WAS MACHT DICH STARK - David Kadel - E-Book

WAS MACHT DICH STARK E-Book

David Kadel

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Beschreibung

WAS MACHT DICH STARK? Das Motivations-Buch mit Jürgen Klopp, David Alaba, Marco Rose & Co. Wenn es um Erfolg geht, lautet eine der Schlüsselfragen im Leben: „WAS MACHT DICH STARK?“ David Kadel arbeitet seit 2001 als Mentaltrainer in der Bundesliga und hat sich mit außergewöhnlichen Fußballstars getroffen, um über „innere Stärken“ zu sprechen und deren Erfolgsgeheimnis zu ergründen. Vier Trainer und zehn Fußballprofis verraten, welche Mentalität und welchen Glauben es braucht, um große Träume zu verwirklichen und sich gegen Millionen Konkurrenten zu behaupten. Gerade in deprimierenden Zeiten der Pandemie sind die Kicker Vorbilder für viele, wenn es darum geht sich gegen Widerstände durchzusetzen und die richtige Einstellung gegenüber schwierigen Situationen zu entwickeln. WAS MACHT DICH STARK ist ein Motivations-Buch, das tiefer geht und Karrieren hinterfragt: Wie erklärt sich Jürgen Klopp seine Erfolge und vor allem seine große Beliebtheit? Welche Persönlichkeit brauchst Du heute, um Dich weiter zu entwickeln, aber auch andere Menschen mit Begeisterung führen zu können? Fußballer einmal anders: faszinierend, persönlich und sehr inspirierend. Mit Jürgen Klopp, Marco Rose, David Alaba, Thilo Kehrer, Heiko Herrlich, Davie Selke, Sandro Schwarz, Willi Orban, Daniel Didavi u.v.a. www.davidkadel.de www.fussball-gott.com www.undvornehilftderliebegott.de

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Inhalt

Die letzten echten Typen!

Jürgen Klopp – der Herzens-Mensch – FC Liverpool

David Alaba – das Idol – FC Bayern München

Marco Rose – der Empath – Borussia Mönchengladbach

Thilo Kehrer – der Leader – Paris Saint Germain

Heiko Herrlich – der Außergewöhnliche – Bayer 04 Leverkusen

Davie Selke – Knipser mit Herz – Hertha BSC Berlin U21 Europameister

Breel Embolo – der Hochbegabte – Borussia Mönchengladbach

Benny Henrichs – der Außenminister – AS Monaco

Sandro Schwarz – der Held der Stadt – FSV Mainz 05

David Luiz – der Boss – FC Arsenal, Brasilien

Robert Bauer – der Abräumer – SV Werder Bremen / Arsenal TULA

Willi Orban – der Kapitän – RB Leipzig

Daniel Didavi – der Zauberfuß – VfB Stuttgart

Die letzten echten Typen!

Endlich wieder Fußball-EM! Nachdem wir uns in Russland 2018 nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben (zwei Tore in drei Spielen, Gruppenletzter), möchte ich hier bewusst zwei sentimentale Bilder ins Gedächtnis rufen, über die wir uns eine Fußball-Ewigkeit lang freuen können!

Wahnsinn, wie schnell die Jahre nach Götzes Siegtreffer im WM-Finale 2014 von Rio verflogen sind, und trotzdem weiß wahrscheinlich jeder Fußballfan, wo er diesen Moment am 13. Juli 2014 erlebt hat.

Nun wird’s aber Zeit für ein neues Fußball-Kapitel, und so treten wir bei der EURO 2020 an, mit einer jungen und wilden Horde an Hochbegabten, um zu zeigen, dass wir Deutschen im Fußball die wahren Mentalitätsmonster sind. Also Jogi, mach ett! Play it again, damit wir im Sommer 2020 ein weiteres, euphorisches Fußballmärchen erleben können! Nach den letzten Wahlen und bei der trüben Stimmung hierzulande sehnen wir uns ja alle danach, wieder friedlich und vor allem gemeinsam zu feiern.

Wenn man die Protagonisten dieses Buchs in den letzten Jahren beobachtet hat, konnte man in deren Entwicklung beobachten, wie Thilo Kehrer, David Alaba, Sandro Schwarz, Marco Rose, Willi Orban & Co. zu echten Vorbildern gereift sind. Fußballstars, die sich ihrer Rolle als Vorzeige-Athleten sehr bewusst geworden sind und nicht müde werden, Gutes zu tun. Wie zum Beispiel Davie Selke, mit dem ich zu einem Mutmach-Event kürzlich in der Jugendstrafanstalt in Berlin war. Die Gefangenen waren begeistert, mit welcher Offenheit Davie über sein „Scheitern“ sprach, um die jungen Männer zu inspirieren und zu ermutigen, wieder aufzustehen und neu anzufangen.

Play it again Mario!

Auch so ein „Mutmacher-Typ“ ist Gladbachs Neuzugang Breel Embolo, der schon mit 18 Jahren (!) eine faszinierende Stiftung für Flüchtlinge in der Schweiz und für Kinder in seiner Heimat Kamerun gegründet hat, für deren Arbeit er sich mit voller Leidenschaft einsetzt. Oder Manuel Neuers Stiftung „Manus“, in der ich Kinder und Jugendliche von benachteiligten Familien im Ruhrpott traf, die nicht nur über die Einrichtung schwärmten, sondern viel mehr über Manuel Neuers sehr persönliches Engagement und seine herzliche Art und Weise, wie er mit den Kindern und Mitarbeitern vor Ort umgeht.

Interessant finde ich, wenn sich einer, der ein sportliches Vorbild ist – weil er zum Beispiel so genial die Bälle aus dem Winkel boxen kann–, langsam auch zu einem gesellschaftlichen Vorbild entwickelt. Die Spieler mit Vorbild-Charakter haben an ihrer Persönlichkeit gearbeitet und entdeckt, wie bereichernd es sein kann, wenn man Sinn stiftet. In diesem Buch treffe ich Fußballstars, die sich viele Gedanken darüber machen, was ein Vorbild heute eigentlich darstellen und vermitteln soll. Spieler und Trainer, die sich selbst hinterfragen, reflektieren und sich dessen bewusst sind, dass sie auch außerhalb des Fußballs etwas zu sagen haben und etwas Gutes bewirken können. Während ich in Deutschland unterwegs war, um diese etwas anderen Fußballer zu treffen, habe ich immer mal wieder darüber nachgedacht, warum uns Vorbilder eigentlich so wichtig sind, dass wir uns auf den Weg machen und ihnen gerne stundenlang zuhören. Vielleicht weil uns ihre Lebensgeschichte berührt? Oder weil wir sie bewundern, wie sie im Scheitern Stärke erlangt haben? Was macht ein Vorbild letztlich zu einem echten Vorbild?

Vorbilder. In einer mehr und mehr orientierungslosen Gesellschaft sind sie die letzten Leuchttürme, zu denen wir noch hochschauen und von denen wir uns Richtungsweisung erhoffen. Die FAZ titelte kürzlich mit einer aus der Bahn geworfenen Weltkugel und der Überschrift: „Orientierungslose Welt!“

Tagtäglich spüren wir schmerzhaft eine für unmöglich gehaltene Verschiebung von Fixsternen, die uns jahrzehntelang als zuverlässige Wegweiser durchs Leben dienten.

In meiner Jugend galten Politiker noch als echte Vorbilder. Hans-Dietrich Genscher, Willy Brandt, Helmut Schmidt – Männer, zu denen man hochschaute, deren Wort etwas galt und denen man parteiunabhängig Respekt zollte. Ebenso die Wirtschaftsbosse. Wenn ein VW-Vorstand in unserer ausverkauften Stadthalle sprach, war es mucksmäuschenstill, und man lauschte den Worten dieses Erfolgsmenschen voller Bewunderung. Diese Vorbilder von damals sind ausgestorben – wie Dinosaurier. An ihrer Stelle stehen jetzt die Donald Trumps und DAX-Fonds-Manager unserer Zeit. Marktschreier, die wir mitleidig belächeln oder leidenschaftlich verspotten, aber sicher nicht bewundern, weil sie als Vorbild nicht taugen.

Gebrauchtwagenhändler-Mentalität

An welcher Stelle ist unsere Welt falsch abgebogen, dass es Menschen mit Gebrauchtwagenhändler-Mentalität tatsächlich schaffen, Millionen Wählern ihre Stimme abzuringen und plötzlich als König eines Landes aufzutreten? Dieselbe tragische Entwicklung beobachten wir tagtäglich in der Wirtschaft, wo die Welt-Firmen, die uns einst mit ihrem großen Stern am Horizont den Weg wiesen und für ehrliche Arbeit standen, zum Gespött ihrer eigenen Werte geworden sind. Vorbilder stehen für gewisse Werte, für die wir sie bewundern: Authentizität, Verlässlichkeit, Transparenz, Leidenschaft, Akribie und Treue. Große Firmen haben, blind vor Gier, Judasse eingestellt, die ihre heiligen Werte und die Seele des Unternehmens eiskalt verkaufen durften, weil die Aufsichtsräte mit ihren Scheuklappen nur noch den kurzfristigen Erfolg im Fokus hatten.

Worauf ist Verlass?

In Zeiten, in denen fast alle großen Türme ins Wanken geraten sind und man wie bei „Herr der Ringe“ nur darauf wartet, dass sie vollends einstürzen, lautet die alles entscheidende Frage: „Worauf ist heute noch Verlass?“ Da, wo Betrügen normal geworden ist und wir uns über den nächsten großen Betrugsskandal einer Welt-Firma längst nicht mehr wundern, erscheint es fast unmöglich, dass wir noch Menschen oder Institutionen unser Vertrauen schenken. Doch es gibt ein gallisches Dorf, in dem die letzten aufrechten Krieger leben und darum kämpfen, ihrer Vorbild-Rolle auch gerecht zu werden.

Es ist beinahe peinlich, aber ausgerechnet eine Unterhaltungs-Branche, die als völlig oberflächlich gilt und für viele höchstens die „schönste Nebensache der Welt“ ist, scheint die letzten Vorbilder unserer Zeit zu bewahren: der Fußball. Und ich meine damit nicht die Kicker, deren Dribblings und Schusstechnik wir bestaunen. Es sind diese letzten, echten Typen und deren faszinierende Persönlichkeiten, die wir bewundern. Helden zum Anfassen. Kerle, die sich nicht scheuen, schwach zu sein und offen über ihr Scheitern zu sprechen. Echte Persönlichkeiten, die für uns zu Vorbildern taugen, weil sie bestimmte Werte verkörpern, nach denen wir uns sehnen: Fleiß, Entschlossenheit, Opferbereitschaft, Herzblut, Freundschaft trotz Konkurrenz. In der Politik sind das oft nur Phrasen, die unsere letzten Helden jedoch über Jahre treu mit Leben füllen müssen, um ihre Träume wahr werden zu lassen.

Seine Hoffnung „mit Leben füllen“ – das musste Heiko Herrlich im wahrsten Sinne des Wortes, um nicht zu verzweifeln, als ihm die Ärzte die schockierende Diagnose Gehirntumor mitteilten. Im Gespräch mit dem Ex-Leverkusener erlebe ich einen völlig anderen Heiko als den, mit dem ich Mitte der 90er-Jahre meinen ersten Dokumentarfilm drehte. Scheitern macht demütig. Überhaupt ist Demut die Charaktereigenschaft, die mir in den Gesprächen mit den „Stars zum Anfassen“ immer wieder begegnete. Davie Selke, schon früh ein Star, ist wohl einer der normalsten Fußballprofis, die ich je kennengelernt habe. Durch unsere Begegnungen und die gemeinsame Filmproduktion ist eine echte Freundschaft entstanden. Wahrscheinlich, weil wir beide „das Normale“ so lieben in diesem oft überkandidelten Glitzer-Schaufenster „Bundesliga“. Ein echter „Typ“ mit großer Persönlichkeit in diesem Geschäft ist auch Sandro Schwarz. Aber erst als Trainer, denn als Spieler, als er schon Meistertrainer Jürgen Klopp über die Schulter schauen durfte, standen die beiden immer mal wieder Kopf an Kopf als schwäbisch-italienische Heißsporne in manch legendärer Trainingsschlacht von Mainz 05. Mit Sandro habe ich zusammen mit unserem „Bro“ Marco Rose (heute Trainer von Mönchengladbach) eine fantastische Zeit in Mainz erlebt. Im Feiern waren wir drei ganz vorne dabei. Wir waren die Typen, die auf der Party immer als letzte das Licht ausmachten, wenn selbst „Kloppo“ schon im Bett war. Aber mittwochs war in unserer legendären Gonsenheimer WG dann auch immer diszipliniert Bibelkreis-Zeit bei Sandro und Rosi, wo wir mit Nikolˇce Noveski und Co. oft nächtelang über Gott und die Bibel diskutierten. Sandro hat sich seitdem zu einem absoluten Vorbild nicht nur des Clubs, sondern auch der Stadt Mainz entwickelt. Er ist extrem beliebt bei den Spielern durch seine nahbare und humorvolle Art, aber auch durch sein authentisches Vorleben in Sachen Leidenschaft und Hingabe. Überhaupt gehören all diese Protagonisten, die ihr auf den nächsten Seiten kennenlernen werdet, zur Kategorie „Star mit Herz“! Thilo Kehrer, Robert Bauer, Benny Henrichs – allesamt Nationalspieler, die jedoch viel mehr zu erzählen haben als Anekdoten über die letzten Länderspiele, weil sie etwas gefunden haben, das ihr Denken und auch ihre Persönlichkeit verändert hat.

„Deutsche Pokal-Helden!“ mit Thilo Kehrer

Jürgen Klopp

Als ich den Champions-League-Siegertrainer Jürgen Klopp 2002 in Mainz kennenlernte, war er außerhalb der Gutenberg-Stadt noch völlig unbekannt. Spätestens beim dritten Treffen mit diesem Charaktertypen war mir klar: „Der taugt zum Helden!“ Eine Urgewalt von Persönlichkeit und faszinierendem Charisma, die einem da begegnet, wenn man sich mit Jürgen eine Stunde lang unterhält. Wie bei einem Kinohelden verkörpert Klopp alle Facetten menschlicher Stärke, nach denen wir uns sehnen. Ein Prototyp des Stehaufmännchens: wahrhaftig, authentisch, gesegnet mit unwiderstehlichem Humor und einer Entschlossenheit, seine Ziele zu erreichen, die ihresgleichen sucht. Dazu glaubt Jürgen Klopp von ganzem Herzen an Gott, besucht in Liverpool Gottesdienste, weil es ihn demütig macht, und kann die Person Jesu Christi besser erklären als mancher Pfarrer. Seine Zauberformel: Empathie! Wo gibt es noch eine Führungskraft wie ihn, der sich nicht scheut, regelmäßig davon zu sprechen, dass er seine Mitarbeiter und jeden Spieler seiner Mannschaft liebt? Im Gegensatz zum Kinohelden gibt es diesen blonden Sympathieträger aus dem Schwabenland wirklich, sodass sich inzwischen viele große Firmen auf ihn stürzen, um ihn als „Werbe-Gesicht“ für ihre Produkte zu gewinnen. Dass dieser Jürgen Klopp im Umgang mit seinen Fehlern auch noch selbstkritisch ist („Ich bin selber schockiert, wenn ich mich so brüllen sehe!“) macht ihn vollends zum „echten Vorbild“, weil er sich selbst nicht so ernst nimmt. Vor dem überragenden Champions-League-Sieg mit dem FC Liverpool im Mai 2019 sagte er etwas, das in der Social-Media-Welt sofort zigmillionenfach die Runde machte: „Wenn der liebe Gott mich dafür braucht, um zu zeigen, dass jemand sechs Endspiele in Folge verliert und er es tatsächlich noch ein siebtes Mal versucht, dann bin ich die perfekte Person dafür!“

David Alaba

Wenn man einem David Alaba zuhört, wie er von seinem Glauben und seiner Liebe zu Jesus schwärmt, dann ist man wirklich „on fire“ (entfacht). Weil es einen tief im Inneren berührt, dass ein 25-Jähriger, der zig Millionen auf dem Konto hat und ein Weltstar ist, so persönlich und ergreifend über seine Bewunderung für Gott und seine Sehnsüchte sprechen kann. Für meinen Kinofilm „Und vorne hilft der liebe Gott“ habe ich mir mit David Alaba, Jürgen Klopp, Davie Selke, Heiko Herrlich u. a. bewusst Protagonisten gesucht, die sich ihrer Vorbildrolle für Millionen Fans auch wirklich bewusst sind. Menschen wie du und ich, die an einem Punkt ihrer Karriere gemerkt haben, dass sie trotz zehn Millionen Euro auf ihrem Girokonto nicht wirklich glücklicher sind. Sinnsuchende, die dem Beifall der Massen nichts abgewinnen konnten, weil sie merkten, dass sie nur für Leistung geliebt wurden. Austauschbare Hauptdarsteller, die alles erreicht hatten, und trotzdem spürten, dass es da noch mehr geben muss. Spieler, die plötzlich zu „Menschen“ wurden, weil sie keine Idole sein wollten und anfingen, sich selbst zu hinterfragen, um zu Persönlichkeiten zu heranzureifen.

Thilo Kehrer

Thilo Kehrer von Paris St. Germain ist so einer, der sich in den letzten Jahren zu einem absoluten Vorbild entwickelt hat. Immer wenn wir uns treffen, kann ich bei Thilo diesen Hunger nach „mehr“ regelrecht spüren. Kehrers absolute Entschlossenheit, wirklich alles für seinen großen Traum zu geben, hat ihm die Einladung zur deutschen Nationalmannschaft beschert, aus der er mit seiner leidenschaftlichen Spielweise nicht mehr wegzudenken ist. Wenn er jetzt mit den Weltstars Mbappé, Neymar, Cavani und Di Maria in einem Dreamteam spielen darf, dann ist das das Ergebnis von vielen Entbehrungen und seinem unglaublichen Ehrgeiz. In unserem letzten Gespräch verriet Thilo mir, dass er zu seiner Schalker Zeit begann, drei Mal in der Woche nach Essen zu fahren, um nach anstrengenden Trainingseinheiten noch zusätzlich mit einem Privattrainer zu arbeiten. Diese Investition – viel mehr zu tun, als alle anderen – sprach sich damals wohl schnell bis Paris rum. Aber Thilo Kehrer ist nicht nur ein Ausnahmesportler, auf den sich Deutschland bei der EURO 2020 freuen kann, sondern auch ein außergewöhnlicher Mensch. Wenn ich ihm von unseren Mutmach-Events in Gefängnissen und onkologischen Kinderkliniken erzähle, ist er immer hellauf begeistert: „Da will ich nächstes Mal unbedingt dabei sein! Sag mir bitte Bescheid, ich möchte viel mehr in solchen Bereichen tun, weil es uns allen doch viel zu gut geht im Fußball!“ Man merkt, dass soziales Engagement bei ihm kein Image-Ding ist, sondern ein echtes Anliegen, weil er nie vergessen hat, wie knapp seine Familie 1994 dem Massaker in Ruanda entflohen ist. In seiner Heimat Burundi will Kehrer aktiv werden, um die oft katastrophalen Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. „Dankbarkeit“, sagt Thilo, „ist meine Antriebskraft Nummer eins, denn wir alle vergessen viel zu schnell, was für ein privilegiertes Leben wir führen dürfen. Und wenn ich mir bewusst Zeit dafür nehme, um Gott für so vieles zu danken, dann werden manche ‚Probleme‘ im Fußball plötzlich völlig unbedeutend, weil sich die Prioritäten dadurch wieder neu ordnen.“ So spricht einer, der sein Leben sehr reflektiert lebt und viel mehr drauf hat, als die Grätsche an der Außenlinie.

Zwei Schwaben in Paris

Vorbilder sind keine Stars

In diesem Buch begegne ich Vorbildern, die keine Stars sein möchten. Es geht um Mentalität, Glaube, Demut und auch hier wieder um Werte, die diese außergewöhnlichen Protagonisten vermitteln möchten. Die Kernfrage in unseren Begegnungen lautet: „Was macht dich stark?“ In meinen Coachings mit Fußballprofis und Leichtathleten stelle ich eine ähnliche Schlüsselfrage: „Unter welchen Bedingungen bist du die beste Version von dir?“

Beide Fragen setzen voraus, dass wir nie nur Stärken haben, sondern auch schwach sind. Sehr oft begegnen mir diese Superstars sehr selbstkritisch und gestehen, dass sie gerne stärker wären, und sich eigentlich nicht erlauben dürfen, schwach zu sein. Im Interview mit Werder Bremens Ex-Spieler Robert Bauer, überraschte mich der selbstbewusste Abwehr-Hüne kürzlich mit der Aussage: „Die meisten meiner Kollegen sind unsicher, aber wir alle dürfen das nicht zeigen! Wenn wir Schwäche zeigen, sind wir sofort in einer Schublade. Das kann schon das Ende deiner Karriere bedeuten.“ Wahnsinn! Der große Druck treibt viele von Roberts Kollegen in Kirchen oder, wie einige Spieler von Bayern und auch von 1860 München, in einen gemeinsamen Bibelkreis, zu Hause bei David Alaba oder Rafinha. Das ist Schwäche 2.0. Man schämt sich nicht mehr, dass man zu seinem Glauben steht, weil man spürt, wie sehr es hilft, einen starken Gott neben sich zu haben, der dir im Gegensatz zur Gesellschaft gestattet, schwach zu sein und zu scheitern.

Vorbilder sind demütig

Ich habe in den letzten 20 Jahren in meiner Arbeit als Mentor so viele Fußballstars erlebt, die gnadenlos (auch privat) gescheitert sind, und vielleicht gerade deswegen Erfolg hatten. Warum? Weil der Zerbruch sie zu einem Neuanfang und zu größerer Entschlossenheit geführt hat. Eine Demütigung hat oft auch etwas Positives, denn sie macht demütig. Das hat mich dazu inspiriert, einen Keynote-Vortrag zu entwickeln, den ich oft bei Firmen halte: „Vom Gescheiterten zum Gescheiten!“ Auch Jürgen Klopp kommt darin vor, weil er beides kann: strahlen und scheitern. Einer, der 18 Jahre lang nie Erfolg hatte, und sogar dreimal tragisch daran scheiterte, in die Bundesliga aufzusteigen, aber dabei trotzdem demütig blieb, anstatt zu verbittern. Klopp verkörpert Resilienz (die Fähigkeit, immer wieder aufzustehen) wie kaum ein anderer. In den Social Media heißt der Scheitern-Hashtag meiner Protagonisten: #comebackstronger. Für viele Spieler ist das eine Lebenseinstellung, ein kostbarer Wert, den sie – einer Fahne gleich – vor sich hertragen, wenn sie mit Kreuzbandriss vom Leben in die Knie gezwungen werden.

Gnädiger Umgang mit Fehlern

Die Protagonisten in diesem Buch scheitern. Früher oder später. Wie wir alle. Das Scheitern an sich ist nicht das Drama. Der Held meiner Kindheit, König David aus dem Alten Testament, ist gescheitert, weil er einen Mann töten ließ, dessen Frau er für sich haben wollte. Trotzdem blieb David der „Mann Gottes“ und mein Held, weil er nicht floh, sondern seine Fehler mit aller Konsequenz bereute. Diesen gnädigen Umgang mit Fehlern müssen wir in Deutschland noch lernen. Laut einer Studie der Uni Lüneburg, in der 61 Länder bezüglich ihrer Fehler-Toleranz, also dem Umgang mit dem Scheitern, untersucht wurden, lag Deutschland auf dem vorletzten Platz. Geringer war die Bereitschaft, Fehler als unvermeidlich anzusehen und aus ihnen zu lernen, nur in Singapur – wo man bekanntlich in den Knast wandert, wenn man auf der Straße einen Kaugummi in die Hecke spuckt.

In unserer überforderten Gesellschaft vermissen wir die großen, standhaften Vorbilder, die über Strahlkraft und Charisma verfügen und ein ganzes Volk inspirieren. Der Fußball hat sie noch. Aber wir sollten auch den kleinen Vorbildern eine Bühne geben, wenn sie uns mit ihrer Herzensbildung berühren. Wie zum Beispiel meine Nachbarin, die ihrem behinderten fünfjährigen Mädchen, das manchmal stundenlang vor lauter Hilflosigkeit schreit, mit so viel Liebe und Geduld begegnet, dass ich darüber nur staunen kann. Mutter Susan ist immer freundlich zu jedermann, beschwert sich nie, ist hilfsbereit, wo sie nur kann, und das, obwohl ihr einziges Kind ihren Alltag oft extrem schwer macht. Susan ist ein echtes Idol für mich in Sachen Hingabe und Menschlichkeit – ein bewundernswertes Vorbild!

Viel Spaß nun beim Kennenlernen dieser außergewöhnlichen Stars, die ich euch in meinen Begegnungen als ganz normale Menschen vorstellen möchte.

Euer David Kadel

Jürgen Klopp der Herzens-Mensch FC LIVERPOOL

David Kadel: Mister Champions-League-Coach, first of all: Congratulations zum Gewinn der wichtigsten Trophäe im Vereins-Fußball! Die Nacht von Madrid, die Feier nach dem Champions-League-Finale, was war dein absolutes Party-Highlight?

Jürgen Klopp: Danke für die Glückwünsche – es gab diesmal keine wilden Party-Highlights, so wie man sich das vorstellt. Es war in mir einfach eine pure Erleichterung. Ich war einfach nur selig, glücklich und erleichtert, aber auch ziemlich kaputt. Mein Highlight war, dass ich nach fünf Stunden endlich meine Familie und Freunde getroffen habe, nachdem ich viel mit Leuten reden musste, die ich gar nicht kenne. Wir haben uns dann in die Raucherecke zurückgezogen und von der Party so gut wie gar nichts mitbekommen. (lacht) Die Nacht nach Madrid war wunderschön, aber es gab keine Ausfälle, wie 2011 und 2012 bei den euphorischen Meister-Feiern mit Dortmund, wo ich vielleicht nicht alles mitbekommen habe (lacht laut), aber das sollte mir diesmal nicht passieren, und deswegen war ich möglicherweise von allen auf der Party der Klarste bei der ganzen Sache.

David Kadel: Ich geh mal in das Finale 2019 rein: Liverpool versus Tottenham Hotspur. 87. Minute: Divock Origi, der das 2:0 macht. Kannst du dich noch erinnern, was du in diesem Moment kurz vor Schluss gedacht hast? Irgendwas Außergewöhnliches, oder hast du als Erstes auf die Uhr geguckt?

Jürgen Klopp: Wer springt mir da in den Rücken? Das habe ich gedacht! (lacht) Das war Alberto Moreno, der mit voller Wucht ankam. Dejan Lovren hat auch an mir rumgezerrt wie ein Verrückter, aber ich war nicht bereit zum Jubeln.

David Kadel: Ehrlich? Wahnsinn!

Jürgen Klopp: Ja, verrückt! Wer mich kennt, weiß: Ich freue mich normalerweise schon ausgelassen, wenn ein Tor fällt, aber beim 2:0 – keine Ahnung, was da los war. Ich hab mich logischerweise innerlich richtig gefreut, aber in dem Moment fühlte sich das eher an wie ein Schock. Nachdem ich schon so oft so nah dran war. Das kann man natürlich nicht aus dem Gedächtnis streichen. Nicht, dass ich die sechs Final-Niederlagen im Kopf hatte, ganz und gar nicht. Aber in diesem Moment, in der vergleichbaren Situation, wo die Dinge ähnlich aussehen, stehst du an der gleichen Stelle im Stadion und guckst von derselben Position aus zu – nur im Vergleich zum letzten Jahr, als wir das Finale gegen Madrid verloren haben, haben wir dieses Mal ein Tor mehr gemacht, statt eins kassiert. Also ich stand einfach unter Schock. Ich habe viele Leute auf den Videos, die ich mir alle angesehen habe, euphorisch jubeln sehen, nur ich war da nicht dabei. (lacht)

David Kadel: Eigentlich kurios, wenn man dich als Feierbiest kennt. Okay, aber das sagt auch viel über das Momentum und den Wert dieses Titels aus. Damals, bei der Meister-Feier mit dem BVB, konnte man dich während der Busfahrt durch Dortmund singen hören: „Rubbel die Katz, Rubbel die Katz am Borsigplatz“. Was hast du auf dem Liverpool-Bus gesungen?

Jürgen Klopp: (lacht lange und holt tief Luft zum Gesang) „We've conquered all of Europe. We're never gonna stop. Allez allez allez!“ – und das auf der drei bis vier Stunden dauernden Fahrt durch ganz Liverpool gefühlte 25.000 Mal. Das war schon außergewöhnlich. Du guckst in die Augen der Leute: 180-Kilo-Männer hauen sich auf die Brust, schauen dich an und schreien: „Ich liebe dich.“ Das ist der Hammer. Da waren definitiv über eine Millionen Leute. Absolut verrückt, was da los war.

Biggest football moment in life

David Kadel: Unfassbar, was der Fußball mit Menschen macht.

Jürgen Klopp: Du sagst es. Wir alle wissen, wie viel Energie der Fußball manchmal verleihen kann, weil es plötzlich diesen Glauben gibt und eine Perspektive, siehe Barcelona. Der reine Fußball ist ja gar nicht das Entscheidende. Es ist viel eher das Gefühl, dass wir das gemeinsam machen und erleben werden. Dass wir alle zusammen diese Leidenschaft haben. Barcelona 4:0 zu schlagen wäre ohne diese fantastischen Leute gar nicht möglich gewesen. Deshalb durften eben auch alle stolz darauf sein. Weil an diesem Tag alle Liverpooler auf der ganzen Welt an uns geglaubt haben, hätten wir damit jeden Gegner aus dem Stadion gefegt – so spürbar war dieser reale Glaube. Aber es ist natürlich nicht immer so einfach. Da steckt viel Vertrauen und Leidenschaft dahinter. Und das alles, Barcelona, Tottenham, die Trophäe, und diese riesige Feier gemeinsam mit allen auf den Straßen Liverpools, das war schon gigantisch. Und nach einigen Stunden, auf dem Bus oben mit den Spielern, waren wir nach einer Kurve alle sicher: „Das war’s jetzt, mehr geht nicht!“ Und dann fährst du um die nächste Kurve, und dann geht’s eigentlich erst richtig los, weil da noch mal eine halbe Millionen Leute auf uns warten. Das war der absolute Hammer. Und ich wusste gar nicht, dass Menschen einen Lied-Ton so lange halten können. Großer Moment in meinem Leben. Das war stark.

David Kadel: Gehen wir mal kurz in dieses Jahrhundert-Halbfinale gegen Barcelona. Ihr verliert das Hinspiel 0:3 und weltweit haben wahrscheinlich nicht viele Experten einen Pfennig auf euch gesetzt, dass ihr das gegen Messi & Co. noch drehen könntet. Und dann steht es in Anfield im Rückspiel plötzlich 3:0 für euch, „die Glaubenden“. Jetzt kommt dieser unfassbare Geniestreich von Trent Alexander-Arnold, mit dem abgefahrensten Eckball aller Zeiten. Wie hast du das Tor erlebt?

Jürgen Klopp: Live gar nicht. (Beide lachen!!) Ich hatte mich umgedreht, stand mit dem Rücken zum Spielfeld und sprach mit dem Co-Trainer. Dann erkenne ich in seinen Augen, dass da was passiert, drehe mich um und sehe, wie der Ball ins Tor fliegt. Ich drehe mich wieder um und ich höre: „What happened?“ Keine Ahnung! Das war wirklich ziemlich verrückt.

David Kadel: Hat dieser Treffer das Potenzial zum frechsten Tor aller Zeiten?

Jürgen Klopp: Ja klar, das war ja das allererste Mal in der Geschichte der Champions League. Das ist ja so vorher noch nie passiert, dass zwei Spieler so hellwach sind wie Divock und Trent und alle anderen schlafen. Das ist schon sensationell! Wir feiern das heute noch in Liverpool (lacht frech).

David Kadel: Ich bin öfter in den Nachwuchs-Leistungszentren unterwegs mit meinen Vorträgen für die Profis von morgen und erzähle dabei auch oft von der „Klopp’schen Art, Menschen zu führen“. Zuletzt in Kaiserslautern oder Werder Bremen. Ich brauche neuen Stoff vom Meister – was würdest du den Nachwuchs-Leistungs-Kids von heute sagen in Sachen Entschlossenheit? Das ist ja was ganz Wichtiges, um im Leben etwas zu erreichen. Wie beweist man als 15-/16-Jähriger seine Entschlossenheit?

Jürgen Klopp: Was mir ganz häufig auffällt, ist, dass im Umfeld der Jungs das Maß der Verbissenheit zu groß ist. Die Jugendzeit und Ausbildungszeit ist die Zeit, in der jeder lernen muss. Das Coole daran ist, dass man normalerweise noch sehr weit davon entfernt ist, Verantwortung übernehmen zu müssen. Da ist alles immer noch spielerisch.

Aber das ist auch die Zeit, wo man sich langsam vorbereiten muss für den Rest seines Lebens. In dem Fall: die Fußballkarriere. Da kann man ein bisschen gesegnet sein mit Talent, aber es geht darum, aus dem, was man bekommen hat, das Allerallerbeste zu machen. Wir schauen alle auf die Großen: Ronaldo, Messi ... – die Namen dieser Welt. Die haben ein bisschen mehr Talent mitbekommen als andere, aber darum geht es überhaupt gar nicht. In Liverpool habe ich ganz viele Spieler, die einen ganz anderen Weg gehen mussten und denen nichts zugeflogen ist. Jungs, die nicht vom ersten Tag an gemerkt haben: „Oh, ich bin schneller und besser als andere.“

Spieler, die sich jeden Tag beweisen mussten. Und so hat jeder seinen eigenen Weg. „Robbo“ Robertson kam von ganz unten aus Schottland und hat sich bei uns ganz schnell überragend entwickelt, weil er die nötige Bereitschaft und Demut mitgebracht hat zum Lernen – die wichtigste Einstellung überhaupt im Fußball.

David Kadel: Wie wird ein Spieler innerlich stark und total entschlossen, auch in heftigen Widerständen seinen Weg zu gehen?

Jürgen Klopp: