Von Mond zu Mond - Anita E. Dobes - E-Book

Von Mond zu Mond E-Book

Anita E. Dobes

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Beschreibung

Die beiden Bibliothekarinnen Lenya und Lucia begeben sich auf eine spannende Reise durch das Universum. Auf ihrem Weg von Mond zu Mond sammeln sie neue Geschichten für die zauberhafte Bibliothek. Auch in Band 2 überraschen die mitwirkenden Autor*innen mit Geschichten von Magie, Poesie, Romantik, Düsternis und vielem mehr. Eine Anthologie zu lesen wie ein Roman. Begleite Lenya und Lucia auf ihrer manchmal etwas chaotischen Reise durch das Universum. Herausgeberinnen und Autorinnen: Anna Forest Dweller aka Tiny Ann; A. Elfe D. aka Georgie Ch. Sword Autor*innen: Alexander Klymchuck Anja C. Dobes Bauer Franziska Chloé Key Beccy Charlatan Annika Mirjam Pas Stefanie Bleier Alex C. Weiss Michael Krause Blassl Marcel Zischg Luna Day Anna Hellmich Franziska Lange Richard Häfner Daniela Schlögel – Anam Cara Julia Abel Stefan Junghanns Elisabeth Denscher Maria Orlovskaya Jasmin Engel Uwe M. Krauß Susanne Rackwitz Helmut Blepp Nicole Kunkel Stefanie Schneider – Rhona Drakkar

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum:

1. Auflage 2025

Copyright: „Die Wortelfen“

Einbandgestaltung, Fotos, Illustrationen, Korrektorat, Lektorat, Buchsatz:

Stones, Books and Pictures Scatoelfen – Anita E. Dobes

Hauptstraße 14, A – 4802 Ebensee

Herausgeber:

„Die Wortelfen“ – alias Anna Schachinger und Anita E. Dobes

Hauptstraße 14, A – 4802 Ebensee

Texte:

Siehe die jeweiligen Autoren*innen und „Die Wortelfen“

ISBN: 9783819435904

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Herausgeber und der Autoren unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Widerrechtliches Handeln wird rechtlich verfolgt.

Von Mond zu Mond

herausgegeben

von

Die Wortelfen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 5

Prolog 6

Kapitel 1 7

Das Geheimnis des Mondes 11

Der blaue Falter und der Tod 29

Der Traumjunge 35

Kapitel 2 41

Nur eine Feder blieb‘ zurück 44

Zorax und der Pfad der Elba 52

Der Lauf des Lebens 65

Kapitel 3 76

Drachenblut 79

Sehnsucht – Ailas Sicht 85

Sehnsucht – Magnis Sicht 96

Kapitel 4 104

Traum im Dunkeln 106

Knosplinge 110

Drachen lesen nicht 117

Kapitel 5 170

Dämonen 172

Traum des Hüters 176

Im Bann des Vollmondreichs 183

Kapitel 6 218

Das schwarze Einhorn 220

Die Lichterkette einer ungewöhnlichen Freundschaft 225

Die Musikbox 240

Kapitel 7 256

Himmelsdiebe 259

Schlachtrufe 263

Gib nicht auf 280

Kapitel 8 293

Das Wesen der Dunkelheit 295

Schattenfeuer 301

Tod und Leben 319

Kapitel 9 326

Die Königin der Nacht 329

Ordnung 334

Das Erbe der Königin 355

Kapitel 10 367

Tanz frei wie der Wind Mondkind 369

Julia 375

Benú 395

Frühlingsmond 423

Epilog 440

Vorwort

Auch diesmal gelten die ersten Worte in diesem Band 2 über unsere zauberhafte Bibliothek unseren Autor*innen. Ihnen gilt unser größter Dank! Durch sie kann die zauberhafte Bibliothek wachsen und Lenya und Lucia können von Mond zu Mond reisen, um neue Regale zu füllen. All die wundervollen Geschichten und Gedichte sind es, die erneut ein Projekt wie dieses ermöglichten. Danke für euer Vertrauen, dass wir das Buch in genau dieser Weise verwirklichen konnten.

Dieses war der zweite Streich und ja, es wird ein weiterer folgen. Helft uns, das Buch in die Welt zu tragen, zu teilen, zu lesen, zu schenken, zu verbreiten. Macht Werbung für unsere fantastischen Autoren*innen und schaut bei ihnen auf den Social Media Seiten vorbei.

Wir wünschen euch viel Spaß, Spannung und wundervolle Reisen zu fremden Monden beim Lesen!

Eure Wortelfen

Anna und Anita

Prolog

Ein Funke Magie, das Leben in ihr entfachte,

Als keiner darüber wachte,

Ein Individuum wurde geboren,

Wächter dafür auserkoren.

Größer zu werden sie selbst entscheidet,

Stillstand, sie stets vermeidet,

Wachsen wird sie, wann immer sie will,

die zauberhafte Bibliothek steht niemals still.

Kapitel 1

„Lenya! War dieses Regal gestern auch schon da?“

Lucias Stimme durchdrang die morgendliche Stille. Mit einer großen Tasse Tee bewaffnet gesellte sich die schattenelfische Bibliothekarin zu der Kleinelfe und starrte auf ein riesiges völlig leeres Bücherregal, das mitten im Eingangsbereich stand. Sie nippte an ihrem Tee und schüttelte den Kopf.

„Nein, eindeutig nicht, daran könnte ich mich erinnern.“

Lucia sah sie verwirrt an. Es war ihr klar, dass sich ihre Kollegin erinnern würde. Und seit wann trank Lenya Tee und nicht Kaffee?

Aber egal, woher kam plötzlich dieses neue Bücherbord?

Völlig aufgebracht rannte die kleine Bibliothekarin um das Regal und versuchte, einen Hinweis auf dessen Herkunft zu finden. Lenya sah ihr dabei zu und schlürfte genüsslich weiter ihren Tee. Irgendwann schüttelte sie den Kopf und ging zu ihrem Schreibtisch, um in den Unterlagen der Bibliothek nach einem Beleg für dieses ominöse Regal zu finden. Vielleicht wurde es in der Nacht geliefert. Sie wusste zwar nicht, wer es bestellt haben könnte, aber eventuell wurde es von ihren Vorgängern geordert. Gut, das wäre dann schon ziemlich lange her. Außerdem hätte Azrael, der Wachhund der Bibliothek sicher die Lieferanten gemeldet. Während sie die Unterlagen durchforstete, beruhigte sich auch Lucia einigermaßen und leistete ihrer Kollegin bei der Suche Gesellschaft.

„Ha, hier. Ich glaube ich habe etwas gefunden.“

Lenya zog ein furchtbar altes vergilbtes Pergament aus dem mittlerweile bei der Suche entstandenen Papierhaufen vor ihnen auf dem Schreibtisch. Lucia nahm es entgegen und las vor: „Tagebucheintrag des Jahres 965 vor den Elfenkriegen.“ ... Kurz zur Erklärung, ja vor den Elfenkriegen. Warum die das wussten? Es gab zu dieser Zeit eine allgemein bekannte Prophezeiung in der Welt Krigir und deshalb kam es zu der Zeitbezeichnung vor den Elfenkriegen. Die Vorgängerin war ebenfalls aus der gleichen Welt wie Lenya. ... „Mein Kollege Saramin und ich haben heute morgen ein völlig leeres Regal in der Eingangshalle der Bibliothek gefunden. Nachdem wir den ganzen Tag versuchten herauszufinden woher es kam, sind wir auf ein Buch im kleinen Kästchen über dem Waschbecken im Aufenthaltsraum gestoßen. Wir beide sind noch immer davon überzeugt, dass auch dieses Kästchen bisher nicht existiert hat. Auf alle Fälle stand in einem beiliegenden Brief, dass die Bibliothek selbstständig wächst, wenn ihr danach ist. Schließlich ist sie ein Individuum und sehnt sich hin und wieder nach Neuem. Um zu gewährleisten, dass sie hin und wieder schneller neue Bücher erhält, führt sie ein eigenes Buch ... DAS BUCH DER MONDE ... Es scheint eine Anleitung zu sein, wie man Portale zu fremden Monden öffnet. Eintrag geschrieben von Trinara, 24. Bibliothekarin der zauberhaften Bibliothek.“

Lucia und Lenya sahen sich mit großen Augen an. Ein Kästchen im Aufenthaltsraum? Wie auf Befehl liefen die beiden los, um nachzusehen. Kurz darauf hielten sie andächtig ein eindeutig magisches in Leder gebundenes Buch in den Händen.

Den restlichen Tag verbrachten die beiden damit mehr über das Buch, das Regal und die zu besuchenden Monde herauszufinden. Euphorisch beschlossen sie am Abend, früh morgens loszulegen, um gleich zu Beginn ihres Arbeitstages zu versuchen eines dieser Portale zu öffnen.

Am nächsten Morgen stand Lenya zum ersten Mal, seit die beiden die Tätigkeit in der Bibliothek übernommen hatten, bereits fertig angekleidet und abreisebereit mit dem Buch in der Hand, bewaffnet bis auf die Zähne vor dem Regal, als Lucia die Eingangshalle der Bibliothek betrat. Azrael stand neben ihr und wartete mit neugierigem Blick, was die beiden wohl schon wieder vorhatten. Scheinbar würden sie ihm die Bibliothek etwas länger überlassen, da Lenya sein Schlafbett und jede Menge Futter und Wasser für ihn bereitgestellt hatte. Nervös streichelte sie ihn immer wieder und verabschiedete sich schon zum fünften Mal.

„Können wir dich wirklich alleine lassen? Ist das in Ordnung für dich?“

Entspannt legte sich Azrael hin und versuchte, ihr zu vermitteln, dass alles gut war.

Lucia hatte nichts bei sich, außer einer selbstschreibenden Schreibfeder, einem magischen Kristall zum Aufnehmen von Sprachnachrichten und einem Buch der Worte.

Stirnrunzelnd sah sie Lenya an.

„Denkst du nicht, du solltest auch etwas Proviant und eine Schlafrolle mitnehmen? Und eventuell eine kleine Waffe zum Verteidigen? Und was ist mit Reisekleidung?“

Lucia sah sie mit großen Augen an.

„Wie lange denkst du unterwegs zu sein?“

Kopfschüttelnd widmete sich Lenya dem ersten Spruch im Buch der Monde, um ein Portal zu erschaffen. Sie stand vor einem der Torbögen, die zum Inneren der Bibliothek führten. Mit geschlossenen Augen, vor sich hinmurmelnd, sah sie nicht, wie sich eine wabernde schimmernde Wand vor ihr bildete. Erst als sie einen spitzen Schrei von Lucia hörte, riss sie die Augen auf. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, dass die Kleinelfe neugierig direkt vor dem Portal stand und von einer von der anderen Seite kommenden bleichen knorrig dürren Hand am Kragen gepackt wurde. Sekundenbruchteile danach wurde Lucia in die wabernde Masse hineingerissen.

„LUCIA!“

Erschrocken war Lenya kurzfristig bewegungsunfähig. Endlich kam Leben in ihre Glieder. Sie riss ihr Schwert aus der Scheide und sprang ihrer kleinen Freundin nach.

Fröstelnd und nach Luft schnappend kam sie auf der anderen Seite an. Sie stand knietief im Schnee vor einer kleinen Hütte auf einer Lichtung in einem Wald. Durch die geschlossene Tür hörte sie Stimmen. Lucia und eine ihr unbekannte quäkige Stimme.

„Oh, endlich gekommen ihr seid. Schon so lange warten ich muss. Komm, komm, niedersetzen. Habe Essen, muss Geschichte erzählen. Wo deine Freundin ist? Oh, sie noch draußen. Kalt dort ist.“

Die Tür zu der Behausung wurde aufgerissen und ein Gnomenmann in einer braunen Kutte stand vor Lenya, um sie hereinzubitten. Zitternd und da offenbar keine Gefahr von ihrem Gastgeber drohte, nahm die Schattenelfe die Einladung liebend gerne an.

In eine Decke gewickelt am Feuer sitzend begann der Gnom ihnen eine Geschichte zu erzählen. Die von Lucia mitgebrachte Feder machte sich an die Arbeit und schrieb jedes einzelne Wort mit.

Das Geheimnis des Mondes

Liebevoll blätterte sie die letzte Seite um und klappte das Buch zu. Sie hatte den ersten Band der Twilight-Saga nun schon zum fünften Mal gelesen und immer noch war sie begeistert von der wundervollen Fantasywelt.

Während alle ihre Freundinnen Edward anhimmelten, war sie eindeutig im „Team Jacob“. In ihrer Fantasie war es viel aufregender, sich in einen Werwolf zu verwandeln, der lautlos durch die Wälder streifte, als in einen blassen Vampir, der wehrlosen Menschen das Blut aussaugte. Wölfe waren für Lena faszinierende Geschöpfe. Sie betrachtete sie gerne im Zoo, auch wenn ihr die Tiere dort leidtaten. Doch hier im Salzkammergut, wo Lena mit ihrer Familie lebte und ihre Eltern eine Landwirtschaft betrieben, wurden sie immer mehr zum Problem für die Bauern. Vor ein paar Tagen erst hatte ein Wolf das Schaf eines Nachbarn gerissen. Lenas Vater machte sich große Sorgen um seine Schafherde, die er in wenigen Wochen über den Sommer auf die Alm bringen würde, wo sie den Wölfen schutzlos ausgeliefert waren. Er konnte es sich nicht leisten, einen Schäfer mit Hund als Wächter zu engagieren. Ohne seinen Teilzeitjob als Verkäufer im Lagerhaus kämen sie ohnehin kaum über die Runden.

„Lena, beeil dich! Du versäumst sonst noch den Bus!“, rief Lenas Mutter.

Sie steckte kurz den Kopf bei der Küchentür herein.

„Jeden Tag dasselbe“, murmelte sie kopfschüttelnd, während Lena hastig ihre Sachen zusammenpackte.

„Tut mir leid Mama, hab dich lieb!“, rief Lena und rauschte an ihrer Mutter vorbei.

Sie wusste, dass ihre Mutter es hasste, wenn sie die Stallarbeit unterbrechen musste, um ihre Tochter rechtzeitig auf den Weg zu schicken. Sie lief den Feldweg hinunter zur Bushaltestelle und kam gerade rechtzeitig, um den Schulbus zu erwischen.

In der Klasse angekommen tuschelten die Mädchen aufgeregt.

„Lena, weißt du schon das Neueste? Wir bekommen einen neuen Mitschüler. Sein Name ist Alex. Stell dir vor, er ist von seiner vorigen Schule geflogen. Er hatte sogar Ärger mit der Polizei. Ach ja, und er soll total heiß sein“, flüsterte ihr ihre beste Freundin Anna zu.

Lena hatte die Informationen noch nicht ganz verarbeitet, als ihr Klassenlehrer Herr Müller mit einem ihr unbekannten Jungen die Klasse betrat.

„Guten Morgen und alle einmal aufgepasst! Das ist Alexander, euer neuer Mitschüler. Ich erwarte von euch, dass ihr ihn in eurer Klassengemeinschaft aufnehmt. Neben Lena ist noch ein Platz frei, sie wird dir alles zeigen.“

Herr Müller geleitete den neuen Mitschüler in die vorletzte Reihe zu Lenas Tisch.

„Und jetzt schlagt bitte das Buch auf Seite 20 auf.“

Für Herrn Müller war die Angelegenheit damit erledigt. Lenas Herz hingegen klopfte aufgeregt und sie hoffte inständig, dass sie nicht rot wurde, als ihr Alex zulächelte.

Lena fiel es an dem heutigen Tag schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Alex war ihr gegenüber charmant und zuvorkommend und schien sich für den Rest der Klasse überhaupt nicht zu interessieren. Als die Schulglocke den Unterricht beendete, wandte sich Alex an Lena.

„Vielen Dank, dass du mir durch den ersten Tag geholfen hast. Darf ich dich als kleines Dankeschön heute Abend auf eine Pizza einladen?“

Ihr Herz hüpfte vor Freude und sie wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen. Sie versuchte, sich ihre Freude über die Einladung nicht allzu sehr anmerken zu lassen.

„Ja, gerne.“, sagte sie daher knapp.

„Super, dann treffen wir uns um 19 Uhr vor der Pizzeria.“ Lena brauchte nicht zu fragen, welche Pizzeria er meinte. In dem kleinen Ort, in dem sie seit ihrer Geburt wohnte, gab es ohnehin nur eine.

„Alles klar, bis später dann“, rief Lena und eilte aus der Klasse.

Am Abend überprüfte Lena ein letztes Mal ihr Aussehen im Spiegel, als ihr Handy vibrierte und eine WhatsApp-Nachricht von Alex am Display aufpoppte.

„Muss für heute Abend leider absagen. Sorry.“

Wütend und enttäuscht warf sich Lena auf ihr Bett. Wieso lud er sie zum Pizzaessen ein, wenn er dann doch keine Lust hatte und ihr so kurzfristig absagte? Lena starrte eine Weile finster auf die Zimmerdecke.

Sie musste eingenickt sein, denn als sie wieder erwachte, war es draußen bereits dunkel. Sie stand auf und ging auf den Balkon hinaus. Sie atmete die kühle Nachtluft ein und betrachtete die Sterne am Himmel. Plötzlich hörte sie Geräusche und nahm gleichzeitig eine Bewegung am Waldrand wahr. Sie blinzelte und versuchte, besser zu erkennen, was da unten war. In dem Moment gab eine Wolke den Vollmond frei und sie traute ihren Augen kaum. Am Waldrand stand ein Wolf und sie hätte schwören können, dass er kurz zu ihr hochschaute, bevor er auf leisen Pfoten wieder im Wald verschwand.

Am nächsten Morgen war Lena so schlecht gelaunt, dass sie beim Frühstück nicht einmal in einem ihrer geliebten Bücher las. Sie aß ohne Appetit und verließ zum ersten Mal morgens pünktlich das Haus.

In der Schule angekommen vertiefte sie sich sogleich in ihr Mathebuch, obwohl sie Rechnen nicht sonderlich leiden konnte. Und dann betrat ER die Klasse. Gegen ihren Willen hellte sich ihre Miene auf. Dennoch wollte sie ihm zeigen, dass sie wegen seiner Absage sauer war.

Er ließ sich neben Lena auf seinen Sessel fallen und stöhnte leise.

„Tut mir echt leid wegen der Absage gestern. Ich war nicht ganz fit.“

„Schon ok“, fauchte sie ihn an.

Natürlich war nichts ok. Sie musterte ihn verstohlen von der Seite. Er sah wirklich krank aus. Er wirkte geschwächt und sein Gesicht war aschfahl. Vielleicht hatte er ihr Date ja doch aus gutem Grund absagen müssen. Lena bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie böse auf ihn war. Aber Moment! War das Ganze überhaupt als Date gedacht? Eigentlich wollte Alex sich mit der Einladung nur bei ihr bedanken. Er hatte das Wort „Date“ nicht benutzt. Sie hatte vermutlich wieder viel zu viel in die Sache hineininterpretiert. Und dennoch hatte Lena den Eindruck, dass sich hinter seinen verstohlenen Blicken mehr verbarg als nur Dankbarkeit.

„Tut mir wirklich leid, dass ich dich enttäuscht habe. Lass es mich wieder gut machen. Wie wäre es mit morgen Abend?“

„Ach, ich weiß nicht so recht. Eigentlich sollte ich ja für die Mathe-Schularbeit nächste Woche lernen.“

„Ich werde auch nicht wieder absagen, versprochen.“

Er blickte sie mit seinen eisblauen Augen so intensiv an, dass sie nicht nein sagen konnte.

Es wurde ein äußerst netter Abend, den Lena sehr genoss. Alex war nicht nur unglaublich attraktiv, er war auch witzig und ein Gentleman der alten Schule. Und, was am allerwichtigsten für Lena war, er las gerne Bücher. Am liebsten Fantasy.

Von nun an trafen sie sich regelmäßig außerhalb der Schule. Lena verschwieg die Treffen vor ihrer besten Freundin und hatte deshalb Schuldgefühle. An diesem Abend nahm sie sich vor dem Einschlafen fest vor, ihrer Freundin am nächsten Morgen von ihren Dates zu erzählen.

Anna war am nächsten Tag jedoch krank und so ging Lena in der großen Pause alleine in den Schulhof. Sie setzte sich auf die Stufen, genoss die warmen Sonnenstrahlen und aß ihr mitgebrachtes Brot. Um ehrlich zu sein, war sie froh, mal eine Pause ohne Anna und ihr Geplapper verbringen zu können. So konnte sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen.

Sie hatte für einen kurzen Moment die Augen geschlossen, als sie bemerkte, dass ein Schatten auf sie fiel.

„Du sitzt auf meinem Platz“, knurrte sie eine, ihr wohl bekannte Stimme an. Oh nein, nicht schon wieder Clara.

„Ich will keinen Stress, ok. Lass mich einfach in Ruhe“, antwortete Lena. Obwohl sie innerlich kochte, versuchte sie ruhig zu bleiben. Clara war eine Klasse über ihr und machte ihr seit dem letzten Schulfest ständig das Leben schwer. Lena hatte sich auf dem Fest mit einem Jungen unterhalten. Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem Jungen ausgerechnet um Claras Freund Thomas. Lena war sich keiner Schuld bewusst, immerhin sprach Thomas sie an und nicht umgekehrt. Außerdem war zwischen den beiden nichts weiter passiert. Sie unterhielten sich lediglich über die bevorstehenden Sommerferien.

Lena stand auf und wollte so schnell wie möglich verschwinden, doch Clara und ihre Freundinnen bauten sich vor Lena auf und versuchten sie einzuschüchtern.

„Lasst mich vorbei“, sagte Lena energisch und versuchte, zwischen den Mädchen hindurch zu schlüpfen.

Dann ging alles sehr schnell. Clara packte sie so fest am Arm, dass sie aufschrie. Ein großer Schatten tauchte wie aus dem Nichts neben den Mädchen auf und riss Clara so heftig von ihr weg, dass beide Mädchen unsanft am Boden landeten.

„Lass deine Finger von Lena“, knurrte eine bedrohliche Stimme auf Clara hinab, „sonst bekommst du es mit mir zu tun.“

Die Mädchen liefen ängstlich davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Dann wandte sich die Gestalt zu Lena um.

„Alles in Ordnung?“, fragte eine besorgte Stimme.

Es war Alex.

„Ja, es geht schon“, antwortete Lena.

Sie stand zögerlich auf und rieb sich sanft ihre schmerzenden Glieder. Sie wusste nicht, ob sie ihm Danken sollte, oder auch so schnell wie möglich davonlaufen sollte, so wie die anderen Mädchen es getan hatten.

„Hey, ähm, tut mir echt leid, dass ich so ausgerastet bin. Ich wollte niemandem weh tun, ehrlich nicht. Ich wollte nur verhindern, dass sie dir wehtun. Ich konnte einfach nicht mehr klar denken“, sagte er kleinlaut.

„Du hast mich ganz schön erschreckt“, sagte Lena leise.

Sie war immer noch geschockt von der Heftigkeit, mit der er sie von Clara losriss und ihre Kontrahentin zu Boden schleuderte. Zum Glück waren gerade keine Lehrer in der Nähe.

Sie wusste nicht, was sie von seinem Wutausbruch halten sollte. War er gefährlich? Vor ein paar Sekunden noch hätte sie sofort ‚ja‘ gesagt, doch jetzt, in diesem Moment, kam er ihr so sanft und verletzlich vor, dass sie nicht glaubte, dass er einer Fliege etwas zuleide tun könnte.

Er blickte sie mit seinen eisblauen Augen an.

„Hast du Freitagnachmittag vielleicht Zeit? Ich würde dir gerne etwas zeigen.“

„Ich, ähm, ich weiß nicht so recht“, antwortete Lena ausweichend.

„Bitte Lena“, sagte Alex sanft. „Es ist wirklich wichtig für mich. Es ist etwas über mich, dass ich gerne mit dir teilen möchte, weil ich dir vertraue. Niemand sonst weiß darüber Bescheid. Wir treffen uns um 16 Uhr bei der Hütte im Wald, ok?“

Sie sollte NEIN sagen. Sie wollte NEIN sagen. Sie konnte sich auf keinen Fall mit ihm alleine im Wald treffen. Nicht nachdem, was soeben passiert war. Ihr Gehirn versuchte inständig, sie davon abzuhalten. Doch ihr Herz sagte JA.

Ein paar Tage später fing Anna ihre beste Freundin auf dem Weg zur Klasse ab.

„Hey, da bist du ja! Wollen wir heute Nachmittag shoppen gehen? Ich brauche dringend neue Klamotten!“

Lena verdrehte die Augen. Anna brauchte ständig neue Klamotten.

„Tut mir leid, ich bin heute Nachmittag schon verabredet“, antwortete Lena und versuchte, dabei möglichst gelassen zu wirken.

Anna sollte nicht mitbekommen, wie aufgeregt sie wegen des Treffens mit Alex war.

„Ach, wie schade“, antwortete Anna. „Mit wem bist du denn verabredet?“, fragte sie neugierig.

„Mit Alex.“

„Halt, halt, halt. Wie jetzt, du bist mit Alex verabredet? Echt jetzt? Und das erzählst du mir so nebenbei?“, sagte Anna aufgeregt. „Moment. Ist er etwa der Grund, weshalb du in den letzten Wochen nie Zeit für mich hattest?“

„Ich wollte es dir erzählen. Es ist ja nichts Ernstes. Wir verbringen einfach gerne unsere Freizeit miteinander“, beschwichtigte Lena ihre Freundin.

„Und was habt ihr vor? Geht ihr ins Kino oder so?“, bohrte Anna weiter.

Eine leichte Beunruhigung schwang in ihrer Stimme mit.

„Nein, wir treffen uns bei der alten Hütte im Wald. Du weißt schon, die auf unserem Grundstück.“

Noch während die Worte aus Lenas Mund kamen, bereute sie es bereits, Anna davon erzählt zu haben. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Anna darauf reagieren würde.

„Lena, bitte! Ich bin deine beste Freundin, schon seit dem Kindergarten! Ich freue mich wirklich sehr für dich, dass du endlich mal einen Jungen gefunden hast, für den du dich interessierst und der sich offensichtlich auch für dich interessiert, aber bitte, du kannst dich mit ihm nicht im Wald treffen. Und noch dazu ganz alleine. Wir wissen nicht einmal, warum er von seiner vorigen Schule geflogen ist. Vielleicht ist er gefährlich? Findest du es nicht komisch, dass er sich mit dir bei dieser Hütte verabredet hat wo weit und breit keine anderen Menschen unterwegs sind? Das ist irgendwie gruselig. Bitte Lena, ich muss dir das einfach ausreden. Das ist keine gute Idee. Wieso trefft ihr euch nicht einfach in der Stadt und geht auf ein Eis so wie jedes normale Teenagerpaar?“

Lena nickte.

„Ach, du hast ja recht Anna. Das ist wirklich keine so gute Idee. Ich schreib ihm eine WhatsApp-Nachricht, dass wir uns in der Stadt treffen.“

Anna nickte und hakte sich bei ihrer Freundin unter.

„Na also.“, meinte sie zufrieden.

Lena war erleichtert, als genau in diesem Moment die Glocke läutete und die Pause vorbei war. Schweigend gingen die beiden Freundinnen zurück in das Klassenzimmer. Anna hatte ja recht, es war schon irgendwie eigenartig von Alex, dass er sie bei der alten Hütte treffen wollte. Aber Lena war einfach zu neugierig darauf, was er ihr zeigen wollte.

Nach der letzten Stunde wurde Anna zum Glück von der Englisch-Lehrerin aufgehalten, die eine Hausaufgabe mit ihr besprechen wollte. Lena lächelte in sich hinein und sprintete zur Bushaltestelle.

Zuhause fiel es ihr schwer, sich auf die Hausaufgabe zu konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu Alex und der geheimnisvollen Hütte im Wald. Je näher der Zeitpunkt rückte, an dem sie losradeln wollte, desto nervöser wurde sie. Eine halbe Stunde vor dem Treffen war sie kurz davor, alles abzusagen.

„Jetzt reiß dich mal zusammen, du Feigling!“, sagte sie dann fest entschlossen zu sich selbst, schnappte sich ihre Handytasche und düste mit ihrem Fahrrad los.

Hinter dem Bauernhof ihrer Eltern führte ein schmaler Waldweg, auf dem kaum Fußgänger und außer ihr schon gar keine Radfahrer unterwegs waren, direkt bis zur Hütte. Dort angekommen lehnte Lena ihr Fahrrad gegen einen Baum und blickte sich suchend um. Jetzt erst bemerkte sie die dunklen Gewitterwolken am Himmel und prompt fing es leicht an zu regnen. Na toll! Alex war nirgends zu sehen. Vielleicht hatte er sich nur einen Scherz mit ihr erlaubt. Sie ging langsam auf die Hütte zu. Mit zittrigen Fingern griff sie nach dem Türknauf und drückte sie zaghaft nach unten. Abgeschlossen. Sie tastete nach dem versteckten Schlüssel. Er war noch da. Nervös sperrte sie die Türe auf. Die Hütte war leer. Natürlich. Es war wohl das Beste, einfach wieder zu verschwinden. Wenn sie nur nicht so verdammt neugierig und Alex nicht so verdammt attraktiv wäre. Ihr Herz klopfte wie wild und ihr Verstand versuchte, ihr einzuhämmern, sofort nach Hause zu radeln. Der Regen wurde allmählich stärker und aus der Ferne erklang Donnergrollen.

Plötzlich hörte sie ein Rascheln hinter sich. Blitzartig drehte sie sich um und erblickte einen Wolf mitten auf der Lichtung.

„Oh mein Gott“, flüsterte Lena, doch sie hatte keine Angst vor dem schönen Tier, das sie interessiert anblickte. Sie starrte den Wolf an und wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Alex jäh hinter sie trat.

„Wunderschöne Tiere, findest du nicht auch?“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Lena wandte ihren Kopf zur Seite und blickte Alex direkt in die Augen.

„Ja, wunderschön. Ich habe erst einmal einen Wolf in freier Natur gesehen“, flüsterte sie.

Lena wagte es kaum zu atmen. Während sie weiter gebannt den Wolf anstarrte, bemerkte sie im Augenwinkel eine leichte Bewegung. Alex nickte dem Wolf zu, woraufhin dieser im Wald verschwand.

„Kannst du… kannst du dich mit ihm verständigen?“, wollte Lena leise wissen.

„Ja, das kann ich. Und… da ist noch mehr Lena was ich dir anvertrauen möchte. Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Dass, du niemandem erzählen wirst, was ich dir jetzt sagen werde und dass du mir helfen kannst, mein Geheimnis zu wahren.“

Er blickte sie mit seinen eisblauen Augen erwartungsvoll an. Lena nickte. Sie brachte kein Wort heraus. Sie wusste nur, dass Alex ihr vertraute und sie ihm. Fast als wäre ein unsichtbares Band zwischen den beiden.

„Also, ähm…“

Alex rang nach den richtigen Worten und platzte schlussendlich mit der Wahrheit heraus. „Der Grund warum ich mit dem Wolf kommunizieren kann ist der, dass ich mich auch in einen Wolf verwandeln kann.“

„Du willst mich wohl auf den Arm nehmen?“, entfuhr es Lena. „Das ist doch nicht dein Ernst oder? Oder?“

Er musste mittlerweile wissen, wie sehr sie die Twilight-Saga liebte, und wollte sie auf den Arm nehmen. Lena wankte. Sollte sie auf der Stelle davonlaufen? Nein, sie konnte Alex jetzt nicht so stehen lassen. Was, wenn er doch die Wahrheit sagte? Ein entsetzlicher Gedanke drängte sich ihr auf.

„Warst du es etwa, der die ganzen Schafe getötet hat? Das, das wird mir alles zu viel. Ich verschwinde besser.“

Alex packte Lena unsanft am Arm und hielt sie fest.

„Ein Werwolf reißt keine Schafe. Lena bitte, du musst mir glauben. Wir nehmen während unserer Verwandlung keine Nahrung zu uns. Ich esse wie jeder normale Mensch auch. Der Grund warum ich dich hierher gebeten habe ist… also… ich werde mich heute Nacht verwandeln. Ich werde mich in der Hütte einsperren. Ich bin keine Gefahr für dich. Ich greife nur an, wenn ich bedroht werde. Ich… Lena, ich liebe dich. Bitte, du bist die einzige, der ich mein Geheimnis anvertrauen kann. Ich will nicht länger alleine sein. Bleib bei mir.“

„Lass mich los“, fauchte sie panisch, doch er hielt sie noch fester.

„Beruhige dich, bitte. Ich will dir nicht weh tun. Ich dachte, du würdest mich verstehen“, fügte er traurig hinzu.

„Ich, nein! Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz.“

Sie riss sich los und lief davon, ohne sich noch einmal umzublicken. Alex tat nichts, um sie davon abzuhalten. Wahrscheinlich saß irgendwo im Gebüsch einer ihrer Mitschüler, der die Szene gefilmt hatte und sich jetzt halbtot lachte. Sie hatte sich noch nie in ihrem ganzen Leben so sehr in einem Menschen getäuscht wie in Alex.

Als Lena nach Hause kam, wollte sie nur eines, sich in ihrem Zimmer verkriechen. Und zwar für immer und ewig. Beim Betreten der Garderobe hörte sie jedoch aufgeregte Stimmen aus der Küche und sie wurde neugierig. Ihre Eltern unterhielten sich mit zwei benachbarten Landwirten und dem Förster.

„Guten Abend“, grüßte Lena in die Runde. Die Männer und ihre Mutter blickten sie ernst an.

„Was ist los?“, fragte Lena und eine unheimliche Vorahnung beschlich sie.

„Sie haben ihn zum Abschuss freigegeben. Endlich!“, ergriff ihr Vater schließlich das Wort. „Nach fünf toten und zwanzig abgängigen Schafen haben die da oben endlich reagiert und DNA-Proben entnommen. Die Auswertung hat eindeutig ergeben, dass ein Wolf die Tiere gerissen hat. Wir brechen in einer Stunde auf.“

„Aber, deshalb müsst ihr den Wolf doch nicht erschießen, oder?“, fragte Lena mit zitternder Stimme.

„Der Wolf wurde als Schadwolf eingestuft.“, erklärte der Förster. „Das bedeutet, dass der Wolf ein kritisches oder gefährliches Verhalten zeigt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als ihn abzuschießen. Wir müssen unsere Nutztiere schützen.“

Lena starrte die Männer fassungslos an. Ihre Mutter zog sie sanft zur Seite, während die Männer weiter die Vorgehensweise der Wolfsjagd besprachen.

„Liebes, es tut mir schrecklich leid. Ich weiß, wie sehr du um das Tierwohl und besonders um das der Wölfe besorgt bist. Aber hier geht es um Existenzen. In unserer Gegend ist einfach kein Platz für einen Wolf.“

Sie zog ihre Tochter in eine sanfte Umarmung.

„So ist es am besten für alle, glaub mir.“

„Für den Wolf wohl kaum“, antwortete Lena bitter.

Sie löste sich aus der Umarmung.

„Ihr habt keine Ahnung“, murmelte sie.

Verdammt! Wie sollte sie ihnen nur klar machen, dass sie womöglich einen Menschen töten könnten! Sie musste diese schreckliche Jagd verhindern, bloß wie? Zumindest sollte sie Alex warnen. Wenn er in der Hütte blieb, konnte ihm eigentlich nichts passieren, oder?

Sie verließ ohne ein weiteres Wort die Küche und eilte auf ihr Zimmer. Sie musste nachdenken, konnte jedoch keinen klaren Gedanken fassen. Sie ging auf den Balkon hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen. Die Wolken zogen langsam weiter und gaben den vollen Mond frei. So verrückt es auch klang, was, wenn Alex doch die Wahrheit gesagt hatte? Wieso mussten sie ausgerechnet diese Nacht auf die Jagd gehen, fluchte Lena in sich hinein. Es stand außer Zweifel. Sie musste wieder hinaus in den Wald und zur alten Hütte, um nach Alex zu sehen. Am Weg nach draußen schnappte sie sich ein paar Klamotten ihres Bruders und stopfte sie in ihren Rucksack. Nur für den Fall, dass Alex sie brauchen würde…

Sie verließ das Haus durch den Hintereingang. Dann lief sie, so schnell sie konnte in den Wald.

„Hoffentlich erschießen sie mich nicht“, dachte Lena bitter.

Doch in diesem Moment hatte sie keine Angst um sich selbst. Ihre einzige Sorge galt Alex.

Sie rannte den ganzen Weg bis zur Hütte und kam völlig entkräftet auf der Lichtung an. Dann erstarrte sie jäh. Die Tür des alten Holzhauses stand sperrangelweit offen.

„Verdammt Alex! Wo bist du?“, schrie sie in die Nacht hinein, doch niemand antwortete ihr.

Aus der Ferne hörte sie Hundegebell. Die Jagd begann.

Lena lief ohne Ziel immer tiefer in den Wald hinein. An einer Lichtung blieb sie stehen, um zu verschnaufen. Plötzlich hörte sie ein Rascheln hinter sich. Wie in Zeitlupe drehte sie sich um und blickte in die bernsteinfarbenen Augen eines Wolfes.

„Alex, bist du das?“, flüsterte sie, während der Wolf sie weiter anstarrte.

Moment, Alex hatte blaue Augen, doch woher sollte sie wissen, welche Augenfarbe er als Wolf hatte?

„Alex, wenn du es bist und du mich verstehen kannst. Du musst sofort von hier verschwinden. Bitte. Sie machen Jagd auf dich.“

Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und ging einen Schritt auf den Wolf zu, was den Wolf lediglich dazu veranlasste, sie gefährlich anzuknurren.

„Mist“, fluchte Lena und wich zurück.

Plötzlich sprang ein zweiter Wolf auf die Lichtung und drängte sich zwischen die beiden. Der Wolf war größer und hatte dunkleres Fell. Lena starrte wie gebannt auf die beiden wilden Tiere. Und dann heulte der große Wolf los. Es klang so anders, wie nicht von dieser Welt, so dass Lena das Blut in ihren Adern gefror. Der kleinere Wolf senkte augenblicklich den Kopf und lief davon. Der große Wolf kam winselnd auf Lena zu und sie wusste sofort, dass es Alex war.

„Verdammt Alex, wieso bist du nicht in der Hütte geblieben? Sie machen Jagd auf dich. Wir müssen sofort hier verschwinden, hörst du?“

Nur wo sollten sie sich verstecken? Lena dachte verzweifelt nach.

„Die Höhle“, schoss es ihr plötzlich in den Kopf. „Dort können wir uns bis zum Morgengrauen verstecken und keiner wird uns finden. Los komm mit, wir müssen uns beeilen.“

Sie lief los und der große Wolf folgte ihr.

Sie durchquerten den Fluss und kletterten einen steilen Abhang hinauf. Der Eingang der Höhle war gut hinter Bäumen und Sträuchern versteckt. Sie gingen tief in die Höhle hinein. Lena hoffte, dass die Hunde der Fährte des anderen Wolfes folgten.

Sie verbrachten die Nacht Seite an Seite und irgendwann schlief Lena ein. Sie hatte keine Angst mehr vor Alex. Im Morgengrauen verwandelte sich der Werwolf wieder zurück in seine menschliche Gestalt. Lena fiel ihm erleichtert um den Hals und rückte dann peinlich berührt wieder von ihm ab, als sie registrierte, dass er nackt war. Sie drehte sich um und warf ihm ihren Rucksack hin.

„Da sind Klamotten für dich drin.“

Alex zog sich rasch an und trat dann an Lena heran.

„Glaubst du mir jetzt?“, flüsterte er und berührte sie sanft an der Wange.

Lena musste lächeln.

„Du hast mir sehr eindrucksvoll gezeigt, was in dir steckt“, meinte sie schmunzelnd.

Schnell wurde sie wieder ernst.

„Ich hatte solche Angst um dich. Und um den anderen Wolf. Was wohl aus ihm geworden ist? Bist du deshalb nicht in der Hütte geblieben? Um ihm zu helfen?“

„Nein. Ich musste dir einfach nachlaufen. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass du mich zurückweist. Ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt Lena.“

Er beugte sich zu ihr hinab und seine Lippen berührten sanft die ihren. Lena erwiderte seinen Kuss zärtlich und flüsterte dann: „Ich liebe dich auch Alex.“

Und von nun an wusste Alex, dass er nicht mehr alleine war. Er wusste, dass er Lena vertrauen konnte und dass sie ihm dabei helfen würde, sein Geheimnis, das Geheimnis des Mondes, für immer zu bewahren.

In dem Moment, als der Gnom seine Geschichte beendete, hörte die Feder auf zu schreiben und fiel in Lucias Schoß. Lenja wandte sich an den Erzähler.

„Eine tolle Geschichte, hast du sie dir ausgedacht?“

Dieser schüttelte den Kopf.

„Nein ich sammle Geschichten von Wesen, die mich besuchen. Auf der Erde vorgekommen sie ist. Stefanie Bleier ist ihr Name. Sie wurde 1982 in Bad Ischl geboren. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaft und Pädagogik kehrte sie der Liebe wegen wieder in die Heimat zurück. Mit ihrem Mann und ihren drei wundervollen Kindern lebt sie im malerischen Salzkammergut. Sie ist hauptberuflich Mama und nebenberuflich als Legasthenietrainerin tätig. Das Schreiben ist für sie ein Ausgleich zum oft turbulenten Familienalltag, sie erzählt mir hat.“

„Oh, die ist ja vom selben Planeten wie unsere Bibliothek! Wie toll!“, rief die Kleinelfe begeistert aus.

Dann begann sie plötzlich zu gähnen. Der Gnom reagierte sofort darauf.

„Spät geworden es ist. Zeigen wo ihr schlafen könnt, ich werde“, sagte er und deutete zu einem Vorhang, hinter den die Elfen ihre Schlafstätte für die folgende Nacht fanden. Erschöpft ließen sich die beiden auf ihr Nachtlager fallen. Portalreisen machen unfassbar müde.

„Schlaf gut“, wünschte Lenya Lucia.

„Nute Gacht“, erwiderte die sich schon im Halbschlaf befindende Kleinelfe.

Der niedliche Versprecher entlockte der sonst so ernsten Schattenelfe ein Lächeln, bevor sie ebenfalls einschlief.

Am folgenden Tag erwachten Lucia und Lenya in gemütlichen mit Fellen bedeckten Betten. Ihr Gastgeber der kleine Gnom namens Roroki, der ihnen am Vortag die Geschichte erzählte, war nirgends zu sehen. Frühstück stand am Tisch.

Schulterzuckend sprang Lucia aus dem Bett und machte sich über das reichlich vorbereitete Essen her. Mit vollem Mund plapperte sie fröhlich: „Siehst du, ich brauche nichts mitzunehmen. Wir haben Essen, schliefen in einem super weichen Bett und haben obendrein eine Geschichte zu hören bekommen.“

Lenya war etwas skeptischer und schnupperte misstrauisch an einer Tasse Tee. Sie roch wunderbar nach Yasmin. Vorsichtig nahm sie einen kleinen Schluck und wartete. Nichts passierte. Also nippte sie erneut an dem wohlschmeckenden wärmenden Getränk. Ein Lächeln schlich sich ihr ins Gesicht.

„Hast du dir eigentlich Gedanken darüber gemacht, wie wir wieder zurückkommen?“, fragte Lucia fröhlich schmatzend.

Lenyas Gesicht wurde noch weißer, als es ohnehin schon war.

„Äh, nein!“

Daran hätten sie tatsächlich vorher denken sollen. Panisch packte sie das Buch der Monde auf den Tisch und begann darin zu blättern.

„Hier steht nichts, ich kann nichts darüber finden.“

Zuversichtlich blickte Lucia sie an.

„Stress dich nicht, wir werden schon einen Weg finden.“

Plötzlich hörten sie Fußgestampfe vor der Tür, als würde jemand den Schnee von den Schuhen abklopfen. Kurz darauf öffnete sich die Tür.

Lenya fuhr herum und starrte die alte Frau an, die nun eintrat. Eine Menschin. Offenbar eine Hexe. Einige blaue Falter flatterten fröhlich um sie herum, obwohl draußen kalter Winter war. Lucia nahm es gelassen und begrüßte sie: „Willkommen holde Dame. Gehörst du auch hier zu dieser Hütte? Kannst du uns ebenfalls eine Geschichte erzählen?“

„Herzlichen Willkommen in unserer bescheidenen Hütte der Erzählungen. Roroki hat euch gestern schon begrüßt. Ich hoffe er hat euch gut versorgt. Manchmal vergisst er in seiner Aufregung, dass er sich um das Wohl der Gäste kümmert.“

Lucia und Lenya nickten und bedankten sich.

„Ihr fragt euch sicher, was es mit dieser Hütte auf sich hat. Bereits vor sehr langer Zeit wurde uns aufgetragen, hier die Geschichten unseres Dorfes und die wir sonst noch sammeln von Generation zu Generation weiterzugeben, bis zwei Unbekannte aus einer fernen Welt kommen, um sie aufzuschreiben und mitzunehmen für die Nachwelt. Deshalb bin ich hier. Auch ich habe eine Erzählung für euch.“

„Woher seid ihr euch so sicher, dass wir die Richtigen sind?“

Lenya war noch immer skeptisch. Doch die Frau lächelte freundlich, zog sich den Mantel aus, schürte das Feuer und begann zu erzählen.

Der blaue Falter und der Tod

Einst fragte der Tod den blauen Schmetterling: „Warum hast du keine Angst vor mir?“

Der Schmetterling flatterte um den Tod herum und kicherte: „Wie kommst du darauf? Klar habe ich Angst.“

„Aber ich spüre bei dir keine.“

Der blaue Falter kicherte noch lauter.

„Ich bin ja auch viel schöner als du. Kaum einer hat Angst vor mir.“

„Lass den Blödsinn. So habe ich das doch nicht gemeint. Ich meinte, ich sehe keine Angst bei DIR und das ist ungewöhnlich. Verstehst du? Alle Lebewesen fürchten mich, auch wenn die meisten es nicht zugeben. Ich aber sehe ihre Angst, die sie wie schwerer, dunkler Nebel umgibt und aus jeder Pore dünstet. Nur bei dir nicht.“

Der Schmetterling flog näher an den Tod heran. So nah, dass er den kalten Atem unter seinen Schwingen spürte. Ein schwerer Geruch nach Moder und Verfall lähmte ihn kurz, aber der Falter hatte sich schnell wieder im Griff.

„Puh. Zähne putzen ist nicht so deins, oder?“, scherzte er und leuchtete jetzt in einem noch helleren Blau als zuvor.

Der Tod war darüber so perplex, dass ihm die Augen aus seinen dunklen Höhlen geploppt wären, wenn er denn welche gehabt hätte. Stattdessen weitete sich die leere Dunkelheit in seinem Schädel und sein Unterkiefer klappte nach unten.

Der Falter prustete los: „Jetzt siehst du echt aus, als ob DU Angst vor MIR hast.“

Der Tod kniff seine Augenhöhlen zu engen Schlitzen zusammen. Seine Knochen klapperten wie Eisblumen im Sturm.

Wut tobte im Tod und er stieß sie aus wie einen fauligen Orkan.

„Niemand macht sich lustig über mich“, brüllte er.

Eine gewaltige Welle aus Verwesung erfasste den Schmetterling und wirbelte ihn durch die verseuchte Luft.

Der Falter konnte nichts dagegen tun. Er war dem Tod und seiner Laune hilflos ausgeliefert.

Jede Faser seines zarten Körpers schmerzte schlimmer als jemals zuvor, fühlte sich an, als würde es ihn gleich zerreißen. Und da war sie, die Angst. Sie schnürte sich um seine Brust wie ein viel zu enges Korsett. Das Blau seiner Flügel waberte in Schlieren hinter ihm her, wie die Flamme einer Kerze im Wind, kurz bevor sie erlischt.

„Stopp! Mach dem ein Ende, bitte. Da ist doch meine Angst. Siehst du sie denn nicht?“, wollte der Schmetterling rufen, aber alles, was seine trockene Kehle hervorbrachte, war ein ersticktes Keuchen.

Der Tod konnte die Angst des Falters immer noch nicht sehen, atmete aber tief ein, gierte nach ihr und saugte den blauen Dunst auf. Er schmatzte ein paar Mal, als würde er einen guten Wein verköstigen und hielt inne. Irgendwie schmeckte die Angst komisch. Anders. Seine Schädelhöhlen qualmten. Der Dunst sickerte wieder aus dem Tod heraus. Beim Versuch, die wertvolle Kost bei sich zu behalten, verschluckte er sich und hustete alles aus. Der Tod konnte nicht einmal sehen, wie der kostbare Nebel sich mit dem Blau des Himmels vereinte. Er fühlte nur diese Leere und es kam ihm vor, als wäre sie noch größer als vorher. Zu seinen Füßen lag der Schmetterling. Jegliche Farbe war aus seinen gebrochenen Flügeln gewichen, aber er lebte noch und sein schwaches Kichern durchbrach die Stille des Verlusts.

„Was gibt’s da jetzt noch zu lachen? Dein Leben hängt an einem seidenen Faden, den ich gleich mit Freude durchbeiße, weil du und dein dämliches Gekicher mir gehörig auf den Geist geht.“

Mit letzter Kraft bäumte sich der Schmetterling auf. Die Schmerzen waren überwältigend, aber er wischte sie noch einmal aus seinem Gesicht wie schon tausend Male zuvor. Seine Angst war verflogen, denn er wusste, dass die quälenden Schmerzen nun bald vorbei waren. Er grinste von einem Fühler zum anderen.

„Kapierst du denn immer noch nicht? Meine Angst galt nie dir. Im Gegenteil. Ich habe dich lange gesucht und begrüße dich, weil du mich von dem erlöst, was ich am meisten fürchte.“

Als die Geschichte endete, war es totenstill in der Hütte. Betretenes Schweigen lag wie eine schwere Decke über ihnen. Lenya blickte auf ihre Arme, an denen sämtliche Härchen standen, während über Lucias Wangen Tränen der Rührung kullerten.

Die Schattenelfe fand als Erste die Sprache wieder: „Bitte sagt, von wem stammt diese Geschichte, die einen so dermaßen den Atem stocken lässt.“

„Dieses, nennen wir es Kunstwerk, stammt von Nicole Kunkel. Sie wurde im Oktober 1982 in Potsdam geboren und lebt mit ihrer Assistenzhündin Lotta sowie drei Katzen in Koblenz. Sie schreibt und malt, seit sie einen Stift halten kann. Geschichten sind seit jeher ihre Zuflucht, in die sie ebenso gerne eintaucht wie in die Natur. Als gelernte Pharmazeutisch-und Biologisch-Technische Assistentin arbeitete sie in Apotheken und der Pharmazeutischen Forschung. Nach mehreren Schicksalsschlägen kämpfte sie sich zurück ins Leben, studierte tibetisch-buddhistische Philosophie und Psychologie am Tibetischen Zentrum Hamburg und absolvierte einen Lehrgang in Belletristik an der Schule des Schreibens in Hamburg. Seit Oktober 2023 kämpft sie gegen eine schwere Krebserkrankung, wodurch das künstlerische Schaffen ihr noch wichtiger geworden ist. Dies ist nicht ihre einzige Geschichte, sie hat schon einige veröffentlicht und schon in Schreibwett-bewerben ihr Können unter Beweis gestellt.

Als ich sie fragte was Kunst ihr bedeute antwortete sie: ‘Mit Geschichten und Bildern neue Welten zu erschaffen und andere Menschen zu berühren, bewahrt mich vor dem Durchdrehen. Es gibt mir einen Sinn, inmitten der ganzen Zerstörung, den Ängsten und den Dingen, die ich nicht beeinflussen kann. Das Gefühl von Verbundenheit ist für mich so essentiell wie die Luft zum Atmen‘ das hat mich ebenso wie ihre Geschichte sehr berührt.“

Die beiden Elfen nickten. Wortlos legte Lenya Lucia den Arm um die Schultern. So saßen sie eine Weile da und dachten über Vergänglichkeit nach.

Der Abend brach an. Die alte Frau war längst wieder gegangen, nicht aber ohne ihnen vorher zu versichern, dass sie noch eine Geschichte zu hören bekommen würden. Lenya und Lucia wickelten sich fest in warme Felle vor dem knackenden Kaminfeuer, nachdem sie von einem Spaziergang im verschneiten Wald dieser eisigen Welt zurückkamen.

„Hast du schon eine Idee, wie wir wieder nach Hause kommen?“

Langsam wirkte Lucia doch auch etwas besorgt.

„Ganz ehrlich nein. Ich bin das Buch der Monde noch einmal von vorne bis hinten durchgegangen, aber da war nirgends ein Hinweis darauf“, seufzte Lenya.

Sie machte sich große Sorgen um Azrael, weil er alleine war. Und was er alles anstellen konnte. Hoffentlich erwartete sie kein Schlachtfeld von zerrissenen Büchern, wenn sie endlich einen Weg zurückgefunden hatten.

Die beiden dösten vor sich hin, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Schnee wirbelte von draußen herein. Ein riesiger muskelbepackter Mann mittleren Alters trat ein und klopfte sich das kalte Weiß aus der Kleidung, sodass sich schnell eine Pfütze rund um ihn bildete, als es schmolz.

„Was für ein Wetter. So einen Schneesturm hab ich schon lange nicht mehr erlebt. Würde mich mein Auftrag nicht hierherführen, hätte ich heute sicher keinen Fuß vor die Tür gesetzt. Hallo ihr beiden. Ich bin Herold, der Geschichtenerzähler unseres Dorfes. Außerdem bin ich der Dorfaufseher und Schmied der Siedlung.“

Er stellte ein Bündel auf den Tisch und begann ohne auf eine Antwort oder Begrüßung der beiden Bibliothekarinnen zu warten auszupacken. Eine Schüssel Plätzchen wanderte auf den Tisch und eine Kanne mit dampfender heißer Schokolade, die er in tönerne Becher füllte und ihnen reichte. Der Hüne strahlte eine Selbstverständlichkeit aus, sodass die beiden nicht wussten, was sie zu ihm sagen sollten.

„Eine weitere Geschichte habe ich für euch mitgebracht, aber zuerst muss ich euch noch diesen Brief überreichen. Meine Familie bewahrt ihn bereits seit vielen Generationen auf und ich denke ihr seid die Richtigen, die ihn erhalten sollen.“

Neugierig griff Lenya nach dem Brief und öffnete ihn. Die beiden Bibliothekarinnen fanden darin nur eine kurze Nachricht.

„Hallo ihr lieben Nachfolger unserer Tätigkeit. Wahrscheinlich hat euch die Bibliothek genauso kalt erwischt wie uns, als sie beschloss neue Geschichten haben zu wollen. Zerbrecht euch nicht den Kopf wie ihr nach Hause kommt. Ihr bleibt jeweils nur zeitbegrenzt auf den bereisten Monden.

Gehabt euch wohl,

eure Trinara und euer Saramin.“

Der Kleinelfe und der Schattenelfe fiel ein Stein vom Herzen. Also kamen sie doch wieder von hier fort.

Nachdem die beiden Bibliothekarinnen den Inhalt des Briefes kannten, wartete der Dorfaufseher nicht mehr darauf, dass sie mit ihm sprachen. Er begann ohne Aufforderung seine Geschichte zu erzählen.

Der Traumjunge

Ein buckliger Junge mit einer schiefen Nase hatte keine Freunde, weil er hässlich war. Eines Tages beschloss dieser Junge, fortzulaufen.

Seinen Eltern schrieb er einen Abschiedsbrief, in dem stand: „Liebe Mama, lieber Papa, bitte seid nicht traurig. Ich komme zurück, sobald ich einen guten Freund gefunden habe.“

Es war ein sonniger Nachmittag, als er sich auf den Weg machte. Nachdem er eine Weile durch den herbstlichen Wald ging,kam er auf eine Lichtung, welche von hohen Fichten umgeben war. In der Mitte wuchs eine einzelne kahle Birke mit einem dicken Stamm, der von grauem Moos bewachsen war. Hinter diesem Baum trat plötzlich ein anderer Junge hervor. Er war hübsch und seine blauen Augen blickten freundlich und gutmütig. Sein Haar war blond und wenn er lächelte, erstrahlte sein ganzes Gesicht. Aber er war barfuß, trug nur eine löchrige kurze Hose und ein einfaches hanfleinenes Hemd.

„Ich weiß, du bist einsam“, sagte der hübsche Junge. „Deshalb will ich für heute dein Freund sein.“

Der schöne Junge führte den Hässlichen zu einem Feld mit Mohnblumen, wo die beiden miteinander Fangen spielten. Das Gras dort war üppig grün und stand den Buben bis zu den Hüften. Dem hässlichen Jungen kam es so vor, als würde er mit dem schönen Freund durch ein wunderbares Meer waten, denn das Gras erstreckte sich bis zum Horizont und rauschte im sanften Wind. In der Ferne wuchs eine einzelne schneeweiße Birke, die goldgelbe Blätter trug, ansonsten war weit und breit kein Baum mehr zu sehen. Der Wald, aus dem sie herausgetreten waren, war verschwunden.

Auf der Wiese herrschte neben dem sanften Rauschen des Windes im Gras eine tiefe Stille, nur Vögel zwitscherten am Himmel. Irgendwann hatte der hässliche Junge das Gefühl, ein leises Summen zu hören, das bald fröhlich aufstieg und im nächsten Augenblick traurig wieder abklang.

Als die Freunde vom Spielen müde waren, ließen sie sich ins Gras fallen. Die Wiese war warm und der hässliche Junge fühlte sich glücklich.

Nach einer kleinen Weile fragte der hässliche Junge seinen neuen Freund: „Wie heißt du eigentlich?“

Da blickte der schöne Junge ihn verwundert an und sagte:

„Ich habe keinen Namen, ich bin ein Traumjunge.“

„Und ich bin ein einsamer Junge“, sagte der hässliche Bursche und lachte, aber bald bemerkte er, dass der Traumjunge es ernst meinte.

„Was bedeutet es denn, dass du ein Traumjunge bist?“, fragte er.

Der schöne Junge erhob sich und blieb mit gesenktem Kopf vor dem Hässlichen stehen. Er sagte: „Ich kann nur in dieser Nacht dein Freund sein, denn ich erscheine ausschließlich in den Träumen von einsamen Kindern, die sich einen Freund wünschen.“

Der einsame Junge erschrak und sagte: „Das bedeutet, ich träume nur von dir?“

„Ja“, sagte der Traumjunge. „Und wenn du erwacht bist, so wirst du mich wahrscheinlich niemals wiedersehen, denn ihr Menschen träumt selten zweimal dasselbe. Uns Traumjungen begegnet man normalerweise bloß einmal. Es gibt auch Traummädchen, die einsamen Kindern erscheinen. Unsere Aufgabe ist es, euch in euren Träumen Freude zu schenken. Vielleicht begegnest du im nächsten Traum einem anderen Traumjungen, oder sogar einmal einem Traummädchen.“

„Wenn das so ist“, sagte der einsame Junge, „will ich alles tun, was ich kann, um nicht mehr aufzuwachen. Geht das?“

„Nein“, sagte der Traumjunge, „denn dann würdest du in deinem wirklichen Leben sterben. Stell dir vor, wie traurig deine Eltern wären! Und früher oder später findest du bestimmt auch einen wirklichen Freund, vielleicht sogar ganz viele!“

„Dann versuchen wir, so lange zusammenzubleiben, wie wir können“, sagte der einsame Junge.

Der Traumjunge war damit einverstanden und bat den einsamen Jungen, mit ihm zu kommen.

„Ich will dir etwas Besonderes zeigen“, sagte er.

Er führte seinen Freund zu der schönen Birke, die allein mitten auf der Wiese stand. Sie trug nun nicht mehr so viele goldgelbe Blätter wie zuvor, aber ihre halbe Krone war noch immer reich bedeckt.

„Wenn alle diese Blätter zu Boden gefallen sind, erwachst du“, erklärte der Traumjunge. „Wir haben also noch Zeit und können weiterspielen.“

Doch der einsame Junge bemerkte, dass sich stets zwei oder drei Blätter gleichzeitig vom Baum lösten. Deshalb fiel es ihm schwer, einfach weiterzuspielen.

„Ich möchte lieber wissen, ob die herrliche Wiese ein Ende hat“, sagte er nachdenklich und erblickte zum ersten Mal die Sonne am Horizont. Sie war im Untergang begriffen.

„Vielleicht hat die Wiese ja kein Ende“, flüsterte der einsame Junge.

„Ich zeige dir das Ende“, schlug der Traumjunge vor.

Er fasste den einsamen Jungen bei der Hand und führte ihn durch das hohe Gras auf die Sonne zu. Es dauerte nicht lange, da standen sie vor einem Durchgang, der wie ein Tunnel geformt war und von Zypressen umschlossen war.

„Dahinter befindet sich die Sonne“, sagte der Traumjunge geheimnisvoll. „Für euch ist es sicher ungewöhnlich, in der Nacht die Sonne zu sehen, aber wenn ihr schlaft, geht sie im Traumreich auf. Und dort, wo die Sonne ist, endet unsere Spielwiese. Wollen wir jetzt weiterspielen?“

„Lass uns zur Sonne gehen!“, schlug der einsame Junge vor. „Vielleicht weiß sie einen Weg, wie wir für immer Freunde bleiben können.“

Der Traumjunge schien einverstanden. Aber während die beiden Buben durch den Tunnel eilten, ließ der Traumjunge auf einmal die Hand des Freundes los, blieb stehen und sagte nachdenklich: „Wir Traumkinder sind oft traurig, denn wir dürfen einzig mit träumenden Kindern befreundet sein, und keines kann lange bei uns bleiben. Ihr Kinder aus der Wirklichkeit seid wahrlich zu beneiden, weil ihr länger Freunde haben könnt – viele Jahre oder sogar ein ganzes Leben lang!“

Der einsame Junge war neben seinem Freund stehen geblieben. Er bemerkte, dass der Tunnel sich noch lange erstreckte. Durch das Geflecht zahlreicher Zypressen drang weißes Tageslicht, das ihnen den Weg erleuchtete. Da entdeckte der einsame Junge ein Geschenk, das vor ihm auf dem Boden lag.

„Das ist für dich“, sagte der Traumjunge.

Der einsame Junge hob das Päckchen auf. Er wollte es sogleich öffnen, denn er war auf einmal ungemein neugierig, was sich darin verbergen mochte. Doch als er begann, es auszupacken, wurde er plötzlich von starken Armen ergriffen und eilig davongetragen.

***

Es war mitten in der Nacht. Die Eltern hatten den einsamen Jungen nach langer Suche im Wald gefunden. Schlafend unter dem Stamm der kahlen Birke.

„Ich suche mir einen Freund“, flüsterte der einsame Junge immer wieder.

Sein Vater trug ihn nach Hause und seine Mutter küsste ihn auf die Stirn.

„Sagt mir, was war in dem Päckchen, ich möchte es unbedingt wissen!“, rief Lucia, während sie von einem Bein aufs andere sprang.

„Lucia, hör auf herumzuspringen wie eine aufgescheuchte Heuschrecke und sei nicht so neugirg“, zischte Lenya.

„Wenn ich nicht so neugierig wäre, dann wären uns wohl einige Geschichten entgangen“, entgegnete Lucia und zog einen Schmollmund.

Amüsiert beobachtete Herold das Gezanke der zwei Elfen, bevor er die Frage der Kleinelfe beantwortete.

„Die Antwort kann wohl nur der Erschaffer dieser Geschichte erzählen. Sie stammt von Marcel Zischg. Geboren am 18. Januar 1988 in Meran, aufgewachsen in Naturns im Burggrafenamt. Nach der Mittelschule folgte der Besuch der Handelsoberschule Franz Kafka in Meran. Anschließend absolvierte er ein Studium der Germanistik und der Vergleichenden Literaturwissenschaften in Innsbruck.

Während der Studienzeit veröffentlichter er Kurzgeschichten und Märchen in Anthologien und Zeitschriften sowie den 1. Erzählungsbandes „Familie am Bach“ im Provinz Verlag Südtirol im Jahr 2013.

Beruflich arbeitet er als Schulbibliothekar an den Mittelschulen Prad am Stilfserjoch und Glurns. Er lebt heute in Meran.“

„Oh ein BIBLIOTHEKAR!!! Ein Kollege von uns!! Kein Wunder, dass er eine so wundervolle Geschichte erschafft! Sie wird eine Bereicherung für unsere Bibliothek sein!“

Vor lauter Aufregung begann die Kleinelfe wieder herum zu hüpfen. Lenya stand mit verschränkten Armen daneben und schüttelte den Kopf. Herold brach in schallendes Gelächter aus.

Plötzlich begann alles, um sie zu vibrieren, das Lachen wurde immer leiser und schwups machte es einen Polterer und mit einem großen Knall landeten sie auf dem Fußboden ihrer Bibliothek. Azrael stürmte sofort auf die beiden zu, stieß ein Freudengebell aus und verteilte Küsschen. Lenya schaffte es, sich aufzurappeln, und drückte ihren treuen Gefährten fest an sich.

„Azrael mein Bester! Zum Glück geht es dir gut, ich bin ja sooo erleichtert!“

Die beiden Bibliothekarinnen sahen sich um, ob alle Bücher noch intakt und auch sonst alles in Ordnung war. Tatsächlich hatte Azrael seine Aufgabe meisterlich erfüllt.

Sie füllten das leere Regal mit den neuen Geschichten und fielen dann müde in ihren jeweiligen Behausungen in ihre Betten. Nach der anstrengenden Reise mussten sie wieder ihre Kräfte sammeln, denn es würden noch viele Weitere folgen.

Kapitel 2

Lucia saß am folgenden Morgen bereits im Aufenthaltsraum, als Lenya durch ihr Portal von ihrem Wohnort aus die Bibliothek betrat.

„Guuuuten Morgen“, rief die Kleinelfe ihrer noch verschlafenen Kollegin zu.

„Ich hab dir Tee gemacht und Kaffee. Das ist verwirrend, was trinkst du jetzt eigentlich? Beides, oder nur eines. Egal, dort drüben neben der Kaffeemaschine stehen beide.“

Lenyas Antwort war wie morgens immer nur ein: „Hmmm.“

Kurz darauf murmelte sie dann doch noch ein: „Danke.“

Schließlich wollte sie höflich bleiben, auch wenn ihr dies nach dem Aufstehen generell schwerfiel. Sie schnappte sich die Kaffeetasse, roch daran und stellte sie zurück. Er roch nach wie vor hervorragend, aber irgendwie schmeckte er nicht mehr, deshalb nahm sie den Tee und setzt sich zu Lucia an den Tisch.

„Sag mal, hab ich das alles geträumt, oder waren wir beim Schlafengehen noch auf diesem anderen Mond in der Erzählhütte?“

Lenya war in ihrer Schlaftrunkenheit noch etwas verwirrt.

„Wir sind direkt nach der Geschichte mit Paukenschlag in der Bibliothek gelandet! Erinnerst du dich nicht?“

„Ah stimmt, da war etwas.“

„Das ist doch alles total spannend, oder?!“

Lucia war völlig aufgeregt.

„So funktioniert das also tatsächlich. Wie in dem Brief stand. Die Zeit läuft ab und zack sind wir wieder zuhause. Wann besuchen wir den nächsten Mond? Ich möchte neue Geschichten hören und für die Bibliothek sammeln. Vielleicht sehen wir diesmal etwas mehr als nur das Innere einer Hütte. Und wir lernen sicher wieder neue Menschen kennen. Sollen wir dann gleich loslegen? Azrael hab ich schon versorgt. Der schläft gerade auf seinem Kissen. Es geht ihm übrigens hervorragend...“

Die Kleinelfe plapperte weiter vor sich hin, ohne auf eine Antwort von Lenya zu achten, welche still ihren Tee schlurfte. Im Anschluss zog die Schattenelfe frische Reisekleidung an, nahm diesmal den etwas dickeren Umhang mit Fellbesatz, gurtete die Waffen um und packte Proviant für die Reise ein. Dann machte sie sich auf den Weg zu dem Durchgang, den sie als ihren Portalplatz schon beim letzten Mal wählten. Über die Schulter sah sie zu Lucia zurück: „Was ist? Ich bin fertig, sollen wir den nächsten Mond wählen?“

Begeistert sprang die Kleinelfe auf, schnappte sich ihre Schreibutensilien, steckte im Vorbeigehen zur Sicherheit eine Flasche Wasser ein und lief der Schattenelfe hinterher. Gemeinsam murmelten sie die nächsten magischen Worte, die im Buch des Mondes standen, und schon waberte kurz darauf erneut ein Portal vor ihnen auf. Diesmal hatte es einen leicht rosa Stich, bei ihrer letzten Reise schimmerte es blau.

Sie warteten, nichts geschah. Nach einigen Momenten fasste sich Lenya ein Herz und marschierte durch das Tor.

Glühende Hitze schlug ihr entgegen. Ihr war schwindlig und sie musste sich zuerst orientieren, wo sie war. Das Portal war nirgends zu sehen, dafür tauchte Lucia wankend neben ihr auf.

„Boah ist es hier heiß. Zum Glück hab ich eine Wasserflasche mitgenommen.“

Lenya musste lächeln, während sie sich den Winterumhang von den Schultern nahm, und versuchte ihre Kleidung auf Sommer umzufunktionieren. Die Kleinelfe schaffte es, immer und überall etwas Gutes zu sehen.

„Wir sollten uns ein schattiges Plätzchen suchen und bis zum Abend warten, damit wir nicht völlig in der sengenden Sonne gebraten werden.“

Gesagt getan marschierten die beiden los. Weit und breit war nichts zu sehen außer Sand. Endlose glühende Flächen von Sand. Sie waren mitten in einer Wüste gelandet. Ob sie hier überhaupt Leben, geschweige denn Geschichten finden würden? Schwitzend und fluchend trieb Lenya zum Weitergehen und nach gefühlten endlosen Stunden fanden sie tatsächlich einige Felsen mit einer kleinen Höhle, die Schutz vor der Sonne bot. Dort wollten sie den restlichen Tag verbringen, um etwas der Hitze zu entgehen. Ihre Wasservorräte waren nicht unbedingt die Größten. Sie richteten sich gemütlich in der Höhle ein und Lucia grub eine kleine Senke in den Sand, da es darunter kühler zu sein schien. Plötzlich zog sie eine vergilbte Schriftrolle aus dem Sand.

„Sieh mal, was ich gefunden habe.“

Sie begann sofort zu lesen.

Nur eine Feder blieb‘ zurück

Wie zarten Elfenmaiden gleich

Sich Röhricht wiegt am Schwanenteich.

Nur eine Daunenfeder weiß

Auf seinem Spiegel treibt und leis‘

Der Wind sein altes Lied ihr singt

Von Dingen, die vergangen sind.

Oft lauscht der Mond bis in den Morgen

Den sanften Weisen, doch verborgen

Hält er sich heut – entrückt der Sicht.

Und dennoch liegt in Silberlicht

Der ganze Teich, wie wunderbar,

In seinem milden Glanze da.

Aus Felsenspalten, winddurchhaucht

Das Mondlicht dringt, ins Wasser taucht.

Wo es entspringt? Wer wüsste das?

Doch schaut man in das Spiegelglas

Des Teiches, starrt daraus zurück

Ein strahlend Weib mit Angst im Blick.

In ihrer weiten Augen Schwarz

Ein Bild des Throns aus reinstem Quarz

Und eines Reiches Vision –

Des Drachengottes Abaivon.

Doch weiß kein Mensch von diesen Dingen,

Denn große graue Lederschwingen

Beschützen diesen heil’gen Ort.

Kein sterblich Wesen darf sich trauen,

In diese klaren Wasser schauen.

Erprobt‘ auch bloß ein Schwan sein Glück,

Nur eine Feder blieb‘ zurück.

„Hmmm, von wem diese Schriftrolle wohl ist?“, fragte Lucia.

Lenya nahm der Kleinelfe die Schriftrolle aus der Hand, drehte sie um und gab sie ihr mit den Worten: „Schau da steht auf der Rückseite auch noch etwas.“

„Aja stimmt!“, stellte Lucia fest und begann weiter vorzulesen:

„Dieses Schriftstück wurde verfasst von Richard L. Häfner und Uwe M. Krauß.

Wir bitten unser Gedicht weiter in die Welten zu tragen, aufdass sie viele erreicht!

Nun wollen wir euch noch etwas über uns erzählen:

Richard L. Häfner, Jahrgang 1990, hat Biologie studiert und lebt mit seiner Frau, seiner Tochter und dem Familienhund in einem Dorf nahe Jena. Dem turbulenten Stadtleben und dem Alltag in der Pharma entflieht er in den Garten, auf ausgedehnte Wanderungen sowie Meditationen, deren Erlebnisse er ebenso in seinen Geschichten verarbeitet wie seine Vorliebe für Kampf-sport und Bücher über Abenteuer, Magie und Sagen. Seine Leidenschaft für mittelalterliche Settings setzt er fernab der Tastatur in Form von Schwertkampf und Bogenschießen um, doch inspiriert von seiner Arbeit experimentiert er auch gern mit modernen Schauplätzen - oder völlig außerweltlichen Gefilden. Er genießt es, die verborgenen Facetten unserer Welt und unserer Psyche zu entdecken und sich über Facebook, Instagram und Buchmessen mit Autoren und Lesern zu vernetzen.

So leben seine Dark-Fantasy-Abenteuer von Elementen aus Grusel, Naturromantik und Spiritualität und entführen den Leser in eine Welt, die wilder und heimeliger kaum sein könnte. Seine nicht immer menschlichen Protagonisten arbeiten sich hinter den Schleier des Offensichtlichen und geraten dabei in einen Strudel aus Ereignissen, in dem Schicksal und Entscheidung verschwimmen.

Uwe M. Krauß, geboren 1987, studierte Ökologie in Jena und lebt heute mit Frau und Kind im Thüringer Saalfeld. Trotz der Entscheidung zugunsten der Familie einer einfachen Tätigkeit als Kurier nachzugehen, ist er stets ein Erforscher der Natur geblieben. Oft zieht es ihn in der Freizeit mit Langbogen, Okarina und selbstgebackenem Brot ins Grüne, wo er zwischen sonnenwarmen Felsen und wandernden Wolken seine Gedanken verliert.

Schnell wird aus dem übermütigen Sprung einer Grille und dem scheinbar freischwebenden Tautropfen ein Verhängnis. Am Ende steht die Erkenntnis, dass manchmal gleich zwei Leben am selben seidenen Faden hängen – an entgegen-gesetzten Enden zwar, aber dennoch schicksalhaft verbunden. Bevor solche Hirngespinste verfliegen wie ein letztes Zirpen im traurigen Abendwind, webt der Bleistift bereits sein silbernes Wortgeflecht, um die flüchtigen Gedanken einzufangen.