Wachstumsstrategien für Unternehmen - Marcus Disselkamp - E-Book

Wachstumsstrategien für Unternehmen E-Book

Marcus Disselkamp

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Beschreibung

Gerade in Krisenzeiten aber auch in der digitalen Transformation benötigen Führungskräfte und Unternehmer eine kompakte Zusammenstellung funktionierender strategischer Maßnahmen, um ihr Unternehmen stabil und innovativ zu führen. Dieses Buch kombiniert erprobte Theorien und Modelle aus unterschiedlichen Bereichen des strategischen Managements mit digitalen Wachstumsstrategien sowie Techniken aus der Kriegskunst. Denn nur durch eine klare, strategische Positionierung erfolgt die nötige eindeutige Abgrenzung vom Wettbewerb. In jeder Krise stecken vielen Chancen, die üblicherweise zur Genüge in jedem Markt vorhanden sind, nur oft nicht identifiziert werden. Mit diesem Buch werden sie erkannt und genutzt.

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Seitenzahl: 243

Veröffentlichungsjahr: 2021

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[5]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1 Wachstum von Unternehmen1.1 Kampf um Marktanteile?1.2 Gesundes Wachstum2 Wachstum durch Verdrängung2.1 Wachstum durch Vertrieb2.2 Wachstum mit Service2.3 Wachstum durch Marketing2.4 Akquise-Strategie2.5 Kriegstechniken3 Wachstum dank Kostenvorteilen3.1 Kampf gegen die Kosten3.2 Kampf gegen Verschwendung3.3 Entflechtung von Strukturen4 Wachstum durch Kundennutzen4.1 Wachstum durch Mehrwerte4.2 Wachstum dank Emotionen4.3 Wachstum dank Produktinnovationen4.4 Wachstum in neue Märkte – Marktinnovationen5 Wachstum dank neuer Geschäftsmodelle5.1 Wachstum mittels Datenökonomie5.2 Wachstum über Ertragsmodelle5.3 Wachstum mit (digitalen) Plattformen5.4 Wachstum nicht nur als Plattformunternehmen 6 Wachstum dank Disruptionen6.1 Technologie-Push versus Markt-Pull6.2 Toxische Geschäftsmodelle6.3 Perspektiven- und Paradigmenwechsel6.4 Zahnrad-Strategie7 Wachstum durch Konzentration8 Wachstum mit VisionenNachwortVerzeichnis der Instrumente für ein erfolgreiches Umsetzen von WachstumsstrategienAbbildungsverzeichnisLiteraturlisteDer Autor
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-14805-1

Bestell-Nr. 10613-0001

ePub:

ISBN 978-3-648-14806-8

Bestell-Nr. 10613-0100

ePDF:

ISBN 978-3-648-14807-5

Bestell-Nr. 10613-0150

Marcus Disselkamp

Wachstumsstrategien für Unternehmen

1 Auflage 2021

© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © mast3r, Adobe Stock

Produktmanagement: Jürgen Fischer

Lektorat: Helmut Haunreiter, Marktl am Inn

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

[7]Vorwort

Jedes erfolgreiche Unternehmen benötigt Wachstum. Nur dank Wachstum kann sich ein junges Unternehmen als langfristig erfolgreiches Start-up etablieren, sich ein Bestandsunternehmen immer wieder in schwierigen Märkten behaupten oder sich ein Konzern gegenüber feindlichen Attacken des Wettbewerbs wehren. Doch Wachstum bedeutet nicht, den Fokus blind auf Umsätze, Marktanteile oder die Anzahl von Mitarbeitern bzw. Beteiligungen zu richten. Vielmehr geht es um ein gesundes Wachstum im Sinne von starken Marktvorteilen gegenüber Wettbewerbern, einer noch engeren Bindung von Kunden und Mitarbeitern sowie einer finanziellen Attraktivität für die Gesellschafter.

Es gibt mehrere Strategien, die definieren, wohin sich ein Unternehmen entwickeln möchte und wie es seine Wachstumsziele am besten erreichen kann. Diese Strategien umfassen Wachstumsmöglichkeiten mittels neuer Produkte bzw. Märkte, die reine Verdrängung von Wettbewerbern, aber auch das Etablieren moderner Geschäftsmodelle in Zeiten der digitalen Transformation. Die Strategien basieren auf dem Gedankengut des St. Galler Management-Modells der US-Amerikaner Harry Igor Ansoff (Wachstum), Michael Porter (Wettbewerbsfähigkeit) und Clayton Christensen (Innovationen), dem Wissen von Edward de Bono (laterales Denken), Noriaki Kano (Kundenzufriedenheit) und Harry von Senger (Kriegslist), aber auch auf aktuellen Erkenntnissen im Hinblick auf Disruptionen im Zeitalter des digitalen Wandels.

Und gerade in einer solch vielschichtigen Betrachtung liegt eine der Besonderheiten dieser Publikation: Hier erhalten sowohl betriebswirtschaftliche wie digitale Wachstumsstrategien ihre Aufmerksamkeit, aber auch die Techniken aus der Kriegskunst als dem Ursprung des Strategiebegriffs. Denn Wettbewerber verhalten sich nicht immer fair und freundlich. Nur wer sich rechtzeitig mit allen Optionen des Wettbewerbs beschäftigt, kann zukunftsorientiert und selbstbestimmt seine eigene Marktposition ausbauen.

Denn darum geht es wirklich bei den Wachstumsstrategien: Während sich viele Unternehmen strategisch eher nur »durchwurschteln«, generieren erfolgreiche Strategen vorausschauend und selbstständig planend eindeutige Wettbewerbsvorteile und Wachstumspotenziale. Sie schaffen mit ihrem proaktiven strategischen Management ein Umfeld, mit dem sich die Angehörigen eines Unternehmens nicht [8]nur nachhaltig identifizieren können, sondern das auch klare Handlungsräume für die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens bietet. Gemäß dem Motto »Glück muss erarbeitet werden« gilt es für jedes Unternehmen, sich selbst um seine erfolgreiche Zukunft zu kümmern und die dafür notwendigen Maßnahmen rechtzeitig zu starten.

Wie bei meinen früheren Büchern verbinde ich in diesem Werk wieder Erkenntnisse der Wissenschaft mit praxisorientierten Anregungen. Daher danke ich an dieser Stelle all den Teilnehmern aus meinen bisherigen Business Coachings, Trainings und Vorlesungen. Die Diskussionen mit ihnen über die vielen Herausforderungen, vor die Kunden, Wettbewerber, Regulatoren, Finanzpartner, aber vor allem auch die Mitarbeiter ein Unternehmen stellen, sind die Basis für das hier vorliegende Buch über Wachstumsstrategien.

Marcus Disselkamp

München, Dezember 2020

[9]1Wachstum von Unternehmen

Wachstum ist eine Art Urinstinkt jedes Unternehmens. Spätestens seit Harry Igor Ansoffs berühmten Unternehmensstrategien von 1957, die wir später noch ausführlich betrachten werden, reden wir von der existenziellen Bedeutung unternehmerischen Wachstums. Begründet wird die Notwendigkeit des Wachstums beispielsweise mit dem Mengen- und dem Lernkurveneffekt.

Das betriebswirtschaftliche Gesetz der Mengen- und Skaleneffekte in der Massenproduktion bezieht sich auf den Effekt der Kostendegression, der entsteht, nachdem die Stückkosten mit zunehmender Produktionsmenge sinken, weil sich die fixen Kosten auf eine größere Menge verteilen. Mengeneffekte entstehen dabei nicht nur in der Produktion, sondern zum Beispiel auch im Einkauf von Material und Halbfertigprodukten. Oft gibt es Mindestabnahmemengen, damit man überhaupt beliefert wird. Oder die Preisdegression ist bei der Abnahme von größeren Mengen entscheidend für die Erzielung wirtschaftlicher Produktionsbedingungen. Der Lernkurveneffekt besagt zusätzlich, dass eine Tätigkeit umso leichter und effizienter von der Hand geht, je häufiger man sie durchführt. Mit anderen Worten: Die Konstruktion einer ersten Lösung ist noch mühsam, während die häufige Wiederholung dank Routine rationaler und produktiver klappt.

1.1Kampf um Marktanteile?

Marktgröße, Marktanteile und Marktführerschaft hatten in der Vergangenheit meist einen positiven Effekt in Form von Imagevorteilen und einer höheren Kundenakzeptanz. So vertrauen Kunden großen, bekannteren Unternehmen, denn sie bieten mehr Sicherheit in Zeiten unüberschaubarer und komplexer Marktangebote. Frei nach dem Motto: »Wenn ich mir unsicher bin, kaufe ich mal dort, wo es viele andere auch tun. Das wird schon nicht verkehrt sein.« Aber geht es den Kunden hier wirklich um Größe oder vielmehr um das Vertrauen in starke Marken? Und können nicht auch kleine Unternehmen starke Marken haben? Beweisen nicht im B2C-Geschäft immer wieder lokale Konsumgüteranbieter die Kraft ihrer lokal starken Marken? Und im B2B-Geschäft, wie dem Geschäft mit Investitionsgütern, gibt es viele sog. »hidden champions«, die es mit hoher Qualität, Service- und Vertriebsorientierung, aber wenig Werbung zu starken Marken in Nischen gebracht haben.

[10]Immer wieder wird in Studien und Presseberichten kommuniziert: »Größere Unternehmen sind interessanter für Arbeitnehmer.« Aber ist das wirklich so? Sicher, um für Fachkräfte attraktiv zu bleiben, ist meist eine gewisse Mindestgröße erforderlich. Spezialisten sind in jeder Branche knapp – es wird gar von einem Kampf um Talente (engl.: »War of Talents«) gesprochen. Doch gerade Experten mit langjähriger Berufserfahrung wissen auch von dem Effekt, dass eine überproportionale Steigerung der Mitarbeiterzahlen oft in einer erhöhten Komplexität und in verstärkten organisatorischen Schwierigkeiten resultiert. Große Firmen benötigen ausführlichere Managementstrukturen und Hierarchien, sie beschäftigen sich gerne mehr mit sich als mit den Kunden bzw. mit Innovationen und können so manchen potenziellen Arbeitnehmer auch abschrecken, anstatt ihn zu begeistern.

Schon 1955 veröffentlichte Cyril Northcote Parkinson sein nach ihm benanntes Gesetz zum Bürokratiewachstum. Es lautet: »Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.« Unabhängig von angestrebten Zielen scheinen Systeme eine innere Tendenz zum Wachstum, aber nicht zu mehr Effizienz und Flexibilität zu haben. Oder mit anderen Worten: Organisationen werden immer größer, weil jeder Chef möglichst viele Mitarbeiter unter sich haben will. Doch bereits der preußische Kriegsphilosoph Carl von Clausewitz nannte in seinem grundlegenden Strategiekonzept zur Kriegsführung die »Überlegenheit der Zahl«, also die mögliche Überlegenheit einer Armee dank ihrer Größe, eine gescheiterte Theorie. Vielmehr müsse es ein Kriegsherr verstehen, auf ständige Ungewissheiten und Unsicherheiten flexibel, mutig und konsequent zu reagieren.

Nach dem Motto »Die Marktanteile von heute bestimmen die Marktposition von morgen« wird gerne von einem Verdrängungswettbewerb der großen gegen die kleinen Unternehmen gesprochen. Nur wer einen großen Anteil am Markt hat, kann sich im Verdrängungswettbewerb behaupten. Wenn dem aber so wäre, dann dürften die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland gar nicht überleben. Sie stellen jedoch seit Langem das Rückgrat unserer Volkswirtschaft dar. Der Verdrängungswettbewerb wird nämlich nicht von der Größe eines Unternehmens entschieden, nicht von den Marktanteilen, sondern von der unternehmerischen Flexibilität und Innovationskraft, um auf Marktveränderungen zu reagieren. Oder wie sagte schon Darwin: »Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern eher diejenige, die am ehesten bereit ist, sich zu verändern.«

[11]1.2Gesundes Wachstum

Braucht es also gar kein Wachstum? Doch! Unternehmen benötigen Wachstum – allerdings ein gesundes Wachstum im Rahmen ihrer Kernkompetenzen und mit einem Fokus, der auf langfristige Rentabilität und Liquidität gerichtet ist. Dazu gehört beispielsweise das Erreichen von kritischen Massen im Absatz, aber auch im Einkauf, damit die vorhandenen oder geplanten Produktionsprozesse optimal ausgelastet sowie kritische Preisschwellen auf der Nachfrageseite bedient werden können. Oder nehmen wir die modernen (digitalen) Plattformen, auf die wir später noch ausführlicher eingehen. Diese benötigen dringend die kritische Masse an unterschiedlichen Nutzern, damit ihre Wettbewerbsvorteile in Form von Skalen- und Netzwerkeffekten überhaupt zum Tragen kommen. Denn ohne diese kritische Masse funktionieren Plattformen überhaupt nicht.

Aber Achtung: Zwar bedarf es auch in Zeiten moderner Fertigungsmethoden wie der »Mass Customization« einer effizienten wirtschaftlichen Auslastung der Produktionseinheiten. Doch führen hohe Kapazitäten häufig zu höheren (sprungfixen) Kosten und Investitionen in Personal, Maschinen und Infrastruktur. Sprungfixe Kosten entstehen üblicherweise, wenn ab einer bestimmten zu produzierenden Stückzahl die bisherige Produktionskapazität nicht mehr ausreicht und es Neuinvestitionen (z. B. in neue Maschinen) oder anderer Erweiterungen bedarf. Generieren dann die aus erhöhten Produktions- und Absatzmengen gewonnenen Mehreinnahmen überhaupt einen monetären Überschuss über die sprunghaft steigenden Produktions-, Vertriebs-, Werbungs- oder Verwaltungskosten? Oder führen die zusätzlichen Kosten und Investitionen gar zu einer Verschlechterung des Ergebnisses, unter Umständen sogar zu einer Verlustsituation?

Bewirkt ein solches Wachstum zudem nicht eine stärkere Inflexibilität des Unternehmens? Vorhandene Kapazitäten an Personal, Maschinen und Infrastruktur müssen ausgelastet werden, damit sie sich lohnen. In der Folge können weiterhin Produkte erzeugt und vermarktet werden, deren Lebenszyklen schon zu Ende gehen oder deren Deckungsbeiträge negativ sind. Wenn ja, so hemmt dies die Chancen, um kurzfristig auf sich ständig ändernde Kundenbedürfnisse, Trends am Arbeitsmarkt oder Regulierungen reagieren zu können. Produkt- und Prozessinnovationen benötigen Veränderungen. Starre Unternehmen verhindern hingegen mit ihrer häufigen Inflexibilität notwendige Veränderungen und Marktanpassungen.

[12]Unabhängig vom Mengenwachstum bis zu bestimmten Schwellen benötigen Unternehmen zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ein gesundes, auf Innovationen basierendes Wachstum! Heute wissen wir, basierend auf Michael Porters Erkenntnissen von 1980, dass es in der Unternehmensführung nur zwei Basisstrategien gibt, die einer Firma langfristig wirklich das Überleben mittels Wettbewerbsvorteilen sichern: Entweder ist ein Unternehmen Kostenführer oder/und es ist Nutzenführer. Diese beiden Basisstrategien werden im vorliegenden Buch immer wieder aufgegriffen. Porter nannte die heutige Positionierung des »Nutzenführers« damals allerdings noch die Strategie der »Differenzierung« Aber egal, die Wahl heißt also »ALDI« oder »Red Bull« – oder mit anderen Worten: Man ist so günstig in seinen Leistungsprozessen und Strukturen, dass man selbst bei niedrigen Preisen gute Renditen erwirtschaftet. Oder man bietet als Nutzenführer seinen Kunden qualitative und/oder emotionale Mehrwerte, für die diese freiwillig einen Preisaufschlag akzeptieren.

Abb. 1: Kosten- bzw. Nutzenführer-Strategie

Wer jedoch weder reale Kosten- noch Nutzenvorteile bietet, befindet sich im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit. Diese Firmen repräsentieren den Durchschnitt, habe eine niedrige oder sogar negative Rentabilität und können sich nur noch durch aggressive Verkaufsstrategien und Verhaltensmuster behaupten. Im Sumpf bleibt zudem auch jener, der zwar Vorteile und Mehrwerte anbieten könnte, diese aber gar nicht erkennt oder seinem Kunden nicht erfolgreich vermittelt. Berühmte Beispiele sind das Fax oder das Musikformat MP3 Beide wurden von deutschen Tüftlern erfunden, doch andere machten damit ihre Gewinne.

[13]Nur wenige Firmen schafften es in der Vergangenheit, die beiden Strategien der Kosten- bzw. Nutzenführerschaft gleichzeitig zu realisieren. Diese besonderen Champions starteten meist als Kostenführer, um dann aufgrund der dennoch hohen Qualität bzw. Emotionalität auch Nutzenführer zu werden. Firmen wie ALDI, HUK Coburg, Motel One oder Engelbert-Strauss haben diesen Sprung vom Kosten- zum gleichzeitigen Nutzenführer (zumindest für einige Zeit und für bestimmte Zielgruppen) geschafft.

Im Rahmen der digitalen Transformation ändern sich aber nun die Spielregeln! Auf einmal entstehen neue Unternehmen, die auf einen Schlag gleichzeitig Kosten- und Nutzenführer sind. Firmen wie AirBnB, Lieferando oder Check24 als Vertreter der Plattformökonomie, die modernen Finanzdienstleister N26 und Revolute oder Unternehmen wie Spotify, Flixbus und Zoom – sie alle schaffen es, dank neuer Geschäftsmodelle auf einen Schlag extrem kostengünstig zu sein und gleichzeitig neue Mehrwerte zu bieten.

Digitale Transformation

Wir sprechen heute nicht mehr nur von einem Effekt der Digitalisierung im Sinne davon, dass digitale Technologien lediglich bestehende Prozesse optimieren, sondern von einer digitalen Transformation, die unsere Umwelt im Privat- und Geschäftsleben immer mehr verändert. Denn die neuen Technologien erlauben uns vollkommen neue Geschäftsmodelle, die wiederum unsere Konsum- und Arbeitsgewohnheiten verändern. Früher orientierten wir uns beispielsweise an bestimmten Sendezeiten bei Funk und Fernsehen, streamen aber heute, wann immer wir wollen (on demand), über unterschiedlichste Endgeräte (multichannel) Musik und Video.

Doch die Kosten- und Nutzenvorteile von heute sind morgen schnell verloren. Der globale Markt und die Verfügbarkeit von Informationen in Echtzeit geben dem Wettbewerb die Chance, schnell die aktuellen Wettbewerbsvorteile eines Anbieters zu analysieren, zu kopieren und – noch besser – weiterzuentwickeln. Unternehmen brauchen dementsprechend immer wieder Innovationen, um langfristig zu überleben! Häufig jedoch scheitert dies an fehlenden Strategien, an kurzfristigem Denken oder an Ignoranz.

Unternehmen müssen mit Innovationen immer (weiter)wachsen, um langfristig zu überleben! Kosten- und Nutzenführer müssen sich immer weiterentwickeln, ansonsten verlieren sie ihre Wettbewerbsfähigkeit. Als Kostenführer benötigt man [14]regelmäßige Prozess- und Marktinnovationen, als Nutzenführer Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen. Viele ehemals beliebte Unternehmen vernachlässigten dieses gesunde Wachstum und orientierten sich nur am Absatz- bzw. Umsatzwachstum, wie beispielsweise die ehemaligen Wachstumsstars Palm Handhelds, Commodore Computer, Nokia Telefone, AOL Internet, Quelle Versandhandel, Yahoo oder Loewe Entertainment.

Diese früheren Wachstumsstars hätten sich auch anders, erfolgreicher entwickeln können, wenn sie die unterschiedlichen Wachstumsstrategien konsequent angegangen wären – für deren Unterstützung es zudem eine Vielzahl von praxisnahen strategischen Instrumenten gibt. Am Ende des Buchs finden Sie eine Übersicht, in der alle im Buch beschriebenen Instrumente mit Seitenverweisen aufgeführt sind.

Ziel ist ein gesundes Unternehmenswachstum im Rahmen von Erneuerungen und Innovationen! Ganz wie in der Natur: Die meisten Pflanzen und viele Zellen erneuern sich regelmäßig. Laubbäume, Blumen und Sträucher lassen im Frühjahr neue Knospen und Sprösslinge wachsen. Verwundete Hautzellen regenerieren sich – mehr oder weniger – von selbst. Erst ein unkontrolliertes Wachstum, wie bei Krebszellen, wird zur existenziellen Gefahr.

So schön die Verlockungen neuer Geschäftsfelder, Regionen, Zielgruppen, Akquisitionen oder des reinen Mengenwachstums dank Preiskämpfen sind, alle strategischen Maßnahmen sollten sich den nachhaltigen, zentralen Unternehmenszielen »Rentabilität« und »Liquidität« unterordnen. Dann gilt es, basierend auf dem starken Kern der vorhandenen unternehmerischen Kernkompetenzen (ganz im Sinne der Forscher Prahalad C. K. und Hamel G. von 1990), den Blick auf die (oft von ihnen selbst nicht bewussten) Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu richten und neue Mehrwerte zu schaffen.

Wettbewerbsfähigkeit entsteht, wenn Unternehmen ihren Zielgruppen immer wieder neue, echte (!) Mehrwerte bieten, für die diese auch gerne bezahlen! Mit anderen Worten: Mehrwerte sind »Mehrwerte« für Kunden und das Unternehmen. Beide sollen von ihnen profitieren: der Kunde durch einen qualitativen und/oder emotionalen Nutzen, das Unternehmen von der erhöhten Rentabilität und Liquidität. Am besten ist es dann, wenn Innovationen nicht nur (latente) Bedürfnisse der Zielgruppen treffen, sondern sogar skalierbar sind. Dann resultiert profitables Wachstum aus der [15]Möglichkeit, Leistungsentwicklungen mehrfach zu vermarkten, zu wiederholen und laufend zu entwickeln.

Schlussendlich ist es eine Grundsatzentscheidung der Gesellschafter, ob ein Unternehmen (mengenmäßig) größer werden soll, sich stabil zu halten hat oder gar auf Schrumpfkurs gebracht wird. Jede dieser drei Alternativen hat ihren eigenen Charme, aber am Ende gelten die beiden Hauptziele »Rentabilität« und »Liquidität« Wobei je nach Geschäftsmodell die Rentabilität ggf. erst nach einiger Zeit ins Positive rutschen kann. Denn wer heute eine digitale Plattform oder ein Start-up in den Branchen Pharma, Medizin oder Ernährungstechnik (New Food) aufbaut, der muss erst einmal viel Zeit und Geld investieren, bis die ersten Gewinne entstehen. Dann ergibt sich die eigentliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals manchmal erst mit dem Verkauf des Unternehmens, also dem Exit.

[17]2Wachstum durch Verdrängung

Was aber macht ein Unternehmen, das über keine Kosten- oder Nutzenvorteile verfügt? Das sich somit nicht als Kosten- und/oder Nutzenführer im Markt differenzieren kann? Wie kann ein Unternehmen überleben, das sich vielmehr in dem Sumpf der Vergleichbarkeit und damit der Austauschbarkeit befindet? Wie kann beispielsweise ein Hotel seinen Umsatz steigern, das am gleichen Ort weitere Hotels mit dem absolut gleichen Leistungsangebot vorfindet, ohne dass es an seinem Ort und seinem Leistungsangebot etwas ändern kann?

Abb. 2: Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit

Nun, auch hier gibt es Möglichkeiten zum Wachstum. Diese resultieren jedoch nicht aus einer starken Wettbewerbspositionierung mit Vorteilen, die in der Kosten- bzw. Kundennutzenstruktur liegen, sondern aus reinen Verdrängungsstrategien gegenüber dem Wettbewerb. Dazu zählen Strategien, die aus dem Repertoire des Marketings, des Vertriebs und Services, der finanzorientierten Akquisitionen schöpfen, aber auch aus der klassischen Kriegstechnik als dem historischen Ausgangspunkt des »Strategie«-Begriffs. Manche von diesen Möglichkeiten sind freundlich, fair und anständig, manche anderen sind unfreundlich, aggressiv oder widersprechen dem Verhalten des »ehrbaren« Kaufmanns. Da sich aber die Wettbewerber nicht immer nur freundlich verhalten, gehört es zum strategischen Werkzeugkasten der Unternehmensführung, auch diese Techniken zu kennen und in die eigenen Überlegungen zumindest als mögliche Maßnahmen der Wettbewerber einzubeziehen.

[18]2.1Wachstum durch Vertrieb

Starten wir also mit den vertrieblich orientierten Wachstumsstrategien, um die eigene Position im Markt mindestens zu behaupten bzw. sogar Wettbewerber zu verdrängen.

Die vier Hauptaufgaben des Vertriebs sind bekanntlich

die Identifikation aller möglichen Kunden und die Annäherung an sie,die Präsentation der Vorteile und des Nutzens der Produkte gegenüber den Kunden,das Entkräften von Einwänden sowieder eigentliche Abschluss einer (Verkaufs-)Transaktion.

Das hört sich so einfach an, doch viele Vertriebe scheitern an diesen vier Aufgaben. Und das, obwohl gerade der Vertrieb die zentrale Speerspitze zum Kunden, zum Umsatzwachstum und zum Gewinn ist!

Die Gründe liegen nur selten in der eigentlichen Anzahl von Vertriebsressourcen, sondern mehr in der Qualifikation und Motivation der Vertriebsmitarbeiter sowie in der Steuerung des Vertriebs. Am Ende erfüllen viele Vertriebe die soeben genannten vier Hauptaufgaben nur rudimentär: Vertriebsmitarbeiter sprechen bevorzugt ihre »gefügigen« Bestandskunden an, ohne sich um neue Kunden zu kümmern. Oder sie ziehen bei einem »Nein« des Kunden sofort den Kürzeren, ohne es dank neuer Argumente oder besserer Leistungsangebote ein weiteres Mal beim Kunden zu versuchen.

Wer aber seine Wettbewerber aus dem Markt verdrängen möchte, der benötigt zuerst einmal die entsprechenden vertrieblichen Ressourcen. Hierzu zählt der Außen- und Innendienst, die von sich aus das Potenzial von Bestands-, aber auch Neukunden kontinuierlich ausschöpfen möchten. Bei Großkunden braucht man zudem Großkundenbetreuer (die sog. Key Account Manager), die nicht nur all die unterschiedlichen, gleichzeitig stattfindenden (Angebots-, Preis- und ggf. Leistungserbringungs-) Aktivitäten bei den unterschiedlichen Bereichen desselben Kunden koordinieren. Gerade den Großkundenbetreuern obliegt es, ihre Kunden in Gänze zu verstehen und weitere Umsatzpotenziale zu identifizieren.

Mit dem Begriff Lead Management werden heute Prozesse und Techniken assoziiert, die es einem Unternehmen erlauben, neue Kontakte zu generieren und diese [19]in tatsächliche Käufer umzuwandeln. Aus den unterschiedlichsten Datenquellen wie E-Mails, besuchten Internetseiten, Social-Media-Netzwerken, Customer-Relationship-Management-Systemen (kurz: CRM) u. v. a. werden die Daten möglicher Kunden analysiert und so aufbereitet, dass erfolgversprechende Marketing- und Vertriebskampagnen gestartet werden können. Die Vernetzung spielt dabei eine große Rolle, da viele Daten über potenzielle Kunden anfallen. Jedes Mal, wenn ein Kunde etwas im Internet recherchiert, hinterlässt er Datenspuren, die von Anbietern aufgegriffen werden können und als Leads (auf Deutsch etwa »Interessenten«) einen Startpunkt für eine Verkaufsmaßnahme bieten.

Abb. 3: Vertriebshebel zur Umsatzsteigerung

Verbunden mit dem Lead Management sind wir nun bei einem weiteren Hebel des Vertriebs zur Umsatzsteigerung. Es geht um eine hohe Intensität des Kundenkontakts dank hoher Besuchshäufigkeit bzw. automatisierter Vertriebsprozesse. Denn je häufiger – aber dabei in noch verträglicher Frequenz (!) – Kunden im Kontakt zum Vertrieb stehen, desto häufiger entwickeln sich Kaufopportunitäten. Und dabei ist es (fast) egal, ob wir erstens im Konsum-, Industriegüter- oder Dienstleistungssektor aktiv sind und ob zweitens die Vertriebsprozesse in der Zwischenzeit digitalisiert und automatisiert werden. Denn auch ohne Digitalisierung kann man die Besuchshäufigkeit optimieren. Was aber nicht heißt, dass automatisierte Prozesse basierend auf digitalen Technologien bei der zielgerichteten Kundenkommunikation nicht enorm helfen können, indem mit ihrer Hilfe Bedürfnisse geweckt sowie Anfragen, Angebote, Aufträge bis hin zur Weiterverfolgung von Aufträgen (inkl. möglicher Reklamationen) gesteuert werden.

Die vierte Hauptaufgabe des Vertriebs ist der Abschluss. Erst wenn ein Kunde wirklich etwas bestellt, kauft und bezahlt, verdient ein Unternehmen sein Geld. Darum ist es ein zentrales Ziel, die Quote der Interessenten in eine Quote von wirklich kaufenden Kunden umzuwandeln. Eine höhere Abschlussrate generiert man durch konsequentes Lernen und das Beheben von Gründen, warum bisherige Interessenten nicht zu kaufenden Kunden wurden. Der häufig genannte »zu hohe« Preis, der oft als Begründung einer Kaufverweigerung angeführt wird, ist dabei meist nur ein Alibigrund. Vielmehr sind es ganz andere sachliche und menschliche Aspekte, die zu [20]einer Ablehnung führen – wie die Qualität der angebotenen Leistung oder die Unfreundlichkeit bis hin zur menschlichen Ablehnung von Vertriebsmitarbeitern. Aber bevor ein Kunde diese Gründe offenlegt, begründet er sein Nein einfach schnell mit dem Preis und vermeidet damit Diskussionen, die er als unnötig empfindet.

Lernen vom Kunden

Der Kerngedanke der Methoden des agilen Managements, wie Customer Development Process, Lean Startup, Scrum oder Design Thinking, ist es gerade, in Iterationen vom Kunden zu lernen. Dieses Lernen betrifft nicht nur qualitative Aspekte, wie Produktspezifikationen und Leistungscharakteristika, sondern auch die Emotionen beim und mit dem Kunden.

Bleiben wir kurz bei der Digitalisierung von Vertriebsprozessen. Eine schnellere interne Erfassung von Kundenaufträgen erhöht nicht nur die direkte Zufriedenheit beim Kunden selbst (Stichwort »Kundennutzen«), sondern reduziert auch den Aufwand für interne Abstimmungen und spart Ressourcen (Stichwort »Kostenvorteile«). Die Optimierung der Auftragserfassung und der darauffolgenden Auftragsbearbeitung bietet klare Wachstumsmöglichkeiten in einem Verdrängungswettbewerb.

Eine besondere vertriebstechnische Möglichkeit im Verdrängungswettbewerb sind Rabatte und Prämien. Rabatte sind dabei Preisnachlässe, die grundsätzlich für bestimmte Leistungen des Abnehmers gewährt werden und mit der verkauften Leistung im Zusammenhang stehen. Mit den Rabatten kann man beim Vorliegen bestimmter Kriterien sofort oder später den einmal festgelegten Preis herabsetzen.

Rabatte dienen unterschiedlichen Wachstumszielen

Mit Rabatten verfolgen Unternehmen unterschiedliche Ziele. Dazu gehören

die Umsatz- und Absatzausweitung,die Erhöhung der Kundenbindung,die Steuerung und Rationalisierung des Auftragseingangs und der Auftragsabwicklung,das Sicherstellen der Listung und das Verhindern von Auslistungen,die Intensivierung der Marktbearbeitung durch den Abnehmer oderdie Verlagerung von Aufgaben auf den Absatzmittler.

Dabei unterscheiden wir verschiedene Rabattarten: die Funktionsrabatte, Mengenrabatte und Zeitrabatte. Funktionsrabatte werden dem Abnehmer gewährt, damit er die von ihm übernommenen Funktionen wahrnehmen kann. Solche Funktionen sind zum Beispiel die Ausübung bestimmter Handelstätigkeiten, logistische Dienst[21]leistungen oder eine Barzahlung. Für die Übernahme dieser Tätigkeiten erhält der Abnehmer eine angemessene Vergütung vonseiten des Verkäufers, wie beispielsweise die Verteilung einer Ware aus einem Zentrallager an dezentrale Verkaufsorte.

Bei Abnahme großer Mengen gewähren Lieferanten erfahrungsgemäß einen Mengenrabatt. Diese Rabattform kann dabei entweder ein Preisnachlass, der direkt auf der Rechnung ausgewiesen wird, ein nachträglicher Preisnachlass oder ein Naturalrabatt in Form unentgeltlicher Warenabgaben sein. Als Bemessungsgrundlagen für Mengenrabatte können die Menge pro Auftrag bzw. Lieferung oder die Summe aller Aufträge für eine bestimmte Periode gelten. Zielsetzung der Mengenrabatte ist die Umsatz- und Absatzausweitung – also der »Kauf« von Umsatz – sowie die Ausnutzung der Kosteneinsparungen in der Produktion und Logistik aufgrund der höheren Mengen und damit verbundener Skaleneffekte.

Zeitrabatte werden für einen fest bestimmten Zeitraum oder eine bestimmte Frist für Bestellungen gewährt. Zu ihnen gehören beispielsweise der Einführungsrabatt, der Vordispositionsrabatt, der Saisonrabatt und der Auslaufrabatt. Zielsetzung ist nicht nur die zeitliche Steuerung des Auftragseingangs: Während ein Einführungsrabatt die Funktion hat, schnell Frühkunden zu gewinnen und dadurch die Einführungsphase eines Produktes zu verkürzen, dient ein Auslaufrabatt dazu, schnell die Lager von veralteten Produkten zu räumen. Manche Zeitrabatte zielen wiederum darauf ab, den Absatz in verkaufsschwachen Zeiträumen zu intensivieren.

Ergänzend zu den Rabatten haben auch die Liefer- und Zahlungsbedingungen einen direkten Einfluss auf den Preis und damit auf die Kaufmotivation der Kunden. Unter Liefer- und Zahlungsbedingungen versteht man alle Modalitäten der Übergabe und des Gefahren- und Eigentumsübergangs der Produkte vom Lieferanten zum Abnehmer und die Art und Weise der Entrichtung des vereinbarten Kaufpreises durch den Käufer. Zu den Lieferbedingungen gehören die Lieferbereitschaft, Lieferzeit, Lieferart, Umtausch- und Rücktrittsmöglichkeit sowie die Berechnung der Verpackungs-, Fracht- und Transportkosten.

Aber Achtung: Rabatte steigern zwar den Absatz und vielleicht auch den Umsatz, doch kosten Rabatte Geld und reduzieren daher den Gewinn, wenn nicht dank der Rabatte andere Kosten verhindert werden. Dies ist gerade bei Unternehmen, die sich im Sumpf der Vergleichbarkeit befinden, gefährlich, da diese ohnehin schon mit [22]geringen Gewinnspannen operieren müssen. Gefährden dann Rabatte die Gewinne noch mehr, so sind Mengenzuwächse zu teuer erkauft und nachhaltig schädlich.

Ebenso verhält es sich bei Prämien, die gegenüber Vertriebsmitarbeitern zur Motivationssteigerung gezahlt werden. Egal, ob in Form von Geldauszahlungen, Tantiemen oder geldwerten Vorteilen (wie Reisen, Einladungen, Pkw), sie alle können dem kurzfristigen Umsatzwachstum dienen, aber nachhaltig die strategische Positionierung im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit »zementieren« sowie der langfristigen Rentabilitäts- und Liquiditätssicherung schaden.

2.2Wachstum mit Service

Nahe am Vertrieb ist der Service, der direkt im Anschluss an die Vertriebsprozesse die Bearbeitung von Kundenaufträgen durch die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens begleitet. Wie der Vertrieb verfügt gleichermaßen der Service über strategische Hebel für ein Wachstum von Absatz und Umsatz.

Abb. 4: Servicehebel zur Umsatzsteigerung

Zu diesen Hebeln zählt zuerst einmal die zeitliche und örtliche Erreichbarkeit von Service- und Vertriebsmitarbeitern. Wie wir an späterer Stelle noch sehen werden, geht es um eine Erreichbarkeit mit den Prämissen »on demand« und »omnichannel« Unter »on demand« versteht man dabei, dass, wann immer ein Kunde einen Service wünscht, dieser auch zeitnah erledigt wird. Und »omnichannel« heißt, dass wir über alle möglichen Kontaktkanäle (wie Telefon, E-Mail, Onlineportale, aber auch stationäre Läden) erreichbar sind und dabei in Echtzeit überall über die identischen, aktuellen Kundendaten und die Kundenhistorie verfügen. Auch dabei generieren wir Nutzen für die Kunden und Kostenvorteile für das Unternehmen, was in der Summe zu einem Wachstum von Umsatz und Gewinn führen sollte.

Schon beim Vertriebshebel »Erfassung von Kundenaufträgen« ergaben sich enorme Möglichkeiten, durch bessere Prozesse – auch dank der Digitalisierung – den Kundennutzen im Bestandsgeschäft zu steigern und gleichzeitig Kosten zu reduzieren. [23]Doch mit der Erfassung eines Kundenauftrages ist das Kundenerlebnis noch nicht zu Ende: Vielmehr gilt es nun, den kompletten Verlauf der Wertschöpfungskette vom Kundenauftrag bis zur erfolgreichen Auftragsumsetzung und bis zum gelungenen Auftragsabschluss im Sinne des Kunden – gleichzeitig aber auch rentabel für das Unternehmen – abzuwickeln. Dabei beinhaltet die Auftragsbearbeitung auch die mögliche Reklamationsbearbeitung, denn gerade bei Schwierigkeiten und Problemen lernt ein Kunde seinen Leistungsanbieter genauer kennen. Das Verhalten des Anbieters in einer problematischen Situation führt entweder zu einer verbesserten Kundenbindung oder aber zu einer gefährdeten Kundenbeziehung, in die ein Wettbewerber sehr leicht hineingrätschen kann.

Ein weiterer klassischer Servicehebel zum Wachstum in einem Verdrängungswettbewerb ist das Angebot von zusätzlichen Serviceleistungen in Form von Beratung und Schulung oder von Lieferungen und Installationen. Im Rahmen der Produktinnovationen werden wir später noch erkennen, dass das Leistungsangebot eines Unternehmens nicht nur aus Produkten (wie Hardware, Komponenten, Packungsinhalten etc.) besteht, sondern immer mehr aus Dienstleistungen wie eben Beratung, Schulung, Lieferung und Installation. Besonders spannend ist dabei die Möglichkeit, dank innovativer Dienstleistungen zusätzliche Einnahmen und Gewinnwachstum zu generieren. Daher sei schon an dieser Stelle erwähnt, dass Firmen mit guten Serviceleistungen Wettbewerber verdrängen können.

2.3Wachstum durch Marketing

Auch das Marketing bietet verschiedene strategische Hebel, um den Umsatz eines Unternehmens, das sich im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit befindet, zu steigern. Hierzu zählen neben der klassischen Werbung und dem Einsatz von Multiplikatoren (neudeutsch: Influencer) auch die Öffentlichkeitsarbeit, die Distribution und die Steuerung von Verkaufspreisen.

Abb. 5: Hebel des Marketings zur Umsatzsteigerung

[24]Starten wir mit der klassischen Werbung: Im Sinne eines Push-Marketings verfolgt die Werbung über verschiedene Kanäle (wie Online, Games, Print, TV) das Ziel der Bedürfnisweckung, der Information, der emotionalen Bindung und der Kaufmotivation. Denn häufig wecken erst Werbeimpulse (also engl.: »Pushes«) überhaupt den Wunsch eines Kunden nach einer Lösung, so wie die abendliche TV-Werbung für eine Biermarke uns erst unseren Durst nach Bier suggeriert oder ein Fachartikel den Bedarf nach einer neuen Industriemaschine oder Dienstleistung weckt. Am Ende geht es bei der Werbung immer um die Bekanntmachung von Leistungen, das Durchsetzen der eigenen Produkte gegenüber Konkurrenzprodukten, um Umsatzsteigerung und den Gewinn von Marktanteilen. Aber auch hier ergibt sich bei Unternehmen, die sich im Sumpf der Vergleichbarkeit befinden, mit ihrer meist unterdurchschnittlichen Rentabilität das Problem, dass Werbung Geld kostet und nicht immer zu einem höheren Gewinn führt. Aus diesem Grund überwachen erfolgreiche Firmen genau ihre Werbe- und generellen Marketingausgaben mithilfe eines eigenen Marketing-Controllings.

Push-Marketing

In Abgrenzung zum später noch vorgestellten »Pull-Marketing« wird beim Push-Marketing ein Leistungsangebot in einen Markt »hineingestoßen« Klassische Werbung über Funk, Fernsehen, Zeitungen etc. oder moderne Werbung über Internetseiten, E-Mails, (Online-) Games etc. drücken quasi die Informationen zu Produkten und Dienstleistungen in den Markt, um Kunden zum Kauf zu motivieren.

Meist kostengünstiger, aber vor allem zielgruppenspezifischer ist da schon der Einsatz von Influencern. Bei den Influencern handelt es sich nicht nur um Personen, die ein (Konsum- oder Industrie-)Produkt erfolgreich vorführen, wie die früheren Testimonials, sondern um Personen mit einer starken Popularität und einem etablierten positiven Image in sozialen Netzwerken, wovon das Unternehmen profitieren möchte. Ihre Bekanntheit und ihr Einfluss, ganz im Sinne der später noch angesprochenen Emotionen, soll Werbebotschaften übermitteln und den Umsatz steigern.