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Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie "Der kleine Fürst" in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Alles beginnt mit einem Schicksalsschlag: Das Fürstenpaar Leopold und Elisabeth von Sternberg kommt bei einem Hubschrauberunglück ums Leben. Ihr einziger Sohn, der 15jährige Christian von Sternberg, den jeder seit frühesten Kinderzeiten "Der kleine Fürst" nennt, wird mit Erreichen der Volljährigkeit die fürstlichen Geschicke übernehmen müssen. "Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Ich finde es bedauerlich, dass du mich nicht zu meinen Eltern begleitest, sondern es vorziehst, nach Sternberg zu reisen«, sagte Albrecht von Sandheim. Sabrina von Havenbeeck sah ihn an und fragte sich wieder einmal, ob sie ihn schon jemals locker und ungezwungen erlebt hatte. Sie waren seit dem vergangenen Jahr verlobt, aber wenn er mit ihr sprach, redete er noch immer so, als seien sie allenfalls entfernte Bekannte. Wer sonst redete so mit seiner Verlobten: ›Ich finde es bedauerlich…‹? ›Schade, dass du nicht mitkommst zu meinen Eltern‹ – so hätte sie es ausgedrückt, aber Albrecht war Lässigkeit ein Gräuel, auch in der Sprache. Als sie ihn kennengelernt hatte, war ihr genau das sehr anziehend vorgekommen. Aber da hatte sie ja auch gerade ihre erste große Enttäuschung mit einem Mann hinter sich gehabt, der das genaue Gegenteil von Albrecht gewesen war, nämlich locker und charmant, in jeder Situation. Zu locker und zu charmant, wie sie nach einiger Zeit erfahren hatte. Sie war nie die Einzige gewesen, seine Liebe hatte er auch anderen Frauen geschworen und was seine ernsten Absichten anging, nun, die hatte es nie gegeben. Da war ihr Albrecht natürlich wie ein Geschenk des Himmels erschienen. Bei ihm musste sie sich keine Sorgen machen, dass er andere Frauen auch nur ansah. Nie würde er sie belügen, er würde überhaupt nie etwas tun, was gegen die Regeln verstieß. Die erste Zeit mit ihm war tatsächlich schön gewesen, sie hatte ihre Wunden geleckt, sich in seiner Bewunderung, Liebe und Fürsorge gesonnt und den charmanten Filou nach und vergessen. Albrecht und sie hatten sich verlobt, alles war in Ordnung gewesen. Doch ihr kamen mehr und mehr Zweifel, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Albecht war so… überkorrekt. Man konnte ihn berechnen wie eine mathematische Formel. Nie tat er etwas, das sie überraschte, sie wusste meistens im Voraus, was er sagen würde. So wie jetzt.
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Seitenzahl: 114
Veröffentlichungsjahr: 2018
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»Ich finde es bedauerlich, dass du mich nicht zu meinen Eltern begleitest, sondern es vorziehst, nach Sternberg zu reisen«, sagte Albrecht von Sandheim.
Sabrina von Havenbeeck sah ihn an und fragte sich wieder einmal, ob sie ihn schon jemals locker und ungezwungen erlebt hatte. Sie waren seit dem vergangenen Jahr verlobt, aber wenn er mit ihr sprach, redete er noch immer so, als seien sie allenfalls entfernte Bekannte. Wer sonst redete so mit seiner Verlobten: ›Ich finde es bedauerlich…‹? ›Schade, dass du nicht mitkommst zu meinen Eltern‹ – so hätte sie es ausgedrückt, aber Albrecht war Lässigkeit ein Gräuel, auch in der Sprache.
Als sie ihn kennengelernt hatte, war ihr genau das sehr anziehend vorgekommen. Aber da hatte sie ja auch gerade ihre erste große Enttäuschung mit einem Mann hinter sich gehabt, der das genaue Gegenteil von Albrecht gewesen war, nämlich locker und charmant, in jeder Situation. Zu locker und zu charmant, wie sie nach einiger Zeit erfahren hatte. Sie war nie die Einzige gewesen, seine Liebe hatte er auch anderen Frauen geschworen und was seine ernsten Absichten anging, nun, die hatte es nie gegeben.
Da war ihr Albrecht natürlich wie ein Geschenk des Himmels erschienen. Bei ihm musste sie sich keine Sorgen machen, dass er andere Frauen auch nur ansah. Nie würde er sie belügen, er würde überhaupt nie etwas tun, was gegen die Regeln verstieß. Die erste Zeit mit ihm war tatsächlich schön gewesen, sie hatte ihre Wunden geleckt, sich in seiner Bewunderung, Liebe und Fürsorge gesonnt und den charmanten Filou nach und vergessen. Albrecht und sie hatten sich verlobt, alles war in Ordnung gewesen.
Doch ihr kamen mehr und mehr Zweifel, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Albecht war so… überkorrekt. Man konnte ihn berechnen wie eine mathematische Formel. Nie tat er etwas, das sie überraschte, sie wusste meistens im Voraus, was er sagen würde. So wie jetzt. Sie hatte gewusst, er würde enttäuscht sein, wenn sie ihn allein zu seinen Eltern fahren ließ, aber er würde diese Enttäuschung in wohlgesetzte Worte fassen und äußerlich so gelassen bleiben wie immer. Selbst wenn sie Zärtlichkeiten austauschten, blieb er beherrscht, das fand sie beinahe ein wenig unheimlich.
Sie fragte sich, ob seine Reaktion anders ausgefallen wäre, wenn sie ihm den Grund für ihre Reise nach Sternberg genannt hätte. Baronin Sofia von Kant war eine Frau, die sie schätzte und der sie vertraute, und so hoffte sie, Sofia würde ihr einen Rat geben können: Sollte sie die Verlobung mit Albrecht lösen oder nicht? Wegen dieses Gesprächs wollte sie nach Sternberg reisen, alle anderen Gründe, die sie vorgebracht hatte, waren nur vorgeschoben.
»Es tut mir leid, dich zu enttäuschen, Albrecht«, erwiderte sie, fast so förmlich wie er. »Aber ich habe Sofia und ihre Familie lange nicht gesehen, ich war schon ewig nicht mehr auf Sternberg. Ich habe so viel gearbeitet in der letzten Zeit, ich brauche eine Auszeit, von allem. Wenn wir bei deinen Eltern sind, bedeutet das gleich wieder jede Menge gesellschaftlicher Verpflichtungen, das weißt du.«
»Als meine Frau wirst du ihnen gerecht werden müssen«, sagte Albrecht. »Es wäre also besser, dich eher früher als später daran zu gewöhnen.«
Das war auch so ein Punkt, der sie mit Schrecken erfüllte: Die Sandheims waren ungeheuer vermögend und einflussreich. Als Albrechts Frau würde sie tatsächlich mehr ins Rampenlicht rücken, als ihr lieb war. Sie war kein schüchterner Mensch und konnte sich auf gesellschaftlichem Parkett sicher bewegen, aber sie hatte keine Freude an großen Einladungen zum Essen, an Bällen und glitzernden Empfängen. Sie war lieber in der Natur, redete, wie es ihr in den Sinn kam und kleidete sich sportlich.
Sie hatte gerade ihr Studium der Tiermedizin abgeschlossen und ihre erste Stelle in einer großen Tierarztpraxis in Hamburg angetreten. Die Arbeit machte ihr Freude, aber natürlich wusste sie, dass Albrecht nicht glücklich darüber war.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, setzte er hinzu: »Und ich denke auch nicht, dass deine gesellschaftlichen Aufgaben mit deiner Arbeit in Einklang zu bringen sein werden. Wir haben ja schon öfter darüber gesprochen. Ich weiß, du bist gern Tierärztin, aber als meine Frau wirst du die Zeit dafür nicht mehr finden.«
Er drückte es sehr zurückhaltend und nicht ganz zutreffend aus. Von den Frauen der Sandheims wurde erwartet, dass sie vor allem schön und stilsicher waren, perfekte Gastgeberinnen, geübt in kultivierten, aber niemals kritischen Gesprächen. Wenn sie arbeiteten – was die meisten nicht taten – dann waren sie Teilzeit-Juristinnen in teuren Kanzleien oder arbeiteten bei Finanzdienstleistern, aber das waren Ausnahmen. Keinesfalls machten sie etwas so Unappetitliches, wie kranke Hunde und Katzen zu behandeln. Und schon gar nicht arbeiteten sie, weil sie es gern taten und weil ihnen ihre Selbstständigkeit wichtig war.
»Wir werden sehen, Albrecht«, sagte Sabrina. Diese Diskussion wollte sie jetzt nicht führen. Es war beinahe unmöglich, mit Albrecht zu streiten, aber wenn es um ihre Berufstätigkeit ging, waren sie schon einige Male kurz davor gewesen.
»Ich hoffe sehr, du überlegst es dir noch einmal. Mama wollte dich bei ihren Damen einführen.«
Er betonte ›Mama‹ auf der zweiten Silbe, so dass es beinahe französisch klang. Sie hatte das von Anfang an albern gefunden. Auch ›Papa‹ betonte er auf diese Weise, und genau so machten es seine Geschwister.
»Bei welchen Damen denn?«, fragte sie, unwillkürlich erschrocken.
»Sie ist ehrenamtlich tätig, das habe ich dir doch erzählt. Es ist ein kleiner Kreis, der sich regelmäßig trifft und bespricht, welche Institutionen in den Genuss des gesammelten Geldes kommen.«
»Beim nächsten Mal«, sagte Sabrina. »Ich habe mich auf Sternberg schon angemeldet, ich überlege es mir sicher nicht anders.«
Er bewahrte auch jetzt seine Haltung, nichts an seinem unbewegten Gesicht verriet, ob er verärgert oder verletzt war, und plötzlich ertappte sie sich bei dem Wunsch, er möge, ein Mal wenigstens, aus der Haut fahren. Aber natürlich tat er das nicht. Er war der perfekte Gentleman, wie immer.
*
»WER ist am Apparat?«, fragte Baron Friedrich von Kant ungläubig, als ihm Eberhard Hagedorn, der Butler auf Schloss Sternberg, ein Gespräch ankündigte.
»Graf von Schönhausen, Herr Baron. Benjamin Graf von Schönhausen.«
»Ich fasse es nicht«, murmelte Friedrich. »Stellen Sie das Gespräch bitte durch, Herr Hagedorn.«
Gleich darauf meldete sich eine Stimme, die der Baron im ersten Moment nicht erkannte. »Fritz, bist du dran? Hier ist Ben.«
»Du hast dir ja Zeit gelassen, mein lieber Freund. Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, bei einem Pferderennen, hast du, wenn ich mich recht erinnere, hoch und heilig geschworen, dich bald zu melden und uns hier vielleicht sogar einen Besuch abzustatten. Da lag dein letzter auch schon drei oder vier Jahre zurück.«
»Tut mir leid, dass es doch wieder etwas länger gedauert hat. Aber nun löse ich mein Versprechen ja ein und melde mich.«
»›Etwas länger‹ ist die Untertreibung des Jahres, du bist ungefähr ein Jahr zu spät«, stellte der Baron trocken fest. »Ich habe zwischendurch mehrfach versucht, dich zu erreichen, aber du warst viel auf Reisen, offenbar.«
»Ja, allerdings. Unsere Geschäfte haben sich sehr ausgeweitet. Hör zu, Fritz, ich bin bei euch in der Nähe und habe mir gedacht, wenn es euch passt, mache ich meine Ankündigung endlich wahr und komme bei euch vorbei. Du musst mir aber ehrlich sagen, wenn ein Besuch euch ungelegen käme.«
»Ungelegen? Du?«, rief der Baron. »Willst du uns beleidigen? Ich hoffe aber, du bleibst nicht nur einen Tag, sondern bringst ein bisschen mehr Zeit mit. Ich muss ja arbeiten, aber wenn du hier wärst, würde ich mir das so einteilen, dass genügend Muße für lange Gespräche bleibt. Ich würde mich sehr freuen, dich wiederzusehen.«
»Ich mich auch«, erwiderte der junge Graf. »Bei euch ist es immer so schön ruhig und entspannend.«
Der Baron fing an zu lachen. »Wir haben drei Teenager hier, Ben, schon vergessen? So ruhig, wie du es vielleicht in Erinnerung hast, ist es nicht mehr, glaub mir. Bei unseren Abendessen geht es oft ganz schön hoch her.«
Die Stimme seines jüngeren Freundes klang beinahe sehnsüchtig, als er erwiderte: »Eure Abendessen haben mir gerade deshalb immer sehr gefallen. Ich meinte aber eher die Atmosphäre bei euch im Schloss. Ihr kommt gut miteinander aus, und das wirkt entspannend auf eure Gäste.«
»Wann kommst du? Du hast gesagt, du bist schon in der Nähe?«
»Ja, ich bin in… in Stuttgart, da habe ich noch zwei Tage zu tun, dann könnte ich zu euch kommen. Also am Freitag. Wäre das in Ordnung?«
»Perfekt. Kommst du tagsüber oder erst zum Abendessen?«
»Ich denke, erst zum Abendessen, ich habe am Freitag noch eine Besprechung hier, aber danach mache ich mich gleich auf den Weg.«
»Ich freue mich sehr auf unser Wiedersehen!« Mit diesen Worten verabschiedete sich der Baron von seinem Freund.
Nach dem Gespräch verließ er sein Büro, das sich neben der Eingangshalle von Schloss Sternberg befand. Er verwaltete für den sechzehnjährigen Neffen seiner Frau Sofia, Prinz Christian von Sternberg, die Wälder und Ländereien, die diesem gehörten, und er hatte das Sternberger Gestüt ausgebaut, mit großem Erfolg. Sie verkauften die hier gezüchteten Pferde mittlerweile in die ganze Welt.
Christian, auch ›der kleine Fürst‹ genannt, war seit dem vergangenen Jahr Vollwaise. Seine Eltern, Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold von Sternberg, waren bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Seitdem lebte der Junge als drittes Kind der Familie von Kant im Westflügel des Schlosses. Mit seinen Eltern hatte er den Ostflügel bewohnt, der seitdem verschlossen war. Die Türen wurden nur geöffnet, wenn gelüftet und geputzt wurde oder wenn Christian, was aber nicht häufig vorkam, den Räumen einen Besuch abstattete, um dort eine Weile mit seinen Erinnerungen allein zu sein.
Sofias und Friedrichs Kinder, die vierzehnjährige Anna und der siebzehnjährige Konrad, waren auch vor dem Hubschrauberunglück wie Geschwister für Christian gewesen, die drei waren zusammen im Schloss aufgewachsen. Jetzt war das Band zwischen ihnen noch enger geworden, sie gingen, so konnte man das ausdrücken, gemeinsam durch dick und dünn.
Der Baron suchte seine Frau und fand sie in dem Salon, in dem sie für gewöhnlich arbeitete. Sie war in mehreren ehrenamtlichen Organisationen tätig und führte in deren Auftrag eine rege Korrespondenz mit vielen Menschen, die bereit waren, die Organisationen zu unterstützen.
»Störe ich dich?«
Sie hob den blonden Lockenkopf und lächelte ihren Mann an. Sie hatte die blonden Locken und blauen Augen an Anna vererbt, ebenso wie das hübsche runde Gesicht. »Ich lasse mich gern unterbrechen, Fritz, denn gerade erledige ich eine sehr langweilige Arbeit: Ich entwerfe einen Formbrief für unsere nächste Spendenaktion, und irgendwie fallen mir heute die richtigen Formulierungen nicht ein.«
»Übernimm doch einfach einen alten Brief, den du ein bisschen abänderst. Es geht doch schließlich immer um Dasselbe: Die Leute sollen spenden.«
»Aber sie wollen möglichst persönlich angesprochen werden, und sie reagieren empfindlich, wenn sie das Gefühl haben, dass man sich mit ihnen keine Mühe gibt. Nein, ich muss neu schreiben, anders geht es nicht.«
Er setzte sich zu ihr. »Du wirst nicht glauben, wer mich eben angerufen hat.«
»Wer?«
»Ben. Benjamin Graf von Schönhausen.«
»Nicht wahr!«, rief Sofia. »Du hast doch schon gelegentlich erwähnt, dass er mehr oder weniger verschollen ist, weil du nichts mehr von ihm gehört, ihn aber auch nicht erreicht hast.«
»Unser letztes Treffen liegt mehr als ein Jahr zurück, und sein letzter Besuch hier bei uns…«
»…mindestens drei Jahre, eher mehr«, sagte Sofia.
Der Baron nickte. »Die Kinder waren jedenfalls deutlich jünger als jetzt. Er ist in Stuttgart, hat dort noch zu tun und kommt am Freitag zum Abendessen.«
»Das passt ja, Sabrina will am Samstag kommen, die beiden müssten sich eigentlich gut verstehen.«
»Da mache ich mir gar keine Sorgen. Sabrina kommt allein, hast du gesagt? Ohne ihren Verlobten?«
Sofia nickte nachdenklich. »Ehrlich gesagt, glaube ich, sie will mit mir über ihn reden.«
»Wundern würde mich das nicht«, erwiderte Friedrich. »Wir haben ihn ja nur einmal gesehen, da war er sehr steif und distanziert, auch zu ihr, fand ich. Ich habe mich damals schon gewundert, dass ihre Wahl auf ihn gefallen ist.«
»Das hatte mit ihrer Erfahrung vorher zu tun. Du erinnerst dich? Dieser charmante Frauenheld, der sie belogen und betrogen hat. Danach brauchte sie wohl etwas Super-Verlässliches, und das scheint Albrecht ja zu sein.«
»Verlässlichkeit allein macht noch keine gute Ehe«, murmelte der Baron. »Es muss schon auch etwas prickeln.«
Ihr Blick war kokett, als sie fragte: »So wie bei uns, meinst du?«
Er lachte. »Ja, so wie bei uns«, sagte er und küsste sie, bevor er ging.
Lächelnd wandte sie sich wieder ihrem ungeliebten Formbrief zu. Auch der Baron lächelte, als er in sein Büro zurückkehrte, wo bereits der Stallmeister auf ihn wartete, um einiges mit ihm zu besprechen.
*
»Sie kommt nicht mit«, teilte Leonie von Sandheim ihrem Mann Maximilian mit, als sie nachmittags eine Tasse Tee mit ihm trank. »Sabrina, meine ich. Sie hat andere Pläne, sagte Albrecht.«
Maximilian unterdrückte einen Seufzer. Er konnte Sabrina gut leiden und fragte sich manchmal insgeheim, was sie an seinem Sohn Albrecht fand. Sicher, Albrecht war ein guter Sohn, er war hundertprozentig zuverlässig, und er würde eines Tages, genau wie seine Geschwister, sehr, sehr viel Geld erben, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass es Sabrina ums Geld ging. Und Albrecht war so furchtbar … steif. Er selbst war ganz anders, umgänglich, freundlich, lustig. Manchmal lustiger, als es seiner Frau behagte. Ob Sabrina und Albrecht überhaupt gelegentlich Spaß miteinander hatten?
Leonie beurteilte ihre zukünftige Schwiegertochter völlig anders. Sie sah vor allem ihre Fehler oder das, was sie für Fehler hielt. Sie stellte fest, was die junge Frau noch alles lernen musste, wenn sie ›eine Sandheim‹ werden wollte, die dieses Namens würdig war.