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Expertenwissen für jedermann: Diese Auskopplung aus dem "Handbuch der Lebensmitteltoxikologie" beschreibt umfassend und kompetent die für die Ernährung wichtigsten Vitamine und Spurenelemente.
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Seitenzahl: 673
Veröffentlichungsjahr: 2013
Inhalt
Autorenverzeichnis
1 Vitamin A und Carotinoide
1.1 Einleitung
1.2 Vorkommen von Vitamin A und Carotinoiden in Lebensmitteln
1.3 Analytik und Gehalte von Vitamin A und Carotinoiden in Lebensmitteln
1.4 Aufnahme, Verteilung, Metabolismus und Elimination von Carotinoiden und Vitamin A
1.5 Wirkungen
1.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
1.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungeng
1.8 Vorsorgemaßnahmen
1.9 Zusammenfassung
1.10 Literatur
2 Vitamin D
2.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
2.2 Vorkommen
2.3 Verbreitung in Lebensmitteln und Versorgung
2.4 Kinetik und innere Exposition
2.5 Wirkungen
2.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials bzgl. Unter-und Überversorgung, auch unter Einbeziehung der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln
2.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
2.8 Vorsorgemaßnahmen
2.9 Zusammenfassung
2.10 Literatur
3 Vitamin E
3.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
3.2 Vorkommen
3.3 Verbreitung
3.4 Kinetik und innere Exposition
3.5 Wirkungen
3.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
3.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
3.8 Vorsorgemaßnahmen
3.9 Zusammenfassung
3.10 Literatur
4 Ascorbat
4.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
4.2 Vorkommen und Verwendung hinsichtlich Lebensmittel und -gruppen
4.3 Verbreitung in Lebensmitteln und analytischer Nachweis
4.4 Kinetik und innere Exposition
4.5 Wirkungen
4.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
4.7 Grenzwerte, Richtlinien, Empfehlungen, Vorsorgemaßnahmen
4.8 Zusammenfassung
4.9 Literatur
5 Folsäure
5.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
5.2 Vorkommen und Verbreitung in Lebensmitteln
5.3 Kinetik und innere Exposition
5.4 Wirkungen
5.5 Bewertung des Gefährdungspotenzials bzgl. Unter- und Überversorgung auch unter Einbeziehung der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln
5.6 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
5.7 Vorsorgemaßnahmen
5.8 Zusammenfassung
5.9 Literatur
6 Kupfer
6.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
6.2 Vorkommen und Verwendung
6.3 Kupfergehalte in Lebensmitteln
6.4 Kinetik und innere Exposition
6.5 Wirkungen
6.6 Gesundheitliche Bewertung
6.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
6.8 Vorsorgemaßnahmen
6.9 Zusammenfassung
6.10 Literatur
7 Eisen
7.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
7.2 Diätetische Eisenzufuhr
7.3 Eisengehalte in Lebensmitteln und Eisen als Lebensmittelzusatzstoff
7.4 Eisenanalytik und -diagnostik
7.5 Resorption, Verteilung, Metabolismus und Elimination bei Menschen
7.6 Wirkungen und Mangelerscheinungen
7.7 Bewertung des Gefährdungspotenzials
7.8 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
7.9 Zusammenfassung
7.10 Literatur
8 Fluorid
8.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
8.2 Vorkommen
8.3 Verbreitung in Lebensmitteln
8.4 Kinetik und innere Exposition
8.5 Wirkungen
8.6 Gesundheitliche Bewertung
8.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
8.8 Vorsorgemaßnahmen
8.9 Zusammenfassung
8.10 Literatur
9 Selen
9.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
9.2 Vorkommen
9.3 Verbreitung und Nachweis
9.4 Kinetik und innere Exposition
9.5 Wirkungen
9.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
9.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen
9.8 Vorsorgemaßnahmen
9.9 Zusammenfassung
9.10 Literatur
10 Zink
10.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
10.2 Vorkommen
10.3 Verbreitung in Lebensmitteln
10.4 Kinetik und innere Exposition
10.5 Wirkungen
10.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
10.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen
10.8 Vorsorgemaßnahmen
10.9 Zusammenfassung
10.10 Literatur
11 Mangan
11.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
11.2 Vorkommen
11.3 Verbreitung in Lebensmitteln und Trinkwasser
11.4 Exposition und Kinetik
11.5 Wirkungen
11.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
11.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen und gesetzliche Regelungen
11.8 Vorsorge
11.9 Zusammenfassung
11.10 Literatur
12 Molybdän
12.1 Allgemeine Substanzbeschreibung
12.2 Regeln des Molybdänvorkommens in Futter- und Lebensmitteln
12.3 Verbreitung des Molybdäns in Lebensmitteln
12.4 Kinetik und innere Exposition (Verzehr, Absorption, Verteilung, Stoffwechsel und Ausscheidung)
12.5 Wirkungen
12.6 Bewertung des Gefährdungspotenzials
12.7 Grenzwerte, Richtwerte, Empfehlungen, gesetzliche Regelungen
12.8 Vorsorgemaßnahmen
12.9 Zusammenfassung
12.10 Literatur
Sachregister
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ISBN: 978-3-527-33078-2
Roth, K.
Chemische Köstlichkeiten
2010
ISBN: 978-3-527-32752-5
Schärer-Züblin, E.V. (Hrsg.)
Forschung und Ernährung – Ein Dialog
2009
ISBN: 978-3-527-32691-4
Vreden, N., Schenker, D., Sturm, W., Josst, G., Blachnik, C.
Lebensmittelführer
Inhalte, Zusätze, Rückstände
2008
978-3-527-31797-4
Schwedt, G.
Taschenatlas der Lebensmittelchemie
2005
ISBN: 978-3-527-31207-8
Herausgeber
Prof. Dr. Hartmut Dunkelberg
Universitätsmedizin Göttingen
Laborgebäude 11A
Lenglerner Straße 75
37079 Göttingen
Prof. Dr. Thomas Gebel
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FG4.3
Fachbereich 4
Friedrich-Henkel-Weg 1–25
44149 Dortmund
Prof. Dr. Andrea Hartwig
KIT/Angewandte Biowiss.
Abt. Lebensmittelchemie und Toxikologie
Kaiserstraße 12
76131 Karlsruhe
Alle Beiträge in diesem Band sind entnommen aus „Handbuch der Lebensmitteltoxikologie – Belastungen, Wirkungen, Lebensmittelsicherheit, Hygiene“, ISBN 978-3-527-31166-8
1. Auflage 2012
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Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Manfred Anke
Am Steiger 12
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Deutschland
Prof. Dr. Hans K. Biesalski
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Institut für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft
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70593 Stuttgart
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Prof. Dr. Regina Brigelius-Flohé
Deutsches Institut für
Ernährungsforschung
Arthur-Scheunert-Allee 114–116
14558 Potsdam-Rehbrücke
Deutschland
Prof. Dr. Bernd Elsenhans
Ludwig-Maximilians-Universität München
Walther-Straub-Institut
für Pharmakologie und Toxikologie
Goethestr. 33
80336 München
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Dr. Thomas Ettle
Technische Universität München
Fachgebiet Tierernährung und Leistungsphysiolgie
Hochfeldweg 6
85350 Freising-Weihenstephan
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Dr. Thomas Gebel
Universität Göttingen
Bereich Humanmedizin
Abteilung Allgemeine Hygiene und Umweltmedizin
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Prof. Dr. Andreas Hahn
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Institut für Lebensmittelwissenschaft
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Prof. Dr. Andrea Hartwig
TU Berlin
Sekt. TIB 4/3-1
Institut für Lebensmitteltechnologie
Gustav-Meyer-Allee 25
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Dr. Regine Heller
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Universitätsklinikum
Institut für Molekulare Zellbiologie
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07743 Jena
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Institut für Experimentelle
Endokrinologie
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30173 Hannover
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Dr. Lutz Schomburg
Campus Charité Mitte
Institut für Experimentelle
Endokrinologie
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Deutschland
Prof. Dr. Klaus Schümann
Technische Universität München
Lehrstuhl für Ernährungsphysiologie
Am Forum 5
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Heinrich-Heine-Universität
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Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
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Deutschland
Dr. Barbara Stommel
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
53639 Bonn
Deutschland
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Universität Göttingen
Bereich Humanmedizin
Abteilung Allgemeine Hygiene und Umweltmedizin
Lenglerner Str. 75
37079 Göttingen
Deutschland
Heinz Nau und Wilhelm Stahl
Vitamin A gehört zur Gruppe der fettlöslichen Vitamine und der Begriff „Vitamin A“ wird im Allgemeinen auf alle Substanzen angewendet, die eine qualitative biologische Aktivität vergleichbar der Stammsubstanz all-trans-Retinol oder eine enge Strukturverwandtschaft aufweisen [10, 29, 30, 51, 77]. Carotinoide werden auch als „Provitamin A“ oder Provitamin A-Verbindungen bezeichnet, wenn sie Vitamin A-Aktivität besitzen. Die Bezeichnung „Vitamin A“ umfasst chemische Substanzen aus der Gruppe der Retinoide. Für den Begriff „Retinoide“ existiert gegenwärtig keine allgemein akzeptierte Definition. Gemäß der IU-PAC-IUB-Kommission1) für Biochemische Nomenklatur (1982) ist der Begriff wie folgt definiert:
„Retinoide gehören zu einer Klasse von Komponenten, die aus vier Isopreneinheiten bestehen, die in einer Kopf-Schwanz-Verbindung stehen; alle Retinoide können formell von einer monocyclischen Elternkomponente abgeleitet werden, die fünf C-C-Doppelbindungen und eine funktionelle Gruppe am acyclischen Ende des Moleküls enthalten“ (Abb. 1.1).
Es werden jedoch auch Verbindungen, vor allem synthetische Komponenten, als Retinoide bezeichnet, die nicht diese Strukturanforderungen erfüllen, jedoch biologisch wesentlich aktiver sind als Retinol. Ebenso werden Verbindungen als Retinoide bezeichnet, die sich vom Grundgerüst des Retinols ableiten, jedoch keine biologische Aktivität entfalten. Als ergänzende oder ersetzende Definition wurde vorgeschlagen, dass „Retinoide eine Klasse von Substanzen sind, die spezifische biologische Antworten durch Bindung an und Aktivierung von Rezeptoren hervorrufen“. Auch diese Definition ist nicht vollständig zutreffend, da Retinoide existieren, die ihre biologische Aktivität nicht über die Beteiligung von Rezeptoren entfalten.
Abb. 1.1 Strukturformeln von Vitamin A (Retinylester, Retinol) sowie einiger Retinoide.
Die wichtigsten natürlich vorkommende Retinoide, die unter den Begriff „Vitamin A“ fallen, sind all-trans-Retinol (Retinol oder Vitamin-A-Alkohol), all-trans-Retinaldehyd (Retinal), all-trans-Retinsäure und die Retinylester (Konjugate des Retinols mit Fettsäuren, z. B. Palmitin-, Stearin-, Öl- oder Linolsäure) sowie 13-cis-Retinsäure, 13-cis-4-oxo-Retinsäure, und 4-oxo-Retinol und 4-oxo-Retinal [3, 52, 91]. Vor kurzem wurde eine neuer Retinoid-Metabolit entdeckt (9-cis-4-oxo-13,14-dihydroretinsäure), der vor allem in der Leber (Maus, Ratte, Mensch) vorkommt (Abb. 1.1) [68]. Über seine Bedeutung im Retinoidstoffwechsel sowie über seine biologische Aktivität wird derzeit intensiv geforscht. Der systematische Name der Stammsubstanz all-trans-Retinol (Molmasse 286,5) lautet (all-E)-3,7-Dimethyl-9-(2,6,6-trimethyl-1-cyclohexen-1-yl)-2,4,6,8-nonatetraen-1-ol.
Ausgehend von den Grundformen der Retinoide kommt eine große Zahl von Varianten vor allem durch cis-trans-Isomerie der Doppelbindungen und durch Modifikationen an der Ringstruktur vor (Beispiele endogener Retinoide in Abb. 1.1). Retinoide sind sehr anfällig gegenüber Isomerisierung und Oxidation durch Licht, Sauerstoff, Wärme, Säuren oder Metalle. Im Organismus kommen sie meist – auch aufgrund ihres lipophilen Löslichkeitsverhaltens – gebunden an Proteine vor. Im Labor werden Reinsubstanzen und Lösungen idealerweise unter Gelblicht in undurchsichtigen oder dunkel gefärbten Gefäßen gehandhabt und in einer inerten Atmosphäre (Stickstoff oder Argon) bei Tiefgefriertemperatur gelagert. Die überwiegende Zahl der Effekte von Vitamin A wird durch die all-trans-Retinsäure und die Retinoidrezeptoren vermittelt (s. u.).
Der Begriff Carotinoide ist abgeleitet vom β-Carotin und bezeichnet eine Substanzklasse von Tetraterpenen, die reine Kohlenwasserstoffverbindungen (Carotine) sowie deren sauerstoffhaltige Derivate (Xanthophylle oder Oxocarotinoide) umfasst [79, 97] (Abb. 1.2). Bisher sind mehr als 600 strukturell unterschiedliche Carotinoide beschrieben [58]. Ca. 50 Verbindungen besitzen Vitamin A-Aktivität, von denen insbesondere β-Carotin sowie in geringerem Umfang a-Carotin und β-Cryptoxanthin in der Nahrung vorkommen und bei der Vitamin A, Versorgung eine wichtige Rolle spielen [86]. Charakteristisch für die meisten Verbindungen der Substanzgruppe ist ein Kohlenstoffgerüst aus konjugierten Doppelbindungen, das cyclische (β-Carotin) oder acyclische Substituenten (Lycopin) tragen kann. Provitamin A-Carotinoide weisen zumindest einen β-Iononring auf, ein Strukturelement das auch im Retinol vorhanden ist. Funktionelle Sauerstoffgruppen der Xanthophylle sind Alkohol-, Keto-, Aldehyd-, Epoxid- oder Ethergruppierungen; einige Hydroxycarotinoide kommen auch verestert mit Fettsäuren vor.
Lutein, Cryptoxanthin, Canthaxanthin, Astaxanthin oder Capsorubin sind weitere Beispiele für die Strukturvielfalt der Substanzgruppe, zu der auch einige kurzkettige apo-Carotinoide gerechnet werden, die als Farbstoffe in der Lebensmittelindustrie Verwendung finden. In der Carotinoidnomenklatur werden häufig Trivialnamen verwendet, die oftmals Bezug zum natürlichen Vorkommen der bezeichneten Verbindung haben, Lycopin das Hauptcarotinoid der Tomate (Lycopersicon esculentum) oder Zeaxanthin das Leitcarotinoid im Mais (Zea mays).
Das ausgeprägte System konjugierter Doppelbindungen, in das auch Carbonylgruppen eingebunden sein können, verleiht den Carotinoiden ihre typische gelb-rote Farbe und führt zu charakteristischen UV-vis-Spektren, die auch zur Identifizierung einzelner Carotinoide herangezogen werden [20]. Dieses Polyensystem ist auch für typische physikochemische Eigenschaften der Substanzgruppe verantwortlich, die deren Aufgaben und Verhalten in Pflanze und Tier bestimmen. Die Lipophilie der Carotinoide beeinflusst ihre Resorption und Verteilung im Organismus sowie die subzelluläre Lokalisierung in Zellkompartimenten (u. a. in Membranen). Carotinoide können ebenfalls in verschiedenen geometrischen Formen (cis/trans-Isomeren) auftreten, die ineinander umwandelbar sind. In der Regel weisen Carotinoide in Pflanzen die all-trans-Konfiguration auf. Im Organismus des Menschen findet man verschiedene geometrische Isomere nebeneinander.
Abb. 1.2 Strukturformeln von Carotinoiden, die im Organismus des Menschen vorkommen.
Der Organismus von Mensch und Tier ist zur De-novo-Synthese von Vitamin A nicht fähig. Der Bedarf muss daher über die Nahrung gedeckt werden. Lebensmittel tierischer Herkunft enthalten Vitamin A hauptsächlich in Form von Retinylestern und Retinol während Carotinoide aus pflanzlichen Nahrungsmitteln stammen. Um die Vitamin A-Aufnahme über Retinoide und Carotinoide vergleichbar abschätzen zu können, wurde 1967 von einer gemeinsamen Kommission der WHO und der FAO als Maß die „Retinol-Einheit“ (auch: „Retinol-Äquivalent“) μg RE vorgestellt. 1 μg RE entspricht 1 μg Retinol bzw. 6 μg β-Carotin oder 12 μg anderer Carotinoide. Die unterschiedlichen Aktivitäten, Resorptionsgeschwindigkeiten und Bioverfügbarkeiten sollen dadurch berücksichtigt werden. Es wird auch noch die alte Internationale Einheit (International Unit, IU) verwendet. 1 IU entspricht dabei 0,3 μg all-trans-Retinol bzw. 1,8 μg all-trans-β-Carotin oder 3,6 μg anderer Carotinoide [17]. Es soll hier jedoch ausdrücklich betont werden, dass die Bioäquivalenz von Provitamin A-Carotinoiden in der Praxis nur schwer abzuschätzen ist und von einer Vielzahl externer und individuumspezifischer Faktoren abhängt [86]. Die tatsächliche Aufnahme an Vitamin A bei Mensch und Tier ist u. a. aufgrund der Empfindlichkeit der Substanzen für Isomerisierung und Oxidation schwer einzuschätzen. Der letztendliche Vitamin A-Gehalt in Futter- und Lebensmitteln ist u. a. stark abhängig von den Wachstumsbedingungen der Pflanzen, Herstellungs- und Lagerungsverfahren der Futtermittel, der Fütterung des Schlachttieres und des Lebensmittelherstellungs- und Zubereitungsprozesses.
Carotinoide sind in der belebten Natur weit verbreitet, aber nur grüne Pflanzen, Bakterien, Algen und Pilze besitzen die Fähigkeit diese Isoprenoide herzustellen. Ein zentraler Schritt der Biosynthese ist die Bildung von Geranyl-geranylpyrophosphat (GGPP) mit anschließender Kondensation zweier Moleküle GGPP zur C-40-Einheit Phytoen, die drei konjugierte Doppelbindungen aufweist. Eine enzymatische Desaturierung von Phythoen führt über mehrere Zwischenprodukte zum Lycopin, das weiter cyclisiert und oxidiert werden kann. In den Zwischenschritten gebildete Carotinoide mit fünf oder sieben konjugierten Doppelbindungen, wie Phytofluen oder ζ-Carotin, kommen ebenfalls in den Pflanzen vor [65]. Carotinoide sind Bestandteil des photosynthetischen Apparates (Chromoplasten) und dienen als Lichtschutzfaktoren und Pigmente in Blättern und Blüten. In den Chromoplasten findet man sie assoziiert mit subzellulären Strukturen (Tubuli, Globuli, Membranen) oder als kristalline Einlagerungen. Zahlreiche Gemüse wie Karotten, Tomaten, Paprika, Mais, Brokkoli oder Blattgemüse und eine große Zahl von Früchten, wie z. B. Pfirsiche, Orangen, Grapefruit, Melonen oder Aprikosen, enthalten teils beträchtliche Mengen an Carotinoiden [43]. Im Allgemeinen ist der Carotinoidgehalt in Gemüse höher als im Obst.
Die Pigmente findet man natürlich auch in Produkten, die aus den Pflanzen gewonnen werden, wobei die Konzentration deutlich höher liegen kann als in der Pflanze selbst. Der Lycopingehalt in Tomatenpaste oder -mark kann den frischer Tomaten um das 10fache überschreiten. β-Carotin und einige apo-Carotinoide werden als Lebensmittelfarbstoffe, unter anderem zur Farbgebung von Butter, Brotaufstrichen, Lachs, Limonaden oder über das Legehennenfutter bei Eiern eingesetzt. Daneben werden sie als Supplemente allein oder in Kombination mit anderen Mikronährstoffen verwendet. Die Hauptmenge an β-Carotin wird synthetisch hergestellt. Einige Mikroorganismen wie die halophile Alge Dunaliella salina produzieren jedoch auch beträchtliche Mengen an Carotinoiden. Daraus hergestellte Präparationen enthalten hauptsächlich β-Carotin und werden ebenfalls für die Herstellung von Supplementen eingesetzt. Andere Quellen für Carotinoide sind Palmöl (a- und β-Carotin)-Extrakte aus Tomaten (Lycopin), Paprika (Capsorubin, Capsanthin) oder Tagetes (Lutein).
In der Analytik von Retinoiden und Carotinoiden muss strikt auf Integrität der Analyten und Standards geachtet werden, um Artefakte, Isomerisierungsreaktionen und Autooxidationen zu vermeiden [11, 66, 72]. Es gibt für beide Substanzklassen keine generelle Analysenmethode, jedoch existieren einige Methoden, die teilweise gleichzeitig die Bestimmung von Carotinoiden, Tocopherolen und Retinolen erlauben [4]. Die Analytik setzt sich im Allgemeinen aus einer Probenvorbereitungsmethode, der Trennung der Substanzen mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) und einem Detektionsverfahren zusammen. Die einzelnen Schritte, insbesondere die Probenaufbereitung, variieren dabei aufgrund der teilweise erheblichen Unterschiede der Matrizes und der Polarität und der Konzentration der jeweils interessierenden Analyten. Die Probenvorbereitung enthält in der Regel die Arbeitsschritte 1. Homogenisieren der Probe, 2. Denaturieren der Proteine, 3. Flüssigextraktion mit einem organischen Lösungsmittel, 4. Zentrifugation. Generell ist es schwierig, mit einem einzigen Lösungsmittelsystem polare und unpolare Analyten zu extrahieren. Hohe Konzentrationen, z. B. von Retinol und Retinylestern (unpolare Retinoide) ermöglichen eine direkte Injektion eines Extrakt-Aliquots. Bei den niedrigeren Konzentrationen der Retinsäuren (polare Retinoide) ist meist noch ein Anreicherungsschritt nötig, z. B. durch Eindampfen oder Festphasenextraktion auf Reversed-Phase-Sorbentien oder Ionenaustauscher-Phasen (mit Aminogruppen). Leber enthält beispielsweise um den Faktor 105 höhere Konzentrationen an Retinylestern und Retinol als Retinsäuren. Es ist daher oft günstig, polare Retinoide separat von unpolaren zu untersuchen.
Als Trenntechnik wird zumeist die Reversed-Phase-HPLC eingesetzt. Aufgrund des großen Polaritätsunterschiedes von Retinol und Retinylestern haben sich Gradienten-Systeme – beispielsweise auf Basis von Methanol/Wasser oder Acetonitril/Wasser – gegenüber isokratischen bewährt.
Die in der Analytik von Retinoiden am häufigsten eingesetzte Detektionsart ist die UV/vis-Absorptionsmessung. Aufgrund ihrer konjugierten Doppelbindungen weisen Retinoide beträchtliche Absorptionen im Wellenlängenbereich von 310–370 nm auf, einem Bereich, in dem nur wenige andere Verbindungen eine derartig hohe Lichtabsorption zeigen. Diese Detektion ist daher relativ selektiv und führt zu niedrigen Nachweisgrenzen. Neben dem Einsatz von Mehrwellenlängen-Detektoren, die über die Berechnung des Flächenverhältnisses bei zwei Wellenlängen mögliche Verunreinigungen aufdecken können, haben Photodiodenarray-Detektoren (DADs) an Bedeutung gewonnen. In einigen wenigen Fällen kommen Fluoreszenz-Detektoren zum Einsatz. Aufgrund der hohen nativen Fluoreszenz von Retinol und den Retinylestern (Anregung bei 325 nm, Emission bei 470 nm) erreicht man mit dieser Detektionsart besonders niedrige Nachweisgrenzen. Diese sind auch mit elektrochemischer Detektion zu erreichen. Jedoch eignen sich sowohl amperometrische als auch coulometrische Detektoren nicht für die Gradientenelution, was die Zahl der in einem Analysegang bestimmbaren Retinoide drastisch einschränkt. Auch Massenspektrometer werden zunehmend als Detektor eingesetzt, da sie eine weitergehende Identifizierung und hochselektive Bestimmung des Analyten erlauben.
Auch zur Analytik von Carotinoiden wird heute fast ausschließlich die Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) in Kombination mit UV/vis- oder Diodenarraydetektoren eingesetzt. Ebenfalls bewährt hat sich die Verwendung von Reversed-Phase-Material, wobei auch spezifisch für Carotinoide entwickelte Säulenmaterialen verfügbar sind.
Vitamin A in Form von Retinylestern und Retinol kommt in vielen Lebensmitteln tierischer Herkunft vor. Große Mengen sind in Leber enthalten (Tab. 1.1), besonders in der von Fischen, Eisbären und Meeressäugern [62]. Eine weitere gute Vitamin A-Quelle sind Milch und Milchprodukte (Tab. 1.2).
Die Konzentrationen der Carotinoide in den Nahrungspflanzen unterliegt beträchtlichen Schwankungen, die neben der genetischen Ausstattung auch auf exogene Faktoren, wie z. B. Lichtbedingungen oder Stickstoffversorgung, zurückzuführen sind [43]. Das Carotinoidmuster der Kulturpflanzen ist auch durch gezielte Zuchtauswahl modifiziert worden. So gibt es Tomatenpflanzen, die nur noch wenig tomatenspezifisches Lycopin enthalten, aber auch Karottenvarietäten, die dieses Carotinoid in beträchtlichen Mengen synthetisieren. Obwohl man in Nahrungsmitteln eine große Vielfalt verschiedener Carotinoide findet, beschränken sich die Angaben zum Carotinoidgehalt in Nahrungsmitteltabellen auf einige Hauptcarotinoide, die auch das Carotinoidmuster im Organismus des Menschen dominieren. Dazu zählen β-Carotin, a-Carotin, Lycopin, Cryptoxanthin, Lutein und Zeaxanthin.
Tab. 1.1 Vitamin A-Gehalte in der Leber von Schlachttieren aus Deutschland (in μg RE/100 g Frischgewicht) [38].
Tab. 1.2 Vitamin A (einschließlich Pro-Vitamin A-Gehalte von Lebensmitteln).
Vitamin A/Provitamin A-Gehalt (μg RE/100 g essbarer Portion)
Lebensmittel tierischer Herkunft
Lebertran vom Dorsch
15000–30000
Leber
2000–100000
Leberwurst
3000–30000
Butter
750–950
Eier
140–250
Milch
30–40
Rindfleisch
2–5
Gemüse
(
Frischgewicht
)
Möhren
300–2500
Spinat
850–2500
Brokkoli
230–350
Paprika (grün)
110–420
Rosenkohl
130–315
Erbsen
110–220
Tomaten
280–470
Früchte
Aprikose
100–1000
Grapefruit
320–670
Orange
0–85
Pfirsich
7–70
Um den Vitamin A-Mangel in Entwicklungsländern zu bekämpfen, wurde ein gentechnisch-veränderter Reis entwickelt, der β-Carotin enthält („golden rice“). Obwohl bisher nur suboptimale Mengen von β-Carotin im Reis angereichert werden konnten (1,5–3 μg/g), ergaben sich beträchtliche positive gesundheitliche Effekte [101] – und dies, obwohl gerade in den Entwicklungsländern auch ein Mangel von Fetten in der Nahrung vorherrscht, die zur effektiven Resorption von β-Carotin aus dem Verdauungstrakt notwendig sind.
Die Aufnahme von Vitamin A und Carotinoiden im Darm setzt das Vorhandensein von Fett in der Nahrung voraus [84]. Im Durchschnitt nimmt in Deutschland der Erwachsene 1710 (Frauen) bzw. 2010 (Männer) μg RE pro Tag auf (Tab. 1.3). Die Bioverfügbarkeit wird von der Fettverdauungskapazität (Galle, Pankreaslipase), der Nahrungszusammensetzung (Fettanteil u. -art, Alkohol, Protein) und von Medikamenten beeinflusst [56]. Retinol, Retinylester und Carotinoide erreichen das Duodenum, wie die meisten lipophilen Nahrungsbestandteile, in Form von Fettmizellen. Retinylester werden im Darmlumen zunächst in Anwesenheit von Gallensalzen durch die Retinylester-Hydrolase, die an die Bürstensaummembran der Enterozyten gebunden ist, sowie durch unspezifische Pankreas-Lipasen und die Carboxylester-Hydrolase im Darmlumen hydrolysiert. Nach der Hydrolyse kann unverestertes Retinol, das auch in geringen Mengen als solches in der Nahrung vorkommt, über die Bürstensaummembran durch erleichterte Diffusion, bei sehr hohen Konzentrationen durch einfache, passive Diffusion, in die Epithelzellen des Dünndarms aufgenommen werden. Die Bioverfügbarkeit und Umwandlung von Carotinoiden in Vitamin A ist von zahlreichen Faktoren abhängig [6, 86, 95, 100]. Mit der Nahrung zugeführte Carotinoide werden nur zu einem Teil vom Organismus verwertet. Studien mit radioaktiv markiertem β-Carotin belegen, dass bis zu 90% der zugeführten Menge wieder unverändert ausgeschieden werden. Aus einer Quelle können verschiedene Carotinoide unterschiedlich verfügbar sein. Im Vergleich zu gut verfügbaren Supplementen ergab sich für β-Carotin aus Spinat eine relative Bioverfügbarkeit von nur 5%, während die von Lutein bei 45% lag [15]. Die Bioverfügbarkeit ist vermindert bei unvollständiger Freisetzung aus der Lebensmittelmatrix, unzureichender Lipidzufuhr, vermindertem Gallenfluss, Anwesenheit von Fettersatzstoffen oder Ballaststoffen [28, 61]. Mit zunehmender Dosis nimmt die relative Bioverfügbarkeit von β-Carotin ab. Auch die cis/trans-Isomerie beeinflusst die Aufnahme. So wird nach Gabe eines Gemisches von all-trans- und 9-cis-β-Carotin nur ein Anstieg der all-trans-Form im Serum nachgewiesen [78]. Im Gegensatz dazu ist die Bioverfügbarkeit von cis-Isomeren des Lycopins etwas höher als die der all-trans-Form. Eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Bioverfügbarkeit spielt auch die Form, in der Carotinoide vorliegen. Mit zunehmender Kristallgröße nimmt die Verfügbarkeit im Allgemeinen ab; aus öligen Lösungen oder Suspensionen ist die Bioverfügbarkeit deutlich besser. Im Durchschnitt wird in einem schlecht ernährten Menschen β-Carotin zu 15% im intestinalen Epithel zu Retinal gespalten. Dieser Prozentsatz sinkt weiter, wenn die in der Nahrung zugeführte Menge von β-Carotin ansteigt, so dass sogar massive Mengen von β-Carotin nicht zu einer Hypervitaminose A führen. Die meisten Versuchstierspezies (z. B. Nager) sind als Modell für den Menschen ungeeignet, da sie β-Carotin schon im Intestinaltrakt umsetzen und praktisch kein β-Carotin resorbiert wird. Besser geeignete Versuchstiere sind Frettchen sowie Gerbil (mongolische Rennmaus, Meriones unguiculatus), die ebenso wie der Mensch einen Teil des zugeführten β-Carotins absorbieren können [40, 64, 88].
Tab. 1.3 Tägliche Aufnahme von Vitamin A in Deutschland (aus [71]).
Population
n
Mittelwert μg RE/Tag, einschließlich RE aus Carotinoiden
Männer
1268
2010
Frauen
1540
1710
Aus Lebensmittelquellen nimmt der europäische Erwachsene im Durchschnitt täglich 2–5 mg an β-Carotin auf, als Lebensmittelzusatzstoff nochmals 1–2 mg, zusammen also 3–7 mg (bis 10 mg) [57, 69]. Die Aufnahme von β-Carotin mit Obst und Gemüse wird allgemein als gesund und nützlich betrachtet (z. B. in Hinblick auf eine mögliche Krebsprophylaxe). β-Carotin als Lebensmittelzusatzstoff (z. B. als Farbstoff) wird derzeit noch toleriert. Ein ADI für β-Carotin kann derzeit nicht festgelegt werden: Es fehlt eine Dosis-Wirkungsbeziehung; außerdem sind die experimentellen Daten nicht ausreichend.
Retinol liegt intrazellulär nur ausnahmsweise frei vor. Der überwiegende Anteil ist an das zelluläre Bindeprotein CRBP gebunden. Das Cellular Retinol-Binding Protein Typ II ist charakteristisch für den Darm, während Typ I im gesamten Organismus vorkommt. Nach der Aufnahme von Retinol in die Enterozyten findet überwiegend eine Wiederveresterung mit langkettigen Fettsäuren durch zwei mikrosomale Enzyme statt: eine Acyl-CoA-Retinol-Acyltransferase (ARAT) und eine Lecithin-Retinol-Acyltransferase (LRAT). Ein Großteil des resorbierten β-Carotins (ca. 85%) und in geringerem Maße auch andere Provitamin A-Carotinoide werden in den Enterozyten enzymatisch von einer 15,15′-β-Carotin-Oxygenase an der zentralen Doppelbindung gespalten, wobei Retinal entsteht [94]. Eine Spaltung kann auch an anderen Positionen erfolgen, wobei apo-Carotenale gebildet werden.
Retinylester werden zusammen mit Triglyceriden, Phospholipiden, dem nicht metabolisierten Teil der Carotinoide und anderen fettlöslichen Nahrungsbestandteilen mit spezifischen Apolipoproteinen in Chylomikronen verpackt, die anschließend in die intestinale Lymphe abgegeben werden. Diese gelangen dann in den Blutkreislauf, wo sie unter Einwirkung von Lipoproteinlipasen zu so genannten Chylomikronen-Remnants umformiert werden. Ein geringer Anteil der Chylomikronen-Remnants kann von Zellen des Fettgewebes, der Milz, der Lunge und des Knochenmarks direkt aufgenommen werden, der Hauptteil jedoch gelangt zur Leber. Hier werden die Chylomikronen-Remnants nach rezeptorvermittelter Aufnahme in den Hepatozyten hydrolysiert und das freigesetzte Retinol nach erneuter Veresterung in den Kupfferschen Sternzellen gespeichert. Carotinoide kommen in allen Organen des Menschen vor [32, 85].
Höhere Konzentrationen finden sich außer in Leber in Nebenniere, Testes und Corpus luteum. Das Carotinoidmuster im Blut ist weitgehend vom Carotinoidmuster der Lipoproteinfraktionen geprägt, wobei Carotene hauptsächlich in den LDL vorkommen, Xanthophylle werden sowohl in der LDL- auch in der HDL-Fraktion gefunden. Gewebe, die reich mit LDL-Rezeptoren ausgestattet sind, weisen in der Regel sehr hohe Spiegel an Carotinoiden auf.
In Säugetieren befinden sich ca. 50–80% des gesamten Vitamin A (Retinol und Retinylester) in der Leber. Die Kupfferschen Sternzellen der Leber enthalten von diesem Anteil ca. 90–95%. Nahezu das gesamte Vitamin A (98%) in den Kupfferschen Sternzellen liegt verestert vor und ist in Lipidtröpfchen verpackt. Diese Vitamin A-Reserve ist bei normal ernährten Menschen und Tieren ausreichend, um den gesamten Organismus über mehrere Monate zu versorgen.
Zur Mobilisation von Vitamin A aus der Leber werden die Retinylester wieder hydrolisiert, das Retinol in den Blutkreislauf freigesetzt und zu den Zielgeweben transportiert. In der Leber und im Blutkreislauf ist Retinol aufgrund seines Löslichkeitsverhaltens an einen spezifischen Träger, das Retinol bindende Protein (RBP, 21 kDa), gebunden. Dieses holo-RBP, d. h. der Komplex aus Retinol und RBP, bindet an ein weiteres Protein, das Transthyretin (TTR, 55 kDa). Durch die Bildung dieser ternären Verbindung (molares Verhältnis 1: 1: 1) wird die Ausscheidung des holo-RBP-Komplexes in der Niere verhindert. Neben der hauptsächlichen Speicherung in der Leber sind viele Gewebe in der Lage, geringe Mengen Retinol oder Retinylester zur Sicherstellung der lokalen Versorgung zu speichern. Für Enterozyten konnte gezeigt werden, dass eine intrazelluläre direkte Metabolisierung von Retinol zu all-trans-Retinsäure existiert [37]. Dieses größte Epithel im Organismus hat so zwei Quellen der Versorgung mit all-trans-Retinsäure: die Blutzirkulation sowie den lokalen Metabolismus. Der genaue Mechanismus der Homöostase ist nicht geklärt. Es scheint sich um eine hormon- bzw. mediatorvermittelte Feedback-Kontrolle zwischen Bedarf und Vorrat der extrahepatischen Gewebe einerseits und der Speicherung in der Leber andererseits zu handeln. Ebenfalls nicht vollständig geklärt ist die Aufnahme des Retinols in die Zelle. Es weisen zahlreiche Studien auf die Existenz eines Zelloberflächen-Rezeptors für RBP hin, jedoch zeigen viele Arbeiten, dass Retinol frei und unabhängig von einer Proteinkomponente durch die Phospholipid-Doppelmembran hindurch diffundieren kann.
In vielen biologischen Systemen stellt all-trans-Retinol die hauptsächliche Retinoidversorgung der Zelle und all-trans-Retinsäure den aktiven Metaboliten von Vitamin A dar [2]. Diese Bioaktivierung von all-trans-Retinol zu Retinsäure läuft in einem zweistufigen Prozess ab: Zunächst wird in einem reversiblen und damit geschwindigkeitsbestimmenden Schritt Retinol zu Retinaldehyd und anschließend in einem irreversiblen Schritt Retinaldehyd zu Retinsäure oxidiert. Diese Reaktionen können von einer Vielzahl zytosolischer oder membrangebundener Dehydrogenasen katalysiert werden. Retinsäuren liegen intrazellulär überwiegend gebunden an gewebsspezifische Trägerproteine CRABP I und CRABP II vor (Cellular Retinoic Acid-Binding Protein). Nachdem die Retinsäuren ihre biologische Wirkung (s. Abschnitt 1.5) entfaltet haben, werden sie durch Enzyme des Phase I-Metabolismus oxidiert, decarboxyliert oder isomerisiert, durch die Enzyme des Phase II-Metabolismus mit Glucuronsäure oder Taurin zu wasserlöslichen Metaboliten konjugiert und über Galle und Harn ausgeschieden.
Vitamin A und seine Metaboliten sind essenziell für die Aufrechterhaltung einer Vielzahl physiologischer Prozesse. Am längsten und besten bekannt ist davon die Rolle im Sehprozess, der eine Isomerisierung des 11-cis- zum all-trans-Retinal in der Scheibchenmembran der Stäbchen der Retina beinhaltet. Von diesem Mechanismus abgesehen, vermitteln Retinoide ihre vielfältigen Wirkungen zumeist in Form der Retinsäuren über ligandenaktivierte nucleäre Transkriptionsfaktoren. Es gibt zwei Familien nucleärer Retinoidrezeptoren. Die Retinsäure-Rezeptoren (Retinoic Acid Receptors, RAR) und die Retinoid X-Rezeptoren (Retinoid X Receptors, RXR), die jeweils in drei Subtypen (a, β und γ) vorkommen und jeweils spezifische Retinoide als Liganden akzeptieren. RAR und RXR sind Mitglieder einer Superfamilie, zu der außerdem der Thyroidhormon-Rezeptor (THR), der Vitamin D-Rezeptor (VDR) und der Peroxisomen-Proliferator aktivierte Rezeptor (PPAR), von dem ebenfalls Subtypen existieren, sowie einige Rezeptoren mit bisher noch nicht identifizierten Liganden (Orphan Receptors) zählen. Die nucleären Rezeptoren werden durch die Bindung eines entsprechenden (zulässigen) Liganden aktiviert [53]. Während beispielsweise der RAR-Rezeptor sowohl all-trans-Retinsäure als auch 9-cis-Retinsäure bindet, kann der RXR-Rezeptor nur 9-cis-Retinsäure binden. Eine allosterische Konformationsänderung führt dann zur Dimerisierung. Der RXR-Rezeptor kann nicht nur mit RAR, sondern auch mit Rezeptoren der anderen Familien Heterodimere bilden. Die Rezeptordimere lagern sich an spezifische regulatorische Elemente (Response Elements, RARE bzw. RXRE) im Promotor eines Zielgens an und modulieren so die Transkription.
Über diesen Mechanismus der Genexpressions-Kontrolle ist Vitamin A beteiligt an der Regulation des Wachstums, bei der Proliferation von Zellen und der Differenzierung von Epithelien. Darum ist eine ausreichende Vitamin A-Versorgung unter anderem essenziell für die regelmäßige Erneuerung der Haut und von Schleimhäuten, in der Spermatogenese, der Oogenese, der Hämatopoese und in der Embryonalentwicklung.
Neben ihrer Provitamin A-Wirkung sind Carotinoide auch effektive Antioxidantien und Bestandteil des antioxidativen Netzwerks im Organismus, zu dem auch Vitamin E (Tocopherole), Vitamin C (Ascorbinsäure) oder das Tripeptid Glutathion gehören [35, 46, 76]. Zu den wirksamsten Carotinoiden gehören β-Carotin und Lycopin [25, 74, 76, 82, 83]. Die antioxidativen Effekte werden in Zusammenhang mit möglichen präventiven Wirkungen von Carotinoiden bei der Pathogenese von Herz-Kreislauferkrankungen und bestimmten Krebsformen gebracht [19, 24, 39, 60]. Lutein und Zeaxanthin spielen vermutlich eine Rolle beim Schutz der Makula lutea vor photooxidativen Schädigungen [22, 36]. Carotinoide sowie eine carotinoidreiche Ernährung tragen zur Photoprotektion der Haut bei [26, 75].
Für Carotinoide werden zudem regulatorische Wirkungen auf zelluläre Signalkaskaden und die Zell-Zell-Kommunikation über Gap Junctions und damit indirekt auf die Steuerung von Wachstums- und Differenzierungsprozessen diskutiert [54, 73]. Die genauen Wirkmechanismen sind jedoch noch nicht geklärt [8, 81].
Die Versorgung der Zielgewebe im Organismus mit Vitamin A ist durch einen relativ konstant regulierten Retinol-Plasmaspiegel von ca. 2–3 μM und die Speicherkapazität der Leber für Wochen bis Monate sichergestellt. Neben der Unterversorgung mit Vitamin A über die Nahrung (Hypovitaminose), verbunden mit Augenerkrankungen, Anämie, Wachstumsretardierung, Hyperkeratinisierung von Epithelien, erhöhter Infektanfälligkeit und Fruchtschädigungen, kann es auch zur Überversorgung (Hypervitaminose) kommen. Über Vitamin A-Toxizität wurde bereits zur Jahrhundertwende berichtet, nachdem Arktisforscher sehr Vitamin A-reiche Polarbären-Leber verzehrten. Im Hinblick auf die Toxikologie von Vitamin A ist zu unterscheiden zwischen:
akuter Toxizität hoher Einzeldosen mit Auftreten von Symptomen binnen Stunden bis zu zwei Tagen,
chronischer Toxizität mit Auftreten von Symptomen nach mehreren Wochen, Monaten oder Jahren der Aufnahme von nicht akut toxischen Vitamin A-Mengen sowie
der teratogenen Wirkung von ein- oder mehrmaligen überhöhten Vitamin A-Dosen während der Schwangerschaft.
Die Symptome akuter Intoxikation durch hohe Vitamin A-Dosen sind Kopfschmerz durch erhöhten Intrakranialdruck, Schwindel, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Reizbarkeit [14, 23, 31]. Bei Säuglingen und Kleinkindern werden außerdem vorgewölbte Fontanellen und Schläfrigkeit beobachtet, während bei Erwachsenen zusätzlich unscharfes Sehen, Hyperkalzämie, Muskelschwäche, periphere Neuritis und Hautabschilferungen beschrieben sind. Die zur Auslösung dieser Symptome nötigen Dosen betragen beim Erwachsenen ca. 300000 und beim Säugling bzw. Kleinkind ca. 30000 μg RE Vitamin A (Tab. 1.4). Das Auftreten von akuten (und chronischen) Intoxikationserscheinungen ist abhängig vom Ausmaß der vorhandenen Leberspeicher, dem Ausmaß und der Dauer der exzessiven Aufnahme und vom Typ des Retinoids. Beispielsweise entwickelten von einer Gruppe asiatischer Kinder, die im Rahmen von Programmen zur Bekämpfung der Vitamin A-Defizienz einmalige Dosen von 6000 μg Retinol in Öl erhalten hatten, nur 1–3% milde und vorübergehende Symptome.
Als Symptome chronischer Vitamin A-Intoxikation sind beschrieben: exfoliative Dermatitis, Alopecie, Cheilitis, Stomatitis, Gingivitis, Muskel- und Knochenschmerzen, Hyperostosen, Kopfschmerzen aufgrund erhöhten Intrakranialdrucks, Papillenödem, Schlafstörungen, Appetitmangel, Gewichtsverlust, Müdigkeit, morphologische Veränderungen der Leber bis hin zur Hepatotoxizität [31, 34, 42, 89]. Die Angaben zur nötigen Aufnahme zur Auslösung dieser Symptome schwanken zwischen 3600 μg RE/Tag für Säuglinge, 6000–20 000 μg RE/Tag für Kinder und 75 000–30 000 μg RE/Tag für Erwachsene über Wochen bis Jahre (Tab. 1.4). Zum Beispiel lag die geringste Dosis, bei der Leberzirrhosen festgestellt wurden, bei 7500 μg RE/Tag Vitamin A eingenommen über einen Zeitraum von sechs Jahren (Tab. 1.4). Die Symptome erreichen im Allgemeinen erst im Laufe der Zeit ihre volle Ausprägung. Das Auftreten von toxischen Symptomen wird gefördert durch Alkohol, Eiweißmangelernährung, Tetracycline, Vorerkrankungen der Leber und Niere und wird möglicherweise verzögert durch gleichzeitige Aufnahme von Vitamin E, Taurin und Zink. Ebenso muss das Ausmaß des Vitamin A-Vorrats in der Leber berücksichtigt werden. Die toxischen Erscheinungen sind vermutlich auf einen Überschuss an freien Retinylestern im Blut zurückzuführen, der zu einem unspezifischen Transport von Retinol an die Zelloberflächen führt, wodurch Lysosomen zerstört werden.
Tab. 1.4 Toxikologische Effekte von Vitamin A (aus [71]).
Effekt
LOEL in μg RE/Tag
Vorgewölbte Fontanelle
7500 (Einzeldosis bei Kindern; Effekt ist reversibel)
Hepatotoxizität
7500 (6 Jahre lang)
Knochendichte, -brüche
1500
a)
(kein Schwellenwert feststellbar)
Fettstoffwechsel
7500 (4 Jahre lang)
Teratogenität
>3000 ([63])
a) Frauen, postmenopausal.
Die Hypervitaminose A oder die Behandlung mit all-trans- oder 13-cis-Retinsäure führt bei Versuchstieren (Mäuse, Ratten, Hamster, Primaten) zum Absterben des Fetus, Totgeburten und Fehlbildungen. Die Teratogenität von all-trans- und 13-cis-Retinsäure gilt auch für den Menschen als zweifelsfrei nachgewiesen. Die Fehlbildungen betreffen während Exposition in der frühen Organogenese insbesondere das zentrale Nervensystem, das äußere Ohr, das Herz, die großen Gefäße und bei späterer Exposition die Gliedmaßen, das Urogenitalsystem, die Schädelknochen einschließlich des harten Gaumens und den Thymus. Der menschliche Organismus gilt als einer der empfindlichsten in Bezug auf teratogene Effekte der Hypervitaminose A. Die kritische Periode beim Menschen ist die Zeit zwischen der 2. und 5. Schwangerschaftswoche. Auch in späteren Phasen der Schwangerschaft können einzelne oder dauerhafte Überdosierungen noch funktionelle Schäden im Fetus verursachen. Die kritische Dosis liegt im Bereich von 3000 μg RE/Tag in den ersten drei Monaten [63], obwohl nur in einigen Fällen die Einnahme von Vitamin A über 3000 μg RE lag. Andere Untersuchungen kamen zu einem höher liegenden Grenzwert der Einnahme von Vitamin A. Tierexperimentelle Untersuchungen zur „sicheren“ Aufnahme von Vitamin A während der Schwangerschaft können nicht direkt auf den Menschen übertragen werden, auch wenn diese experimentellen Studien mit Primaten durchgeführt wurden [92]. Aus Gründen der Vorsorge sollte der niedrigere Wert von 3000 μg RE pro Tag als UL („tolerable upper intake level“) genommen werden (Tab. 1.4) [71]. Der UL legt die Höchstmenge eines Stoffes fest, für die selbst bei langfristiger täglicher Aufnahme nicht mit negativen Einflüssen auf die Gesundheit zu rechnen ist. Ausgangspunkt für die Festlegung des UL ist in der Regel der NOAEL („no observed adverse effect level“), d. h. die höchste Aufnahmemenge eines Stoffes, bei der keine Nebenwirkungen beobachtet wurden. Dieser Wert, der aus tierexperimentellen Untersuchungen oder epidemiologischen Daten ermittelt werden kann, wird zur Festlegung eines UL-Wertes durch einen nährstoffspezifischen Unsicherheitsfaktor dividiert (Tab. 1.5).
Der Embryo verfügt nur über sehr geringe eigene Vitamin A-Speicher und ist von der mütterlichen Versorgung abhängig. Die teratogene Wirkung der Retinoide beruht auf der Störung des sensiblen Gleichgewichts zwischen physiologischen (benötigten) Retinoidkonzentrationen im Embryo und der spezifischen zeitlichen und organbezogenen Verteilung der einzelnen Retinoidrezeptoren, die die Expression von Proteinen des Wachstums, der Differenzierung und der zellulären Kommunikation regulieren. Verstärkt wird diese Wirkung durch die autoregulativ erhöhte Expression von Retinoid-Bindeproteinen und -Rezeptoren. Im Einzelnen können folgende Mechanismen der retinoidinduzierten Teratogenität beobachtet werden:
Induktion von Zelltod wie Nekrose oder Apoptose in Gewebsknospen (z. B. bei Missbildungen der Gliedmaßen oder Spina bifida)
reduzierte Zellproliferation in sich entwickelnden embryonalen Strukturen (z. B. bei Gaumenspalte)
reduzierte Zellmigration in der frühen Phase der embryonalen Entwicklung
Der in Bezug auf die Teratogenität abgeleitete UL von 3000 μg RE pro Tag gilt nicht für ältere Frauen (Post-Menopause): Hier ist schon bei einer täglichen Aufnahme von 1500 μg RE pro Tag mit dem Auftreten einer verminderten Kochendichte und einem erhöhten Risiko von Knochenbrüchen zu rechnen (s. u., Tab. 1.4 und 1.5).
In den meisten Tiermodell-Studien ergaben sich keine Hinweise auf toxische, mutagene oder teratogene Wirkungen von Carotinoiden [7, 44, 47, 80]. In subakuten, subchronischen und chronischen Toxizitätsstudien mit synthetischem β-Carotin im Dosisbereich bis zu 1000 mg/Tag wurden keine Anzeichen für genotoxische oder kanzerogene Wirkungen, Reprotoxizität, Teratogenität und Organtoxizität gefunden [99]. Die Applikation von Canthaxanthin im Dosisbereich von 50 mg/kg Körpergewicht an Frettchen führte zu keinen toxischen Effekten; es wurde in diesem Modell auch keine Anreicherung des Canthaxanthins im Auge (s. u.) festgestellt [87]. Im vergleichbaren Dosisbereich wurden auch für synthetisches Lycopin keine toxischen Effekte beobachtet [47]. Über die Toxizität anderer Carotinoide ist nur wenig bekannt.
Tab. 1.5 Altersabhängigkeit der tolerierbaren Vitamin A-Aufnahme (aus [71]).
Alter [Jahre]
Tolerierbare Aufnahmemenge von Vitamin A („tolerable upper intake level“, UL) (μg RE/Tag)
1–3
800
4–6
1100
7–10
1500
11–14
2000
15–17
2600
Erwachsene
3000
a)
a) Werte für Frauen in gebärfähigem Alter und Männer; nicht für Frauen in der Post-Menopause, die in Bezug auf Osteoporose das größte Risiko einer Hypervitaminose A tragen.
Die Problematik einer möglichen Gefährdung der Gesundheit des Menschen durch eine überhöhte Zufuhr an Carotinoiden geht auf Beobachtungen aus zwei Interventionsstudien mit synthetischem β-Carotin zurück, bei denen Hochrisikopersonen über lange Zeiträume Dosen von 20 mg β-Carotin und mehr erhielten. In den Verumgruppen wurde ein etwa 20% erhöhtes Risiko für Lungenkrebs gefunden [1, 55] (s. u.). Für das Carotinoid Canthaxanthin sind systematisch erfasste Nebenwirkungen von toxikologischer Bedeutung beschrieben worden. Die Supplementierung mit Canthaxanthin im hohen Dosisbereich (100 mg/d) führte zur Anreicherung der Substanz in der Retina, verbunden mit Kristallablagerungen und reversiblen Sehstörungen.
Es soll hier betont werden, dass die für β-Carotin und Canthaxanthin beschriebenen Effekte auf synthetisch hergestellte Supplemente zutreffen [70]. Bisher sind bis auf unbedenkliche Hautverfärbungen keine Nebenwirkungen von β-Carotinpräparaten natürlichen Ursprungs berichtet worden. Es existieren ebenfalls keine Berichte zu toxikologisch relevanten Effekten bei extremem Ernährungsverhalten, das zur exzessiven Zufuhr einzelner Carotinoide führt.
In den meisten Humanstudien wurde bisher β-Carotin eingesetzt. Die Substanz wird seit Jahrzehnten zur Behandlung der erythropoetischen Protoporphyrie in sehr hohen Dosen bis zu 180 mg/d [45] verwendet. Hier ergaben sich bisher keine Hinweise auf toxische Nebenwirkungen von β-Carotin oder Störungen des Vitamin A-Haushaltes. Teratologische Befunde wurden bisher nicht erhoben [59]. Bei hoher Dosierung mit carotinoidhaltigen Supplementen oder bei hoher Zufuhr von Carotinoiden mit der Nahrung beobachtet man eine Gelbfärbung der Haut [49]. Eine solche, als Carotinodermie bezeichnete Verfärbung ist besonders ausgeprägt an den Hand- und Fußinnenflächen sowie im Nasen-Mundbereich. Beschrieben wurden Hautverfärbungen nach Aufnahme von β-Carotin, Lycopin, Lutein und Canthaxanthin. Die Verfärbungen sind innerhalb weniger Wochen reversibel und toxikologisch unbedenklich.
Canthaxanthin wurde zu medizinischen Zwecken und zur kosmetischen Hauttönung im hohen Dosisbereich supplementiert. Hier zeigten sich bei Langzeitsupplementierung kristalline Ablagerungen des Carotinoids in der Retina [33, 98]. Bei einigen Personen war die Ablagerung von Canthaxanthin verbunden mit Störungen der Retinafunktion, insbesondere der Dunkeladaptation. Die Störungen sind nach Absetzen von Canthaxanthinsupplementen reversibel. Eine biostatistische Evaluierung von 411 Patienten ergab, dass die Wahrscheinlichkeit für die Bildung kristalliner Ablagerungen mit der Dosis zunimmt. Bei Dosen von weniger als 30 mg Canthaxanthin pro Tag und einer Gesamtdosis von weniger als 3000 mg fanden sich keine Ablagerungen [33]. Die entsprechenden Tierexperimente sind unten beschrieben. Vergleichbare Retinopathien wurden für β-Carotin auch bei lang andauernder Supplementierung mit hohen Dosen nicht beobachtet.
Zwei Interventionsstudien mit β-Carotin [1, 55] im Dosisbereich von 20–30 mg pro Tag weisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko bei der Langzeitsupplementierung von Risikogruppen mit synthetischem β-Carotin hin [5, 39]. Die Inzidenz von Lungenkrebs war bei starken Rauchern und Asbestarbeitern im Vergleich zur unsupplementierten Kontrollgruppe um etwa 20% erhöht. Die Ergebnisse deuten weiter darauf hin, dass dieser kanzerogene Effekt durch Alkohol verstärkt wird. Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass augenscheinlich die Kombination von zusätzlichem Risikofaktor und Langzeitsupplementierung für die Ausprägung des kanzerogenen Effektes verantwortlich ist. In weiteren großen Studien wurde unter hoher β-Carotinsupplementierung kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen [27].
Eine genauere Betrachtung der Interventionsstudien mit β-Carotin zeigt, dass bei beiden Studien mit ungünstigem Effekt auf das Krebsrisiko extrem hohe Plasmaspiegel (4–6 μmol/L) gemessen wurden. Alle Studien, bei denen keine toxikologischen Auffälligkeiten berichtet wurden, zeigen am Studienende deutlich geringere Plasmaspiegel (1–2 μmol/L). Letztere liegen im Bereich der oberen fünf Perzentile der USA. Empfohlen wird in der Literatur, Plasmaspiegel von ca. 0,4–0,5 μmol β-Carotin/L anzustreben. Die biochemischen Mechanismen, die für eine erhöhte Inzidenz von Lungenkrebs bei Hochrisikogruppen unter β-Carotinsupplementierung verantwortlich sind, sind ungeklärt. Tierexperimente deuten auf eine Beteiligung der Vitamin A/Retinoid-Signalwege hin; insbesondere wurde eine Abnahme der all-trans-Retinsäure gefunden und damit in Zusammenhang stehend eine Abnahme des Retinoidrezeptors RARβ, der als Tumor-Suppressorgen gilt [96]. Auch eine Induktion von Cytochrom P450-Enzymen [40, 41], vor allem des CYP 1A1, könnte eine Rolle spielen. Diese Enzyme sind bekannt als aktivierende Enzyme der pro-kanzerogenen Bestandteile im Zigarettenrauch wie die polycyclischen Aromaten, die heterocyclischen aromatischen Amine und die Nitrosamine. Auch eine pro-oxidative Wirkung in der Lunge kommt in Frage.
Bei üblichen, ausgeglichenen Ernährungsgewohnheiten ist die Hypovitaminose A in der Bevölkerung von Industrienationen weitgehend ausgeschlossen. In der 3. Welt gehört die Vitamin A-Defizienz jedoch mit über 250 Millionen Betroffenen zu den drei schwerwiegendsten Nährstoff-Defizienzen neben dem Eisen- und dem Iodmangel.
Das BfR schätzt jedoch, dass auch in den Industrienationen „mindestens ein Viertel der Bevölkerung die Empfehlung für eine bedarfsgerechte Zufuhr nicht erreicht“ [102]. Schwangere und Stillende stellen nach dieser Einschätzung „Risikogruppen für eine unzureichende Vitamin A Versorgung dar.“ So kommt das BfR zum Schluss, der Bevölkerung zu empfehlen, „Vitamin A reiche Lebensmittel wie auch Leber(produkte) häufiger zu verzehren.“ Diese Empfehlung steht wiederum im Gegensatz zu einer Empfehlung des ehemaligen BgVV, dass Schwangere auf Leber verzichten sollten, was vor allem auf den relativ hohen Vitamin A Gehalten von Schlachttierlebern gründet (9). Solche Empfehlungen stellen wegen der sehr geringen Sicherheitsbreite von Vitamin A eine Gratwanderung dar. So empfiehlt das BfR (102) „Nahrungsergänzungsmittel mit maximal 400 μg präformiertem Vitamin A/Tagesdosis für Erwachsene, und 200 μg präformiertem Vitamin A/Tagesdosis für Kinder zwischen 2 und 10 Jahren“ anzubieten. Intensive Diskussionen innerhalb der Wissenschaft werden zeigen, ob diese Empfehlungen so stehen bleiben können, insbesondere in Bezug auf Schwangerschaft (Gefahr der Teratogenität) und Menopause (Gefahr der Osteoporose). Mit Vitamin A angereicherte Lebensmittel sollen nicht angeboten werden (außer Margarine und Mischfetterzeugnisse).
Die Aufnahme übermäßiger Mengen (Hypervitaminose A) kann in der Regel durch die Einnahme pharmazeutischer Vitamin A-Produkte, aber auch durch den Verzehr von größeren Mengen Leber und Leberprodukten erfolgen. Chronische Vitamin A-Intoxikationen sind bei Erwachsenen nach der Einnahme hochdosierter Supplemente über Zeiträume von Monaten bis Jahren bekannt (4000–7500 μg RE/Tag). Bei Kleinkindern wurden chronische Vitamin A-Intoxikationen nach gehäufter Aufnahme leberhaltiger Kinderfertignahrung diagnostiziert. Die aufgenommene Dosis schwankte zwischen 1500 und ca. 10 000 μg RE/Tag. In einer Studie aus Schweden wurde festgestellt, dass die Aufnahme von mehr als 1500 μg RE/Tag über einen längeren Zeitraum verglichen mit einer Aufnahme von nur 500 μg RE/Tag die Mineraliendichte in den Hüftknochen bei Frauen um 6% reduzierte und sich damit das Risiko einer Fraktur verdoppelte [48]. Weiterhin wird ein erhöhtes Osteoporose-Risiko aufgrund der dauerhaften übermäßigen Einnahme von Vitamin A bei Frauen in der Menopause postuliert [16, 21] (Tab. 1.4). Der exakte Mechanismus dieser Verminderung der Knochendichte durch niedrige Dosen von Vitamin A ist nicht geklärt. Offenbar spielt das Retinoid-Signalsystem mit der Modulierung einer Reihe von Genen eine Rolle: Retinsäure kann die Osteoblast-Differenzierung inhibieren sowie die Osteoclastbildung und Knochenresorption erhöhen. Neben den Retinoidrezeptoren spielen auch die Östrogene/Östrogenrezeptoren sowie das AhRezeptorsystem eine Rolle [67]. Möglicherweise kommt es zu einem RezeptorCrosstalk zwischen diesen beteiligten Rezeptoren, was eine Aufklärung des Mechanismus erschwert. Sicher ist, dass eine erhöhte Exposition gegenüber Dioxinen und PCBs das Risiko einer Osteoporose erhöht. Dabei ist anzumerken, dass Lebensmittel mit erhöhten Dioxin/PCB-Gehalten (Fettfische) oft auch einen erhöhten Vitamin A-Gehalt aufweisen.
Aufgrund der fruchtschädigenden Wirkung von Vitamin A in Tierversuchen, der bekannten teratogenen Wirkung pharmazeutischer Vitamin A-Produkte (z. B. Etretinat oder Isotretinoin zur Behandlung von hyperkeratotischen Hauterkrankungen und cystischer Akne) [50] sowie aufgrund epidemiologischer Studien kann auch beim Menschen von einer teratogenen Wirkung hoher Vitamin A-Dosen in der Nahrung ausgegangen werden. In einem Fall ungewöhnlicher Verzehrsgewohnheiten ist der übermäßige Genuss von Leber und das Auftreten von Fehlbildungen beschrieben. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine durchschnittliche Lebermahlzeit durchaus die 10–30fache Menge des oberen Supplementierungs-Grenzwertes für schwangere Frauen enthalten kann [3, 12, 13]. Studien zum Metabolismus von Vitamin A haben gezeigt, dass nach Verzehr einer Lebermahlzeit Plasmaspiegel mehr als 100fach erhöht an Retinylestern, 1,25fach signifikant erhöht an Retinol, 20fach erhöht an 13-cis-Retinsäure sowie geringfügig erhöht an all-trans-Retinsäure zu messen waren. Neben der bekannten teratogenen Wirkung von 13-cis-Retinsäure beim Menschen ist für all-trans-Retinsäure aufgrund von Tierversuchen mit Kaninchen bekannt, dass sie in embryonalem Gewebe wegen der spezifischen Bindung an CRABP, welches im Embryo hochexprimiert ist, akkumulieren [50, 90]. Das Kaninchen ist in Bezug auf den Metabolismus von Vitamin A dem Menschen sehr ähnlich und auch der menschliche Embryo ist reich an CRABP, so dass davon auszugehen ist, dass all-trans-Retinsäure auch hier akkumuliert.
Der unterschiedliche Metabolismus von Vitamin A nach Einnahme eines Supplements bzw. nach einer Lebermahlzeit ist erstaunlich und wichtig: Der entscheidende Metabolit all-trans-Retinsäure ist nach Supplementierung stark, nach einer Lebermahlzeit nur wenig erhöht, während sich andere Formen von Vitamin A (Retinol, Ester, 13-cis-Retinsäure) in dieser Betrachtung viel weniger unterscheiden. Dies zeigt wiederum eindringlich, dass Wirkstoffe wie Vitamine, mit der Nahrung aufgenommen, ganz anders wirken können als Reinsubstanzen in Supplementen.
Für den Bedarf an Vitamin A bestehen unterschiedliche Empfehlungen, je nachdem, ob als Berechnungsgrundlage die Aufrechterhaltung eines Vitamin A-Pools im Körper oder aber die zur Behebung eines Vitamin A-Mangels notwendigen Dosen zugrunde gelegt werden. Die Empfehlungen für Säuglinge leiten sich vom Vitamin A-Gehalt der Frauenmilch ab, der gleichzeitig die Berechnungsgrundlage für die empfohlene höhere Vitamin A-Zufuhr während der Stillzeit ist. Die Empfehlungen für Kinder beruhen auf Interpolation unter Einbeziehung des durchschnittlichen Körpergewichts bzw. der Körperoberfläche. Die „Richtigkeit“ der unterschiedlichen Empfehlungen wird davon abhängen, ob die jeweils empfehlende Institution mehr die Vermeidung von Unterversorgung oder mehr die Vermeidung von Überdosierung zugrunde legt. Die einzelnen nationalen und internationalen Gremien und Organisationen haben ebenfalls Empfehlungen über nicht zu überschreitende Vitamin A-Aufnahmen herausgegeben [18]. Für Raucher ist die Supplementierung mit β-Carotin kontraindiziert. Positive Effekte einer Diät mit einem hohen Anteil an Nahrungsmitteln, die Carotinoide enthalten (Obst und Gemüse), werden nicht in Zweifel gezogen.
Da die Aufnahme und eine mögliche Überversorgung mit Vitamin A von den stark schwankenden Gehalten in Lebensmitteln tierischer Herkunft – besonders Leber – abhängen, sind zur Bewertung des Gefährdungspotenzials auch die Vorschriften zur Haltung und Fütterung der Lebensmittel liefernden Tiere zu berücksichtigen. Aufgrund der üblichen Pro-Vitamin A-Gehalte von Grünpflanzen, Silagefutter und Mischfuttermitteln müssen extrem hohe Gehalte an Vitamin A in Schlachttierlebern auf überhöhte und lang andauernde zusätzliche parenterale oder orale Gabe von pharmazeutischen Vitamin A-Produkten zurückgeführt werden. Vitamin A kommt in den Komponenten von Mischfuttermitteln natürlicherweise nicht oder nur in sehr geringen Mengen vor, wird daher zugesetzt und gilt futtermittelrechtlich als Zusatzstoff. Gemäß Futtermittelverordnung (FutMV v. 23. 11. 2000) ist der Gehalt in Milchaustauscher für Mastkälber auf 25000 IU/kg (7500 μg RE/kg) und der Gehalt in Masttier-Mischfuttermittel auf 13 500 IU/kg (4050 μg RE/kg) begrenzt. Außerdem sind Tierarzneimittel erhältlich, die oral oder per injectionem verabreicht werden. Aufgrund der hohen Wirkstoffkonzentration an der Injektionsstelle gelten dosisabhängige Wartezeiten für diese essbaren Gewebe von bis zu 20 Tagen.
Trotz der Einschränkung von Vitamin A in Futtermitteln kann durch die Aufnahme dieses Vitamins mit tierischer Leber ein teratogener Effekt nicht vollständig ausgeschlossen werden. Daher hat das ehemalige BgVV die Empfehlung für Schwangere wiederholt, auf den Konsum von Schlachttierlebern zu verzichten [9].
Eine weitere Quelle von Vitamin A stellen vitaminisierte Lebensmittel dar. Margarine und Mischfetterzeugnisse können bis zu 10 mg Vitamin A/kg (10 000 μg RE/kg) enthalten. Eine Gesamtmenge von 0,9 mg (900 μg/Mahlzeit) darf nicht überschritten werden. Diese Werte aus der Verordnung für vitaminisierte Lebensmittel (1. 9. 1942) [93] sind definitiv überhöht und sollten gesenkt werden.
Die Versorgung der Bevölkerung in Industrienationen mit Vitamin A/Pro-Vitamin A gilt als mehr als ausreichend und liegt – alters- und geschlechtsabhängig – zwischen 4 und 91% über den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr [17]. Bei üblichen Ernährungsgewohnheiten in Industrienationen ist eine Aufnahme gesundheitlich bedenklicher Mengen an Vitaminen über den Verzehr von Lebensmitteln kaum möglich. Eine Ausnahme stellt der unsachgemäße Gebrauch von Vitamin A-Präparaten und der übermäßige Verzehr von Leber und Leberprodukten dar. Aus Gründen des leistungsorientierten Bedarfs an Vitamin A von Masttieren und des Tierschutzes ist eine Reduzierung des Vitamin A-Gehaltes von Schlachttierlebern durch fütterungstechnische Maßnahmen auf teratologisch unbedenkliche Werte nicht möglich. Es sollte jedoch der Gehalt im Beifutter sowie die sonstige Supplementierung von Vitamin A auf den Gehalt im Grundfutter abgestimmt werden. Die küchentechnische Zubereitung (Kochen, Braten) bietet keinen Schutz vor überhöhten Vitamin A-Gehalten einer Lebermahlzeit, da die erhitzungsbedingten Verluste durch die durch Gewebswasserverlust bedingte Aufkonzentrierung mindestens kompensiert wird. Neben dem vorschriftsmäßigen Gebrauch von oder dem Verzicht auf Vitamin A-Präparate sollte daher für Schwangere, Frauen im gebärfähigen Alter und Kleinkinder der Verzehr von Leber kontrolliert und gegebenenfalls eingeschränkt oder eingestellt werden. Die notwendige Versorgung mit Vitamin A ist bei ausgeglichener Ernährungsweise durch andere Nahrungsbestandteile (Milch, Milchprodukte, Eier, Möhren, grünes Gemüse) sichergestellt.
Vitamin A ist ein natürlicher lebensnotwendiger Nahrungsbestandteil, der zur Aufrechterhaltung vieler biologischer Prozesse im Organismus von Mensch und Tier in bestimmten Mengen aufgenommen werden muss. Der Abstand zwischen der zur Aufrechterhaltung der physiologischen Wirkungen von Vitamin A benötigten Menge einerseits, und der für das Auftreten toxischer Effekte verantwortlichen Menge andererseits ist sehr klein. Besonders der frühe Embryo sowie Knochen scheinen auf eine Hypervitaminose A besonders empfindlich zu reagieren. Die entsprechenden ULs („tolerable upper limits“) zur Vermeidung teratogener Effekte liegen bei 3000 μg RE pro Tag und für die Verminderung der Knochendichte bei Post-Menopause-Frauen bei oder unter 1500 μg RE pro Tag. Supplemente mit Vitamin A sollten ganz vermieden oder nur in sehr kleiner Dosierung genommen werden. Lebern von Schlachttieren haben oft einen sehr hohen Gehalt von Vitamin A und sollten zurückhaltend oder gar nicht (Schwangerschaft) verzehrt werden.
β-Carotin, aus Obst und Gemüsen zugeführt, hat positive Eigenschaften in Bezug auf eine mögliche Prävention von Krebserkrankungen. β-Carotin als Lebensmittelfarbstoff oder als funktioneller Inhaltsstoff wird derzeit noch toleriert. β-Carotin-Supplemente sind bei Rauchern und Asbestarbeitern kontraindiziert, da sie zu einer Erhöhung von Lungenkrebs führen können. In hoher Dosierung kann generell eine Supplementierung mit β-Carotin über längere Zeiträume nicht empfohlen werden.
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