leider haben auch wir unter diesem Drama zu leiden. Mehrere Milliarden Menschen mussten Jahre, ja Jahrzehnte früher sterben, weil sich gewisse Erfindungen nicht verbreiten konnten. Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass der größte und leiseste Krieg der Menschheit auf diesem Gebiet geführt wird – und das schon seit 300 Jahren.

Sicher könnte man ein noch umfangreicheres Buch über dieses Thema schreiben, doch auch dann würde es nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Es werden so viele Bücher über überflüssige, irreale Dinge geschrieben; den wahren Schicksalsfragen dagegen wird kaum Beachtung geschenkt. Auch wenn dieses Buch scheinbar von Erfindern, Forschung und Macht handelt, will es auf die bitteren Probleme, die unseren Alltag durchziehen, aufmerksam machen. Ich hoffe, dass die beschriebenen Fälle jeden, der dieses Buch aufmerksam liest und mitdenkt, dazu veranlassen, ja ihn sogar dazu zwingen, zu diesem Thema Stellung zu beziehen.

Abb. 4 Naive Vorstellung eines frühen Perpetuum mobile, als man noch nichts von Physik wusste

© Wikimedia Commons; Autor: George A. Bockler; gemeinfrei.

Kapitel 1: Die Anfänge

Kapitel 1

Die Anfänge

Der Fall Bessler

Die Geschichte der Physik und der Technik ähnelt ein wenig der Geschichtsschreibung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die bekanntlich nicht immer die ganze Wahrheit offenlegte. In Osteuropa pflegte man zu sagen, nur die Zukunft sei sicher, die Vergangenheit sei immer ungewiss. Sobald nämlich ein »starker« Mann die politische Bühne verlassen hatte, wurden die Geschichtsbücher kurzerhand umgeschrieben, und der Betreffende wurde einfach von den Kreml-Fotos wegretuschiert. Ähnlich erging es in der chinesischen Geschichte jenen, die ihre Würde verloren, weil sie den Vorstellungen des aktuellen Machthabers nicht entsprachen.

Auch in Technik und Wissenschaft wird diese Methode angewandt: Wichtige Entdeckungen verschwinden im Nachhinein, Spuren sind nur schwer zu finden. So erging es auch dem Erfinder des ersten mechanischen Perpetuum mobile, Johann Bessler (1681–1745). Glücklicherweise arbeitete der englische Schriftsteller John Collins, dessen Buch 1› Hinweis die meisten der hier beschriebenen Tatsachen entnommen sind, den Fall Bessler auf. Auch in einem mehr als 150 Jahre alten Buch zur Geschichte der Technik von Henry Dircks, das sich umfassend mit mechanischen Perpetua mobilia befasst, 2› Hinweis wird BesslersName erwähnt, doch Collins’ Werk ist detaillierter und gründlicher. In ihm stecken mehr als 10 Jahre Arbeit.

Abb. 5 Bessler auf dem Höhepunkt seiner Karriere

© Wikimedia Commons (Ausschnitt); Autor: unbekannt; gemeinfrei.

Laut alten Chroniken ist der erste sich ständig bewegende Apparat der Arbeit des englischen Adligen Marquis von Worcester zu verdanken. Seine Maschine entstand in Jahre 1638. In einem Rad von ca. 4,5 Metern Durchmesser bewegten sich vierzig Bleikugeln mit einem Gewicht von je 22,5 Kilogramm. König Charles I. und seine Höflinge sahen, dass diese Maschine funktionierte, Messdaten oder ein Protokoll darüber sind jedoch nicht erhalten. Somit ist Besslers Erfindung die erste offiziell vorgeführte Maschine, von der dokumentiert ist, dass sie ohne äußere Energiezufuhr physikalische Arbeit leisten konnte.

Der Mann mit dem mysteriösen Rad

Johann Ernst Elias Bessler (auch Orffyreus genannt) wurde 1681 im sächsischen Zittau geboren – zu einer Zeit, als sich das Land gerade vom Dreißigjährigen Krieg und der anschließenden Pestepedemie zu erholen begann. Über Bessler ist uns viel weniger bekannt als zum Beispiel über Sir Isaac Newton, obwohl beide bedeutende Forscher waren. Newton schuf die Grundlagen der Experimentellen und der Theoretischen Physik (in einigen Bereichen der Mechanik wurde bis heute kein weiterer Fortschritt erzielt). Besslers Arbeit und sein Perpetuum mobile hätten unsere Sicht der Physik und der Technik bedeutend verändern können. Doch an dieser Weggabelung wählte die Menschheit einen anderen Weg. Gehen wir also 300 Jahre in die Vergangenheit.

Bessler führte ein Wanderleben; er zog von Stadt zu Stadt und kam sogar bis nach Prag. Als Geselle besuchte er auch Deutschlands kleinere Städte und erlernte dabei mehrere Berufe. Geheime Dokumente zogen ihn an, und so suchte er den Kontakt zu jüdischen Rabbis, Priestern und Verfechtern geheimer Lehren. Vielleicht weckten sie sein Interesse am Perpetuum mobile. Während seiner Wanderjahre lebte er vom Heilen; man könnte ihn auch als Wanderarzt bezeichnen. Damals waren die Grenzen zwischen den Naturwissenschaften nämlich noch verschwommen. Heilen durfte jeder, der irgendeine Zauberkur oder ein Rezept kannte. Diese »Ärzte« wanderten von Ort zu Ort.

Als Bessler um die 20 Jahre alt war, kehrte er nach Deutschland zurück. Er ließ sich in der Nähe seines Geburtsortes nieder und begann mit großer Energie an einem Perpetuum mobile zu arbeiten. Diese Arbeit blieb jedoch lange Zeit ohne nennenswerte Ergebnisse, was ihn so stark unter Druck setzte, dass er wiederholt in tiefe Depressionen verfiel.

Schließlich ließ er seine Arbeit liegen und zog zu einem Verwandten, der Orgelbauer war. Dort erhielt er Einblick in die modernsten Technologien seiner Zeit und lernte dabei auch die Mechanik gründlich kennen. So sammelte er auf dem Gebiet des Baus und des Wirkens von Kräften, Hebeln und Konstruktionen zur Kraftübertragung weitreichende praktische Erfahrung. Angeblich hatte er zu dieser Zeit einen Traum, in dem ihm die entscheidende Idee zu einem Perpetuum mobile kam, sodass er sich mit frischem Elan ans Werk machte. Er arbeitete hart, und schließlich waren seine Bemühungen von Erfolg gekrönt: Sein erster Apparat von ca. einem Meter Durchmesser funktionierte. Bei der Konstruktion handelte es sich im Prinzip um ein rotierendes Rad, an dem sich Gewichte auf einer speziellen Bahn bewegten. Diese Bahn war das Geheimnis der Konstruktion, und obwohl Bessler nichts Konkretes über ihre Form und Konstruktionsweise hinterließ, geben die später gebauten Räder doch einen Anhaltspunkt für den möglichen Aufbau seines Perpetuum mobile.

Als Bessler sein Ziel endlich erreicht hatte und sein erstes Rad funktionsfähig war, überkam ihn eine große Ruhe. So geschah es, dass er seine weitere Arbeit unterbrach, als sich zwei reiche Kranke bei ihm meldeten. Von jetzt an betätigte er sich wieder als Heiler, um mit dem so verdienten Geld weitere Forschungen finanzieren zu können.

Eine seiner Patientinnen im Städtchen Annaberg war die Tochter des Bürgermeisters. Nach eigenen Angaben gelang es ihm mit Gottes Hilfe, sie schnell zu heilen, und kurz darauf (1711) nahm er sie zur Frau. Damals war er um die 30 Jahre alt. Er ließ sich mit seiner Frau in der Stadt Gera nieder und baute dort ein kleineres Perpetuum mobile (wieder ein Rad), das er später auch der Öffentlichkeit vorstellte. Aus dieser Maschine konnte er eine enorme Leistung herausholen. Sie bestand ausschließlich aus mechanischen Teilen und konnte pausenlos schwere Säcke und Steine hochheben. Die Bewegung verdankte sie Gewichten, die sich auf uns unbekannten, raffinierten Bahnen bewegten. Obwohl Bessler im Laufe seines Lebens mehrere Perpetua mobilia baute, gab er ihr Innenleben niemals preis.

Am 6. Juni 1712 sah eine Gruppe von Interessenten zum ersten Mal sein Rad von ca. einem Meter Durchmesser, das sich ohne Unterbrechung drehte. Anhalten konnte man es nur unter großem Kraftaufwand. Wenn man den Haltestift wieder aus dem Rad herauszog, fing es erneut an, sich zu drehen und die Gewichte zu heben. Alle wollten den Apparat sehen; jeden Sonntag stand eine lange Menschenschlange vor Besslers Haus.

Natürlich gab es auch viele Kritiker. Sie dachten, die Maschine würde sicher von einer aufgezogenen Feder oder von etwas anderem, etwas Geheimnisvollem, angetrieben. Andere wieder waren der Meinung, die Maschine sei nur ein Spielzeug, einen echten Sinn habe sie nicht. Wirklich anerkannt haben den Apparat nur wenige. Aus Wut darüber zerstörte Bessler sein Perpetuum mobile und verließ die Stadt. Er zog nach Draschwitz, wo er ein noch größeres Exemplar baute. Auch hier zeigte er seinen Apparat mit den sich hörbar bewegenden Gewichten im Inneren der Öffentlichkeit, und natürlich blieb auch hier das Konzept sein Geheimnis.

Inzwischen interessierten sich auch schon einige Adlige für sein Perpetuum mobile, und so hörte auch Andreas Gärtner davon, der selbst ausgebildeter Mechaniker war und später Besslers Erzfeind werden sollte. Auch er konstruierte geistreiche Maschinen und dachte, er wüsste alles über Mechanik. Außerdem hielt er sein Ansehen als Mechaniker des polnischen Königs für unantastbar. Er glaubte, die Natur sei so, wie er sie sah, und es existiere nur das, was er kannte. Für ihn war es inakzeptabel, dass ein junger Zimmermann – seinem Alter, seiner Herkunft und seiner Bildung nach ein Niemand – etwas erfand, was sogar für einen königlichen Mechaniker unmöglich war. Das alles weckte seinen Neid und seine Eifersucht gegenüber Bessler und dessen Erfindung. Deshalb begann er, Bessler und dessen Perpetuum mobile ins Lächerliche zu ziehen. Gärtner schrieb viele Briefe an Bessler, in denen er sich nach den Einzelheiten des Apparats erkundigte. Natürlich versuchte dieser, konkrete Antworten zu vermeiden, und gab weiterhin nur das an, was die vielen Augenzeugen sowieso schon bestätigt hatten: Sein Apparat funktioniere ununterbrochen und ohne äußere Energie und sei fähig, schwere Lasten zu heben.

Halten wir nun einen Moment lang inne, versetzen wir uns an den Ort und in die Zeit, in der Bessler lebte, und sehen wir uns die Bedingungen an, unter denen er arbeitete. Was wusste die Wissenschaft damals überhaupt, und wie war die politische Lage? Diese beiden Faktoren üben nämlich einen entscheidenden Einfluss auf das Schicksal jeder Erfindung aus.

Besslers Zeitalter

Bessler lebte in einem Deutschland, das aus vielen größeren und kleineren, voneinander unabhängigen Herzogtümern und Fürstentümern bestand. Zu dieser Zeit lagen die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges schon in der Vergangenheit. Deutschland begann, sich selbst zu finden, und Preußen entwickelte sich zu einem Machtfaktor in der deutschen Politik. Der preußische König Friedrich Wilhelm I., der von 1713 bis 1740 herrschte, begleitete die schöpferische Arbeit Besslers bis zum Ende, denn der junge Erfinder stellte sein Perpetuum mobile das erste Mal im Jahre 1712 vor. 5 Jahre nach dem Tode Friedrichs, im Jahre 1745, starb auch Bessler. Er lebte also auch noch einige Jahre in dem Preußen Friedrichs des Großen.

Friedrich Wilhelm I. war ein absolutistischer Herrscher, ein gläubiger Calvinist, aber ein verschworener Gegner des denkenden Menschen. Er betonte oft seine Ansicht, dass jeder studierte Mensch verrückt sei. Er hasste alles, was französisch war, und alles, was mit Luxus oder Vergnügen zu tun hatte. Mit seiner expansiven Außenpolitik war er in Europa nicht allein: Peter der Große in Russland, der Sonnenkönig in Frankreich und auch die spanischen Herrscher verfolgten eine ähnliche Politik. Für sie waren Krieg, Macht, der Aufbau einer Armee und die Vergrößerung ihres Herrschaftsgebiets das einzig Erstrebenswerte. Keiner der großen und mächtigen Herrscher verstand, wie wichtig eine Verbindung von Technik und Industrie gewesen wäre. Zu dieser Zeit wurden auch die preußische Bürokratie und die sogenannte »preußische Mentalität« geboren, die für Jahrhunderte die deutsche Denkweise beeinflussen sollten. Friedrichs Lieblingsspruch war: »Die Erlösung gehört Gott, alles andere ist meine Sache.« Die preußischen Angelegenheiten wurden von einer schlecht bezahlten, überarbeiteten, jedoch sehr angesehenen Armee von Bürokraten verwaltet, die wenig an einem technischen Fortschritt interessiert war.

Zeitgenossen von Friedrich Wilhelm I. berichteten darüber, wie er seinen Sohn erzog, den zukünftigen König Friedrich den Großen, den er für schwach, faul und feige hielt. So soll es oft vorgekommen sein, dass er ihm mit Absicht ins Essen spuckte, um ihm beizubringen, dass ein Soldat auch mit wenig Essen auskommt. Als Strafe dafür, dass sein Sohn versucht hatte zu fliehen, ließ er dessen besten Freund erschießen. Diese Erziehungsmethoden verraten viel über den Geist der Zeit, die wir heute das »Zeitalter der Aufklärung« nennen.

Der Staat, den Friedrich Wilhelm I. erschaffen hatte, diente eigentlich nur der Armee. Friedrich Wilhelm I. war der erste europäische Herrscher, der regelmäßig in einer Soldatenuniform auftrat. Die Beamten interessierte nur – wie auch heute oft – der Unterhalt der Armee. Friedrich II. setzte später die Arbeit seines Vaters fort: Er schuf ein noch stärker zentralisiertes, militarisiertes Preußen. Die preußische Mentalität war auch für die kleineren deutschen Staaten typisch geworden. Heute nennen wir diese Art von Regierung »aufgeklärten Absolutismus«, doch alle wichtigen Entscheidungen lagen weiterhin in der Hand des Herrschers. Er war für alles verantwortlich. Die Minister und Ratgeber stellten keine echte Herausforderung für die Machthaber dar. So hing der Erfolg einer Regierung entscheidend von den Fähigkeiten und der Leistung des Herrschers ab. Doch auch wenn dieser hart arbeitete, konnte er nur einen mäßigen Erfolg haben, da die Betätigung begabter Menschen unmöglich gemacht worden war.

Die damalige Zeit war von Dienstbereitschaft und Obrigkeitsdenken geprägt, natürlich nicht nur in der Politik und bei der Armeeführung, sondern auch in der Wissenschaft. Die gesellschaftliche Elite wurde durch die ranghohen Offiziere und nicht mehr durch die reichen Grundbesitzer gebildet – und schon gar nicht durch die relativ wohlhabenden Bankiers oder Handelsleute. Adlige Herkunft war zwar die Eintrittskarte zum Aufstieg, echte Anerkennung erhielt man aber nur, wenn man die Offizierslaufbahn einschlug. Eine Mittelschicht, aus der ein Erfinder oder Wissenschaftler hätte stammen können, existierte praktisch nicht.

Wenn Bessler seine Erfindung an die Öffentlichkeit gebracht und sie sich verbreitet hätte, dann hätte dies einen großen Fortschritt für die Welt bedeuten können. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Menschheit zu dieser Zeit, als sie zwischen »Krieg und langsame Entwicklung« und »Frieden und schnellem Wachstum« wählen musste, ihren größten Verlust erlitt.

Aber auch wenn Bessler in einem anderen Land geboren worden wäre, hätte er kein besseres Schicksal gehabt. In Russland hatte der Absolutismus seinen Höhe- und die Rückständigkeit ihren Tiefpunkt erreicht, in Polen herrschte feudalistische Anarchie, und die miteinander streitenden Adligen hatten nicht das geringste Interesse an Technik und Wissenschaft. Vielleicht hätte Bessler eine kleine Chance gehabt, wäre er in England geboren worden, aber auch das ist nur eine Hypothese. Es hätte schon ausgereifter Patentgesetze bedurft, damit seine Erfindung gefahrlos an die Öffentlichkeit hätte gelangen können; denn Erfinder genossen in jener Zeit einfach keinen wahren Schutz. Auch in England gab es damals nur Anfänge solcher Gesetze, in den zerstückelten deutschen Fürstentümern gab es diese nicht einmal ansatzweise.

So blieb Bessler nichts anderes übrig als ständige Geheimhaltung, die bei ihm schon fast paranoide Ausmaße annahm; wahrscheinlich deshalb, weil der Apparat selbst keine überaus komplizierte Konstruktion war. Wenn jemand gesehen hätte, auf welcher Bahn sich die Gewichte im Innern des Rades bewegten, hätte er den Apparat möglicherweise nachbauen können, und der eigentliche Erfinder hätte keinen Nutzen mehr von seinem Werk gehabt.

So viel zum historischen Hintergrund. Wir haben gesehen, unter was für Herrschern Bessler und andere Größen wie Bach, Händel und Vivaldi lebten.

Die Naturwissenschaften zu Besslers Zeit

Wie war der Wissensstand der Forscher und Wissenschaftler zu jener Zeit, als Bessler erstmals seinen Apparat vorstellte? Als Bessler sich auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft befand, hatte Newton schon lange sein Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica herausgegeben, die man zu Recht als den Beginn der Naturwissenschaft betrachtet, während Newton als ihr Bote gilt, da er als Erster die mathematische Analysis mit der Physik verknüpfte. Obwohl seine Arbeit größtenteils metaphysische Spekulation war, ist sie trotzdem die erste wirklich wissenschaftliche Arbeit, deren Wirkung bis heute spürbar ist. Newton beschrieb jedoch nur die Bewegung eines Massepunktes und somit nur einen Bruchteil aller möglichen Fälle. In den Principia, seinem Hauptwerk, fällt kein Wort über Punktsysteme, feste Körper oder die Wechselwirkung fester Körper. Diese Probleme erschienen erst viel später.

Ungefähr 100 Jahre danach kristallisierten sich gewisse Schwierigkeiten bei den Berechnungen heraus. Zwar waren die Drehbewegung, die Zentripetal- und Zentrifugalkraft auch Newton schon bekannt gewesen, und er hatte sie auch zum Teil in Formeln gefasst. Trotzdem war die damalige Wissenschaft aber noch weit davon entfernt, das Geheimnis von Besslers Apparat – selbst wenn er es der Öffentlichkeit preisgegeben hätte – verstehen zu können. Der Versuch, die Mechanik zu begreifen und die auftauchenden Probleme zu klären, fand in den Jahrzehnten nach den Principia erst einmal ein Ende.

Als Bessler seinen Apparat vorstellte, war Leonhard Euler gerade 5 Jahre alt. Er war der Einzige, mit dem sich der dahinsiechende Erfinder einige Jahre später, als Euler sich auf dem Höhepunkt seiner Kraft und seiner Schöpfungstätigkeit befand, hätte unterhalten können. Leider haben sich die beiden aber niemals getroffen. Euler gab erst 1752 seinen Artikel heraus, in dem er Newtons zweites Gesetz in seiner heutigen Form vorstellte, welches besagt: »Kraft ist gleich dem Produkt von Masse und Beschleunigung« (Newton hatte die Kraft mit der zeitlichen Veränderung des Impulses definiert).

Wie wir sehen, befassten sich die Forscher dieser Zeit ca. 70 Jahre lang kaum mit der Mechanik, da sie einfach zu schwer zu verstehen war. Wie könnte man dann erwarten, dass sie einen Apparat, der viel komplizierter war, als dass ihn die Wissenschaft der Zeit hätte erklären können, verstehen würden? Nur ein Schweizer Zeitgenosse, Johann Bernoulli, begann den vereinfachten Begriff der Energie und den Energieerhaltungssatz in Ansätzen zu verstehen.

Gottfried Wilhelm Leibniz war der einzige zeitgenössische Wissenschaftler, der sich den Bessler-Apparat ansah, mehrere Briefe an den Erfinder schrieb und ihn bei seiner Arbeit unterstützte. Daher werden wir uns später noch eingehender mit ihm beschäftigen. Leider hassten sich Newton und Leibniz wegen einer Prioritätsdiskussion, und so versuchte jeder der beiden, den anderen lächerlich zu machen, sobald der etwas Neues herausgefunden hatte.

Leibniz erahnte als Erster, dass der Impuls, der »Masse mal Geschwindigkeit« ist, etwas anderes sein könnte als Energie. Die Energie nennt er noch »lebendige Kraft«, die gleich »Masse mal Geschwindigkeit zum Quadrat« ist. Leibniz erkannte auch, dass es potenzielle Energie gibt, und er versuchte als Erster, die Impulserhaltung auch auf Zusammenstöße zu beziehen. Doch auch dieses Wissen hätte nicht dazu ausgereicht, Besslers Apparat zu verstehen.

Der Stand der Technik

Werfen wir zunächst einmal einen kurzen Blick auf die technischen Errungenschaften dieser Zeit. Viele Errungenschaften wie zum Beispiel die Eisenherstellung, der Hausbau, das Brustblattgeschirr für Pferde oder der Bau von Wasser- und Windmühlen erleichterten schon das tägliche Leben und machten es erträglicher. Diese Erfindungen waren selbstverständlich auf empirischem Weg entstanden; die zeitgenössische Wissenschaft hatte dazu keinen Beitrag geleistet. Auch die Drucktechnik entwickelte sich weiter, die Alchemie begann brauchbare Rezepte herauszugeben, man kannte schon die verschiedenen chemischen Elemente, und man war sogar zufällig auf das Geheimnis der Porzellanherstellung gestoßen. Der erste Heißluftballon wurde angefertigt, die Uhr, die Pumpe und das Mikroskop wurden perfektioniert und die ersten Tunnel gebohrt.

Die wichtigste technische Errungenschaft dieser Zeit war jedoch die Dampfmaschine. Nach Denis Papin (1647–1712), dem französischen Naturforscher, und nach der langen Forschungsarbeit des Engländers Thomas Savery war es schließlich Thomas Newcomen als Erstem gelungen, eine brauchbare Dampfmaschine herzustellen. Erst viel später sollte James Watt diese Erfindung noch perfektionieren. Seine Maschine war deutlich praktischer und konnte sogar zum Antreiben von beweglichen Vorrichtungen benutzt werden.

Wir können also sagen, dass sich zu der Zeit, als Bessler sein erstes Rad vorstellte, Technik und Wissenschaft auf einem für uns unvorstellbar primitiven Niveau befanden.

Doch kehren wir nun zu Bessler und seiner Beziehung zu Leibniz, dem größten deutschen Wissenschaftler dieser Zeit, zurück.

Bessler und Leibniz

Die Arbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz sind auch heute noch wissenschaftlich anerkannt und Leibniz selbst ist berühmt für seine unglaubliche Vielseitigkeit. So schuf er Neues auf dem Gebiet des Rechts, trat außergewöhnlich geschickt auf religiösen Versammlungen auf, erwies sich als guter Diplomat, war ein guter Historiker und Schriftsteller und hinterließ wichtige Arbeiten im Bereich der Logik. Zu Recht und ohne Übertreibung wird er als Universalgenie bezeichnet. Newton erforschte zwar ein bedeutendes Gebiet der Mathematik: die Analysis; die wichtigsten Schritte der Analysis, nämlich die Differenzial- und Integralrechnung, wurden jedoch von Leibniz erkannt und weiterentwickelt. Im Gegensatz zu Newton publizierte Leibniz in einem großen Umfeld, und mithilfe der schweizerischen Familie Bernoulli breitete sich die Analysis allmählich in Europa aus. Newton dagegen hielt seine Entdeckungen geheim und brachte auch seine Principia nicht an die Öffentlichkeit.

Außer der mit gleichbleibenden Mengen arbeitenden Analysis kam Leibniz auch in der diskreten Mathematik zu wichtigen Erkenntnissen, und lange Zeit trug die Kombinatorik nur seine Handschrift. Es ist einzigartig, dass jemand auf zwei so unterschiedlichen Gebieten der Mathematik Wichtiges und Bedeutendes erreicht. 150 Jahre lang konnte das wissenschaftliche Umfeld weder Leibniz’ Ergebnisse in der Kombinatorik noch in der mathematischen Logik verstehen und würdigen. Lange Zeit musste vergehen, bis seine universale und symbolische Argumentation bei den Mathematikern auf Verständnis stieß und sich zu verbreiten begann. Erst in den 1840er-Jahren konnte man einen Teil seiner Arbeiten verstehen. In ihrer wahren Tiefe gelang dies jedoch erst Anfang des 20. Jahrhunderts.

Leibniz verbrachte fast sein ganzes Leben im Dienst deutscher Fürsten, hauptsächlich für das Haus Braunschweig. So hielt er sich auch eine Zeit lang als Diplomat in England auf, wo er Newton kennenlernte. Zu Beginn gab es noch keine Differenzen zwischen ihnen. Diese wurden erst später künstlich durch weniger talentierte »Freunde« der beiden entfacht. Ihr Verhältnis wurde durch die Frage belastet, wer zuerst die Infinitesimalrechnung, das heißt die Differenzial- und Integralrechnung, erfunden habe.

Leibniz arbeitete als Bibliothekar und Historiker für Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Calenberg und vertrat dessen Angelegenheiten als Diplomat. Zudem trug er viel zur Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften bei; auch die Petersburger Akademie der Wissenschaften entstand nach seinen Plänen. Zu dieser Zeit ähnelten die Akademien eher Forschungsinstituten. An den Universitäten wurden keine bedeutenden Forschungen durchgeführt, sondern es fand ausschließlich dogmatischer Unterricht statt. Die Begegnung, die Unterstützung und der Zusammenhalt der einzelnen Forscher war aber dringend notwendig. So waren die ersten Akademien entstanden. Sie waren also die wahren Stätten der Forschung – mit mehr oder weniger großem Erfolg. Leibniz war Gründer der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Darüber hinaus waren er und Newton die ersten ausländischen Mitglieder der Französischen Akademie der Wissenschaften.

Als Leibniz Bessler traf, war er schon recht alt, Ende 60. Damals stand er nicht mehr in den Gnaden höfischer Kreise. Als man seinen Herrn auf den englischen Thron berief, hatte Leibniz damit gerechnet, ihm folgen zu dürfen. Stattdessen beauftragte man ihn aber damit, die Familiengeschichte des Fürstenhauses Braunschweig weiterzuschreiben. Er starb in ärmlichen Verhältnissen und allein. Im letzten Abschnitt seines Lebens versuchte er jedoch, im Fall Bessler weiterzuforschen und dessen Erfindung zu verstehen. Da auch Leibniz an der Entstehung der Begriffe des Impulses, der statischen und der dynamischen Energie beteiligt gewesen war, wäre Besslers Sache in den besten Händen gewesen. Leider verhinderte Leibniz’ Tod eine weitere Zusammenarbeit der beiden. Im folgenden Abschnitt wollen wir darlegen, wie Leibniz Bessler und dessen Apparat entdeckte und wie er versuchte, bei der Entwicklung des Perpetuum mobile behilflich zu sein.

Besslers Leben nach seiner Zeit in Draschwitz

Nachdem Bessler Draschwitz verlassen hatte, kam er in das Herrschaftsgebiet des Zeitzer Herzogs Moritz Wilhelm. Am 19. Januar 1714, etwa eineinhalb Jahre nach der ersten öffentlichen Vorstellung des Perpetuum mobile in Gera, schrieb der wissenschaftlich sehr interessierte Hofdiakon aus Zeitz, Gottfried Teuber, folgenden Brief 3› Hinweis an Leibniz:

Ich habe eine wichtige Nachricht für Sie. Ein Heiler namens Bessler hat angeblich ein Perpetuum mobile gebaut – im nahegelegenen Zeitz, wohin er kurz zuvor gezogen war. Er zeigte Herrn Buchta und mir den Apparat. Er besteht aus einem ca. 18 cm dicken, hohlen, hölzernen Rad mit einem Durchmesser von ca. 3,3 m. Der Erfinder hat es mit einem dünnen Holzbrett abgedeckt, damit man das Innenleben nicht sehen kann. Die Achse ist auch aus Holz. An jeder Seite des Rades ragen 33 cm heraus. In der Achse stecken je drei Stifte am Ende, die jeweils drei schwere Holzhämmer heben, ganz wie in einer Mühle. Diese Hämmer sind sehr schwer, und der Apparat hebt und senkt sie ständig. Die Metallenden der Achse laufen in offener Lagerung, und genau dies ist es, was beweist, dass äußere Energiequellen oder andere Schummeleien weder möglich noch nötig sind.

Nachdem wir den Erfinder getroffen hatten, um den Apparat zu begutachten, sahen wir, dass auf den äußeren Rand ein Tau aufgewickelt war. Sobald das Tau losgelassen wurde, fing der Apparat an, sich mit starkem Lärm und großer Kraft zu drehen, und behielt lange Zeit seine Geschwindigkeit bei. Nur mit sehr großem Kraftaufwand war es möglich, den Apparat anzuhalten und das Rad wieder mit dem Tau zu befestigen. Der Erfinder verlangt 100 000 Taler dafür, dass er das Geheimnis des Apparats lüftet oder ihn verkauft. Wie ist die Meinung Eurer Exzellenz zu diesem Apparat?

Abb. 6 Seiten- und Vorderansicht des Besslerrades. Das Pendel regelte die Umdrehungszahl. Der Erfinder benutzte es aber nicht bei allen Apparaten dieser Art. Auf dem Bild hebt das Rad vier schwere Baumstämme und lässt sie dann wieder fallen.

© Wikimedia Commons (grafisch nachbearbeitet), Triumphans Perpetuum Mobile Orffyreanum; Autor: Johann Ernst Elias Bessler; Datum: 1719; gemeinfrei.

Leibniz antwortete am 21. Februar 1714 Folgendes:

Ich glaube nicht, dass jemand ein Perpetuum mobile erfunden hat. Meiner Meinung nach widerspricht dies den Gesetzen der Natur. Ich glaube, dass das, was Sie gesehen haben, die Wirkung starker Pressluft war. Natürlich müsste diese dann bald ausgehen. Doch wenn sich das Rad an einem versiegelten, geschlossenen Ort oder in der Gegenwart eines Augenzeugen einen Tag lang ohne Energienachschub drehen und dann immer noch große Kraft ausüben würde – zum Beispiel durch das Anheben schwerer Baumstämme –, dann wäre das schon äußerst interessant. Aber vielleicht ist die Bewegung auch dann noch nicht rein mechanisch, sondern das Ergebnis eines anderen physikalischen Phänomens.

Das Gerücht über das Rad ließ Leibniz jedoch nicht zur Ruhe kommen, und so schrieb er einen Monat später erneut einen Brief an Teuber, in dem er nur noch von dem »Apparat« sprach:

Neulich schrieb ich an Sie und an Herrn Buchta, dass ich nicht an die Erfindung des Perpetuum mobile glaube. Es ist jedoch durchaus vorstellbar, dass der Apparat, falls er 24 Stunden lang funktioniert und immer noch die Kraft mehrerer Menschen oder Pferde aufbringt, sehr bedeutend ist, auch wenn man ihn nach 24 Stunden wieder aufladen muss. Wenn Sie einen solchen Apparat in Draschwitz gesehen haben, dann hat er einen riesigen Wert. Ich glaube, es wäre gut, wenn mehrere zuverlässige Personen sich diesen Apparat ansehen würden, die dann bestätigen könnten, dass sich das Rad wirklich 24 Stunden lang dreht.

Leibniz betonte also die Wichtigkeit entsprechender Messungen und wartete mit großem Interesse auf einen neuen Brief von Teuber und Buchta. Am 15. April 1714 antwortete Buchta:

Herr Bessler hat nichts dagegen, seinen Apparat für eine Untersuchung 4 Wochen lang laufen zu lassen. Er fragte auch, ob Sie vielleicht den Apparat im Namen eines Großherzogs kaufen möchten. Der Erfinder ist ein sehr interessanter Mensch, und es würde sich für Eure Exzellenz lohnen, ihn und uns zu besuchen. Es ist zu Fuß nur eine Stunde entfernt.

Auch Teubers Brief vom 26. April 1714 ist voller Begeisterung:

Ich habe den Erfinder des Perpetuum mobile besucht und die Bewegung des Apparats geprüft. Der Erfinder versicherte, dass sich das Rad nicht nur 24 Stunden, sondern sogar einen Monat lang drehen könne. Dieses Rad ist außerordentlich überraschend. Natürlich kann ich nicht sagen, nach welchen Gesetzen es sich bewegt, aber ich bin mir sicher, dass es nicht mit Pressluft funktioniert, da es viele Öffnungen an dem Apparat gibt. Je größer der Durchmesser des Rades ist, desto größer ist seine Leistung. Das Modell, das man sich jetzt auch in Draschwitz ansehen kann, hat einen Durchmesser von 3,3 Meter und kann ungefähr 90 Kilogramm heben.

Leibniz antwortete auf diesen Brief im Mai 1714 immer noch sehr vorsichtig:

Vielen Dank, dass Sie mir so detailliert über den Draschwitzer Apparat berichtet haben. Doch bedenken Sie Folgendes: Das Vorhandensein von Öffnungen bedeutet nicht automatisch, dass sich im Innern keine Pressluft befindet, da es nicht unbedingt erforderlich ist, dass die äußere Oberfläche auch der Behälter für die Luft ist. Es scheint, dass Pressluft allein aber nicht ausreicht. Es könnte auch eine andere Energiequelle geben, die den Apparat immer in den vorherigen Zustand versetzt. Ich würde keinem Großfürsten den Kauf vorschlagen, solange nicht ein Experte mit entsprechendem Fachwissen den Apparat untersucht hat. Wenn sich aber herausstellt, dass die Angaben des Erfinders richtig sind, dann glaube ich, kann dieser Apparat sehr wichtig sein und es würde sich lohnen, ihn zu kaufen.

Einige Wochen später äußerte Leibniz weitere Gedanken über das Rad:

Falls der Apparat Ihres Bessler irgendeine starke innere Energiequelle besitzt, die Stunden oder Tage anhält, glaube ich nicht, dass es etwas anderes als Pressluft sein kann. Ich bin mir sicher, dass die dünnen Holzplatten der Pressluft nicht standhalten könnten, was natürlich nicht heißt, dass sich nicht etwas anderes hinter den Platten verbirgt. Sicher ist, dass ein mechanisches Perpetuum mobile aus solch einer Quelle unmöglich ist. In diesem Falle kann die Energie nur von außen kommen. Wenn wir von Tieren, Wasser, Wind, äußeren Gewichten oder einem im Inneren arbeitenden Diener absehen – was die Chance auf ein langes Funktionieren ausschließen würde – kommt für mich nur noch Pressluft in Betracht. Solange aber niemand die Maschine gründlich untersucht hat, können wir uns in nichts sicher sein. Wenn der Erfinder seinem Versprechen Genüge tun kann, bin ich mir sicher, dass er das Geld bekommt, das er verlangt.

Teuber antwortete Leibniz am 30. Juli:

Ich weiß nicht, was ich von Besslers Apparat halten soll. Die Wirkung ist ganz eindeutig, doch die Ursache dafür ist ein Geheimnis. An dem Apparat ist sehr eigenartig, dass sich die Bauteile mit der Achse zusammen bewegen. Ich würde Eure Meinung, dass das Geheimnis nur Pressluft sein kann, teilen, doch es ist keine äußere Energiequelle sichtbar. Meiner Meinung nach reicht die im Inneren platzierbare Pressluft nicht aus, um das Rad zu bewegen. Obwohl Eure Meinung die einzig plausible Erklärung zu sein scheint, bleiben immer noch Zweifel bestehen.

Vor einiger Zeit kamen Menschen aus verschiedenen Gegenden, einige von ihnen waren sogar von hohem Rang. Auch Seine Exzellenz, der Prinz von Zeitz, sah sich den Apparat an, und er gefiel ihm sehr. Ich sprach mit vielen interessanten und gebildeten Menschen aus Preußen, Brandenburg und Sachsen. Allen gefiel der Apparat ungemein. Ich würde mich sehr freuen, wenn Eure Exzellenz ihn sich bald ansehen könnte.

Am 14. August erwiderte Leibniz in einem Brief an Teuber:

Ich möchte berechnen, welche Kraft Besslers Rad entfalten kann. Mit anderen Worten: Welches Gewicht kann der Apparat heben? Und was nicht weniger wichtig ist: Wie lange kann er das ohne Unterbrechung tun? Der Apparat muss gründlich untersucht werden, damit wir die Möglichkeit jeglichen Betrugs ausschließen können, einschließlich der äußeren Energiequelle. Der Graf von Zeitz schrieb mir, er möchte eine gründlichere Untersuchung einleiten. Es stimmt, dass Pressluft allein – ohne eine äußere Energiequelle – nicht ausreicht, um das Rad zu drehen. Da wir aber alle anderen äußeren Energiequellen ausgeschlossen haben, bleibt nur noch Pressluft. Wenn Gott will, verlasse ich Wien noch vor Einbruch des Winters und gehe nach Hannover. Ich werde versuchen, Sie auf meiner Reise zu besuchen. Dann können wir alles besprechen.

Leibniz sah sich Besslers Apparat tatsächlich an, als er von Wien nach Hannover reiste. Er hielt sich vom 9. bis 12. September 1714 in Zeitz auf. Sein Brief über diesen Besuch blieb uns dank dem Leibarzt Peters des Großen, Robert Erskine (Robert Karlowitsch Areskin), erhalten. Leibniz schrieb darin Folgendes:

Bessler wurde mein Freund und erlaubte mir, ein paar Versuche an seiner Erfindung durchzuführen. Während meiner Anwesenheit drehte sich das Rad 2 Stunden lang mit großer Kraft. Leider konnte ich nicht länger bleiben, da ich zusammen mit dem Großfürsten von Zeitz weiterreisen wollte. Ich riet dazu, eine gründliche, mehrwöchige Untersuchung einzuleiten, die in einem geschlossenen Raum stattfinden sollte und bei der alles im Interesse einer größtmöglichen Messgenauigkeit getan werden müsse, um so jede Möglichkeit eines Betrugs auszuschließen und sich von der Leistung des Apparats überzeugen zu können. Wenn diese Untersuchung erst einmal stattgefunden hat, werden einige Prinzen ihr Hab und Gut geben, um diese Erfindung zu kaufen, da bin ich mir sicher. Auch wenn das Rad kein Perpetuum mobile ist – was viele behaupten –, kann es trotzdem sehr nützlich sein, wenn es sich mehrere Wochen lang dreht. Der Prinz versicherte mir, er werde eine solche Untersuchung einleiten.

Nach diesem Besuch reiste Leibniz weiter nach Hannover. Hier stellte sich heraus, dass das Haus Braunschweig, deren Oberhaupt nun in England als König Georg I. Ludwig gekrönt werden sollte, ihn zu seiner größten Enttäuschung nicht mit nach England nehmen wollte. Er erhielt nicht einmal sein Gehalt, weil er sich ohne Georgs Erlaubnis in Wien aufgehalten hatte.

In Hannover hielt Leibniz folgende Gedanken über Besslers Apparat fest:

Dieses Rad ist etwas ganz Besonderes und darf nicht außer Acht gelassen werden, da es sehr nützlich sein kann. Ich bin überzeugt, dass man, wenn seine Nützlichkeit nach den Untersuchungen bewiesen ist, dem Erfinder eine große Geldsumme dafür bieten wird – besonders, wenn sich dabei herausstellen sollte, dass ein größerer Apparat dieser Art noch mehr Arbeit leisten kann, zum Beispiel Wasser aus einem Teich schöpfen. Der Kaufpreis könnte entweder in einer Summe oder in mehreren Teilen, auf jeden Fall jedoch innerhalb kürzester Zeit ausgezahlt werden. Damit sowohl der Erfinder als auch die Menschheit einen Vorteil von dem Ganzen haben, muss Folgendes beachtet werden:

Es muss eine sehr genaue Messung durchgeführt werden, um festzustellen, ob es möglich ist, einen größeren funktionierenden Apparat dieser Art zu bauen. Außerdem muss ausgeschlossen werden, dass jemand eine Anzeige wegen Betrugs erstattet.

Man muss sich über den Preis der Erfindung einigen.

Es wäre angebracht, dem Erfinder schon jetzt eine gewisse Summe für seine bisher geleistete Arbeit zukommen zu lassen. Danach bekäme er weitere Zahlungen, bis die ganze Summe für die Erfindung bezahlt ist.

Am 23. September 1714 schrieb Leibniz Folgendes an Teuber:

Es würde mich freuen, wenn Bessler nicht auf die finanzielle Unterstützung seiner Angehörigen und Freunde angewiesen wäre, da diese ihm keine große Hilfe sind. Vielleicht kann ich etwas bei dem Prinzen von Zeitz erreichen. Ich hoffe, er wird Bessler unterstützen, denn diese Erfindung verdient es.

Am 7. Oktober 1714 wandte sich Leibniz in einem Brief höchstpersönlich an Prinz Wilhelm Moritz:

Ich glaube, dass Besslers Erfindung sehr wichtig ist, und es wäre von großem Vorteil, wenn man sie so bald wie möglich in Betrieb nehmen könnte. Meiner Meinung nach würde der Apparat im Bergbau den größten Nutzen bringen. Der Erfinder lebt zurzeit unter Menschen, die nicht unbedingt sein Bestes wollen. Deshalb wäre es gut, ihm aus dieser Umgebung herauszuhelfen. Wie auch immer, sein Zuhause sollte er nicht verlassen müssen, denn es ist vorstellbar, dass er die Früchte seiner Erfindung in einer fremden Umgebung nicht genießen könnte. Wenn Eure Exzellenz dem Erfinder Eure Gütigkeit erweisen und ihn eine Zeit lang unterstützen könnte, wäre dies der Nutzung des Rades sehr förderlich. Ich werde dies auch dem Herrn Buchta und dem Herrn Teuber schreiben, denn sie können Euch in dieser Frage die größte Hilfe sein.

Leibniz hatte keinen Erfolg. Wegen innerer Streitigkeiten musste sich Bessler mit seiner Familie wieder einmal ein neues Zuhause suchen. Er verließ Draschwitz Ende November, nachdem er – wie immer – sein Perpetuum mobile vernichtet hatte. Dies war für ihn eine Art Sicherheitsvorkehrung, womit er verhinderte, dass jemand während des Transports das Geheimnis des Apparats entschlüsseln könnte. (Als er starb, fand man seinen letzten Apparat in Stücken auf dem Boden. Niemand konnte ihn wieder zusammenbauen.)

Den kommenden Winter verbrachte er in einem kleinen Dorf. Im Frühling reiste er in das 29 Kilometer von Leipzig entfernte Merseburg weiter. Er hatte viel über die Beschuldigungen im Zusammenhang mit seinem Apparat nachgedacht und daraufhin ein Rad entwickelt, das sich in beide Richtungen drehen konnte. So konnte keiner mehr behaupten, die geheimnisvolle Energiequelle sei eine aufgezogene Feder. Natürlich weiß man auch von diesem Rad nicht, wie sein Innenleben aussah. Besslers Biograf fand Spuren von insgesamt sieben Perpetua mobilia, aber nichts über ihr Innenleben. Demnach war es Bessler gelungen, dieselbe Grundidee auf unterschiedliche Weise zu verwirklichen. Er baute immer größere Apparate. Das letzte dokumentierte Rad (dies sollte er später in Kassel bauen) hatte einen Durchmesser von 3 bis 4 Metern.

Die erste Untersuchung

Währenddessen hatte sich die Nachricht über den Apparat weiter verbreitet. Im Januar 1715 erschien in der Fachzeitschrift Acta Eruditorum eine kurze wissenschaftliche Abhandlung, in der Leibniz’ Freund und Schüler, Prof. Christian Wolff, schrieb: »Bessler, der eigentlich von der Heilung lebt, aber auch in der Chemie und der Mechanik erfolgreich ist, hat ein Perpetuum mobile erfunden.« Aber natürlich ruhten auch Besslers Skeptiker nicht. Der Mechaniker Gärtner und dessen Freunde verbreiteten in Dresden das Gerücht über einen Betrug Besslers.

In der Zwischenzeit hatte Bessler sich am Kopf verletzt und wurde ernsthaft krank. Er hütete auch dann noch das Bett, als seine Widersacher Gärtner, Borlach und Wagner frühmorgens zu ihm kamen, um sein Rad zu untersuchen. Offensichtlich waren sie extra zu so früher Stunde gekommen, damit Bessler selbst der »Untersuchung« nicht beiwohnen konnte.

Abb. 7 Spottbild von Borlach. Er war überzeugt, jemand treibe das Rad durch das hohle Gestell von außen an. Der Beweis für einen Betrug konnte jedoch weder so noch anderweitig erbracht werden. Es wurde zugleich unterstellt, dass alle Augenzeugen die Unwahrheit gesagt hatten.

© Archiv des Autors

Wahrscheinlich zeigte einer von Besslers jüngeren Brüdern ihnen den Apparat. Schon nach einigen Minuten war die Untersuchung dann auch beendet, und die Besucher verließen das Haus. Wenn sie wirklich eine gründliche Untersuchung durchgeführt hätten, zu der Leibniz schon lange gedrängt hatte, hätten sie sehr viel länger bleiben müssen. Sie hatten nur den Eindruck erwecken wollen, sie hätten den Apparat untersucht, um ihn dann als Betrug entlarven zu können. Eigentlich wäre dafür aber gar keine Untersuchung nötig gewesen, da sie schon von vornherein »gewusst« hatten, dass dieser Apparat nicht funktionieren kann. Auf dem nebenstehenden Bild ist zu sehen, auf welche Art Bessler betrogen haben soll: Man glaubte, das Rad werde von einem äußeren versteckten Mechanismus angetrieben, der durch die Haltesäulen des Rades funktioniert. Diese Meinung verbreiteten seine Gegner sogar in einem Pamphlet, das sie in großer Auflagenzahl drucken ließen. Teuber schrieb Leibniz am 22. Juli 1715 folgenden Brief über den Besuch:

Herr Gärtner aus Dresden behauptet, er habe herausgefunden, wie Bessler den Betrug durchführt. Aber wie hat er das herausgefunden? Hat er den Apparat geöffnet? Ich weiß nicht, ich will es einfach nicht glauben.

Leibniz antwortete schon 2 Wochen später auf Teubers Brief:

Wenn Herr Gärtner wirklich den Betrug aufgedeckt hat, dann muss er den Apparat ja nachbauen können. Was mich betrifft: Ich glaube nicht, dass die Bewegung ausschließlich mechanischer Herkunft ist, sondern dass sie auf ein anderes physikalisches Phänomen zurückgeführt werden kann. Was das genau ist, weiß ich allerdings selbst nicht. Auf jeden Fall ist der Apparat nützlich, da er über einen langen Zeitraum große Energie produziert. Wenn er also leistet, was der Erfinder verspricht, würde ich dies nicht als Betrug bezeichnen. Leider bin ich mir über die folgenden Dinge aber immer noch nicht im Klaren:

Welches Gewicht kann das Rad mit einer Umdrehung heben?

Wie hoch kann es das Gewicht mit einer Umdrehung heben?

Wie viele Umdrehungen schafft es in einer Stunde?

Nur wenn wir diese Daten haben, sind wir in der Lage, die Leistung des Apparats zu berechnen.

Es ist verständlich, dass Leibniz gern so viele Angaben wie möglich über den Apparat gehabt hätte. Wahrscheinlich blieb er aber mit seinem Eifer allein.

Auch Buchta berichtete Leibniz am 27. August 1715 von den Feindseligkeiten Gärtners:

Ich weiß nicht, ob Eure Exzellenz ein Exemplar der »Gärtneranie« erhalten hat, und ich weiß auch nicht, was Herr Gärtner jetzt vorhat. Der beigelegte Briefausschnitt berichtet einiges über Besslers Apparat. Ich bin sicher, dass der Ruf von Herrn Gärtner dadurch in naher Zukunft großen Schaden erleiden wird.

Eine Folge hatte der Streit zwischen Gärtner und Borlach jedenfalls: Bessler musste so schnell wie möglich beweisen, dass sein Apparat doch funktioniert, bevor die Schmähschriften ihn endgültig unglaubwürdig machten. Also bat er den Herzog von Zeitz, eine offizielle Untersuchung zu unterstützen. Diese fand auch statt und ist als das erste amtliche Ergebnis in dieser Angelegenheit zu betrachten.

Diese Untersuchung hätte ein Wendepunkt für die Menschheit sein können, da sie der erste verlässliche Beweis dafür war, dass der Apparat wirklich funktioniert. Eine Leipziger Zeitung kündigte das große Ereignis am 19. Oktober 1715 an:

Herr Bessler, der Erfinder des Perpetuum mobile, wohnhaft in Merseburg, möchte uns an ein Versprechen erinnern, das er einer Leipziger Zeitung in einer früheren Ausgabe gegeben hatte. Damals hatte er versprochen zu zeigen, dass sein Apparat auch auf einem anderen Gestell laufen würde. Er hält es für sehr wichtig, dieses Versprechen einzuhalten, da in letzter Zeit spöttische und verletzende Gegenmeinungen in der Presse geäußert worden waren. Auch einige andere Personen haben angeblich ein »Perpetuum mobile« gebaut (offensichtlich ein Hinweis auf Gärtner), das oberflächlich gesehen seiner Maschine ähnelt. Es kann jedoch nicht bestritten werden, dass es sich hier um Fälschungen handelt.

Herr Bessler ist erst vor Kurzem von einer Krankheit genesen und möchte den Bau seines neuen Perpetuum mobile so schnell wie möglich beenden. Dann wird er seine Erfindung mit Gottes Hilfe in der Gegenwart verschiedener Fachleute vorführen. Die Vorstellung und die Prüfung werden am 31. dieses Monats in Anwesenheit zahlreicher bekannter Mathematiker und Mechaniker stattfinden. Der Erfinder erwartet, dass das Prüfungskomitee unvoreingenommen sein wird. Den Personen, die ihre Zweifel in der Presse veröffentlicht haben, wird er nicht antworten.

Die entscheidende Untersuchung fand wirklich an dem besagten Tag statt. Moritz Wilhelm, Herzog von Zeitz, hatte die Anwesenden persönlich ausgewählt. Zwei von ihnen beauftragte er mit der Abwicklung der Untersuchung, die anderen Anwesenden verfügten jeweils über besondere wissenschaftliche Kenntnisse auf unterschiedlichen Gebieten. Einige waren für ihr technisches Wissen bekannt, andere für ihre Integrität. Die Leiter der Prüfungskommission waren Julius Bernhard von Rohr und Caspar Johann Bretnuetz. Rohr war damals 27 Jahre alt und konnte Abschlüsse in Recht, Mathematik, Physik, Chemie und Wirtschaft vorweisen. Er hatte an der Universität Halle studiert, zeitweise auch in Holland, war dann aber wieder nach Halle zurückgekehrt. Auch der Bezirksmagistrat Johann Andreas Weise war gebeten worden, an der Untersuchung teilzunehmen. Er sollte die Ergebnisse protokollieren. Seinem Protokoll, dem Bericht des Vorsitzenden der Prüfungskommission, den er im Namen des Prinzen anfertigte, und dem Bericht Rohrs verdanken wir viele Details über den Ablauf der Untersuchung.

Das Ziel der ersten Untersuchung war zu beweisen, dass das Rad sich auf einem anderen Gestell mit einer anderen Achse ebenso drehen würde. So konnte ausgeschlossen werden, dass das Rad durch irgendeinen versteckten Mechanismus von außen angetrieben wird. Im Protokoll kann man hierzu Folgendes lesen:

Der Erfinder stieß das Rad mit einem Durchmesser von ca. 3 Metern und einer Breite von ca. 30 Zentimetern sanft an. Es ruhte auf demselben Holzgestell, auf dem es erbaut worden war. Nachdem das Rad angefangen hatte, sich zu drehen, hielt der Erfinder es wieder an. Dann ließ er das Rad sich mal nach links, mal nach rechts drehen, sooft es das Prüfungskomitee verlangte. Das Rad setzte sich schon auf den leisesten Anstoß hin in Bewegung; die Kraft von zwei Fingern reichte aus, um es zu beschleunigen und ein Gewicht in seinem Inneren zum Fallen zu bewegen. Nach der ersten Umdrehung drehte sich das Rad schon schnell und gleichmäßig, auch wenn man es belastete. Die Last war ein Kasten, in dem sich ca. 35 Kilogramm Ziegelsteine befanden. Der Apparat hob das Gewicht mithilfe eines Seils durch ein Fenster. Das Seil reichte bis zum Dach. Zwischen dem Dach und dem Fenster waren mehrere Meter Abstand. Der Apparat hob das Gewicht hoch, sooft es die Prüfungskommission verlangte.

Später nahm der Erfinder das Perpetuum mobile vor der gesamten Prüfungskommission von seinem ursprünglichen Gestell herunter. Wir untersuchten es sehr gründlich von oben bis unten, besonders dort, wo man auch nur den kleinsten Kratzer erblicken konnte. Ebenso gründlich untersuchten wir die aus den Holzachsen herausragenden Eisenachsen und die Lagerungen, doch auch hier fanden wir nichts Verdächtiges.

Um einen weiteren Beweis für eine innere Kraft zu bekommen, befestigten wir das Rad danach auf einem anderen Gestell, auf dem man sowohl beide Lager als auch das Rad von allen Seiten gut sehen konnte. Wir baten alle Anwesenden, sich die Achsen noch einmal genau anzusehen, doch niemand fand ein Loch oder Ähnliches. Man konnte den Apparat also von einem Ort zum anderen bringen. Außerdem konnte sich das Rad in beide Richtungen drehen, sooft es die Prüfungskommission wünschte. Nach jedem Eingriff drehte es sich wieder schnell, kraftvoll und gleichmäßig. Die Bewegung des Rades wurde von einem lauten Geräusch aus dem Inneren begleitet, das so lange anhielt, wie sich das Rad drehte. Wir konnten nichts Verdächtiges entdecken.

Abb. 8 Bessler vor der Prüfungskommission (Zeichnung von Hajnal Eszes)

© Hajnal Eszes

Es ist uns außerdem wichtig zu betonen, dass wir vor der Untersuchung alle benachbarten Räume überprüft hatten, also alle, die sich neben, unter und über dem Apparat befanden. Wir hatten auch festgestellt, dass kein Teil des Gestells hohl war, und wir hatten keine Spur von irgendwelchen Mechanismen oder Seilen, mit deren Hilfe das Rad von außen hätte bewegt werden können, gefunden.

Alles, was hier niedergeschrieben wurde, entspricht der Wahrheit. Wir versehen dieses Dokument ohne jeglichen Vorbehalt mit unseren Zeichen. Dieses Protokoll wurde auf die respektvolle und gehorsame Bitte des Erfinders ausgestellt. Unterzeichnet in Merseburg am 31. Oktober 1715.

Abb. 9 Seitenansichten des Besslerrades. Das Wichtigste jedoch, sein Innenleben, blieb ein Geheimnis.

© Archiv des Autors

Nur zwölf Zeugen unterzeichneten dieses Protokoll, aber man weiß, dass sehr viel mehr Personen anwesend waren. Drei Mitglieder des Prüfungskomitees gehörten zum Hof des sächsischen Kurfürsten August des Starken, es waren aber auch Gesandte des polnischen Königs dabei gewesen. Ein Mitglied der Prüfungskommission, Prof. Christian Wolff, befand sich in Anstellung bei August dem Starken. Zur Zeit der Untersuchung war der Professor 36 Jahre alt und hatte an den Universitäten von Breslau, Jena und Leipzig studiert. Er war ein Schüler von Leibniz gewesen, der ihn der Universität Halle als Professor für Mathematik empfohlen hatte. Wie Leibniz, so war auch Wolff Mitglied der Royal Society in London (der englischen Akademie). Später wurde er wissenschaftlicher Berater von Zar Peter dem Großen und unterstützte die Gründung der Akademie der Wissenschaften von Sankt Petersburg. Auch war er Rektor der Universität Halle. Zwischenzeitlich wurde er jedoch wegen des Besslerrades für einige Zeit an die Universität Marburg verbannt.

Das Buch von John Collins zählt alle Persönlichkeiten, die bei der Untersuchung anwesend gewesen waren, und ihre Fachgebiete detailliert auf. Wir wollen uns jedoch damit zufriedengeben, dass die einzig mögliche äußere Energiequelle, also der Antrieb über die Lager, laut Prüfungskommission auszuschließen ist. Besslers Rad konnte sich also fortwährend drehen und dabei außerdem noch viel Energie abgeben. Es konnte sogar auf ein anderes Gestell gesetzt werden, was ebenfalls einen Antrieb über die Lager ausschließt. Es weist also tatsächlich alles darauf hin, dass Besslers Apparat wirklich ohne äußere Energiequelle fortwährend Energie abgeben konnte.

Sehen wir uns nun die Aufzeichnungen eines anderen Kommissionsmitglieds an, nämlich Johann Weise:

Der Erfinder führte uns zuerst im Haus umher und bewies so, dass sein Perpetuum mobile von keiner äußeren Energiequelle angetrieben wurde – was einige zuvor zu Unrecht behauptet hatten. Der kreisförmige Apparat hat einen Durchmesser von ca. 3 Metern und ist ca. 30 Zentimeter breit. Der Erfinder setzte das Rad mit einem minimalen Kraftaufwand in Gang. Sobald das erste innere Gewicht zu fallen begann, drehte sich das Rad und schaffte ca. 40 Umdrehungen pro Minute. Man konnte es nur sehr schwer und mit viel Kraft wieder anhalten. Buchta und Wolff, ebenfalls Mitglieder der Prüfungskommission, sprachen nach der Demonstration mit Bessler, um eventuelle Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Leibniz zu klären.

Buchta schrieb am 3. November 1715 Folgendes an Leibniz:

Bessler sprach sehr positiv von Eurer Exzellenz. Er bedauerte, das Angebot nicht angenommen zu haben, das Eure Exzellenz ihm in meiner Gegenwart vorgelegt hatte. Er verriet mir im Vertrauen, dass einige böswillige Menschen ihn dazu überredet hätten, es abzulehnen. Er bat darum, Eure Exzellenz möge so schnell wie möglich kommen, um den Apparat genau zu untersuchen, wenn Eure Exzellenz schwört, ihn nicht nachzubauen, und bereit ist, 3000 Taler zu bezahlen. Wenn es jedoch gelänge, den Apparat zu verkaufen, bekäme Eure Exzellenz sofort 9000 Taler.

Vergangenen Donnerstag war ich mit Prof. Wolff, Herrn Hoffmann und Herrn Mencke aus Leipzig, die Eure Exzellenz ebenfalls beauftragt hatten, an der Untersuchung teilzunehmen, in Merseburg. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Erfinder den Apparat von dem Gestell nahm und ihn ca. 2 Meter weiter auf ein anderes setzte. Ich sah es aus nächster Nähe, deshalb kann ich behaupten, dass Gärtners Vorwürfe gegen Bessler unerhört sind.

Leibniz nahm dieses Angebot jedoch nicht an, wahrscheinlich, weil er keine 3000 Taler auftreiben konnte. Er schrieb:

Ich freue mich sehr, dass Bessler so vorteilhaft über mich gesprochen und mich nicht missverstanden hat, denn er hat sich angeblich darüber beklagt, dass ich sein Geheimnis entschlüsseln wolle. Ich denke in erster Linie an die Nutzung seines Rades, aber ohne das Geheimnis zu kennen, kann ich nicht darüber entscheiden. Sobald der Erfinder wieder ganz in Ordnung ist, muss man ihm eine wertvolle Auszeichnung zukommen lassen, damit er noch zu Lebzeiten seinen Ruhm genießen kann.

Leibniz bat auch Prof. Wolff, seine Eindrücke von der Untersuchung niederzuschreiben. Dieser entsprach der Bitte und schrieb am 19. Dezember 1715 (dieser Brief wurde bei der Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Wolff und Leibniz nie abgedruckt, wohl seines Inhalts wegen):

Auch ich nahm an der Vorstellung von Besslers ungewöhnlichem Rad teil. Der Mechaniker Gärtner, der für seine mechanischen Erfindungen bekannt ist, hatte unter dem Publikum einen Kupferdruck verteilt, auf dem er Besslers Namen in den Schmutz zieht. Er behauptet nämlich, der Apparat würde mithilfe eines Seils aus einem benachbarten Zimmer angetrieben. Wir haben jedoch bewiesen, dass Besslers Apparat in Wahrheit sehr weit von jeglichem Betrug entfernt ist.

Die Untersuchung fand in Anwesenheit von Vertretern des Prinzen und anderen Gästen statt. Als das Rad zur Inbetriebnahme bereit war, öffneten wir alle benachbarten Räume und legten den Blick auf die Lager frei. Man konnte allerdings nur die obere Hälfte sehen, die untere hatte der Erfinder verhüllt, damit niemand ihr Innenleben zu Gesicht bekäme. Er verriet uns, dass der Apparat mit Gewichten angetrieben würde. Danach gab er uns einige in Tücher gewickelte Gewichte, damit wir ihr Gewicht schätzen könnten. Wir schätzten jedes davon auf ca. 2 Kilogramm. Sie waren eindeutig zylinderförmig. Nicht nur deswegen, sondern auch aufgrund anderer Hinweise denke ich, dass der Erfinder die Gewichte an irgendwelchen beweglichen oder elastischen Armen am äußeren Rand des Rades befestigt hatte.

Beim Drehen des Rades war gut zu hören, dass die Gewichte an Holzplatten schlagen. Durch einen Spalt bekam ich diese Platten zu Gesicht: Sie waren leicht gewölbt. Als er den Apparat auf ein anderes Gestell setzte und die Gewichte wieder an ihrem ursprünglichen Platz anbrachte, bemerkte ich, wie er eine Eisenfeder hinunterdrückte, die beim Hinausrücken einen lauten Ton von sich gab. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Rad von einer inneren Energiequelle angetrieben wird. Es ist aber nicht sicher, dass diese Energie für immer erhalten bleibt. Außerdem ist der Apparat nicht viel wert, wenn er nicht weiterentwickelt werden kann. Zurzeit kann er mit einem Vierfach-Flaschenzug ca. 30 Kilogramm anheben, was das Heben allerdings sehr verlangsamt. Der Durchmesser des Rades beträgt ca. 4 Meter. Das Eisenlager ist sehr dünn, sein Durchmesser beträgt ca. 6 Millimeter, und nur ein Sechstel seiner Gesamtlänge produziert Reibungswiderstand.

Leibniz war über diese genauen Informationen sehr erfreut und antwortete Wolff am 23. Dezember 1715: