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Kann ein Prinz, der zur Heirat gezwungen wird, sich für Leidenschaft entscheiden? Jems Leben ist friedlich. Er lebt abgeschirmt und mit seinen Büchern im Palast. Auch, wenn er einsam ist, und sich nach einer Romanze sehnt, weiß er, dass die großen, starken Männer, die er will, sich nicht auf kleine, schüchterne Prinzen einlassen. Doch dann muss er einen geheimnisvollen Barbaren heiraten. Pflichtbewusst geht Jem die Ehe ein, auch, wenn das bedeutet, dass er ab sofort mit Cador zusammenleben muss. Cador ist ein Fels von einem Mann, der Jem als schwach und gebrechlich ansieht. Die Bindung kommt einzig und allein ihren beiden Heimatländern zugute. Jem muss alles und jeden zurücklassen, um sich auf die Reise zu der geheimnisvollen Insel aus Eis und Stein zu begeben. Nur ein Bett. Allein mit dem fremden Wilden entdeckt Jem, dass seine Leidenschaft heißer brennt, als er es sich je hatte vorstellen können. Können zwei Fremde lernen, sich zu vertrauen, oder werden gefährliche Lügen ihr Untergang sein?
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Seitenzahl: 510
Veröffentlichungsjahr: 2024
Keira Andrews
Barbaren Duologie Teil Eins
© dead soft verlag, Mettingen 2023
http://www.deadsoft.de
© the author
Titel der Originalausgabe „Wed to the barbarian 1“
Übersetzung: Simone Richter
Cover: Irene Repp
http://www.daylinart.webnode.com
Bildrechte:
© MAK stock.adobe.com
© Deivision – stock.adobe.com KI
1. Auflage
ISBN 978-3-96089-638-8
ISBN 978-3-96089-639-5
Kann ein Prinz, der zur Heirat gezwungen wird, sich für Leidenschaft entscheiden?
Jems Leben ist friedlich. Er lebt abgeschirmt und mit seinen Büchern im Palast. Auch, wenn er einsam ist, und sich nach einer Romanze sehnt, weiß er, dass die großen, starken Männer, die er will, sich nicht auf kleine, schüchterne Prinzen einlassen.
Doch dann muss er einen geheimnisvollen Barbaren heiraten.
Pflichtbewusst geht Jem die Ehe ein, auch, wenn das bedeutet, dass er ab sofort mit Cador zusammenleben muss.
Cador ist ein Fels von einem Mann, der Jem als schwach und gebrechlich ansieht. Die Bindung kommt einzig und allein ihren beiden Heimatländern zugute. Jem muss alles und jeden zurücklassen, um sich auf die Reise zu der geheimnisvollen Insel aus Eis und Stein zu begeben.
Nur ein Bett.
Allein mit dem fremden Wilden entdeckt Jem, dass seine Leidenschaft heißer brennt, als er es sich je hatte vorstellen können.
Wie konnte ein Mann nur so viele Muskeln haben?
Der Himmel war wolkenlos, als Jem dabei zusah, wie eine Gruppe Kleriker das Podium vor dem Tempel verließ. Immer und immer wieder fiel sein Blick auf die Ansammlung wilder Fremder auf der anderen Seite des Platzes. Selbst hatte er noch nie an einem Frühlings-Gipfel teilgenommen, aber er hatte viele Geschichten über die nordischen Barbaren gehört, die vor zwei Jahren auf einmal aufgetaucht waren, um an der jährlichen Sitzung teilzunehmen. Als Jugendlicher hatte Jem nicht daran geglaubt, dass das weitentfernte Königreich Ergh wirklich existierte. Er hatte es für eine Legende gehalten, eine gruselige Geschichte, die Eltern ihren Kindern erzählten.
Die Götter von Wind, Wasser, Feuer und Erde hatten sich vereint, um Ergh vom Festland zu trennen und es für … irgendetwas zu verbannen. Jem konnte sich nicht genau daran erinnern, was sie getan hatten, aber es hatte auf jeden Fall mit einem der Kriege zu tun, die in Onan stattgefunden hatten.
Ja, die Kleriker hatten schon öfter die Gefahren auf sich genommen, das gefährliche Askorn Meer zu durchqueren, um Ergh wieder zu einem Teil der Gemeinschaft zu machen und damit das Gleichgewicht der Welt wiederherzustellen. Doch all das kannte er nur vom Hörensagen. Ergh war weiterhin eine fiktive Idee geblieben, zumindest für Jem, und das, obwohl einer seiner Brüder persönlich einst vom Frühlings-Gipfel zurückgekehrt war und abfällig über die Barbaren berichtet hatte. Doch da waren sie! Fast zwei dutzend Menschen aus Ergh. Leibhaftig und direkt vor Jems Augen. Sie sprachen die Landessprache Onans, obwohl ihr Akzent etwas härter war. Doch die Tatsache, dass sie sie überhaupt sprachen, war Beweis dafür, dass sie einst wirklich Teil des Reichs gewesen waren.
Beherrscht wurden sie nicht von einer Königin oder einem König oder anderer royalen Staatsoberhäupter, so wie zu Zeiten vor der Verbannung, sondern von einem sogenannten Häuptling. Jem ging davon aus, dass der Titel auf alle Geschlechter zutraf. Der momentane Häuptling, Kenver, war wohl vor einiger Zeit an die Macht gekommen. Er schien ein recht humorloser Zeitgenosse zu sein.
Erghs Delegierte waren Menschen unterschiedlichen Aussehens, so wie das auch in Jems Heimat, Neuvella, und den Ländern Gwels im Osten und Ebrenn im Westen, der Fall war. Hautfarbe variierte von blass zu dunkel, das Haar von Silber zu Schwarz und Körper von sehr schmal bis sehr breit.
Nichtsdestotrotz kamen Jem diese Menschen neu vor. So jemanden hatte er noch nie gesehen. Obwohl ihre Gruppe nur halb so groß war, wie die der anderen Delegationen, schienen die Menschen aus dem Norden ihren Teil des Tempels komplett auszufüllen. Anstelle von Seide waren sie in Leder gekleidet. Bei einigen konnte man an den Fellresten, die sie trugen, noch erahnen, um welches Tier es sich einst gehandelt haben musste. Und das, trotz der Nachmittagshitze.
Wenn sie saßen, hatten sie ihre Beine weit gespreizt. Ihre Stiefel waren schwer und breit und nicht glatt und kunstvoll gearbeitet, so wie seine eigenen. Jem konnte zwar keine Waffen erspähen, doch er war sich sicher, dass auch die kleinste Person aus Ergh ihm mit einem Fingerschnipsen das Genick brechen konnte. Mal abgesehen von den kräftiger gebauten Delegierten, die aussahen wie Jem sich die mordlustigen Gebirge-Krieger vorstellte, die die Protagonistin in Jems Lieblingsbuch entführt hatten.
Als würde er sich tief in Gedanken befinden, ließ Jem seinen Kopf hängen. Unauffällig starrte er den zweiten Sohn des Häuptlings durch seine Wimpern hindurch an. Breite Schultern wurden durch Fellfetzen und robustes Material betont. Die muskulösen Arme waren nackt und eine schwarze Lederweste bedeckte die breite Brust nur spärlich. Dasselbe Leder spannte über dicke Schenkel, die Jem fast vorkamen wie Baumstämme. Dieser Sohn sah aus, als wäre er um die dreißig Jahre alt. Er hatte dasselbe strohblonde Haar und die blasse Haut wie sein Vater und sein Bruder.
Die Tochter des Häuptlings hatte dunkle Haut und Haare, die genauso kurz geschnitten waren, wie die ihrer Brüder.
Einige der Delegierten hatten längere Haare, die wild an ihnen herunterhingen. Nicht säuberlich geflochten, wie Jem das aus seinem eigenen Königreich gewohnt war. Das Haar des Häuptlings reichte ihm bis zu den Schultern. Anstelle einer Krone mit Juwelen saß ein Haarteil auf seinem Kopf, aus dem zwei große Stoßzähne in die Höhe ragten.
Aus der Ferne schien es, als hätte das Gesicht des zweiten Sohnes seit Tagen keine Rasierklinge gesehen. Roch er wohl genauso wild und herb, wie er aussah? Jem stellte sich den Geruch von beißendem Schweiß, Schmutz und Eis vor. Hatte Eis überhaupt ein Aroma? Wenn ja, dann war der zweite Sohn sicherlich davon umgeben. Wenn Jem überwältigt unter ihm läge, würde es seine Sinne erfüllen …
Nur schwer gelang es ihm einen Schauder der Lust zu unterdrücken und er versuchte fieberhaft, sich davon abzulenken, indem er den Seidenkragen seines grünen Oberteils zurechtrückte. Von seinem Platz ganz am Ende der ersten Reihe auf der Südseite des Tempels aus, konnte er den Mann unbemerkt beobachten und machte dabei den Eindruck, der Predigt der Obersten Klerikerin aufmerksam zu lauschen. Ihre heisere Stimme hallte durch das Gelände, als sie voller Inbrunst von etwas sprach, das Jem ohne Zweifel interessant zu finden hatte. Zumindest bestand keine Gefahr, dass er einschlafen könnte. Nicht, wenn es so viele von Leder umwickelte Muskeln zu bestaunen gab.
Trotzdem sollte er den Sohn des Häuptlings von Ergh nicht zu sehr begaffen. Hatte er seine Lektion noch nicht gelernt? Wenn einer seiner Brüder davon Wind bekam, dann würden sie ihn das nie vergessen lassen. Nur schwer konnte Jem seinen Blick abwenden und sah stattdessen auf die andere Seite des Tempels und auf die regierende Familie, die die erste Reihe besetzte. Die Familienoberhaupte waren zwei Königinnen, eine davon Jems Cousine.
Na also. Die beiden hatten einen Sohn, der nicht zu groß oder zu breit war und offenbar gerne dem Gerede lauschte, das von Summen und Formeln zu handeln schien. Zumindest wirkte er so. Er war jedenfalls wesentlich besser dafür geeignet einen potenziellen Gatten abzugeben. Auf alle Fälle standen die Chancen besser, dass er nicht in schallendes Gelächter ausbrechen würde, wenn Jem sich nach der Predigt nähern würde, um ihn zu fragen, ob er mit ihm ausgehen wolle.
Nicht, dass er das vorhatte. Bei dem Gedanken entwich ihm fast ein amüsiertes Grunzen, das er nur mit einem erzwungenen Husten überspielen konnte. Seit er volljährig geworden war, hatte er genau ein Mal einen Mann darum gebeten, mit ihm zu schlafen und er würde es kein zweites Mal tun.
Als wäre es erst gestern gewesen, breitete sich das Gefühl der Verlegenheit in ihm aus, obwohl der Vorfall schon ein paar Jahre zurücklag. Die Schmach setzte sich in ihm fest, klebrig und tief. Würde Jem je in das Alter kommen, um als gebeugter und runzliger Kleriker zu leben, und selbst dann noch die Scham und den Horror dieser Ablehnung verspüren, als wäre es gerade erst passiert?
Es war seine eigene Schuld gewesen. Er hätte wissen müssen, dass das alles nur ein Trick gewesen war. Seine älteren Brüder hatten es schon immer genossen ihn zu erniedrigen, doch als sie ihm offenbart hatten, dass ein durchreisender Soldat Interesse an ihm gezeigt hatte, wollte Jem es unbedingt glauben, auch wenn ihm das im Nachhinein naiv und unsinnig vorkam.
Er musste verrückt gewesen sein, auch nur für eine Sekunde zu glauben, dass ein Mann mit der Stärke und dem Mut eines Soldaten ihn wollen könne. Nein. Jem war zu klein, zu schwach, zu still, zu seltsam. Er könnte sich glücklich schätzen, wenn sich jemals irgendein Mann dazu bereit erklären würde, ihn als Gemahl zu akzeptieren. Er war ein Prinz, also würde jemand früher oder später um seine Hand anhalten, auch, wenn es nur um politische Macht ging. Doch Jem würde niemandem einen Antrag machen, so viel stand fest.
Er wand sich auf seinem Steinhocker. Auch in dem Moment, als der Soldat verstanden hatte, dass Jems Einladung ernst gemeint war, hatte er sich ein schallendes Gelächter nicht verkneifen können. Offenbar war allein schon der Gedanke zu absurd gewesen. Jem selbst war zu absurd gewesen. Der Mann hatte sich gefangen und versucht, Jem mit ein bisschen mehr Freundlichkeit abzuweisen, doch Jem war in die Nacht entschwunden und hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass er Flügel hätte, die er in dem Moment hätte entfalten, um in den unendlich weiten Himmel aufsteigen zu können.
Der Soldat war Teil des Royal Guard Regiments aus Gwels gewesen. Jeweils ein Kämpfer aus dem Royal Guard von Neuvella, Ebrenn und Gwels, waren heute um den einzigen Ein- und Ausgang unter einem weißen Mamorbogen positioniert worden, wo sie regungslos ihren Dienst leisteten. Sie trugen glänzende Bronzehelme und dieses Mal war die Soldatin aus Gwels dankbarerweise eine Frau.
Seit Jem am Vortag an dem Heiligen Ort angekommen war, hatte sich jedes Mal sein ganzer Körper angespannt, sobald er einen Soldaten aus Gwels sah. Hätte er den Mann wiedergetroffen, der ihn abgewiesen hatte, wäre er aus Scham im Boden versunken. Je eher er sich in sein sicheres Zuhause retten konnte, wo seine ruhigen Tage mit dem Beobachten von Vögeln am See und seine gemütlichen Nächte mit Geschichten seiner fantasievollen Bücher gefüllt waren, desto besser.
Abermals fragte er sich, ob die frisch geschlüpften Dillywigs überlebt hatten. Das letzte Mal, als er sie gesehen hatte, waren sie beige, haarlose, hässliche kleine Häufchen gewesen. Ihre winzigen gelben Schnäbel hatten sie in stillem Protest aufgerissen, nachdem sie ihre sicheren Eier zu früh verlassen mussten. Einer der Platzwächter hatte Jem versichert, dass er in seiner Abwesenheit auf die kleinen Kreaturen aufpassen würde, doch Jem hasste es, nicht zu wissen, wie es ihnen erging.
Er drehte seinen Kopf ein wenig, um sich die angespannten Delegierten aus Ebrenn anzusehen. König Perran war ein wahrlich fieser Kerl. Sein Rücken war kerzengerade und sein Gesichtsausdruck verblieb die ganze Predigt hindurch neutral, doch Jem stellte sich vor, welch üble Gedanken dem König wohl durch den Kopf gingen. Sein bleiches Gesicht war voller Falten und sein Kopf mit grauem Haar bedeckt. Nichtsdestotrotz war er ungemein stark. Seine mit Diamanten besetzte Krone war so gewaltig, dass Jem sich fragte, wie er sie auf seinem Kopf behielt.
Seine Frau war ein paar Jahre zuvor nach einer kurzen Krankheit verstorben. Die Gerüchte, sie wäre unglücklich in ihrer Ehe mit dem alten Mann gewesen und wurde deshalb ermordet, hielten sich aber weiterhin. Andere schworen, dass ihr Tod von ihrer eigenen Hand ausgeführt wurde, da sie vor lauter Trauer um ihre Tochter, die selbst mit nur zehn Jahren einer Krankheit erlegen war, keinen anderen Ausweg sah.
Zu des Königs Rechten saß sein verbliebenes Kind. Prinz Treeve von Ebrenn war zweifellos erwachsen geworden, in den paar Jahren, in denen Jem ihn nicht zu Gesicht bekommen hatte. Seine Schultern waren breit – jedoch nicht so gewaltig wie die des Barbaren –- seine Haut und Haare goldbraun, und seine langen Beine steckten in engen Hosen und hohen Stiefeln.
Seine glitzernde Krone war nicht so geschmückt wie die seines Vaters, doch die Smaragde schienen seine braunen Augen zum Leuchten zu bringen und ließen ungeahnte Tiefen durchblitzen. Ebrenn war das einzige Königreich, in dem die königlichen Nachkommen ebenfalls eine Krone trugen, und Jem war erleichtert, dass er davon verschont blieb. Die Smaragde passten aber zu Treeve. Seine Zähne waren weiß und gerade, die Lippen voll …
Und hoben sich zu einem Lächeln, als er Jems verstohlene Blicke bemerkte! Gerade so konnte Jem es sich verkneifen, ein erschrecktes Quieken auszustoßen, als er seinen Kopf so schnell wie möglich in die andere Richtung drehte. Trotzdem zog er damit die Aufmerksamkeit der östlichen Delegierten auf sich. Mit flachem Atem richtete er seinen Blick starr auf die Klerikerin auf dem Podest und verfluchte sich selbst. Das fehlte ihm gerade noch, dass Prince Treeve ihn verspottete. Jem bekam das schon genug von seinen Brüdern ab.
Außerdem war Jem schon früh eingebläut worden, dass man Ebrenn nicht vertrauen konnte und dass vor allem der König verräterisch und habgierig war. Obwohl er wesentlich netter anzusehen war, lag es nahe, dass der Sohn sicherlich einen genauso fürchterlichen Zeitgenossen abgab. Hinterlistig hatte der König einige Übergriffe an der Grenze zu Neuvella vorgenommen, indem er sich durch ein kleines, dazwischenliegendes Dorf gekämpft hatte.
In letzter Zeit hatte sich der Ärger gegenüber Ebrenn bei Jems Mutter so verstärkt, dass es ihm Sorgen bereitete. Normalerweise ignorierte Jem jegliche politische oder monarchische Themen, doch er hatte das Gefühl, dass wenn die Kleriker nicht anwesend wären, seine Mutter und der König von Ebrenn schon einen Streit vom Zaun gebrochen hätten.
In der Realität nickten sich die beiden schmerzhaft freundlich zu und lächelten sich so falsch an, dass es vermutlich nur einen Windhauch bedurfte, um den Frieden zu zerstören. Die Kriegsgefahr war noch nie so real gewesen, auch, als sie hier alle zusammen gekommen waren, um sich eine Predigt zum Thema Zusammenhalt anzuhören. War ein Stück Land das alles wirklich wert? Konnten sie sich das kleine Dorf nicht einfach teilen?
Zweifellos würden seine Brüder ihn verhöhnen und als naiv bezeichnen, wenn sie seine Gedanken lesen könnten. Das war nur einer der Gründe, wieso Jem sich lieber mit seinen Büchern und Vögeln in seine Gemächer zurückzog. Es graute ihm davor, sich mit Politik auseinandersetzen zu müssen, geschweige denn mit Krieg.
Er wechselte die Position und versuchte zu verbergen, wie unangenehm sein tauber Hintern sich anfühlte. Er wusste, dass diese heilige Stätte, die wie eine Krone auf dem Festland Onans saß, seit jeher unverändert geblieben war. Er wusste, dass es das heiligste Stück Erde war, das von den Göttern höchstpersönlich ausgesucht wurde, woran die Kleriker ihn gerne und häufig erinnerten. Er wusste, dass er andächtig und still und pflichtbewusst der unendlichen Weisheit der Klerikerin zuhören sollte.
Aber sicherlich wären ein paar Sitzkissen nicht zu viel verlangt?
Noch einmal schweifte sein Blick zu den Delegierten von Ergh. Sogar die Tochter des Anführers war einen Kopf größer als Jem und hatte deutlich mehr Muskeln. Viele aus der Gruppe sahen aus, als würden sie ihre Zeit damit verbringen auf Pferden zu reiten und mit tödlichen Speeren Wildschweine zu jagen, was vermutlich stimmte, nachdem Erghs Hauptexportgut Wildschwein war.
Eine Legende besagte, dass nachdem die Götter Ergh auf die andere Seite des Askorn Meers verbannt hatten, die mystischen Wildschweine dort gefangen gewesen waren. In der Tat wurde auf dem Festland erst wieder gebratenes Wildschwein serviert, nachdem Ergh zurückgekehrt war, und Ergh dafür einen ordentlichen Preis verlangte. Jem ging davon aus, dass es sicherlich nicht einfach war Wildschweine zu jagen.
Die Kinder des Häuptlings sahen jedenfalls aus, als wüssten sie, wie man mit einem Speer umgeht. Der älteste Sohn hatte einige Narben und schien stets einen düsteren Blick aufzusetzen, was ihn furchterregend machte. Doch der jüngere Sohn besaß eine anziehende Schönheit, die sich zu seiner sichtlichen Kraft gesellte. Wie würden seine vollen Lippen wohl aussehen, wenn er lächelte? War sein Lachen warm und tief? Lachten Erghaner überhaupt? Es war wundervoll und seltsam zugleich, sie endlich wahrhaftig vor sich zu haben. Wahrhaftig, in –
Stechend blaue Augen trafen auf Jems neugierigen Blick und er versuchte ein nervöses Keuchen zu unterdrücken, als er sofort seinen Kopf senkte. Dass der Mann, den er angestarrt hatte, ihn direkt ansah, war so, als würde ein Held aus einem seiner Bücher plötzlich in seinem Zimmer auftauchen.
Jem durfte die Gäste aus dem Norden nicht betrachten, als wären sie exotische Wesen, die in den Bergen von Ebrenn gefangen wurden. Zögerlich hob er den Kopf und sah überall hin, nur nicht auf die gegenüberliegende Seite des Platzes.
Altertümliche Steine erhoben sich um den Tempel. Sie sollten die vier Götter darstellen; Erde, Wind, Feuer und Wasser. Vögel zwitscherten und ihr Gesang ließ Jem das lange Krähen der Raben und das Trällern der Dillywigs vermissen, die hoch oben zwischen den Ästen am Seeufer in Neuvella saßen.
Waren die frischgeschlüpften Wesen hungrig, oder froren, wenn er nicht da war, um sich um sie zu kümmern?
Jem verbrachte Stunden in seiner Vogelvoliere, wenn sich ein Vogel verletzt hatte oder er sich um Waisenkinder kümmern musste. Manchmal blieb er sogar die ganze Nacht. Er konnte nur das Beste hoffen, doch oft wünschte er sich, er müsse die große Voliere nie verlassen.
Mutter hatte ihm stets erlaubt zu Hause zu bleiben, anstelle an langweiligen politischen Gipfeln teilnehmen zu müssen. Das war seinen Geschwistern ganz und gar nicht recht. Sogar Santo hatte sich beschwert, dass Jem zu verzogen war, dass Mutter ihm zu viel durchgehen ließ und dass auch er offizielle Aufgaben als Prinz auferlegt bekommen sollte. Jem war nun ein Mann, also musste er grummelnd zugeben, dass es an der Zeit war, seinen Pflichten gegenüber Neuvella nachzukommen. Nichtsdestotrotz vermisste er seine Räumlichkeiten und es wäre ihm recht, diese nie wieder verlassen zu müssen.
Wenn er seine Augen schloss, konnte Jem sich vorstellen, wie die untergehende Sonne goldenes Licht über den See scheinen ließ, das sich zunächst orange und dann rosa färbte. Heuschrecken bereiteten sich im hohen Gras auf ihr abendliches Konzert vor und er konnte fast den Duft von sommerlichen Rosen riechen.
Seine Augen öffneten sich schlagartig und die dünnen Sohlen seiner kniehohen Stiefel streiften den Steinboden, als er seine Position änderte. Wenn er als Prinz von Neuvella schon nicht aussah, als wäre er von der Ansprache gefesselt, dann musste er wenigstens einen wachen Eindruck machen. Mit einer Hand fuhr er über den weichen Stoff seiner Hose und zupfte dann an einem losen Faden herum, der auf Höhe seines Knies abstand. Er wickelte ihn sich um die Fingerspitze und ließ somit helle Kreise auf seiner gold-braunen Haut erscheinen.
Als er realisierte, dass die Rede Klerikerin bereits geendet hatte, bemerkte er eine seltsame Stille, die über den ganzen Ort hereingebrochen war. Gänsehaut breitete sich auf seinem ganzen Körper aus und er spürte eine plötzliche Energie durch den Tempel strömen. Hatten die aufregenden Außenseiter von Ergh etwa einen Streit angefangen? Jems Blick hob sich gespannt, bis sein Herz vor Schreck stehenzubleiben schien.
Alle sahen ihn an.
Ruckartig setzte Jem sich auf und straffte die Schultern. In seinem Kopf hörte er seines Vaters konstante Maßregelung, er solle sich stramm hinstellen, anstelle sich über Bücher und Vögel zu beugen. Von allen Seiten starrten ihn die Delegierten mit ungläubigen Gesichtern an und Jems Mund fühlte sich an, als wäre er stundenlang durch die Wüste gewandert.
Hatte er etwa vor Langeweile laut gesprochen? Hatte er die Kleriker beleidigt? Die Götter? Hatte er preisgegeben, wie sehr er sich danach verzehrte vom Sohn des nordischen Häuptlings im wilden Rausch der Leidenschaft rangenommen zu werden?
Niemand traute sich auch nur zu flüstern und Jem stockte fast der Atem.
Oh Gott, was hatte er getan? Sein Herz klopfte so heftig, dass er sich sicher war, jede Seele in diesem Tempel konnte es in der unangenehmen Stille hören. Seine Haut prickelte und brannte. Er hatte keine andere Wahl als zu sprechen, nachdem eine unsichtbare Ranke sich offenbar um die Zungen aller anderen Anwesenden gewickelt hatte.
Seinem geliebten Geschwister, Santo, warf er einen kurzen Blick zu. Doch Santos Mundwinkel zogen sich nach unten und Jem gefiel der Ausdruck von Mitgefühl in den freundlichen braunen Augen überhaupt nicht. Trotzdem blieb Santo still.
Schließlich fragte Jem in den Raum hinein: »Entschuldigung?«
Es war ausgerechnet der zweite Sohn des Nordens, der die Stille brach. Sein Mund verzog sich in offensichtlicher Abscheu.
»Bist du des Wahnsinns?«, brüllte er seinen Vater an. »Heiraten? Ihn?« Dann richtete er seinen vernichtenden, spottenden Blick direkt auf Jem.
»Diesen …« Seine Unterlippe verzog sich in eine hämische Grimasse, als er auf Jem zeigte. »Diesen …«
»Cador«, warnte ihn seine Schwester und hob die Augenbrauen.
»Diesen Jungen?«, brachte Cador hervor, als wäre es das tödlichste Gift.
»Ich bin ein Mann!«, brüllte Jem und ballte seine Fäuste. Die erzürnte Klarstellung war schon zum Reflex geworden, nachdem ihn seine Brüder jahrelang aufgrund seiner Statur geärgert hatten. Vor lauter Empörung klang seine Stimme zu hoch, was dazu führte, dass alle um ihn herum in schallendes Gelächter ausbrachen und damit aus ihrer Schockstarre gerüttelt wurden.
Moment mal, wurde das Wort Heirat benutzt?
Jem musste sich verhört haben. Er musste das falsch verstanden haben. In keinem Fall würde er in nächster Zukunft irgendjemanden heiraten, schon gar nicht diesen Barbaren! Niemals diesen Barbaren, der ihm einen angewiderten Blick voller Verachtung zugeworfen hatte. Neben Santo saßen ihre Brüder Pasco und Locryn, die beide aussahen, als stünden sie unter Schock. Nun bemühte sich Locryn offensichtlich, Gekicher zu unterdrücken.
Santo schüttelte den Kopf. »Oh Jem. Das tut mir leid.«
»Was passiert hier gerade?« Jem konnte seinen Herzschlag in den Ohren pulsieren hören, sodass er seine eigene Frage kaum verstand.
Die raue Stimme der Obersten Klerikerin hallte laut durch den ganzen Raum. »Cador von Ergh und Prinz Jowan von Neuvella werden vermählt. Erghs Häuptling und die Königin von Neuvella haben dieser historischen Bindung zugestimmt, die ihre erneuerte Verbundenheit und die Gemeinschaft von Onan symbolisieren wird. Wir werden Eins sein.«
Es kam so selten vor, dass Jem sich selbst mit dem Namen Prinz Jowan in Verbindung brachte, dass er für einen kurzen Moment glaubte, die Klerikerin sprach von jemand anderem. Seine Eltern starrten stur geradeaus und Jem musste sich auf seinem furchtbaren Steinsitz nach vorne lehnen, um an Santo und ihren Brüdern, die immerhin aufgehört hatten zu lachen, vorbeizusehen. »Mutter, Vater!« Mittlerweile war um ihn herum leises Gemurmel zu hören.
Mutter!, wollte Jem schreien. Wie konnte ausgerechnet sie ihm das antun?
Wie immer sagte Vater nichts. Er traf keine Entscheidungen und widersetzte sich Mutter nie. Mit einem gefassten Gesichtsausdruck sah Mutter ihn an. Ihre dunklen Augen strahlten vor unausgesprochenem Mitleid.
»Der Entschluss ist gefasst. Zum Wohle Onans und der Freude der Götter.« Nur für einen kurzen Augenblick sah Jem die Augen seiner Mutter glasig erscheinen, bevor sie die Tränen wegblinzelte und sich wieder nach vorne drehte.
Am anderen Ende des Tempels schien der Sohn des Häuptlings –- Cador – eine ähnliche Diskussion mit seinem Vater zu führen, dessen Gesicht hart wie Stein und ganz offenbar unnachgiebig war. Ein zweiter Elternteil schien nicht anwesend zu sein. Ein grollender Ausdruck überkam das vernarbte Gesicht von Cadors älterem Bruder und auch der schien mit ihrem Vater diskutieren zu wollen, während sich die Schwester abwandte und das Ganze ignorierte.
Heiraten? Diesen Fremden von einem Ort, der genausogut aus Jems Büchern stammen könnte? Mit einem massiven Mann vermählt werden, dessen Muskeln ihn sowohl erregten als auch verängstigten? Heilige Götter. Nein. Das konnte nicht wahr sein. Konnte es einfach nicht.
Er hatte seinen Eltern gestanden, dass er einen männlichen Gatten bevorzugte, oder jemanden eines offenen Geschlechts wie Santo. Sein Geschwister war mit einem wundervollen Mann verheiratet und Jems Brüder hatten beide Ehefrauen. Die Schwester seiner Mutter hatte eine Frau geheiratet und in ganz Onan war es gang und gebe, dass Bindungen und Heirat zwischen zwei Menschen durchgeführt wurden, die einander ausgesucht hatten. Kinder wurden adoptiert oder selbst gezeugt, da gab es keinen Unterschied.
Hier spielte die Wahl eine wichtige Rolle. Nachdem Jem von dem Soldaten so enttäuscht worden war und sich in seine Bücher geflüchtet hatte, war seine Hoffnung gewesen, eines Tages einen guten Mann zu finden, der hübsch und lieb war und es genoss, abends zu lesen. Auf keinen Fall hätte er sich vorstellen können mit diesem biestigen Barbaren, der aussah, als könne er nicht einmal seinen eigenen Namen lesen, eine Bindung einzugehen.
Ja, es stimmte, dass Cador etwas in Jems unteren Regionen erregt hatte, so wie ein kämpferischer Held in einer seiner Geschichten es tun würde. Doch das war nur eine harmlose Fantasie! Ein Weg, um sich die Zeit angenehm zu vertreiben, während er gezwungenermaßen der Predigt lauschen musste, nichts weiter!
Unmöglich.
Jems Gedanken schwirrten umher wie ein Schwarm Dillywigs, die im Zickzack durch die Lüfte sausten. Am Abend würde er noch einmal an seine Eltern appellieren. Santo würde ihm helfen. Es musste eine andere Möglichkeit geben, um sich mit Ergh zu vereinen. Neuvelische Hochzeiten fanden nach der Ernte statt, was noch ein paar Monate dauern würde. Jem musste einen Weg finden, diese Heirat zu stoppen. Er würde weglaufen, wenn es dazu kommen sollte.
Wenn er doch nur fliegen könnte. Er vermisste seine gefiederten Freunde vom See so stark, dass es ihm fast den Atem raubte. Er sprang auf die Beine aus dem tiefsitzenden Bedürfnis heraus sich zu bewegen, um sich von seiner Schockstarre zu befreien.
Schallendes Gelächter strömte durch den Tempel, ganz zum Unmut der Kleriker. Eine Stimme einer seiner eigenen Volksgenossen spottete: »Vielleicht ist er heiß drauf!«
»Oh Götter, kannst du dir das vorstellen?«, flüsterte eine weitere Stimme hinter Jem viel zu laut. »Schau dir diese Wilden doch an! Ich wette, dass er die Hochzeitsnacht nicht überlebt.«
»Sein Gatte wird ihn zerbrechen!«
Trotz der warnenden Blicke der Kleriker ertönte Gelächter. Der König von Ebrenn sah allerdings überhaupt nicht amüsiert aus. Er schien aufgebracht. Jems Gesicht fühlte sich immer heißer an, als immer mehr Stimmen im ganzen Tempel anfingen über ihn zu tratschen, als wäre das alles ein Scherz und nicht sein Leben. Als er dort stand, wünschte er sich einfach, verschwinden zu können. Sein Blick wanderte nach links und dann rechts.
Tempel mit dem erhöhten Innenhof hatte nur einen Eingang unter dem Mamorbogen. Der Weg führte direkt in einen Tunnel und formte eine verwinkelte Strecke, die in einer Blumenwiese endete. Dort befand sich auch die große, steinerne Behausung der Kleriker.
Die Delegierten nächtigten in einfachen Zimmern, die je nach Königreich in verschiedene Flügel verteilt worden waren. Der Ergh Flügel stand seit Hunderten von Jahren leer und jetzt sollte Jem mit einem von ihnen vermählt werden?
Der Torbogen, der seine Freiheit bedeutete, war zu weit weg, um einfach loszurennen. Doch nun, wo Jem schonmal stand, war das erneute Hinsetzen auf den Stein ein zu großes Zeichen von Schwäche. Mit erhobenem Kopf bewegte er sich langsam und ruhig durch den Tempel und setzte einen dünn-besohlten Schuh vor den anderen.
Einen Blick in Richtung der nordischen Delegierten riskierte er nicht. Seine Augen brannten und wenn er vor allen Anwesenden – ganz zu Schweigen vor den Barbaren – in Tränen ausbrach, gäbe es keinen Zweifel daran, dass er an Ort und Stelle vertrocknen und tot umfallen würde.
Das Geflüster verfolgte ihn bis zu dem verwinkelten Tunnel, der sich durch die Erde schlängelte. Flimmerndes Licht von einem Dutzend Fackeln formte ghulartige Schatten an den Wänden. Das Gemurmel wurde leiser und sein eigener schwerer Atem durchbrach die Stille, als er anfing zu rennen. Er erschreckte den jungen Soldaten, der den Ausgang in die violette Blumenwiese bewachte.
Jem sehnte sich danach, sich unter seinen Decken verkriechen zu können und in einer Welt aufzuwachen, wo das alles nur ein schrecklicher Traum war.
Das Geräusch von Schritten erklang von dem Steinboden des Tunnels und er stellte sich vor, wie der Barbar gleich herauskam, ihn wie einen Sack Getreide über seine Schulter warf und mit ihm in den eisigen Norden verschwand.
Sofort unterdrückte Jem einen verräterischen Hauch von Lust.
Santo erschien auf der Wiese und Jem hielt sich nicht zurück, sich sofort in die Arme seines Geschwisters zu werfen. Santo tupfte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn, die sich auf xieser braunen Haut gebildet hatten.
Xier runzelte die Stirn, ob der tiefstehenden Sonne und führte Jem in Richtung des südlichen Flügels des Gastbereichs.
Santo trug die langen schwarzen, geschmeidigen Haare ein gutes Stück länger als Jem und hob xiese Locken an, damit sie nicht in xiesem Nacken festklebten. »War es schon immer so heiß am Heiligen Ort? Kommt mir vor, als wären wir wieder Zuhause«, beschwerte sich Santo.
»Wäre schön«, murmelte Jem. Es verging kaum ein Tag, an dem Santo sich nicht über die Hitze beschwerte. Doch xier liebte xiese langen Haare, genauso wie xies Ehemann es tat, der es genoß, die langen Strähnen in aufwändige Zöpfe zu flechten. Das hatte Jem immer wahnsinnig romantisch gefunden, doch im Moment drehte ihm jeder Gedanke an Romantik den Magen um.
Der Hauptsitz der Kleriker war kein Schloss, so wie das, in dem Jems Familie bereits seit Jahrzehnten wohnte. Der Gedanke war, dass der Heilige Ort enthaltsam und simpel sein sollte und nur für den Dienst an die Götter erbaut worden war. Obwohl das Gebäude trotzdem mit einem großen Esszimmer ausgestattet war und Jem vermutete, dass dort noch mehr Annehmlichkeiten versteckt sein mussten.
In dem kalten Steinkorridor des südlichen Besucherflügels nickte ihnen ein Bediensteter zu und bot ihnen an, Erfrischungen in Jems Zimmer zu bringen. Als sie dort endlich alleine und mit frischem Wasser, Tee und einer Platte kleiner, runder Kuchen versorgt waren, brachte Jem sich nicht dazu etwas zu essen. Er nahm kleine Schlucke von seinem Glas, denn alleine bei dem Gedanken an etwas Süßes wurde ihm schlecht.
»Ich werde ihn nicht heiraten«, verkündete er und fing an neben dem schmalen Bett auf- und abzugehen. Bei einem Durchgang stieß er gegen den Beistelltisch und streckte eine Hand aus, um den Turm von Büchern, den er auf die Reise mitgenommen hatte, vor dem Umfallen zu bewahren. »Wir wissen absolut gar nichts über ihn oder sein Volk! Nach zig Jahren tauchen sie auf einmal auf und wir sollen sie einfach, einfach … heiraten? Ich soll einfach einen von ihnen heiraten? Ich kenne ihn doch überhaupt nicht! Und oh meine Götter, hast du ihn dir mal angesehen?«
Santo hatte sich auf einer Ecke der Matratze niedergelassen, die Ärmel des violetten, seidenen Hemds, dass xier trug, waren hochgekrempelt und Santo seufzte. Xier trug hohe Stiefel und enge Hosen, so wie Jem, und ließ die Hände über das Material gleiten, was einen shhh-Klang erzeugte. »Jem, du hast keine andere Wahl. Die Abmachung wurde besiegelt.«
»Dann können sie die Abmachung gleich entsiegeln. Es ist erst Frühling. Es dauert noch Monate bis zur Hochzeitssaison. Ergh kann sich etwas anderes zum Zeichen der Freundschaft mit Neuvella aussuchen und damit die Götter beschwichtigen.«
Santo brachte ein Geräusch hervor, das … was? Jem starrte xien an und seine Nackenhaare standen ihm beim Anblick von Santos gequältem Gesichtsausdruck zu Berge. »Was ist?«
»Na ja … die Sache ist die, dass die Hochzeit außerhalb der Saison abgehalten wird. Um die Bindung zu Ergh zu sichern.« Santo hielt beschwichtigend die Hände hoch. »Ich habe das auch heute erst alles erfahren. Tut mir leid. Ich wollte dich warnen, doch du bist wie immer den Vögeln hinterhergerannt.«
»Außerhalb der Saison«, wiederholte Jem und abermals packte ihn das Grauen.
Santo biss sich auf die Lippe. »Zum Wohle Onans?«
»Wann soll diese Hochzeit stattfinden?« Die Finger des Schreckens schlossen sich zu einer eisernen Faust in Jems Bauch. »Wann?« Er hob seine Stimme. »Wann?«
»Morgen«.
Seine Beine schienen unter ihm nachzugeben, doch er schaffte es, sich festzuhalten. Santo wollte gerade aufstehen, als Jem abwinkte. Er presste seine Handflächen auf seine Oberschenkel und grub dann seine Finger so fest in das Material der Hose, dass es sich zusammenballte.
»Ich verstehe das nicht«, flüsterte Jem. Er ließ sich gegen sein Geschwister fallen und Santo legte ihm einen Arm um die Schultern.
»Es war der Vorschlag der Kleriker«, sagte ihre Mutter, die auf einmal im offenen Türrahmen stand. Sie trat ein und schob die leuchtende Seide ihres roten Kleids zur Seite, um sich auf dem Steinhocker gegenüber vom Bett hinzusetzen.
Vater kam hinter ihr herein und schloss die Holztür mit einem Knarzen und einem lauten, dumpfen Geräusch. Seine dunklen Haare waren von grauen Strähnen durchzogen, doch sein Bauch war immer noch stramm und zeigte keinerlei Zeichen des Alters. Still verschränkte er die Hände hinter seinem Rücken und wartete darauf, dass seine Frau sprach.
Golde und silberne Ringe glitzerten an ihren schlanken Fingern. Jem richtete seinen Blick auf seinen Lieblingsring. Ein silberner Vogel mit weitgespreizten Flügeln und grüne Steine als Augen. Als Kind hatte sie ihm erlaubt den Ring an seinem Daumen zu tragen, wann immer er danach gefragt hatte, und das, obwohl er ihn mehr als einmal verloren hatte. Es war den Adleraugen der Bediensteten zu verdanken, dass er immer wieder aufgetaucht war.
Doch Mutter hatte ihm nie etwas verwehrt, auch wenn sie es vermutlich hätte sollen. Jem starrte sie nun mit dem Gefühl an, als hätte sie ein tödliches Messer zwischen seine Rippen gerammt.
»Mein Schatz, ich habe dir schon oft gesagt, dass du deine Tage nicht für immer mit Büchern und Vögeln verbringen kannst. Du bist nun zwanzig Jahre alt. Ich finde, ich war wirklich nachgiebig und habe dir die Zeit gegeben, die du gebraucht hast. Doch du wusstest, dass dieser Tag kommt.«
Jem konnte sich die Entrüstung nicht verkneifen und setzte sich auf. »Nein! Ich wusste, dass mir mehr diplomatische Aufgaben zugewiesen werden würden und dass ich eines Tages vermählt werden würde. Doch nie wurde ich vor diesem Tag gewarnt. Davor, diesen Barbaren heiraten zu müssen! Morgen!«
Eine perfekte Locke hatte sich aus Mutters aufwendiger, mit Juwelen besetzter Hochsteckfrisur gelöst und sie strich sie sich aus der Stirn. Die ganze Familie hatte lange, dichte Wimpern, doch sie hatte ihre vor dem Treffen nach oben gebogen, um ihre Augen noch größer erscheinen zu lassen. Schnell blinzelte sie die Tränen weg, die sich dort nun schon zum zweiten Mal sammelten. Als sie sprach, war ihre Stimme ruhig.
»Es ist ein Segen, dass Ergh zu Onan zurückgekehrt ist. Wir werden offiziell wiedervereint sein unter dem wachsamen Auge der Götter. Es ist eine Ehre, unsere jeweilige Rolle spielen zu dürfen.«
»Heißt das, ich soll mich geehrt fühlen, dass ich zu einer Ehe mit diesem Wilden gezwungen werde? Einem komplett fremden Mann? Wir wissen rein gar nichts von Ergh und dessen Volk! Ich will absolut nichts mit ihnen zu tun haben.« Jem kämpfte gegen eine erneute Panikattacke an. »Das ist nicht gerecht!«
Seine Eltern tauschten einen Blick aus.
Vater sagte: »Nein, gerecht würde ich das auf keinen Fall nennen. Aber notwendig. Deine Geschwister sind bereits vermählt und unter den übriggebliebenen königlichen Kandidaten warst du der beste.«
»Mein Cousin im Osten ist im Heiratsalter!«
»Er ist mit der Tochter einer wichtigen Familie in Gwels verheiratet. Er liebt sie und die Bindung wurde eingegangen«, sagte Mutter.
»Was ist mit … mit …«, stotterte er. »Prinz Treeve von Ebrenn? Er ist noch ledig!«
»Du kennst doch den Ruf des Westens. Ihr König ist –«
»Ja, ich weiß«, fiel Jem ihr ins Wort, bevor sie in einen Monolog verfallen konnte. »Trotzdem scheint Treeve ganz nett zu sein.«
Mutters Lippen kräuselten sich. »Lass dich ja nicht von seinem hübschen Gesicht täuschen. Niemandem aus dieser Familie sollte man trauen.« Sie hob ihre Hand und Jem entdeckte das Abzeichen ihrer Heirat, das in der Form einer Krone auf ihrer Handfläche eingebrannt worden war.
»Du wirst morgen Cador von Ergh heiraten. Es gibt keine Alternative. Wir wissen, dass du einen Mann vorziehst, anderenfalls hättest du des Häuptlings Tochter zur Frau nehmen können. Wir wollen alle, dass daraus eine erfolgreiche Bindung entsteht.«
Die Tochter wäre keinesfalls weniger beängstigend. Jem prustete leise. »Doch wieso müssen wir überhaupt heiraten?«
»Es ist der Wunsch der Kleriker«, antwortete Mutter. »Sie haben Jahrzehnte damit verbracht, Onan wieder zusammenzuführen. Es ist der Wille unserer Götter. Die Zeit ist gekommen. Bindungen müssen geschlossen werden.«
»Aber wieso?« Jem wollte mit dem Fuß aufstampfen. Er räusperte sich und senkte seine Stimme. Es würde ihm nicht helfen, sich wie ein Kind zu benehmen. »Wir haben sie so viele Jahre nicht gebraucht. Wir brauchen sie auch jetzt nicht. Sie können ihre Wildschweine und ihre Felle behalten.«
Mutter runzelte die Stirn. »Vielleicht brauchen sie uns, Jem. Ergh wurde verbannt, während wir anderen von den Göttern gesegnet wurden und zusammen in Frieden leben konnten.«
Jem stieß ein lautes Grunzen aus. »Du hast dich noch nie mit dem Westen verstanden! Du hast gerade eben gesagt, dass man niemandem dort vertrauen darf! Wenn es nicht die Grenzen im Tal der Götter sind, dann ist es der Preis des Öls aus den Tiefen der Berge oder ein Scheffel voll Kies.«
Ihr Kiefer spannte sich an. »Du hast keine Ahnung davon, wie der König die Preise erhöht hat. Wir brauchen Öl, Jem. Um unsere Lampen zu befüllen, unsere Parfüms und Cremes herzustellen und viele andere Annehmlichkeiten, über die du dir noch nie Gedanken gemacht hast. Weißt du, wie sehr Neuvella von unserer Parfümindustrie abhängig ist? Ebrenn hat nur schwache Imitate hergestellt, die in den Regalen verstauben. Während wir alle anderen Inhaltsstoffe selbst anbauen können und das Handwerk beherrschen, das verdammte Öl kommt nunmal nur aus den Bergen.«
Jem konnte nicht abstreiten, dass er darüber noch nie nachgedacht hatte.
»Na gut, dann gib es halt zu! Du hasst den König. Wenn es die Kleriker nicht gäbe, die den Frieden halten, befänden wir uns seit Jahren im Krieg. Hast du nicht gerade erst damit gedroht, Ebrenn das Getreide aus dem Osten zu verwehren, weil sie sich der Grenze genähert haben? Und haben sie dir nicht Rache angekündigt für … ich weiß nicht mal mehr was, aber der König hat dich angekeift.«
Das konnten seine Eltern nicht verleugnen und sahen dementsprechend zerknirscht aus. Santo blieb still. »Es stimmt, dass wir unsere Streitigkeiten hatten, vor allem mit Ebrenn. Handel muss gerecht sein und wir müssen unsere Grenzen verteidigen. Aber niemand will Krieg.«
Jem seufzte. »Wieso könnt ihr nicht einfach in wirklicher Harmonie zusammenleben? Du verteidigst, was du als Grenze bezeichnest, der Westen sieht das aber anders. Dann greifen sie aus Rache an, woraufhin du wieder zurückschlägst. Die Kleriker warnen dann erneut davor, die Götter zu verärgern und sagen Dürre oder Überschwemmungen oder Orkane voraus oder drohen euch damit, verbannt zu werden, so wie Ergh. Ihr lasst eine Zeit lang voneinander ab, bis die Anspannung wieder steigt. Mit Gwels kommst du nur so gut zurecht, weil Vater dort herkommt und du daher keine andere Wahl hast.«
Mutter zuckte mit den Schultern. »Stimmt. Genau aus dem Grund haben die Kleriker damals die Bindung zwischen mir und dem Prinz von Gwels arrangiert.« Sie warf Jems Vater einen zärtlichen Blick zu, den er erwiderte. »Auch wenn wir zu dem Zeitpunkt höchst unerfreut über die Heirat waren, können wir mittlerweile zugeben, dass sie uns ein wahres Geschenk gemacht haben.«
Vater nahm sie an der Hand und presste ihre gebrandmarkten Hände zusammen. »Die Götter haben uns wahrlich gesegnet. Nicht nur haben wir Frieden zwischen unseren Ländern, doch auch unsere Herzen sind so voll und –«
»Jaja, wie wundervoll für euch«, zischte Jem. »Können wir bitte wieder darüber sprechen, dass ich dieses Tier heiraten soll, das aussieht, als würde es mich eher kaltblütig umbringen, als mich in der Tiefe seines Herzens wertzuschätzen?«
Mutter hob eine ihrer dünnen Augenbrauen. »Hast du nicht gerade eben gesagt, wir sollten in Harmonie zusammenleben?«
»Na ja …ja«, gab er zu.
»Es gibt keine bessere Möglichkeit, Harmonie mit Ergh zu erlangen, als unsere Familien zu vereinen. Wenn dieser Neuanfang ein Erfolg werden soll, dann müssen wir den Erghanen mit offenem Gemüt gegenübertreten. Sie sind keine Biester oder Tiere. Sie sind Kinder unserer Götter, genauso wie wir, und wir müssen ihnen helfen, ihre Ehre wiederherzustellen. Wir müssen sie unterstützen, um –«
Jem stöhnte auf. »Es reicht. Bitte.« Er wusste nicht, ob Mutter wahrlich an die Götter glaubte, doch sie konnte offensichtlich die passenden Worte finden, wenn es ihr gelegen kam.
Sie schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. »Mein Schatz. Es ist furchterregend, ich weiß. Doch vielleicht wirst du ja positiv überrascht. Ich weiß, die Erghanen wirken etwas …« Ihre zarten Augenbrauen trafen sich fast in der Mitte, als sie offenbar nach der passenden Formulierung suchte.
»Biestig?«, schlug Jem vor. »Wild? Auf alle Fälle ungepflegt?«
Mutter entschied sich für: »… ausländisch. Doch wir müssen ihnen gegenüber offen sein. Wie schon gesagt, wir sind alle Kinder der Götter. Kinder Onans. Die Kleriker haben mir versichert, dass die Erghanen sich nicht stark von uns unterscheiden. Möglicherweise etwas gröber. Wilder. Doch sie sind gute, hart arbeitende Menschen, wovon ich mich bereits selbst überzeugen lassen konnte, seit sie zu uns zurückgekehrt sind. Ihr Ansatz mag … einfacher sein, doch da sehe ich einen großen Wert darin. Und wir können ihnen helfen, Jem. Wir können ihre Leben bereichern und unsere modernen Methoden mit ihnen teilen. Es war schließlich Ergh, das nach all dieser Zeit den ersten Schritt gewagt hat. Wir können ihnen helfen, eine bessere Zukunft aufzubauen.«
»Kann sein«, murmelte Jem. Nichtsdestotrotz wollte er bei dem Gedanken, diesen wilden Fremden heiraten zu müssen, nur noch weglaufen, so aussichtslos das auch war. Wo würde er überhaupt hingehen? Er hatte sein Zuhause bislang nur in einer Kutsche verlassen und nie aufgepasst, welche Richtungen sie einschlugen. Seine Nase hatte immer zu tief in einem Buch gesteckt.
»Oh, Schatz.« Sie stand auf und half Jem auf die Füße. Sogar seine Mutter war ein paar Zentimeter größer als er. Als sie seine kurzen, lockigen Haare nach hinten strich, sagte sie: »Ich weiß, dass das plötzlich kommt. Wir hätten dich vorwarnen sollen, doch ich hatte Angst, du würdest Reißaus nehmen.«
»Könntest du es mir verübeln?«
Ein Lächeln formte sich auf ihren Lippen. »Nein, mein Schatz.« Ihr Lächeln verblasste. »Doch ich habe dich zu lange verwöhnt. Santo und deine Brüder haben viel mehr Verantwortung getragen, während ich dich damit in Ruhe gelassen habe, mit deinem Kopf in den Wolken. Oder noch besser ausgedrückt, deiner Nase in Büchern. All diese Abenteuer, die du in deinem Kopf hast … es ist Zeit für ein wirkliches Abenteuer.«
»Aber …« Jem wusste, dass es keinen Sinn ergab, ihre Worte abzustreiten. Es würde als Jammern interpretiert werden, also blieb er still.
»Wenn eines deiner Küken zum Fliegen bereit ist, aber zu viel Angst davor hat, das Nest zu verlassen, was tust du?«
Jem wollte es nicht laut sagen. Immer noch auf dem Bett sitzend, warf Santo wahnsinnig hilfreich ein: »Ich glaube, du gibst ihnen einen Stups.«
»Das hier würde ich kaum einen ‚Stups‘ nennen!«, erwiderte Jem.
Mutter legte ihre Hände auf seine Schultern. »Es ist ein größerer Schubs, das stimmt. Ich hätte dich an deine Aufgaben gewöhnen sollen. Doch du hast heute selbst behauptet, du seist ein Mann. Es ist Zeit, sich wie einer zu benehmen. Du bist ein Prinz von Neuvella und du musst deinen Pflichten nachkommen.« Sie versuchte gelassen zu klingen, als sie Jem noch einmal über den Kopf streichelte. »Cador scheint genauso überrascht gewesen zu sein wie du, wenn dir das hilft. Sein Vater schwört darauf, dass er kein brutaler Mann ist, trotz seines Auftritts. Dass er einen guten Ehemann abgeben wird. Vielleicht wird das euch beiden helfen, eine Gemeinsamkeit zu finden.«
Er erinnerte sich an den fiesen Ausdruck auf Cadors Gesicht und wie er Jem vorgeworfen hatte, gerade mal ein Junge zu sein. Nein, Cadors Abscheu ihm gegenüber half ganz und gar nicht. Es würde mit Sicherheit nicht von ihnen erwartet werden, sich Jems Gemächer zu teilen, sobald sie wieder in Neuvella waren, oder? Er wollte nachfragen, doch das würde alles zu real erscheinen lassen. Nein, das Schloss hatte viele Flügel und Cador konnte sicherlich sein eigenes Schlafgemach bekommen.
»Mein lieber Junge, du hast nicht um dieses Abenteuer gebeten, doch nun wird dich das Leben auf einen neuen Pfad schicken. Du wirst mich stolz machen.« Mutter presste einen Kuss auf Jems Stirn.
Mit einem dicken Kloß im Hals wollte Jem sie nur an sich pressen und die Welt vergessen. In Sicherheit in ihren Armen. Stattdessen nickte er und sah seinen Eltern dabei zu, wie sie den Raum verließen. Mutter entschwebte förmlich, während Vater ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkte.
Jem ließ sich neben Santo auf das Bett fallen und war plötzlich ermattet, als wäre er an einem heißen Sommertag stundenlang schwimmen gewesen.
Santo stupste ihn sanft an der Schulter an. »Sieh’s mal so. Der Barbar ist in jedem Fall ein feines Stück Fleisch. Diese Muskeln!« Ein Lächeln. »Wenn ich nicht sowieso schon den perfekten Ehemann hätte, würde ich dich beneiden.« Mit den Fingern fuhr Santo die zarte Goldkette nach, die elegant um xieren Hals lag.
Zusammen mit ihren Eheringen, hatte das Ehepaar eine einfache, dünne Halskette bekommen, nachdem xier Mann darauf bestanden hatte, dass alles andere von Santos natürlicher Schönheit ablenkte. Jem war vierzehn gewesen und hatte es als das Romantischste empfunden, das er je gehört hatte. Die Liebe zwischen den beiden war immer noch genauso intensiv, wie eh und je.
»Ich will seine Muskeln nicht. Überhaupt will ich gar nichts mit ihm zu tun haben.« Jem verschränkte seine Arme.
Santo prustete. »Als ob du ihn nicht den ganzen Tag angestarrt hättest. Vielleicht hat es sonst niemand gemerkt, aber mich kannst du nicht hinter’s Licht führen, Bruder. Du hattest dein Auge schon immer auf die kräftigen Männer geworfen.«
»Das waren doch nur Blicke! Harmloses Fantasieren! Nichts weiter. Ich habe nie …«
Er brach ab und Scham durchflutete ihn wie eine hohe Welle. In seinem Alter hatten die meisten bereits ein paar Jahre lang ihren Spaß gehabt, bevor sie sich auf eine Eheschließung einließen.
Santos Augenbrauen schossen in die Höhe. »Das kann nicht dein Ernst sein. Du hast nie … du bist …«
Peinlich berührt sprang Jem auf und fing wieder an im Raum umherzulaufen. »Eine Jungfrau«, murmelte er.
»Aber, aber … wie?«
Jems Gesicht nahm einen wütenden Ausdruck an. »Sicherlich muss ich dir die Abwesenheit einer bestimmten Aktivität nicht erklären.«
»Entschuldige. Nein. Ich dachte nur … Ich wusste, dass du wegen des Soldaten ein bisschen Liebeskummer hattest, nach dem Streich von Pasco und Locryn. Doch das ist schon so lange her.«
»Ich habe mich komplett zum Narren gemacht und ich habe kein Interesse daran, das zu wiederholen. «
»Er war der Narr, weil er dich abgewiesen hat! Ich verstehe, dass du zögerlich bist, einen ordentlichen Verehrer zu finden, doch es gibt so viele Optionen, um sich auszuprobieren. Keine Schreiner oder Bauern? Keine Trauzeugen oder Steinmetze oder …«
»Keiner davon! Keiner.« Jem war bereit, sich seine Haut vom Leibe zu reißen. Darüber zu sprechen machte alles nur noch schlimmer.
»Hm.« Santo schüttelte den Kopf. »Du hast immer die kräftigen Männer beobachtet, also war ich davon ausgegangen, dass du auf ein paar zugegangen bist, sobald du volljährig warst.«
Jem grunzte. »Niemand will mich.«
Entrüstet presste Santo die Lippen aufeinander. »Das stimmt nicht. Hatte denn jemand seit diesem fürchterlichem Streich überhaupt eine Chance? Du hast dich versteckt. Wenn dir das Verlangen nach einem Mann in deinem Bett fehlt, ist das auch in Ordnung, weißt du?«
»Weiß ich!« Jem atmete tief ein und aus. »Müssen wir darüber sprechen?« Als Santo nur mit hochgezogener Augenbraue dasaß, seufzte Jem. »Es ist nicht so, dass ich es nicht will. Ich habe so viel Verlangen in meinem Kopf, in meinem … in mir.«
»Und, befriedigst du dich?« Santo machte eine grobe Handbewegung.
»Ja!« Jem würde jedoch nicht ins Detail gehen. »Doch es mit einer anderen Person in der Realität zu tun … Fleisch und Blut und nicht nur in meiner Fantasie, das ist zu überwältigend. Zu unfassbar furchterregend.«
»Verstehe ich.«
Jem verdrehte die Augen. »Du hattest das halbe Königreich in deinem Bett, bevor du dich in Arthek verliebt hast.«
Ein Grinsen breitete sich auf Santos Gesicht aus. »Stimmt. Aber ich verstehe dich wirklich. Manchen Menschen fällt es leichter als anderen, doch wenn du die richtige Person triffst –«
»Dieses Biest ist nicht die richtige Person!«
»Na ja …« Xier zog eine Grimasse. »Ich gebe zu, es ist nicht ideal. Aber ich kann dir ein paar Tipps geben. Als allererstes; benutze deinen Mund um –«
»Stopp! Benutze deinen Mund, um sofort still zu sein!« Jem war kurz davor, sich die Finger in die Ohren zu stecken.
Beschwichtigend hob Santo die Hände. »Na gut, na gut. Doch wenn du deine Meinung änderst, bin ich jederzeit für dich da.« Xier lächelte traurig. »Es ist bald vorbei. Du wirst ihn heiraten, wir werden feiern und in einem oder zwei Tagen können wir nach Hause abreisen. Es ist eine politische Bindung, also wird es dir freistehen, so viele Liebhaber zu treffen, wie du möchtest. Oder so wenige, du möchtest. Doch du wirst deinen Pflichten nachgegangen sein. Sicherlich wird dieser Cador ausreichend begeisterte Liebhaber in Neuvella finden.«
Ein irritierender Schwall von Eifersucht überkam Jem. Er wurde bereits wahnsinnig! Entschlossen ignorierte er es.
»Bald wirst du Zuhause bei deinem See sein und Die Flut von Morvoren zum hundertsten Mal lesen.«
Jem seufzte verträumt. Morvoren war ein Mädchen aus dem Süden, das an Land geboren wurde und sich einen muskulösen Meerjungmann als Liebhaber nahm und mit ihm in die weite Welt der Unterwasserwesen entschwand. Seit er sich in die Erwachsenenabteilung der Bücherei geschlichen und es gestohlen hatte, war es sein Lieblingsbuch gewesen. Sein Blick fiel auf den Stapel Bücher, den er mitgebracht hatte, und er entdeckte die Geschichte anhand der Gebrauchsspuren und Eselsohren sofort inmitten seiner neueren Errungenschaften. Er hatte Morvoren immer in der Nähe, obwohl er es mittlerweile vermutlich schon auswendig konnte.
»Also hast du wirklich nie …« Santo wedelte mit der Hand in der Luft herum. »Nicht einmal ein bisschen?«
»Nicht einmal einen Kuss«, gab Jem zu und seine Wangen fingen sofort Feuer. »Wie schon gesagt, es ist nicht so, dass ich es nicht will. Mir fehlt der Mut.« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich wäre jetzt gerne allein.«
Nach einer innigen und zugleich sanften Umarmung verließ ihn Santo. Ein Bediensteter brachte ihm ein wenig später sein Abendessen, doch Jem bekam keinen einzigen Bissen hinunter. Er zwang sich dazu, den süßen Wein zu trinken, verkroch sich unter seine Decken und öffnete Morvorens Buch an seiner Lieblingsstelle.
Er las, wie Morvoren mutig vor Piraten floh, um mit ihrem Geliebten wiedervereint zu werden. Die beiden trafen sich auf einer einsamen Insel, wo sie auf dem nassen Sand seinen gigantischen Schwanz ritt, während die Wellen um ihre ekstatischen Körper brandeten.
Im Laufe der Nacht, las er die Szene nochmals.
Und nochmals.
Und … wieso nicht? Nochmals.
Er war zu klein, wie immer.
Die Robe hing über seine schillernden Stiefel auf den Boden und Jem fühlte sich wie ein idiotisches Kind, das Verkleiden spielte, anstelle eines Mannes an seinem Hochzeitstag. Grimmig rollte er die Ärmel des traditionellen Hochzeitsgewands hoch, das ihm ein Kleriker an dem Morgen gebracht hatte. Ordentlich gefaltet und nach Zitronen duftend.
Das weiße, leichte Material hatte er sich über den Kopf gezogen und es über seinen Körper fallen lassen. Die Arme hatte er durch weite, überlange Ärmel gesteckt. Es war darauf ausgelegt, einer Person bis zu den Knien zu reichen und Jem trug seine üblichen dünnen Hosen darunter. Cador würde dieselbe weiße Robe tragen, allerdings würde seine sicherlich ein gutes Stück größer ausfallen. Die Gewänder hatten breite Kragen und an Jem reichte dieser fast bis runter an die Nippel.
Die dürftige Kammer verfügte über keinerlei Spiegel, doch jeglicher Zweifel daran, wie lächerlich er aussah, wurde beseitigt, als Locryn und Pasco, ohne auch nur anzuklopfen und mit einer Flasche in der Hand, durch die Tür rumpelten. Jem verfluchte sich dafür, die Tür nicht verbarrikadiert zu haben.
Er nickte und spannte seine Kiefermuskeln an. »Ich weiß, ich sehe albern aus. Das ist mir bewusst.«
»Oh, jetzt schmoll nicht!« Pasco grinste. »Es hilft dir nicht dabei, deine Größe anzuheben.«
»Dabei würde nichts helfen, außer Hebewerke in den Stiefeln«, fügte Locryn hinzu. Sowohl er, als auch Pasco, waren groß und hatten dieselben glänzenden dunklen Locken wie der Rest der Familie. Locryn zwinkerte Jem zu und stupste ihn mit der Schulter an.
»Kopf hoch, Bruder. Endlich wird dir dein Wunsch erfüllt.«
»Mein Wunsch ist es, nach Hause zu gehen und in Frieden gelassen zu werden«, murmelte Jem.
Pasco rollte die Augen und stellte die Flasche auf einem kleinen Tisch in der Ecke des Raumes ab. »Das ist nicht, was du willst.«
»Ist es doch! Ich will nach Hause!«
Pasco sah ihn durch verschmitzt zusammengekniffene Augen an. »Komm schon. Was du willst, ist ein kräftiger Mann, der dich in seine Arme nimmt und dich fickt, bis du nicht mehr geradeaus laufen kannst.«
Locryn gluckste vor Vergnügen und stimmte zu. Jem grollte sie an. Pasco war der älteste und rechthaberischste Bruder und hatte nicht aufgehört, seinen Geschwistern Streiche zu spielen. Nicht einmal, nachdem er die Tochter eines reichen Händlers geheiratet hatte und Vater geworden war. Sie hatten sich nie sonderlich nahe gestanden, doch Pasco schien trotzdem die Fähigkeit zu besitzen, tief in Jems Seele blicken, und ihn lesen zu können wie ein Buch.
»Ich will nicht, dass er dieser Mann ist!«, rief Jem, bevor er sich zurückhalten konnte. Seit seiner Kindertage hatte er Pasco nicht mehr anvertraut als seinen liebsten Eisgeschmack im Sommer. Da hatte er es noch nicht besser gewusst, doch Pasco konnte sogar eine vermeidlich harmlose Information in einen Streich umwandeln.
Locryn lachte, doch Pasco seufzte nur. »Nein, das willst du sicherlich nicht. Er ist schließlich kein mutiger und königlicher Soldat, soviel ist sicher.«
Dieses spezielle Debakel war das Letzte, worüber Jem nachdenken wollte. »Könnt ihr mich bitte in Ruhe lassen? Ich versichere euch, dass ich mich heute genug blamieren werde, auch ohne eure Hilfe.
Pasco grunzte. »Wir wollen in keinster Weise, dass du blamiert wirst, so sehr du dich auch in der Opferrolle wohl fühlst. «
Zischend ballte Jem seine Hände zu Fäusten zusammen. »Tu nicht so. Ihr gabt mir das Gefühl, dass der Soldat mich begehrte –«
»Weil ich dachte, dass er es tat! Und ich wusste, dass du viel zu schüchtern bist, um ohne Unterstützung auf ihn zuzugehen.« Pasco fuhr sich mit einer Hand durch seine Locken, bevor er den Arm fallen ließ. »Weißt du, das Ergebnis meines Handelns war nicht, was ich geplant hatte. Ich war mir sicher, der Soldat hätte guten Geschmack und würde dein Angebot annehmen. Das war mein Versuch zu helfen.«
Jem öffnete den Mund, um darauf zu antworten und schloss ihn wieder. Zur Abwechslung lachte Pasco nicht.
Seine braunen Augen waren auf Jem gerichtet, voller … Ehrlichkeit? Trotzdem murmelte Jem: »Gar nichts weiß ich.«
Locryn begutachtete Pasco mit gerunzelter Stirn. »Meinst du das Winter Bankett, als die östlichen Königinnen zu Besuch waren? Das, wo –«
»Ja«, keifte Pasco.
Locryns Verwirrung schien zu wachsen. »Aber das ist ja schon ewig her. Das macht dir immer noch was aus?« Er blinzelte Jem ungläubig an. »Vergiss diesen idiotischen Soldaten.«
»Das ist vielleicht einfach für euch zwei, aber ich bin nicht … ich bin …« Das war der Grund, wieso er seine Nächte mit Büchern verbrachte anstelle eines Liebhabers. Es gab ihm Sicherheit. Es gab ihm Kontrolle. Er musste sich nicht mit der Komplexität anderer Menschen beschäftigen.
Pasco seufzte. »Ich habe versucht, Mutter dazu zu bringen, das Ganze abzublasen, doch sie will nicht hören. Du scheinst leider keine andere Wahl zu haben.«
Jem zögerte. Wieder schien Pasco unfassbar ehrlich zu sein. »Hast du?«
»Ja, doch sie lässt nicht mit sich reden. Ehrlich gesagt hatte ich gedacht, dass du und Treeve aus dem Westen ein gutes Paar abgeben würdet. Na ja.« Pasco entkorkte den Wein und füllte einen Kelch, den er Jem reichte. »Hier, das beruhigt die Nerven.«
Tatsächlich war Treeve sehr gutaussehend und auf andere Art und Weise muskulös. Obwohl der Westen schon seit langer Zeit ihr Feind war, wäre Treeve als Ehegatte die wesentlich angenehmere Option. Doch das war jetzt offenbar zu spät.
Niedergeschlagen roch Jem an dem Wein und war bereit ihn zu trinken, selbst wenn es sich dabei um einen Trick handelte. Santo kam in dem Moment rein, ebenfalls ohne anzuklopfen. Xier sah die Brüder misstrauisch an. »Was habt ihr beiden nun schon wieder ausgeheckt?«
»Wir feiern unseren Bruder an seinem Hochzeitstag!«, beteuerte Pasco indigniert und Jem musste lachen.
Er sagte: »So wie meinen Geburtstag, als ihr mir Kuchen voller Hwyja Beeren gebracht habt, und ich den restlichen Tag mit dem Nachttopf verbringen durfte? Oder als ihr mir erzählt habt, ihr hättet ein Nest voller Dillywig Küken in den Höhlen gefunden und ich so lange danach suchte, bis ich komplett von Dunkelheit umhüllt war, als meine Fackel ausbrannte?«
»Du hast dadurch deine Angst vor den Höhlen besiegt, nicht?« Pasco streckte seine Arme aus. »Gern geschehen.«
Santo roch an der Weinflasche. »Ihr trinkt zuerst.«
Das taten Pasco und Locryn dann auch, weiterhin beteuernd, dass es sich um keinen Scherz handelte. Santo schenkte sich selbst einen Kelch ein und nahm kleine Schlucke davon, doch Jem traute sich nicht. Das Letzte, was er brauchte, war, vor aller Augen am Altar heftig krank zu werden.
»Was glaubt ihr, warum sie jetzt zurückgekehrt sind?«, fragte Jem. »Es sind Ewigkeiten vergangen. Ich glaube nicht mal, dass sich im Askorn Meer irgendetwas befindet, abgesehen von Eis und Gestein. Hat irgendjemand außer den Klerikern das Meer mal bereist?«
»Nicht, dass ich wüsste«, antwortete Pasco. »Die neuen Handelsverbindungen mit Ergh werden auch durch die Kleriker gehandhabt. Niemand würde sich ohne unserer Götter Segen dem eiskalten Meer stellen. Die Kleriker haben schon immer davon geschwafelt, Onan wiederzuvereinen. Wenn du mich fragst, haben wir ganz gut ohne Ergh gelebt.«
Locryn zuckte mit den Schultern. »Vielleicht sind sie einsam.«
»Sie müssen irgendetwas wollen«, meinte Santo. »Abgesehen von Frieden und Einigung.«
»Sieht aus, als wollten sie unseren kleinen Bruder«, grinste Pasco und zeigte damit seine weißen Zähne.
»Das ist wie in einer deiner fantasievollen Geschichten, Jem. Mit einem Wilden vermählt! Komm schon, das ist aufregend. Gib’s zu.«
»Es ist aufregend, wenn es auf der Buchseite passiert. Nicht in der Realität.«
Pasco machte ein ungläubiges Gesicht. »Jedenfalls verdeckt dieses Leder gar nichts und der Schwanz des Barbaren wirkt sehr real. Also versuch’s mal und genieße es. Du bist jetzt lange genug eine Jungfrau gewesen. Trau dich.«
Santo runzelte die Stirn. »Woher weißt du, dass er noch Jungfrau ist?«
»Wieso weißt du das nicht?«, fragte Pasco und warf energisch die Hände in die Luft.
»Sogar ich wusste das. Weißt du noch, als –«, fing Locryn an.
»Können wir bitte aufhören, darüber zu reden?«, bat Jem. Er warf seine Bedenken über Bord und trank den Wein. Vor seinem inneren Auge erschienen Bilder seines Verlobten. Muskeln und Bartstoppeln und ja, eine sehr beeindruckende Beule in dem engen Leder. Wie würde sie sich unter seinen Fingern wohl anfühlen? So wie sein eigener Penis? Würde er nach Schweiß schmecken und … wild? Morvorens Meermann schmeckte nach Salz und Freiheit und sie liebte es, wenn er ihren Mund fickte und sich in ihr ergoss.
Jem stellte sich vor, selbst auf seine Knie zu fallen. Nackt, doch der Barbar trug immer noch sein Wildschweinleder und Fell und diese riesigen Stiefel, die ihm bis zur Mitte des Schienbeines reichten. Das Leder und die Schnallen schienen viel rauer, als die von Jems dünnen Schuhen. Er stellte sich vor, wie sein Kiefer schmerzte, wenn er sich unterwarf und den dicken Schwanz in seinen Mund nahm. Wie der Barbar ihn benutzte. Dicke, raue Finger, die an seinen Locken zogen, um ihn an Ort und Stelle zu behalten. Vielleicht waren sogar seine Hände hinter seinem Rücken zusammengebunden. Er würde hilflos sein, dem Barbaren und seinem massiven Schwanz ausgeliefert. Er konnte kaum atmen …
Jem räusperte sich und drehte sich dem Fenster zu. Er war froh, so eine voluminöse Robe zu tragen. Seine Fantasie war schon immer mit ihm durchgegangen, doch der Anflug von Verlangen wurde sofort durch das Gefühl von Angst ersetzt. Seine Gedanken waren sein Königreich. Er war der Herrscher, doch der Barbar, den Jem heiraten sollte, war zu real und außerhalb seiner Kontrolle.
»Auf Jem an seinem Hochzeitstag.« Santo hielt den Kelch hoch. »Möge er Liebe und Glück finden.«
»Und außerdem –«, fing Pasco an.
»Noch mehr Liebe und Glück!«, unterbrach Santo ihn und warf ihm einen vielsagenden Blick zu.