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VOM URKNALL ZUR ÜBERBEVÖLKERUNG besteht aus zwei unabhängigen Teilen, erzählt von Yog - einem Quark. Alles im Universum besteht aus Quarks und Elektronen, deshalb wissen Quarks alles über Alles. Yog hat die kosmische Evolution des Universums und die biologische Evolution des Lebens von Anfang an miterlebt und ist jetzt Teil eines Menschen. Da Quarks keine Gefühle haben, ist Yog absolut objektiv. Der erste Teil ist die Geschichte des Weltalls, vom Anfang bis zur Entstehung des Planeten Erde, und der Evolution des Lebens auf diesem Planeten. Es schildert in leicht verständlicher Art die Bildung der ersten Teilchen, von Materie, Gaswolken, Galaxien, Sternen, unseres Sonnensystems und anderer Himmelskörper bis zum Planeten Erde. Es folgt die Entwicklung des Lebens auf dem Planeten Erde von den ersten lebenden Zellen bis zu seiner gegenwärtig intelligentesten Form, des heutigen Menschen, dem Homo sapiens. Der Urkontinent Kaapvaal Craton und Fossilien frühester Formen einzelligen und mehrzelligen Lebens im südlichen Afrika werden beschrieben. Ein Vorwort durch einen Physikprofessor bekräftigt die Plausibilität der Erzählung. Der zweite Teil handelt über die Entwicklung der Menschheit und einige seiner Eigenarten. Es beschreibt die Evolution, vom Menschenaffen zum Affenmenschen bis zum modernen Menschen – einschließlich der Unterschiede zu anderen Tieren und ihrer abnormalen sexuellen Gewohnheiten. Das Entstehen der Klicksprache im südlichen Afrika, wahrscheinlich der Mutter aller Sprachen, wird besonders hervorgehoben. Yog nennt das Ereignis, das Mensch vom Tier trennte und befindet, dass die Menschheit die Evolution durch Technologie überholt hat. Es erkennt das größte Problem des Planeten Erde – die Überbevölkerung durch Menschen, und sagt das politisch inkorrekte: die Bevölkerung muss reduziert werden, die Milliarden sind für den Planeten untragbar. Sollte die14-milliardenjahrelange Entwicklung des Weltalls auf diesem nichtigen aber niedlichen Planeten nur dazu geführt haben, dass seine höchstentwickelte Lebensform kollektiv Selbstmord begeht? Am Ende wagt Yog sogar eine Prognose für die Zukunft der Menschheit. Das Buch ist in einfacher Sprache für normale Menschen geschrieben, vom Teenager bis zum Rentner. Es enthält keine Formeln und ist nicht wissenschaftlich überfrachtet. Der Text wird durch karikaturähnliche Skizzen aufgelockert.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Vom
URKNALL
zur
ÜBERBEVÖLKERUNG
Die Geschichte des Universums
Mit besonderer Hervorhebung des Planeten Erde,
seinen Bewohnern, ihrer kuriosen Eigenarten,
und ihr größtes Problem
erzählt für ganz normale Leute jeden Alters
von
einem Augenzeugen:
mit einem Vorwort von Prof. Dr. Gustav Obermair
Ghostwriter: Siegfried Eckleben
Illustrationen: Gudrun Eckleben
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verfassers kommerziell genutzt werden.
ISBN 978-99945-71-38-3
This book is available in English under the title FROM BIGBANG TO OVERPOPULATION
Hierdie boek is beskikbaar in Afrikaans met die titel VAN OERKNAL TOT OORBEVOLKING
www.seckleben.com
Was sagt uns die Wissenschaft über die Entstehung des Weltalls, über Sterne und Galaxien und Schwarze Löcher, über Elementarteilchen, die Entstehung von Atomen und Molekülen und ihre wachsende Diversifizierung, über den Ursprung des Lebens und seine Evolution auf der Erde?
In diesem Buch gibt ein allwissendes Quark namens Yog auf diese Fragen Antworten für normale Menschen jeglichen Alters. Als Zeuge aller Vorgänge seit dem Urknall bis zum gegenwärtigen Stand der Dinge auf Planet Erde gibt Yog dem Autor Eckleben eine präzise Darstellung seiner Erlebnisse, durchwegs auf dem heutigen Stand der Wissenschaft. Aus diesem Wissen des allgegenwärtigen Quarks hat Eckleben eine wunderbar intelligente, verständliche, unterhaltsame, ja oft auch amüsante Erzählung gemacht. Dies gelingt ihm durch pfiffigen Einsatz von Alltagssprache ohne komplizierte Terminologie und mathematischen Formeln.
Da ich häufig Kosmologievorlesungen für fortgeschrittene Studenten abgehalten habe, kann ich bestätigen, dass die von Yogs Ghostwriter Eckleben dargestellten Fakten über kosmische und organische Evolution stimmig und aktuell sind. Das Buch wird viele neugierige Leser anlocken und zufrieden stellen, besonders Jüngere, selbst wenn sie (noch) wenig wissenschaftliche Vorbildung haben.
Weitere ausnehmend amüsante Kapitel skizzieren die menschliche Gesellschaft und Verhaltensweisen aus Yogs kosmisch-komischem Blickwinkel. Es scheint, dass das Quark und sein Interpret die gewiss ansprechende Ingenieurs-Überzeugung teilen, dass die meisten persönlichen, sozialen und globalen Probleme durch einen Mangel an Rationalität entstehen und dass sie in Zukunft durch eine wissenschaftlichere Vorgehensweise besser gelöst werden könnten. Trotz einiger Zweifel sympathisiere ich mit ihrem Standpunkt und hoffe mit ihnen auf eine weitere Entwicklung zum 'Homo prudens', zu dem rationalen und verantwortlichen Wesen, das seine dominante Rolle zum Vorteil von allem Leben auf Erden einsetzen wird. Das ist auch die Hoffnung aller Erzieher und ich wünsche dem Buche, dass es weite Verbreitung in Schulen, öffentlichen Bibliotheken, und unter Lehrern und Studenten findet.
Dr. Gustav Obermair
erem. Professor der Theoretischen Physik
Universität Regensburg
Einführung
Kapitel 1: KOSMISCHE EVOLUTION
BigBang: Der Anfang Aller Dinge
Erste Kräfte
Inflation!
Mehr Kräfte
Quarks
Der Autor und seine Sippe
Die Große Vernichtung
Hadronen, Protonen und Neutronen
Das Grundgesetz des Universums
Natur
Imperfektion - die Mutter aller Evolution
Kerniges
Atome
Und es ward Licht!
Evolution des Universums
Evolution allgemein
Atom- und Gaswolken
Hypersterne
Schwarze Löcher und Quasare: Unwiderstehliche Sauger
Galaxien
Metagalaxie
Sterne
Interstellares Medium
Moleküle
Sonnensystem Sol
Sol, die Sonne
Planeten: Die Wanderer
Monde
Haarige Kometen
Tunguska in Sibirien
Interplanetare Materie
Der Hoba Meteorit in Namibia
Planet Erde
Atmosphärisches
Zeitige Gezeiten
Des Planeten langer Atem
Treibende Kontinente
Der erste Urkontinent im südlichen Afrika
Kontinente und Superkontinente
Allgemeine Kosmische Ur-Rotation
Kapitel 2: ORGANISCHE REVOLUTION
Erste Atmosphäre
Zweite Atmosphäre
Äußere Einmischung
Suppengrün
Riesenmoleküle
Vervielfältigung
Ribonukleinsäure, RNS (englisch RNA)
Desoxyribonukleinsäure, DNS (englisch DNA)
Membranen
Zellen
Neues Leben
Dritte Atmosphäre: die Sauerstoffrevolution
Erste Selbstvernichtung
Kernige Einzeller
Die Große Spaltung
Es geht auch ohne
Im Königreich Animalia
Mehr ist weniger
Einzelliges Leben im südlichen Afrika: Stromatolithen
Symbionten und Parasiten
Viren
Die Multis
Otavia: Der Erste Mehrzeller, wieder in Namibia
Weiteres frühes Leben in Namibia
Nama- oder Ediacara-Fauna?
Verdrängten Mehrzeller die Einzeller?
Zwei Enden
Sex: die Einführung des Todes auf Planet Erde
Sex wird angenehm
Das Leben im Wasser
Landratten, die Große Wasserscheide
Landpflanzen und Pflanzenland
Beiderseits: Amphibien
Reptilien
Säugetiere, die heißblütigen Sauger
Aufstieg und Fall der Saurier
Primaten oder Fingertiere
Lemuren und Affen
Höhere Primaten
Australopithecinen oder Südaffen
Otavipithecus namibiensis
Homos
Pyromanie: Die Geburt der Technologie
Erdlinge oder Homo sapiens
Geld
Insekten
Insektenstaaten
Die Königin ist kein Monarch
Stoßverkehr am Ameisenhaufen
Vetternwirtschaft ist keine menschliche Errungenschaft
Kapitel 3: LEBEN UND INTELLIGENZ
Evolution
Schrittsteine
Überleben des Schnellsten, Glücklichsten oder des „Fittesten”?
Erbgutanalyse
Helfende Hände
Viele zu Viel - oder Viel zu Viele?
Leben
Unsichtbares Leben
Intelligentes Leben
Außerirdisches Leben
Übertragung von Leben ins Weltall
Intelligentes Leben im Universum:
Fischiges Universum
Kapitel 4: VON MENSCHENAFFEN ZU AFFENMENSCHEN
Jäger, Sammler und Aasfresser
Feuer frei!
Sprache
Out of Africa: Klicksprachen
Fragen & Antworten (Q&A)
Erzählungen
Zählen
Abstraktion
Die Große Vielfalt
Die Schrift an der Wand
Die Große Wanderung
Die Große Eiszeit
Kleidung
Behausungen
Räder müssen rollen für die Technologie
“Künstliche Intelligenz”
Muskelkraft und der Anfang von genetischem Engineering
Bestellen des Landes - Das Ende der Freiheit
Dörfer und Städte, Länder und Nationen, Krieg und Frieden
Staaten und Regierungen
-ismen
Wirtschaft und Ungleiche Verteilung
Unausgewogenheiten
Sklaverei
Sinneswahrnehmungen
Kapitel 5: UNTERSCHIEDE ZU ANDEREN TIEREN
Sind sie wirklich so unterschiedlich?
Hirnvermögen
Gehirnschmalz
Ist Erdlingintelligenz ein Vorteil?
Das Wesen der Erdlingintelligenz
Wissen ist Macht
Sprachtalente
Überholen der Evolution
Das Verbiegen der Evolution zu ihren Gunsten
Evolution und Technologie
Warum ist dieses Tier so nackt?
Habsucht oder das Ansammeln von materiellem Wohlstand
Haltung!
Das sexuelle Verhalten der Erdlinge
Sex zum Vergnügen
Brüste oder Mammas
Sex außer Saison
Wechseljahre
Heimlicher Sex
Künstliche Befruchtung
Promiskuität
Gleichgesinnte Gleichgeschlechtliche
Perversionen
Liebe
Kapitel 6: WAHN UND GLAUBE
Mystizismus: Motor der Entwicklung
Religionen
Anthropozentriker
Warum Religion gegen Wissenschaft?
Vorliebe für Mystizismus
Astrologie: Genetik übertrumpfen?
Trugschlüsse und Inkonsequenzen
Eindrücke von „atypischem” Wetter:
Der Mythos vom Edlen Wilden
Zurück zur Natur
Das kleine Kernparadox
Großes Kernparadox
Können Lebewesen Atomkatastrophen überleben?
Abhängigkeit von elektrischer Energie
Abhängigkeit von Motorfahrzeugen
Sind Erdlinge die einzigen Kriminellen auf Erde?
Kapitel 7: ÜBERBEVÖLKERUNG -
Die Wurzel (fast) allen Übels auf Planet Erde
Auswirkung der Bevölkerung auf den Planeten
Die Warnung der Osterinsel
Überbevölkerung
Weltkonferenzen
Weltkonferenzen über Bevölkerungswachstum
Weltkonferenzen über Nachhaltige Entwicklung
Weltklimakonferenzen
Überverschmutzung
Luftverschmutzung ist keine neue Erfindung
Überrüstung
Überverminung
Überentwaldung
Überfischung
Überkriminalisierung
Übermüllung
Die Schere öffnet sich
Wie lässt sich die Schere schließen?
Kapitel 8 : QUO VADIS ERDE?
Rückblick
Die Treiber
Sex
Mystizismus
Habsucht oder die Gier nach Wohlstand
Kann Evolution je die technologische Entwicklung einholen?
Vorausblick
Die Schlechte Nachricht
1. Der Planet kippt um
2. Erfolgreiche Selbstvernichtung
3. Kosmischer Verkehrsunfall
Die gute Nachricht
Selbstvernichtung erfolgt doch nicht
Homo conscius oder Homo prudens?
Bessern sie sich?
Nachwort
Diese Erzählung ist ein Augenzeugenbericht (obwohl es während der längsten Zeit des Berichts noch keine Augen gab) der Geschichte dieses Universums, zusammengestellt etwa 14 Milliarden Jahre nach seiner Entstehung. Oder 4½ Milliarden Jahre nach Entstehung des Planeten Erde, oder aber auch am Anfang dessen, was die meisten Erdlinge als einundzwanzigstes Jahrhundert bezeichnen. Sie ist bestimmt für neugierige, universelle, multiverselle und kosmische Leser aller Altersklassen.
Um die Geschichte der biologischen Evolution auf Planet Erde in eine irdische Perspektive zu rücken, möchte ich ihre Dauer von den ersten Einzellern bis zum Homo sapiens auf einen Erdentag von 24 Stunden verteilen. Dieser „Lebenstag” beginnt um null Uhr, gleich nach Mitternacht des vorigen Tages. Für volle achtzehn Stunden bevölkern nur einzellige Geschöpfe den Planeten. Um 18 Uhr nachmittags erscheinen die ersten Mehrzeller. Säugetiere beginnen sich allmählich um 23 Uhr abends einzufinden. Menschenaffen und primitive Homos tauchen etwa eine Minute vor Mitternacht auf. Der Homo sapiens schlendert erst zwischen zwei und drei Sekunden vor Mitternacht auf die Bühne! Ich frage mich, welche Kreatur eine Sekunde vor oder nach Mitternacht erscheint? Hoffentlich etwas, das die Bezeichnung Homo prudensverdient, was etwa verständiger Mensch bedeutet.
Erdlinge versuchen oft, Dinge in organische und anorganische, lebende oder tote Materie, zu unterteilen. Ich habe jedoch keine eindeutige Grenze zwischen lebenden und toten oder organischen und anorganischen Substanzen feststellen können. Der Übergang von einem zum anderen ist fließend, ohne Abgrenzungen oder Schranken. Wenn ich solche willkürlichen menschgemachten Klassifizierungen benutze, dann nur für Unterteilungszwecke und zur Vermeidung unhandlicher Kapitel. Replizierbare Riesenmoleküle sind irgendwo an der Grenze zwischen lebend und tot, aber welches ist auf welcher Seite? Welches ist schon organisch, welches noch anorganisch? Welches ist gerade lebendig, welches ist noch tot? Für uns Quarks ist das vollkommen unwichtig, da sie am Ende ja doch alle aus Quarks und Elektronen zusammengesetzt sind. Sie sind einfach universell.
Und, falls es jemanden befremden sollte, wir Quarks duzen uns mit Allen im Universum. Wir sind schließlich wer: die ältesten Teilchen, die es gibt!
Wenn du, lieber Leser, die faszinierende Geschichte der Evolution des Weltalls, der Evolution von Leben auf dem Planeten Erde, des Überholens der Evolution durch Erdlinge und des derzeit größten Problems auf Planet Erde erfahren möchtest, brauchst du nichts anderes zu tun, als
WEITERLESEN!
Für Zahlen benutze ich die lange Skala der Zahlenbenennung. Die Zahl erhöht sich immer um drei Nullen ab Tausend für Million, Milliarde, Billion, Billiarde, Trillion, Trilliarde, Quadrillion, Quintillion und so weiter. Das Gleiche gilt nach unten: Tausendstel, Millionstel, Milliardstel und so fort.
Um die Wahrnehmung von Zahlen durch Erdlinge zu veranschaulichen, habe ich den Beruf des Zahlenzählers erfunden: Wenn einem der gegenwärtig vielen arbeitslosen Erdlinge das Pech widerfahren sollte, eine Ganztagsstellung als Zahlenzähler zu bekommen – das heißt, er müsste ununterbrochen von null bis unendlich zählen, mit einer Geschwindigkeit von einer Zahl pro Sekunde - dann würde das bedeuten:
* er bräuchte knapp 1 ½ Minuten, um bis einhundert zu zählen
* nach etwa 17 Minuten wäre er bei eintausend angelangt
* er würde zehntausend nach ca. 3 Stunden erreichen
* um bis zu einhunderttausend zu kommen, bräuchte er 3½ Arbeitstage (bei einer typischen Erdling-Schicht von 8 Stunden pro Tag)
* bis zu einer Million würde knapp sieben Wochen dauern (bei einer Fünftagewoche, welche die meisten Erdlinge anstreben)
* er würde eine Milliarde nicht erreichen, da das 145 Arbeitsjahre dauern würde, weit über der Lebenserwartung des mittleren Erdlings (bei vier Wochen Urlaub pro Jahr und Durchzählen während der Feiertage).
Um die irdische Perspektive für achtsame Leser weiter zu fördern, verwende ich oft eine anschauliche Zeitskala von Erdlinggenerationen {von je 25 Jahren}.
Es ist nicht meine Absicht, eine wissenschaftliche Abhandlung der Schöpfung und Evolution dieses Universums darzustellen. Davon gibt es mehr als genug auf dem Planeten. Für Leser, die mit dem Planeten Erde und seinen Bewohnern, seinem Sonnensystem, seiner Galaxie und eventuell sogar selbst mit diesem Universum nicht vertraut sind, biete ich im Folgenden lediglich eine vereinfachte, leicht verständliche und stark geraffte historische Übersicht an.
Am Anfang, sagt man, war es absolut dunkel und unendlich heiß. JEDES und ALLES, Materie, Raum, Zeit und Energie, waren in EINEM EINZIGEN PUNKT von unendlich kleiner Dimension und unermesslich großer Dichte konzentriert! Unvorstellbar für die Hirne heutiger Erdlinge. Und gemessen an jedweden Maßstäben ein außergewöhnliches, einmaliges Phänomen! Erdlinge nennen diesen Punkt eine Singularität, also etwas Einmaliges - ein einfaches, nicht besonders ausdrucksfähiges Wort, das ihm nicht annähernd gerecht wird. Zur anschaulichen Schilderung solcher Erscheinungen versagt die Vorstellungskraft der Erdlinge und folglich auch ihre Sprache.
Dann gab es (vielleicht durch einen Akt der Schöpfung?) eine immens intensive, enorm heiße und extrem intensive „Explosion”. Unser Universum wurde in dieser unermesslich starken “Explosion” geboren, den viele Erdlinge den Urknall nennen. Aus einem einzigen Punkt, einer Singularität, entstand das ganze Universum! Ich werde diesen Begriff Urknall (oder Big Bang) als die „Geburtsstunde” und den Anfang der Zeit dieses Universums verwenden.
Mit dem Urknall begann das Embryo-Universum sich mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit von seiner anfänglichen Null-Größe auszudehnen. Masse-Energie raste mit unvorstellbar hohen Geschwindigkeiten auseinander in den soeben geborenen Zeit-Raum hinein. Gleichzeitig begann das noch winzig kleine und extrem heiße Punkt-Embryo rasend schnell von seiner glühend heißen Anfangstemperatur von mehr als einer Nonillion (1030) Grad abzukühlen. Alle fundamentalen Kräfte des Universums waren noch vereint in einer einzigen Super-Urkraft, die diese wahnwitzige Expansion bewirkte.
Der griechische Philosoph und Wissenschaftler Anaximander beschrieb den Urknall schon vor etwa 2500 Jahren so: Bei der Entstehung des heutigen, geordneten Universums hätte sich aus dem Ewigen ein Wärme und Kälte Zeugendes abgesondert, und daraus sei eine Feuerkugel um die die Erde umgebende Luft gewachsen, wie um einen Baum die Rinde. Indem diese dann geplatzt und das Feuer in bestimmten Kreisen eingeschlossen worden sei, hätten sich Mond und Sterne gebildet.
Wir werden nun die Reihenfolge der Ereignisse durch Momentaufnahmen an entscheidenden Punkten begleiten. Dies müssen wir notgedrungen auf einer extrem nicht-linearen Zeitskala tun, anfänglich mit hirnfordernd kurzen Intervallen und dann fortschreitend zu immer Längeren.
Keine der verwirrend vielen Erdlingsprachen besitzt adäquate Wörter oder Begriffe ausdrucksvoll genug, solch verschwindend kurze oder unermesslich lange Zeiten, solch sengend heiße Temperaturen oder solch extrem intensive Strahlung auch nur annähernd zu beschreiben. Da eines der erklärten Ziele dieser Erzählung das Vermitteln der Erdlingmentalität ist, werde ich mich dennoch nur in Erdlingterminologie ausdrücken und versuchen, kosmische Ereignisse so genau wie unter dieser bleiernen Beschränkung möglich, zu schildern.
Während meiner Karriere im Universum und auf dem Planeten Erde war ich Teil unzähliger Materialien und Organismen. Um die Verwirrung möglichst gering zu halten, benutze ich das Fürwort „ich” wenn ich als Yog, das Quark, spreche; und die Fürwörter „wir”, „uns”, „unser” entweder als die Mehrzahl von Quarks oder für das Geschöpf oder das Gebilde von dem ich zum Zeitpunkt der Erzählung ein Teil war.
Eine winzige, unbeschreiblich kurze Zeit nach dem Urknall teilte sich die Super-Urkraft in die Schwerkraftoder Gravitation (schon vergleichbar mit ihrer gegenwärtigen Form) und eine so genannte Superkraft. Dies geschah nach 10-43 Sekunden. Ein Erdlingaugenblick würde im Vergleich zu dieser aberwinzigen Zeit „ewig” dauern. Das Baby-Universum war immer noch superheiß, superdicht und superstrahlend und kaum so groß oder besser gesagt so klein wie ein Elementarteilchen - etwa wie ein Quark, aber selbst wir waren ja noch nicht vorhanden. Es breitete sich weiter rasend aus und kühlte ultraschnell ab. Die extrem starke Konzentration von Masse-Energie verursachte ein immens starkes Strahlungsfeld. Das frischgeborene Universum strahlte unvorstellbar intensiv.
Bitte beunruhigt euch nicht, wenn einige der Ausdrücke, Einheiten oder Schreibweisen euch ungewohnt erscheinen. Lest einfach weiter, das Verständnis der Erzählung wird dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt. Und lasst euch bitte auch nicht abschrecken durch Zahlen, die wie Monstren aussehen, zum Beispiel 10-33. Denkt einfach, dass diese Zahlen so klein sind, dass man sie sich nicht vorstellen kann. Das Gleiche gilt für 1033, nur dass dies eine genauso unvorstellbar große Zahl ist, eine eins mit dreiunddreißig Nullen also 1.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000 - oder eine Dezillion! Die kleinen Dimensionen gelten für meine, die Teilchenebene, die Großen für kosmische Maßstäbe.
Zwischen etwa 10-34 bis 10-32 Sekunden (wieder eine unvorstellbar kurze Dauer – sogar für ein Quark) nach Urknall durchlief das Universum eine abrupte, enorme Inflation mit Überlichtgeschwindigkeit. Ja, schneller als die heutige Lichtgeschwindigkeit! Die „Naturgesetze” waren eventuell schon proklamiert, aber die meisten noch nicht in Kraft getreten. Und die Geschwindigkeitsbegrenzung auf was Erdlinge heute verwirrenderweise Lichtgeschwindigkeit nennen wurde erst nach der Ur-Inflation des Universums eingeführt.
Wenn Erdlingsprachen unzureichend sind, um kosmische Phänomene und Größenordnungen zu beschreiben, so gilt dies um vieles mehr für den Fall der universellen Inflation. Der Durchmesser des Universums dehnte sich von klitzewinzigen 10-24 Zentimetern (ein Septillionstel eines Zentimeters, ungefähr die Größe eines mittleren Atoms) zu vergleichsweise enormen 10 Zentimetern (etwa Tennisballgröße), das heißt es expandierte um den gigantischen Faktor 1025 in jener unvorstellbar kurzen Zeit!
Ich muss leider das Wort „unvorstellbar” oft strapazieren - diese Größenordnungen sind es nun mal.
Die extrem intensive Inflationsperiode endete so abrupt wie sie begonnen hatte, und das Universum ging zurück auf seine „normale” Expansion und Abkühlung – die „nur noch” blitzartig schnell war.
Nochmals, geneigter Leser, lass dich bitte nicht durch extrem große oder kleine Zahlen schrecken oder durch kompliziert klingende Ausdrücke, weder im real existierendem Leben - noch in diesem Buch. Ich habe mich bemüht, die Information in der einfachsten Weise auszudrücken. Es enthält keine Formeln, keine Graphiken, keine Kurven, und keine Diagramme, um den Leser nicht abzuschrecken oder zu verwirren. Wenn die Terminologie Einigen manchmal trotzdem trostlos wirkt, ersuche ich sie, dennoch weiterzulesen – lass die Geschichte des Universums und des Planeten Erde sich vor dir entfalten – ohne dich durch schwerverständlich klingende Wörter oder Zahlen abschrecken zu lassen.
Ungefähr 10-30 Sekunden (ein weiterer hirnverwindend kurzer Moment) nach Urknall war das Universum auf etwa eine Oktillion (10 27) Grad abgekühlt. Die Gravitation oder Schwerkraft hatte sich nun etabliert und begann ihren Einfluss auszuüben. Es gab aber noch sehr wenig Masse im Universum, worauf sie einwirken konnte. Die meiste spätere Masse existierte noch in Form von strahlender Energie. Die andere vorhandene Kraft, die Superkraft, begann sich aufzuteilen in die Starke Kernkraft (auch schon vergleichbar mit ihrer gegenwärtigen Form) und einer Schwach-Elektrischen Kraft. Also wirkten nun drei Naturkräfte in dem neu geborenen Universum: die Gravitation, die Starke Kernkraft und die Schwach-Elektrische Kraft.
Temperatur, Strahlung und Energiedichte sanken weiter mit einem wahnwitzigen Tempo, aber zähflüssig langsam im Vergleich zu der vorigen ultraschnellen inflationären Ausweitung.
Etwa 10-22 Sekunden (immer noch ein unbeschreiblich kleiner Teil eines Augenblicks) nach Urknall wurden die ersten Quarks geboren! Wir wirbelten mit irrsinniger Schnelligkeit aus diesem noch sengend heißen, immens dichten universellen Schoß in das immer noch schnell expandierende Baby-Universum. Für einen kurzen, ausgelassenen Moment waren wir frei. Wir konnten tun, was wir wollten - in einem extrem heißen, aber für uns trotzdem erträglichen Urbrei. Die intensive Hitze hielt uns agil, wir rasten hin und her, wild wirbelnd, schwirrend und wallend in einer chaotischen, hektischen Orgie. Leider war die Freiheit von kurzer Dauer. Dann begannen die neu formierten natürlichen Kräfte uns einzuengen, zuerst sanft aber allmählich stärker. Im Maße, wie die starke Kraft das frühe Universum zunehmend durchdrang, bemerkten wir ihren stetig wachsenden, beengenden Einfluss - anfänglich selten, aber dann immer öfter, während wir fieberhaft herumwirbelten.
Wie die Erdlinge, habe ich keine Erinnerung an die Zeit vor meiner Geburt und mein Gedächtnis für die turbulente Zeit sofort nach meiner Geburt ist recht vage und diffus. Es war eine rasante Folge von Ereignissen, die Dinge passierten rasend schnell! Vielleicht gab es etwas, vielleicht gab es nichts vor meiner Geburt. Vielleicht gab es etwas, vielleicht gab es nichts vor dem Urknall. Wenn ich ein Erdling wäre, könnte ich mir nicht vorstellen, dass es „Nichts” geben könnte. ”Nichts” ist ihnen unbegreiflich. Es muss auch einen Anfang von Allem gegeben haben. Aber wenn dem so ist, muss es doch auch etwas vor diesem Anfang gegeben haben!? Und irgendwann muss doch Alles zu Ende sein. Aber sicher muss doch auch nach diesem Ende etwas kommen!? Oder endlos: Das Universum kann doch nicht endlos sein, irgendwo muss doch ein Zaun, eine Mauer, ein Graben oder eine andere Grenze sein. Aber hinter dieser Grenze muss ja wohl auch etwas sein?! Ich werde später wiederholt auf einige Beschränkungen der Denkprozesse von Erdlingen eingehen.
Mein Name ist Yog und ich bin ein Quark. Dort drüben ist mein entfernter Vetter Hurt. Wir sind beide Quarks, oder genauer, ich bin ein Quark und Hurt ist ein Antiquark oder Krauq. Obwohl wir intensive Sympathie, ja sogar eine starke Anziehungskraft füreinander empfinden, haben wir uns nie Angesicht zu Angesicht getroffen. Das ist gut so, denn sonst wäre keiner von uns beiden hier, um diese Geschichte zu erzählen. Es ist besser, wenn wir uns nie treffen, es ist besser, dass Hurt ein buchstäblich möglichst weit entfernter Vetter bleibt, denn wir würden uns bei einer Begegnung in einer kurzen, heftigen, glückseligen Energie-Explosion gegenseitig vernichten! So sind wir nun mal, wir Teilchen und Antiteilchen.
Während einem der ersten unvorstellbar kleinen Momente nach dem Urknall bestand alle Materie in diesem Universum aus Quarks und Krauqs. Quarks sind die wichtigsten Teilchen, die es gibt. Quarks, Elektronen und Photonen sind die kleinsten Bausteine im Universum. Alles besteht aus ihnen. In einem etwas hinkendem Vergleich ausgedrückt sind wir die Steine, der Mörtel und die Farbe von allen Bauwerken im Universum.
Alle Objekte im Universum bestehen aus Quarks und Elektronen in vielfältigen und komplexen Zusammensetzungen. Da wir die universellen Bausteine des Universums sind, durchdringen wir alles und wissen alles über Alles: physische Materie, Antimaterie, organische Materie, anorganische Materie, und da Energie verwandt ist mit Materie, wissen wir auch alles, was es über alle Formen von Energie zu wissen gibt. Dieses Universum besteht zu 73% aus von Erdlingen so genannter dunkler Energie, zu 23% aus dunkler Materie und nur zu 4% aus weißer Energie und Materie. Da wir Quarks Teil sind von Allem, schließt unsere Erfahrung auch dunkle Energie und dunkle Materie ein, wohingegen Erdlinge nur die armseligen 4% der weißen Energie und Materie wahrnehmen können.
Wir sind zeitlos. Wir bestehen seit kurz nach dem Anfang der Zeit und wir werden dabei sein mindestens bis zum Ende der Zeit. Wir sind unzerstörbar. Moleküle können aufgebrochen werden, Atome können gespalten oder fusioniert werden, aber die an solchen Prozessen teilnehmenden Quarks bleiben erhalten. Die einzige echte Gefahr, die uns Quarks bedroht, ist dass wir mit Krauqs in Energie verpuffen und einander vernichten können!
Worüber wir jedoch absolut keine Einblicke haben, sind emotionelle Angelegenheiten. Da wir Quarks keiner Gefühle fähig sind, können wir sie auch nicht verspüren oder verstehen. Deshalb ist meine Erzählung absolut objektiv und unemotional. Ich erzähle es wie es nach kosmischen Maßstäben ist. Zur Zeit der Niederschrift dieser Übersicht bin ich ein unbeschreiblich winziger Teil von einem Erdling, und war Teil von unzähligen Geschöpfen vor ihm. Um Lesern Einsicht in typische Erdlingmentalitäten zu bieten, und ihnen die manchmal obskure und oft emotionale oder irrationelle Art von Erdlingdenkprozessen zu illustrieren, werde ich hin und wieder meinen Erdling oder andere Erdlinge zitieren.
Aussprüche meines Erdling sehen so aus:
>Das erste Mal ist immer das schwierigste. <
Nun möchte ich euch gern meine Sippe vorstellen. Ich werde das wohl in Erdlingterminologie tun müssen, obwohl die Bezeichnungen, die Erdlinge uns angetan haben, von absurd über bizarr bis lächerlich sind. Ich tue es in der Erdlingsprache Englisch, da diese leider allgemein für die Benennung von Quarks verwendet wird. Unsere Quark-Sippe besteht aus drei Familien. Das trifft übrigens auch auf Leptonen zu, aber die sind weniger wichtig als wir Quarks, deshalb werde ich sie nur wo nötig erwähnen. Jede Quarkfamilie besteht aus sechs flavours (= Geschmack oder Aroma, ist das zu fassen?), jeweils ein Paar der coloursrot, grün und blau. Meine, die erste Familie, sind die up und down Quarks, die zweite Familie sind die charm und strangeQuarks, und die dritte Familie werden topund bottomQuarks genannt, oder manchmal sogar truth und beauty Quarks. Wir so genannten up und down Quarks sind schlank, leicht und flink, die Anderen sind schwerer und plumper. Wir up und downQuarks sind die Bausteine des Universums, die Anderen haben keinen rechten Lebenszweck - wie so viele Erdlinge auch.
Wir Quarks haben übrigens nichts, absolut nichts mit einem gleichnamigen Milchprodukt zu tun. Wir sind mit dem „Milchquark” wieder verwandt noch verschwägert. Jedwede Ähnlichkeit ist nicht einmal zufällig, denn der Urheber der Bezeichnung Quark, Murray Gell-Mann, entlehnte die Bezeichnung aus einem ziemlich vertrackten Buch in der englischen Sprache. Uns als Quarks zu bezeichnen ist in der deutschen Sprache deshalb noch irreführender als in Englisch. Und dass mein Cousin Hurt und ich YogHurt ergeben würden, wenn wir uns zusammenfügen und annihilieren würden, ist nur ein dummes Gerücht.
Die gesamte Quarksippschaft ist elektrisch geladen, einige positiv, andere negativ. Ich selbst habe eine positive Ladung von zwei Dritteln der eines Elektrons. Einige der weniger wichtigen Mitglieder unserer Sippe haben nur negative Ladungen von einem Drittel. Eigentlich müsste es ja andersherum lauten. Wir Quarks waren zuerst da, deshalb müsste unsere Ladung die Einheitsladung sein, aber die Erdlinge haben nun mal die Elektronen zuerst entdeckt und deshalb deren Ladung als Grundeinheit angenommen. Also, strikt genommen müsste es heißen, die anderen Quarks haben eine Ladung von einer, ich habe eine von zwei und die Elektronen haben eine Ladung von drei Einheiten. Zu allem Überfluss sollen wir Quarks auch noch spinnen! Wir haben alle einen sogenannten spin von „ein halb”.
Nehmt es nicht zu tragisch, wenn dieser kleine Stammbaum euch etwas verwirrt hat, das haben viele Stammbäume so an sich – viel schlimmer sind die lächerlichen Bezeichnungen, die sie uns angetan haben!
Ein weiterer Teil unserer Sippe sind kräftige krallige kleine Dinger genannt Gluonen, die uns in unseren jeweiligen Konstellationen zusammengluonen, also etwa kleben - wie wir später sehen werden. Die Gluonen sollen flavour-blindaber colour-conscious, also geschmacksblind, aber farbbewusst, sein. Unter gewissen Voraussetzungen können wir Quarks die colour wechseln wie ein Chamäleon, dabei schlucken wir ein Gluon, oder speien eins aus - aber lassen wir diese wunderlichen Einzelheiten für eine andere Gelegenheit.
Das schnurrigste Ergebnis des Wirkens von Erdlingwissenschaftlern ist also mit Abstand die Nomenklatur, die sie willkürlich für uns Quarks gewählt haben! Uns in up und down, charm und strange, top und bottom oder selbst truth und beauty Quarks zu kategorisieren ist einfach geistlos. Aber uns flavour, colour” und spin” anzudichten muss ja Allen außer einigen merkwürdigen Elementarteilchenphysikern vollkommen grotesk vorkommen. Wir Quarks sind viel kleiner als die Wellenlänge von „sichtbarem” Licht, wie können sie uns Farben geben? Wir sind also noch nicht mal einfarbig, sondern bestenfalls unfarbig. Erdlingprachen sind offenbar unzureichend, selbst die fundamentalsten Bausteine des Universums zu beschreiben. Woher auch, sie haben sie ja erst very kurzem entdeckt. Oder diese Quarkbezeichnungen begannen vielleicht als ein Witz, der von einem Publikum mit einem anderen Sinn für Humor als der Urheber unverhofft ernst genommen wurde.
Aus dem wilden und leichtsinnigen Herumrasen und –wirbeln begannen wir Teilchen unsere Antiteilchen anzuziehen. Eine unwiderstehliche, durchdringende Kraft zwang uns zusammenzustoßen und einander zu vernichten, wann immer ein Teilchen und Antiteilchen einander in Reichweite kamen. Wenn die Intimsphäre einmal unterschritten war, gab es kein Entkommen mehr. Die zwei Teilchen änderten abrupt ihre Richtung auf einen Kollisionskurs, schossen mit rasendem Tempo aufeinander zu und verpufften in einem Kopf-an-Kopf-Zusammenstoß mit einem Ausstoß von Energie. All dies bei noch gleißenden, sengenden Temperaturen von einigen Trillionen Grad (1012). Da es geringfügig mehr Teilchen als Antiteilchen gab, wurde ein Antiteilchen hin und wieder von mehr als einem Teilchen umringt. Wer einen geringen Vorteil hatte, „gewann” das selbstmörderische Rennen, das mit der explosiven Vernichtung des Paares endete. Diese ungeheuerliche Große Vernichtung war das erste herausragende Ereignis der Evolution, der erste natürliche Auswahlprozess. Nur die Teilchen, denen es aus irgendeinem Grunde gelang, nicht in die Anziehungszone eins entsprechenden Antiteilchens zu streunen, überlebten. In diesem immensen und furchtbaren Vernichtungsprozess verschwanden die meisten Teilchen. Nur ein verschwindend kleiner Bruchteil überlebte. Für jede dreißig Millionen Paare gab es nur ein überlebendes Quark. Ich war eines von ihnen - ich entkam, mir gelang es, ich überlebte!
Unzählige Male hatte ich in jenen fließenden, turbulenten Momenten den Zug und den Drang zur Vernichtung verspürt, aber es gelang mir immer wieder, um den Bruchteil eines Nanometers zu entkommen! Wir Überlebende sind das Baumaterial des gegenwärtigen Universums. Alles, wirklich ALLES ist aus uns aufgebaut – und einigen weniger wichtigen anderen Bestandteilen, zum Beispiel Photonen. Von denen erzähle ich später.
Ich wirbelte heiter herum, bei schwindelnden Geschwindigkeiten mit Horden anderer Quarks, die auch der Großen Vernichtung entkommen waren. Wir waren immer noch scheinbar unzählbare Myriaden, obwohl jedes von uns ein überlebendes von 30 Millionen Paaren war. Was für ein Gefühl! Und dann, fühlte ich plötzlich wieder eine ziehende Kraft, die starke Anziehungskraft von anderen Körpern, aber sie waren Quarks, keine Krauqs. Sie boten keine Gefahr der Vernichtung. Der einzige plausible Grund für Fluchtversuche war, frei und auf Wanderschaft bleiben zu können. Die Temperatur war inzwischen auf circa 10 Billionen Grad gefallen, die Hitze immer noch unbeschreiblich! Inmitten dieser immensen Mengen von wild wirbelnden Quarks wurde ich bald zu einem äußerst interessanten roten Down-Quark (wie gesagt, von verschrobenen Wissenschaftlern so genannt) hingezogen. Wir wirbelten für einige unendlich kurze, aber angenehme Momente umeinander und genossen gegenseitig unsere Nähe und Gesellschaft, leicht zueinander gezogen, der Abstand zwischen uns verringerte sich allmählich, aber wir waren noch in keine Konfiguration geklinkt. Dann kam noch ein so genanntes grünes Down-Quark herangewirbelt und zog uns beide an. Es wurde von uns auch angezogen, also formten wir ein wirbeliges Dreieck, die liebste Gesellschaftsform der Quarks. Wie wir uns näherten, wurde die Attraktion zunehmend stärker, bis sie plötzlich unwiderstehlich wurde. Einen aberkurzen Moment später klickten wir zusammen und waren jetzt unbequem jedoch sicher durch die zwängende Kraft der Gluonen ineinander verklinkt. Mit der Freiheit war es nun vorbei. Jedes Mal, wenn drei Quarks „zusammengegluoned” wurden, bildeten sie ein Hadron, entweder ein Proton oder ein Neutron, je nachdem, welche Quarks sich zusammengefunden hatten. In unserem Fall wurden wir zu einem Proton zusammengezwängt.
So wurden wir überlebenden freien Quarks zu Protonen und Neutronen zusammen gezwungen. Diese wiederum bilden - gemeinsam mit Elektronen - die Bausteine von Atomen. Atome können zwar eigenbrötlerische Atome bleiben, aber die meisten verbinden sich mit anderen Atomen zu Molekülen. Und daraus besteht die Welt, aus Atomen und Molekülen. Auch ein kompletter Erdling ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Sack voll einer aberwitzigen Anzahl von Molekülen. Das gleiche gilt für einen Jumbojet. Der Erste ist das Ergebnis von etwa dreieinhalb Milliarden Jahren Evolution, der Zweite von - sagen wir - hunderttausend Jahren technologischer Entwicklung, angefangen mit der Beherrschung des Feuers…
Aber zurück zu meiner Erzählung:
Nach dem anfänglich freien und wilden Herumwirbeln in intensiver Hitze und der hektischen Vernichtungsorgie, waren wir übrig gebliebenen Quarks nun fest in der einen oder anderen Hadronkonfiguration eingebunden.
Rund 10-10 Sekunden nach Urknall (bei weitem noch nicht annähernd die Dauer eines Augenblicks) begann die Schwach-Elektrische Kraft sich aufzuteilen in die Schwache Kernkraft und die Elektromagnetische Kraft, wie wir sie heute noch kennen. Das Universum wird seitdem durch vier Kräfte beherrscht, die alle von der ursprünglichen Super-Urkraft entstammen, und die es steuern werden bis zu seinem Ende: Die Gravitation, die Starke Kernkraft, die Schwache Kernkraft und die Elektromagnetische Kraft. Die Gravitation wird auf Deutsch auch Schwerkraft genannt. Ich benutze lieber den Ausdruck Gravitation, weil sie auch wirkt, wo nichts “schwer” ist. Die Kräfte werden in der gleichen Sprache auch häufig als Wechselwirkungen bezeichnet. Der Begriff Kraft klingt mir jedoch ausdrucksvoller für das Wesen dieser Urmächte.
Diese vier Kräfte sind das grundlegende Regelwerk des Universums. Sie verursachen und bewirken Alles und Jedes, von klitzeklein bis riesig groß, von Quarks bis Galaxienhaufen:
Die Gravitation bewirkt die Anziehungskraft von Masse oder Materie. Sie verursacht, dass Körper, die Masse besitzen, einander anziehen. Je größer, massiger oder schwerer die Körper, je stärker die Attraktion; auch je näher die Körper, je stärker die Attraktion. Es ist die schwächste der vier Kräfte, aber sie hat unendliche Reichweite, obwohl sie mit zunehmendem Abstand rapide schwach wird.
Erdlingwissenschaftler drücken das so aus: Die Gravitationskraft ist proportional dem Produkt der Massen und umgekehrt proportional dem Quadrat des Abstandes zwischen ihren Schwerpunkten. Das hat uns Quarks aber nie gestört und sollte die Leser auch nicht beunruhigen. Nichts Massiges entkommt dem langen Arm der Gravitation.
Die Starke Kernkraft bewirkt die Anziehungskraft zwischen Quarks zu Hadronen und zwischen Hadronen zu Atomkernen. Es ist die Kraft, die uns direkt beherrscht, sozusagen unsere Zwangsjacke. Die SKK hat zwar eine kleine Reichweite, so etwa bis zu Femtometern (10-15 Meter), aber das genügt, uns vollkommen im Griff zu haben. Das tut sie mittels der Gluonen, diesen Schergen, die uns schraubstockartig umklammern. Gluonen haben auch weder Masse noch Ladung, sind also ziemlich niederes Gesindel, werden deshalb weder von der Gravitation noch der Elektromagnetischen Kraft behelligt – aber sie übertragen erbarmungslos die Starke Kernkraft.
Die Schwache Kernkraft regelt das Verhalten der Leptonen. Die wichtigsten Leptonen sind die Elektronen, weil sie mit uns Quarks Atome bilden können. Die anderen Leptonen sind eher arme Verwandte der Elektronen. Ich werde hier nicht näher auf sie eingehen, ich kann ja schließlich nicht jeden Krethi und Plethi beschreiben, dieses Buch würde ja nie fertig. Es könnten ja auch noch weitere Bücher meiner Abenteuer erwünscht sein.
Die Schwache Kernkraft hat eine noch viel kleinere Reichweite als die Starke, sie reicht mal eben bis zu Attometern (10-18 Meter). Das langt gerade für Atomkerne, nicht darüber hinaus. Sie wird durch Bosonen übertragen, merkwürdige Genossen, die ständig um uns Quarks herumscharwenzeln. Manchmal gelingt es einem Quark mit ihrer Hilfe, sich in ein anderes Quark zu verwandeln. So kann dann ein Neutron zu einem Proton werden, mit gewissen Konsequenzen. Aber das sind Themen, über die wir nicht gern sprechen.
Die Elektromagnetische Kraft regelt den Aufbau und Status von Atomen und Molekülen. Sie bewirkt, dass negativ geladene Elektronen um positiv geladene Atomkerne herumschwirren. Wie die Gravitation hat sie unendliche Reichweite. Ähnlich der Gravitation gilt, je größer die Ladung, je stärker die Attraktion; und je näher die Körper, je stärker die Attraktion. Und das mit dem umgekehrten Quadrat gilt auch hier. Die Elektromagnetische Kraft wird durch Photonen übertragen, kleine Wichtigtuer, die sich überall einmischen. Sie dienen auch als Fackelträger, die Überbringer des Lichts.
Wir Quarks waren nun unausweichlich dem Einfluss der natürlichen Kräfte unterworfen, wie alles andere im Universum. Die vier Naturkräfte waren unwiderruflich proklamiert worden und in Kraft getreten.
Während dieser Zeit kristallisierten sich auch die drei fundamentalen Naturkonstanten oder –Größen heraus. Diese wurden später durch Erdlinge als
* die Lichtgeschwindigkeit (Formelzeichen c)
* die Quantumkonstante oder Planck-Konstante (Formelzeichen h)
* die Gravitationskonstante bezeichnet (Formelzeichen G)
Aus diesen Naturkonstanten lassen sich alle anderen Größen im Universum ableiten. Wir bemerkten die Festlegung dieser Konstanten nicht, da sie uns nicht wahrnehmbar betrafen. Die Konstanten waren übrigens eventuell nicht immer so konstant. Gerüchteweise soll Lichtgeschwindigkeit im frühen Universum schneller gewesen sein als heute. Wenn das so war, bemerkten wir es auch nicht, etwa wie die Passagiere in einem Flugzeug es nicht wahrnehmen, wenn die Geschwindigkeit durch den Piloten allmählich erhöht oder verlangsamt wird. Erst etwas schnellere Änderungen der Geschwindigkeit, also Beschleunigungen, werden wahrnehmbar.
Einige Mikrosekunden nach Urknall gab es keine freien Quarks mehr, wir waren alle entweder in ein Proton oder in ein Neutron gepfercht worden. Der „Ernst des Lebens” hatte angefangen! Es gab kein Entkommen, kein Herumtoben, kein ausgelassenes Herumschwirren mehr. Hartnäckigen Gerüchten zufolge sollen sich in den unendlichen Weiten des Universums jedoch noch versprengte „freie” oder „wilde” Quarks und Krauqs herumtreiben. Ihnen soll es auf unerklärbare Weise gelungen sein, der Starken Kernkraft zu entkommen.
> Gerüchte und Verschwörungstheorien werden uns begleiten bis zum Ende der Zeit. <
Wenn ihr die 10/hoch sowieso, die Kräfte, Konstanten und andere putzige Wörter anfangt zu genießen, macht euch bitte keine Sorgen, sie sind nicht suchtbildend. Wenn sie euch unheimlich sind, braucht ihr euch auch nicht sorgen, sie sind völlig harmlos.
Aus Sicht eines Quarks ist die Natur das Resultat der Summe der Naturgesetze, also der Regeln, die Erdlinge abzuleiten versuchen und als Gesetze in Naturwissenschaften - die sie zum Beispiel Physik und Chemie nennen - zu formulieren. Diese so genannten Naturgesetze basieren alle auf dem Grundgesetz des Universums. Diese „Gesetze” wurden dem Universum kurz nach dem Urknall aufgeprägt. Leider habe ich noch nicht eindeutig herausfinden können, wer das veranlasst hat. Wer war der Auslöser des Urknalls und der Erschaffer der Naturgesetze? Ein Thema, das Erdlinge seit ihrer Bewusstseinsdämmerung beschäftigt. Der Urgesetzgeber hat die Naturgesetze und -Mechanismen leider nicht bekanntgegeben, die intelligenten Lebensformen im Universum mussten und müssen sie mühselig durch Beobachtungen und Experimente ergründen. Durch Bekanntmachung der Grundsätze, nach denen das Universum funktioniert, hätte “er” ihnen jahrhundertelange Plackerei und zahllose Irrwege ersparen können. Bis zur Niederschrift dieser Erzählung müssen sich Erdlinge immer noch abmühen, die Grundsätze dessen, was sie als Physik und Chemie bezeichnen, zu ergründen, sowie das Universum zu erforschen.
Die Naturgesetze regeln alle Prozesse und Kräfte und Felder aber sie haben keine Vorlieben, Neigungen, Sympathien oder Richtung. Erdlinge neigen dazu, Begriffe wie Natur, Mutter Erde, Evolution, Vorsehung, Schicksal und ähnliches zu verwenden, als ob es sich um ein Individuum handele, das etwas gezielt verursacht oder bewusst steuert, um gewisse Ziele oder Zwecke zu erreichen. Die Natur wird allgemein als „gut” oder „edel” betrachtet, „natürlich” hat einen positiven, „unnatürlich” einen negativen Beigeschmack. Dem ist nicht so, das kann ich bezeugen. Natürliche Katastrophen haben den Planeten Erde durch seine gesamte Geschichte begleitet und tun es weiter. Ich habe selbst einen guten Teil davon miterlebt. Die „liebe Mutter Natur” hat wiederholt „versucht”, das Leben auf diesem Planeten auszulöschen - und auch wenn es ihr nie „gelang”, alle Formen von Leben zu vernichten, „machte” sie wiederholt das Leben für die überlebenden Arten viele Generationen lang miserabel. Die Natur ist nicht Jemand, der etwas mit Absicht tut. Natur ist einfach das Resultat der Wechselwirkungen der Naturgesetze dieses Universums.
Da Erdlinge erst vor kurzem zu Bewusstsein kamen, ist ihr langwieriger, schwieriger und frustrierender Kampf, die Naturgesetze zu erfassen und zu begreifen, etwa wie der Versuch, die Regeln eines äußerst verwirrenden und komplexen Spiels zu begreifen - nur durch Zusehen und Analysieren eines einzigen fortdauernden Wettkampfes dieses Spiels, ohne die geringste Vorstellung vom Zweck oder Ziel desselben zu haben. Oft müssen sie ihre als sicher betrachteten Erkenntnisse auf Grund neuer Funde, Theorien oder Feststellungen ändern. Wie gesagt, das hätte ihnen ein Urnaturgesetzgeber freundlicherweise ersparen können.
Gleich nach der Großen Vernichtung bemerkte ich ein eigenartiges neues Phänomen: Imperfektion oder Unvollkommenheit.
Beim Urknall war alle Materie-Energie konzentriert in einer dimensionslosen Singularität. Nach dem Urknall expandierte das Universum, inflationierte kurz überwahnwitzig und expandierte dann wieder in „nur” noch wahnwitzigem Tempo, aber gleichmäßig in alle Richtungen. Wenn es das weiter getan hätte, wäre es bis zum Ende der Zeit in alle Richtungen völlig ebenmäßig geblieben, unabhängig davon, ob es nun expandiert, kontrahiert, oder auch nur stagniert hätte. Es wäre „ewig” homogen und symmetrisch in alle Richtungen geblieben. Es hätte kein Konzentrieren und Zusammenklumpen von Materie gegeben, es wären keine Gase, Stäube, Wolken, und feste Körper gebildet worden, keine Sterne und Planeten.
Aber die Große Vernichtung war chaotisch und zufällig, oder in anderen Worten – es passierte einfach, wo und wann es passierte. Zum Beispiel geschahen Vernichtungen, wenn ein Quark und ein Krauq sich zu nahe kamen. Diese Vernichtungen waren nicht gleichmäßig verteilt. Folglich waren wir überlebenden Quarks auch nicht gleichmäßig verteilt. Anfänglich war das aus zwei Gründen kaum wahrnehmbar:
Erstens waren wir im Vergleich zu den vorigen extrem dichten Mengen äußerst dünn gesät. Jedes von uns war ja immerhin statistisch betrachtet das einzige Überlebende von 60 Millionen Krauqs und Quarks!
Zweitens, die Wirkung der Gravitationskraft - die bewirkt, dass Körper einander im Verhältnis zu ihren Massen und dem Abstand voneinander anziehen - war noch fast unmerklich schwach wegen unseren kleinen und weit verteilten Massen. Aber eben nur fast unmerklich. Allmählich, zuerst kaum wahrnehmbar, begann sich das zu ändern. Jedes von uns übte eine verschwindend schwache, aber halt doch wirksame Anziehungskraft auf die anderen aus. Da die Kraft der Gravitation umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes zwischen den Körpern ist, wird sie erst gewichtig, wenn die Körper sich relativ nahe sind. Deshalb bemerkten wir die Gravitation erst viel später. Wo mehrere von uns konzentriert waren, drifteten wir unmerklich langsam näher zusammen. Das geschah in der damaligen fieberhaften Expansion weitgehend unbemerkt, aber es führte zu den ersten Imperfektionen, die ersten Abweichungen von der Gleichförmigkeit im expandierenden Baby-Universum. Die Verteilung von Materie war, genau genommen und wie gering auch immer, nicht mehr uniform in allen Richtungen. Diese anfänglich klitzekleinen, kaum wahrnehmbaren örtlichen Zusammenrottungen waren die Samen der späteren Ansammlungen von Materie und der ungleichmäßigen Verteilung von Materie im Universum – die schließlich zur Bildung von soliden Himmelskörpern und endlich zur Evolution von Leben führen sollten.
Wie ich später ausführen werde, sind Mutationen – die biologische evolutionäre Innovationen ermöglichen – auch Imperfektionen in der Replikation von DNS Molekülen.
Ohne Imperfektionen gäbe es keine Evolution. Die Dinge wären „für immer und ewig” geblieben wie sie waren, und wir Quarks hätten weiter durch das Universum schwärmen können, bis zum „letzten Tag”.
Rund eine Sekunde (ungefähr fünf Augenblicke) nach Urknall, war das Universum durch weiteres Ausdehnen auf einige Zehnmilliarden Grad (1010) abgekühlt. Wir Protonen und die mit uns verschwägerten Neutronen konnten bei immer kühleren Temperaturen der Starken Kernkraft immer weniger widerstehen und wurden irgendwann zu Wasserstoff- oder Helium-Atomkernen zusammengezwungen. Die „Ehe” von Protonen und Neutronen hält, bis dass Kernspaltung oder Kernfusion sie scheidet. Dieser kernige Prozess genannt Nukleosynthese dauerte etwa drei Minuten. Danach waren wir auf einige Milliarden Grad abgekühlt. In einem schwachen Moment war unser Proton unaufmerksam und schwärmte zu nah an ein streunendes Neutron. Wieder ergab sich die gegenseitige Umkreisung, der Abstand wurde fortwährend kleiner, die intensive Attraktion wurde plötzlich unwiderstehlich, und mit einem heftigen Zusammenstoß wurden wir zusammengezwängt in einen Wasserstoffkern. Als solcher schwirrten wir weiter herum, mit immer noch schwindelerregender Geschwindigkeit und bei sengender aber stetig sinkender Temperatur. Wie ich später lernte, hatten wir das gebildet, was Erdlinge später einen Deuteriumkern nennen würden. Deuterium ist einer der drei Isotope des Wasserstoffs – aber macht euch nichts draus, ich machte mir auch nichts draus.
Die sengende Strahlung war weiterhin intensiv, aber allmählich abnehmend. Wir Wasserstoffkerne waren die bescheidensten Gebilde, bestehend aus nur einem Proton und einem Neutron; fest ineinander verankert, einfach und ruhig. Die Heliumkerne waren schon doppelt so komplex, mit je zwei Protonen und zwei Neutronen. Verwirrend komplex, so erschien es uns damals. Wenn wir geahnt hätten, was sich noch für Kerne und Atome und immer komplexere Strukturen entfalten würden…
Während unserer kernigen Existenz bemerkte ich gelegentlich neue Teilchen - Photonen und Elektronen - aufdringlich zwischen uns herumschwirren. Vereinzelt zuerst, aber dann in immer größeren Horden. Photonen sind die kleinsten Teilchen des Lichts, verschwindend kleine Lichtfunken, sozusagen. Ich erwähnte sie schon als Träger der Elektromagnetischen Kraft. Diese versuchte zwar schon, uns zusammenzubringen, aber es gelang uns dank der noch sengenden Temperaturen, zu widerstehen. Wir wirbelten also nur kreuz und quer durcheinander. Ein „Urschaum” oder Plasma formierte sich, hauptsächlich bestehend aus Wasserstoff- und Heliumkernen, Elektronen und Photonen. Das Plasma war noch undurchsichtig, das Universum war noch nicht transparent, weil die Photonen überall auf Elektronen stießen, die sie anrempelten und ihr Weiterkommen verhinderten. So konnte sich Licht - sprich Photonen - nicht geradlinig fortbewegen, es war also noch nichts zu sehen. Als wir noch meinten Heliumkerne wären das Höchste in Komplexität - sie hatten ja alles doppelt, was wir einfach hatten – begann die Starke Kernkraft noch komplexere Kerne zusammenzuzwängen; Lithium und Beryllium, mit jeweils drei und vier Protonen und Neutronen.
Dieser Zustand des kernigen Herumschwärmens dauerte eine scheinbar unendlich lange Zeit im Vergleich zu der hektisch explosiven Evolution, die wir vorher erfahren hatten, nämlich ungefähr dreihunderttausend Erdjahre. Während dieser gesamten Zeit expandierte und kühlte das Universum weiter, Myriaden von uns Gründergenerationsteilchen wirbelten umher in einem anscheinend stabilen, bequemen Zustand. Nicht so aufregend wie die vorigen kurzen hektischen Schübe, aber immer noch strahlend, pulsierend und „unendlich heißer als die Hölle”.
Zirka um diese Zeit, 300.000 Jahre {12.000 Erdlinggenerationen} nach Urknall, waren Temperatur und Strahlung im Universum auf unter 3600 Grad (die Ionisierungstemperatur von Wasserstoff) gesunken. Das ermöglichte die Bildung von kompletten Atomen aus Atomkernen und Elektronen. Als der Einfluss der Elektromagnetischen Kraft den der Temperatur zu überflügeln begann, begannen wir Kerne und Elektronen einander anzuziehen. Wir versuchten, ein unabhängiger Wasserstoffkern zu bleiben, es gelang uns, etliche Elektronen zu vermeiden, ihnen rechtzeitig auszuweichen, aber es musste früher oder später geschehen, die Attraktion nahm unaufhörlich zu. Ein vorwitziges Elektron war uns unbemerkt zu nahe gekommen, es verließ seinen Kurs, um uns zu umkreisen, mit abnehmendem Abstand, immer näher, bis es in eine neue, feste Umlaufbahn fiel. Es war ein kolossales Happening! Als das Elektron in seine Laufbahn einklinkte, fühlten wir einen Stoß und dann einen ausgeglichenen und sicheren, geruhsamen Zustand. Wir, unser Kern, hatten uns ein Elektron eingefangen, und so eines der ersten Wasserstoffatome gebildet. Das Elektron umkreiste unseren Kern mit rasendem Tempo und im komfortablen Abstand von 50 Milliardsteln eines Millimeters. Wie ich zu meiner Verblüffung feststellte, war das Umkreisen jedoch nicht auf einer genau definierten zweidimensionalen Laufbahn wie die der Planeten um Sol, sondern die Elektronen können sich irgendwo auf einer kugelförmigen Laufbahn oder –Sphäre befinden. Und später lernte ich dann, dass diese Kugelbahnen auch noch diverse Hierarchie-Ebenen bilden.
Endlich waren wir komplett, eine stabile Konfiguration. Ich war nun Teil eines Wasserstoffatoms, des grundsätzlichen Rohmaterials und Treibstoffes die dieses Universum bilden und befeuern. Nach und nach bildeten sich andere Wasserstoffatome wie wir, immer noch herumschwirrend, aber nun langsamer, bedächtiger. Die Bildung der Wasserstoffatome dauerte bis etwa 450.000 Jahre nach Urknall. Die Temperatur war auf immer noch gleißende 3000 Grad gesunken, ein dauerhafter, wohliger Zustand, wie es schien.
Hier hatten die griechischen (einer der früheren Erdlingsstämme) Philosophen schon vor 2500 Jahren erstaunliche Einsichten. Einer namens Demokrit lehrte: Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter. In Wirklichkeit gibt es nur Atome und den leeren Raum.
Wie so vieles im Makro- und Mikrobereich, fällt es Erdlingen ungeheuer schwer, sich Atome vorzustellen, da sie mit so enorm viel Nichts gefüllt sind! Der Kern ist so klein und so massiv (oder schwer), die Elektronen sind einige tausendmal kleiner und auch immens leichter, andererseits sind die Abstände zwischen Kern und Elektronen so exorbitant riesig, dass sie Erdlinghirne gehörig strapazieren: Wenn wir unseren Wasserstoffkern in Größe und Masse auf einen Millimeter Durchmesser vergrößern hätten können, hätte er auf Erde 1,7 Millionen Tonnen gewogen! In anderen Worten ausgedrückt, eine winzige Atomkernkugel kleiner als ein Streichholzkopf hätte die Masse eines mittleren Berges! Unser einziges Elektron hätte im gleichen Maßstab nur ein Tausendstel eines Millimeters Durchmesser und wöge läppische 900 Tonnen. Aber dieses unsichtbar kleine Tausendstelmillimeter-Elektron würde unseren Millimeter-Atomkern in einem Abstand von rund 50 Metern umschwirren. Und diese 50 Meter wären dicht gefüllt mit - Nichts! Erst durch unser so weit entfernt um uns kreisendes Elektron wurde mir klar, dass Atome also aus extrem schweren Kernen mit federleichten Elektronen bestehen, die in immensen Abständen um sie herumschwirren, mit viel Nichts dazwischen.
Das Einfachste dieser Atome voll Nichts - unser Wasserstoff - bestand also aus einem Proton plus einem Elektron, das um uns kreiste. Das nächstkomplexere Atom, Helium, wurde gebildet indem zwei Protonen plus zwei Neutronen plus zwei Elektronen zusammengezwängt wurden. Das Nächste in der Reihe ist Lithium mit drei Protonen plus drei Neutronen plus drei Elektronen. Und so ging es weiter und aufwärts, bis sehr viel später schwere Atome mit knapp hundert von jedem der drei Zutaten gebildet wurden.
Erdlinge haben es übrigens geschafft, diese natürliche Reihe der Atome weiter fortzusetzen. Gegenwärtig sind sie bei einem Element mit 118 Protonen angelangt. Diese künstlichen Atome werden jedoch mit zunehmender Zahl der Zutaten immer unstabiler und zerfallen nach einigen -zigstel Sekunden wieder.
Mit der Gründung von Atomen begann das Universum aufzuklaren, es wurde durchsichtig. Je mehr Elektronen in Atome gebunden wurden, je weniger freie Elektronen blieben übrig, um den Fluss von Photonen zu behindern. Photonen konnten nun Herumreisen und Licht verbreiten. Es war ein Prozess ähnlich der Morgendämmerung auf Planet Erde, jedoch auf einer „himmelsweit” größeren Skala.
In einer der religiösen Entstehungsgeschichten der Erdlinge erschafft der Schöpfer am vierten Tag „… die Leuchten am Himmel zu beherrschen Tag und Nacht und zu trennen Licht und Finsternis”. Ist damit vielleicht sinnbildlich das Aufklaren des Universums gemeint?
Weil das Universum für die ersten dreihunderttausend Jahre undurchsichtig war, kann seine Geburt nie durch „konventionelle” Methoden wahrgenommen werden, also Methoden, die Erdlinge zur Verfügung haben. Wenn Erdlinge Licht von solch frühen Quellen empfangen, könnten sie knapp vierzehn Milliarden Jahre in die Geschichte des Universums zurückblicken, bis zu dreihunderttausend Jahre nach Urknall, nicht weiter. Die Geburt und frühe „Kindheit” des Universums wird für Erdlinge immer unsichtbar bleiben, geheimnisumhüllt – berechenbar zwar, nach dem ersten aberklitzekleinem Moment, aber völlig unvorstellbar. (Wieder muss ich mangels adäquaten Wortschatzes dieses schon so überstrapazierte Wort verwenden).
Die frühen Gründerzeiten unseres Universums waren fieberhaft hektisch. Ereignisse folgten so blitzartig schnell aufeinander, dass es so gut wie unmöglich war, den Verlauf genau zu verfolgen. Im Vergleich stagniert das heutige Universum. Die Ereignisse geschehen mit solch aufreizender Langsamkeit, dass sie für mich kaum noch wahrnehmbar sind. Am Anfang meinten wir jedes Mal, wenn wir ein neues Evolutionsstadium erreicht hatten, das wäre es nun gewesen. Nun hätten wir den höchsten Stand oder die maximale Konfiguration erreicht, dieses wäre nun ein stabiler Zustand – besonders nach jenen hektischen ersten jähen wilden und wirbeligen „Erschütterungen”. Jedes Mal wurden wir durch die darauffolgenden Ereignisse belehrt, dass es immer wieder Steigerungen gibt.
Evolution ist für uns Quarks das zufällige Ergebnis der kleinen örtlichen Imperfektionen, die sich seit dem Urknall im Rahmen der Naturgesetze dieses Universums fortschreitend stetig weiter entwickelt haben. Evolution entwickelte sich von kosmischer über geologische und chemische bis zu biologischer Evolution.
Die biologische Evolution wird nach ihrem Anfangen beschleunigt durch die grundsätzliche Urbegierde sich zu vermehren. Der Ausdruck „fortschreitend stetig weiter entwickelt” deutet hier keinen spezifischen Zweck oder eine Richtung an. Viele Arten von Organismen haben sich seit Millionen Jahren nicht weiter entwickelt, einige sogar nicht in Milliarden, dennoch sind sie vollkommen im Stande, Seite an Seite mit den „fortschrittlichen” Typen zu existieren.
Ein wesentlicher Teil der Erdlinge ist fest davon überzeugt, dass es der Hauptzweck der biologischen Evolution war, sie in ihrer gegenwärtigen Form Homo sapiens zu produzieren, als Ziel und Höhepunkt der Evolution. Die schlechte Nachricht für sie ist, dass dem nicht so ist, die Evolution schreitet stetig fort. Die gute Nachricht ist, dass sie nicht lange genug leben werden, um evolutionäre Änderungen an ihrer Art wahrzunehmen. Andere Fraktionen, einschließlich der meisten Religionen, glauben, dass alles in der gegenwärtigen Form geschaffen wurde und auf diesem Stand verharren wird – bis der oder die Götter es ändern. Evolution entwickelt sich aber weiter, vom Anfang der Zeit, Schritt für Schritt, bis zum Ende der Zeit. Wie „Mutter Natur” verfolgt Evolution keinen Zweck, sie hat weder Favoriten noch Richtung. Die einzige Tendenz, die ich während meiner Mitarbeit bei der Evolution feststellen konnte, ist ein durch das schrittweise Vorgehen verursachter Anstieg der Komplexität der Lebewesen. Je weiter eine Kreatur sich entwickelt, je komplexer wird sie zwangsläufig.
Die einzige Art, wie Erdlinge die biologische Evolution beeinflussen können, ist durch indirekte oder direkte genetische Manipulation – also die in uns DNS-Molekülen enthaltenen Informationen gezielt zu nutzen, oder sogar zu ändern. Das wir auf gewisse Strahlungen empfindsam reagieren, brauche ich ja nicht hinauszuposaunen. Aber davon später mehr...
Evolution, wie von mir in dieser Erzählung verwendet, begann mit dem Urknall und wird sich durch die gesamte Lebenszeit dieses Universums fortsetzen.
Nach einigen hundert Millionen Jahren in diesem beschaulichen, ausgewogenen Zustand – Atome auf Wanderschaft durch das Universum - bemerkten wir gelegentlich die Wirkung einer vermeintlich neuen Kraft. Wenn sich eine Gruppe von uns Atomen ansammelte, spürten wir den Effekt dieser neuen Kraft - Gravitation –, die uns zueinander zog; anfänglich sanft, aber mit zunehmender Entschiedenheit. Dies war nicht mehr das seltene und selbst dann kaum wahrnehmbare „Zupfen am Ellbogen” aus unseren frei schwirrenden Quark-Zeiten, die wir dann - wenn wir sie überhaupt wahrnahmen - als unwichtig abtaten. Dies war stärker, zunehmend beharrlicher und lästiger.
Gravitation gab es zwar seit kurz nach dem Urknall, aber sie begann erst jetzt ihren vollen Einfluss auf die stetig anwachsenden Massen auszuüben; die Massen, die aus der Umwandlung von Energie übrig blieben. Die zunehmende Wirkung der Gravitation ließ die winzigen örtlichen Imperfektionen der Materieverteilung sich gemächlich anhäufen in anfänglich langsam drehende Materieansammlungen niedriger Dichte. Diese zogen weitere zufällig vorbeidriftende Materie an. Damit wuchsen die anziehende Wirkung der Gravitation und die Drehgeschwindigkeit. Die Ansammlungen von Atomen und Molekülen wurden zum ersten Hauch von Gaswolken zusammengeballt. Diese ballten sich fortschreitend dichter und dichter, und drehten sich schneller und schneller, in einem sich ständig beschleunigendem Prozess. Die Gruppierungen oder Samen von Materiewolken bekamen ihre Drehimpulse ursprünglich durch den noch schwachen Ablenkungseffekt der Gravitation von ihrer anfangs geradlinigen Bewegung aus dem Urknall. Aus dem Resultat der beiden Kräfte – dem geradlinigen Urknall-Impuls und der ablenkenden Gravitationsanziehung – entstand eine Kurvenbahn. Durch die Ansammlung von weiterer Materie krümmte sich die Kurve immer stärker. Wenn die Materieansammlung das „Glück” hatte, von einem anderen „himmlischen” Körper, angezogen und eingefangen zu werden, wurde die Laufbahn eventuell ein Kreis oder eine Ellipse. Nahm die Anziehungskraft noch weiter zu, konnte die Kurve endlich eine Spirale werden, die dann zur Vereinigung mit dem größeren Körper führte.
Erdlinge verwenden in einigen ihrer Sprachen den Ausdruck „Schneeballeffekt”. In ihrer Atmosphäre besteht Wasser unter gewissen Bedingungen in einer flockigen Form, „Schnee” genannt. Wenn eine Schneeflocke durch äußere Einwirkung beginnt, auf einer schiefen Ebene (zum Beispiel einen Berghang) hinabzurollen, sammelt sie weitere Schneeflocken auf. Es bildet sich eine Ansammlung von Flocken, dieser Kern sammelt immer mehr Schnee und wird immer schneller, während er den Hang herunterrollt. Der Durchmesser wächst, dadurch nimmt die Geschwindigkeit weiter zu, weiterer Schnee und andere im Wege liegenden Materialien werden gesammelt, diese erhöhen Größe und Geschwindigkeit noch mehr, und so weiter und so fort. Ähnlich dem Schneeballeffekt war die Zusammenrottung von Materie im Anfangsstadium des Universums, jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Drehgeschwindigkeit dann und wann so immens groß wurde, dass die Materie im Kern zusammengepresst und erhitzt wurde. So wurden unvorstellbar riesige Ansammlungen von Gaswolken gebildet, die Keime von Galaxien.
Mein „Dunstschleier” von Wasserstoffatomen trieb gelöst durch die damals schon immensen Weiten des Universums. Wir wurden ab und zu sanft von langsam rotierenden Wolken angezogen, es gelang uns aber immer zu entrinnen. Die Anziehungskraft der majestätisch driftenden Wolken war kaum stark genug, unsere jeweilige Bahn geringfügig zu ändern. Was für ein grandioser Prozess! Dieses schon scheinbar endlose, aber noch rapide expandierende Universum, das vorher ein auch scheinbar endloser gigantischer Urschaum von hektisch brodelnden Teilchen gewesen war, begann nun vereinzelte Materiekonzentrationen oder Nebel zu bilden – dort wo Teilchen dichter zusammengerottet waren als der Durchschnitt - die bereits genannten Imperfektionen. Bald bestand das Universum hauptsächlich aus diesen kolossalen rotierenden Wolkenformationen, die sich immer schneller drehten, dabei schrumpften und sich verdichteten. Sie formten immense vorgalaktische Nebelschwaden.
Wir versuchten frei zu bleiben. Als Folge der Konzentration der galaktischen Wolkenformationen und der zunehmenden Anziehungskräfte in ihrer Umgebung wurde der Raum zwischen ihnen leerer. Wir versuchten, uns möglichst in diesen leeren Räumen aufzuhalten, wo die „lauernden” Anziehungskräfte schwächer waren. Aber es war nur eine Frage der Zeit, früher oder später würde es wieder geschehen. Wir wurden sanft in die Richtung einer Wolke gezogen, dann in die Richtung einer anderen, die majestätisch in Zeitlupe drehte, nur um durch wieder eine andere angezogen zu werden. Irgendwann drifteten wir dann nur noch in eine Richtung, keine andere Wolkenmasse kam nah genug, uns zu „retten”. Und dieses Mal, allmählich zuerst, aber stetig stärker, wurden wir in die Region einer imposant riesigen wirbelnden Gaswolkenansammlung gedrängt. Diese war auf dem Wege ein Hyperstern zu werden.
Etwa 200 Millionen Jahre {8 Millionen Generationen} nach Urknall hatte unsere Monsterwolke die enorme Masse von mehr als tausend Sonnen zusammengerafft. So wie sich die rotierende Wolke zusammenzog, stießen ihre Atome und Moleküle immer häufiger aneinander, erhöhten unsere Temperatur, die Anziehungskräfte wurden immer stärker, und so immer weiter und immer fort, bis es so gleißend heiß war und der Druck so erdrückend hoch war, dass eine Kernfusionsreaktion begann! Auf diese Art wurden aberriesige Hypersterne geformt. Sie bestanden aus einem dichten geschmolzenen Kern umringt von wirbelndem Staub und Gasen. Im Innern waren sie glühend heiß, nach außen nahmen Dichte und Temperatur ab. Es musste natürlich wieder mir passieren: Der Teil der Wolke mit meinem Atom wurde in das superstarke Gravitationsfeld des Hypersterns gezogen und durch eine unwiderstehliche Kraft in sein Zentrum gepresst. Je heißer es wurde, je hektischer und erregter wurden wir, es erinnerte an die aufregenden frühen Momente des Universums.
Wir waren in einen glühenden Kernofen gesaugt worden. Die Fusionsreaktion wandelte Wasserstoff in Helium und setzte enorme Mengen Energie in Form von Wärme frei. Die Hitze erhöhte den Druck, bis die Wolken nicht mehr weiter schrumpften. Die immense Temperatur ließ unser Atomskelett knistern und knirschen. Am Ende knackte es. Wir, mein Proton und unser Elektron, wurden wie in einem rasenden Sturm herumgewirbelt, gemeinsam mit unzähligen anderen Protonen, Neutronen und Elektronen. In einem gewissen Moment war die richtige Anzahl von geeigneten Zutaten beieinander – und wir rasteten in eine neue Konfiguration ein. Wir waren nun in ein Heliumatom gebrannt worden, die, welche mir früher aus meinem Wasserstoffatom heraus so komplex erschienen waren. Als Insider kam es mir jetzt relativ einfach vor, je zwei von Allem, zwei Protonen, zwei Neutronen, zwei Elektronen. Ich war in einem der Protonen. Man lernte die anderen Angehörigen unseres Gefüges auf allen hierarchischen Ebenen schnell kennen und auseinanderzuhalten. Sie waren entweder anziehend oder abstoßend. Und wieder fühlten wir die Ruhe eines stabilen, angenehmen Zustandes...
Der mittlere kosmische Kernreaktor blieb nach Erdlingmaßstäben eine lange Zeit aktiv - er strahlte Energie in Form von Wärme und Licht für einige hundert Millionen Jahre aus. Unserer, jedoch, war ein extrem massiver Hyperstern. Er wurde durch seine stetig wachsende Dichte immer heißer. Die Kernreaktion wurde so beschleunigt, dass unser Wasserstoffanteil innerhalb einiger Millionen Jahre verbrannt war. Durch die stetig zunehmenden Massen schrumpfte er weiter zusammen und heizte sich weiter auf. Die noch höheren Temperaturen starteten andere Kernfusionsreaktionen und wandelten Helium zu schwereren Elementen wie Kohlenstoff und Sauerstoff. Während ich Teil einer wirbelnden Wasserstoffwolke gewesen war, hatten wir gelegentlich solche Kernöfen passiert, wo Protonen zu Heliumkernen, oder Heliumkerne zu Kohlenstoff- und Sauerstoffkernen gebrannt wurden. Nun waren wir mittendrin! Während wir, angeheizt von Temperaturen um Hundert Millionen Grad herumschossen und ständig mit anderen, auch übererregten Atomen zusammenstießen, ging unser – ach so beschaulicher Zustand - blitzartig zu Ende. An unserer Struktur wurde brennend gezerrt und gewunden, bis sie wieder knisterte, knirschte und aufknackte. In dem folgenden furchtbar chaotischen Moment wurden einige Mitwirkende unseres Atoms fortgeblasen und andere, fremde hereingezwängt. Es folgte ein totales Durcheinander, alle Teilchen wirbelten wahnwitzig herum, und plötzlich wurden wir wieder in Stellungen gedrückt, bildeten wieder eine starre Struktur. Aber es gab viele mehr von uns, wir formten nun ein Kohlenstoffatom, mit sechs von jedem! Sechs Protonen, sechs Neutronen, sechs Elektronen. Mein Proton überlebte intakt, und da waren wir, eingebettet in die vergleichsweise deftige Struktur eines Kohlenstoffatoms. Ich war fest verankert in einem der sechs Protonen dieses Kohlenstoffatoms! Dies schien nun eine äußerst komplexe Struktur zu sein: drei hierarchische Ebenen, je sechs Angehörige, die Elektronen auch noch in zwei Ebenen – und unsere sechs Protonen und Neutronen auch noch bestehend aus je drei Quarks! Dieses Mal dauerte es wesentlich länger, alle Mitstreiter und ihre Standplätze zu ergründen - und die abstoßenden von den anziehenden zu unterscheiden.
Hypersterne mit anderen Massen feuerten ihre Kernöfen auf für das Brennen von Sauerstoff, Neon, Magnesium, Silicon, Schwefel, und letztendlich Eisen. Wir waren „glücklich” genug, diesen zu entrinnen und wieder einen beständigen, behaglichen Zustand einzunehmen…
Das „sichtbare” Universum bestand nun aus 70% Wasserstoff, 25% Helium und 2% von schwereren Elementen als Helium. Ich war jetzt Teil der letzteren 2%, einer kleinen, aber einflussreichen Minderheit.
Nachdem unser Ofen einige weitere Millionen Jahre gebrannt hatte, ergab das nukleare Brennen zu Kohlenstoff und Sauerstoff nicht mehr genug Energie. Der riesige Hyperstern begann abzukühlen und seine zentralen Bereiche kollabierten in eine superdichte Materiekonzentration, so dicht, dass es alles schluckte, aber wirklich ALLES was in Reichweite kam – sogar Licht. Deshalb nennen Erdlinge diese extremen Massekonzentrationen Schwarze Löcher. In Erdlingterminologie ist schwarz keine Farbe, schwarz ist die Abwesenheit von Farbe. In anderen Worten, ein schwarzer Körper reflektiert keine der für Erdlinge sichtbaren elektromagnetischen Frequenzen – sogenanntes Licht.
Als unser Hyperstern zusammenbrach, wurde seine äußere Hülle durch eine ungeheuer intensive und gleißend helle Explosion weggesprengt. Später wurden solche Explosionen superschwerer (oder besser gesagt, massereicher) ausgebrannter Sterne Supernovae genannt. Die Explosion war so hell und so energetisch, dass sie das gesamte Licht von allen anderen Sternen der Galaxie für die Dauer von einigen Erdwochen verblassen ließ! Dann stürzte die verbleibende enorme Masse unter ihrem eigenen Gewicht in ein paar Zehntelsekunden in sich zusammen und bildete den schwärzer als schwarzen Strudel eines Schwarzen Loches.
Ein kleiner Teil der von dem Kernofen erzeugten schweren Elemente wurden durch den gewaltigen Impuls der Supernova-Explosion weit in die Galaxie hinausgeschleudert. Aus dem Zusammenschluss dieser Trümmer miteinander und durch das Einverleiben anderer Gas- oder Teilchenwolken und Trümmer wurden in der Folge „Sterne der zweiten Generation” gebildet. In dieser Art werden Sterne in aufeinander folgenden Generationen erzeugt, seit den ersten Galaxien bis zur Gegenwart. Und so wurde auch unser Fleck von Kohlenstoffatomen weit in den Raum geschleudert, hemmungslos - aber dafür mit gewaltiger Kraft und dadurch mit rasender Geschwindigkeit! Wir starteten eine neue Pilgerfahrt durch das Universum, dieses Mal nicht in Form eines Wasserstoffhauchs, sondern in einem Schwarm Atome. Über Jahrmillionen sammelten sich allmählich immer mehr Atome zu einem Klumpen zusammen.
