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Katharina Kettler könnte ein ganz normales Mädchen vom Lande sein und ein vorgezeichnetes Leben wie so viele Frauen in Westfalen des späten 19. Jahrhunderts führen. Nichts anderes hätte sie sich gewünscht. Doch das Schicksal meint es von Anfang an anders mit ihr! Denn Katharina besitzt ein Talent, sich selbst wiederholt in Situationen zu bringen, die einen geregelten Lebensweg unmöglich machen. Als ledige Mutter ohnehin am Rande der Dorfgemeinschaft lebend, zwingt sie der unnatürliche Tod ihres Lohngebers der dörflichen Idylle zu entfliehen und ihr Glück im angrenzenden Ruhrgebiet zu suchen. Nicht bloß wegen ihres Hanges zum Gelegenheitsdiebstahl scheitert auch dies so kläglich, dass Katharina gezwungen ist, die Heimat und sogar den Kontinent zu verlassen. Ihre geliebte Familie zurücklassend besteigt Katharina ein Dampfschiff nach Amerika. Bereits auf der Reise kommt es erneut zu einer schicksalhaften Begegnung, welche die junge Frau bis in die Straßen von New York hinein verfolgen wird. Vollkommen allein in einer neuen Welt und einer monströsen Stadt sieht sich Katharina nicht nur selbst gemachten Schwierigkeiten gegenüber, sondern gerät auch in ein mörderisches Geflecht von Menschenhandel und Menschenversuchen. Begleiten Sie Katharina Kettler in diesem historischen Krimi, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielt. Gehen Sie den Weg einer (fast) normalen Frau im Zeitalter der industriellen Revolution mit, der sie von einem westfälischen Dorf ins Ruhrkohlerevier und dann über den Hamburger Hafen bis in die Five Points von New York führt. Was hat es mit dem Mann mit dem verätzten Gesicht auf sich, der Katharina bereits auf dem Auswandererschiff begegnet ist? Was haben die unleserlichen, medizinischen Notizen zu bedeuten, die ihr versehentlich in die Hände geraten sind? Wie muss man das merkwürdige Verhalten des Armenarztes Jacob Mendel aus der Lower East Side deuten, bei dem Katharina nicht sicher ist, ob sie ihn lieben oder fürchten soll?
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Seitenzahl: 588
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Simone Neumann
Verloren in der Neuen Welt
Historischer Roman
New York im Mai 1869:
Es war ein sonniger Frühlingstag in einem verwachsenen, blühenden Garten. Die Blumenpracht und das aufmunternde Zwitschern der Vögel ignorierend gingen drei Männer langsam über die schmalen, mit altem Laub bedeckten Wege des riesigen Geländes. Alle waren sie übellaunig und missmutig, doch keiner war so missmutig wie der Älteste von ihnen - ein früher einmal großgewachsener, nun krummer Mann mit vollem, grauem Haar, wachen Augen und einer hellen, aber bestimmten Stimme.
„Wie konntest du zulassen, dass er nach Europa geflohen ist, Jan?“, zischte er, ohne den Angesprochenen anzuschauen.
„Verzeihen Sie, Boss, aber ich kann ihn nicht Tag und Nacht bewachen wie eine Amme.“
„Ich habe genug von diesen dummen Ausreden. Dieser Mann ist unberechenbar. Wer weiß, was er im Schilde führt! Nicht nur, dass er die ganze Sache zunichtemachen kann! Er bringt uns am Ende noch alle an den Galgen.“
„Man hätte nicht so viele Leute einweihen sollen“, wandte der Dritte, ein ruhiger, magerer Mann ein.
„Was du nicht sagst, Mendel“, erwiderte der Alte fauchend. „Am wenigstens hätte man dich einweihen sollen, du ewiger Zweifler. Du bist doch der Nächste, der mir in den Rücken fallen wird. Euch Juden ist niemals zu trauen.“
Der Angesprochene schwieg, er atmete nur hörbar durch die Nase aus, kniff seinen Mund zusammen und blickte dabei zu Boden. Der Greis wandte sich wieder an den anderen Begleiter, ein großer Mann mit einem stark vernarbten Gesicht.
„Du wirst ihm nachreisen, Jan, und die Sache in Ordnung bringen. Er ist sicherlich in Berlin und sucht da Unterschlupf bei seinen alten Studienfreunden. Wir können nur hoffen, dass er sein Maul hält.“
„Das wird er. Er wird schweigen“, warf der Dritte, der Ruhige ein.
„So, Mendel? Was macht dich da so sicher?“
„Er steckt selbst zu tief mit drin. Die beiden Ersten wären noch am Leben, wenn er sich nicht wie ein Metzger angestellt hätte.“
„Jetzt komm mir bloß nicht wieder mit deiner Predigt von den gewaschenen Fingern. Ich kann es nicht mehr hören, zum Teufel“, fluchte der Alte und fragte wieder an den anderen gewandt: „Auf dich, Jan, werde ich mich in dieser Sache verlassen können, nicht wahr?“
Der Vernarbte nickte und schaute betreten zur Seite. Dem Boss fiel das auf: „Was ist? Gibt es da noch etwas, was ich wissen müsste?“
„Ja, da ist was, Boss.“
„Was?“
„Er war bei mir zu Hause. Wir hatten da ein kleines Fest. Nur er, ich und zwei Damen. Es ging munter zu. Am nächsten Tag fehlten die Schriftstücke.“
„Welche Schriftstücke?“ Der Alte war stehen geblieben und blickte seinen Begleiter entsetzt an.
„Ein paar Aufzeichnungen aus dem Laboratorium. Ich habe sie mir ausgeborgt, um sie in Ruhe zu studieren. Es war so, dass ich nicht alles verstanden hatte und…“, erwiderte dieser kleinlaut.
„Du unglaublicher Tölpel!“, unterbrach ihn der alte Mann. „Habe ich es hier denn nur mit Idioten zu tun?“ Außer sich vor Zorn holte er aus und war kurz davor den Vernarbten zu schlagen, doch dann besann er sich und sprach leiser, aber immer noch wütend: „Was genau war das?“
„Nun, alles Mögliche, Boss. Pläne, Theorien, Vorgehensweisen, Protokolle, Ergebnisse. Alles, was so herumlag“, antwortete der Vernarbte ehrlich, was den Alten nur wieder aufbrachte: „Verschwinde, verschwinde noch heute! Nimm gleich das nächste Schiff nach Deutschland! Suche ihn, finde ihn und mache ihn mundtot! Anweisungen erhältst du von Tracy per Telegramm. Und jetzt geh, du unverbesserlicher Lüstling. Ich will dich erst wieder sehen, wenn die Sache erledigt ist.“
„Wie Sie befehlen, Boss. Doch da wäre noch eine Sache…“
„Was denn?“
„Wer soll die neuen Opfer besorgen?“
„Opfer nennst du die? Opfer! Das ich nicht lache. Glücklich können die sich schätzen“, erwiderte der Alte. „Mendel wird das machen. Nicht wahr, Mendel. Dir ist doch ohnehin nichts Menschliches fremd.“
Mendel wurde kreidebleich und öffnete bereits den Mund, um etwas zu erwidern. Aber der stechende Blick des Alten ließ ihn stumm bleiben.
Ein kleines Dorf in Westfalen im Mai 1869:
Das hatte sie nicht gewollt.
Was sollte Katharina jetzt tun? Da lag er. Mausetot. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Man musste nur in seine weitgeöffneten, starren Augen blicken, um zu wissen, dass Bernhard Wennemann in Zukunft keine Möglichkeit mehr finden würde, sie zu beschimpfen, herumzustoßen oder unsittlich zu berühren. Das würde er bestimmt nie wieder tun.
„Oh, Gott! Oh, Gott! Oh, Gott“, flüsterte sie hinter vorgehaltener Hand und konnte sich nicht rühren.
Wie schnell das alles gegangen war!
Das war doch nicht möglich!
Katharina schloss für eine Weile die Augen. Doch als sie sie wieder öffnete, war die Lage nach wie vor dieselbe.
Sie musste jetzt irgendetwas unternehmen.
Sie konnte nicht hierbleiben und abwarten.
Zu retten war er nicht mehr. Das war offensichtlich.
Was, wenn man sie beide hier so fand?
Die Leute werden sie eine Mörderin nennen oder wenigstens eine Totschlägerin. Vor Gericht wird sie sicherlich müssen und dann wartete womöglich der Galgen auf sie. Dabei hatte sie sich doch nur zur Wehr gesetzt.
Doch würde man ihr das glauben?
„Reiß dich zusammen, Trine“, sagte sie leise und versuchte die Situation zu überblicken. Das war nicht einfach, denn sie bebte am ganzen Körper, ihr Herz zersprang bald in der Brust und in ihrem Kopf tobte ein Wirbelsturm.
„Reiß dich zusammen!“, wiederholte sie.
Katharina befand sich oben auf dem Heuboden des Stalles und schaute durch die geöffnete Luke in die große Diele hinab. Von dort aus starrte Bauer Wennemann mit weit aufgerissenen Augen zurück. Er lag rücklinks auf seinem neuen Pflug. Es sah so aus, als habe sich das scharfkantige Gerät in seinen Rücken gebohrt, denn um Wennemann herum begann sich langsam eine dunkle Blutlache zu bilden.
So, wie er dalag, hätte er ebenso gut das Opfer eines Unfalls sein können, dachte Katharina. Ja, es sah ganz nach einem tragischen Unglück aus. Er war gestolpert und durch die geöffnete Luke hinabgestürzt. Es sind schon viele vom Heuboden in den Tod gefallen.
Doch was war wirklich geschehen?
Katharina hatte den Heuboden gefegt, als der Bauer fluchend und schimpfend die Leiter hochkam. Wieder einmal hatte er seine Aushilfsmagd schlagen wollen, hatte ihr unterstellt, Eier gestohlen zu haben. Aber nicht nur das, ein ganzes Huhn fehle ihm. Er sei sich sicher, hatte er gebrüllt, es auf dem kläglichen Hof von Katharinas Eltern im Staube pickend wiederzufinden. Doch dieses heruntergewirtschaftete, stinkende Loch würde er erst gar nicht betreten. Sollen sie doch an dem Huhn ersticken, allen voran die kleinen Bastarde, die Katharina sich regelmäßig von Landstreichern einfinge.
Das war bereits zu viel für Katharina gewesen. Doch dann hatte er sie auch noch gepackt, um sie nach möglichem Diebesgut zu untersuchen. Als er begann unter ihren Rock zu greifen, schaffte sie es irgendwie, sich loszureißen und ihm ins Gesicht zu schlagen. Daraufhin war er vollends außer sich geraten. Mit hochrotem Kopf und weit geöffnetem Mund stürzte er auf sie los. Katharina rannte davon in Richtung der offenen Luke. Doch sie schaffte es nicht, die Leiter zu erreichen. Es gab ein Gerangel. Ob sie Wennemann dabei versehentlich oder absichtlich die Luke hinunterstieß – daran wollte Katharina sich nicht mehr erinnern.
Nun lag er da - mausetot. Wie sehr sie sich wünschte, dass er sich doch noch einmal regte, dass er einfach aufstand, sie wieder anzuschreien begann und ihr eine Ohrfeige verpasste. Doch diesen Gefallen tat er ihr nicht.
Katharina verharrte noch eine Weile, dann stieg sie langsam und zitternd die Leiter hinunter, schlich - den Blick abwendend - an der Leiche vorbei und nahm aus einem Holzregal in der Diele einen schweren Hammer. Dann stieg sie erneut die Leiter bis fast nach oben hinauf und schlug mit dem Hammer gezielt auf die drittletzte Sprosse ein, bis sie in der Mitte brach. Anschließend stieg sie wieder hinunter und ließ die Leiter nach hinten kippen, sodass diese nicht mehr vorne, sondern an der Rückseite der Luke angelehnt war.
Beobachtet wurde sie dabei lediglich von der Hofkatze, die jedoch unbeeindruckt zu sein schien. Katharina legte den Hammer zurück an seinen Platz und ging hinaus in Richtung Schweinestall, um dort auszumisten.
Seit mehr als dreiundzwanzig Jahren lebte Katharina Kettler nun schon in diesem Dorf. Sie war dort geboren, aufgewachsen und so gut wie nie an einem anderen Ort gewesen, obwohl sie das Leben hier verabscheute. Es war ihr eine Last, morgens aufzustehen, den Kotten ihrer Eltern zu verlassen und die Dorfstraße zu betreten. Zu Festen ging sie nie und selbst in der Kirche ließ sie sich nur an den wichtigsten Feiertagen blicken. Wenn ihr jemand aus dem Dorf begegnete, grüßte sie leise murmelnd und blickte sofort wieder zu Boden.
Überall in der Öffentlichkeit spürte sie die verächtlichen Blicke und hörte das böse Murmeln hinter vorgehaltener Hand. Ob das wirklich so war oder ob Katharina in ihrer Empfindlichkeit manches Verhalten falsch deutete, ist nicht sicher. Sicher jedoch war: Katharina war anders als alle anderen jungen Frauen aus diesem Ort. Und sicher war auch, dass niemand Anständiges etwas mit ihr zu tun haben wollte. Sie war eines von den Mädchen, von denen die Dorfburschen sagten, sie tauge nur, um mit ihr ab und an hinterm Busch zu verschwinden.
Der Grund für dieses Ausgestoßensein war nicht die Armut ihrer Familie, sondern Katharinas Vergangenheit. Mit neunzehn Jahren hatte sie sich von einem Unbekannten schwängern zu lassen. Ein Zigeuner sei es gewesen, so ging das Gerücht im Dorf. Und als wäre das nicht schmachvoll genug, hatte Katharina bereits zwei Jahre später ein weiteres Kind zur Welt gebracht. Von wem auch immer dieser kleine Bastard abstammte. Verdächtige gab es reichlich, allesamt waren es Durchreisende - versteht sich. Denn kein Mann aus der Nachbarschaft wollte jemals wirklich etwas mit ihr zu tun gehabt haben, auch wenn man sich in der Dorfkneipe gern und in allen Einzelheiten über sie unterhielt. Katharina selbst wusste es besser, aber sie schwieg, erduldete und träumte von einem anderen Leben.
Ein kleiner Ort war es, am Rande einer kleinen Stadt, welche wiederum am Rande eines monströsen Gebildes gelegen war, das sich seit einigen Jahrzehnten um das Flüsschen Ruhr herum auszubreiten begann. Dort wuchsen Fördertürme in den Himmel und unter der Erde arbeiteten Hunderte, mittlerweile sogar Tausende von Männern, die das schwarze Gold zu Tage brachten. Kohle, welche zu so vielen modernen Zwecken unabdinglich war und die dieser neuen Zeit ihren Antrieb gab.
Alles war in Bewegung, alles veränderte sich, nur Katharinas Leben stand still - und das war ihre eigene Schuld. Was für eine Zukunft hatte eine Frau wie sie? Jung zwar, aber ohne Geld, hübsch, aber mit zwei kleinen Kindern? Sie hatte froh sein können, in diesem Örtchen hier und da eine vorübergehende Arbeit zugeteilt zu bekommen. Ein paar Taler hatte sie sich verdienen können, indem sie bei der Ernte oder beim Schlachten half, indem sie vor dem Pflügen Steine von den Äckern auflas oder Laub zusammenkehrte. Doch nun? Nun hatte sie einen der einflussreichsten Männer des Ortes auf dem Gewissen. Und damit war endgültig alles aus.
Verwirrt ging sie ihres Weges, immerzu starr auf den Boden blickend; erst als sie sich in der Nähe des Häuschens ihrer Eltern wusste, schaute sie nach oben. Es versetzte ihr einen Stich, ihre Mutter freundlich winkend in der Tür stehen zu sehen. Schon wieder müsste sie ihre Eltern enttäuschen, diese guten, treuen Menschen, die nichts besaßen außer Liebe. Eine unerschütterliche Liebe, die Katharina so oft aus misslicher Lage geholfen hatte, die ihr Halt gab, ihr aber dennoch weh tat. Denn diese guten Leute hatten es nicht verdient, ihr weniges Geld und ihren bescheidenen Ruf für solch eine verdorbene Tochter zu opfern.
Katharina betrat das winzige, schiefe Fachwerkhäuschen, welches die Familie bereits seit Generationen bewohnte. Seit einigen Jahrzehnten schon durften sie das Haus und auch ein kleine Stück Land ihr Eigen nennen. Die Grundherrschaft gehörte der Vergangenheit an, doch für diese Freiheit musste man bezahlen. Zwanzig Jahre noch würden sie die Tilgungsraten und Zinsen an die Rentenbank abstottern, die ihnen das Darlehen für die Übernahme des Hofes zur Verfügung gestellt hatte. Eine Belastung, die tragbar gewesen war, solange der Vater und Katharinas Brüder als Dorfschäfer ein zusätzliches Einkommen hatten. Doch mittlerweile gab es kaum noch Schafe im Ort. Wolle war bloß für den Eigenbedarf gefragt. Auch Leinenweberei stellte keine Einnahmemöglichkeit mehr dar, denn in Fabriken hergestellte Baumwolle hieß das Massenprodukt der neuen Zeit.
Die Kettlers waren also eine Familie, der die Zeiten des allgemeinen Wandels weniger gut mitgespielt hatte, dennoch waren sie, mit Ausnahme Katharinas, keineswegs unglücklich. Vater wie Mutter verfügten über ein geduldiges Gemüt und während der Alte von besonders humorvoller Natur war, ging die fromme Anna Kettler in der Fürsorge für ihre Kinder und Enkelkinder auf. Drei von fünf Kindern waren ihnen geblieben, zwei Jungen und Katharina. Die beiden Brüder hatten bereits die wenigen Meilen hin zu den aufstrebenden Städten an der Ruhr zurückgelegt, um dort im Kohlebergbau zu arbeiten. Katharina lebte als Einzige daheim und das würde sich auch nicht ändern. Kein Mann würde das Mädchen heiraten und zusätzlich noch zwei weitere kleine Mäuler stopfen wollen.
Aber es war nicht die Art der Kettlers sich darüber zu sorgen. Im Gegenteil, es galt das, was einem zugedacht war, hinzunehmen und das Gute darin zu sehen. Und das Gute, darüber waren sich die beiden Alten einig, war zum einen die Tatsache, dass die Kleinen prächtig gediehen und kerngesund waren. Das Gute war zum anderen, dass Katharina bescheiden und fleißig war - und mittlerweile auch anständig. Sie sorgte sich liebevoll um ihre Kinder und arbeitete hart.
Anna Kettler freute es besonders, dass die Tochter seit einigen Wochen beim reichen Wennemann aushalf. Dessen Frau war ausgefallen, da sie im Kindbett lag und deshalb war nach Katharina gerufen worden. Wennemann war einer der Bauern, welche die Selbständigkeit mit großem Erfolg gemeistert hatten. Von Jahr zu Jahr mehrte er seinen Besitz, kaufte günstig die Güter derjenigen auf, die es in die Ruhrstädte oder nach Amerika zog und war damit so reich geworden, dass er Katharina mehr als gut entlohnte. Täglich brachte sie neben ein paar Münzen auch etwas Essbares mit nach Hause, seien es Eier, ein Stück Bauchspeck, einen Klumpen Butter oder Himbeersirup. Das machte Anna stolz auf ihre Tochter. Sie ahnte ja nicht, dass Katharina die guten Dinge ganz und gar nicht geschenkt bekommen hatte.
An diesem Tage wartete die Mutter vergeblich auf ein leckeres Zubrot für das Abendessen. Katharina kam mit leeren Händen und nicht nur das, sie wirkte zudem traurig. Noch trauriger und verschlossener als sonst.
„Trinchen, was ist mit dir? Du sagst ja gar nichts.“
„Der Bauer ist tot“, murmelte Katharina leise, als sie an der Mutter vorbei, hinein in die nach feuchtem Lehm und morschem Holz riechende Kate schlüpfte.
„Was sagst du da? Das ist doch nicht wahr! So plötzlich?“, bestürzt folgte Anna der Tochter ins Haus.
„Ja, ganz plötzlich.“
„Gütiger Gott. Was ist denn geschehen?“
„Er ist vom Heuboden gestürzt.“
„Um Himmels Willen. Die arme Frau. Jetzt, wo sie doch gerade erst geboren hat. Wie konnte das passieren?“
Katharina schaute die Mutter nur kurz an, dann drehte sie sich um und nahm ihre kleine Tochter auf den Arm, welche ihr weinend eine zerfetzte Strohpuppe entgegenhielt, die der größere Bruder mit seinem Holzschwert bekämpft hatte.
„Trine, was verschweigst du mir!“, rief Anna ihr hinterher.
„Ihr sollt nicht immerzu streiten, Lieschen.“ Katharina ignorierte die besorgten Worte ihrer Mutter und setzte sich mit dem Mädchen aufs Bett, um die Puppe zu reparieren. Nun kam auch der kleine Johann, Katharinas Sohn, herbei, er hatte nicht mehr sein Schwert, sondern ein vom Großvater geschnitztes Schießgewehr in der Hand und zielte damit unter lautem Gebrüll auf seinen bereits wehrlosen Puppenfeind.
„Hansi, lass das! Muss man denn ständig mit dir schimpfen. Geh nach draußen und suche den Großvater“, sagte Katharina, noch immer an dem zerrupften Spielzeug herumfingernd.
Während der Junge barfüßig über den Lehmboden hinauslief und dabei rief, er wolle alle Österreicher totschießen, machte Anna sich daran, das Abendessen zu bereiten.
Dunkel war es in dem winzigen Häuschen. Bloß eine kleine Öllampe hing über dem groben Holztisch und beleuchtete den spärlich eingerichteten, aber sauberen Kotten, wo die Familie nun zum Essen zusammentraf. Der kleine Johann war mit dem alten Johann, seinem Großvater, zurückgekommen. Dieser hatte heute beim Holzfahren geholfen und dafür ein Glas eingeweckter Wurst erhalten - ein Segen an einem Abend wie diesem, an dem Anna sich mittlerweile auf nichts weiter als trockenes Brot und harten Käse eingestellt hatte.
„Hast du schon gehört, dass der Wennemann verunfallt ist, Johann?“, fragte Anna ihren Mann.
„Ja“, antwortete dieser im ernsten Ton, ohne jedoch das für ihn so eigentümliche, wissende Schmunzeln zu verlieren. „So ist das mit dem Reichtum, Anna. Sein teurer, stählerner Pflug war es, der ihn ins Jenseits befördert hat. Manchmal denke ich, wir können uns glücklich schätzen. Stürze ich von unserem Heuboden, dann stürze ich nicht tief, weil die Decken so niedrig sind. Selbst wenn unser Pflug unter der Luke stünde, würde er eher zu Staub zerfallen, als an mir Schaden anzurichten. Armut kann manchmal von Vorteil sein.“
„Johann, man macht sich doch nicht über Tote lustig. Der arme Wennemann.“, die Mutter war empört über die Worte ihres Mannes und bekreuzigte sich zur Sicherheit mehrmals. Dann wandte sie sich, ohne den Tonfall zu ändern, an ihre Tochter: „Trinchen, jetzt erzähl doch endlich! Stimmt das, ist er auf seinen eigenen Pflug gestürzt?“
Katharina zuckte nur mit den Schultern, während sie appetitlos an ihrem Brot kaute und den Kindern je ein Stück von der Wurst reichte.
„Sie will nichts sagen, Johann. Hat noch gar nichts erzählt. Was soll ich davon halten?“
„Ach, lass sie doch, Annchen. Das ist der Schreck. Der Schreck ist es. Nicht wahr, Trine? Hast du ihn gesehen? Ist ja sicherlich kein schöner Anblick, so was.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür.
Müde stand Johann Kettler auf und schlurfte zum Eingang seines Heimes, um den späten Besuch hereinzulassen. Katharina blickte dem Vater mit großen Augen nach. Wie konnte er nur so ruhig sein? Das war doch sicherlich Schulte Dengler, der da klopfte. Er war der sogenannte Dorfpolizist und dazu bestimmt, sämtliche Zwistig- und Unstimmigkeiten zwischen Nachbarn erst einmal im Guten zu regeln. Stritten sich zwei darum, wem das Fallobst gehörte, wenn der Apfelbaum so nahe am Zaun des Nachbarn stand, dass die Früchte auch im Garten des anderen landeten, dann war es Schulte Dengler, der vermittelte. Selbst bei Familienangelegenheiten wurde er gerufen, dann etwa, wenn der Metzger Wilhelm seine ständig schwangere Frau zu ersäufen drohte und die Leute sich um das Wohl des Ungeborenen sorgten.
Und jetzt kam Schulte Dengler, weil Bauer Wennemann den Heuboden hinuntergestürzt und ihm erzählt worden war, dass Katharina Kettler daran möglicherweise nicht unschuldig gewesen sei. Sicherlich hatte die alte Grete überall davon berichtet. Die Magd hatte Katharina gesehen, als diese aus der Unglücksscheune kam. Auf dem Hof hatte sie gestanden und die Hühner gefüttert, während Katharina sich in den Schweinestall hatte zurückziehen wollen. Es war auch die Magd Grete gewesen, die den Toten unter einem Mordsgekreisch gefunden hatte. Jedoch erst eine halbe Stunde später, dann, als Katharina bereits einen guten Teil des Schweinestalls ausgemistet hatte.
„Johann, wie geht es? Was macht der Rücken?“, hörte Katharina nun tatsächlich die dunkle Stimme des Dorfpolizisten.
„Heinrich, du bist es. Was ist los? Haben meine Hühner wieder auf den Hof der alten Fine gekackt?“
„Nein, Johann, nein. Ich will deine Tochter befragen. Du weißt ja, was mit Wennemann passiert ist.“
„Da sitzt sie. Komm rein, Heinrich. Trinkst du einen Korn mit?“
„Bin doch sozusagen im Dienst, Johann.“
„Ach, Heinrich. Ein Schnäpschen in Ehren ...“
Schnell hatte Anna Kettler ihren Stuhl frei gemacht und dem Gast untergeschoben, damit er Platz nehmen konnte. Dann beeilte sie sich, eine Flasche Korn, die sie von einem Holzregal aus der kleinen Küchenecke nahm, zu entstauben und zwei einigermaßen heile Gläser zu finden, mit denen sie Heinrich Schulte Dengler und ihren Mann bewirten konnte. Katharina blieb solange starr vor Schreck sitzen. Er war gekommen, um sie nach Haltern ins Gefängnis zu bringen. Daran bestand für sie kein Zweifel.
„Tja, Katharina“, begann der Dorfpolizist, „eine traurige Geschichte ist das, nicht wahr?“
Katharina nickte stumm, während Johann seinen Enkelsohn zurechtwies, der mittlerweile seine Holzbüchse hergeholt hatte und damit auf den Gast zielte.
„Grete Mahlmann sagt, du wärst mit dem Bauern zusammen in der Scheune gewesen, als es passiert ist, stimmt das?“, fragte Schulte Dengler ungerührt von der Bedrohung durch den kleinen Jungen.
Heftig schüttelte Katharina den Kopf, sagte aber immer noch nichts.
„Sie hat dich gesehen, wie du herausgekommen bist und sie will auch gehört haben, dass es einen Streit zwischen dir und Wennemann gegeben hat.“
Katharina schluckte. Ihre Mutter blickte sie stumm vor Schreck an. Der Vater zog nur die Brauen hoch und wandte sich dann an den Gast:
„Was willst du damit sagen Heinrich? Glaubst du etwa, unsere Trine ...?“
„Nein, Johann, nein, das glaube ich nicht. Aber nachfragen muss ich. Das ist meine Pflicht.“
Katharina atmete leicht auf, vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Sie versuchte sich zu sammeln und einen klaren Gedanken zu finden. Jetzt durfte sie keinen Fehler machen. Dann begann sie zu reden, ganz leise, kaum hörbar sagte sie:
„Ja, ich war in der Scheune. Habe oben ausgefegt und Platz gemacht für das neue Korn. Dann kam der Bauer, um unten etwas zu suchen. Ich weiß aber nicht, was er gesucht hat. Er war schlechter Laune und hat vor sich hingeschimpft. So ist er nun einmal. Wir haben nicht gestritten, er redet doch immer so laut. Ich soll erst die Schweine misten hat er irgendwann zu mir gesagt. Nein, gerufen hat er es, weil ich doch oben war und er unten. Das alles mag Grete als Streit gedeutet haben. Ich bin dann runter und zu den Schweinen. Er ist weiter in der Scheune geblieben. Dass er auf den Heuboden gestiegen ist, habe ich nicht gesehen.“
Sie log, log leise, aber trotzdem so sicher, dass sie nicht einmal rot dabei wurde.
Schulte Dengler nickte und trank seinen Korn in einem Zug aus, stellte das Glas auf den Tisch, erhob sich und ging zur Tür.
„So war das also. Werde es in meinen Bericht aufnehmen und an die zuständige Behörde weitergeben. Gute Nacht und danke für den Schnaps“, sagte er zu Katharinas Vater, der ihn zum Ausgang begleitete, doch seine Stimme klang nicht überzeugt. Und auch Johann und Anna schauten sehr besorgt, sprachen aber nicht weiter von dem Vorfall. Ein bedrückendes Schweigen herrschte im Hause der Kettlers an diesem Abend, unterbrochen nur von dem Lachen der Kinder.
Wochen vergingen und es wurde nicht Gericht gehalten über Katharina Kettler. Zumindest wurde kein offizielles Gericht über sie gehalten. Es gab keine Anklage, kein Verfahren, sie musste nicht in Untersuchungshaft, nicht hinter Gittern und wurde erst recht nicht zum Galgen geführt, wie sie befürchtet hatte. Nicht einmal eine weitere Zeugenaussage musste sie tätigen.
Die Ermittlungen hatten eindeutig ergeben, dass es sich um einen tragischen Unfall gehandelt haben musste. Bernhard Wennemann war die Leiter in der Scheune hinaufgestiegen, wobei eine Sprosse brach. Durch den Schreck hatte Wennemann die Leiter mit seinem ganzen Gewicht nach hinten gerissen, diese war gekippt und er war hinuntergefallen. Leider endete der Sturz auf dem Pflug, dessen Scharspitzen unglücklicherweise so ausgerichtet waren, dass Wennemann von diesen rücklinks aufgespießt wurde.
Katharina galt also juristisch gesehen als unschuldig. Doch was juristisch gilt, muss noch lange nicht im dörflichen Miteinander gelten. Denn hier war man anderer Ansicht. Die Gerüchte waren wild. Von den Folgen rasender Eifersucht und verschmähter Liebe war die Rede, von heimtückischer Rache, von Habgier und Vertuschung. Die, die es noch am besten mit Katharina meinten, brachten Notwehr ins Spiel. Aber eines war allen im Ort klar: Ein Unfall war der Tod des Bernhard Wennemann nicht. Und somit wurde Katharina noch mehr gemieden als zuvor.
Niemand sprach seine Verdächtigungen offen gegenüber Katharina und ihren Eltern aus, es gab keine tätlichen Übergriffe, keine heimlichen Böswilligkeiten. Aber, und das war folgenreicher als die soziale Ausgrenzung, niemand wollte Katharina mehr für sich arbeiten lassen. Auf keinem Hof gab es Verrichtungen für sie zu tun. Man wollte sie nicht mehr.
„Frieda heißt sie, schwarze Haare hat sie und ganz blaue Augen. Ein wirklich schönes Mädchen. Ich werde sie noch im Frühjahr heiraten.“
Wie jedes Jahr zu Weihnachten saß die gesamte Familie Kettler in ihrem Häuschen und beging ein bescheidenes Fest. Auch Konrad und Matthias, die beiden Söhne, waren aus dem einen Tagesmarsch entfernten Bochum herbeigekommen. Noch führten sie wie viele Kohlearbeiter ein Junggesellenleben und schickten den Eltern ab und zu Geld nach Hause. Seit dem Vorfall mit Bauer Wennemann war die Familie mehr denn je auf die Unterstützung der Söhne angewiesen. Der alte Johann hatte sich wochenlang gewehrt, zusätzliches Geld von ihnen anzunehmen. Schließlich hatte er es seiner Frau doch gestattet, den Söhnen einen Brief zu schreiben. Doch recht war es ihm ganz und gar nicht.
„So, so, heiraten wirst du“, murmelte der Vater.
Und Konrad erwiderte verlegen: „Ich werde sie heiraten müssen.“
„Nicht zurückhalten kann sich die Jugend heutzutage. Immer das gleiche“, der alte Johann schüttelte lachend den Kopf.
„Dann gib uns fortan kein Geld mehr, Konni, du brauchst es jetzt nötiger“, sagte die Mutter ernst und legte eine Hand auf Konrad Schulter.
Katharina schwieg. Sie hätte sich sehr für Konrad freuen müssen, doch sie konnte es nicht. Diese neue Situation machte die ohnehin schon angespannte Lage nur noch schlimmer.
„Was macht sie denn so, deine Frieda?“, forschte Anna weiter.
„Sie ist ein fleißiges Ding. Arbeitet als Dienstmädchen bei einer reichen Witwe.“
„Das ist schön. Ein arbeitsames, anständiges Mädchen.“ Anna Kettlers Augen begannen zu strahlen, allerdings nicht nur aus Freude über ihre neue Schwiegertochter, sondern weil ihr ein Einfall gekommen war: „Aber Konrad, dort, wo sie in Dienst ist, wird sie ja nicht bleiben können, jetzt wo sie ein Kind bekommt, deine Frieda.“
„Noch weiß die Alte nichts von dem Kind“, antwortete Konrad an einem harten Lebkuchen kauend, „aber sobald sie es erfährt, fliegt Frieda bestimmt raus. Es kann sich nur noch um Tage handeln, denn sie ist schon ordentlich rund.“
Nun kam Anna raus mit der Sprache: „Dann soll doch Katharina das machen! Trinchen, das wäre doch was für dich! In Bochum. Da kennt dich keiner.“
„Das ist wohl die Hauptsache, dass mich keiner kennt“, antwortete Katharina äußerlich beleidigt, aber innerlich behagte ihr dieser Gedanke durchaus. Sie hatte schon so lange davon geträumt fortzugehen. Dabei war Bochum nicht unbedingt der Ort ihrer Sehnsüchte gewesen. Aber wer durfte in ihrer Situation schon wählerisch sein? Fort von hier, weg aus dem Dorf. Weg von den Leuten, die sie auf der Straße mit offenen Mäulern anstarrten, als sei sie ein Besucher vom Mond. Verstecken musste sie sich. Schämen musste sie sich. Und tatsächlich schämte sie sich auch. Sie wagte sich kaum mehr aus dem Haus.
Anna war fasziniert von dem Gedanken, dass ihre Tochter eine Anstellung in der Stadt bekommen könnte und fuhr begeistert fort: „Hansi und Lieschen lässt du einfach hier. Und wenn du uns monatlich einen Teil von deinem Geld schickst, dann können wir sie besser versorgen als je zuvor. So ist es das Beste. Wer weiß, ob sich da in der Stadt nicht doch noch ein Mann für dich findet. Da gibt es viel mehr Männer als Frauen, nicht wahr Jungs?“
„Viel mehr Männer als Frauen gibt es da“, antwortete Mathias, der jüngere, und nahm einen Schluck Bier. „Und es werden täglich mehr. Zwanzig Mal so viele Menschen leben in der Stadt als noch vor fünfzig Jahren, heißt es. Und viele davon sind Junggesellen. So wie ich“, fügte er mit einem gespielt neidischen Blick hinzu, den er seinem Bruder zuwarf.
„Warum ist uns dieser Gedanke nicht schon längst gekommen?“, Anna Kettler war nach wie vor Feuer und Flamme.
„Aber zwei fremde Kinder will von denen auch keiner durchfüttern. Das kann ich euch versichern“, ergänzte Mathias trocken.
„Trinchen braucht keinen Mann, sondern eine anständige Arbeit. Und irgendwann hat sie so viel Geld, dass sie ihre Kinder allein versorgen kann. Dann kommen die Männer ganz von selbst“, kommentierte der alte Johann aufmunternd.
„Vielleicht lässt sich da tatsächlich etwas machen“, sagte Konrad. „Die nehmen in den Häusern der Vornehmen ohnehin lieber Mädchen vom Lande. Die Töchter von Arbeitern sind denen nicht geheuer. Trine muss ja nicht gleich erzählen, dass sie schon zweifache Mutter ist und den Wennemann vom Heuboden geworfen hat.“
Beide Brüder fingen herzlich an zu lachen, auch der Vater schmunzelte, während Anna Kettler nur den Kopf schüttelte und Katharina besänftigend die Schulter streichelte.
„Was müsste unser Trinchen denn da arbeiten? Vornehm sind sie, sagst du?“, bohrte Anna schließlich weiter.
„Die Alte ist reich, ihr Mann war ein ganz hohes Tier und ihr Sohn ist Direktor. Sie lebt allein, ein bisschen außerhalb der Stadt. Ein schönes Haus ist das, modern, sogar mit einem Türmchen. Es steht mitten im Wald, wie ein Hexenhäuschen. Passt zu der Alten, denn die ist wirklich eine Hexe. Liegt den ganzen Tag im Bett und lässt sich von vorne bis hinten bedienen.“
„Im wahrsten Sinne des Wortes“, unterbrach Mathias.
„Ja, das gehört halt dazu. Aber es wird gut bezahlt. Füttern, waschen, Hintern abwischen, vorlesen, Kissen aufschütteln und vor allem zuhören und dabei immerzu mit dem Kopf nicken, das ist alles, was du machen müsstest, Schwesterchen.“
„Vorlesen? Das kann ich nicht.“
„Das geht schon. Mit ein bisschen Übung kriegst du das hin. Musst ja nichts schreiben“, beruhigte Konrad die Schwester.
New York, 29.12.1869, 10:43 Uhr
Keine Fortschritte. Herzversagen durch Chloroform bei Nummer 4. Eröffnung bestätigt schlimmsten Verdacht. In Zukunft nur noch Einlieferung in weniger fortgeschrittenem Stadium. Schwein lebt noch. Jedoch Fieber. Laut Boss ist in Berlin nach K.B. zu suchen. Unter den Linden bei Eisner. Keine weiteren Informationen verfügbar.
„Ich habe dir gleich gesagt, du sollst nicht dein gutes Kleid anziehen, Trine. Und diese Schuhe ...“, Mathias war langsam ungehalten. Es dämmerte bereits und sie hatten nicht einmal zwei Drittel des Weges hinter sich, obwohl man, marschierte man zügig, nicht mehr als sieben Wegstunden benötigte, um zu Fuß von ihrem Dorf nach Bochum zu kommen.
„Soll ich etwa mit Holzschuhen bei der vornehmen Frau antanzen?“, Katharina war mittlerweile ganz stehen geblieben, hatte sich an einen Zaunpfahl gelehnt und die unbequemen Schuhe ausgezogen, um die riesigen Blasen an den Fersen in Augenschein zu nehmen. Konrad, der ältere der beiden Brüder, nutzte die Pause, um sich eine Zigarette anzuzünden, während Mathias weiterschimpfte.
„In einen Beutel hättest du alles packen können, das gute Kleid und auch die guten Schuhe. Heute wirst du ohnehin nicht mehr bei der Alten vorgelassen. Schau dich doch mal an, wie willst du denn den ganzen Dreck wegbekommen?“
„Konnte ich wissen, dass es jetzt schon zu tauen anfängt? Außerdem habe ich nicht vor, meine alten Lumpen mit in die Stadt zu nehmen, nicht einmal als Reisekleidung. Und im Übrigen geht es dich gar nichts an, was ich mache. Konni ist es, der mir die Arbeit beschaffen will, nicht du! Kümmer du dich um deinen eigenen Kram!“
Katharina schlüpfte unter Schmerzen zurück in die engen Schuhe, band sie zu und versuchte sich danach, den Schlamm von ihrem schwarzen Rock zu wischen. Fluchend ließ sie davon ab, es nützte nichts, sondern wurde nur noch schlimmer. Auch wenn Sie es nie zugegeben hätte, der Bruder hatte Recht: Sie hätte nicht ihr einziges gutes Kleid anziehen sollen.
„Wann sind wir denn endlich da, Konni?“, wandte sie sich in sehr viel freundlicherem Ton an den älteren Bruder.
„Schau, da drüben. Siehst du die Fördertürme? Drei erkennt man von hier aus schon und die anderen sind hinter dem ganzen Rauch versteckt. Man kann sie gar nicht verfehlen, die Ruhrstädte. Der miefige Dunst weist einem den Weg von Weitem.“
Ja, da hing tatsächlich eine riesige, graue Wolke am Himmel. Eine Wolke, die wenig zu tun hatte mit ihren rosaroten Schwestern, die rechts von ihnen die Sonne auf ihrer letzten Station an diesem Dezembernachmittag begleiteten. Dort lagen also die vielen Orte und wachsenden Städte, in die es zahllose Menschen trieb. Nicht weit von Katharinas Heimatdorf schossen sie wie Pilze aus dem Boden, trotzdem war sie nie hier gewesen. Hier war sicherlich alles ganz anders, hier musste einfach alles ganz anders sein, das wünschte sich Katharina und das meinte sie auch an den seltsamen, knochigen Türmen und an der bedrohlichen grauen Wolke zu erkennen.
Sie stand eine Weile da und sog tief die Luft ein. Sie hoffte auf etwas fremdartiges, auf etwas andersartiges. Doch es roch nicht nach Stadt, nicht nach Kohlenstaub, nicht nach Rauch und Öl. Nein, es roch nach der kalten Jahreszeit, nach frischer, klarer Winterluft. Einfach nach Winter. Katharina war enttäuscht.
„Na, dann beeilen wir uns halt“, sagte sie, und begann davon zu humpeln, immer auf die düstere Wolke zu, von der sie hoffte, dass sich darin ein neues Leben für sie verbarg.
„So, da wären wir.“
Es war stockfinster, als sie das Haus erreichten, in dem Konrad ein Zimmer hatte. Er lebte als Schlafbursche bei einer Arbeiterfamilie, die einige Räume inmitten der Bochumer Kernstadt bewohnte. Der Mann war Facharbeiter gewesen, eine gelernte Kraft in einem metallverarbeitenden Betrieb, doch dann hatte er eine Hand verloren und war nun Invalide. Man lebte seither von den Einkünften der Frau und der Kinder sowie von dem, was die beiden untervermieteten Zimmer einbrachten.
Es war ein schönes Zimmer im Dachgeschoss, sogar mit Fenster, und groß genug, dass nicht nur eine Pritsche, sondern auch ein kleiner Tisch darin Platz fand. Hier nun sollte Katharina die Nacht verbringen, Konrad würde solange zu Mathias ziehen, der zusammen mit neun anderen Arbeitern eine einfache Unterkunft in unmittelbarer Nähe der Zeche Hasenwinkel bewohnte.
„Morgen, nach der Schicht, hole ich dich ab. Dann gehen wir zu der alten Hexe. Sieh zu, dass deine Sachen bis dahin sauber sind, sonst kannst du die Stelle vergessen.“
Die Brüder verabschiedeten sich und Katharina saß allein auf der Pritsche in dem Junggesellenzimmer.
Und nun?
Endlich war sie weg aus ihrem Dorf. Endlich. Doch irgendwie blieb Katharina hin und hergerissen. Denn wirklich freuen konnte sie sich nicht. Unbehaglich war ihr zu Mute und schon jetzt beschlich sie ein schlimmes Heimweh. Sie vermisste ihre Kleinen. War es richtig gewesen, die Familie zu verlassen und so weit fortzugehen? Hätte sie sich nicht eine Stelle in Haltern suchen können? Insgeheim hoffte sie, dass die alte Frau Weilheim sie gar nicht mochte und sie gleich morgen wieder nach Hause schickte. Dann wieder stellte sie sich vor, welche nie gekannten Möglichkeiten hier vielleicht auf sie warten könnten. Sie musste sich einfach nur einen Ruck geben und sich trauen neu anzufangen. Alles andere würde sich dann schon von selbst ergeben.
Sie seufzte, setzte sich auf den einzigen Stuhl und begann die drückenden Schuhe aufzuschnüren. Anschließend nahm sie ihren schmutzigen, löchrigen Leinenbeutel zur Hand und holte hervor, was von dem Reiseproviant noch übriggeblieben war. Ein kleines Stück Brot und ein Rest Ziegenmilch. Nun, das musste reichen.
Langsam zog sie nach dem Essen auch ihr Kleid aus und begutachtete es im spärlichen Licht der Öllampe, die auf dem schiefen Holztischchen stand. Unten am Saum war es tatsächlich vollkommen verdreckt, aber noch so feucht, dass Katharina die Nacht abwarten wollte, bevor sie einen Versuch unternahm, den Schmutz wegzumachen. Wenn er erst einmal angekrustet war, konnte man ihn besser abbröckeln und abreiben. Sie würde morgen ohnehin genügend Zeit haben, denn Konrad traf sich erst nach der Frühschicht mit ihr, um sie zu der alten Frau Weilheim zu bringen.
Noch einmal schaute sie nach ihren Blasen an den Füßen, sie waren endlich dick und prall gefüllt. Katharina zog die Nadeln aus ihrem zu einem Knoten zusammengemachten Haar und legte sie nacheinander auf den Tisch. Dann nahm sie den kleinen Rasierspiegel, der an einem rostigen Nagel an einem Balken der Dachschräge hing und blickte hinein. Dachte man sich die zahllosen Sommersprossen weg, könnte sie eigentlich ganz zufrieden mit sich sein. Dumm nur, dass ihre Lippen so aufgesprungen waren, rau und rissig waren sie. Würde das der vornehmen Frau auffallen?
Melkfett bräuchte sie jetzt. Melkfett und Wasser. Aber beides stand ihr nicht zur Verfügung und sie mochte auch die Mieter nicht danach fragen.
Katharina hängte den Spiegel zurück und widmete sich wieder dem Vorhaben, zu dessen Vorbereitung sie ihr Haar geöffnet hatte. Sie nahm eine der Haarnadeln vom Tisch und stach schnell und geübt die Blasen an beiden Fersen auf. Eine Erleichterung war das und wenn sie hier in diesem Raum irgendwo ein paar Lumpen fand, die sie sich morgen zwischen Fersen und Schuhe stopfen konnte, dann müsste der Schmerz zu ertragen sein. Im Übrigen würde ihr als Dienstmagd einer solch wohlhabenden Dame doch sicherlich eine angemessene Arbeitsbekleidung zur Verfügung gestellt werden und dazu zählten sicherlich auch bequeme, neue Schuhe. So hoffte sie.
Sollte sie nun schlafen gehen?
Sie war doch noch gar nicht müde. Viel zu aufregend war die neue Umgebung, viel zu aufregend auch die Gedanken an den morgigen Tag. Alles würde ab morgen anders werden. Vollkommen anders. Doch Katharina zweifelte immer wieder daran, ob sie dazu bereit war. Nie zuvor war sie auf sich allein gestellt gewesen. Stets konnte sie auf den Beistand von sie liebenden Menschen zählen. Aber immerhin waren ja die Brüder in der Nähe. Dieser Gedanke war beruhigend, wurde jedoch bald abgelöst von der Angst vor der als „alte Hexe“ bezeichneten Frau Weilheim.
Vorlesen sollte sie ihr. Für Katharina war diese Vorstellung schlimmer, als die Pflicht, der bettlägerigen Frau bei dringenderen Bedürfnissen behilflich zu sein. Sie konnte durchaus lesen, hatte es in der Dorfschule gelernt, aber Übung besaß sie darin nicht. Konrad hatte hingegen leicht reden, er las ständig, schon als Kind hatte er alles verschlungen, was es Lesbares zu ergattern gab: Gebetsbücher, Flugblätter und sogar die langweiligen amtlichen Bekanntmachungen, die oft jahrelang in einem Kasten an der Dorfschulwand vor sich hingilbten. Sicherlich hatte er auch hier in seinem Zimmer irgendwo etwas zu lesen versteckt, mit dem es sich üben ließe - ein Pfennigmagazin vielleicht oder ein Bilderbogen mit amüsanten, eventuell sogar schlüpfrigen Geschichtchen. Das wäre genau das Richtige, um sich die zweifelnden Gedanken und die lästige Wartezeit zu vertreiben.
Katharina stand auf und ging zu dem Holzregal, das über der knarrenden, durchgelegenen Pritsche an der Wand hing. Auf diesem Regal stand alles Mögliche: Da waren Rasierzeug, Zigarettenschachteln, eine Flasche Schnaps und unter zwei grauen Handtüchern lag auch ein kleiner Stapel Zettel und Broschüren. Katharina griff danach und schaute es sich an. Nur langweiliges Zeug war das. Politisches. Aufrufe zu Arbeiterversammlungen in irgendwelchen Kneipen. Zeitungsausschnitte. Und auch ein Buch, klein war es, ohne Deckel und sicherlich ebenso ermüdend wie die übrigen Schriften.
Warum nur musste ihr ältester Bruder so anständig sein? Bei Mathias, so oft sie sich auch mit ihm stritt, würde sie gewiss interessantere Dinge finden. Doch bei dem nächtigte sie nun einmal nicht, durfte es nicht, weil er mit zu vielen anderen Burschen zusammenlebte.
Sie stieg von der Pritsche hinunter, nahm sich die Wolldecke vom Bett, wickelte sich darin ein und setzte sich wieder auf den wackeligen Stuhl an den kleinen Tisch. Dann schlug sie das Büchlein auf und begann, halblaut, möglichst deutlich und hochdeutsch zu lesen:
„Ein Gespenst geht um in Europa ...“
Katharina stutzte. Na, das fing ja spannender an, als sie erwartet hatte.
„ ... – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar ...“
So las Katharina, sie las den ganzen Abend, bis tief in die Nacht und auch wenn sie anfangs ein wenig enttäuscht darüber war, dass es sich doch nicht um eine Gruselgeschichte handelte, machte es ihr dennoch Freude, zu erkennen, wie schnell sie an Übung gewann.
Das waren also die Ideen von diesem Karl Marx. Der Mann, den ihr Vater einen „bürgerlichen Träumer“ zu nennen pflegte und dessen Ansichten er einen großen Bockmist schimpfte, mit dem dieser Marx und dessen Freund Engels den einfachen Leuten nichts als Ärger einhandelten. Konrad sah das anders und Katharina kümmerte es nicht.
Was kümmerte einen der Kampf um das Glück aller Leute, wenn man genug mit sich selbst zu kämpfen hatte? Sie legte das Heft, nachdem sie es ausgelesen hatte, zur Seite und schlief mit dem Gedanken, dass alles nur besser werden kann, sofort ein.
Katharina stand auf der Straße und wartete auf ihren Bruder.
Eine seltsame Umgebung war das hier. So viele Häuser, dicht an dicht, ja sogar so dicht gebaut, dass man nicht einmal einen winzigen Spalt zwischen den Außenwänden ließ.
Und dann diese enorme Uhr.
Noch nie hatte sie eine solch riesige Uhr gesehen, größer als an einem Kirchturm. Sie stand da einfach, groß und rund auf einem Pfahl und zeigte allen Menschen die Zeit an.
Zeit zur Arbeit zu eilen, Zeit Mittag zu machen, Zeit weiterzuarbeiten, Zeit für den Feierabend, Zeit zum Abendbrot und Zeit zum Schlafengehen. Danach galt es sich zu richten, das wusste Katharina, hier zählte nicht der natürliche Rhythmus der Jahreszeiten, hier zählte überhaupt nichts Natürliches mehr. Hier stand man nicht mit der Sonne oder mit dem Krähen des Hahnes auf, sondern immer um die gleiche Zeit. Und immer zur gleichen Zeit musste man bei der Arbeit sein, ob nun Frühling, Sommer, Herbst oder Winter war. Davon hatten die Brüder bereits berichtet und der Vater hatte „solch eine Hetze“, wie er es nannte, nur mit einem müden Kopfschütteln quittiert.
Ja, die Uhr war das Auffälligste in dieser Straße, dann die Menge an Häusern, aber nicht ihr Aussehen. Man konnte nicht sagen, dass es andere Häuser waren als in Katharinas Heimatdorf. Teils waren sie etwas höher und nur die wenigsten aus Fachwerk gebaut, aber viele verfügten über ebensolche Ställe und Höfe, wie die Katen und Kleinbauernhöfe auf dem nahen Lande auch. Allerdings gab es hier deutlich mehr Geschäfte und in einem hatte Katharina bereits Melkfett für ihre rissigen Lippen gekauft.
„Was hast du denn da am Mund?“, fragte Konrad, sich eine freundliche Begrüßung der Schwester sparend.
„Das wische ich gleich weg. Ich lasse es nur noch ein wenig einziehen“, antwortete Katharina.
„Vergiss es bloß nicht, sonst denkt die Alte noch, du hättest die Sahnetorte aus der Küche geklaut.“ Konrad ging voran und winkte die Schwester hinter sich her.
„Gibt es da etwa Sahnetorte?“
„Was glaubst du denn? Aber nicht für dich, das schlag dir mal gleich aus dem Kopf.“
Er sah richtig gut aus. Blitzsauber hatte er sich gewaschen, obwohl er doch den ganzen Tag im Kohlenstaub gearbeitet hatte, nur an den schwarzen Fingernägeln konnte man erkennen, welcher Tätigkeit er nachging. Seine Mütze saß etwas schief auf dem Kopf – das sollte keck und ein wenig verwegen wirken. Und um den Hals hatte er ein Tuch gebunden. Ein schönes Tuch, ledern, wie es den Anschein hatte. Katharina konnte sich nicht erinnern, den Bruder jemals so adrett gesehen zu haben.
„Hast du dich für deine Frieda so feingemacht?“, fragte sie schelmisch und genoss es, wie Konrad rot wurde.
„Sie kommt uns entgegen, um dich zu der Alten zu führen. Ich gehe da nicht mit rein.“
„Warum nicht? Etwa weil die zur kapitalistischen Burgeusie gehört?“, Katharina beäugte den Bruder von der Seite, gespannt darauf, wie er nun reagieren würde.
„Burschuarsie wird das ausgesprochen. Hast du etwa gestern meinen Marx gelesen?“
„Ich musste doch lesen üben.“
„Bist ja emsiger als ich dachte, Schwesterlein. Na, dann kann ja nichts mehr schief gehen.“
Frieda war nicht ganz so hübsch, wie Katharina sie sich vorgestellt hatte, aber dafür umso redseliger. Sie hatte Katharina soeben begrüßt, da begann sie auch schon ununterbrochen zu plappern und Katharina erfuhr in kurzer Zeit alles, was es Wissenswertes und weniger Wissenswertes über Margarethe Weilheim zu berichten gab. Falsche Zähne hatte sie, die aussahen wie kleine Marmorblöcke, ihr Sohn war ein verklemmter, bejahrter Junggeselle, die übrigen Angestellten waren weder freundlich noch böse, Besuch kam wenig, die Alte liebte Schokolade, aber hasste Nüsse, außerdem rauchte sie heimlich wie ein Schlot und gefiel sich darin, ihr Personal zu beleidigen. Frei erhielt man selten, jedoch immer dann, wenn man vorgab, eine ansteckende Krankheit zu haben.
Zahllose weitere Worte sprudelten über Friedas Lippen, doch irgendwann gelang es Katharina nicht mehr, ihr zu folgen, geschweige denn, sich alles zu merken.
Wie nur würde es ihr Bruder mit solch einer Frau aushalten?
Zu Katharinas Glück hatten sie endlich das Haus der alten Frau Weilheim erreicht. Es lag nicht weit von der Stadt entfernt, aber dennoch sehr ländlich gelegen, einsam, inmitten eines kleinen Nadelwaldes. Eine breite Einfahrt teilte das Wäldchen in zwei Hälften und am Ende dieser Einfahrt stand die Villa der alten Dame. Ein dunkles Backsteinhaus mit großen Fenstern und einem in Höhe der ersten Etage hervorspringenden Türmchen. Es war ein schönes Haus, das schönste, das Katharina jemals zu Gesicht bekommen hatte. Eilig rieb sie sich die Reste des Melkfettes vom Mund und nutzte ihre nun fettigen Finger, um einzelne fliegende Haare wieder an den Kopf zu legen.
Nun stand dem Beginn ihres neuen Lebens nichts mehr im Wege.
New York, 13.03.1870, 9:37 Uhr
Eisner doch falsche Fährte. Bei Klausnitz versuchen. Anschrift unbekannt. Fortschritte bei der Arbeit. Dank LRS und Morphium Eingriff gelungen. Jedoch Tod durch Pneumonie nach 6 Tagen. Dennoch als Erfolg gewertet. Schwein hingegen verendet. Wundbrand.
„Wenn du wüsstest, wie oft ich es bereue, dich eingestellt zu haben.“
Das war der Begrüßungssatz, den Katharina an einem jeden Morgen von Margarete Weilheim gesagt bekam. Keine Antwort auf ihr freundliches „Guten Morgen“, kein Nicken, nicht einmal „Wie ist das Wetter?“. Nein die Alte wurde nicht müde tagtäglich zu wiederholen, wie sehr sie es doch bereute, Katharina eingestellt zu haben. Lediglich die Gründe für diese Reue variierten. An einem Tag hieß es, sie sei faul, dann wieder sie sei dumm oder bockig, man unterstellte ihr, sie stinke oder sie rede schlecht über ihre Herrin, dann wieder war sie zu schweigsam, am nächsten Tag zu geschwätzig, sie trinke heimlich von dem Cognac der Dame, nasche von ihren Pralinen, benutze ihr Eau de Cologne. Sie lüfte so viel, dass die arme alte Frau erfriere oder sie lüfte so wenig, dass sie ersticke. Ständig wolle sie ihr Kissen ausschütteln und ließe ihr damit keine Ruhe, dann wieder ließ sie die Kranke so lange auf dem Kissen liegen, dass sich schon Federn mit dem spitzen Ende in die alten, weichen Wangen bohrten. Das Essen, was Katharina brachte, schmeckte nie, der Kaffee war zu kalt oder zu heiß, das Brot zu weich oder zu trocken, auf geräucherten Lachs hatte man keinen Appetit, lieber war einem ein Weißbrot mit Marmelade, was jedoch am folgenden Tag vollkommen zuwider war und auf den Boden geworfen wurde. Der Boden war sofort zu reinigen, die Sohlen der Schuhe stets zu überprüfen. Überhaupt solle Katharina nicht so laut stampfen beim Gehen, da bekomme man kein Auge zu, sie solle es aber auch bitteschön vermeiden, sich hinterhältig und unbemerkt anzuschleichen, es sei denn, sie wolle, dass die Herrin an einem Herzschlag stirbt.
Kurz und gut: Katharina Kettler verabscheute Margarete Weilheim, ja sie verabscheute sie von ganzem Herzen, mehr noch als sie Bernhard Wennemann an dessen schlimmsten Tagen verabscheut hatte.
Ein Lichtblick war tatsächlich das Geld, welches sie durch diese Anstellung verdiente und fast gänzlich zu ihren Eltern nach Hause schickte, damit diese sich selbst und vor allem den beiden Kindern das Leben erleichtern konnten. Ein Lichtblick war auch - hin und wieder, meist an einem Samstagabend - ihren Bruder Mathias zu besuchen, der viele Freunde hatte, die es sehr begrüßten, wenn er seine hübsche Schwester zu Tanzveranstaltungen mitbrachte .
„Ich rate dir im Guten, Katharina: Mach keinen Blödsinn! Ein drittes Maul wollen die Eltern gewiss nicht stopfen.“
Mathias war bereits angetrunken und nicht nur im angetrunkenen Zustand war es seine Art, immer die unverblümte Wahrheit zu sagen. Daran war Katharina seit Kindertagen gewohnt und deshalb war sie ihm nicht böse.
„Du wirst schon auf mich aufpassen, Bruderherz“, lachte sie nur. Sie saßen in einer Bierkneipe, in deren hinterem Raum Tische und Stühle an die Wände geschoben worden waren, um dort eine genügend große Tanzfläche zu erhalten. Ein Orchester von musikalischen Bergleuten spielte mithilfe von verschiedenen Blasinstrumenten und einer Ziehharmonika lustige Tänze, sodass schnell eine ausgelassene Stimmung aufgekommen war. Katharina fühlte sich sehr wohl und genoss es, immer wieder mit stets wechselnden Partnern zu tanzen.
Jetzt hatte sie sich neben ihrem Bruder niedergelassen, um eine Verschnaufpause zu machen, sich ein paar Schlücke Bier zu genehmigen und auch ein wenig mit Mathias zu plaudern. Denn sie wollte ihn längst etwas gefragt haben.
„Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen, liebes Brüderlein. Von denen, die heute Abend hier sind, gefällt mir ohnehin keiner.“
„Dann ist es ja gut. Du weißt ja: Die sind fast alle verheiratet. Das heißt nicht, dass die nicht Ja zu einer Blondine sagen, aber mehr als ein Späßchen am Lattenzaun ist von denen nicht zu erwarten. Sobald die genug Geld zusammen haben, gehen die zurück in ihre Dörfer, wo Frau und Kinder auf sie warten.“
„Danke für die freundliche Warnung“, sagte Katharina und fragte dann möglichst beiläufig: „Wo ist eigentlich dein Freund Antonius? Wollte er nicht auch kommen?“
„Ah, jetzt geht mir ein Licht auf“, rief Mathias ein wenig zu laut. „Der gefällt dir also, oder was? Der schmächtige Hungerhaken. Wer hätte das gedacht. Was hast du denn ausgerechnet an dem für einen Narren gefressen?“
Katharina wurde rot, aber dann, nachdem sie ihrem Bruder einen verlegenen Blick von der Seite zugeworfen hatte, begann sie doch zu erzählen und geriet dabei – dank des leichten Schwipses, den sie bereits hatte - unwillkürlich ins Schwärmen:
„Er kann so schön erzählen. Ich habe den Eindruck, dass er ziemlich klug ist und zudem anständig. Fast ein wenig schüchtern.“
„Täusch dich da mal nicht, der hat es faustdick hinter den Ohren“, Mathias nahm einen weiteren Schluck Bier und ließ, während er mit der Schwester sprach, nicht davon ab, zwei Mädchen zu beobachten, die am anderen Ende der Tanzfläche zusammenstanden und miteinander tuschelten und kicherten.
„So? Warum?“, forschte Katharina.
Mathias reagierte nicht, sondern prostete den Damen zu, die ebenfalls ihre Gläser in seine Richtung erhoben. Katharina versetzte ihm mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Rippen.
„Was?“, herrschte er sie an, gleichzeitig den beiden Mädchen zuwinkend.
„Warum hat Antonius es faustdick hinter den Ohren?“
„Nur so halt. Da gibt es die ein oder andere Geschichte. Männersache. Werde ich dir nicht erzählen. Außerdem geht der ohnehin nach Amerika. Schon sehr bald. Ich glaube, er hat was davon erzählt, dass er bereits günstig an eine Fahrkarte gekommen ist.“
„Aha.“
Katharina war enttäuscht. Aller Frohsinn verschwand plötzlich aus ihrem Gesicht, ja, sogar der Schwips war weg und sie verspürte gar keine Lust mehr zu tanzen.
Wieder einmal das gleiche.
So war es bei Johanns Vater gewesen und so war es erst recht bei Luises Vater gewesen, ganz zu schweigen von dem ein oder anderen Bauernburschen aus ihrem Dorf. Erst waren sie ganz begeistert von ihr, himmelten sie an, legten ihr die Welt zu Füßen - versprachen es jedenfalls - und dann, wenn sie bekommen hatten, was sie wollten, waren sie weg. Manchmal auch schon vorher.
Wieso konnte sie kein Glück mit den Männern haben?
Und ausgerechnet bei diesem Antonius hatte sie das Gefühl gehabt, dass er ehrlich war, kein Aufschneider, kein Blender und Hosenscheißer. Schlimm genug, dass er heute nicht da war, wo sie sich doch so sehr herausgeputzt hatte. Nein, jetzt ging er auch noch nach Amerika. Und von diesen Plänen hatte er ihr nicht einmal erzählt, kein einziges Wort hatte er darüber fallen lassen, obwohl sie sich doch immer so gut unterhalten hatten. Spazieren waren sie bereits gegangen, nach Hause hatte er sie einmal gebracht und geküsst hatten sie sich auch schon, auf den Stufen der Weilheim-Villa. Und vielleicht wäre noch mehr geschehen, denn es war gar nicht so kalt gewesen in dieser Nacht, der Vorgarten war groß und bot genügend schummrige Ecken und zudem war Antonius Hand auch schon verdächtig weit an Katharinas Oberschenkel hochgewandert. Aber dann war urplötzlich das Licht in der Vorhalle angegangen und Antonius hatte lieber das Weite gesucht. Das war das letzte Mal, dass Katharina ihn gesehen hatte und es würde sicher auch das letzte Mal bleiben, jetzt, wo er doch schon eine Fahrkarte gekauft hatte.
Traurig ging sie zur Garderobe, nahm ihren wollenen, zerschlissenen Mantel, klaubte den Schal vom Boden auf, der dort in einer Lache aus Bier und Straßenmatsch lag, schüttelte ihn nachlässig aus, zog sich an und ging hinaus in die kalte Märzluft.
Gerade hatte sie die Kneipentür hinter sich geschlossen, da kam er ihr entgegen. Sie erkannte ihn an der Statur, er war nicht besonders groß, sehr hager und ging stets eiligen Schrittes, selbst dann, wenn ihm alle Zeit der Welt zur Verfügung stand.
„Katharina? Bist du es? Ich hatte gehofft, dich hier zu sehen.“
„Ach“, sagte sie nur und wandte sich zum Gehen, ihr Herz jedoch wollte ihr fast aus dem Leibe springen.
„Was ist denn los? Ist dir übel? Hast du zu viel Bier gehabt? Wir haben nicht einmal Mitternacht.“
„Du gehst also nach Amerika“, sagte sie nur und ärgerte sich bereits, dass sie es gesagt hatte. Sollte er etwa denken, dass ihr das etwas ausmachte? Sie kannte ihn doch kaum und eigentlich durfte er doch tun und lassen, was er wollte. Das dürfte ihr im Grunde vollkommen gleich sein. Aber das war es ihr nicht und darüber ärgerte sie sich.
„Hat das dein Bruder erzählt?“, mittlerweile war Antonius bei ihr angekommen. Da stand er vor ihr, er war kleiner als Katharina, das war ihr bislang gar nicht aufgefallen, nicht einmal, als sie so eng beisammen gewesen waren. Ja, er war ein wenig kleiner als sie und das war gut, denn sie wollte ihn ja nicht als Traummann in Erinnerung behalten. Außerdem war er auch sonst eine halbe Portion, sicherlich wog er sogar weniger als sie. Das störte sie nun ebenfalls. Und auch das war gut.
Nein, der war nichts für sie. Schön geredet hatte er, aber jetzt, wo sie wusste, dass auch er ein Lügner, oder zumindest ein Verschweiger war, und seine charakterlichen Vorzüge somit verblasst waren, erkannte sie erst wie wenig er ihr äußerlich zusagte. Soll er doch hingehen, wo der Pfeffer wächst. Ohne ihm zu antworten, marschierte Katharina davon. Er jedoch lief ihr hinterher.
„Bist du etwa sauer auf mich? Ich wollte es dir schon noch erzählen. Weißt du, ich hätte dich da nämlich was fragen wollen.“
„So?“, sie blieb stehen, ihr schwante, was jetzt kam. Und so sehr Katharina sich das vor noch einer Stunde gewünscht hätte, so sehr fürchtete sie sich nun davor.
„Willst du nicht mit mir kommen? Ich fahre mit dem Dampfschiff nach New York. Schon in einem Monat geht es los.“
„Bist du vollkommen übergeschnappt? Ich habe zwei Kinder, nur dass du es weißt. Und die lasse ich nicht im Stich, um irgendeinem Hanswurst hinterzulaufen.“
„Oh“, stammelte er. „Das wusste ich nicht.“
Ja, da staunte er, das hätte er nicht für möglich gehalten. Unter diesen Umständen würde er sie wohl nicht nach Amerika mitnehmen wollen. Er war tatsächlich nicht anders als alle anderen.
Dann begann er plötzlich zu grinsen.
„Weißt du Katharina, ich verstehe gar nicht, warum du böse auf mich bist. Vielleicht hätte ich dir eher von meinen Plänen erzählen sollen, aber ich habe den Mund gehalten, weil ich Angst hatte. Aber Angst hast ganz offensichtlich auch du gehabt. Du bist nicht besser als ich, denn das mit deinen Kindern hättest du mir ruhig sagen können.“
Er hatte Recht, ja, er hatte vollkommen Recht. Dieser kleine Kerl konnte ihr das Gleiche vorwerfen, wie sie ihm. Vielleicht war er doch nicht so übel.
„Na und?“, fragte sie dennoch kurz und schnippisch.
„Kommst du nun mit nach Amerika, oder nicht?“
„Und die Kinder?“
„Wo sind die denn jetzt?“
„Bei meinen Eltern.“
„Na, da können die doch erst einmal bleiben und wenn man drüben genügend Geld verdient hat, holt man sie nach. Das machen viele so.“
„Schämst du dich eigentlich nicht, mir das Blaue vom Himmel zu versprechen? Das kannst du doch nicht ernst meinen. Wir kennen uns kaum.“
„Na und? Ich kenne auch Amerika kaum und trotzdem will ich unbedingt dahin.“
Katharina musste lachen, das Eis war gebrochen.
„Komm“, sagte er, „wir gehen in die „Blaue Grube“, das ist eine kleine Spelunke um die Ecke, da ist nie etwas los. Da können wir was Trinken und ich kann dir alles in Ruhe erzählen.“
In der „Blauen Grube“ war tatsächlich kaum ein Tisch besetzt. Es war eine winzige Kneipe in einem winzigen Haus, einem ehemaligen Ziegenstall und genauso roch es hier. Da Ziegen schon lange nicht mehr anwesend waren, vermutete Katharina, dass der üble Geruch wohl eher von der alten Wirtin und ihren Gästen ausging. Allesamt sahen sie so aus, als seien sie an ihrem Platz festgewachsen und das schon seit Jahren, kaum jemand rührte sich, als das junge Paar den spärlich beleuchteten Raum betrat. Dürr und ausgmergelt, mit geschminkten Lippen und einer filzigen Turmfrisur stand die Wirtin hinter dem hölzernen Tresen und putzte mit einem schmutzigen Lappen ein Glas, das durch diesen Vorgang nur noch milchiger und schmieriger wurde. Am Tresen, oder besser halb auf dem Tresen, hing ein Mann, dessen Kopf man jedoch nicht sehen konnte, da er ihn in seinen enormen, abgearbeiteten Händen verborgen hielt. Zwei weitere Männer saßen an einem der vier Tische und hatten Karten vor sich ausgebreitet, ohne jedoch damit zu spielen. Sie taten einfach nichts, nichts außer hin und wieder einen Schluck aus ihren Krügen zu nehmen.
„Komm, wir setzen uns gleich dorthin“, sagte Antonius, offensichtlich vollkommen ungerührt von der trüben Stimmung, die in dieser Kneipe herrschte.
„Hier ist es aber ganz schön seltsam“, flüsterte Katharina, sich nach wie vor mit großen Augen im Raum umsehend.
„So etwas gibt es eben auch“, meinte Antonius bloß. „Nicht jede Kneipe ist ein Amüsierbetrieb. Hier gehen nur die hin, die vom Leben keinen Spaß mehr erwarten. Aber dafür ist es ruhig, genau das richtige Plätzchen, um sich ungestört zu unterhalten. Und warm ist es auch.“
„Aber nur deshalb, weil die schon seit hundert Jahren kein Fenster mehr aufgemacht haben“, meinte Katharina bloß und setzte sich ebenfalls, allerdings etwas zögerlich.
„Was wollt ihr trinken?“, rief schließlich die Wirtin in einer erschreckend tiefen Stimme zu den beiden herüber.
„Was magst du?“
„Eine Limonade.“
„Zwei Limonaden“, rief Antonius zurück.
Kopfschüttelnd stellte die Wirtin das schmierige Glas, an dem sie soeben noch herumgeputzt hatte auf den Tresen, platzierte ein zweites daneben und goss aus einer Kanne, welche sie aus dem Nirgendwo unter dem Tresen hervorgebracht hatte, einen trüben Saft hinein.
„Musst du dir schon selber abholen, Junge“, rief sie wieder und winkte Antonius herbei.
„Also“, begann er, nachdem er die beiden Gläser auf den Tisch gestellt und sich wieder gesetzt hatte. „Was weißt du denn so über Amerika?“
Katharina zuckte nur mit den Schultern: „Nichts.“
„Das kann doch nicht sein.“
„Mein Onkel ist dahin. Da war ich noch ein ganz kleines Kind. Einmal hat er geschrieben, aber er konnte ohnehin nicht gut schreiben, deshalb hat er es dann ganz gelassen. Wir haben nie wieder von ihm gehört.“
„Und warum ist er gegangen?“
„Weil man dort reich werden kann. Jeder kann dort reich werden.“
„Siehst du, Katharina, du weißt doch etwas über Amerika.“
„Das stimmt doch nicht, oder? Wieso sollten da solche wie wir reich werden können? Mein Vater hat das nie glauben wollen“, sie blieb unbeeindruckt von der Auswanderungsidee.
„Man muss halt an sich glauben“, Antonius Augen glänzten, während Katharina gleichgültig an ihrer Limonade nippte.
„Und dann?“, fragte sie schließlich.
„Und dann kann man alles schaffen. Natürlich ist man erst arm, wenn man vom Schiff steigt. Das wird auch ein paar Jahre so bleiben. Ich bin ja nicht kindisch. Aber die Möglichkeiten sind andere als hier. Da fragt niemand, woher du kommst, da zählt nicht, was du früher gemacht hast, da zählt allein, was du kannst und was du jetzt machst. Es gibt Leute, die sind Millionäre geworden und konnten nicht einmal lesen. Einer der reichsten Männer Amerikas war einer, der hieß Astor und kam aus einem kleinen Dorf hier in Deutschland. Der war irgendwann der wohlhabendste Kerl in ganz New York, hat in einem Palast gelebt mit zahllosen Dienern, fließend warmem Wasser und Klospülung und glaub mal, der konnte nicht einmal mit Messer und Gabel essen. Hat es nie gelernt, war so schnell so reich geworden, dass er das nicht nötig gehabt hat. Wenn es solche schaffen, dann schaffe ich das erst recht. Denke ich mir zumindest.“
„Und wie?“
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