Warum Bayern ein orientalisches Land ist und andere weiß-blaue Wahrheiten - Klaus Reichold - E-Book

Warum Bayern ein orientalisches Land ist und andere weiß-blaue Wahrheiten E-Book

Klaus Reichold

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Beschreibung

*** Ausgezeichnet als eines der zehn "Besten Independent-Bücher Bayerns 2020" (Literaturpreis des Bayerischen Staatministeriums für Wissenschaft und Kunst) *** "Humorvoll und provokativ werden urbayerische Phänomene auf ihre globalen Einflüsse zurückgeführt – anarchisch und subversiv zeigt sich bayerisches Brauchtum im Weltzusammenhang." (Begründung der Jury) Der Ausspruch »Mia san mia« ist schon immer ein ausgemachter Schmarrn. Denn kein Mensch weiß, wer die Bayern wirklich sind und woher sie kommen. Aus Bayern jedenfalls nicht. Selbst die Landespatronin, die Muttergottes, ist eine »Zuagroaste« aus Galiläa. Zugegeben: Der Orient ist nur eine der Quellen, aus denen sich das weiß-blaue Wesen speist. Bayern ist aber ähnlich exotisch, geheimnisvoll und rätselhaft – viel bunter und widersprüchlicher, als man gemeinhin denkt. Seine Identität schöpft das Land vor den Bergen daraus, dass es seit Jahrhunderten Menschen, Kulturtechniken und Traditionen aus aller Herren Länder höchst erfolgreich integriert und vereinnahmt. Von der Weite der bayerischen Welt erzählt Klaus Reichold auf ebenso amüsante wie kenntnisreiche Weise.

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Der Ausspruch »Mia san mia« ist schon immer ein ausgemachter Schmarrn. Denn kein Mensch weiß, wer die Bayern wirklich sind und woher sie kommen. Aus Bayern jedenfalls nicht. Selbst die Landespatronin, die Muttergottes, ist eine »Zuagroaste« aus Galiläa.

Zugegeben: Der Orient ist nur eine der Quellen, aus denen sich das weiß-blaue Wesen speist. Bayern ist aber ähnlich exotisch, geheimnisvoll und rätselhaft – viel bunter und widersprüchlicher, als man gemeinhin denkt. Seine Identität schöpft das Land vor den Bergen daraus, dass es seit Jahrhunderten Menschen, Kulturtechniken und Traditionen aus aller Herren Länder höchst erfolgreich integriert und vereinnahmt.

Von der Weite der bayerischen Welt erzählt Klaus Reichold auf ebenso amüsante wie kenntnisreiche Weise.

Klaus Reichold ist gebürtiger Münchner und wuchs in einem Bauerndorf vor den Toren der Stadt auf. Für die Lokalredaktion der Süddeutschen Zeitung zog er schon als Schüler durchs Land. Nach dem Studium der Geschichte und der Philosophie in München und Siena arbeitete er als Autor kulturhistorischer Publikationen, Hörfunksendungen und Fernsehdokumentationen für den Bayerischen Rundfunk und für Verlage wie Hoffmann und Campe, Prestel und Pustet. Er ist Programmleiter des bavaricum@histonauten, einer kleinen Akademie für die Kulturgeschichte Bayerns.

In der Edition Luftschiffer ist von ihm und Thomas Endl die Biographie König Ludwigs II. Die phantastische Welt des Märchenkönigs erschienen.

Für Xenia, Adrian und Silvia – und für die Hörer des bavaricum@histonauten, die aus aller Welt zu uns gefunden haben

Inhalt

Prolog

Warum Berlin genau genommen zu Bayern gehört

Warum Bayern nicht mehr am Mittelmeer liegt

Warum Franken und Schwaben keine Lederhosen tragen dürfen

Warum die Weißwurscht irgendwie indisch schmeckt

Warum die Oberpfalz an Sibirien erinnert

Warum es ohne Niederbayern keine Zauberflöte gäbe

Warum Oberbayern eine einzige Völkerschau ist

Warum die Bayern so schüchtern sind

Warum man mit den Bayern keinen Krieg gewinnen kann

Warum man in Bayern nicht mehr auf die Preußen schießen darf

Warum syrische Bogenschützen das römische Bayern bewachten

Warum sich Lenin in Bayern Meyer nannte

Warum die Bavaria ihre Existenz dem Untergang der osmanischen Flotte verdankt

Warum Bayern ein orientalisches Land ist

Warum es im Himmel so ausschaut wie im Tegernseer Tal

Anmerkungen

Lesetipps

Impressum

Prolog

Bitte entschuldigen Sie, dass ich mit mir anfange. Aber das erklärt vielleicht am besten, wie es zu diesem Büchlein gekommen ist. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, in Siegertsbrunn, einem Dorf vor den Toren Münchens. Der Dachboden der Wallfahrtskirche St. Leonhard, die Scheunen der Bauernhöfe, die Wälder und Kiesgruben ringsum waren für uns Kinder die tollsten Abenteuerspielplätze. Sonntags wurden wir Buben mit gewaschenem Hals in den Trachtenanzug gesteckt und zum Ministrieren geschickt. Und wenn sich dem Hochamt an Fronleichnam, Mariae Himmelfahrt oder Kirchweih ein Wirtshausbesuch mit den Eltern anschloss, dann war das ein Ereignis von herausragender Bedeutung.

Mein weiterer Lebensweg schien vorgezeichnet: Burschenverein, Feuerwehr, Krieger- und Soldatenkameradschaft, am Ende eine Schöne Leich' mit Glockengeläut, Böllerschüssen und, bei guter Führung, eine wohlwollende Ansprache des CSU-Bürgermeisters am offenen Grab.

Der Traum zerplatzte, als mich meine Eltern auf ein Gymnasium in der Stadt schickten. Mein breites Bairisch verstand dort kein Mensch. Hochdeutsch wurde meine erste Fremdsprache. Und die Gewissheiten bröckelten – erst recht, als sich dem Abitur das Studium der Bayerischen Landesgeschichte anschloss.

Ich lernte, dass es vor 150 Millionen Jahren in Bayern keinen einzigen Biergarten mit schattenspendenden Kastanien und Alpenblick gab, dafür eine tropische Insel-, Riff- und Lagunenlandschaft voller Krokodile, Fisch- und Flugsaurier, in der Kulturpflanzen wie Hopfen und Gerste noch gar nicht vorkamen, weswegen Menschen dort keinerlei Überlebenschance gehabt hätten.

Ich lernte, dass die Kelten, die die Stadtkultur in Bayern begründeten, mit den gälisch sprechenden Iren und Schotten, mit den Galliern aus Asterix, mit den nordwestspanischen Galiciern und mit den Galatern der Bibel verwandt gewesen sein dürften – und dass sie mit dem hübschen goldenen Kultbäumchen, das in Manching ausgegraben wurde, möglicherweise den Vorläufer des Maibaums hinterlassen haben.

Ich lernte, dass die römischen Beamten und Legionäre, die aus dem Mittelmeerraum nach Bayern kamen, um Kastelle, Straßen, Thermen, villae rusticae und den Limes zu bauen, nicht ahnten, dass das Land, in dem sie sesshaft wurden, irgendwann Bayern heißen würde, und folglich nicht einmal dann Bairisch sprachen, wenn sie beim Mulsum, einem mit Honig gesüßten Gewürzwein, in der Taverne saßen – sondern Latein.

Ich lernte, dass die christliche Kultur in Bayern keine weiß-blaue Erfindung ist, sondern von Glaubensboten importiert wurde, die ursprünglich anderswo zuhause waren: an der Côte d’Azur (Marinus, einer der beiden Heiligen vom Irschenberg), in der Nähe von Paris (Korbinian, der erste Bischof von Freising), in Wessex (Willibald, der erste Bischof von Eichstätt) oder in Worms (Rupert, der erste Bischof von Salzburg und Namensgeber des oberbayerischen Rupertiwinkels).

Ich lernte, dass Regensburg wohl schon in den Tagen der Römer eine jüdische Gemeinde beherbergt hat, zu der im zwölften Jahrhundert eine bedeutende Talmudschule und ein rabbinisches Gericht gehörten. Im Mittelalter kam dem jüdischen Sabbat vielerorts eine ähnliche Bedeutung zu wie dem christlichen Sonntag. Denn jüdische Gemeinden, die freilich immer wieder mit Ausgrenzungen und Pogromen zu kämpfen hatten, gab es damals nicht nur in München und Regensburg, sondern beispielsweise auch in Burghausen, Cham, Deggendorf, Dießen am Ammersee, Ingolstadt, Landshut, Mühldorf, Passau, Straubing oder Vilshofen.

Ich lernte, dass die bayerische Herzogin Theodora Komnena, als Nichte des byzantinischen Kaisers Manuel I. in Konstantinopel geboren, ihren Gatten Heinrich Jasomirgott in der Hagia Sophia heiratete und in Bayern derart vom Heimweh geplagt worden sein soll, dass sie den Kammerfrauen auftrug, ihre Kinder mit dem angeblich aus griechischer Tradition stammenden Abendlied Eia popeia in den Schlaf zu wiegen.

Ich lernte, dass Heinrich der Löwe, der angebliche Gründer Münchens, kein Bayer, sondern bestenfalls ein Schwabe war, dass er seine große Zeit als Herzog von Sachsen hatte und dass er seine königsgleiche Stellung durch die ambitionierte Förderung von Städten wie Braunschweig, Hamburg, Hannover, Lübeck, Schwerin und Stade untermauerte.

Ich lernte, dass lang nicht ausgemacht war, ob Bayern dem Papst die Treue halten oder doch zur Lehre Martin Luthers überlaufen würde, und dass die Entscheidung bei einer Schachpartie zwischen dem katholischen Herzog Albrecht V. von Bayern und dem evangelischen Kurfürsten August von Sachsen gefallen sein soll: Die beiden seien sich einig gewesen, dass der Verlierer die Konfession des Siegers annehmen müsse, was der Beichtvater Albrechts V. zu verhindern gewusst habe, indem er im letzten Moment die Schachfiguren vom Brett wischte.

Ich lernte, dass die islamische Kultur schon seit über 300 Jahren zu Bayern gehört. 1686 brachte Max Emanuel, der Blaue Kurfürst, aus dem Großen Türkenkrieg 345 osmanische Gefangene mit nach Bayern, darunter auch kleine Mädchen. Die Männer mussten im Münchner Umland Kanäle für die Gondelfahrten des prunksüchtigen Wittelsbachers ausheben, wurden in aller Regel mit bayerischen Frauen verheiratet und zeugten Kinder, deren Nachfahren später sogar in Adel und Klerus Karriere machten. Im Gefolge der Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser in Wien und dem Sultan in Konstantinopel kam neben der Limonade, ohne die eine Radlermass undenkbar wäre, auch der Kaffee nach Bayern. Und das Schlagwerk der Janitscharen fand Eingang in die bayerische Blasmusik. Die zischenden Becken, die Großen Trommeln mit ihrem ohrenbetäubenden Klang und der rasselnde Schellenbaum, seiner Form wegen auch Halbmond oder Mohammedsfahne genannt, waren ursprünglich dazu gedacht, die Gegner der Osmanen in die Flucht zu schlagen. Heute schaffen sie die unvergleichliche Lärmkulisse für Aufmärsche bayerischer Gebirgsschützen und Trachtlerinnen.

Ich lernte, dass es ein Amerikaner war, der dem Erdapfel in Bayern zum kulinarischen Durchbruch verhalf und damit als Vater der Kartoffelknödel und der Reiberdatschi gelten kann, die heute zum Standardrepertoire der bayerischen Küche gehören.

Ich lernte, dass jene Wittelsbacher, die ab 1806 als Könige die Geschicke des Landes bestimmten, gar nicht aus Bayern stammten, dass ihre direkten Vorfahren evangelisch waren, über Generationen in französischen Diensten standen und vielfach in vergessenen elsässischen Dorfkirchen zur letzten Ruhe gebettet wurden.

Ich lernte, dass in München ab 1887 die drittgrößte Synagoge Deutschlands stand. Sie wurde – dank der Unterstützung König Ludwigs II. – auf einem Grundstück inmitten der Altstadt errichtet und prägte zusammen mit den Türmen der Frauenkirche bis 1938 die Silhouette der Stadt. Die Emanzipation der Juden schien endgültig geglückt und äußerte sich auch darin, dass Juden im gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben der damaligen Isarmetropole eine große Rolle spielten: Joseph Schülein war am Ende der Prinzregentenzeit einer der bedeutendsten Bierbarone Münchens und kaufte 1921 den Löwenbräu auf. Kurt Eisner war der erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Lion Feuchtwanger gehörte in den Tagen der Weimarer Republik zu den einflussreichsten Literaten deutscher Sprache. Und Kurt Landauer führte den FC Bayern 1932 als Präsident erstmals zum deutschen Meistertitel.

Ich lernte, dass die bayerische Landeshauptstadt in den 1930er Jahren für junge Intellektuelle aus dem türkisch-arabischen Raum neben Berlin der attraktivste Studienort im Deutschen Reich war, weswegen es damals schon einen Islamischen Studentenbund München gab. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs strandeten Tausende tatarischer und usbekischer Soldaten islamischen Glaubens, die von Wehrmacht und SS angeheuert waren, in Bayern, woraufhin Alimcan Idris, der später als Imam im oberbayerischen Mittenwald wirkte, erste Pläne für die Errichtung eines Muftiats in Deutschland skizzierte.

Ich lernte, dass Bayern – obwohl es entsprechende Bestrebungen gegeben hatte – nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht zur Monarchie zurückkehrte, sondern ein Freistaat blieb, der neben der CSU von Anfang an weitere Parteien kannte, etwa die SPD. Dass die Bayerischen Verfassungen von 1919 und 1946 maßgeblich von Sozialdemokraten erdacht wurden, die sogar als bayerische Ministerpräsidenten amtierten, erscheint mir heute unfassbar – ebenso die Tatsache, dass die Väter des Nachkriegs-Bayerns erfolgreich dafür sorgten, dass hierzulande nicht der Stammtisch die letzte Instanz ist, sondern der Bayerische Verfassungsgerichtshof.

Ich lernte, dass 1950 über ein Viertel der Bevölkerung Bayerns, insgesamt rund zweieinhalb Millionen Menschen, gar nicht aus weiß-blauen Landen kamen, sondern als Displaced Persons, Flüchtlinge, Heimatvertriebene oder Luftkriegsevakuierte in Bayern hängengeblieben waren. Sie stammten ursprünglich aus Norddeutschland und der sowjetischen Besatzungszone, aus den Baltischen Staaten, aus der DDR, aus Jugoslawien, Ostpreußen, Polen, Rumänien, Schlesien, aus der Tschechoslowakei oder aus der Sowjetunion. Donauschwaben waren darunter, Karpaten- und Sudetendeutsche, die – neben Altbayern, Franken und Schwaben – vom bayerischen Staat als vierter Stamm aufgenommen wurden. Sie alle, zu denen sich die Spätaussiedler gesellten, brachten ihr Know-how, ihre Traditionen und eine bewundernswerte Integrationsfähigkeit mit, trugen maßgeblich zum Wiederaufbau bei, zum wirtschaftlichen Aufschwung, zum Aufblühen der Städte und zur konfessionellen Vielfalt. Sie gaben Bayern ein neues Gesicht.

Ich lernte, dass sich diese Entwicklung in ähnlicher Weise fortsetzte, als die bayerische Landeshauptstadt Ende der 1950-er Jahre zum Drehkreuz der in Deutschland händeringend erwarteten Gastarbeiter wurde. Ohne sie wäre das Wirtschaftswunder kaum wahr geworden. Auf Gleis 11 des Münchner Hauptbahnhofs trafen die Züge aus Süd- und Südosteuropa ein. Die Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern vermittelte die Arbeitskräfte aus dem Ausland im Auftrag der Bundesregierung zu ihren Bestimmungsorten in der ganzen Republik. In Bayern brauchte man vor allem Helfer in der Landwirtschaft. Die Gastarbeiter stemmten aber auch den Bau des Münchner Olympiageländes, der S-Bahn und der U-Bahn. Sie standen bei BMW am Fließband, kehrten die Straßen, leerten den Müll – und revolutionierten die Gastronomie: Döner, Pizza und gesunde Rohkostsalate waren bis dato in Bayern praktisch unbekannt. Ende September 1970 waren knapp 300.000 ausländische Erwerbstätige in Bayern gemeldet, darunter Griechen, Italiener, Jugoslawen, Marokkaner, Portugiesen, Spanier, Tunesier und Türken. Viele kehrten in ihre Heimatländer zurück. Ähnlich viele holten ihre Familien nach, blieben und wurden zu Einwanderern, deren Nachfahren sich heute vermutlich eher als bayerische Landeskinder fühlen denn als Anatolier, Kroaten oder Sizilianer.

Mia san mia?

Im Nachhinein erinnerte ich mich, dass schon meine Siegertsbrunner Kindertage viel bunter waren, als ich sie in Erinnerung zu haben glaubte. Beim Alten Wirt standen nicht nur Leberknödelsuppe, Saures Lüngerl und Kalbsbraten auf der Speisekarte, sondern auch Böfflamott, ein nach französischer Art gekochtes Rindfleisch (Boeuf à la mode), Szegediner Gulasch, das trotz seiner ungarischen Bezeichnung wohl eher aus Wien kommt, und Krautwickerl, die schon im alten Byzanz als Delikatesse galten. Im Dorf lebten nicht nur Alteingesessene katholischen Glaubens, sondern auch Zugezogene evangelischer Konfession, es gab Sudetendeutsche, Amerikaner und Italiener, eine jüdische Familie, eine Familie mit schwarzen, adoptierten Kindern, ja sogar ein schwules Paar. Die Siegertsbrunner Bauern taten sich zusammen und schickten einem jungen Landwirt aus Bolivien, der im Dorf ein Praktikum gemacht hatte und Mitglied im Burschenverein geworden war, einen Container voller Maschinen und Geräte, damit er sich auf der anderen Seite der Erdhalbkugel eine sichere Existenz aufbauen konnte. Und der lebenslustige Pfarrer – ein weltoffener Altbayer – lud russisch-orthodoxe Mitbrüder an seine Kaffeetafel und tanzte leidenschaftlich Tango.

Auch hinsichtlich meiner Familie gewahrte ich im Nachhinein Erstaunliches: Von meinen Urgroßvätern erblickte der eine im Großherzogtum Mecklenburg das Licht der Welt, der andere im zaristischen Russland, der dritte in der Markgrafschaft Baden und lediglich der vierte, Johann Reichold, in weiß-blauen Landen, nämlich im Königlich Bayerischen Staatsgut Schleißheim. Die Reicholds sind aber nicht alle katholisch. Es gibt auch einen protestantischen Familienzweig – und einen jüdischen.

Mein Vater, ein gebürtiger Reichenhaller, hatte als Verlagskaufmann nicht nur ein Büro in München, sondern auch eines in Hamburg – im dortigen Chile-Haus. Meine Mutter kam aus einer Familie, die bis 1946 im oberschlesischen Gleiwitz lebte, und sprach ursprünglich gar kein Bairisch, dafür aber Polnisch.

Mia san mia?

Inzwischen ist mir klar: In einem Land, das 1804 – neben dem unvermeidlichen Löwen – auch einen Elefanten in seinem Wappen getragen hat (wobei ich nicht erkennen kann, ob es sich um ein afrikanisches oder indisches Exemplar handelt), muss man, um als gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft zu gelten, keine Ahnen vorweisen, die schon 955 bei der Schlacht auf dem Lechfeld unter dem Banner des Herzogs von Bayern gekämpft haben. Man muss nicht einmal katholisch sein.

Eine der originellsten Definitionen von Heimat, die mir je untergekommen ist, stammt aus der Feder von Shalom Ben-Chorin. Der jüdische Religionsphilosoph wurde 1913 in München geboren, emigrierte 1935 nach Palästina und starb 1999 in Jerusalem. Er trat leidenschaftlich für die Versöhnung ein und antwortete auf die Frage, wo er zuhause sei: im Zweistromland, nämlich zwischen Isar und Jordan. »Aus diesem geographisch nicht zu begrenzenden Raum bin ich eigentlich nie ausgewandert … Isar und Jordan sind weit voneinander entfernt, doch sie münden in ein Herz. So seltsam spielen Geographie und Anthropologie ineinander.«1

Wenn man es so sieht, ist Bayern tatsächlich ein orientalisches Land – zumal der Begriff Orient ja schon immer mehr meint als eine bestimmte Weltregion: In diesem Wort schwingt eine bezaubernde Fremdheit und Schönheit mit, eine leise Ahnung von Geheimnis, Märchen und Exotik – alles also, was für Bayern typisch ist.

Insofern kann man von Glück sprechen, dass das oft bemühte Mia san mia in aller Regel völlig falsch verstanden wird. Die meisten Zeitgenossen mögen diesen Spruch für die Kurzfassung des bayerischen Lebensgefühls halten, für eine zünftige Beschreibung weiß-blauen Draufgängertums mit chauvinistischem Unterton. Nichts davon trifft zu. Mia san mia stammt weder aus Bayern, noch ist es geeignet, eine irgendwie geartete Hemdsärmeligkeit auszudrücken. Denn es taucht zum ersten Mal Ende des 19. Jahrhunderts in Wien auf und diente dort lediglich der Selbstvergewisserung des k.u.k. Infanterieregiments Hoch- und Deutschmeister Nr. 4, das im österreichischen Militär insofern eine Sonderstellung einnahm, als seine Musiker in späteren Jahren an keinem Feldzug mehr teilnahmen, sondern nur noch zum Plaisir der Wiener Gesellschaft aufspielten. Dazu passt, dass Carl Michael Ziehrer, der Kapellmeister des Regiments, später Hofball-Musikdirektor wurde und Stücke komponierte, die zum Beispiel bei den Neujahrskonzerten der Wiener Philharmoniker erklingen.

Diese Geschichte macht das Mia san mia geradezu sympathisch – ebenso die Verwendung dieses Spruchs als Slogan des FC Bayern. Denn wenn ein Fußballverein, dessen Spieler aus gefühlt 111 Nationen stammen, unter diesem Motto auftritt, dann kann er damit eigentlich nur die Buntheit seiner Truppe zum Ausdruck bringen wollen, die deshalb zusammenfindet, weil sie ein gemeinsames Ziel vor Augen hat.

Dieses Selbstverständnis muss jetzt nur noch in die Bayernhymne einfließen. Das dürfte uns nicht schwerfallen. Django Asül, der niederbayerische Kabarettist mit türkischen Wurzeln, verweist zurecht darauf, dass Bayern nicht nur »einer der ältesten Staaten Europas« ist, sondern auch schon »immer ein Vielvölkerstaat«2 war.

Ein Textvorschlag für eine neue dritte Strophe der Bayernhymne, den drei Schüler der Beruflichen Oberschule Bad Tölz im Jahr 2012 eingereicht haben, wäre geeignet, dieser Tatsache Rechnung zu tragen:

»Gott mit uns und allen Völkern,

Ganz in Einheit tun wir kund:

In der Vielfalt liegt die Zukunft,

In Europas Staaten Bund!

Freie Menschen, freies Leben

gleiches Recht für Mann und Frau!

Goldne Sterne, blaue Fahne

und der Himmel, weiß und blau.«3

Warum Berlin genau genommen zu Bayern gehört

Eigentlich wären die Grafen von Bogen keiner Erwähnung wert. Denn sie führten sich auf einen Ahnherrn zurück, der als Adalbert der Charakterlose in die Geschichte eingegangen ist, galten als ziemliche Rabauken und sind zur allgemeinen Erleichterung schon im Jahr 1242 ausgestorben. Trotz ihres zweifelhaften Rufs werden sie allerdings nie dem Vergessen anheimfallen. Sie hinterließen nämlich ein ebenso markantes wie einprägsames Wappen, das noch heute wie kein anderes Symbol für Bayern steht: die weiß-blauen Rauten, von eingefleischten Heraldikern Wecken genannt. Woher diese Wecken stammen, weiß kein Mensch. Gehen sie auf Eisengitter zurück, mit denen die Grafen von Bogen ihre Kampfschilde verstärkten? Oder zeugen sie einfach nur davon, dass diese mittelalterlichen Haudegen aus dem Niederbayerischen eine ästhetische Schwäche für gleichseitige Parallelogramme hatten? Und warum, in Gottes Namen, sind die Rauten ausgerechnet weiß-blau, beziehungsweise silber-blau, wie es heraldisch richtig heißen müsste? Jedenfalls vererbten die Grafen von Bogen ihr Hoheitszeichen an die Wittelsbacher – und damit an eine Dynastie, die von 1180 bis 1918, also 738 Jahre lang über Bayern herrschte und den weiß-blauen Rauten zu internationaler Reputation verhalf.

Die bayerischen Wecken sind nämlich keineswegs nur in Bayern zu finden. Der Landkreis Karlsruhe trägt sie im Wappen, die alte saarländische Steinkohlestadt St. Ingbert, das romantisch am Rhein gelegene Bacharach. Auch Weinheim an der Bergstraße, das für seine frühe Mandelblüte berühmt ist, schmückt sich mit ihnen – ganz zu schweigen von den alten Winzerdörfern entlang der Deutschen Weinstraße: Von Mölsheim im Norden bis Oberotterbach im Süden stößt man zwischen den Rebhängen alle paar Kilometer auf Ortswappen mit den weiß-blauen Rauten. Außerdem zieren sie die größte Glocke des Bonner Münsters, den Westgiebel von Schloss Mainau im Bodensee und den Marstall von Schloss Neuhaus bei Paderborn. Sie prangen auf mittelalterlichen Münzen belgischer Provenienz, gaben im 15. Jahrhundert dem Siegel der vereinigten Königreiche von Dänemark, Schweden und Norwegen eine exotische Note und schmückten von 1832 bis 1862 das Wappen der griechischen Monarchie.

Angesichts dieser fast schon weltumspannenden Verbreitung der weiß-blauen Rauten stellt sich fast zwangsläufig die Frage: Ist Bayern eigentlich überall?

Das nicht. Aber die Wittelsbacher – die ursprünglich auf der Burg Scheyern bei Pfaffenhofen zuhause waren, dann auf die Burg Vitelinesbac bei Aichach umzogen und sich fürderhin nach ihrem neuen Wohnsitz nannten – waren ebenso energisch wie erfolgreich. Und wo sie sich einmal festgesetzt hatten, tauchten bald auch die bayerischen Wecken auf. Dabei erfreute sich dieses Geschlecht – ähnlich wie die Grafen von Bogen – ursprünglich nur eingeschränkter Sympathie. Bischof Otto von Freising, einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber des deutschen Mittelalters, hatte ihre hemdsärmelige Machtpolitik am eigenen Leibe erfahren und beurteilte sie einigermaßen unfreundlich: Sie neigten zur Bösartigkeit, seien ebenso verblendet wie gewalttätig und lebten vor allem von Diebstahl und Straßenraub. Aus diesem Grund kämen sie für keinerlei Amt in Frage, sei es ein kirchliches oder weltliches.4 Kaiser Friedrich Barbarossa sah die Sache allerdings anders. Er schätzte gerade ihre zupackende Art und belehnte sie 1180 mit Bayern. Als sein Enkel, Friedrich der Staufer, den Wittelsbachern 1214 auch noch die Pfalz dazugab, war ihr Aufstieg nicht mehr zu bremsen. Sie nannten sich jetzt Herzöge von Bayern und Pfalzgrafen bei Rhein – und legten unter anderem den Grundstein zum Heidelberger Schloss, dessen imposante Ruine bis heute hoch über dem Neckar thront.

Bei der Pfalz, deren linksrheinischer Teil bis 1945 zu Bayern gehörte, weswegen auch Städte wie Kaiserslautern, Pirmasens oder Zweibrücken eine weiß-blaue Vergangenheit haben, blieb es freilich nicht. Im Lauf der Jahrhunderte fielen den bayerischen Herrschern aus dem Hause Wittelsbach alle möglichen Territorien zu. Viele kamen ihnen aber rasch wieder abhanden. Folglich änderte das Land so oft seine Grenzen, dass jedem Kartographen die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben steht. Wer also bisher dachte, die Sache sei ganz einfach, denn bekanntermaßen lebten die Bayern gleich rechts hinter dem Mond, muss sich eines Besseren belehren lassen. Die geographische Verortung dieses Volkes ist sehr viel komplizierter.

Nicht nur Düsseldorf und Mannheim waren zeitweise bayerische Nebenresidenzen. Auch Berlin wurde weiß-blau vereinnahmt: Fünfzig Jahre, von 1323 bis 1373, zählte die Mark Brandenburg samt der heutigen Bundeshauptstadt zum bayerischen Machtbereich. Und ausgerechnet ein Wittelsbacher – Ludwig der Römer, so genannt, weil er in der Ewigen Stadt das Licht der Welt erblickt hatte – wurde ihr erster Kurfürst. Man kann allerdings nicht behaupten, dass die bayerischen Herrscher an der Spree leichtes Spiel gehabt hätten. Ihr Versuch, aus den späteren Preußen überzeugte Bayern zu machen, scheiterte jedenfalls empfindlich. Sie stießen auf breite Ablehnung und wurden Opfer einer regionaltypischen Köpenickiade: Der Falsche Waldemar machte ihnen den Thron mit der Behauptung streitig, ein längst für tot gehaltener Markgraf aus dem askanischen Herrscherhaus zu sein und damit ältere Rechte an den brandenburgischen Territorien zu haben. Bei einem Huldigungsritt ließ er sich allerorten feiern und gewährte großzügige Privilegien. Es gelang ihm sogar, den Kaiser zu blenden. Am Ende flog der Hochstapler freilich auf. Tatsächlich soll er ein Müllergeselle namens Jakob Rehbock gewesen sein. Erstaunlicherweise brach ihm aber nicht einmal seine Entlarvung das Genick. »In stiller Zurückgezogenheit«5 lebte er bis zu seinem Tod im Jahr 1356 am Hof der Fürsten von Anhalt in Dessau und wurde angeblich sogar in deren Gruft bestattet. Den Wittelsbachern blieb nur, ihre Wunden zu lecken und loyale Untertanen auszuzeichnen: Die Stadt Treuenbrietzen erhielt damals ihren Namen, weil sie in den Auseinandersetzungen brav zu den Bayern gehalten und den Falschen Waldemar nicht anerkannt hatte.

Während man sich in Brandenburg nur unwillig an das bayerische Intermezzo erinnert, ist die weiß-blaue Vergangenheit in den Niederlanden bis heute lebendig. Dort weiß man noch, dass Amsterdam auf Baumstämmen aus dem heutigen Norden Bayerns errichtet wurde, die man senkrecht in den Schlick trieb, um einen festen Untergrund zu schaffen. Und man hat nicht vergessen, dass die Bayern einst Landsleute waren. Zu verdanken ist das vor allem dem Engagement der Wittelsbacher für das Wirtschaftsleben in den Ländern am Meer. In jenen Jahren, in denen neben dem Hennegau auch Seeland, Holland und Friesland weiß-blaue Exklaven waren, gelang – nicht zuletzt dank der dynastieeigenen Hemdsärmeligkeit und des geballten Know-hows bajuwarischer Kameralistik – der Aufstieg der Niederlande zur führenden See- und Handelsmacht. Außerdem hält man in den Niederlanden große Stücke auf die Wittelsbacher, weil Albrecht I., ein gebürtiger Münchner, nicht nur den Bau der Nieuwe Kerk zu Delft initiierte, die inzwischen als Grablege des oranischen Königshauses dient, sondern auch das Einsalzen von Heringen – und den Hopfenanbau.

Das Bier seiner niederländischen Untertanen scheint Albrecht I. gemundet zu haben. Denn lieber als im Straubinger Herzogsschloss residierte er im Binnenhof zu Den Haag – wenn er nicht gerade in amouröse Abenteuer verstrickt war, denen er in der Haarlemer Stövchengasse, einem Dorado des horizontalen Gewerbes, nachzugehen pflegte. Die Leichtlebigkeit des bayerischen Landesherrn tat seiner Popularität in den Niederlanden keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die von ihm maßgeblich geförderte Oberste Wasserbehörde, die ihren Sitz in Delft hat und für den Küstenschutz, den Wasserhaushalt und den Schiffsverkehr zuständig ist, verwendet sein Wappen mit den weiß-blauen Rauten noch immer. Es schmückt nicht nur Brücken, Schleusen und Verwaltungsgebäude, sondern auch die Krawatten der Bediensteten, ja sogar die Tassen in der Kantine.

Warum Bayern nicht mehr am Mittelmeer liegt

Im zehnten Jahrhundert reichte Bayern bis zur Adria. Die südliche Landesgrenze verlief – mit Ausnahme der Lagunenstadt Venedig, die ihre Selbständigkeit hatte behaupten können – entlang der Mittelmeerküste von Triest bis auf die Höhe der Etschmündung. Der Gardasee lag quasi auf weiß-blauem Territorium, und Aquileia, Trient, Verona und Vicenza waren bayerische Bischofsstädte – bis Heinrich der Zänker, gottlob kein Wittelsbacher, sondern einer ihrer Amtsvorgänger aus dem Geschlecht der Ottonen, für seine Streitlust vom Kaiser abgestraft wurde und alles verlor.

Gut 800 Jahre später, in den Tagen König Max I. Joseph, kamen die Bayern wieder über die Alpen. Im Vertrag von Pressburg war ihnen Tirol zugeschlagen worden, das damals bis ins heutige Italien ausgriff. Die einheimische Bevölkerung rebellierte und startete manche Versuche, sich der weiß-blauen Fremdherrschaft zu erwehren. Damals erwarben sich die renitenten Frauen vom Giggler Tobel, im heutigen Dreiländereck zwischen Italien, Österreich und der Schweiz, ihren legendären Ruf. Angeführt von der Pfarrhaushälterin des hochwürdigen Herrn von See bei Landeck stiegen sie die Hänge hinauf, lösten Felsstürze aus und ließen das lose Gestein auf die bayerischen Soldaten hinunterprasseln. Damit verhinderten sie zunächst die Besetzung des Paznauntals. Wirklich aufhalten ließ sich der weiß-blaue Vormarsch allerdings nicht. Gemäß den internationalen Abmachungen verlief die südliche Grenze Bayerns nun kurz hinter Riva und Rovereto. Das heißt, das Land reichte zwar nicht mehr bis zur Adria, umfasste aber immerhin die heute autonomen italienischen Provinzen Trient und Bozen-Südtirol.

Allerdings waren die Münchner Beamten in den neu hinzugewonnen Gebieten rasch ebenso unbeliebt wie die bayerischen Soldaten. Ohne Rücksicht auf Verluste hoben sie jahrhundertealte Rechte auf und ordneten Zwangsrekrutierungen an. Außerdem legten sie einen antikirchlichen Furor an den Tag, der den Ideen der Französischen Revolution geschuldet war und zuvor schon in den bayerischen Stammlanden für böses Blut gesorgt hatte. Jetzt wurden auch in Tirol die Klöster aufgehoben, Kunstschätze eingezogen, Prozessionen und Wallfahrten, das Rosenkranzbeten und sogar die Feier der Christmette untersagt. Als die aufgeklärten bayerischen Besatzer auch noch eine flächendeckende Pockenschutzimpfung durchführen wollten, lief die ansässige Bevölkerung Sturm. Sie witterte in diesem Ansinnen einen unzulässigen Eingriff in die Schöpfungsordnung Gottes – und einen hinterhältigen Versuch der Regierung in München, den arglosen Tirolern bayerisches Denken, wenn nicht sogar protestantischen Aberglauben einimpfen zu wollen.

Andreas Hofer wurde zur überragenden Gestalt des Aufstandes gegen die Besatzung und bezahlte dafür mit seinem Leben. 1810 wurde er – inzwischen de jure bayerischer Staatsbürger – am Fuß der Festungswälle von Mantua füsiliert. Das Hinrichtungskommando unterstand Eugène de Beauharnais, dem Stiefsohn Napoleons und Schwiegersohn des Königs von Bayern.

Die Person Andreas Hofer ist umstritten. Einerseits wird er als Volksheld und Freiheitskämpfer