Verhandeln und Überzeugen - Marco Behrmann - E-Book

Verhandeln und Überzeugen E-Book

Marco Behrmann

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Beschreibung

Erfolgreiches Verhandeln bedarf einer genauen Analyse der jeweiligen Situation, einer klugen Selbststeuerung und einer differenzierten Wahrnehmung des Miteinanders. Ein kooperativer Stil und eine faire Grundhaltung liefern die Basis für wirksame Überzeugungsprozesse. Dieser Band ermöglicht einen übersichtlichen und fundierten Einstieg in die Praxis des zielorientierten Verhandelns und des kooperativen Überzeugens und liefert zahlreiche Ansatzpunkte für ein gewinnendes Auftreten in Verhandlungs- und Überzeugungssituationen. Dieses Buch hilft dem Leser, die für Verhandlungs- und Überzeugungsgespräche relevanten Theorien und Befunde für die persönliche Anwendung ebenso wie für die Personalarbeit nutzbar zu machen. Es werden Modelle zur Beschreibung und Analyse von Verhandlungen erläutert und Möglichkeiten zur Analyse von Kontext, Prozessen, Kompetenzen und individueller Wirkung von Verhalten dargestellt. Zudem werden Anregungen für ein Management von Verhandlungskompetenzen in der Personaldiagnostik und -entwicklung gegeben. Fallbeispiele aus dem praktischen Alltag verdeutlichen, wie die Überzeugungskraft und Verhandlungsstärke von Einzelpersonen oder Teams durch verschiedene Maßnahmen systematisch erhöht werden können.

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Praxis der Personalpsychologie

Human Resource Management kompakt

Band 28

Verhandeln und Überzeugen

von Dr. Marco Behrmann

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Heinz Schuler, Dr. Rüdiger Hossiep,

Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Werner Sarges

Verhandeln und Überzeugen

von

Marco Behrmann

Dr. Marco Behrmann, geb. 1977. 1998–2010 Studium der Psychologie in Mannheim, Hohen-heim und Portland, USA. 2010 Promotion an der Universität Hohenheim zum Thema Verhandlungskompetenz. 2004–2008 Projektleiter im Bereich Personaldiagnostik bei S & F Personalpsychologie Managementberatung GmbH, Stuttgart. Seit 2008 Berater, Trainer und Coach für Unternehmen, Führungskräfte und Verkäufer bei der Tübinger CEVEYCONSULTING GmbH und Core Faculty Member der ZfU International Business School, Zürich. Aktuelle Beratungsschwerpunkte als Senior Consultant in den Themen Verhandeln, Führen, Verkaufen, Kundenorientierung, Teamentwicklung und interkulturelle Kommunikation und Zusammenarbeit. Beratung von Firmen und Einzelpersonen im deutsch englischsprachigen Raum zu Prozessen und Inhalten wie Leistungsorientierung und Performance Management, Leadership Appraisal und Management Audit, Assessment Center und Eignungsdiagnostik, Personalauswahl, Personalentwicklung und Einzelcoaching.

Für meine Eltern Gerda und Rudi

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Format: EPUB

ISBN 978-3-8444-2477-5

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audiodateien.

Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhaltsverzeichnis

1 Verhandeln und Überzeugen – Begriffe und Bedeutung

1.1 Einordnung des Themas

1.2 Definitionen

1.2.1 Verhandeln

1.2.2 Überzeugen

1.3 Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

1.3.1 Streiten, Austragen eines Konflikts

1.3.2 Mediation, Schlichtung

1.3.3 Beeinflussen, manipulieren

1.3.4 Überreden

1.3.5 Feilschen

1.4 Betrieblicher Nutzen wirksamen Überzeugens und Verhandelns

2 Modelle zum Verhandeln und Überzeugen

2.1 Mathematisch-betriebswirtschaftlicher Ansatz: Analytisches Modell

2.2 Sozialpsychologisch-behavioraler Ansatz: Verhaltens-modell

2.3 Kommunikationstheoretischer Ansatz: Diskursmodell

2.4 Allgemeinpsychologischer Ansatz: Motivationsmodell

2.5 Persönlichkeitstheoretischer Ansatz: Dispositionsmodell

2.6 Kognitiver Ansatz: Modelle der Informationsverarbeitung

3 Analyse und Controlling

3.1 Kontext

3.2 Verhandlungsprozess

3.2.1 Vorbereitung

3.2.2 Durchführung

3.2.3 Nachbereitung

3.3 Verhandlungskompetenz

3.4 Gedanken und Eindrücke des anderen beim Überzeugen

3.4.1 Emotionale und neuropsychologische Wirkmechanismen

3.4.2 Kommunikationspsychologische Wirkung von Gesprächsinhalten

3.4.3 Sozialpsychologische Wirkmechanismen der Begrenzung von Rationalität

4 Vorgehen für erfolgreiches Verhandlungsmanagement

4.1 Identifikation kompetenter Verhandelnder

4.1.1 Methoden

4.1.2 Effektivität und Prognose

4.2 Förderung durch Training und Coaching

4.2.1 Strategisches Verhandlungsmanagement und Ausrichtung an der Realität

4.2.2 Kompetenzmanagement, Verhandlungstraining und Überzeugungstechniken

4.2.3 Kulturmanagement: Einstellungen und Grundhaltungen in Verhandlungen

4.2.4 Potenzialmanagement und Persönlichkeitsentwicklung

4.2.5 Wirksamkeit und Nutzen

5 Fallbeispiele aus der Unternehmens und Beratungspraxis

5.1 Verhandeln und Überzeugen in Führung und Projekten

5.2 Verhandeln und Überzeugen im Vertriebs und Verkaufskontext

5.3 Verhandeln und Überzeugen als „Verkäufer“ einer Idee

6 Literaturempfehlungen

7 Literatur

Karten:

Die wirkungsvolle Einwandbehandlung und Formulierungsbeispiele

Checklisten zur Verhandlungsdurchführung, Verhandlungsvorbereitung und Verhandlungsnachbereitung

[1]1 Verhandeln und Überzeugen – Begriffe und Bedeutung 1

1.1 Einordnung des Themas

Verhandeln ist überall

Verhandeln und dabei überzeugend aufzutreten, ist eines der herausfordernden Themen im zwischenmenschlichen Miteinander. Verhandlungen stellen im Alltag ebenso wie im Berufsleben nicht wegzudenkende Elemente im Zusammentreffen von Menschen dar. Immer geht es darum, ein persönliches oder gemeinsames Ziel zu erreichen, Kooperation zu erzielen oder einen Konflikt zu lindern (Spieß, 2004) und dabei überzeugend aufzutreten oder sich bzw. seine Partei zu positionieren. Dabei verhandeln oder überzeugen wir oftmals beiläufig, manchmal aber auch sehr systematisch und bewusst. Dazu bedienen wir uns dann den Mitteln der Kommunikation (vgl. Lewicki, Saunders & Barry, 2006).

Verhandeln ist vielschichtig

Klassische Zielkonflikte

Man kann sich Verhandlungssituationen im beruflichen Bereich leicht vorstellen. Beispielsweise verhandelt eine Führungskraft, um beim Delegieren eines Verantwortungsbereichs zu erreichen, dass der Mitarbeiter mit vollem Eifer ein Thema eigenverantwortlich und motiviert übernimmt. Oder ein Verkäufer will im Kontext der Neukundenakquise eines potenziellen Großkunden überzeugender als der Wettbewerber auftreten. Eine andere Verhandlung kann Spielräume zwischen Zusagen und Verpflichtungen in einem Kooperationsvertrag zwischen zwei mittelständischen Unternehmen betreffen. Für einen Projektleiter wiederum stellt beispielsweise die Präsentation eines Projekts bei wichtigen Interessengruppen eine heikle Projektphase dar, in der er bei kritischen Fragen der Teilnehmer überzeugend auftreten möchte. Aber auch die Reklamation eines Produktdefekts oder der Unzufriedenheit mit einer Leistung bei einem Servicemitarbeiter sind Situationen, in denen überzeugendes und vor allem kooperationsorientiertes Auftreten wichtig sind, um den Ruf des Produkts, des Herstellers, des Dienstleisters, der Verkaufsorganisation oder schlicht die Kundenbindung zu sichern. In Zusammenarbeit mit anderen ergeben sich im Austausch unterschiedlicher Meinungen schnell Missverständnisse. Auch das sind relevante Verhandlungssituationen, bei denen es darum geht, ein gemeinsames Verständnis des gemeinten Themas zu erlangen. Und schließlich treten innerhalb von Unternehmen häufig verhandlungsrelevante Zielkonflikte [2]zwischen Abteilungen oder Projekten auf – als typische Themen seien nur der Gegensatz Produktionskosten versus Qualitätsorientierung, Uneinigkeiten zwischen Marketing und Vertrieb oder Konflikte zwischen Personaleinsatz und Betriebsrat genannt. Auch innerhalb von Teams und im Konfliktmanagement ergeben sich immer wieder Konstellationen, in denen es gilt, Kenntnisse über Situation und Gegenüber für überzeugendes Auftreten und gewinnende Kommunikation einzusetzen.

Verhandeln ist komplex

Einschränkung durch Rahmenbedingungen

Prozessvorgaben

Die Schwierigkeit bei einer systematischen Betrachtung des Phänomens Verhandeln und Überzeugen liegt gerade in der Komplexität der Thematik. Nicht selten bestimmen Rahmenbedingungen wie Vorgaben oder Ziele, die außerhalb der Person liegen, die Freiheitsgrade in eigenen Verhandlungen. Beispielsweise kann das Budget eines betrieblichen Einkäufers beschränkt sein, wenn er mit einem Lieferanten langfristige Lieferverträge zum gegenseitigen Nutzen vereinbart. In einem anderen Fall ist ein motivierter Personalverantwortlicher zur Loyalität und Unternehmensorientierung aufgefordert, wenn er einen Arbeitsvertrag mit einem neuen Mitarbeiter vereinbart, den er im gemeinsamen Sinne lang ans Unternehmen binden möchte. Neben Einschränkungen durch Rahmenbedingungen gibt es in anderen Situationen auch hoch strukturierte und systematisierte Verhandlungen wie beispielsweise internationale Gremientreffen oder politische Szenarien, die die Freiheitsgrade im Verhandeln deutlich begrenzen. Wenn Konzerne beispielsweise Einkaufsverhandlungen oder auch Verkaufsaktivitäten immer mehr systematisieren, so tun sie dies in der Regel, um Vorteile durch Effizienz, Transparenz oder Ergebniserfolg einzufahren.

Gekonnter Einsatz von Verhandlungstechniken

Natürlich unterscheiden sich verhandelnde Personen in ihren Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit Verhandlungstechniken wie auch in Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen. Gerade der gezielte und bewusste Einsatz von Verhandlungstechniken verschafft an manchen Stellen einen Vorsprung im Überzeugungsgrad gegenüber dem anderen. Allerdings werden Techniken und Taktiken von unterschiedlich versierten Gesprächspartnern im Wechselspiel einer Verhandlung verschieden gut eingesetzt. Und dann wirken eine bestimmte Dosierung der Verhandlungstechnik und bisweilen auch die eigene Haltung im Umgang miteinander. Wollte der Verhandlungspartner beispielsweise manipulieren anstatt ein für beide Seiten faires Ergebnis zu erzielen? Die Art und Weise wie der Gesprächspartner die Haltung des Verhandlungspartners auffasst, und nicht zuletzt auch, wie sie tatsächlich ist, wird den Verhandlungsverlauf und die Ergebnisse im gemeinsamen Verhandeln maßgeblich mitbestimmen.

Gewohnheiten verhindern Verbesserung

Wahrnehmung und Gefühle als Einflussfaktor

Einfluss der Persönlichkeit

Einen großen Einfluss auf die Vorgehensweisen und das eigene Auftreten in Verhandlungen üben auch gegenseitige Erwartungen und Gewohnheiten der Beteiligten aus. Beispielsweise wird ein Außendienstmitarbeiter sich im eigenen Interesse gern auf seine bisherigen Erfahrungen verlassen oder bestimmte Rituale im Umgang mit seinen Kunden beibehalten und ebenso auf Neukunden [3]anwenden. Dies umso mehr, je erfolgreicher er in der Vergangenheit mit diesen Verhaltensweisen war. Viele Verhandlungen und Überzeugungsgespräche folgen demnach eigener Intuition oder geschehen gar aufs Geratewohl. In den seltensten Fällen treffen Menschen nach Verhandlungen und schwierigen Gesprächen bestimmte Schlussfolgerungen für ein nächstes Mal, um ihr eigenes Auftreten zu optimieren. Mögliche Lerngewinne gehen so in der Regel verloren oder unterliegen dem Zufall und der eigenen Intuition. Hinzu kommt, dass der Wirkungsgrad oftmals auch von objektiv oder subjektiv wahrgenommener Macht, Abhängigkeit, ethischen Grundsätzen oder persönlichen Einstellungsmustern gegenüber der Person, der Rolle oder der zwischenmenschlichen Kommunikation an sich bestimmt ist. Es ist leicht nachvollziehbar, dass ein ängstlicher Bewerber im Verhandlungsgespräch andere Zielsetzungen gegenüber dem Personalchef nennt und weniger überzeugend auftreten wird als ein selbstbewusster, selbstsicherer Kandidat. Nicht zuletzt hat natürlich der persönliche Charakter Einfluss auf Verhalten und Wirkung in Zusammenarbeit und Gesprächen. All diese sichtbaren und weniger sichtbaren Einflussfaktoren definieren mit, wie wirkungsvoll eine Person in einer Verhandlung auftreten kann und wird.

Was ist Verhandeln eigentlich genau? Wie kann man Verhandeln beschreiben und verstehen? Wie kann man Verhandeln steuern? Gibt es Möglichkeiten, Verhandeln oder Voraussetzungen und Folgen zu messen? Was kann getan werden, um die eigene Wirkung im Überzeugen und Verhandlungsergebnisse zu optimieren? Wie kann eine Organisation, eine Führungskraft, ein Vertriebsexperte, ein Verkäufer, ein Kundenbetreuer oder jeder einzelne den eigenen persönlichen Wirkungsgrad im Auftreten und Überzeugen sichern? Um diese Fragen zu beantworten, wird im Folgenden unter den relevanten und anwendbaren Themen eine Auswahl getroffen und jeweils in gebotener Knappheit der wissenschaftliche Hintergrund berichtet. Denn eine Vielzahl wissenschaftlicher Ergebnisse aus unterschiedlichen Disziplinen, oft im Labor gewonnen, geben Anregungen für bestimmte Verbesserungen, auch wenn das Feld wissenschaftlicher Forschung im Bereich von Verhandlungen ebenso komplex ist. Verhandeln ist eben alles andere als ein rein rationales Phänomen und wird deshalb auch nicht nur in einer Disziplin untersucht. Wenn die Umsetzung bestimmter Maßnahmen oder eine gezielte Veränderung von Verhaltensweisen den Überzeugungsgrad und die Verhandlungsergebnisse steigern können, ist es also sinnvoll, den Nutzen für Person und Organisation aufzuzeigen. Besonderes Augenmerk wird daher auf eine schnelle Anwendbarkeit auf allen Ebenen gelegt. Methoden sind demnach ebenso pragmatisch und alltagstauglich beschrieben und gleichzeitig in wirtschafts-, sozial- und neuropsychologischer Wirkweise verankert. Insgesamt werden die Abschnitte jeweils leicht erfassbar, übersichtlich und knapp dargestellt, um als Memorandum ebenso wie als Nachschlagewerk dienen zu können.

Modelle zur Beschreibung

Kooperative Leitidee

Es gibt Bestrebungen, ein Verhandlungsmanagement in Organisationen zu systematisieren (Tries & Reinhard, 2008; Voeth & Herbst, 2009). Daneben [4]helfen Modelle und Strukturierungen, Verhandeln zu analysieren. Manche sind allerdings auch weniger brauchbar (Morley, 2006). Verhaltens- und Lernempfehlungen müssen grundsätzlicher Art sein, wenn sie in unterschiedlichen Kontexten und von unterschiedlichen Personen genutzt werden wollen. Gleichzeitig wird eine im Verhandlungskontext konstruktive Sprache verfolgt. Im breiten Spektrum der Verhandlungsliteratur reichen die Handreichungen von Titeln und Formulierungen wie Kriegsführung (z.B. Greene, 2006), Manipulationstechniken (z.B. Edmüller & Wilhelm, 2010), sozialer Einfluss (z.B. Cialdini, 2001), über Kunst des Verhandelns (Salewski, 2010), Grundzüge des Verhandelns (z.B. Erbacher, 2005) im Sinne kooperativen und zukunftsorientierten Auskommens, bis hin zu Titeln wie effizientes Verhandeln (z.B. Knapp & Novak, 2003) und vielen mehr. Es zeigt sich, dass das Feld des Verhandelns selbst oft nicht frei von Rahmenbedingungen ist und bestimmte Denkweisen und Vorgaben auch den Umgang mit dem Thema Verhandeln leiten. Solche Leitideen können in eine Beschreibung des Gegenstands eingehen, nicht zuletzt da Verhandeln also nicht frei von einer wissenschaftlichen Ideologie bleiben kann. Gleichzeitig ist die Thematik internationalen und interkulturellen Verhandelns im globalen Zeitalter sehr relevant. Bestimmte Aspekte im Verhandeln können als interkulturell universell angenommen werden, andere bedürfen sicherlich eines feinfühligen Umgangs und genauerer Prüfung. Dieser Band gibt für die allgemeinen Grundlagen in unterschiedlichen Bereichen der gemeinsamen Domäne von Verhandeln und Überzeugen eine Einführung. Daher ist es zielführend, zunächst eine Definition notwendiger Begriffe vorzunehmen.

1.2 Definitionen

1.2.1 Verhandeln

Viele wissenschaftliche Richtungen

So vielfältig wie die Forschungsrichtungen, die sich mit dem Thema Verhandeln beschäftigen, so variantenreich sind auch Definitionen dafür, was unter Verhandeln verstanden wird. Es ist nicht verwunderlich, dass die jeweilige Sichtweise der Forschungsrichtung das Verständnis von Verhandeln bestimmt (Carnevale & De Dreu, 2004). Gleichzeitig werden je nach Betrachtung unterschiedliche Aspekte fokussiert. Beispielsweise beschäftigen sich Spieltheoretiker und Mathematiker mit Themen sozialen Austauschs und mathematischer Vorhersage von Entscheidungen und Verhandlungsergebnissen. Daran anknüpfend vertritt die Perspektive der Betriebswirtschaftslehre ebenfalls einen Optimierungsansatz von Verhandlungsergebnissen im ökonomischen Sinne – meist unter Berücksichtigung des Verhandlungsverlaufs oder zeitlicher Bedingungen. Juristen und Völkerforscher betrachten unterschiedliche Gerechtigkeitsaspekte. Sozialpsychologen und Soziologen konzentrieren sich auf menschliche Selbstwahrnehmung, Konflikte innerhalb oder zwischen Einzelpersonen oder Gruppen und Verhandlungssituationen [5]mit mangelnder Interaktionsmöglichkeit im Rahmen sozialer Dilemmasituationen. Persönlichkeitspsychologen und Personalpsychologen, vereinzelt auch Kulturpsychologen, versuchen Eigenschaftsunterschiede von Personen zu ermitteln, die eine Prognose von Verhandlungserfolgen in unterschiedlichen Kontexten und Situationen erlauben. Diese Auswahl unterschiedlicher Blickrichtungen verdeutlicht, wie komplex Verhandeln ist (Menkel-Meadow, 2009). Es gilt für Verhandeln und Überzeugen im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch bestimmte Kriterien zu finden, die maßgebend sind.

Merkmale von Verhandeln

Mehrere Verhandlungspartner

Kommunikation

Unterschiedliche Interessen

Bei persönlichem oder beruflichem Verhandeln spielen all solche Aspekte eine Rolle, die eine Verhandlung veranlassen oder notwendig machen, die mit direktem sozialen Miteinander und Austausch zu tun haben und die Verhandlungsergebnisse in diesen Kontexten beeinflussen. Mindestens folgende fünf Merkmale zeichnen den Vorgang des Verhandelns aus (vgl. Voeth & Herbst, 2009):

–Multipersonalität/-organisationalität: Damit ist die Anzahl von Verhandlungsparteien gemeint. Eine Verhandlung benötigt mindestens zwei Verhandlungspartner (Spieß, 2004), die auch Vertreter von Organisationen oder Interessensgruppen sein können (Pruitt & Carnevale, 2003). Die Bedingung ist erfüllt, wenn sich beispielsweise ein Einkäufer mit einem Verkäufer oder ein Vorgesetzter mit seinem Mitarbeiter trifft.

–Interaktionsprozesse: Verhandeln selbst stellt eine soziale Austauschsituation dar, in der die Verhandlungspartner erwarten, dass im Verlauf des Präsentierens ihrer Positionen, Interessen und Motive ein Austausch emotionaler oder ökonomischer Aspekte stattfindet (vgl. Lewicki et al., 2006). Dazu werden in der Regel Mittel und Hebel zur gegenseitigen Beeinflussung angewandt (Frank & Frey, 2002; Schoop, Deller & Frey, 2005), beispielsweise wenn Taktiken (Carnevale, 2000) oder Strategien zum Einsatz kommen (Lewicki, Hiam & Olander, 1998). Ein Einkäufer, der mit einem Verkäufer spricht und Forderungen aufstellt, die einer strategischen Vorgabe folgen und marktgerecht sind, positioniert sich dem Verkäufer gegenüber entsprechend. Auch in der Interaktion zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter findet beispielsweise darüber ein Austausch statt, wie bestimmte Arbeitsbedingungen ausgestaltet werden oder Aufgaben zu erfüllen sind.

–Präferenzkonflikt: Dass überhaupt verhandelt wird oder werden muss, ergibt sich daraus, dass die Verhandlungspartner sich mindestens zu Beginn der Verhandlung in bestimmten Aspekten uneinig sind oder in Konflikt stehen (Pruitt & Carnevale, 2003). Übliche Konflikte handeln von der Verteilung eines Guts, beispielsweise in der Preisverhandlung eines Produkts. Hier wird oft die Ausprägung einer einzelnen Verhandlungsdimension angenommen (in dem Fall die des Preises, Thomas, 1992). In der Regel existiert der Konflikt allerdings auf mehreren Dimensionen und kann demnach auch im Hinblick auf verschiedene Stoßrichtungen betrachtet werden („slicing [6]the pie“ vs. „expanding the pie“, Thompson, 2005). Kriterien und Dimensionen betreffen auch unterschiedliche vorherrschende Motive (beispielsweise Wettbewerb vs. Kooperation) beim Verhandeln (Frank & Frey, 2002). Der Einkäufer und der Verkäufer werden nun bestimmte Variablen, in denen sie nicht übereinstimmen, verhandeln können. Dazu zählen Liefermengen, Termine, Rabatte, Preise, Bestellzusagen, Werbekostenzuschüsse, Einsatz unterschiedlicher Produktbreite und -tiefe, Wechselkosten bei unterschiedlichen Anbietern, etc. Im Gespräch zwischen der Führungskraft und dem Mitarbeiter betreffen jeweilige Sichtweisen oft die unterschiedliche strategische Relevanz. Der Mitarbeiter vertritt beispielsweise aus persönlichen Gründen weniger die unternehmerische Position, wenn es um den eigenen Arbeitseinsatz geht. Die Führungskraft hat dagegen möglicherweise nicht alle Details einer bestimmten Aufgabe im Blick.

Gemeinsames Ziel

–Zielkongruenz: Eine gemeinsame Sichtweise oder Vereinbarung im Hinblick auf diese Sachverhalte, Interessen oder Güter zu entwickeln, stellt das gemeinsame Interesse der Verhandelnden dar (Fisher, Ury & Patton, 2006). Den Konflikt zu lösen oder zu beenden ist also beiderseitiges Bestreben (Pruitt & Carnevale, 2003). Demnach stehen die Verhandlungspartner in gegenseitiger Abhängigkeit (Thompson, 2005) und entscheiden sich dann bewusst (oder unbewusst) für die Verhandlung, wenn sie zuversichtlich sind, eine Lösung mindestens im eigenen Interesse oder in der gemeinsamen Beziehung zu erzielen (Walton & McKersie, 1965). Die Zielkongruenz im Einkäufer-Verkäufer-Verhältnis besteht für beide Seiten darin, ein gutes Geschäft zu machen und deshalb die Möglichkeiten zu prüfen. Im Fall des Vorgesetzten mit dem Mitarbeiter besteht das gemeinsame Ziel darin, in der gemeinsamen Organisation und in guter Erfüllung von Arbeitsverträgen und Zielvereinbarungen anstehende Herausforderungen erfolgreich lösen zu wollen.

Möglichkeit und Wille zur Einigung

–Einigungsraum: Den Rahmen des Verhandelns bestimmen organisationale oder strukturelle Bedingungen wie beispielsweise Zeit, Budget-Restriktionen oder andere strategische, institutionelle, ethisch-moralische oder psychologische Barrieren (Schoop et al., 2005). Positiv ausgedrückt liegt innerhalb dieses Rahmens die Lösung des Konflikts, weshalb es für beide Parteien ein wichtiges Kriterium ist, den Verhandlungsrahmen gründlich zu ermitteln. Beide Verhandlungspartner werden also dann miteinander verhandeln, wenn sie durch die Einigung Vorteile oder einen anderen Effekt zur Verbesserung der eigenen Situation erwarten als ohne eine Verhandlung (Tries & Reinhard, 2008). Im Verkaufskontext besteht deshalb ein wichtiges Augenmerk des Verkäufers darin, den Einigungsraum zusammen mit dem Einkäufer ausführlich zu ergründen. Deshalb wird er die Situation und die Bedürfnisse des Kunden durch viele Fragen qualifizieren, um dann ein passendes Angebot machen zu können, das für den Einkäufer auch eine relevante Lösung für den Bedarf darstellt. Im Führungsgespräch besteht der Einigungsraum darin, wie im Kontext unterschiedlicher Funktionen die anstehenden Aufgaben eines [7]Teams oder einer Arbeitsgruppe gut gelöst werden können. Gibt es keinen gemeinsamen Einigungsraum, so gibt es in der Regel auch keinen Verhandlungsbedarf. Wenn ein Einkäufer also nichts kaufen will und es auch nicht nötig ist, dann wäre eine Verhandlung sinnlos investierte Zeit. Im Führungskontext entspricht das Fehlen des Einigungsraums beispielsweise einer mangelnden Motivation oder einer inneren Kündigung des Mitarbeiters, die Verhandlungsversuche meist verkürzen.

Auf Grundlage der beschriebenen Merkmale lässt sich Verhandeln folgendermaßen definieren:

Definition: Verhandeln

Verhandeln ist der Vorgang einer oder mehrerer Interaktionen zwischen mindestens zwei Personen mit dem Ziel des konstruktiven Ausgleichs unterschiedlicher Präferenzen, Interessen, Positionen oder Motive. Die Verhandlungspartner sprechen dabei für sich selbst oder als Vertreter einer Organisation (vgl. Behrmann, 2007). Dimensionen, Kriterien, Rahmen und Einigungsmöglichkeiten sind zu Beginn einer Verhandlung häufig nicht transparent (Gimpel, 2007). Um den Konflikt zu klären und zu lösen, begeben sich die Verhandlungspartner gezielt in sozialen Austausch und Kommunikation miteinander. Verhandeln stellt dabei eine kooperative Variante des Konfliktverhaltens dar (Van de Vliert & Janssen, 2001).

Elemente des Verhandelns

(in Anlehnung an Carnevale, 2000)

Verhandlung

In der Regel wird der Prozess des Verhandelns oder eine bestimmte Zusammenkunft, um zu verhandeln, als Verhandlung bezeichnet. Je nach zeitlicher Ausdehnung und Größe des Verhandlungsgegenstands schließt eine Verhandlung also ein oder mehrere Treffen ein.

Verhandlungsgegenstand

Als Verhandlungsgegenstand werden das Thema und der Inhalt der Verhandlung bezeichnet. Er ist die Sache oder Situation, über die der Verteilungs-, Bewertungs- oder Beziehungskonflikt besteht. Der Verhandlungsgegenstand wird differenziert durch die Anzahl der zu verhandelnden Dimensionen oder Variablen sowie die übrigen Elemente des Verhandelns.

Verhandlungsalternativen

Verhandlungsalternativen sind Möglichkeiten der Wahl innerhalb und außerhalb des Verhandelns. Innerhalb des Verhandelns bestimmt die Anzahl und Ausprägung der Verhandlungsvariablen die Optionen für Lösungen. Verhandlungsalternativen außerhalb hängen von der Größe des [8]eigenen Zielkorridors und Verhandlungsrahmens sowie der erwarteten Erfolgswahrscheinlichkeit ab. Die Attraktivität der Alternativen bestimmt den Grad der persönlichen Betroffenheit vom Verhandlungsgegenstand. Wenn viele Alternativen zur Verhandlung bestehen, die zudem attraktiv für den Verhandelnden sind, so wird er eher eine aktuelle Verhandlung verlassen oder gar nicht erst aufnehmen. Im Kaufhausregal stehen beispielsweise in der Regel viele ähnliche Produkte nebeneinander, sodass der Käufer nicht mit dem Händler verhandelt, sondern meist eine Alternative wählt, die ohne Verhandlung die Bedürfnisse des Käufers optimal erfüllt.

Verhandlungsziel

Gemeinsames Ziel im Verhandeln ist eine Übereinkunft darüber, wie mit dem Konflikt umgegangen werden soll. Die Übereinkunft wird bestimmt von persönlichen Zielperspektiven wie eigenen Interessen, Bedürfnissen und Motiven, Einstellungen, Wertvorstellungen, sachlichen oder persönlichen Positionen oder Vorgaben.

Verhandlungsstrategie

Eine Strategie ist ein Handlungsplan, der im Rahmen der Zielsetzung als allgemeiner Ansatz das Verhalten in Verhandlungen bestimmt. Allgemeine Strategien im Verhandeln lassen sich folgendermaßen klassifizieren: Konzessionen machen und nachgeben, Kompromiss suchen, Positionen durchsetzen, kooperatives Problemlösen oder eine Auseinandersetzung vermeiden, beispielsweise durch Untätigkeit oder Rückzug (Carnevale & Pruitt, 1992).

Verhandlungstaktik

Eine Verhandlungstaktik hat eine kürzere zeitliche Perspektive als eine Strategie und verfolgt damit auch kurzfristigere Ziele. Die Strategie bildet das übergeordnete Raster, um die Tauglichkeit eines taktischen Verhaltens zu bewerten. Grundfragen ergeben sich in der Regel aus der Situation heraus, beispielsweise: Wie gewinne ich in der jetzigen Situation das Vertrauen meines Verhandlungspartners zurück? Oder was kann ich tun, um in dieser Situation glaubwürdig oder mächtig zu erscheinen? Es gibt sehr viele und unterschiedliche Arten von Taktiken und deren Einsatzmöglichkeiten. Manipulative Taktiken sind in der Regel unbrauchbar für langfristige Kooperation (Thompson, 2005).

Verhandlungsgrenzen

Eine Verhandlung ist meist mehrschichtig. Neben den formalen Inhalten sind auch informelle oder emotionale Aspekte betroffen (Knapp & Novak, 2003; Reardon, 2004). Sowohl rationale als auch emotionale Aspekte begrenzen Verhandlungen. Dazu gehören Barrieren des Verhandlungsmanagements, [9]strategische oder psychologische Barrieren, unterschiedliche organisationale Funktionen der Verhandlungspartner und der Schutz des eigenen Selbstwerts (vgl. Schoop et al., 2005).

Verhandlungsergebnis

Das Ergebnis ist das, was nach einer Verhandlung herauskommt. Resultat von Verhandeln kann sein, dass es einen Gewinner gibt, dass ein Kompromiss erzielt wurde, das Konsens besteht, was auch als gemeinsamer Gewinn deklariert wird („Win-Win“), oder dass die Verhandlung ohne Einigung beendet wird (Carnevale & Pruitt, 1992; Spieß, 2004).

Verhandlungsmanagement

In Bezug auf sachliche Aspekte betrieblichen Verhandelns wird in jüngerer Literatur der Begriff des Verhandlungsmanagements geprägt. Aufgabe eines Unternehmens ist es dabei, die Verhandlungen der Mitarbeiter im Hinblick auf das Unternehmensergebnis zu optimieren. Optimierungskriterien stellen dabei Häufigkeit, Formalität, Bewusstsein für die Verhandlungen bei den Beteiligten, Organisationszugehörigkeit der Verhandelnden, Funktionsbezug (z.B. Einkauf, Vertrieb, Personal etc.), Anzahl verhandelnder Parteien und eingesetzte Verhandlungskanäle (z.B. persönlich, telefonisch, schriftlich, etc.) der Verhandlung dar (Voeth & Herbst, 2009).

Das Zusammenspiel dieser Elemente untereinander und mit Charakteristika der Verhandelnden lässt sich angelehnt an Saner (2008) wie in Abbildung 1 darstellen.