Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin - Eberhard Schneider - E-Book

Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin E-Book

Eberhard Schneider

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Beschreibung

In dem Buch "Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin" werden die Hauptlinien der russischen Innenpolitik seit dem Amtsantritt von Präsident Dmitrij Medwedew im Mai 2008 nachgezeichnet und Szenarien für die Präsidentschaft Wladimir Putins bis zum Jahr 2018 skizziert. Warum kandidierte 2008 Putin nicht zum dritten Mal als Präsident? Warum erlaubte Putin nicht, dass Medwedew 2012 ein zweites Mal als Präsident kandidierte? In welchem Zustand sah Medwedew Russland? Welche Reformen führte er durch? Wer sind die Unterstützter Medwedews und Putins? Was treibt die Protestbewegung in Russland an? Wer sind die Protestierenden? Was wollen sie? Wie reagiert der Kreml? Wer steuert Putins "Russia, Inc."? Wie geht es mit Russland weiter?

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Impressum

Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin.

Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018

Eberhard Schneider

Published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2012 Eberhard Schneider

ISBN 978-3-8442-2915-8

1 Medwedews Präsidentschaftskandidatur 2008

Um die politische Bedeutung der Entscheidung richtig zu gewichten, warum sich Wladimir Putin im Frühjahr 2012 erschloss, erneut für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist zu untersuchen, welche Kompetenzen der Präsident im russischen politischen System hat.

1.1 Kompetenzen des Präsidenten

Der Präsident ist die zentrale politische Figur des russischen politischen Systems, denn er ist nicht nur Staatsoberhaupt, sondern auch der Chef der Exekutive. Die Verfassung kennt zwar das Amt eines Regierungschefs, räumt aber dem Präsidenten die Möglichkeit ein, bei Kabinettssitzungen den Vorsitz zu führen (Verfassungsartikel 83 b). Der Präsident schlägt der Staatsduma, dem Parlament,  den Premierminister vor, den das Unterhaus dann wählt. Für die Ernennung der Minister braucht er nicht dessen Einwilligung, muss sich aber an den Personalvorschlägen seines Premiers orientieren. Der Präsident kann von sich aus nicht einzelne Kabinettsmitglieder abberufen, sondern nur über den Rücktritt der gesamten Regierung entscheiden (Art. 83 c).

Der Präsident ist bei der Regierungsbildung nicht auf die Stärke der Parteien in der Staatsduma  angewiesen, denn die Regierung ist mehr oder weniger ein Technokratenkabinett, das an die Amtszeit des Präsidenten und nicht an die Legislaturperiode der Staatsduma gebunden ist. Die Regierung ist dem Parlament auch nicht verantwortlich. Der ehemalige Präsident Boris Jelzin unterstellte sich die Ministerien der Silowiki direkt[1], das sind die Ministerien der Verteidigung und des Innern sowie den Föderalen Sicherheitsdienst (FSB). Später kamen die Ministerien des Äußeren, der Justiz und für die Angelegenheiten der Zivilverteidigung, Ausnahmesituationen und die Beseitigung der Folgen von Naturkatastrophen hinzu sowie die Föderalen Dienste für Auslandsaufklärung (= Auslandsspionage), für den Schutz Russlands und für den Schutz der Grenzen, der inzwischen im FSB aufging.[2] Durch die Herauslösung dieser Ministerien aus ihrer Unterstellung unter den Premier reduziert sich die Regierung mehr oder weniger auf ein Wirtschafts- und Verwaltungskabinett.

Der Präsident kann gegen ein Gesetz ein Veto einlegen, das mit einer Zweidrittelmehrheit der Staatsduma und des Föderationsrats – das Oberhaus - überstimmt werden kann (Art. 107, Abs. 3). Die Haupteinwirkungsform des Präsidenten ist das Dekret (Art. 90), mit dem er jede Angelegenheit mit unmittelbarer Rechtswirkung entscheidet, wenn es dazu keine gesetzlichen Regelungen gibt. Er darf dabei allerdings nicht gegen die Verfassung oder ein föderales Gesetz verstoßen.

Der Präsident kann die Staatsduma auflösen:

· wenn sie den vom Präsidenten vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs dreimal abgelehnt hat und er keinen anderen Kandidaten vorschlagen will (Art. 111),

· wenn die Staatsduma innerhalb von drei Monaten der Regierung erneut ihr Misstrauen ausgesprochen hat und der Präsident an der Regierung festhalten will (Art. 117, Abs. 3) oder

wenn die Staatsduma auf Antrag des Regierungschefs der Regierung das Vertrauen verweigert  hat (Art. 117, Abs. 4).

Der Präsident bestimmt laut Verfassung die Hauptrichtungen der Innen- und der Außenpolitik (Art. 80) und er leitet zudem die Außenpolitik (Art. 86). Der Präsident ist der Garant der Verfassung sowie der Rechte und Freiheiten des "Menschen und Bürgers" (Art. 80) und übt das Begnadigungsrecht aus (Art. 89). Er schlägt dem Föderationsrat, dem Oberhaus, die Richter des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts und des Obersten Schiedsgerichts sowie den Generalstaatsanwalt vor. Darüber hinaus kann der Präsident dem Föderationsrat empfehlen, den Generalstaatsanwalt zu entlassen. Die Richter der übrigen föderalen Gerichte ernennt der Präsident von sich aus (Art. 83).

Der Präsident ist der Oberkommandierende der Streitkräfte (Art. 87) und ernennt und entlässt das Oberkommando (Art. 83). Im Fall einer erfolgten oder unmittelbar drohenden Aggression verhängt der Präsident über das gesamte Land oder einzelne Landesteile den Kriegszustand. Über diesen Schritt hat er unverzüglich den Föderationsrat und die Staatsduma zu unterrichten (Art. 87). Auch über die Verhängung des Ausnahmezustands über das gesamte Territorium oder einzelne Landesteile muss der Präsident beide Parlamentskammern informieren (Art. 88). Der Föderationsrat muss die entsprechenden Dekrete des Präsidenten bestätigen (Art. 102 b und c).

Der Präsident ist befugt, die Gültigkeit von Verwaltungsakten der Republiken und Gebiete in dem Falle, dass sie der föderalen Verfassung, föderalen Gesetzen oder internationalen Verträgen widersprechen bzw. die Rechte und Freiheiten des "Menschen und Bürgers" verletzen, solange auszusetzen, bis die entsprechenden Gerichte darüber entschieden haben (Art. 85, Abs. 2).

Als Gegengewicht zur starken exekutiven Stellung des Präsidenten sieht die Verfassung die Möglichkeit eines Impeachments, der Ablösung des Präsidenten, wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens nach einem komplizierten Verfahren vor, an dem folgende Organe beteiligt sind: Die Staatsduma (a) beschließt mit mindestens einem Drittel aller Abgeordneten (150) die Initiative zu einer Anklage des Präsidenten wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens. Unter Vorlage des Gutachtens einer (b) Sonderkommission, die von der Staatsduma zu diesem Zweck mit einfacher Mehrheit aller Abgeordneten (226) eingesetzt wird, kann dann eine entsprechende Klage gegen den Präsidenten mit zwei Dritteln der Stimmen aller Abgeordneten (300) beschlossen werden. (c) Das ObersteGericht hat danach in einem Gutachten zu bestätigen, dass die Handlungen des Präsidenten tatsächlich Merkmale eines Verbrechens aufweisen. (d) Das Verfassungsgericht muss anschließend in einem weiteren Gutachten bekunden, dass das vorgeschriebene Verfahren der Anklageerhebung eingehalten wurde (Art. 93). (e) Der Föderationsrat entscheidet innerhalb von drei Monaten mit Zweidrittelmehrheit (119) über die Amtsenthebung (Art. 93).

1.2 Warum kandidierte Putin nicht?

Wladimir Putin stand mit dem Blick auf das Auslaufen seiner zweiten Amtszeit als Präsident am 8. Mai 2008 vor der Frage, ob er ein drittes Mal kandidieren soll. Nach Verfassungsartikel 81 wird der Präsident für vier Jahre gewählt und darf nicht mehr als zwei Amtszeiten unmittelbar nacheinander innehaben (Abs. 3). Natürlich hätte dieser Artikel, der nicht zu den nicht änderbaren Artikeln in den Kapiteln 1, 2 und 9 gehört, nach dem Verfahren zur Verabschiedung föderaler Gesetze geändert werden können (Art. 135). Dazu sind mindestens zwei Drittel der Stimmen aller Staatsdumaabgeordneten und drei Vierteil der Stimmen aller Mitglieder des Föderationsrats erforderlich (Art. 108, Abs. 2). Diese Änderung tritt allerdings nur in Kraft, wenn sie zusätzlich von mindestens zwei Drittel der Parlamente der Föderationssubjekte der Russischen Föderation, das sind die Republiken und die Gebiete wie bei uns die Bundesländer, gebilligt wird.[3]

Eine Änderung von Artikel 81 hätte Putin erreichen können, denn in der Staatsduma stellte die Fraktion der Machtpartei „Einiges Russland“ 2007 mehr als zwei Drittel der Abgeordneten. Auch hätten dreiviertel der Senatoren für die Änderung der Verfassung votiert. Etwas schwieriger wäre es vielleicht geworden, in mindestens zwei Drittel der Regionalparlamente eine Mehrheit für das verfassungsändernde Projekt zu bekommen. Doch wenn der Kreml den regionalen Parlamenten signalisiert hätte, dass er ihr Votum für eine Verfassungsänderung wünsche, würden wohl auch oppositionelle Fraktionen dafür gestimmt haben.

Doch Putin strebte keine Verfassungsänderung an. Warum? Er wollte wohl nicht im Westen den Eindruck entstehen lassen, dass er aus persönlichen Machtgelüsten die Verfassung ändern lässt. Er hatte nicht vor, dem Beispiel seines belarussischen Amtskollegen Aljaksandr Lukaschenka zu folgen, der sich mittels einem 2004 von westlichen Beobachtern als undemokratisch bezeichneten Referendum eine dritte Amtszeit gesichert hatte.

1.3 Warum stellte Putin Medwedew als Präsidentschaftskandidaten auf?

Am 10. Dezember 2007 schlug der damalige Staatsdumavorsitzende und Chef der Machtpartei von „Einiges Russland“, Boris Gryslow, bei einem vom russischen Fernsehen übertragenen Gespräch der Vorsitzenden von vier kremltreuen Parteien bei Putin Dmitrij Medwedew als Präsidentschaftskandidaten vor, dem der Präsident zustimmte. Er täuschte Überraschung vor, doch er hatte sich längst für Medwedew entschieden. Warum?

In der engeren Wahl für das Präsidentenamt waren bei Putin Dmitrij Medwedew und Sergej Iwanow. Putin kannte Medwedew aus seiner St. Petersburger Zeit, als Medwedew von 1989 bis 1996 als juristischer Experte bei ihm, dem Vorsitzenden des Komitees für Außenwirtschaftsbeziehungen und Stellvertretenden Oberbürgermeister, arbeitete. Beide hatten denselben juristischen Lehrer an der St. Petersburger Universität, Anatolij Sobtschak, der später zum Oberbürgermeister der Stadt aufgestiegen war. 1999 leitete Medwedew dann in Moskau den Apparat des kurzzeitigen Regierungschefs Putin. Ende Dezember 1999 wurde er von Putin zum Stellvertretenden, im Juni 2000 zum Ersten Stellvertretenden und im Oktober 2003 – bis 2005 - zum Leiter der Präsidialadministration ernannt.

Der konkurrierende Kandidat für das Präsidentenamt Sergej Iwanow hatte wie Putin 1977 das KGB-Hochschulinstitut in Minsk, wo er Putin kennenlernte, absolviert und 1982 die Moskauer Hochschule des KGB für Auslandsspionage. Unter dem FSB-Chef Putin war Iwanow von 1998 bis 1999 dessen Stellvertreter. Schließlich wurde Iwanow Sekretär des Sicherheitsrats, Verteidigungsminister und bis 2007 – wie Medwedew – Erster Stellvertretender Regierungschef.

Putin entschied sich wohl für Medwedew, weil Iwanow eine selbständigere Figur ist als sein Freund aus der St. Petersburger Zeit. Medwedew ist ein Politiker, der eher reagiert als agiert. Zudem ist er Putin gegenüber absolut loyal. Wahrscheinlich wäre Iwanow auch nicht bereit gewesen, auf eine zweite Präsidentschaftskandidatur zu verzichten.

1.4 Warum wurde Putin Regierungschef?

Möglicherweise wollte sich 2008 Putin ursprünglich auf die Funktion des Vorsitzenden von „Einiges Russland“ zurückziehen und so vom Hintergrund aus alle wichtigen Personalentscheidungen und politischen Entwicklungen steuern. Denn „Einiges Russland“ übernahm die Rolle der früheren „Kommunistischen Partei der UdSSR“, der man angehören musste, wenn man Karriere machen wollte.

Die Ereignisse am 1. Oktober 2007 auf dem Moskauer Flughafen „Domodedowo“ veranlassten unter Umständen Putin, seine Meinung zu ändern. An diesem Tag verhaftete eine Sondereinheit des Inlandsgeheimdienstes FSB auf dem Flughafen vier hohe Mitarbeiter des „Staatskomitees für die Kontrolle der Drogenverwendung und der Psychopharmaka“, das ebenfalls ein Geheimdienst ist und das seit 2003 von Wiktor Tscherkessow geleitet wurde, der im August 1998 Putins Erster Stellvertreter an der Spitze des FSB war. Dem Drogenkomitee wurden Bestechlichkeit und unerlaubtes Abhören von Telefongesprächen vorgeworfen. Die vier Tscherkessow-Mitarbeiter wollten sich vom FSB nicht so ohne Weiteres abführen lassen und riefen ihre Einheiten zu Hilfe. Beinahe wäre es auf dem Flughafen zu einer Schießerei bekommen. Auf die Verhaftung seiner führenden Mitarbeiter reagierte Tscherkessow neun Tage später am 9. Oktober 2007 mit einem Artikel in der angesehenen Tageszeitung „Kommersant“, in dem er vor einem Bruderkrieg der Geheimdienstler und einem „Krieg aller gegen alle“ warnte.[4]

Putin ist im Herbst 2007 wohl klar geworden: Je näher der Zweitpunkt seines Abtretens als Präsident heranrückt, umso schärfer wird die Spaltung der Nomenklatur und umso härter ihr Kampf um Einfluss und Macht. Er kam offensichtlich zu der Überzeugung, dass er sich nicht auf die Position des Vorsitzenden der Machtpartei zurückziehen kann, sondern dass er weiterhin die verschiedenen Machtgruppen ausbalancieren muss, wozu Medwedew als neuer Präsident nicht in der Lage sein wird. Welches Amt nach dem des Präsident ist das zweitmächtigste in Russland? Das des Regierungschefs. Also übernahm er es.

Putin nutzte nicht die sich dadurch bietende Möglichkeit, im Rahmen der Übernahme der Regierungsleitung Russland allmählich aus einem präsidialen in ein parlamentarisches Regierungssystem zu transformieren. Die Menschen in Russland konnten feststellen, dass das Amt des Premierministers doch eine politische Rolle spielen muss, wenn es Putin, der profilierteste Politiker des Landes, übernimmt. Bisher wurde es von mehr oder weniger grauen Apparatschiks ausgeübt. Nun hätte Putin diese Feststellung der Menschen dahingehend weiterführen können, indem er durch Verfassungsänderungen dafür gesorgt hätte, dass dem Regierungschef schrittweise immer mehr Kompetenzen übertragen werden und so dem Präsident nur noch repräsentative Aufgaben verbleiben.

2 Medwedews schonungslose Analyse

Nach 15 Monaten im Amt wandte sich Medwedew am 10. September 2009 mit einem langen Offenen Brief „Russland, vorwärts!“, der zuerst in der kremlkritische Internetzeitung „gazeta.ru“ publiziert wurde, an die russische Bevölkerung.[5] Einen Offenen Brief eines russischen Präsidenten hatte es bis dahin noch nicht gegeben. In dem Offenen Brief unterzog er Russland einer schonungslosen Analyse und rief die Menschen zur Zusammenarbeit bei der Schaffung eines „neuen Russland“ auf.

2.1 Zustandsbeschreibung Russlands

Eingangs gibt der Präsident eine Zustandsbeschreibung Russlands, die auch als verdeckte Kritik an der Tätigkeit der Regierung und damit indirekt an Premier Wladimir Putin gelesen werden konnte. Medwedew fragte, ob Russland in die Zukunft ziehen soll:

· als „primitive Rohstoffwirtschaft“,

· „chronisch korrupt“ und

· mit der „alten Gewohnheit, sich bei der Lösung von Problemen auf den Staat zu verlassen, auf das Ausland, auf irgendwelches allmächtiges Wissen, auf irgendwas Beliebiges, auf irgendwen Beliebiges, nur nicht auf sich selbst“?

Zur russischen Wirtschaft führte er aus: „Die zwanzig Jahre stürmischer Veränderungen haben unser Land nicht von der erniedrigenden Rohstoffabhängigkeit erlöst. Unsere gegenwärtige Wirtschaft übernahm von der sowjetischen ein sehr schweres Erbe, sie ignoriert in entscheidendem Maße die Bedürfnisse des Menschen. Das heimische Business entwickelt und produziert – mit wenigen Ausnahmen - nicht jene Waren und Technologien, welche die Menschen brauchen. Es handelt mit dem, was es nicht selbst hergestellt hat – mit Rohstoffen oder mit Importwaren. Produkte, die in Russland hergestellt wurden, zeichnen sich in großem Ausmaße durch eine niedrige Konkurrenzfähigkeit aus.“ All das zeigt, „dass wir weit davon entfernt sind, in den vergangenen Jahren alles Notwendige getan zu haben. Bei weitem haben wir nicht alles richtig gemacht.“ Medwedew stellte fest, dass die „schändlich niedrige“ Energieeffizienz und Produktivität der russischen Betriebe deren „Eigentümer, Direktoren, Chefingenieure und Beamte nicht sehr beunruhigen“.

Die demokratischen Institutionen funktionieren laut Medwedew im Großen und Ganzen:

· aber deren „Qualität ist noch überaus weit entfernt vom Ideal“.

· „Die Zivilgesellschaft ist schwach, das Niveau der Selbstorganisation und Selbstverwaltung ist nicht hoch.“

Medwedew betonte, dass sich das politische System „erneuern und verbessern wird im Wege des freien Wettbewerbs offener politischer Vereinigungen“. Der Präsident zeigte sich davon überzeugt, dass das russische politische System „offen, flexibel und im Innern kompliziert“ werden wird. „Wie in der Mehrheit der demokratischen Staaten, werden sich die parlamentarischen Parteien als die Führer im politischen Kampf erweisen, sich periodisch an der Macht ablösen.“

Bezüglich der demographischen Entwicklung der Bevölkerung beklagte Medwedew die Verkürzung der Lebenserwartung der Menschen durch:

· den Alkoholismus,

· das Rauchen,

· die Verkehrsunfälle,

· den ungenügenden Zugang zu vielen medizinischen Technologien,

· die Umweltverschmutzung und die

· geringe Anzahl von Geburten, welche die Sterbezahlen nicht kompensiert.

2.2 Zielvorgaben

Medwedew formulierte seine Zielvorstellungen. In den kommenden zehn Jahren soll Russland:

· eines der führenden Länder werden bezüglich der Effektivität der Produktion, des Transports und der Energieeffizienz; für den Binnen- und den Weltmarkt sollen neue Energieformen entwickelt und eingeführt werden;

· die Atomtechnologie auf ein neues Niveau heben;

· die Informationstechnologie verbessern, bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung von für alle zugängliche Informationsnetze gewinnen, Supercomputer nutzen und weitere notwendige Hardware;

· über eine eigene terrestrische und Weltrauminfrastruktur verfügen zur Übertragung aller Formen von Information;

· eine führende Position in der Herstellung von medizinischer Ausrüstung, moderner Diagnostikinstrumente und Medikamenten zur Heilung von Virus-, Herz- und Gefäß-, Krebs- sowie neurologischen Erkrankungen einnehmen.