Wandel oder Untergang - Frank Schiesser - E-Book

Wandel oder Untergang E-Book

Frank Schiesser

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Beschreibung

Die systemische Führung und insbesondere das Offene System Modell, werden in diesem Buch ausführlich beschrieben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie es manche Unternehmen schaffen 100 Jahre und länger erfolgreich den steten Wandel im Verhalten der Kunden, in den Technologien und dem Branchenumfeld zu meistern, während andere Unternehmen untergehen.

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Seitenzahl: 192

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Frank Schiesser, Frank Gerlach

Wandel oder Untergang

Unternehmen erfolgreich systemisch führen

© 2021 Frank Schiesser, Frank Gerlach

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback:      978-3-347-18212-7

Hardcover:      978-3-347-18213-4

e-Book:            978-3-347-18214-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autoren unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 – Wandel oder Untergang

1.1 Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

1.2 Unternehmen sind soziale Systeme.

1.3 Wandel oder Untergang.

1.4 Unternehmen sind keine Maschinen.

Kapitel 2 – Die Offene System Theorie

2.1 Das Ende des Scientific Management.

Kapitel 3 – Das Offene System Modell

3.1 System und System Umwelt.

Kapitel 4 – Die Umwelt

4.1 Die Maginot-Linien des Managements.

4.2 Ohne Wandel kein Überleben.

4.3 Im Erfolg steckt der Kern des Misserfolges.

4.4 Die Kunden setzen den Zweck.

4.5 Nur tiefe Kenntnis der Kunden führt zu neuen Lösungen.

Kapitel 5 – Der Zweck

„Hat man sein w a r u m? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie“ (Friedrich Nietzsche 1888)

5.1 Unternehmenszweck: Kundennutzen!

5.3 Die Ziele dienen der Zweckerfüllung.

5.4 Die Strategie und ihre Leitplanken als Wegleitung.

Kapitel 6 – Die Ziele

6.1 Ziele setzen für Offene Systeme.

Kapitel 7 – Der Transformationsprozess

7.2 Subsysteme folgen den Prinzipien des Gesamtsystems.

7.3 Die Teilsysteme sind gekoppelt.

Kapitel 8 – Der Aufgaben Kernprozess

Kapitel 9 – Der Soziale Kernprozess

9.1 Ein Team leistet nicht immer mehr als der Einzelne.

9.3 Vertrauen ist der Kitt für effiziente Kooperation.

9.4 Vertrauen reduziert Komplexität.

9.5 Ein Unternehmen kann eine „gute Kinderstube“ nicht ersetzen.

9.6 Nur komplexe Aufgaben löst ein Team besser.

9.7 Die größte Herausforderung ist der Aufbau einer leistungsstarken Organisation.

9.8 Die Führung muss klar geregelt sein.

9.9 Interner Wettbewerb führt zu besseren Leistungen.

Kapitel 10 – Der Individuelle Kernprozess

10.1 Traditionelle Motivationstheorien

Kapitel 11 – Persönliches Feedback

11.1 „Jeder ist sich selbst der Blindeste, weswegen jeder Mensch ein Korrektiv benötigt“. (Prof. Dr. Dieter Frey)

11.2 Voraussetzungen für die Wirksamkeit.

Kapitel 12 - Veränderungsbereitschaft

Kapitel 13 – Systemisches Feedback

13.3 Der Wandel muss rechtzeitig eingeleitet werden.

Kapitel 14 – Die Rolle des Managers

14.1 Erfolgsfaktoren Offener Systeme.

14.2 Zukunftssicherung ist Management - Priorität.

14.3 Der Manager als Captain und Coach.

14.4 Vertrauen ist gut – nicht Kontrolle.

14.5 Der „harte Hund“ hat ausgedient.

14.6 „Walk the Talk“.

Kapitel 15 – Lösung von Konflikten

Kapitel 16 – Diagnose & Re-Design

16.1 Diagnose

Bei der Diagnose des gesamten Systems werden die Systemelemente hinterfragt:

16.2 Die 5-Warum-Analyse in Aktion.

16.3 Re-Design.

Schlusswort

Glossar

Vorwort

Im Mittelpunkt dieses Buches steht die Frage, wie es manche Unternehmen schaffen, 100 Jahre und länger erfolgreich den Wandel im Verhalten der Kunden, in den Technologien und im Branchenumfeld zu meistern, während andere Unternehmen untergehen. Die Autoren sind davon überzeugt, und ihre langjährige Erfahrung in der Praxis untermauert dies, dass nur stetige Erneuerung und Wandel dauerhaften Unternehmenserfolg sichern.

Daher ist es der Zweck dieses Buches, Führungskräfte und junge Nachwuchsmanager*innen davon zu überzeugen, dass systemisches Management, wie es in diesem Buch beschrieben und erläutert wird, die Voraussetzung für erfolgreiche Erneuerung und Wandel schafft. Wir verfolgen seit vielen Jahren ein humanistisches Führungsprinzip, das auf dem Verständnis von Organisationen als lebende, soziale Systeme beruht, die sich selbst so organisieren, dass sie ihren beabsichtigten Zweck erfüllen. Solche Systeme werden als „Offene Systeme“ bezeichnet, da sie sowohl Energie als auch Materie mit ihrer Umwelt austauschen. Dies steht im klaren Gegensatz zum „Maschinen Modell“ von Frederick Taylor oder dem sogenannten „Scientific Management“.

Offiziell totgesagt, bestimmt das „Maschinen Modell“ in Wirklichkeit noch immer das Verhalten vieler Führungskräfte. Es ist jedoch angesichts der zunehmenden Komplexität in allen Lebensbereichen, vor allem aber im Bereich der Wirtschaft, zum Scheitern verurteilt. Unternehmen können heute nicht mehr per „Command & Control“ wie Maschinen gesteuert und „bedient“ werden. Dafür ist die Komplexität in den Unternehmen und in der Wirtschaft allgemein viel zu hoch geworden. Die Bewältigung von Komplexität ist daher längst als die Herausforderung des heutigen Managements erkannt.

„Komplexität bezeichnet das Verhalten eines Systems (in unserem Fall eines Unternehmens) oder Modells, dessen Komponenten auf verschiedene Weise miteinander interagieren können, nur lokalen Regeln folgen…“ (Wikipedia). In anderen Worten, das Verhalten eines Unternehmens und seiner Mitarbeitenden lässt sich, im Gegensatz zu einer Maschine, nicht exakt planen bzw. vorschreiben. Menschen sind nun einmal keine Maschinen.

Die Verantwortlichen für die Führung einer Organisation, sei es ein Unternehmen, eine Projektorganisation oder ein Geschäftsprozess, müssen also jederzeit mit überraschenden Entwicklungen und Nebenwirkungen rechnen, wenn sie steuernd in die Organisation eingreifen. Sie sollten daher wissen, wie die wesentlichen Systemelemente interagieren, und die Fähigkeit haben, Komplexität auf die entscheidenden Strukturelemente, die das Verhalten einer jeden Organisation maßgeblich beeinflussen, zu reduzieren.

Dabei müssen sowohl die begrenzten Ressourcen bzw. Effizienz als auch der optimale Nutzen für die Kunden, also die Effektivität, im Auge behalten werden. Das ist ein Balanceakt, der nur gelingen kann, wenn alle Mitarbeitenden einer Organisation ihre jeweilige Rolle verstehen und annehmen. Die Zusammenarbeit muss von wenigen aber klaren Regeln, und die Art und Weise der Zusammenarbeit vom gemeinsamen Verständnis geprägt sein, wie Organisationen effizient und effektiv arbeiten.

Dieses Buch befasst sich deshalb neben den strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen für erfolgreiche systemische Führung auch mit den sogenannten „weichen Faktoren“. Aus diesen sticht „Vertrauen“ als die wichtigste Voraussetzung für Kooperation hervor. Vertrauen trägt in großem Maße zur Entwicklung einer leistungsstarken Organisation bei.

Es sind unzählige Bücher geschrieben worden, wie erfolgreiche Unternehmen oder Organisationen aussehen, aber kaum eines, das konkret und nachvollziehbar darstellt, wie man als Führungskraft eine solche Organisation entwickelt. Viele glauben leider, dass es quasi ein Erfolgsrezept gibt, dessen Zutaten in der richtigen Mischung und Verarbeitung automatisch zum gewünschten Resultat führt. Die zugrundeliegende Theorie, die Organisationsprinzipien und die prozessualen Zusammenhänge interessieren sie allenfalls am Rande. Gerade das tiefe Verständnis dieser Elemente ist aber die Voraussetzung für eine situationsgerechte und an die jeweilige Organisation angepasste, fast spielerische Vorgehensweise bei der Entwicklung einer leistungsstarken Organisation.

Die Grundlage dieses Buches bildet die „Offene System Theorie“, eine Verbindung von Kybernetik (Wissenschaft von der Steuerung und Regelung von Systemen), Biologie und Technik. Die Nutzung dieses Wissens und des neuen Paradigmas der Wahrnehmung von Unternehmen und Organisationen als „lebende, soziale Systeme“ wird es Organisationen ermöglichen, Eigenschaften zu entwickeln, die alle lebenden Organismen auszeichnen:

• Anpassungsfähigkeit,

• Funktionssicherheit,

• Lern- und Entwicklungsfähigkeit,

• Reaktionsschnelligkeit und

• einen hohen Wirkungsgrad.

Das sind genau die Eigenschaften, die Organisationen brauchen, um die enorme Komplexität in einem Unternehmen oder in großen Projekten erfolgreich zu nutzen. Ja, Sie lesen richtig: zu nutzen, denn Komplexität kann auch von Vorteil sein, da aus dieser heraus Neues entstehen kann. Prof. F. Malik (HSG St. Gallen) sagt mit Recht: „Die meisten scheuen vor Komplexität zurück und wollen sie reduzieren, weil sie diese mit Kompliziertheit verwechseln. Kompliziertheit sollten wir abbauen. Komplexität aber müssen wir nutzen. Komplexität ist der wichtigste und wertvollste Rohstoff, denn sie ist die Quelle für Intelligenz, für Vielfalt, für Innovation und Kreativität.“ Wir kommen auf diesen Unterschied noch in den folgenden Kapiteln zurück.

Wir selbst haben als Verantwortliche für die Führung von Organisationen in verschiedensten Branchen und als Coaches in unterschiedlichsten Unternehmen die Praxistauglichkeit der „Offenen System Theorie“ und des „Offenen System Modells“ unter Beweis gestellt. In zahlreichen Workshops und individuellen Coachings von Führungsteams haben wir diesen systemischen Ansatz stetig weiterentwickelt. Das positive Feedback unserer Kunden hat uns darin bestärkt, die Grundlagen dieser Theorie und die wesentlichen Elemente des dazugehörigen Modells in diesem Buch zusammenzufassen und mit zahlreichen Beispielen aus der Unternehmenswelt zu untermauern.

Kapitel 1 – Wandel oder Untergang

„Der Fisch weiß erst, dass er im Wasser lebt, nachdem er am Ufer gestrandet ist.“ (französisches Sprichwort)

Genau so ergeht es den Verantwortlichen in modernen Organisationen. Sie wissen meist erst, wenn sie „gestrandet“ sind, dass etwas nicht stimmt mit der Organisation. In der Regel entsteht der Leidensdruck erst, wenn die Zahlen nicht mehr stimmen, und der Blick in den Rückspiegel der Bilanz zeigt, dass sich das Unternehmen nicht mehr auf Kurs befindet. Allen Beteuerungen zum Trotz leiten die wenigsten bereits Veränderungsprozesse ein, wenn dieser Leidensdruck noch gar nicht vorhanden ist. Starke Raucher geben das Rauchen auch in der Regel erst auf, wenn sie tatsächlich schwer erkrankt sind, und dann ist es häufig zu spät. Das ist menschlich und gilt daher auch für Unternehmen.

1.1 Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth hat herausgefunden, dass der Mensch sich fast uneingeschränkt neuen Umweltbedingungen anpassen kann und bis ins hohe Alter lernfähig ist. Leider tendieren wir jedoch zum Festhalten am Gewohnten. Verhaltensänderungen, auch im Beruf, sind äußerst schwierig und manchmal nur mit externer Hilfe zu erreichen. Der Grundstein für die Veränderungsbereitschaft bzw. Veränderungsoffenheit wird lt. Roth in den ersten drei Lebensjahren gelegt. Das hat zur Folge, dass man ein Leben lang mit diesem Skript sein Leben lebt und entsprechend auch den Beruf ausübt. Unser Gehirn besitzt zwar eine hohe Plastizität, d.h. es ist lebenslang formbar, wir müssen jedoch hierfür genügend Energie und Veränderungsbereitschaft mitbringen. Roy Baumester von der Florida University hat herausgefunden, dass es für das Gehirn „ein außerordentlicher Kraftakt ist, Prägungen und Gewohnheiten zu widerstehen und Veränderungen zuzulassen“. Mit gewohnten Routinen und Verhaltensmustern fühlt man sich sicher und wohl. Nur ungern verlässt man seine „Komfortzone“. Wir gehen auf das Phänomen der Veränderungsbereitschaft im Kapitel 12 noch explizit ein.

Das gilt analog genauso für Unternehmen, vielleicht sogar in besonderem Maße. Da die mit der Macht verbundenen Annehmlichkeiten ungern aufgegeben werden, wird die Notwendigkeit für Erneuerung und Wandel auch in Führungskreisen gerne verdrängt. Weitsichtige und zukunftsorientierte Führungspersonen dagegen kreieren sogar Leidensdruck gerade in guten Zeiten, indem sie Szenarien entwickeln, die bedrohlich werden könnten nach dem Motto: „Wer rastet, der rostet ”. Das gilt auch und gerade für Unternehmen. Je länger die Akteure an dem einst gefundenen Erfolgsrezept festhalten, je heiliger das System gesprochen wird, dem der Erfolg von gestern zugeschrieben wird, desto anfälliger wird es. Wenn das System selbst erstarrt, während die Umwelt sich dynamisch wandelt, ist die einst entstandene Ordnung im System kein passender Schlüssel mehr, um die Komplexität in der Umwelt zu beherrschen.

Stabilität, die jedes System anstrebt, entsteht durch Statik und Flexibilität im Wechsel und Zusammenspiel. Unternehmen brauchen einerseits konservatives Festhalten am Bewährten, andererseits progressives Voranschreiten und das Entdecken und Ausprobieren des Neuen. Routinen, die sich bewährt haben, sollten nicht ständig in Frage gestellt und damit die Organisation unter Dauerstress gesetzt werden. Die Fehlschläge von Veränderungsprozessen, die nach dem Buch „Reengineering“ von Hammer/Champy durchgeführt wurden, sind Legende. Folgte man deren Ratschlägen, musste alles und jedes in Frage gestellt und das Unternehmen quasi neu gebaut werden. Mittlerweile haben die beiden Autoren eingeräumt, dass sie es mit der Radikalität der Veränderung übertrieben haben, und sind von ihren eigenen Thesen abgerückt. Nur leider gab es eine Reihe von Unternehmen, die noch bestärkt und unterstützt durch Beratungsunternehmen, durch diese Vorgehensweise in Not gerieten.

Routinen und eingespielte Abläufe erhöhen in Wirklichkeit die Effizienz, denn sie haben sich nicht zufällig herausgebildet, sondern im Laufe der Zeit bewährt und bilden daher ein wichtiges Gerüst für anstehende Neuerungen und Veränderungen. Man kennt das aus dem Leistungssport, der ohne solche eingeübten Routinen und Abläufe nicht möglich wäre. Auch erfolgreiche Sportler fangen ja nicht wieder komplett bei null an, wenn sie neue Bewegungsabläufe und Techniken erarbeiten und dem Bewährten hinzufügen. Sie werden nicht vor oder während des Spiels das Rad neu erfinden und bewährten Bewegungsabläufe oder Laufwege ändern und damit die anderen Mitspieler unangenehm überraschen. Gleichzeitig verhindert aber die Gewohnheit und der damit verbundene Wunsch nach Sicherheit und Wohlgefühl, dass man Änderungen wagt. Die durch Veränderung aufkommenden Gefühle von Unsicherheit und Unwohlsein lösen Stress aus, und Stress verstärkt wiederum die gewohnten Verhaltensmuster. Jeder Golfer oder Tennisspieler kennt dieses Phänomen. Unter Stress wagt man nicht den neuen Schwung, der auf der Driving Range so gut funktioniert oder die Rückhand, die man gerade im Training perfektioniert hat, sondern fällt in alte (schlechte) Gewohnheiten zurück und verzieht den Schlag oder spielt zu „brav“.

Daher begegnen die meisten Unternehmen dem Kostendruck nicht durch stetige Veränderung und Anpassung ihrer Organisation an den Wandel des wirtschaftlichen Umfeldes, sondern sie legen ihr Augenmerk ausschließlich auf die Steigerung der Produktivität und die Senkung der Kosten. Das begünstigt natürlich, wie oben beschrieben das Beharren auf dem Gewohnten und das Scheuen von Veränderungen scheinbar erfolgreicher Routinen.

Seit Beginn der Industrialisierung stehen daher Produktivität und Kosten auch im Fokus aller Organisations- und Führungstheorien. Anfangs sollten die Kosten vor allem durch Arbeitsteilung gesenkt werden und durch eine, an das Militär angelehnte, Organisations- und Kommandostruktur mit wenigen klaren Berichtslinien. Später folgten durchaus auch Ansätze, die den Faktor Mensch mit einbezogen, aber immer mit dem Ziel, die Effizienz und die Produktivität zu steigern.

Für das Überleben einer Unternehmung ist jedoch die Effektivität ausschlaggebend, d.h. wie gut das Unternehmen in der Lage ist, stetig die Erwartungen seiner Kunden zu erfüllen. Die Hersteller von Taschenrechnern oder Schreibmaschinen mussten erfahren, dass sie am Ende auch nicht die niedrigen Produktionskosten gerettet haben, den keiner wollte diese Produkte noch kaufen. Die kostengünstigste Fabrik ist eben eine geschlossene Fabrik. Die einseitige Fokussierung auf die Kosten und die Produktivität lassen kurzfristig noch eine profitable Produktion zu. Wenn diese Zeit jedoch nicht genutzt wird, um neue Produkte zu entwickeln, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Fabrik geschlossen werden muss.

1.2 Unternehmen sind soziale Systeme.

Nur wenige Führungspersonen verstehen sich als „System-Architekten“. Als solche gestalten sie stetig und aktiv die Rahmenbedingungen der Organisation so, dass ihr Unternehmen jederzeit bereit ist, die Veränderungen in der relevanten Umwelt wahrzunehmen. Aus diesen Erkenntnissen ziehen sie die richtigen Schlüsse und leiten geeignete operative Maßnahmen ein, die die Zukunft des Unternehmens dauerhaft sichern und es so vor dem Untergang bewahren. Wohl gemerkt, die gesamte Organisation ist herausgefordert, solche Veränderungen in den Kundenerwartungen, in den Technologien oder im Konkurrenzumfeld zu identifizieren und beim Management zu adressieren. Die Mitarbeitenden sollten nicht darauf vertrauen, dass die Unternehmensleitung „es schon richten wird“.

Allerdings ist für ein solches proaktives Verhalten auch die entsprechende Unternehmenskultur Voraussetzung, d.h., jeder in der Organisation teilt seine Wahrnehmungen mit und sensibilisiert so die anderen für notwendige Maßnahmen. Bewährt hat sich auch, einmal jährlich „Zukunftstage“ durchzuführen, an denen möglichst viele Mitarbeitende quer durch das Unternehmen zusammenkommen, um mit der Unternehmensleitung gemeinsam diese Veränderungen zu besprechen, zu werten und die strategischen Weichen neu zu stellen.

Die Menschen im Unternehmen arbeiten gemeinsam an der Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen, die einzelne Individuen nicht herstellen könnten. So wie das Wasser für den Fisch, sind Organisationen die geeignete Umgebung für uns, um Ressourcen (Maschinen, Material, Patente, Finanzmittel etc.) in entsprechende Leistungen umzuwandeln, die vom Markt nachgefragt werden. Es sind also in erster Linie die Menschen und deren Zusammenwirken, die neben den Ressourcen über den Unternehmenserfolg entscheiden. Daher nennen wir solche Organisationen soziale Systeme. Solche Systeme sind komplex und nicht linear, d.h., sie reagieren auf jegliche Veränderungen und Einflüsse nicht monokausal im Sinne von Ursache-Wirkung. Die Menschen im System sind vor allem durch Kommunikation eng gekoppelt, und es gibt sich selbst verstärkende Prozesse und Rückkopplungen. Dadurch sind wir nicht in der Lage, Entwicklungen in komplexen Systemen zu durchschauen und zu prognostizieren.

1.3 Wandel oder Untergang.

Selbst bei biologischen Systemen geschehen Zusammenbrüche, sogar dort, wo über Jahrzehnte und Jahrhunderte Widerstands- und Selbststabilisierungsfähigkeit ausgebildet und optimiert wurde. Genauso wird es auch bei von Menschen geschaffenen Wirtschafts-, Politik- und Gesellschaftssystemen immer wieder Systemkrisen und -veränderungen geben. Solche Krisen waren „die große Depression“ (1929), die beiden Weltkriege, die Ölkrise (1973), der Mauerfall (1989), die Finanzkrise (2007) und schließlich Corona (2020). Seit Ausbruch dieser Pandemie ist die Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft zum zentralen Thema geworden. Ob im Großkonzern, im Mittelstand oder im Kleingewerbe – überall werden die bestehenden Businesspläne an die jeweilige Corona-Wirklichkeit angepasst.

Im Bereich der Unternehmen kommt es allerdings viel häufiger zu Systemkrisen, in denen sich starke Marktanteilsverluste, Umsatz- und Gewinnrückgänge zeigen, bis hin zu Zusammenbrüchen und Firmenpleiten. Es entstehen aber auch neue Unternehmen in diesen Krisenzeiten, die mit neuen Produkten und neuen Geschäftsmodellen von diesen Veränderungen profitieren bzw. deren Entwicklung geradezu beschleunigt werden, wie der Onlinehandel seit Corona. Viele Händler haben in dieser Zeit zwangsläufig das Potential von Onlinevermarktung oder Direktverkauf unter Umgehung des Einzelhandels entdeckt. Viele Restaurants haben plötzlich festgestellt, dass Menüs zum Mitnehmen ein zweites Standbein sein könnten und Onlinekurse boomen. Das gesamte Schulsystem könnte revolutioniert werden. Krisen bieten also auch außergewöhnliche Chancen zu radikalem Wandel bis hin zu völlig neuen Geschäftsmodellen. Wo sonst vielleicht der Mut fehlt oder Bedenkenträger den Wandel verhindern, lässt eine echte Krise nur den Schritt nach vorn zu.

Chinesen sehen Krisen immer auch als Chance, da das chinesische Schriftzeichen für „Krise“ aus den Begriffen „Gefahr“ und „Gelegenheit“ gebildet wird.

Wo die westliche Welt eher die Gefahr und Bedrohung sieht und teilweise wie gelähmt in Deckung geht oder nach dem Staat ruft, um gerettet zu werden, sehen Asiaten auch die Gelegenheit zu neuen Ufern aufzubrechen. Die westliche Denkhaltung konzentriert sich auf die Krise und die Krisenbewältigung. Auch hier beobachten wir das gleiche Phänomen: Eine echte Veränderung findet nur statt, wenn der „Frack brennt“ bzw. das bisherige Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert. Ohne Corona hätten die Unternehmer gezögert, ihr bisheriges Geschäftsmodell zu verändern oder gar aufzugeben. Auch beim Klimawandel ist das so, zunächst wird er geleugnet, dann kleingeredet, bestenfalls alibimäßige Maßnahmen ergriffen und erst wenn die Folgen unabsehbar und tödlich sind, wird zumindest versucht radikal umzusteuern.

1.4 Unternehmen sind keine Maschinen.

Der Leidensdruck muss wohl erst lebensbedrohlich sein, bevor ein Umdenken stattfindet, und dann ist es häufig zu spät. Warum passiert das gerade in der Wirtschaft so häufig? Weil wir dort auf Krisen gerne mit komplexer Regulierung oder gar Überregulierung reagieren und so die Krise sogar verschärfen. Wir glauben, ein Unternehmen ließe sich steuern wie eine Maschine, und begeben uns dann auf die „Kommandobrücke“. Aber Maschinen sind nicht komplex, sondern allenfalls kompliziert. Die Reaktion der Maschine auf Befehle von außen ist absolut vorhersehbar, und so sollte es auch sein, damit alles funktioniert. Wer möchte schon in einem Flugzeug sitzen, dessen Triebwerke komplex, in ihrem Verhalten unvorhersehbar und daher schwer zu steuern sind. Wir denken aber leider eher linear, weil unser westliches Weltbild stark durch das „Ursache-Wirkungsprinzip“ geprägt ist.

Seit Isaac Newton, der unser mechanistisches Weltbild wesentlich geprägt hat, versuchten Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen die Charakteristik der natürlichen Welt mit mechanischen Interpretationen zu erklären. Wir haben über diesen langen Zeitraum gelernt, die Maschine als Metapher für unseren Körper (Descartes), unsere Psyche (Watson und Skinners Behaviorismus) und die Gesellschaft (Thomas Hobbes „Maschinenstaat“) zu sehen. Da zu jener späteren Zeit die maschinelle Produktion aufkam, trat das Bild vom Zahnrad neben das Bild der Uhr, zum Zeichen für einen Mechanismus, bei dem ein Zahnrädchen ins andere greift.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der amerikanische Ingenieur und Unternehmer Frederick Taylor (1856–1915) eine Theorie zur Betriebsführung. Dieser sogenannte „Taylorismus“ sieht genaue Arbeitsbeschreibungen und Zeitvorgaben (Einsatz der Stoppuhr) für die Verrichtung von Arbeitstätigkeiten vor (später REFA genannt). Die Vorstellung der Uhr taucht hier in der bezeichnenden Abart der Stoppuhr zur Bemessung von Vorgangszeiten wieder auf. Der Mensch wird in diesem Arbeitssystem zu einem „Zahnrad“ in einer riesigen Fertigungsmaschine. Fällt eines dieser „Zahnräder“ aus, kann es problemlos durch einen anderen Menschen ersetzt werden. Mit der Entwicklung von Taylor drang die Maschinenvorstellung als Organisationsform der Zusammenarbeit in die Arbeitswelt ein, und die Bürokratie entstand.

Noch heute erwarten wir, dass alles pünktlich und präzise „wie ein Uhrwerk“ oder „wie geschmiert“ läuft. Leute kommen pünktlich zur Arbeit, erledigen ihre Arbeiten präzise und pünktlich und pausieren zu vorgeschriebenen Zeiten. Die Schichtarbeit war der perfekte Ausdruck dieses Weltbildes: 24 Stunden, 7 Tage die Woche ununterbrochene Produktion. Selbstverständlich wurden auch die Organisationsstrukturen entsprechend gestaltet. Fast-Food-Ketten und auch STARBUCKS arbeiten noch heute nach diesen Prinzipien, die allerdings eine hohe Standardisierung der Produkte erfordert. Bei STARBUCKS werden die Mitarbeitenden aufgefordert mit speziellen Uhren die Dauer ihre einzelnen Tätigkeiten genau zu erfassen. Sie sind menschliche Roboter, die ständig in Bewegung sein müssen. Es dürfen keine Leerzeiten entstehen. In der McDonalds „Bibel“ ist genau vorgeschrieben, wie man „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ zu sagen hat. Entsprechend ist ein Mitdenken oder gar Kreativität hier nicht gefragt. Im Gegenteil, die Mitarbeitenden funktionieren im Idealfall wie Teile von Maschinen. Daher hat McDonalds in der BSE Krise sehr lange gebraucht, um den Konsumenten neue Produktangebote zu machen. Die Mitarbeiter vor Ort wollten viel schneller fleischlose Gerichte anbieten als die Zentrale, die lange glaubte, dass BSE nur einen vorübergehenden Effekt haben würde.

Dennoch muss man einräumen, dass unter den gegebenen Umständen, diese Art der Unternehmensführung äußerst effizient ist und sehr profitabel. Daraus lässt sich schließen, dass diese Art der herkömmlich arbeitsteiligen, Command & Control Organisationsform durchaus Stärken hat. Sie bewährt sich immer dann, wenn auch Roboter diese Arbeit tun könnten, d.h.

• wenn die Aufgabe linear und klar strukturiert ist;

• wenn die Umwelt und die Kundenwünsche stabil sind;

• wenn man immer das gleiche Produkt in großen Stückzahlen produziert;

• wenn der Mensch sich robotergleich verhalten muss, um das immer gleiche Produkt herzustellen.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass solche Organisationen sich äußerst schwertun, Veränderungen in der Umwelt und in den Kundenerwartungen zu registrieren und angemessen darauf zu reagieren. Ähnlich wie Maschinen, die auch nur das produzieren können, wofür sie gebaut wurden, sind solche Organisationen nur schwer in der Lage, innovative Lösungen für sich ändernde Umweltbedingungen zu finden. Neue Trends werden entweder nicht wahrgenommen oder deren Bedeutung heruntergespielt. Die Menschen in solchen Unternehmen sind es nicht gewohnt, über die Abteilungsgrenzen hinweg offen zu kommunizieren. Es entstehen Silos (Abteilungsmauern) statt durchlässiger Grenzen zwischen den einzelnen Funktionen. Keiner hat das Gesamtbild vor Augen, jeder versucht sich selbst zu optimieren, auch wenn das auf Kosten anderer geht und für das Gesamtunternehmen höhere Kosten zur Folge hat. Ein solches Verhalten der Organisation ist kontraproduktiv, wenn es darum geht, initiativ zu werden und flexibel neuen Herausforderungen zu begegnen. Die Abteilungen kämpfen jede für sich um die knappen Ressourcen und zeigen sich wenig kooperativ. Sie betrachten sogar die anderen Abteilungen als interne Konkurrenz. Jeder möchte so gut wie möglich dastehen. Meist wird dieses Verhalten sogar noch von der Führung gefördert und belohnt.

Leider sind solche mechanistisch und auf Effizienz getrimmten Unternehmen unglaublich populär, vor allem bei Investoren und Führungskräften, weil sie erlauben, ja sogar nahelegen, alles und jedes eng zu kontrollieren und Macht auszuüben. Das mag in stabilen Zeiten noch immer funktionieren, aber solche Zeiten sind in den allermeisten Branchen einfür allemal vorbei, und im Kampf um die besten Talente werden solche Firmen von den nachrückenden jungen, gut ausgebildeten Leuten eher gemieden.