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Walter Doerfler

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Beschreibung

FISCHER KOMPAKT. Verlässliches Wissen kompetent, übersichtlich und bündig dargestellt. • Viren in der Grundlagenforschung • Viren als Krankheitserreger • Immunsystem • Impfung • Antivirale Medikamente • Retroviren • HIV • Influenzavirus • Adenovirus • Creutzfeld-Jacob-Krankheit • Hepatitisviren • Bakteriophage Lambda (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Walter Doerfler

Viren

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Inhalt

Der Ausdruck Virus kommt [...]GrundrissBedeutung der VirenViren als KrankheitserregerViren in der GrundlagenforschungStrategien von VirenGrundlegendes zur ZellbiologieGrundzüge der molekularen GenetikZur Struktur von Nukleinsäuren und ProteinenNukleinsäurenProteineDer genetische CodeGrundbegriffe der ImmunologieUnspezifische AbwehrmechanismenDie ImmunabwehrImpfungAntivirale MedikamenteDie Einteilung der VirenEinteilungskriterienZur Charakterisierung von RNA-VirusklassenInfektionszyklen von VirenAblauf einer produktiven VirusinfektionNicht-produktive VirusinfektionenVertiefungenRetroviren und Humanes Immundefizienz Virus (HIV)Endogene retrovirale GenomeNewly emerging viruses: neu aufkommende VirenInfluenzavirusPoliomyelitisvirus (Poliovirus)MasernvirusAdenovirusLangsame Virusinfektionen und PrionenHepatitisvirenEpstein-Barr-Virus und andere HerpesvirenPapillomvirenBakteriophage LambdaBaculovirusAnhangGlossarLiteraturhinweiseAbbildungsnachweise:

Grundriss

Bedeutung der Viren

Im 20. Jahrhundert sind die bakteriellen Infektionskrankheiten durch die Behandlung mit Antibiotika unterschiedlichster Wirkungsweise weitgehend beherrschbar geworden. Diese Erfolge der medizinischen Grundlagenforschung haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Lebenserwartung der Menschen um Jahrzehnte verlängert wurde. Bei den Infektionen mit nicht-bakteriellen Mikroorganismen sind manche zwar behandelbar, dennoch fordern einige wie die Malaria jährlich immer noch Millionen von Opfern mit vielen Todesfällen. Dennoch bleibt der Kampf gegen tödliche, durch Bakterien verursachte Infektionskrankheiten eine dauernde Herausforderung. Über Jahrzehnte glaubte man etwa die Tuberkulose durch anti-mikrobielle Therapie besiegt. Heute sterben wieder Hunderttausende an dieser Krankheit, deren Erreger, die säurefesten Stäbchen Mycobacterium tuberculosi gegen viele der bisher verwendeten Antibiotika resistent geworden sind.

Viren als Krankheitserreger

Ein noch viel schwerwiegenderes medizinisches Problem stellen die Infektionskrankheiten von Menschen, Tieren und Pflanzen dar, die durch Viren verursacht werden. Viren führen ein merkwürdiges, für den Laien zunächst schwer verständliches Doppeldasein: Als isolierte Strukturen sind Viren leblos wie andere chemische Verbindungen; kommen die Viren aber in Kontakt mit Zellen oder Lebewesen, erwachen sie zum Leben und entfalten listenreiche Strategien, die zu ihrer Vermehrung oder zum permanenten Einbau der Virusgene in die Gene der Wirtszellen führen. Viren sind obligatorische Parasiten; sie brauchen lebende Zellen und Organismen für ihre Vermehrung. Dabei sind die nach einer Klassifizierung von 1995 bekannten 4000 verschiedenen Virusarten hoch spezialisiert: Jede Virusart kann nur in ganz bestimmte Zellen eindringen und sich in ihnen vermehren. Was Viren eindeutig als Lebewesen identifiziert, ist der Besitz eines raffiniert ausgeklügelten Genoms, das wie das Erbgut aller anderen Organismen aufgebaut ist, häufig allerdings mit einer sehr geringen Anzahl von Genen auskommt. Schließlich benützen Viren für ihre Vermehrung viele Genprodukte und Strukturen ihrer Wirtszellen. Dadurch kann es zur Umwandlung von Zellen mit reguliertem Wachstum zu tumorähnlichen Zellen kommen, die sich ungehemmt vermehren und zur Tumorbildung führen können.

Jeder von uns hat seit Kindertagen Erfahrungen mit Infektionen durch Viren am eigenen Leibe gemacht. Die Luftwege des Menschen – Nase, Mund, Rachen, Luftröhre und Lungen – sind bevorzugte Zielorgane vieler verschiedener Viren. Infektionen mit Rhinoviren oder Adenoviren (etwa fünfzig auf den Menschen spezialisierte Typen) beginnen früh in der Kindheit. Die Rhinoviren gehören zur Familie der Picornaviren – kleine (= pico) Viren mit einem RNA-Genom. Zu den Picornaviren rechnet man sieben Arten von Aphthoviren (darunter der Erreger der Maul- und Klauenseuche), zwei Arten von Cardioviren, hundert Arten von Enteroviren (darunter drei Typen von Polioviren), zwei Arten von Hepatoviren, zwei Arten von Parechoviren und hundertdrei Typen von Rhinoviren. Wegen der Vielfalt der Rhinovirustypen können sich Infektionen mit diesen Erregern von Erkältungskrankheiten das ganze Leben lang wiederholen. Diese Erkältungskrankheiten, die meist nicht länger als eine Woche anhalten, verschaffen uns Immunität gegen bestimmte Virustypen, die zumindest einige Jahre andauert. Da es von den Erkältungskrankheiten verursachenden Virusarten sehr viele verschiedene Typen gibt, kann der Erwerb von Antikörpern gegen einen Typ nicht unbedingt gegen die Infektion mit einem anderen Typ der gleichen Virusgruppe schützen.

Viel gefährlicher für den Menschen verlaufen Infektionen mit dem Influenzavirus, dem echten Grippevirus, das im Gegensatz zu den häufig auch als Grippe bezeichneten harmlosen Erkältungskrankheiten schwere, vor allem bei Älteren oder an anderen Krankheiten Leidenden lebensbedrohende Erkrankungen verursacht. Aufgrund ihrer besonderen genetischen Struktur sind Influenzaviren äußerst wandlungsfähig und haben in der menschlichen Bevölkerung in der Vergangenheit immer wieder Epidemien zum Teil ungeheuren Ausmaßes hervorgerufen. An den Folgen einer Influenza-Pandemie, einer die ganze Weltbevölkerung erfassenden Epidemie, sind 1918/1919 schätzungsweise über 20 Millionen Menschen gestorben, andere haben lebenslange Schäden insbesondere ihres Nervensystems davongetragen.

Seit den frühen 1980er Jahren haben das Humane Immundefizienzvirus (HIV) und die Krankheit AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) die Welt in Angst und Schrecken versetzt. (Newly emerging viruses: neu aufkommende Viren) Ende 2001 waren schätzungsweise 40 Millionen Menschen, darunter 2,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren mit diesem Virus infiziert, von denen die meisten in Afrika leben. Anfang 2001 waren 21,8 Millionen Menschen an AIDS bereits verstorben. Im Jahr 2001 gab es insgesamt fünf Millionen Neuinfektionen mit dem HIV, darunter 0,8 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Im selben Jahr sind drei Millionen Menschen, davon 2,3 Millionen in Afrika, an AIDS verstorben. Bis Ende 2001 sind in Deutschland etwa 23500 Menschen an AIDS erkrankt, davon waren 88 Prozent Männer und 12 Prozent Frauen. Die Gesamtzahl der HIV-Infizierten seit Beginn der Epidemie beträgt etwa 60000. An AIDS gestorben sind in Deutschland seitdem etwa 19000 Menschen. Derzeit leben in Deutschland ungefähr 38000 mit HIV infizierte Menschen.

Das HIV ist auf eine bestimmte Abwehrzellart, nämlich bestimmte T-Lymphozyten des Menschen spezialisiert, vernichtet diese für die Abwehr essentiellen Zellen und setzt die Infizierten damit wehrlos einer Vielzahl bakterieller und viraler Krankheitserreger aus. Praktisch alle Infizierten erkranken nach längerer, manchmal kürzerer Inkubationszeit, worunter man die Zeitspanne zwischen Infektion und Ausbruch von Krankheitserscheinungen versteht. Ohne eine sehr kostspielige Behandlung verläuft AIDS immer tödlich. Die Behandlung muss nach dem heutigem Kenntnisstand lebenslang fortgesetzt werden, da das HIV aus dem Körper der Infizierten nicht eliminiert werden kann und sofort beginnt, sich wieder zu vermehren, sobald die Behandlung abgesetzt wird. An der Entwicklung eines Impfstoffes gegen das HIV wird intensiv gearbeitet.

Das Pockenvirus und das Poliomyelitisvirus und die durch sie verursachten Krankheiten sind zwei sehr unterschiedliche Beispiele aus der Virologie. Die Pocken waren eine der Geißeln der Menschheit bis in die neuere Zeit. Durch die früher überall durchgeführte Impfung sind die Pocken als Krankheit seit 1977 weltweit ausgerottet worden. Kürzlich kamen Befürchtungen auf, dass Bioterroristen sich dieses gefährliche Virus für verbrecherische Handlungen nutzbar machen könnten. Zurzeit versucht man daher besonders in den USA, vorsorglich wieder ausreichende Mengen eines Impfstoffes gegen Pockenviren herzustellen und zu lagern.

Auch die durch das Polio(myelitis)virus verursachte spinale Kinderlähmung (Poliomyelitis) war bis zur Einführung einer Impfung in den 1950er Jahren eine gefürchtete Krankheit, die bei einigen der Infizierten zur Zerstörung von Nervenzellen im Vorderhorn des Rückenmarkes und damit zu schlaffen Lähmungen von Körperteilen oder des gesamten Körpers geführt hat. Die weltweite Beherrschung der Pocken, hoffentlich in wenigen Jahren auch der Kinderlähmung – Letztere kommt nur noch in Teilen Afrikas und Asiens vor – beweist die derzeit einzig zuverlässige Abwehr gegen Virusinfektionen, nämlich die Impfungen. Deren Prinzip war in China und Indien seit dem 11. Jahrhundert bekannt und wurde 1794–1796 von dem englischen Arzt Edward Jenner auch in Europa eingeführt. Diese Entwicklung ist von der Erkenntnis der Volksmedizin ausgegangen, dass Melkerinnen, die sich mit den für Menschen harmlosen Kuhpocken infiziert hatten, gegen die menschlichen Pocken weitgehend immun waren.

Eine Passage in Goethes Dichtung und Wahrheit belegt, dass das Verfahren im 18. Jahrhundert auch auf dem Kontinent bekannt wurde:

»Wie eine Familienspazierfahrt im Sommer durch ein plötzliches Gewitter auf eine höchst verdrießliche Weise gestört wird (…), so fallen auch die Kinderkrankheiten unerwartet in die schönste Jahreszeit des Frühlebens. Ich hatte mir eben den Fortunatus mit seinem Säckel und Wunschhütlein gekauft, als mich ein Missbehagen und ein Fieber überfiel, wodurch die Pocken sich ankündigten. Die Einimpfung derselben ward bei uns noch immer für sehr problematisch angesehen, und ob sie gleich populare Schriftsteller schon fasslich und eindringlich empfohlen, so zauderten doch die deutschen Ärzte mit der Operation, welche der Natur vorzugreifen schien. Spekulierende Engländer kamen daher aufs feste Land und impften, gegen ein ansehnliches Honorar, die Kinder solcher Personen, die sie wohlhabend und frei von Vorurteil fanden. Die Mehrzahl jedoch war noch immer dem alten Vorurteil ausgesetzt; die Krankheit wütete durch die Familien, tötete und entstellte viele Kinder, und wenige Eltern wagten es, nach einem Mittel zu greifen, dessen wahrscheinliche Hilfe doch schon durch den Erfolg mannigfaltig bestätigt war. Das Übel betraf nun auch unser Haus und überfiel mich mit ganz besonderer Heftigkeit. Der ganze Körper war mit Blattern übersäet, das Gesicht zugedeckt, und ich lag mehrere Tage blind und in großen Leiden (…). Endlich, nach traurig verflossener Zeit, fiel es mir wie eine Maske vom Gesicht, ohne dass die Blattern eine sichtbare Spur auf der Haut zurückgelassen (…). Weder von Masern, noch Windpocken und wie die Quälgeister der Jugend heißen mögen, blieb ich verschont, und jedes Mal versicherte man mir, es wäre ein Glück, dass dieses Übel nun für immer vorbei sei(…). Bei Gelegenheit dieses Familienleidens will ich auch noch eines Bruders gedenken, welcher, um drei Jahre jünger als ich, gleichfalls von jener Ansteckung ergriffen wurde und nicht wenig davon litt (…). Auch überlebte er kaum die Kinderjahre. Unter mehreren nachgeborenen Geschwistern, die gleichfalls nicht lange am Leben blieben, erinnere ich mich noch eines sehr schönen und angenehmen Mädchens, die aber auch bald verschwand (…)«

Viren in der Grundlagenforschung

Viruskrankheiten kommen nicht nur beim Menschen vor; Viren können auch auf Tiere, Pflanzen, Bakterien oder andere Organismen spezialisiert sein und bei ihnen Krankheiten hervorrufen. Die große Vielfalt von Viren als Parasiten der unterschiedlichsten Lebewesen hat dem Grundlagenfach der Molekularen Virologie die Möglichkeit eröffnet, Probleme zu bearbeiten, die weit über das Interesse medizinischer Fragestellungen hinausgehen (Baculoviren). Einer der großen Erfolge der Molekularen Virologie besteht in ihren wesentlichen Beiträgen zum Verständnis der Biologie aller Lebewesen. Seit den 1940er und 1950er Jahren hat man mittels der Viren viel über Zellen von Bakterien, Pflanzen und Säugetieren in Erfahrung gebracht: Da Viren sich wichtiger Mechanismen von Zellen bedienen, konnte man mit ihrer Hilfe Aufschlüsse über zelluläre Mechanismen gewinnen. Virologen, Zellbiologen und Molekularbiologen haben daher Viren nicht vorwiegend als Krankheitserreger, sondern auch als wichtige Helfer in der molekularbiologischen Grundlagenforschung betrachtet.

Strategien von Viren

Zunächst muss man sich klarmachen, dass es Tausende verschiedener Viren mit unterschiedlichem Aufbau und verschiedenen Vermehrungsstrategien gibt. Viren unterscheiden sich auch grundsätzlich voneinander durch die Art der Wirtszellen, die sie befallen können. Viele wichtige Grundprinzipien gelten aber für die strukturelle Organisation aller im Einzelnen auch noch so verschiedenen Viren. Virusteilchen, auch Virionen genannt, bestehen aus dem genetischen Material – Ribonukleinsäure (RNA) oder Desoxyribonukleinsäure (DNA) – und verschiedenen Eiweißmolekülen (Proteinen), die als Kapsid die Virusgene umgeben. Manche Viren haben zusätzlich eine äußere Hülle, die aus der Membran der Zellen stammt, in denen sich das Virus vermehrt hat. In dieser ursprünglich von der Zytoplasma-Membran abgeleiteten Hülle des Virions werden zunächst die zelleigenen Proteine nach erfolgreicher Infektion durch virusspezifische Proteine ersetzt.

Für die Erzeugung von Energie sind die Viren vollständig von ihren Wirtszellen abhängig, die in ihren Kraftwerken, den so genannten Mitochondrien, aus Zuckern Energie gewinnen und damit auch die Energiebedürfnisse für die Vermehrung der Viren abdecken. Manche Viren bringen eine Reihe von Wirkstoffen (Enzymen), die für die Vermehrung der Viren wichtig sind oder die die Abwehrmechanismen der Wirtszellen ausschalten können, im Virion verpackt mit in die Zelle, um sich dort sofort möglichst effizient vermehren und die Wirtszelle hemmen zu können.

Aus der absoluten Abhängigkeit des Virus von seiner Wirtszelle ergeben sich einige interessante Folgerungen. Ein Virus hätte keine Vermehrungschancen, wenn es sofort alle verfügbaren Wirtszellen zerstören würde; es würde vielmehr sein eigenes Ende herbeiführen. Viren entwickeln raffiniertere Strategien, wie etwa das HIV, das sein Genom (= Gesamtheit seines Genmaterials) mit Hilfe von den im Virion mitgebrachten Enzymen reverse Transkriptase und Integrase in das Genom der Wirtszelle, in diesem Fall der T-Lymphozyten des Menschen, direkt einbaut. Diese Wirtszellen sind für die Abwehr gegen Virusinfektionen von entscheidender Bedeutung. So bleiben die Virusgene für die weitere Lebensdauer des infizierten Menschen in den Genen seiner Abwehrzellen und anderer Zellen. Die Betroffenen werden das Virus nie wieder los. Man kann seit einigen Jahren mit teuren Medikamenten die Virusvermehrung blockieren, vom Virus befreien kann man die Infizierten bisher aber nicht, sodass sie für ihr weiteres Leben immer antiretrovirale Medikamente einnehmen müssen.

Abbildung 1: Viren in elektronenmikroskopischer Aufnahme. a: Molluscum contagiosum-Virus b: Adenovirus, neg. Kontrast c: Herpes simplex-Virus, Schnitt d: Herpes simplex-Virus, neg. Kontrast e: Menschliches Warzenvirus, neg. Kontrast f: Coronavirus, neg. Kontrast g: Influenza A2, neg. Kontrast h: Mumps-Virus, Schnitt i: menschl. Rotavirus k: Hepatitis A-Virus, neg. Kontrast I: Rabies-Virus, neg. Kontrast m/n: HIV Typ 1. Alle Aufnahmen sind im Maßstab 135000:1 vergrößert.

Die Behandlung von Virusinfektionen mit Medikamenten ist auch deshalb so schwierig, weil immer dann, wenn die Funktionen der Zelle gehemmt werden, die zur Vermehrung der Viren notwendig sind, gleichzeitig lebenswichtige Funktionen von Zellen betroffen werden und damit für die Behandelten schwere Nebenwirkungen hingenommen werden müssen. So ist es auch bei der Behandlung von AIDS und der Bekämpfung des HIV: die Behandlung bewirkt zum Teil schwerste Nebenwirkungen, die man bisher nicht zu vermeiden vermag. Um antivirale Therapien überhaupt entwickeln zu können, muss man die Infektions- und Vermehrungsmechanismen von allen zu bekämpfenden Viren genauestens auf molekularer Grundlage studieren. Die Molekulare Virologie hat auch dazu in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Beiträge geleistet. Die Möglichkeit zur Behandlung von HIV-, Herpesvirus- oder Influenzavirus-Infektionen sind Teilerfolge. Andererseits sind wir weit davon entfernt, Virusinfektionen so sicher behandeln zu können wie Infektionen mit Bakterien durch die hochentwickelte Vielfalt der Antibiotika. Diese greifen Bakterienmechanismen an, die grundsätzlich anders als die der Zellen beispielsweise des Menschen sind, sodass bei einer antibiotischen Therapie nicht grundsätzlich mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.

Die größten Erfolge in der Auseinandersetzung mit Viren als Krankheitserregern sind den Virologen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und auch heute noch durch vorbeugende Impfungen möglich geworden: Der Ausbruch und die verheerenden, weltweiten Epidemien von Krankheiten wie Pocken (Pockenvirus), Kinderlähmung (Poliovirus), Masern (Masernvirus), Röteln (Rubellavirus) und echter Grippe (Influenzavirus) können heute durch vorbeugende Impfungen (Immunisierungen) verhindert werden. Behandeln könnte man diese Krankheiten, außer der Influenza, auch heute nicht besser als vor hundert Jahren. Für die Molekulare Virologie bleiben also wichtige Fragen zu bearbeiten.

Abbildung 2: Die wichtigsten bei Wirbeltieren vorkommenden Virustypen sind in Gruppen nach der Art ihres Genoms eingeteilt: dsDNA ist ein doppelsträngiges und ssDNA ein einzelsträngiges DNA-Genom; ssRNA ist ein einzelsträngiges und dsRNA ein doppelsträngiges RNA-Genom. Der Maßstab gibt die Länge von 100 Nanometern (nm) an, das sind 0,1 Mikrometer oder 0,0001 Millimeter.

Grundlegendes zur Zellbiologie

Zum Verständnis von Viren sind einige Grundkenntnisse über die Biologie von Zellen, zum Aufbau und der Funktion von Genen sowie über die körpereigene Abwehr (Immunologie) notwendig. Abbildung 3