Vom Wal verschluckt - Paul Doherty - E-Book

Vom Wal verschluckt E-Book

Paul Doherty

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Beschreibung

Wie lange kannst du auf der Sonne stehen, ohne zu verbrennen? Was passiert, wenn du die lautesten Kopfhörer der Welt aufsetzt? Der Autor Cody Cassidy und der Doktor der Festkörperphysik Paul Doherty unternehmen eine Reise durch die Wissenschaft der spektakulärsten und ausgefallensten Todesarten: zu einem Kartoffelchip verarbeitet werden, im All in ein schwarzes Loch eintauchen oder in der Tiefsee aus einem U-Boot aussteigen. Als Leser bekommen Sie nicht nur viele Anregungen, auf außergewöhnliche Art und Weise aus dem Leben zu scheiden, sondern lernen vielmehr höchst anschaulich die physikalischen und biologischen Prozesse kennen, die dahinter stehen. Intelligent und schauerlich zugleich: Und plötzlich bist du tot!

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Seitenzahl: 253

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Paul Doherty | Cody Cassidy

Vom Wal verschluckt

Die interessantesten Methoden, das irdische Jammertal zu verlassen

Aus dem Englischen von Maja Ueberle-Pfaff

FISCHER E-Books

Inhalt

[Widmung]EinleitungWas passiert, wenn …Sie im Flugzeug sitzen und die Fensterscheibe fliegt davon?Sie von einem Weißen Hai attackiert werden?Sie auf einer Bananenschale ausrutschen?Sie lebendig begraben werden?Sie von einem Bienenschwarm angegriffen werden?Sie von einem Meteoriten getroffen werden?Sie den Kopf verlieren?Sie die lautesten Kopfhörer der Welt aufsetzen?Sie als blinder Passagier in einer Mondrakete mitreisen?Dr. Frankenstein Sie in seinen Apparat schnallt?Ihr Fahrstuhlkabel reißt?Sie im Fass die Niagarafälle hinunterstürzen?Sie nicht mehr schlafen können?Sie vom Blitz getroffen werden?Sie in die kälteste Badewanne der Welt steigen?Sie mit dem Fallschirm im Weltall abspringen?Sie auf eine Zeitreise gehen?Vor 4,6 Milliarden JahrenVor 4,5 Milliarden JahrenVor 4,4 Milliarden JahrenVor 3,8 Milliarden JahrenVor 1,4 Milliarden JahrenVor 500 Millionen JahrenVor 450 Millionen JahrenVor 370 Millionen JahrenVor 300 Millionen JahrenVor 250 Millionen JahrenVor 215 Millionen JahrenVor 65 Millionen JahrenVor 3,2 Millionen JahrenIn einer Milliarde JahrenIn fünf Milliarden JahrenIn 7,5 Milliarden JahrenSie in eine menschliche Stampede geraten?Sie in ein Schwarzes Loch springen?Sie auf der Titanic mitfahren und es nicht ins Rettungsboot schaffen?Sie von diesem Buch ermordet werden?Sie »aus Altersgründen« sterben?Sie irgendwo feststecken?Im Fahrwerksschacht eines FlugzeugsIn einer Tankstelle (Oder: Was passiert, wenn Sie sich nur von Fastfood ernähren?)In einem FahrstuhlIn einer KühlkammerIn TreibsandSie von Geiern aufgezogen werden?Sie als Menschenopfer in einen Vulkan geworfen werden?Sie einfach im Bett liegen bleiben?Sie ein Loch bis nach Neuseeland bohren und hineinspringen?Sie das Pringles-Werk besichtigen und in die Kartoffeln fallen?Sie mit einem richtig großen Revolver russisches Roulette spielen?Sie zum Jupiter reisen?Sie die tödlichsten Substanzen der Welt zu sich nehmen?Sie im nuklearen Winter leben?Sie auf der Venus Ferien machen?Sie von einem Schwarm Mücken gestochen werden?Sie als menschliche Kanonenkugel durch die Luft fliegen?Ihnen jemand vom Empire State Building ein Centstück auf den Kopf wirft?Ein BaseballEine WeintraubeEin FußballEin KugelschreiberEin BlauwalDieses BuchSie tatsächlich jemandem die Hand schütteln?Sie die Ameise unter der Lupe sind?Sie Ihre Hand in einen Teilchenbeschleuniger stecken?Sie dieses Buch halten und es sich plötzlich in ein Schwarzes Loch verwandelt?Sie sich einen superstarken Magneten an die Stirn heften?Sie von einem Wal verschluckt werden?Sie in der Tiefsee aus einem U-Boot aussteigen?Sie auf der Oberfläche der Sonne stehen?Sie so viele Kekse wie das Krümelmonster essen?Weiterführende LektüreDank

Cody:

Für Mom und Dad

Paul:

Für Professor Paul Tipler, der mir gezeigt hat, wie man bei Studenten das Interesse an der Wissenschaft weckt, indem man die Inhalte interessant, relevant, amüsant und korrekt darstellt.

Einleitung

Mal ehrlich: Beim Überfliegen der Todesanzeigen in  der Zeitung ertappen Sie sich doch sicher auch manchmal dabei, dass Sie am Ende nach den Todesursachen suchen und dann frustriert sind, weil jede Erklärung fehlt oder ärgerlich vage von einem »tragischen Unfall« die Rede ist. Ist der arme Kerl beim Eisschwimmen erfroren? Wurde er von einem Asteroiden zerquetscht oder von einem Wal verschluckt? Mitunter erfährt man nicht einmal das!

Und falls die Todesursache genannt wird – nehmen wir an, man liest ein aufregendes Detail wie »unerwartet von einem gigantischen Magneten erschlagen« –, ist in der nächsten Zeile schon wieder von den Anverwandten die Rede, während Sie noch darüber nachgrübeln, ob Magnetismus allen Ernstes tödlich sein könnte. Der interessanteste Teil wird grundsätzlich ausgespart!

Wir können Ihren Frust nachempfinden, und deshalb unternehmen wir etwas dagegen. Wir machen da weiter, wo selbst der präziseste Nachruf schweigt.

Wir sagen Ihnen, was wirklich passiert, wenn Sie in T-Shirt und Shorts im Weltall herumhopsen. Wir erklären, warum Boeing nicht erlaubt, dass Sie in ihrer 747 das Fenster aufmachen, und welche Probleme das Tauchen in der Tiefsee mit sich bringt. Und wir beschreiben das mit genau dem Maß an Theorie und grausigen Details, dass Sie die Lektüre gerade noch verkraften.

Mit anderen Worten: Stephen King trifft auf Stephen Hawking.

Das Schöne an diesen ganzen Horrorstorys ist, dass Sie so nebenbei ein paar naturwissenschaftliche und medizinische Fakten aufschnappen und anschließend wissen, was Sie zu tun haben, wenn ein Hai anfängt, Sie zu umkreisen (ermutigen Sie ihn, Ihr ganzes Bein abzubeißen und nicht nur ein Stück davon).

Wie sind wir zu unseren Antworten gekommen?

Wo immer möglich, nutzten wir die Erfahrungen (oder Autopsien) von Draufgängern (oder Pechvögeln), um herauszufinden, was genau passiert, wenn man in einem Fass die Niagarafälle hinunterstürzt, die Hand in einen Teilchenbeschleuniger hält oder in die Hoden gestochen wird.

Bei anderen Szenarien existierten keine Berichte aus erster Hand. Bisher ist noch niemand in ein Schwarzes Loch gesprungen oder hat in der kältesten Badewanne der Welt gebadet oder ein Loch bis nach Neuseeland gebuddelt und sich hineingestürzt.

Für die Antworten auf solche Fragen verwendeten wir Studien der Armee (danke, liebe U.S. Air Force, dass ihr in den 1950ern echte Menschen lebensbedrohlichen Experimenten ausgesetzt habt), medizinische Fachzeitschriften, Hypothesen aus der Astrophysik und die Forschungsergebnisse von Professoren, die sich mit dem Glitschfaktor von Bananenschalen beschäftigt haben.

Manchmal führten uns unsere Recherchen an den Rand des menschlichen Wissens. Hätten wir dieses Buch 20 Jahre früher geschrieben, hätten wir jeden Eid geschworen, dass man zumindest in unserem Universum nicht durch einen überdimensionalen Küchenmagneten zu Tode kommen kann. Zum Glück haben wir es nicht vor 20 Jahren geschrieben, denn man kann, und es ist absolut faszinierend.

Weil wir bei unserer Suche nach gruseligen Todesarten oft an die Grenzen der Wissenschaft gestoßen sind, haben wir uns gelegentlich auf Mutmaßungen gestützt – wissenschaftlich fundierte und möglichst korrekte natürlich, aber dennoch Mutmaßungen.

Falls Sie also eines dieser Szenarien ausprobieren wollen, beispielsweise als Skydiver von einer Raumstation ins All springen oder sich kopfüber in ein Schwarzes Loch stürzen, und Ihre Erfahrungen mit unseren Ausführungen nicht übereinstimmen – oder Sie gar feststellen sollten, dass Sie gar nicht tot sind –, möchten wir uns aufrichtig dafür entschuldigen.

Schicken Sie uns eine Mail, dann korrigieren wir die nächste Auflage entsprechend.

Was passiert, wenn …

Was passiert, wenn …

Sie im Flugzeug sitzen und die Fensterscheibe fliegt davon?

Wie die meisten Menschen, die in modernen Flugzeugen unterwegs waren, haben auch Sie vermutlich ziemlich viel Zeit damit verbracht, aus dem Fenster zu starren und die hübschen Wolken, Sonnenuntergänge und Landschaftsformationen zu betrachten. Und wie die meisten Menschen haben Sie sich vermutlich schon einmal gefragt, was passieren würde, wenn die Scheibe herausploppt.

Die Antwort lautet: Das hängt von der Höhe ab. Sollten Sie erst vor ein paar Minuten gestartet sein und noch unter 6000 Meter fliegen, passiert Ihnen wahrscheinlich nicht viel. Sie können in dieser Höhe noch eine halbe Stunde atmen, bevor Sie ohnmächtig werden, und das Druckgefälle ist nicht groß genug, um sie herauszusaugen. Es wird ein bisschen frostig werden, aber mit einem Sweatshirt müssten Sie eigentlich hinkommen.

Aber laut ist es. Der Wind, der an Ihrem offenen Fenster vorbeipfeift, verwandelt das Flugzeug in die weltgrößte Flöte, und Sie haben Mühe, eine Flugbegleiterin zu rufen. Lästig, aber nicht schlimm. Viel besser jedenfalls, als wenn das Fenster bei der üblichen Reiseflughöhe von über 10000 Metern herausploppt.

In einer Passagierkabine wird ein Luftdruck von rund 700 Millibar erzeugt, und das hat etwas mit der Atmung zu tun. Wenn Sie sich auf etwa 10000 Meter Höhe befinden und Ihre Fensterscheibe sich verabschiedet, sinkt der Luftdruck rapide, und das bringt ein paar Probleme mit sich.

Als Erstes merken Sie, dass aus jeder Ihrer Körperöffnungen Luft gesaugt wird. Und weil diese Luft feucht ist, kondensiert sie und bildet Nebel. Das passiert allen, und deshalb ist das ganze Flugzeug im Nu völlig vernebelt, allein durch die Luft aus den Körpern der Passagiere. Krass.

Glücklicherweise löst sich der Nebel innerhalb weniger Sekunden auf, weil die Luft im Flugzeug aus dem offenen Fenster herausgesaugt wird. Leider ist es nicht das Fenster Ihres Sitznachbarn, sondern Ihres, und das macht einen gewaltigen Unterschied.

Zwei Plätze von dem fehlenden Fenster entfernt merken Sie, wie der Wind mit der Geschwindigkeit eines Hurrikans aus dem Flugzeug rauscht, aber immer noch so, dass Sie von Ihrem Sitzgurt gehalten werden – falls Sie denn angeschnallt sind.

Leider haben Sie sich für den Fensterplatz entschieden, an dem die Luft mit fast 500 Stundenkilometern vorbeisaust, so schnell, dass Sie aus dem Sitz gerissen werden, selbst wenn Sie angeschnallt sind. (Einer der selten erwähnten Nachteile der Entscheidung für einen Fensterplatz).[1]

Es gibt aber noch einen Grund, warum Ihr Freund auf dem Gangplatz gerettet wird: Flugzeugfenster haben einen geringeren Durchmesser als menschliche Schultern. Laut einer Studie der Harvard University zum menschlichen Körper sind die Schultern eines durchschnittlichen Amerikaners 45,72 Zentimeter breit. Die Fenster einer Boeing 747 sind aber nur 38,86 Zentimeter hoch. Das heißt, Sie werden nicht komplett aus dem Flugzeug gesaugt, sondern nur zum Teil.[2] Das ist gut für alle anderen Leute im Flugzeug. Es erspart Ihnen einen tiefen Fall, und für alle anderen sind Sie eine Art Stöpsel. Er verlangsamt das Entweichen der Luft aus dem Flugzeug und gibt den Leuten mehr Zeit, ihre Sauerstoffmasken anzulegen.

Für Sie selbst fangen die Probleme allerdings gerade erst an.

Das Erste, was Ihnen an der neuen Umgebung auffällt, ist der Wind.

Ein Sturm mit 1000 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit peitscht Ihnen um die Ohren und drückt Sie gegen den Flugzeugrumpf, so dass Sie wie ein J aussehen.[3]

Als Nächstes spüren Sie die Kälte. Die Temperatur in zehn Kilometern Höhe beträgt minus 54 Grad Celsius. Bei dieser Kälte ist Ihre Nase innerhalb von Sekunden erfroren.

Das dritte Problem fällt Ihnen nicht auf, obwohl es wahrscheinlich am bedrohlichsten ist. Neben dem Temperaturabfall kommt es zu einer Veränderung des Luftdrucks, die ein noch ernsthafteres Problem darstellt. In 10000 Metern Höhe ist die Luft so dünn, dass Sie nicht genügend Sauerstoffmoleküle pro Atemzug bekommen, nur merken Sie nicht, dass Sie gerade ersticken. Denn Ihr Körper merkt nicht, wenn zu wenig Sauerstoff in der Luft ist; das Einzige, was Ihnen das Gefühl gibt, nicht genug Luft zu bekommen, ist die erhöhte Kohlendioxidkonzentration in Ihrem Blut. Sie atmen also weiter, als wäre alles in Ordnung, aber das ist es nicht. Ihnen bleiben weniger als 15 Sekunden, bis Sie das Bewusstsein verlieren, und vier Minuten bis zum Hirntod.

Das gilt auch für die anderen Leute im Flugzeug. Sobald Ihr Fenster herausspringt, haben sie 15 Sekunden, um die Sauerstoffmasken anzulegen, bevor sie ohnmächtig werden – vielleicht ein bisschen mehr, falls Ihr Oberkörper richtig fest im Fenster steckt – und im Grunde nur acht Sekunden, bis ihr Gehirn so unterversorgt ist, dass sie es nicht mehr schaffen, ihre Sauerstoffmasken überzustreifen.[4]

Rekapitulieren wir: Sie hängen mit dem Kopf aus dem Flugzeug, Ihr Gesicht knallt gegen den Flugzeugrumpf, Sie haben Erfrierungen und sind kurz davor, ohnmächtig zu werden. Aber Sie sind noch nicht tot, und wenn der Pilot schnell reagiert und das Flugzeug innerhalb von vier Minuten auf 6000 Meter hinunterbringt, könnten Sie diese Erfahrung überleben. Wir wissen das, weil es schon einmal passiert ist.

Flugkapitän Tim Lancaster befand sich 1990 mit seiner British-Airways-Maschine im Steigflug, knapp unter 6000 Meter, als eine Cockpitscheibe aus der Verankerung sprang. Er wurde durch den Sog aus dem Pilotensitz und halb aus dem Fenster gerissen. Alles, was im Cockpit lose herumlag, wurde hinauskatapultiert, die Kabinentür riss aus ihren Angeln, verletzte den Copiloten Alastair Atchinson und kippte dann auf die Steuerung, sodass das Flugzeug sich nach unten neigte. Nigel Ogden, ein Flugbegleiter, hörte den Knall, betrat das Cockpit, packte den Kapitän an der Hüfte und sicherte ihn. Dem Sydney Morning Herald erzählte er:

»Durch den Luftzug wurde alles aus dem Flugzeug geschleudert, sogar eine fest verankerte Sauerstoffflasche riss sich los und schlug mir fast den Kopf ab. Ich krallte mich fest, so gut es ging, aber ich merkte, dass ich mich nicht mehr lange würde halten können. John, der Chef-Steward, kam von hinten und sah, wie ich wegrutschte, deshalb packte er mich am Gürtel und schlang dann den Gurt des Kapitäns um mich herum.

Ich dachte, er würde mir entgleiten, aber er hing am Fenster, gebogen wie ein U. Sein Gesicht prallte gegen die Scheibe, aus der Nase strömte Blut, und seine Arme flatterten unkontrolliert.«

Achtzehn Minuten nach dem Verlust des Cockpitfensters konnte der Copilot die Maschine trotz Verletzung landen; mit Blick auf den bewusstlosen Kapitän, dessen Gesicht auf der anderen Seite der Scheibe klebte.

Nachdem die Feuerwehr ihn aus seiner unbequemen Position befreit hatte, kurierte der Kapitän seine Erfrierungen und gebrochenen Rippen aus und überlebte.

Weil Ihr Fenster kleiner ist, müssten Sie sich zum Glück nicht auf das Heldentum Ihrer Mitreisenden verlassen. Hoffen Sie auf die Geistesgegenwart Ihres Käpt’ns, denn reagiert er schnell, erleben Sie einen zwar unbequemen, aber garantiert unvergesslichen Landeanflug.

Was passiert, wenn …

Sie von einem Weißen Hai attackiert werden?

Wie alle Raubtiere sind auch Haie nicht an fairen Zweikämpfen interessiert. Selbst für die Gewinner führen faire Kämpfe zu Verletzungen, und durch Verletzungen werden Tiere langsam und leiden entsprechend Hunger. Deshalb bevorzugen Raubtiere triumphale Siege mit möglichst wenig Risiko. Das wiederum macht Sie zum perfekten Gegner: Sie sind langsam, schwach und verhalten sich im Wasser absolut dilettantisch. Zum Glück schmecken Sie nicht sehr gut. Sie sind das Eichhörnchen der Meere, zu viele Knochen und nicht genug Fett. Andererseits sind Haie neugierige Wesen, und Angriffe kommen vor – gewöhnlich Angriffe der kleineren Spezies, die nicht so gefährlich sind.

Aber nicht immer. Auch Weiße Haie greifen schon mal an. Ein Weißer Hai kann sieben Meter lang werden, und selbst sein vorwitziges Knabbern kann eine verheerende Wirkung haben. Aber warum sollte er sich überhaupt für Sie interessieren?

Wahrscheinlich nicht aus kulinarischen Gründen. Forscher haben überlebende Haiopfer zusammengeflickt und festgestellt, dass kein Fitzelchen fehlte. Wenn Weiße Haie einen Menschen beißen, dann benehmen sie sich wie Kinder, die Erbsen auf dem Teller herumschieben. Eine sorgfältige Überprüfung ergibt, dass nicht eine einzige Erbse fehlt. Offenbar sind wir für Haie so wenig appetitlich, dass es schon fast beleidigend ist.

Wenn wir ach so grässlich schmecken, warum beißen sie uns dann? Laut einer verbreiteten Theorie verwechseln sie menschliche Schwimmer mit ihrer gewohnten Beute, den Robben, und beißen zu, woraufhin sie ihren Irrtum erkennen und ihren Fang ausspucken, wie einer, der bei Tisch Salz für Zucker gehalten hat. Das klingt plausibel, aber die Theorie ist wissenschaftlich nicht gut untermauert. Aus der Haiperspektive gibt es tatsächlich optische Ähnlichkeiten zwischen einem Surfer und einer Robbe, aber warum greift ein Hai einen Schwimmer dann ganz anders an als eine Robbe?

Forscher haben Dummies zusammen mit Ködern ins Wasser geworfen, um zu beobachten, wie sich der Hai ihnen nähert. Anders als bei Robbenangriffen, bei denen der Hai von unten kommt und seine Beute mit einer einzigen, heftigen Attacke überrascht, schwamm hier der Hai in Kreisen um die Dummies herum und musterte sie mehrmals im Vorbeischwimmen, bevor er zuschlug. Sein Biss glich eher einem probeweisen Anritzen als dem gierigen Zubeißen, das er bei Robben an den Tag legt. Sie selbst gehen ja auch unterschiedlich vor, je nachdem, ob Sie eine frische Milchflasche zum Mund führen oder eine, deren Verfallsdatum schon fast erreicht ist.

Vorläufig deuten die Daten darauf hin, dass kein Irrtum vorliegt, wenn ein Weißer Hai angreift, sondern reine Neugier. Haie können Bewegungen durch geringe Veränderungen des Wasserdrucks wahrnehmen, und Schwimmer bewegen sich, besonders wenn sie gerade eine dreieckige Flosse entdeckt haben. Diese Bewegungen können das Interesse eines Weißen Hais wecken, und Haie scheinen eine Im-Zweifelsfall-Zubeißen-Politik zu verfolgen.[5]

Dieses Verhalten ist im Übrigen auch unter anderen Raubtieren verbreitet; wenn Sie eine Katze haben, kennen Sie deren Welterforschen-durch-Zubeißen-Praxis. Aber das versuchsweise Zubeißen von Haien unterscheidet sich signifikant von dem Ihrer Katze. Es gibt keine verlässlichen Messungen, wie kräftig so ein Weißer Hai zubeißt, aber die wenigen Experimente, die bisher durchgeführt wurden, kamen alle zu demselben Ergebnis: auf jeden Fall stark genug. In mindestens einem Fall durchtrennte ein Weißer Hai einen Mann glatt in der Mitte, wie eine messerscharfe Guillotine.

Nehmen wir also an, Sie planschen in den Wellen herum und erregen in aller Unschuld die Aufmerksamkeit eines neugierigen Weißen Hais.

Zunächst einmal hätten Sie allen Grund, verärgert zu sein. Nicht weil Sie jeden Moment totgebissen werden könnten, sondern weil die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen so etwas zustößt, verschwindend gering ist. An einem normalen Strandtag stehen die Chancen zehnmal höher, dass Sie die Treppe vor Ihrem Haus herunterfallen und auf dem Weg zum Auto umkommen. Sobald Sie im Auto sitzen, ist das Risiko eines tödlichen Unfalls auf dem Weg zum Strand noch viel höher, und an der Küste ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass Sie auf dem Weg ins Wasser in einer einstürzenden Sandgrube ersticken. Und selbst wenn sie den Sandgruben ausweichen und es bis an die Wellen schaffen, bleibt noch das größte Risiko von allen: Ertrinken. Sobald Sie sich in die Wellen gestürzt haben, ist Ertrinken hundertmal wahrscheinlicher, als durch einen Haiangriff zu sterben.

Aber nehmen wir an, Sie haben Glück gehabt und sind davongekommen. Und dann haben Sie richtig Pech, weil ein Weißer Hai beschließt, dass er einen kleinen Imbiss braucht.

Haie greifen gern von unten und hinten an, das heißt, Ihre Beine würden zuerst etwas abbekommen. Und Haie haben keine Tischmanieren: Sie kauen nicht. Sie zerren und reißen, indem sie ihren Kopf seitlich hin und her werfen und den Körper rollen. Von spiralförmigen Zahnspuren auf Knochen wissen wir, dass Haie gern Fleischstücke absägen und dann im Ganzen schlucken.

Die gute Nachricht ist, dass sie in 70 Prozent der Fälle nur einmal zubeißen. Die schlechte Nachricht ist, dass Ihnen ein Weißer Hai mit einem einzigen, ruppigen Biss das Bein abtrennen kann. Andererseits könnte sich gerade das zu Ihrem Vorteil auswirken.

Die große Gefahr beim Beinabreißen ist eine Verletzung der Oberschenkelschlagader. Im Allgemeinen ist es gefährlicher, wenn Arterien verletzt werden, weil Arterien (anders als Venen) Blut von Ihrem Herzen weg transportieren und unter Druck stehen. Durchtrennt man sie, spritzt das Blut – im Gegensatz zu Venen, bei denen es rinnt.

Eine Verletzung der Oberschenkelarterie ist kein Spaß. Diese Arterie ist dafür verantwortlich, dass das gesamte Bein mit Sauerstoff versorgt wird, und pro Minute fließen fast fünf Prozent Ihres Blutvolumens durch sie hindurch.

Wo genau der Hai Ihnen ins Bein beißt, bestimmt, ob Sie überhaupt eine Chance haben. Der menschliche Körper kann den Verlust von fünf Prozent Blutvolumen pro Minute nicht verkraften – das heißt nämlich, Tod in vier Minuten –, deshalb müssen Sie davon ausgehen, dass eine Verletzung Ihrer Oberschenkelarterie Ihre Lebenserwartung schlagartig verringert. Doch das ist nicht immer der Fall.

Jetzt gerade, während Sie diese Zeilen lesen, ist Ihre Oberschenkelarterie leicht gespannt, etwa wie ein Gummiband. Wird sie von einem Hai sauber durchtrennt, schnalzt sie in Ihren Beinstumpf zurück, wo Ihre Muskeln sie zudrücken können. Dadurch wird der Blutverlust verringert, und Sie haben Zeit, einen Druckverband anzulegen. Aber wenn er die Arterie zerfetzt, oder schräg ansetzt und nur ein Stück Fleisch herausbeißt, zieht sie sich nicht in den Stumpf zurück, und das ist schlecht. Sie verlieren innerhalb von 30 Sekunden das Bewusstsein. Dann erleiden Sie einen Kreislaufschock – eine tödliche Rückkoppelung, bei der Ihr Gewebe durch Blutmangel anschwillt und das Problem verschärft, indem es den Blutfluss in andere Gliedmaßen behindert.

Vier Minuten nach dem Angriff haben Sie, wenn Ihre Oberschenkelarterie zerrissen wird, 20 Prozent Ihres Bluts verloren und erreichen einen kritischen Zustand. Ihr Herz braucht einen minimalen Blutdruck, damit es weiterschlägt, und bei einem Verlust von 20 Prozent Blut geraten Sie unter diese Schwelle. Danach dauert es nur noch ein paar Minuten bis zum vollständigen Hirntod.

Das alles setzt voraus, dass Sie Glück hatten und der Hai tut, was von ihm erwartet wird, nämlich von hinten angreifen. Eine frontale Attacke auf Kopf und Oberkörper ist weniger wahrscheinlich, aber schlimmer. Den Kopf verlieren ist schlecht, zum einen, weil das Gehirn darinsitzt, und zum zweiten, weil ein Druckverband am Hals viel weniger effektiv ist als einer am Bein (Details dazu im Wikipedia-Eintrag »Hängen«).

Zu unserer juristischen Absicherung: Ganz im Ernst – legen Sie am Hals nie einen Druckverband an.

Was passiert, wenn …

Sie auf einer Bananenschale ausrutschen?

Wie besorgt sollten Sie sein, wenn Sie eine Bananenschale auf dem Fußboden liegen sehen? Cartoons zufolge müsste die Antwort lauten: sehr. Comics untertreiben allerdings möglicherweise die Bananenschalengefahr, indem sie die Festigkeit Ihres Schädels überbewerten, aber die Glitschigkeit von Bananenschalen schätzen sie ganz richtig ein. Gründliche wissenschaftliche Studien haben bestätigt, dass Bananen die gefährlichste aller Schalen haben.

Den Grad der Glitschigkeit misst man so: Man stellt einen Klotz aus einem bestimmten Material auf eine Rampe aus einem anderen Material und erhöht dann langsam den Winkel der Rampe. Die Kraft, mit der der Gegenstand auf der Rampe lastet, und der Winkel, ab dem er herunterrutscht, sind Grundlagen für die Berechnung des Reibungskoeffizienten (nennen wir ihn RK), nämlich einem Maß für die Reibungskraft. Der Reibungskoeffizient reicht gewöhnlich von null (am rutschigsten) bis eins (am stärksten haftend), kann aber in manchen Situationen bis auf vier[6] ansteigen. Gummi auf Zementplatten hat einen Reibungskoeffizienten von 1,04 und ist praktisch rutschfest.

Werfen wir einen Blick auf das andere Ende des Spektrums. Wenn man auf Socken über einen Holzboden schlittert, beträgt der RK nur 0,23, und Eis ist noch rutschiger. Ein Gang über eine Eislaufbahn kann peinliche Folgen haben, weil Gummi auf Eis einen potentiell schmerzhaften RK von 0,15 aufweist.[7]

Die Bananenschale toppt das alles mit Leichtigkeit.

Diese Erkenntnis verdanken wir einigen wagemutigen Professoren an der Universität Kitasato in der japanischen Stadt Minato, die beschlossen, den Wahrheitsgehalt der Comics zu überprüfen. Dr. Kiyoshi Mabuchi und sein Team schälten ein paar Bananen, warfen die Schalen auf einen Holzfußboden und traten mit gummibesohlten Schuhen darauf (man hofft sehr, sie hatten helfende Hände in der Nähe!). Dann maßen sie die Kräfte, die da am Werk waren.

Wie sich zeigte, hat sich Elmer Fudd bei seiner Jagd auf Bugs Bunny doch nicht so dämlich angestellt, wie wir alle glaubten. Bananenschalen auf Holz haben einen RK von lediglich 0,07 – doppelt so rutschig wie Eis und fünfmal rutschiger als Holz. Das genügte Mabuchi und seinem Forscherteam aber noch nicht. War die Bananenschale nur wegen ihres Wassergehalts so rutschig? Hatten andere Obstschalen einen ähnlichen Rutscheffekt?

Um das herauszufinden, schälten sie Äpfel und Mandarinen und wagten noch einmal dasselbe knallharte Experiment: Sie traten darauf. Die Apfelschale landete mit 0,1 an weit abgeschlagener zweiter Stelle, und die Mandarinenschale haftete mit Abstand am besten, mit einem RK von 0,225 (ungefähr so ähnlich, als wenn man ohne Bananenschale auf einen Holzboden tritt).

Sollten Sie also demnächst durch eine fruchtverarbeitende Fabrik laufen und sich aussuchen können, auf welche Schalen Sie treten wollen, denken Sie daran: Es ist kein Witz, Bananenschalen sind die größten Übeltäter. Unter Druck tritt aus einer Bananenschale ein Gel aus, das sich als extrem glitschig erweist. Ihr Fuß und Ihr Körpergewicht sorgen für den nötigen Druck. Das Gel sorgt fürs Amüsement.

Warum ist Rutschigkeit so wichtig? Weil Gehen in Wirklichkeit nur eine Aneinanderreihung von Fast-Stürzen und Auffangmanövern ist. Bei jedem Schritt fallen Sie nach vorn, beim nächsten fangen Sie sich wieder. Und so weiter. Bananenschalen vermasseln die Sache mit dem Sich-Fangen. Wenn man auf einer rutschigen Oberfläche nur steht, ist in der Regel alles in Ordnung. Aber sobald man einen Schritt macht, leitet man einen Fall ein. Um ihn aufzuhalten, trifft der vordere Fuß mit Schwung in einem Neigungswinkel von 15 Grad auf den Boden auf. Wenn Sie wissen, dass Sie auf rutschigem Boden unterwegs sind, passen Sie Ihre Gangart an, so dass der Auftrittswinkel kleiner wird und die Sturzgefahr sich verringert. Auf herumliegende Bananenschalen ist man jedoch meistens nicht gefasst, und die Versuchsreihe ergab, dass ein normaler Schritt auf einer Substanz mit einem RK von weniger als 0,1 in 90 Prozent aller Fälle zu einem Sturz führt.

Natürlich besteht die eigentliche Gefahr darin, dass Ihr Gehirn etwas abbekommt, dieses lebenswichtige Organ, das hoch oben über dem Erdboden lebt. Dass wir vor vier bis sechs Millionen Jahren den aufrechten Gang gelernt haben, war ein großer Fortschritt für die Spezies Mensch, aber damit entstand auch das Rutsch-und-Hinfall-Problem. Wären Sie, sagen wir mal, so groß wie ein kleiner Hund und fielen hin, könnte Ihr Kopf nicht genug Fahrt aufnehmen, um ramponiert zu werden, wenn er auf das Straßenpflaster knallt.[8] Sie könnten auf Bananenschalen tanzen, denn der Unterschied zwischen einem Fall auf den Kopf aus einer Höhe von 30 Zentimetern und einem aus 1,80 Metern Höhe ist der Unterschied zwischen einer Beule und einem Schädelbruch.

Die Kraft, die bei einem Erwachsenen durch einen ungebremsten Sturz auf feste Materie ausgelöst wird, reicht locker aus, um Schädelknochen zu brechen. Grob geschätzt (jeder Kopf ist ein bisschen anders geartet) reicht ein ungebremster Fall aus einer Höhe von 90 Zentimetern auf eine harte Oberfläche auch schon für einen Schädelbruch aus. Der Schädel ist vorn und hinten fester und an den Seiten schwächer, aber selbst bei einem Aufprall auf das relativ robuste Stirnbein reicht eine Fallhöhe von 1,80 Meter für einen Bruch aus – besonders wenn Sie vornüber stürzen.

So oder so – wenn Sie Ihren Schädel nicht vor einem Fall aus 1,80 Meter Höhe schützen können, bricht er. Brüche sind aus verschiedenen Gründen gefährlich, aber besonders misslich ist die Blutung. Ihr Gehirn ist ein Blutschwamm, was bedeutet, dass ein Knochenbruch zu jeder Menge innerer Blutungen führt. Und das bringt Ihnen prompten und gravierenden Ärger ein.

Eine geplatzte Ader im Gehirn ist potentiell viel gefährlicher als irgendwo sonst. Und zwar nicht nur, weil Sie eine Beinwunde bandagieren können und eine Gehirnblutung nicht. Sondern weil Ihr Gehirn ein stabiler Container ist, der eine zerbrechliche Fracht enthält. Sobald Ihr Kopf anfängt, sich mit Blut zu füllen, wird Ihr Gehirn gequetscht. Zu viel Blut in Ihrem Gehirn erzeugt Druck, der auf das übrige Gehirn einwirkt und wichtige Funktionen unterbricht und zerstört, wie zum Beispiel die, dass Sie sich ans Atmen erinnern.

Natürlich weiß Ihr Gehirn, wie fragil es ist, und deshalb rattert es bei einem Sturz wie wild, damit irgendetwas den Fall abpuffert – Hände, Ellenbogen, Knie. Aus diesem Grund sieht man gewöhnlich mehr Blutergüsse an Hinterteilen als gebrochene Schädel, und aus diesem Grund sind auch Unfälle mit Bananenschalen meistens eher lustig als tödlich.

Aber »gewöhnlich« ist nicht gleichbedeutend mit »immer«. Und das bringt uns zu Mr Bobby Leach, dem englischen Teufelskerl, und zu den Niagarafällen.

Seit 1901 haben ungefähr 15 Menschen versucht, um des Ruhms oder des Nervenkitzels willen, über die Niagarafälle zu laufen (siehe S. 80, was mit ihnen passiert ist). Fünf von ihnen sind ertrunken, und die meisten wollten nie wieder hin. (»Lieber würde ich mich vor ein Kanonenrohr stellen«, soll eine der ersten Überlebenden gesagt haben, »auch wenn ich wüsste, dass es mich in Fetzen reißt, als so etwas noch mal mitzumachen.«)

Aber Bobby Leach war ein professioneller Stuntman. 1911 kletterte er in ein Stahlfass und stürzte den Wasserfall hinunter. Er überlebte, obwohl er sechs Monate im Krankenhaus lag, wo er seine beiden kaputten Knie und einen gebrochenen Kiefer kurieren ließ.

Danach begab er sich auf eine erfolgreiche Vortragsreise, für die er mit seinem Fass durch die Welt tourte und für Fotos posierte. 1926 war er in Neuseeland und spazierte durch Auckland, als er auf einer nicht näher identifizierten Obstschale ausrutschte und sich das Bein verletzte. Ein paar Tage später starb Bobby Leach an den Komplikationen.

Was passiert, wenn …

Sie lebendig begraben werden?

Sie können Ihren Puls messen, indem Sie am Hals neben Ihrem Kehlkopf zwei Finger auf Ihre Schlagader legen. In einer Minute sollten Sie ungefähr 70 Schläge zählen. Wenn Sie weniger als 26 Schläge zählen, sollten Sie dieses Kapitel im rückwärtigen Teil eines Rettungswagens zu Ende lesen.

Wenn Sie gar nichts spüren, liegen Ihre Finger vermutlich am falschen Ort, aber selbst wenn sie richtig liegen, heißt das nicht notwendigerweise, dass Sie tot sind. Manchmal ist der Puls so schwach, dass man ihn nicht mehr fühlt.[9] Dies stellte die Ärzte im Mittelalter vor Probleme, weil man damals nur durch Pulsfühlen herausfand, ob ein Patient am Leben war.[10] Gelegentlich wurden komatöse Patienten für tot erklärt und wachten einige Zeit später in der Leichenhalle auf. Irgendwann kamen besorgte Leute auf die Idee, über ihrem Grab eine Klingel anbringen zu lassen, von der aus eine Schnur in ihren Sarg führte – für den Fall der Fälle![11]

Heutzutage verfügen Ärzte über raffiniertere Methoden, um zu entscheiden, ob Sie tot sind (sie suchen nach elektrischen Signalen aus Ihrem Herzen und Ihrem Gehirn). Aber nehmen wir an, Ihr Arzt ist zum Essen eingeladen, will los und kürzt das Verfahren mal eben ab. Er unterschreibt Ihren Totenschein, greift nach seinem Mantel und springt ins Taxi, damit er rechtzeitig zum Dinner und ins Theater kommt. Währenddessen liegen Sie auf einer Trage, werden zur Laderampe gerollt und in den Leichenwagen verladen. Reiseziel: Bestatter und dann ein Loch in der Erde. Und nun?

Sobald Sie in einem luftdichten Sarg liegen, fangen Sie an, den Sauerstoff aufzubrauchen. Ein typischer Sarg enthält 900 Liter Luft. Sie verdrängen 80 davon, demnach bleiben 820 übrig. Ihre Lungen nehmen einen halben Liter pro Atemzug auf, aber Sie verbrauchen nur 20 Prozent des Sauerstoffs pro Atemzug, das heißt, Sie könnten dieselbe Luft ein paarmal recyceln, bevor sie völlig verbraucht ist.

Natürlich müssen Sie nicht jedes kleine Restchen Atemluft aufgebraucht haben, bevor Sie Probleme bekommen. Luft besteht zu 21 Prozent aus Sauerstoff, und damit geht es uns am besten. Die Probleme fangen an, sobald der Sauerstoff weniger wird. Luft mit zwölf Prozent Sauerstoff verursacht Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Verwirrung, denn die Gehirnzellen sind unterversorgt.

Ihr Sarg enthält ausreichend Sauerstoff für ungefähr sechs Stunden, bevor Sie allmählich ersticken – und das gilt nur, wenn Sie ruhig bleiben. Sie nehmen sicher an, dass Ihnen mehr Zeit bleibt, wenn Sie den Atem anhalten, aber dadurch würde Ihr Sauerstoffverbrauch sogar gesteigert, weil Ihr Körper anschließend die zu hohe Konzentration von CO2 im Blut überkompensiert und tiefere Atemzüge verlangt, als er eigentlich braucht. Der Königsweg wäre: langsame, kontrollierte Atemzüge.

Sobald der Sauerstoff unter zehn Prozent fällt, werden Sie ohne Vorwarnung bewusstlos und fallen schnell ins Koma.[12] Der Tod tritt bei sechs bis acht Prozent Sauerstoff ein.