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Der Bestseller von Walter Kölle hat sich inzwischen einen festen Platz in Laboratorien, Hochschul- und Forschungsinstituten, Ingenieurbüros, Wasserwerken und Aufsichtsbehörden erobert. Der Leser wird - auch ohne dass er vertiefte chemische Vorkenntnisse mitbringt - in die Grundlagen der Wasserchemie eingeführt und erfährt alles Wissenswerte über die Inhaltsstoffe des Wassers und deren Beurteilung nach Maßgabe der aktuellen Gesetzgebung. Die wasserchemischen Zusammenhänge werden anhand von 29 Analysenbeispielen, zahlreichen Tabellen und einem umfangreichen Glossar erläutert. Die Wasserchemie ist in einem Wandel begriffen, der sich immer mehr beschleunigt. Mit der dritten Auflage des Buches wird dieser Entwicklung Rechnung getragen. Zahlreiche neue Parameter werden ausführlich diskutiert. Ebenso werden die Änderungen erörtert, die mit der geplanten Neufassung der Trinkwasserverordnung zu erwarten sind. Überall, wo Wasser fließt - sei es in der Natur, im Wasserwerk oder in den Rohrleitungen der Kunden - werden anorganische und organische Stoffe umgeschichtet. Der Autor hat Reaktionspartner und Reaktionsprodukte des Wassers fotografisch dokumentiert und stellt das Bildmaterial zusammen mit detaillierten Erläuterungen auf CD-ROM zur Verfügung
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Seitenzahl: 727
Veröffentlichungsjahr: 2012
Contents
Inhalt der CD
Vorwort
Vorwort zur zweiten Auflage
Vorwort zur dritten Auflage
1 Grundlagen
1.1 Maßeinheiten: Menge und Masse
1.2 Dezimalvorsilben
1.3 Reaktionstypen
1.4 Reaktionsgeschwindigkeiten und Hemmung von Reaktionen
1.5 Titration
1.6 Ionenbilanz
1.7 Aufbau eines Analysenformulars
1.8 Angabe von Analysenergebnissen
1.9 Angabe von Mischungsverhältnissen
1.10 Laboratorien, Analysenwerte, Grenzwerte
1.11 Umgang mit großen Datenmengen und „Ausreißern“
1.12 Umgang mit Kundenreklamationen
1.13 Datenverarbeitung, Datensicherung
2 Wasser-Typen, Identifizierung von Wässern
2.1 Destilliertes (vollentsalztes) Wasser
2.2 Regenwasser
2.3 See- und Talsperrenwasser
2.4 Grundwasser
2.5 Flusswasser
2.6 Wasser in Wasserwerken
2.7 Wasser in Hallenbädern
2.8 Abwasser
2.9 Meerwasser
2.10 Mineralwässer, Quellwässer, Tafelwässer, Heilwässer
2.11 Identifizierung von Wässern
2.12 Sonstige, spezielle Wässer
3 Physikalische, physikalisch-chemische und allgemeine Parameter
3.1 Temperatur
3.2 Elektrische Leitfähigkeit
3.3 pH- Wert, Säure und Lauge in der Umwelt
3.4 Sauerstoff
3.5 Kohlenstoffdioxid
3.6 Geruch
3.7 Färbung
3.8 Trübung
3.9 Redoxspannung
3.10 Aufgegebene Parameter (Abdampfrückstand, Glührückstand)
4 Anorganische Wasserinhaltsstoffe, Hauptkomponenten
4.1 Erdalkalimetalle, Härte
4.2 Alkalimetalle
4.3 Eisen und Mangan
4.4 Anionen (außer Nitrit und Nitrat)
4.5 Stickstoff und Stickstoffverbindungen
4.6 Chemische Verschmutzungsindikatoren
5 Anorganische Wasserinhaltsstoffe, Spurenstoffe
5.1 Datenbasis
5.2 Mobilisierungs- und Immobilisierungsprozesse
5.3 Parameter
6 Organische Wasserinhaltsstoffe
6.1 Allgemeines
6.2 Substanzen, die aus Molekülen einheitlicher Beschaffenheit bestehen
6.3 Refraktäre Substanzen
6.4 Organische Wasserinhaltsstoffe, Parameter
6.5 Methan (Gärung und Faulung)
7 Calcitsättigung
7.1 Einführung
7.2 Kohlensäure
7.3 Rolle des Calciums
7.4 Beurteilung eines Wassers im Hinblick auf die Calcitsättigung
7.5 Analysenangaben
7.6 Grenzwert
7.7 Ausschlusskriterien
7.8 Beeinflussung des Sättigungszustandes
7.9 Bedeutung der Calcitsättigung
8 Mikrobiologische Parameter und Desinfektionsmittel
8.1 Bakteriologische Verschmutzungsindikatoren, Hygiene
8.2 Desinfektionsmittel
9 Radioaktivität
9.1 Vorbemerkung
9.2 Allgemeines
9.3 Radioaktive Spaltprodukte
9.4 Aktivierungsprodukte, Tritium
9.5 Maßeinheiten
9.6 Natürliche Hintergrundwerte
9.7 Erfahrungen
9.8 Grenzwerte
9.9 Gefährdungssituation in der Bundesrepublik
10 Chronik der gesetzlichen Rahmenbedingungen
10.1 Rechtlicher Rahmen
10.2 Entwicklung
11 Abkürzungsverzeichnis und Glossar
12 Tabellenanhang
13 Analysenanhang
14 Literatur
Register
Alles vom und über das Wasser
Feuerpfeil, I., Botzenhart, K. (Hrsg.)
Hygienisch-mikrobiologische Wasseruntersuchung in der Praxis
Nachweismethoden, Bewertungskriterien, Qualitätssicherung, Normen
400 Seiten mit 77 Abbildungen und 26 Tabellen
2008
Hardcover
ISBN: 978-3-527-31569-7
Wasserchemische Gesellschaft, Fachgruppe in der GDCh in Gemeinschaft mit dem Normenausschussasserwesen (NAW) im DIN e.V. (Hrsg.)
Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung
Loseblattwerk
ISBN: 3-527-28766-3 (Grundwerk)
Quevauviller, P., Thomas, O., Van Der Beken, A. (Hrsg.)
Wastewater QualityMonitoring and Treatment
408 Seiten
2007
Online Buch Wiley Interscience
ISBN: 978-0-470-05872-5
Wiesmann, U., Choi, I. S., Dombrowski, E.-M.
Biological Wastewater Treatment
Fundamentals, Microbiology, Industrial Process Integration
391 Seiten mit 135 Abbildungen und 61 Tabellen
2007
Hardcover
ISBN: 978-3-527-31219-1
Autor
Dr. Walter Kölle
Heesternwinkel 7
30657 Hannover
Titelbild
Komposition zu den Begriffen Gewässer, Wasserorganismen, organisches Sediment, Eisensulfide sowie chemische Analytik. Die „Muschel“ stammt aus dem Grundwasserleiter „Fuhrberger Feld“ aus 17,5 m Tiefe.
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© 2010 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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Print ISBN 9783527325221
Epdf ISBN 978-3-527-62901-5
Epub ISBN 978-3-527-65984-5
Mobi ISBN 978-3-527-65983-8
Inhalt der CD
Die einzelnen Bilddateien im Ordner „Bilder und Informationen“ liegen im JPGFormat vor. Die Erläuterungen sind in das PDF-Format gebracht worden, ihre Kapitelnummern entsprechen den korrespondierenden Kapiteln im Buch.
Bilder und Informationen
Ordner: Gesamtes Bildmaterial.
PHREEQC
Ordner: Hinweise zur Benutzung des thermodynamischen Rechenprogramms PHREEQC, insbesondere zur Berechnung von Daten zur Calcitsättigung. Tabelle mit Vergleichsdaten PHREEQC/DIN.
0 Erläuterungen und Danksagung
Angaben zur fotografischen Aufnahmetechnik, zur Digitalisierung von Diapositiven und zur Nachbearbeitung der Bilddateien. Dank an alle Fachkollegen, die zum Gelingen dieser Dokumentation beigetragen haben, sowie an den Verlag Wiley-VCH.
1 Das Fuhrberger Feld
Lagepläne mit Kennzeichnung der Stellen, die im Buch erwähnt werden. Chronologisch geordnetes Literaturverzeichnis wissenschaftlicher Arbeiten, die im bzw. über das Fuhrberger Feld veröffentlicht worden sind.
1.3.5 Tonminerale, Ionensorption
Bilder vom Bentonit- und Kaolin-Tagebau aufder Insel Milos, Griechenland sowie von den dort abgebauten Produkten. Bilder von Glaukonit aus einem Grundwasserleiter und von Tonstein aus einer Tonkuhle bei Hannover. Abgabe von Chlorid und Sulfat aus dem Ton. Geländeversuche zur Ionensorption mit Analysenergebnissen.
3.3.4 Verwitterung von Eisensulfiden und Silicaten
Bilder von einer pyrithaltigen Halde, von einem Pyrit-Tagebau auf Zypern und vom Mono-Lake in Kalifornien.
4.1.1.10 Calciumcarbonat in der Natur
Bilder von Aragonit, Laurion, und von den Kalksinterterrassen von Pamukkale, Türkei, einschließlich Angaben zur Wasserbeschaffenheit. Muschelkalk, verwitternder Kalkstein, Tropfsteinhöhle, Sinterröhrchen, Querschnitt durch Stalaktit, Marmorsteinbruch von Carrara, Naturstein-Fensterbank mit Versteinerung und Pyriteinschluss, doppelbrechender Kalkspat.
4.1.4.4 Baryt in Trinkwasserleitung
Ein Bild in zwei Farbvarianten von Baryt, der in einer hannoverschen Trinkwasserleitung auskristallisiert ist.
4.3.1.10 Auswahl 1, Pyrit, Denitrifikation, Verockerung
Pyrit und Pyrit-Verwitterungsprodukte aus Grundwasserleitern, Rasenerz in der historischen Waldschmiede im Fuhrberger Feld, Versuche zur „Nitratverockerung“, Bilder aus verockerndem Brunnen, Verockerungsprodukte, säureunlösliche Rückstände von Verockerungsprodukten.
4.3.1.10 Auswahl 2, Eisenverbindungen
Modernes duktiles Gussrohr, Beschaffenheit von „green rust“, Deckschichten aus Graugussleitungen, vererzte Gallionellen, Lepidokrokit, Siderit, Vivianit, Schlamm von Rohrreinigung, Bilderserie von oxidierendem „green rust“.
4.3.1.10 Auswahl 3, Enteisenung im Filter
Bilder von Filterkorn aus Wasserwerksfiltern zur Enteisenung und Entmanganung, Querschnitte durch Korn-Aufwuchs, Diskussion der Beschaffenheit von Eisenoxidhydrat mit REM-Aufnahmen hierzu.
4.3.1.10 Auswahl 4, Enteisenung in Flockungsanlage
Schema einer Flockungsanlage („Accelator“) im Wasserwerk Fuhrberg der Stadtwerke Hannover AG, Accelator, Belüftungseinrichtung, Lochrinne, Wasserproben, Visualisierung der Sedimentation, Nahaufnahmen des Eisenschlamms.
4.3.2.10 Auswahl 1, Entmanganung im Filter
Galerie von Filterkies-Proben aus unterschiedlichen Phasen der Einarbeitung eines Entmanganungsfilters, zugehörige Kiesproben in Nahaufnahme, REM-Aufnahmen von 16 Jahre altem Entmanganungskies, Angaben zur Nickelelimination bei der Entmanganung, Diskussion des Kornwachstums und dessen Auswirkung aufdas Rückspülverhalten des Kieses.
4.3.2.10 Auswahl 2, Entmanganung im Untergrund
Bilder von „Manganabscheidungen“ auf Kies aus einem Projekt, das federführend von Professor Dr. U. Rott, Stuttgart, durchgeführt worden ist. Erläuterungen zur unterirdischen Wasseraufbereitung.
4.3.2.10 Auswahl 3, Störungen durch Manganoxide
Abscheidungen von Manganoxiden in einem offenen Kiesfilter, an Filterdüsen und in einer Trinkwasserleitung.
4.3.2.10 Auswahl 4, Manganknolle
Mehrere Bilder von einer Manganknolle.
4.4.1.10 Auswahl 1, Natriumchlorid
Salinen von Lanzarote, Mozia bei Sizilien und Mallorca. Salzsee aufZypern, Totes Meer, Israel mit Angaben zur Beschaffenheit des Wassers und des Salzes, KaliAbraumhalde am Steinhuder Meer.
4.4.1.10 Auswahl 2, Chlorid in Korrosionsprodukten
Farbaufnahmen zur Schemazeichnung 4.14 (Buch, Seite 172: Korrosionsprodukt, das FeCl2 enthielt), eingetrocknetes Eisenchlorid auf Korrosionsprodukten.
4.4.1.10 Auswahl 3, Chlorideinfluss auf Korrosion
Streusalzeinfluss auf Korrosion.
4.4.2.10 Sulfat und Schwefel
Gipslagen, Zypern, Gipskristalle auf Soleleitung in einem Badeort, Gips auf einem Korrosionsprodukt in einer Trinkwasserleitung, elementarer Schwefel, extrahiert aus einem Grundwasserleiter, Schwefel in Korrosionsprodukten mit REM-Aufnahmen.
4.4.4.10 Phosphat
Vivianitkristalle (Eisen(II)-phosphat) in einer Trinkwasserleitung nach Phosphatdosierung, Struvit (Ammonium-Magnesiumphosphat) aus dem Faulbehälter einer Kläranlage und aus einer Gülleaufbereitungsanlage.
4.4.5.10 Siliciumdioxid
Kieselgel (Trockenmittel), verkieseltes Holz im Petrified Forest, Arizona, USA, Achatscheiben, Quarzkristall, Schwingquarz.
5.3.1 Aluminium
„Aluminium-Verockerungsprodukt“ aus Brunnen 1, Wasserwerk Fuhrberg mit REM-Aufnahmen, Ausscheidungen von Aluminiumoxidhydrat in einer Trinkwasserleitung.
5.3.4 Blei
Blei-Hausanschlussleitung, Bilder von Blei-Deckschichten, die sich in unterschiedlichen Wässern gebildet haben, Untersuchungsergebnisse dazu.
5.3.10 Kupfer
Lötstellen an Kupferleitungen, Korrosionsprodukte in Trinkwasserleitungen, Kupfer-Eisen-Sulfid als Korrosionsprodukt in einem Brunnen mit Filterrohren aus Kupfer im Kontakt mit eisenhaltigem Wasser, Entzinkung an einer Messingarmatur.
5.3.16 Uran
Zwei Glasvasen mit typischer „Uranfärbung“.
6.3.4 Fossile organische Substanz, Huminstoffe
Bohrgut mit organischer Substanz, Schlauchkerne aus dem Fuhrberger Feld, „Braunkohle“ aus dem Grundwasserleiter Fuhrberger Feld, Natronlauge-Auszug aus Aquifer-Material, Eluat aus der Adsorberharzanlage im Wasserwerk Fuhrberg.
6.4.20 Öl
Unterschiedlich reflektierende Streifen auf Meerwasser. Diskussion der Ölverunreinigung von Meerwasser, teilweise auch durch natürliche Ölquellen.
7.9.7 Calciumcarbonat in technischen Anlagen
Calcit, abgeschieden durch Wandalkalität in Graugussrohr, durch Kalkhydratdosierung, auf Filterkorn nach Schnellentcarbonisierung und in Trinkwasserleitung, durch Alkalität von Zementmörtel, durch Ionenaustauschprozesse (wahrscheinlich), durch Fremdstromeinfluss und durch Hitze. Calcitauflösung durch pH-Absenkung nach Eisenoxidation.
8 Wasser als solches
Hommage an das Wasser.
Vorwort
Der Impuls, ein Buch über die Beurteilung von Wasseranalysen zu schreiben, geht letztlich auf die Kunden des Wasserlaboratoriums zurück, das der Autor lange Jahre bei der Stadtwerke Hannover AG geleitet hat. Immer wieder war sinngemäß die gleiche Klage zu hören, nämlich dass man von einem echten Verständnis einer Wasseranalyse meilenweit entfernt sei. Dieses Buch soll dazu beitragen, diese Entfernung zu verringern.
Die Wasserversorgung blickt auf eine lange Tradition zurück. Früher wurden Begriffe geprägt, die den heutigen Anforderungen an eine eindeutige, logische und widerspruchsfreie Terminologie nicht mehr entsprechen und die daher aus dem Sprachschatz des Wasserchemikers gestrichen worden sind. Dafür gab und gibt es zwingende Gründe. Eine Ausarbeitung, wie sie hier vorliegt, könnte zum Anlass genommen werden, veraltete Begriffe ersatzlos auszumerzen. Der Autor ist zu dem Schluss gekommen, dass dies ebenso wenig möglich ist, wie ein Beharren auf den alten Formulierungen. Ein wichtiger Grund dafür ist die Tatsache, dass auch alte Analysen interpretiert werden müssen. Oft sind gerade die alten Analysen besonders interessant, wenn Änderungen der Wasserbeschaffenheit über größere Zeiträume erfasst werden sollen. Der Autor hat versucht, strenge Maßstäbe an die Terminologie anzulegen, dabei aber die historische Entwicklung des Fachgebiets nicht aus den Augen zu verlieren.
Der Begriff „Wasseranalyse“ ist nicht genau definiert. Vor dem Jahr 1975 bestand eine Wasseranalyse hauptsächlich aus den Parametern, die ein Versorgungsunternehmen im Eigeninteresse analysierte oder analysieren ließ. Die Parameterauswahl war zum Teil recht unterschiedlich. Bei den Wasserwerken hing sie beispielsweise davon ab, ob das Rohwasser als Grundwasser, als Talsperrenwasser oder als Rheinuferfiltrat gewonnen wurde. Die Gesundheitsämter ergänzten die jeweiligen Untersuchungsprogramme durch „hygienisch-chemische“ Analysen. Nach 1975 wurde der Parameterumfang einer Wasseranalyse zunehmend durch die Bestimmungen der Trinkwasserverordnung diktiert. Dies gilt besonders von 1986 an, als erstmals eine größere Zahl von Hauptkomponenten des Trinkwassers mit Grenzwerten belegt wurde.
Das vorliegende Buch ist nicht nach der Parameterstruktur von Verordnungen, sondern überwiegend nach allgemeinen chemischen Kriterien geordnet. Der Bedeutung der Gesetzgebung wird dadurch Rechnung getragen, dass die Bestimmungen der EG-Trinkwasserrichtlinie vom 03.11.1998 als der jüngsten gesetzlichen Regelung in Fettschrift wiedergegeben sind. Daneben werden auch die Regelungen nach der Trinkwasserverordnung vom 12.12.1990 aufgeführt, weil sie der aktuellen Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland entsprechen und weil diese Verordnung die einzige ist, die Angaben darüber enthält, unter welchen Randbedingungen Zusatzstoffe zum Trinkwasser eingesetzt werden dürfen. Auf diese Angaben wird im Buch Bezug genommen.
Jedes Buch lebt vom Erfahrungsschatz des Autors. Dieser hofft, das Thema so vollständig abgedeckt zu haben, dass jeder Leser Nutzen daraus ziehen kann. Davon unabhängig ist der Autor für Anregungen dankbar, mit denen der Informationsgehalt des Buches auf eine breitere Basis gestellt werden kann.
Der Autor möchte es nicht versäumen, an dieser Stelle seinen Lehrern Professor Dr. Josef Holluta und Professor Dr. Heinrich Sontheimer zu danken. Besonderer Dank gebührt der Stadtwerke Hannover AG, besonders seinem Technischen Direktor Professor Dr. Hans-Jürgen Ebeling, der dem Autor die Freiheit eingeräumt hat, Zusammenhänge zu hinterfragen und Erkenntnisse weiterzugeben. Der Autor dankt ferner der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V., Bonn, und der Interessengemeinschaft für Norddeutsche Trinkwasserwerke e. V., Meppen, für bereitwillige Unterstützung. Nicht zuletzt sei Herrn Dr. Bernd Schneider für die kritische Durchsicht des Manuskripts gedankt.
Hannover, Januar 2001
Walter Kölle
Vorwort zur zweiten Auflage
Bei der Drucklegung der ersten Auflage war die EG–Trinkwasserrichtlinie vom 03.11.1998 noch nicht rechtskräftig in deutsches Recht umgesetzt. Die auf der EG–Trinkwasserrichtlinie basierende Novelle der Trinkwasserverordnung wurde am 21.05.2001 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 01.01.2003 in Kraft. Die in diesem Buch aufgeführten Parameter werden nun an Hand der Bestimmungen der Trinkwasserverordnung in ihrer Fassung vom 21.05.2001 diskutiert. Zahlreiche Grenzwerte haben eine wechselvolle Vorgeschichte. Wo es dem Verständnis dient, wird auf diese Vorgeschichte Bezug genommen. Ergänzt werden diese Ausführungen durch einen gesonderten Abschnitt „Chronik der gesetzlichen Rahmenbedingungen“.
Die Verwendung von Zusatzstoffen zur Trinkwasseraufbereitung ist nicht mehr in der Trinkwasserverordnung geregelt. Einige Reaktionsprodukte (Bromat, Trihalogenmethane) sind jedoch mit eigenständigen Grenzwerten in der novellierten Trinkwasserverordnung enthalten. Im Übrigen wird beim Umweltbundesamt ein Liste der zulässigen Zusatzstoffe geführt, die, falls erforderlich, schnell aktualisiert werden kann. Im Rahmen dieses Buches werden die Zusatzstoffe hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Bedeutung erörtert, Detailinformation wird man der jeweils aktuellen Liste des Umweltbundesamtes entnehmen müssen.
Mit der zweiten Auflage wurde auch die Gelegenheit wahrgenommen, alle Angaben zur Löslichkeit von Wasserinhaltsstoffen mit Hilfe des Rechenprogramms PHREEQC zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Die meisten Änderungen, die gegenüber der ersten Auflage eingetreten sind, sind zwar auf Grund der Korrektheit geboten, haben aber keine Auswirkungen auf die grundsätzlichen Inhalte der Argumentation. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass fast alle Feststoffphasen, mit denen das Wasser reagiert oder die sich aus dem Wasser abscheiden, mikroskopisch und fotografisch zugänglich sind. Das nächste Projekt des Autors besteht darin, seinen Bestand an diesbezüglichen Bildern aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit verfügbar zu machen.
Der Autor dankt Herrn Professor Dr. Wolfgang Kühn, Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe (DVGW), für wertvolle Information über Oberflächengewässer und Herrn Professor Dr. Fritz H. Frimmel, Engler-Bunte-Institut, Bereich Wasserchemie, Universität Karlsruhe, für zahlreiche Anregungen zum Thema
„Refraktäre Substanzen“. Die Ausführungen über organische Wasserinhaltsstoffe wurden um den Parameter „Methan“ ergänzt. In diesem Zusammenhang dankt der Autor Herrn Karl-Heinz Weber, Analytik Berkhöpen, für wichtige Hinweise. Die Abschnitte „Grundlagen“ und „Radioaktivität“ wurden dankenswerterweise von Herrn Dr. Hans-Ulrich Fanger, GKSS Forschungszentrum Geesthacht, kritisch durchgesehen.
Hannover, Januar 2001
Walter Kölle
Vorwort zur dritten Auflage
Mit den ersten beiden Auflagen dieses Buches wurden die Ziele verfolgt, wasserchemische Grundlagen zu vermitteln und die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren, die bei der Beurteilung von Wasseranalysen berücksichtigt werden müssen. Mit der dritten Auflage kommt nun ein weiteres Ziel hinzu: die Visualisierung wasserchemischer Begriffe, Vorgänge und Gesetzmäßigkeiten. Der Autor kann auf eine Sammlung von Bildern zurückgreifen, die er ein Berufsleben lang aufgebaut hat (an einigen Stellen interpretiert er den wasserchemischen Bezug etwas großzügig, was der Leser tolerieren möge). Die Bilder und ausführliche Erläuterungen dazu findet der Leser auf einer CD-ROM, die diesem Buch beiliegt. Buch und CD-ROM sind durch zahlreiche Querverweise miteinander verknüpft.
Seit dem Erscheinen der zweiten Auflage haben sich die Gefährdung des Wassers durch neue Schadstoffgruppen erhöht und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der instrumentellen Analytik verbessert. Es mussten daher neue Parameter aufgenommen werden: Uran, Thorium, Zinn, Redoxpotential, Metaboliten von Pflanzenbehandlungsmitteln, Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel, perfluorierte Verbindungen, Organophosphonsäuren, Hydrazin und Methyltertärbutylether (MTBE).
Geltendes Recht ist – ebenso wie bei der zweiten Auflage – die Trinkwasserverordnung aus dem Jahre 2001. Allerdings existiert inzwischen ein Referentenentwurf vom 28.11.2008 zur Novelle der Trinkwasserverordnung. Dieser Entwurf wurde in die vorliegende Auflage ergänzend eingearbeitet. Die vorgesehenen Änderungen gegenüber der Trinkwasserverordnung von 2001 betreffen hauptsächlich Verfahrensregeln und den Sprachgebrauch. Beispielsweise wird die Formulierung „Wasser für den menschlichen Gebrauch“ durch den allgemein akzeptierten Begriff „Trinkwasser“ ersetzt. Für die Beurteilung von Wasseranalysen sind vor allem der Parameterumfang und die Höhe der Grenzwerte von Bedeutung. Hier halten sich die vorgesehenen Änderungen in engen Grenzen. Wo Änderungen anstehen, werden diese ausführlich diskutiert.
Der Autor dankt Herrn Professor Dr. Wolfgang Kühn, Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe, und seinen Mitarbeitern Dr. Heinz-Jürgen Brauch und Dr. Frank Thomas Lange für wertvolle Hinweise zu aktuellen organischen Problemstoffen. Ferner dankt der Autor Herrn Dr. Bernd Schneider für nützliche Hinweise und für die kritische Durchsicht der CD-ROM.
Die Zusammenstellung einer „wasserchemischen Foto-CD“ wäre nicht möglich gewesen ohne die dankenswerte Mithilfe zahlreicher Fachkollegen. Ihnen ist ein gesonderter Abschnitt auf der CD-ROM gewidmet.
Nicht zuletzt dankt der Autor dem Verlag WILEY-VCH für die gute und professionelle Zusammenarbeit.
Walter Kölle
Dieser Abschnitt enthält keine Systematik über Maßeinheiten. Dies ist auch nicht erforderlich. Viele Maßeinheiten sind dem Leser geläufig. Andere Einheiten, wie z. B. diejenigen, in denen die Trübung von Wässern angegeben wird, sind so speziell, dass sie im Textzusammenhang erläutert werden. Zwei Einheiten, die der Menge und der Masse, sind jedoch besonders wichtig. Ihre Kenntnis ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, die Sprache des Chemikers zu verstehen. Diese beiden Einheiten müssen daher vorab diskutiert werden.
Die Maßeinheit für die Menge ist das Mol (mol) bzw. Millimol (mmol) und für die Masse das Gramm (g) bzw. Milligramm (mg). Einheiten, die davon abgeleitet werden, sind beispielsweise die Konzentrationen (z. B. mmol/l und mg/l). Was bedeuten in diesem Zusammenhang Menge und Masse?
Im täglichen Leben ist die Unterscheidung von Menge und Masse jedem geläufig: im Supermarkt kauft man Eier nach ihrer Menge (z. B. 10 Stück). Eier sind offenbar leichter zu zählen als zu wägen. Das Vorhaben, in einem Laden 100 Gramm Eier zu kaufen, erscheint uns daher absurd.
Mehl kauft man dagegen nach seiner Masse (z. B. 500 g). Beim Mehl gibt es (unter realistischen Bedingungen) keine sinnvoll zählbaren Portionen. Also wird Mehl gewogen. Der Vorsatz, in einem Laden 10 Stück Mehl zu kaufen, ist daher ebenfalls absurd.
Wenn das Mol ein Maß für die Menge eines Stoffes ist, muss entsprechend den bisherigen Ausführungen das Mol ein Zahlwort sein, ebenso wie das Dutzend oder die Million. Der Zahlenwert des Mol liegt bei 6,02 × 1023 (Loschmidt’sche Zahl). Es gilt die Übereinkunft, dass man die Bezeichnung „Mol“ nur für Atome, Ionen, Moleküle und Ladungen im atomaren bzw. molekularen Bereich anwendet.
Definitionsgrundlage für das Mol ist die relative Atommasse bzw. Molmasse (früher: „Atomgewicht“ und „Molekulargewicht“). Ein Mol einer Substanz hat eine Masse in Gramm, die der relativen Atommasse bzw. Molmasse dieser Substanz entspricht. Ursprünglich hat man dem Wasserstoffals dem leichtesten aller Elemente eine relative Atommasse von genau 1 zugeordnet. Die relative Atommasse von Sauerstoff lag bei 15,872 und die von Kohlenstoff bei 11,916. Später hat man aus Gründen der Zweckmäßigkeit den Sauerstoff mit einer relativen Atommasse von genau 16 als Bezugsgröße gewählt. Die heutigen relativen Atommassen basieren auf dem Kohlenstoffisotop 12C mit einer relativen Atommasse von genau 12. Jedes Mol einer Substanz enthält gleichviel Teilchen, nämlich 6,02 × 1023.
Die relative Atommasse der Elemente und die relativen Molmassen der Verbindungen können überall nachgelesen werden, wo Aussagen über Elemente und Verbindungen gemacht werden, also nicht nur in einschlägigen Nachschlagewerken, sondern auch in Chemikalienkatalogen und oft auch auf den Etiketten von Chemikalienbehältnissen.
Chemiker und Nicht-Chemiker haben eines gemeinsam: sie neigen dazu, in Massen und in Massenkonzentrationen (z. B. Gramm pro Liter) zu denken. Das hat einen einfachen Grund: Das wichtigste Bindeglied zwischen der Materie und dem Menschen ist die Waage. Massen und Massenkonzentrationen sind daher sehr viel anschaulicher als Mengen und molare Konzentrationen. Dass die Neigung zum Gebrauch von Masseneinheiten nicht immer sinnvoll ist, soll das folgende Beispiel zeigen:
Anmerkung
Die relativen Reifenund Felgenmassen sind dimensionslos und entsprechen in der Chemie den relativen Atom - bzw. Molekülmassen. Die Mengeneinheit entspricht in der Chemie dem Mol. Die Stückzahl innerhalb einer Menge spielt, ebenso wie die Loschmidt’sche Zahl in der Chemie, keine besonders wichtige Rolle.
Das Beispiel zeigt, dass Substanzen, die miteinander wechselwirken, nur über die beteiligten Mengen sinnvoll beschrieben werden können. Dies gilt für Reifen und Felgen ebenso wie für chemische Substanzen. Weil aber die Masseneinheiten anschaulicher sind, ist das häufige Hin- und Her-Rechnen zwischen Massenund Mengeneinheiten in der Chemie, speziell in der Wasserchemie, an der Tagesordnung.
Die bisherigen Ausführungen haben deutlich gemacht, dass für den Chemiker und denjenigen, der ihn verstehen möchte, die molaren Einheiten unverzichtbar sind. Sie werden beispielsweise benötigt bei der Auswertung von Analysenergebnissen, bei der Beurteilung der Analysengenauigkeit, bei der Aufstellung von Reaktionsgleichungen und bei der Berechnung von Stoffumsätzen chemischer Reaktionen. Wenn unterschiedliche Wasserinhaltsstoffe (z. B. Calcium und Magnesium) zu einer übergeordneten Gruppe (z. B. „Wasserhärte“) zusammengefasst werden sollen, ist das nur in molaren Einheiten (z. B. „Summe Erdalkalien“ in mmol/l) sinnvoll möglich. Wichtig ist auch, dass der pH- Wert auf molarer Grundlage definiert ist. Molare Größen vom Typ „Kilomol pro Hektar“ (kmol/ha) sind daher auch Standard bei der Angabe von Umweltbelastungen durch Säuren, beispielsweise im Zusammenhang mit dem sauren Regen.
Natürlich haben auch Massen und Massenkonzentrationen als Einheiten eine Berechtigung. Bei manchen Wasserinhaltsstoffen sind molare Angaben nicht erforderlich, nicht sinnvoll und oft nicht einmal möglich. Der letztgenannte Fall gilt vor allem für Substanzen, die als Gruppe behandelt werden wie beispielsweise die „Kohlenwasserstoffe“ und die „oberflächenaktiven Stoffe“ und andere. Nicht erforderlich sind molare Angaben bei Stoffen, die im Trinkwasser schon im Spurenbereich unerwünscht sind und deren Konzentrationen üblicherweise nicht nur unterhalb der jeweiligen Grenzwerte, sondern meist auch unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenzen liegen. Die Trinkwasserverordnung vom Mai 2001 und der Referentenentwurf vom 28.11.2008 zur Novelle der Trinkwasserverordnung verwenden nur Massenkonzentrationen (mg/l). In allen älteren Fassungen der Trinkwasserverordnung wurden Konzentrationen, soweit sinnvoll möglich, zweigleisig in Massen– und in molaren Konzentrationen angegeben.
Tabelle 12.1 im Tabellenanhang enthält diejenigen relativen Atom- bzw. Molekülmassen, die zur Auswertung und zum Verständnis von Wasseranalysen häufiger benötigt werden. In Abschnitt 1.3.6 „Reaktionsgleichungen“ wird gezeigt, wie mit molaren Einheiten umzugehen ist.
Die Konzentrationen, die in der Wasserchemie benutzt werden, bewegen sich über einen Bereich von ca. 9 Dezimalstellen, in Einzelfällen auch mehr. Es gibt gute Gründe dafür, auch bei großen Konzentrationsunterschieden die Konzentrationseinheit beizubehalten (in der Regel die Einheit mg/l) und unterschiedliche Konzentrationsbereiche durch das Dezimalkomma auszudrücken. Beispielsweise schreibt die Trinkwasserverordnung vom Mai 2001 für polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) einen Grenzwert von 0,0001 mg/l (entsprechend 0,1 μg/l) vor. Mit einer solchen Schreibweise vermeidet man Fehler, die beim Wechsel der Maßeinheit entstehen können. Solche Fehler waren in der Vergangenheit vor allem dadurch vorprogrammiert, dass das Zeichen μ zum Schreiben der Einheit Mikrogramm auf vielen Schreibmaschinen nicht verfügbar war und z.T. auf abenteuerliche Weise zu Papier gebracht wurde.
Dieser Gesichtspunkt spielt heute keine Rolle mehr, sodass der Autor die Schreibweise mit entsprechenden Dezimalvorsilben vorzieht. Auf diese Weise vermeidet man Fehler beim Abzählen der Kommastellen. Solche Fehler sind vorprogrammiert durch eine Redeweise, bei der aus Bequemlichkeit Wörter oder Silben ausgelassen werden. Das gesprochene „null null eins“ kann (je nach Art der Auslassung) bedeuten: 0,01 oder 0,001. Bequemlichkeiten dieser Art dürfen unter keinen Umständen akzeptiert werden.
Es bedeuten:
Einige dieser Vorsilben sind nur in speziellen Zusammenhängen gebräuchlich, z. B. bei der Angabe der Lichtwellenlänge in nm oder des jährlichen Strombedarfs einer Industriegesellschaft in Terawattstunden. Hohe Zahlenwerte bis in den 1012-Bereich werden bei der Angabe von Radioaktivitätswerten in Becquerel und sehr niedrige bis in den 10–12-Bereich bei der Angabe in Curie erreicht.
Die Dezimalvorsilbe Kilo ist in „Kilogramm“ gebräuchlich, im Zusammenhang mit molaren Einheiten dagegen ungewohnt. Mit der Einheit „Kilomol pro Flächenund Zeiteinheit“ (kmol × ha–1 × a–1) wird die Säurebelastung aus den sauren Niederschlägen pro Jahr (a) angegeben.
Im Wasserfach ist es zweckmäßig, die folgenden Reaktionstypen zu unterscheiden:
Hierbei handelt es sich um Reaktionen, die auf Unterschieden der Löslichkeit von Substanzen beruhen. Als Auslöser einer solchen Reaktion kommen beispielsweise in Betracht: Änderungen der Temperatur, des pH- Wertes oder der Konzentration sowie die Zumischung anderer Substanzen, die mit den bereits vorhandenen Substanzen reagieren. Bekannte Beispiele sind die Auflösung von Kalk durch Kohlenstoffdioxid und die Abscheidung von Kalk durch Erwärmen des Wassers, durch CO2-Ausgasung oder durch Erhöhen des pH- Wertes.
Die Sättigungskonzentration einer Substanz ist nicht so eindeutig definiert, wie man glauben könnte: Über einem feinkörnigen Bodenkörper entsteht eine höhere Sättigungskonzentration als über einem grobkörnigen Bodenkörper. Große Kristalle müssen daher auf Kosten kleinerer Kristalle wachsen. Außerdem können aus einer Lösung, die hinsichtlich größerer Kristalle übersättigt ist, keine Kristallisationskeime entstehen, solange für solche kleinen Kristallkeime die Lösung noch untersättigt ist. Daher kann, wenn kein „passender“ Bodenkörper vorhanden ist, eine Lösung lange Zeit in einem übersättigten Zustand verharren. Es darf also keineswegs überraschen, wenn man in der Natur übersättigte Wässer vorfindet.
Das Wasser zu Analysenbeispiel 12 ist im Hinblick auf Strontiumsulfat übersättigt. Dabei handelt es sich um einen Modellfall für ein übersättigtes Wasser, der in Abschnitt 4.1.3 diskutiert wird.
Ein weiteres Phänomen sei am Beispiel des Calciumphosphats erläutert: Aus einer wässrigen Lösung, die Calcium- und Phosphationen enthält, können drei verschiedene Verbindungen auskristallisieren: Calciumhydrogenphosphat (CaHPO4), Calciumphosphat (Ca3(PO4)2) und Hydroxylapatit (Ca5[OH|(PO4)3]). Jeder dieser Bodenkörper besitzt eine individuelle Sättigungskonzentration. In solchen Fällen ist es erforderlich, den Bodenkörper zu nennen, für den eine Aussage, z. B. zur Löslichkeit, gelten soll. Eine besonders niedrige Sättigungskonzentration hat der Hydroxylapatit. Damit Kristalle dieses Minerals entstehen können, muss ein Kristallgitter aufgebaut werden, das komplizierter ist als das von Calciumhydrogenphosphat. Dies könnte der Grund dafür sein, dass phosphathaltige Lösungen gegenüber Hydroxylapatit besonders stark zur Übersättigung neigen.
Zu beachten ist das Phänomen „unterschiedliche Bodenkörper“ auch für das Silicat und (zumindest theoretisch) für das Calciumcarbonat, das als Calcit und Aragonit auskristallisieren kann. Um allen Zweifeln vorzubeugen, wird im Zusammenhang mit der Calcitsättigung stets die genaue Mineralform, nämlich Calcit, genannt.
Der Begriff „Redox-Reaktion“ drückt die Tatsache aus, dass an solchen Reaktionen zwei Reaktionspartner beteiligt sind, von denen einer reduziert und der andere oxidiert wird. Dies gilt auch für Reaktionen, an denen Sauerstoff beteiligt ist. Dieser wird bei Redoxreaktionen (z. B. bei der Oxidation von Eisen(II) zu Eisen(III)) üblicherweise zu OH– reduziert.
Anmerkung
Bei manchen Redoxreaktionen werden Wasserstoffionen freigesetzt (beispielsweise bei Reaktion 4.2). Wenn die Wasserstoffionen mit festem Calciumcarbonat als Komponente des Grundwasserleiters reagieren, steigt die Konzentration von CO2 und von Hydrogencarbonat im Wasser an. Dadurch wird eine Reaktion vorgetäuscht, bei der organischer Kohlenstoff an den Redoxreaktionen teilnimmt und dabei oxidiert wird. Diese beiden möglichen Ursachen des Konzentrationsanstiegs von CO2 und von Hydrogencarbonat sind völlig unterschiedlich zu bewerten (KÖLLE, 1999). In der Vergangenheit sind mehrfach Fehlinterpretationen vorgekommen. Als Faustregel kann formuliert werden: Bei der Denitrifikation ist organischer Kohlenstoff mit einem Anteil von maximal ca. 2 Prozent beteiligt, bei der Desulfurikation mit einem Anteil von ca. 100 Prozent. Begründet wird diese Regel später, insbesondere in Abschnitt 6.
„Alle Energie-Umsätze bei Lebensprozessen beruhen auf Redoxreaktionen“. Diese Behauptung ist vor allem deswegen interessant, weil auch der Umkehrschluss zutrifft: „Alle Redoxreaktionen beruhen auf Energie-Umsätzen bei Lebensprozessen“. Allerdings gilt der Umkehrschluss nur für bestimmte Randbedingungen, nämlich für wässrige Lösungen, für kinetisch gehemmte Reaktionen und für Situationen, wie sie auch in der Natur auftreten können. Die Regel gilt also beispielsweise nicht für photochemische Prozesse in der Atmosphäre (weil sie nicht im Wasser ablaufen), nicht für die Oxidation von Eisen(II) durch Sauerstoff bei pH 9 (weil bei diesem pH- Wert die Reaktion auch ohne Mithilfe von Mikroorganismen extrem schnell abläuft) und nicht für Reaktionen mit freiem Chlor (weil dieses in der Natur nicht vorkommt).
Trotz dieser Einschränkungen hat es sich als sehr nützlich erwiesen, grundsätzlich hinter jeder Redoxreaktion einen Mikroorganismus zu vermuten, der diese Reaktion durchführt. Für den Chemiker handelt es sich dabei um einen (lebenden) Katalysator, den man vergiften kann oder dem man gestattet, unter optimalen Bedingungen zu arbeiten. Für die Trinkwasseraufbereitung hat dies eine sehr große Bedeutung, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Eine Vergiftung bedeutet z. B. das Spülen eines Filters mit gechlortem Wasser mit der Folge, dass die Nitrifikation und die Entmanganung zusammenbrechen.
Die optimale Arbeitsweise der Mikroorganismen beruht auf einem Rückkoppelungseffekt: Für Redoxreaktionen in einem Kiesfilter gilt, dass dort, wo sich die meisten Mikroorganismen angesiedelt haben, der Umsatz am höchsten ist und dort, wo der Umsatz am höchsten ist, sich die meisten Mikroorganismen ansiedeln können. Änderungen der Filtergeschwindigkeit verschieben die Lage der Arbeitszone in einem Filter und gefährden dadurch diesen Rückkoppelungseffekt. Aus diesem Grund muss angestrebt werden, die Filtergeschwindigkeit nach Möglichkeit konstant zu halten.
In der Mikrobiologie ist eine ökologische Nische im Wesentlichen durch die Anwesenheit von Redoxpartnern und die mit ihnen möglichen Redoxreaktionen definiert. Daneben spielen natürlich auch andere Faktoren wie die Temperatur, der pH- Wert, die Spurennährstoffe und der Stofftransport (bzw. die Fließbedingungen) eine Rolle. Die Redoxreaktionen, die ein Organismus zur Aufrechterhaltung seiner Lebensfunktionen nutzt, sind so wichtig und charakteristisch, dass sie oft namengebend benutzt werden. So bedeutet beispielsweise der Name des „Thiobacillus denitrificans“ in freier Übersetzung „Nitratreduzierender Schwefeloxidierer“.
Die meisten Mikroorganismen bevorzugen eine sesshafte Lebensweise und bilden Biofilme. Diese können als dünne, schleimige Überzüge auf Feststoffoberflächen, als massive Makrokolonien, als Flocken und als Schlämme in Erscheinung treten. Eine wesentliche Komponente von Biofilmen ist die schleim- oder gelartige Matrix, in die die Mikroorganismen eingebettet sind und die aus „extrazellulären polymeren Substanzen“ („EPS“) besteht.
Biofilme sind erstaunlich robust und können sich den örtlichen Umweltbedingungen optimal anpassen. In der Wasserversorgung bilden sich Biofilme an allen Stellen, an denen Redoxreaktionen ablaufen können: Brunnen, in denen Verockerungsoder Verschleimungsreaktionen ablaufen, Filterkorn von Enteisenungs- und Entmanganungsfiltern, mikrobielle Teilprozesse bei der Korrosion von Stahl und Gusseisen sowie Makrokolonien, die sich in Behältern und Leitungen bilden können, wenn Spuren von Nährstoffen aus tieferen Bereichen des Werkstoffs in Richtung Wasser diffundieren. Sehr detaillierte Erläuterungen zum Thema „Biofilme“ findet man bei FLEMMING et al. (2001 und 2002).
Für denjenigen, der sich mit Wasser beschäftigt, ist nicht nur die Tatsache wichtig, dass für den Ablauf von Redoxreaktionen in der Regel Mikroorganismen verantwortlich sind, sondern dass man es in Wirklichkeit mit Biofilmen zu tun hat. Mit Hilfe von Biofilmen können Mikroorganismen Effekte erzielen, die ganz unverfroren „gegen den gesunden Menschenverstand“ verstoßen.
Anmerkung
In einer Trinkwasserleitung aus Grauguss hatten sich Kristalle abgeschieden, die röntgendiffraktometrisch als Gips identifiziert wurden. Die Sulfatkonzentration des transportierten Wassers erreichte bestenfalls 20 Prozent des Wertes, der für die Abscheidung von Gips erforderlich gewesen wäre. In einem Gespräch mit Hans-Curt Flemming fiel in diesem Zusammenhang erstmals der Begriff „Biofilm“. Offenbar bildeten sich die Kristalle auf der Außenseite von Inkrustierungen, aber unterhalb eines einhüllenden Biofilms. Auf diese Weise konnte ein Konzentrationsgefälle aufrecht erhalten werden, das für die Abscheidung der Kristalle ausreichte. Da Biofilme zur Hauptsache aus Wasser bestehen, waren nach dem Trocknen der Inkrustierungen zwar die Gipskristalle, aber keine Hinweise mehr auf einen Biofilm erkennbar (s. Bild D im Verzeichnis „4.4.2.10 Sulfat und Schwefel“ auf der CD-ROM). In einem anderen Fall haben sulfatreduzierende Organismen zur Lochfraßkorrosion an der Wandung eines Stahlbehälters geführt. Bemerkenswert war in diesem Falle die Tatsache, dass es sich bei dem Behälter um einen Kalksättiger handelte. Der Biofilm hat sich offenbar im Kontakt mit Kalkwasser erfolgreich gegen den hier herrschenden pH- Wert von ca. 12,5 abgeschottet.
Besonders interessant ist die Tatsache, dass sich bei der Entmanganung offenbar zwei Biofilme bilden, die beide tiefschwarz sind: ein flockiges Produkt, das beim Rückspülen der Filter als Filterschlamm abgeführt wird und ein widerstandsfähiger Überzug auf dem Filterkorn, der zum „Kornwachstum“ beiträgt. Dieser Überzug besteht im Wesentlichen aus stark wasserhaltiger extrazellulärer polymerer Substanz und wenig Mangandioxid. Durch das Trocknen entsteht ein poröses, manganhaltiges Produkt mit einer Dichte von ca. 0,9 g/cm3, in dessen Zentrum das Quarzkorn des ursprünglichen Filtermaterials sitzt. Je dicker die Überzüge werden, desto widerstandfähiger werden sie gegenüber Oxidationsbzw. Desinfektionsmitteln. Sollte dennoch (z. B. nach Reparaturarbeiten) eine Desinfektion eines Entmanganungsfilters erforderlich werden, wird sie zweckmäßigerweise mit Kaliumpermanganat durchgeführt.
Ein weiterer Punkt, an dem Mikroorganismen als Biofilme in Erscheinung treten, ist die Denitrifikation durch Eisendisulfide (bzw. die Oxidation von Eisendisulfiden durch Nitrat) im Grundwasserleiter. Dieser Prozess läuft in zwei mikrobiell katalysierten Teilreaktionen ab, die in den Abschnitten 1.3.6 und 4.3.1 erläutert werden. Die Reaktion, bei der Schwefel oxidiert und Eisen(II) freigesetzt wird, verläuft in einem Biofilm, der auf Feststoffoberflächen des Eisendisulfids angewiesen ist. Bei der Folgereaktion des gelösten Eisen(II) mit Nitrat handelt es sich formal um eine Reaktion in der homogenen wässrigen Phase. Auch für diese Reaktion wird sich irgendwo (im Grundwasserleiter, in der Kiesschüttung bzw. in den Filterschlitzen eines Brunnens oder in der Rohwasserleitung) ein Biofilm mit eisenoxidierenden Organismen bilden. Die räumliche Entflechtung der beiden Biofilme führt dazu, dass die beiden Reaktionen auch in thermodynamischer Hinsicht entflochten sind. Es gibt also beispielsweise keine thermodynamisch begründeten Ausschlussregeln, mit denen sie sich gegenseitig beeinflussen könnten. Im Hinblick auf die Reaktionsgeschwindigkeiten sind sie allerdings voneinander abhängig. So kann der zweite Biofilm nicht mehr Eisen(II) oxidieren, als der erste Biofilm pro Zeiteinheit zur Verfügung stellt.
Bilder und weitere Information zum Thema „Entmanganung im Filter“ findet der Leser auf der CD im Abschnitt „4.3.2.10 Auswahl 1, Entmanganung im Filter“. Eisensulfide und Verockerungsprodukte werden auf der CD-ROM in Abschnitt „4.3.1.10 Auswahl 1, Pyrit, Denitrifikation, Verockerung“ gezeigt.
Bei diesen Reaktionen wird ein Ion gegen ein anderes Ion ausgetauscht. In der Natur können Fälle auftreten, in denen das Wasser sein gesamtes Inventar an zweiwertigen Kationen (Calcium und Magnesium) an Tonminerale abgibt und im Austausch dafür Natriumionen erhält (Analysenbeispiel 17). Sehr häufig beobachtet man Ionenaustauschreaktionen im Zusammenhang mit der Kalidüngung (Analysenbeispiele 2, 3 und andere). Kaliumionen werden an den Tonmineralen des Bodens festgehalten und üblicherweise gegen Calciumionen ausgetauscht. Geringe Ionenaustauschkapazitäten besitzen sehr viele Komponenten von Grundwasserleitern (MATTHESS, 1990).
In der öffentlichen Trinkwasserversorgung werden Ionenaustauscher nur selten eingesetzt, hauptsächlich zur Enthärtung, zur Entcarbonisierung und zur Elimination von Huminstoffen (BOHNSACK et al., 1989). Auch für den Privathaushalt werden Enthärtungsanlagen auf Ionenaustauscherbasis angeboten. Im kleineren Maßstab sitzt eine solche Anlage in jeder Geschirrspülmaschine.
Bei der chemischen Synthese von Wasser wird sehr viel Energie frei. Man erkennt das bei der Explosion eines Gemischs von Wasserstoff und Sauerstoff („Knallgas“), beim Betrieb einer Knallgasflamme und bei der Neutralisation von Säure und Lauge. Die Neutralisationsreaktion entspricht einer Synthese von Wasser aus Wasserstoffionen und Hydroxidionen nach der Reaktionsgleichung:
(1.1)
Die frei werdende Energie führt zu einer Erwärmung der Lösung. Die sonstigen Ionen, die im Wasser enthalten sind (das Kation der Lauge und das Anion der Säure), nehmen am Neutralisationsvorgang nicht teil. Die entstehende Lösung entspricht einer Salzlösung. Beispielsweise entsteht bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure eine Kochsalzlösung (Siehe auch Abschnitt 3.3 „pH- Wert …“).
Eine klassische Sorptionsreaktion im Grundwasserleiter ist die Sorption von Chlorkohlenwasserstoffen durch partikuläre organische Substanzen („Braunkohle“, „fossiles Holz“), die in reduzierenden Grundwasserleitern vorhanden sein können (CORNEL, 1983). Zu den klassischen Sorptionsreaktionen ist auch die Elimination organischer Substanzen in der Trinkwasseraufbereitung durch Aktivkohle zu rechnen.
Große Bedeutung haben Effekte, die man üblicherweise gar nicht bewusst wahrnimmt. Beispielsweise ist das Mangan(IV)-oxid, das sich bei der Entmanganung bildet, hilfreich, wenn es außer Mangan(II) auch andere Schwermetallionen, z. B. Nickel(II) festhält. Mangan(IV)-oxid, das sich in Wasserverteilungssystemen bildet, ist dagegen gefährlich, weil es organische Substanzen adsorbiert, die Anlass für Bakterienwachstum sein können. Eisen(III)-oxidhydrat ist ein schwaches Sorbens für Ammonium. Es ist davon auszugehen, dass die Sorption schneller verläuft als die Oxidation (Nitrifikation) und dadurch die Elimination des Ammoniums bei der Wasseraufbereitung unterstützt. Wichtig ist dieser Effekt deshalb, weil bei Gegenwart von Ammonium die Entmanganung gehemmt ist.
Sehr große Umsätze sind für Ionensorptionsreaktionen anzunehmen. Solche Reaktionen scheinen an verwitternde Silicate gebunden zu sein. Zu ihrer Erklärung kann eine Hypothese herangezogen werden, die auf den Ausführungen von SCHEFFER/SCHACHTSCHABEL (1998) im Abschnitt „Bildung und Umbildung der Tonminerale“ beruht. Danach geben Silicate (z. B. Feldspäte, Glimmer...) bei der Verwitterung Natrium-, Kalium-, Magnesiumund Calciumionen an das Wasser ab. Unter bestimmten Bedingungen können diese Reaktionen auch rückwärts ablaufen, und zwar in dem Sinne, dass die entstandenen Zwischenprodukte die genannten Ionen wieder aufnehmen und erneut in die feste Matrix einbauen. Dieser Einbau kann nicht im Sinne des klassischen Ionenaustauschs erfolgen, da die Matrix keine austauschbaren Ionen mehr enthält. Zur Wahrung der Elektroneutralität müssen daher auch Anionen aus dem Anioneninventar des Wassers an die feste Matrix gebunden werden. Auf diese Weise kann beispielsweise auch Nitrat im Untergrund gespeichert werden. Bei dieser rückwärts ablaufenden Verwitterung entstehen allerdings nicht wieder die Ausgangsstoffe, sondern Tonminerale (z. B. Smectit, Vermiculit …).
Wenn die Verwitterungsreaktionen bis zu ihrem Ende ablaufen, entstehen Endprodukte (Aluminiumsilicate sowie Oxide und Hydroxide des Aluminiums und Eisens), die im Hinblick auf Ionensorptionsreaktionen weitgehend „tot“ sind.
Die Tatsache, dass über diese Reaktionen nur geringe Kenntnisse verfügbar sind, ist wahrscheinlich auf die folgenden Probleme zurückzuführen: Die Zwischenprodukte der Silicatverwitterung, die zu Ionensorptionsreaktionen fähig sind, haben sich bisher der analytischen Aufklärung entzogen. Es existieren daher auch keine Kalibriermöglichkeiten oder Testsubstanzen, mit deren Hilfe man Analysenmethoden entwickeln könnte. Es gibt daher auch keine verlässlichen Analysenmethoden. Allerdings sind schon Untersuchungen durchgeführt worden, bei denen Ionensorptionsvorgänge unmittelbar beobachtet werden konnten. Auch ein Vergleich unterschiedlicher Sedimentproben im Hinblick auf ihr Verhalten bei Ionensorptionsprozessen ist möglich (KÖLLE, 1996 und 1999).
Für Wässer, die durch Ionensorptionsprozesse geprägt sind, können keine einfachen Erkennungsmerkmale angegeben werden. Ihr wichtigstes Erkennungsmerkmal ist die Tatsache, dass sie sich jedem Versuch einer klassischen stofflichen Bilanzierung (Einbeziehung der Stoffanlieferung aus den Niederschlägen und dem Boden, Berücksichtigung klassischer Redoxreaktionen und Ionenaustauschprozesse sowie Annahme eines plausiblen Alters des Wassers) widersetzen. Bilder zu den Themen „Tonminerale“ sowie Angaben zur Ionensorption findet der Leser auf der CD im Verzeichnis „1.3.5 Tonminerale, Ionensorption“.
Die Anmerkungen zum Thema „Reaktionsgleichungen“ seien auf die folgenden Hinweise beschränkt: Reaktionsgleichungen folgen den gleichen logischen Gesetzmäßigkeiten wie mathematische Gleichungen. Der Reaktionspfeil bzw. der Doppelpfeil hat dabei die gleiche Funktion wie das Gleichheitszeichen in der Mathematik. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts sind im Folgenden zwei Reaktionen als Beispiele aufgeführt. Sie beschreiben die erste und die zweite Stufe der Denitrifikation durch Eisendisulfide („Pyrit“) im Grundwasserleiter (siehe auch: Abschnitt 4.3.1). Man vergewissere sich, dass rechts und links des Reaktionspfeils von jedem Element gleich viele Atome vorhanden sind und dass sich auch die Ionen-Ladungen auf beiden Seiten der Gleichung entsprechen. Es ist erlaubt, Gleichungen zu addieren. Hierbei müssen Komponenten links des Pfeils und solche rechts des Pfeils jeweils ihre Seite beibehalten.
(1.2)
(1.3)
Als Summe beider Gleichungen resultiert eine Gleichung für den Gesamtumsatz beider Reaktionen. Auf diese Gleichung können alle mathematisch erlaubten Additions-, Subtraktions- und Kürzungsregeln angewandt werden. Wenn auf einer Seite der Gleichung Ionen auftauchen, die miteinander reagieren, so wird diese Reaktion innerhalb der Formel vollzogen, beispielsweise werden H+- und OH–-Ionen zu H2O-Molekülen vereinigt.
Bei der Addition der Gleichungen 1.2 und 1.3 wird das folgende Ergebnis erhalten:
(1.4)
Wenn man wissen möchte, wie viel Sulfat entsprechend dieser Reaktionsgleichung durch eine bestimmte Menge Nitrat freigesetzt wird, benötigt man die relativen Molekülmassen, die in Tabelle 12.1 aufgeführt sind. Es resultiert die folgende Rechnung:
Dieses Ergebnis bedeutet: 1 g Nitrat setzt 1,033 g Sulfat frei. Ebenso gilt natürlich: 1 mg/l Nitrat setzt 1,033 mg/l Sulfat frei.
Die Kinetik befasst sich mit Geschwindigkeiten. Sehr viele Vorgänge in der Natur verlaufen mit Geschwindigkeiten, bei denen jede Änderung pro Zeitoder Längeneinheit zu der aktuell vorhandenen Menge dessen, was sich ändert, proportional ist. Dieser Sachverhalt lässt sich durch eine Formel beschreiben, die so universell ist, dass sie genauso gut auf den radioaktiven Zerfall wie auf die Verzinsung eines Kapitals (sofern die Verzinsung stetig ist) anwendbar ist. In ihrer einfachsten Form lautet die Formel:
(1.5)
Hierbei bedeutet „e“ die Basis der natürlichen Logarithmen (Zahlenwert von e: 2,718 …). N0 ist die Ausgangsmenge und N die aktuelle Menge dessen, was sich ändert, x ist die Einheit der Zeit oder Strecke, an der entlang die Änderungen eintreten, k ist eine Konstante. Der Exponent von e ist positiv, wenn N wächst (wie bei der stetigen Verzinsung) und negativ, wenn N abnimmt (wie beim radioaktiven Zerfall). Im Allgemeinen wird die Gleichung an die Erfordernisse des Einzelfalles angepasst, vor allem dadurch, dass man das System der natürlichen Logarithmen durch das der dekadischen Logarithmen ersetzt, wodurch sich der Zahlenwert von k ändert. Je nach Anwendungsfall und Abwandlung der Ausgangsformel findet man die Konstante in „Geschwindigkeitskonstanten“, „Halbwertszeiten“, „Verdoppelungszeiten“ oder „Zinsen“ wieder. Im Folgenden werden für diese Formel einige Anwendungsbeispiele aufgeführt.
Viele chemische Reaktionen verlaufen nach der in Abschnitt 1.4.1 diskutierten Gesetzmäßigkeit. Man nennt sie „Reaktionen erster Ordnung“. Am anschaulichsten lässt sich die Kinetik einer solchen Reaktion durch die Angabe einer Halbwertszeit charakterisieren:
(1.6)
oder – bei Auflösung der Gleichung nach t:
(1.6a)
NO
3
–
-Konzentration bei GW-Neubildung (C
0
), mg/l:
128
Halbwertszeit (t
1
/
2
), Jahre:
2
Verstrichene Zeit nach GW-Neubildung (t), Jahre:
10
Resultierende Konzentration (C), mg/l:
4
Reizvoll ist Gleichung (1.6a), weil man damit eine „chemische Stoppuhr“ in der Hand hat, vorausgesetzt, die Halbwertszeit und die Konzentrationen C0 und C sind bekannt. Eine weitere „chemische Stoppuhr“ ist die gleichzeitige Anwesenheit von Eisen(II), Eisen(III) und Sauerstoff in einer Wasserprobe. Die Zeiten, die damit zugänglich sind, liegen im Sekundenbis Stundenbereich. Sie geben an, wie lange die Mischung eines eisen- und eines sauerstoffhaltigen Wassers zurückliegt. Erläuterungen hierzu sind in Abschnitt 4.3.1 („Eisen“) zu finden.
Für den Zerfall radioaktiver Substanzen gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten, wie für andere Reaktionen erster Ordnung. Statt der Konzentrationen C0 und C werden in der Regel die Anzahl Atome N0 und N in die Gleichung eingesetzt. Die auf diesen Gesetzmäßigkeiten basierenden „Stoppuhren“ sind von der radioaktiven Altersdatierung her bekannt.
Wenn Bakterien optimale Lebensbedingungen vorfinden, gelangen sie vorübergehend in eine „logarithmische Vermehrungsphase“, in der sie sich entsprechend den oben aufgeführten Gleichungen, jedoch mit positivem Vorzeichen des Exponenten, vermehren. Statt der Halbwertszeit t1/2 kann eine Verdoppelungszeit t2 eingeführt werden. Die Gleichung lautet dann:
(1.7)
Es sind nur wenige Beispiele für das Verhalten von Bakterien während ihrer logarithmischen Vermehrungsphase aus der Fachliteratur bekannt. WERNER (1984) hat in huminstoffhaltigem Wasser nach Ozonung Vermehrungsraten beobachtet, die Verdoppelungszeiten von 4 Stunden entsprechen. Der Autor hat in huminstoffhaltigem Wasser nach Chlorung und Aufzehrung des Chlors Verdoppelungszeiten von 5 bis 7 Stunden gemessen (KÖLLE 1981). In Wässern, die nicht mit Oxidations- bzw. Desinfektionsmitteln behandelt wurden, liegen die Verdoppelungszeiten erheblich höher.
Anmerkung
Die Geschwindigkeiten, mit denen Reaktionen in natürlichen wässrigen Systemen ablaufen, erstrecken sich über einen Bereich von „unmessbar schnell“ bis „unmessbar langsam“. Zu den nicht gehemmten, schnellen Reaktionen gehören beispielsweise Neutralisations- und Ionenaustauschreaktionen. Redoxreaktionen sind in natürlichen Grundwasserleitern bei Anwesenheit von Mikroorganismen, die diese Reaktionen katalysieren, zwar nicht gehemmt, aber mit Halbwertszeiten von ca. 1 bis 2,3 Jahren (Denitrifikation durch Eisensulfide) und von 76 bis 100 Jahren (Desulfurikation durch fossile organische Substanz) trotzdem vergleichsweise langsam (BÖTTCHER et al., 1992). Hemmungen bei Redoxreaktionen können dadurch eintreten, dass die beteiligten Mikroorganismen nicht unter optimalen Bedingungen (Nährstoffversorgung, pH- Wert, Temperatur) arbeiten können oder sogar abgetötet werden (beispielsweise durch Chlor).
Sehr stark gehemmt kann die Ausfällung von Komponenten aus einem Wasser sein, das an dieser Komponente übersättigt ist. Dies kann beispielsweise auf die Ausfallung von Calcit aus einem calcitabscheidenden Wasser oder auf die Abscheidung von Hydroxylapatit aus einem phosphathaltigen Wasser zutreffen. In Einzelfällen werden Zeiträume bis zu einigen tausend Jahren bis zum Erreichen eines Löslichkeitsgleichgewichts erwähnt (MATTHESS, 1990). Begünstigt werden solche Hemmungen durch die folgenden Faktoren:
Fehlen von Kristallisationskeimen,
In Grundwassern: langsame Strömungsgeschwindigkeit,
Anwesenheit von Inhibitoren wie Phosphat oder von bestimmten organischen Substanzen, die an festen mineralischen Oberflächen gut adsorbiert werden.
Aus den genannten Gründen handelt es sich bei natürlichen Wässern sehr häufig um „Nichtgleichgewichtswässer“. Bei den Wässern, die den Analysenbeispielen in Abschnitt 13 zu Grunde liegen, handelt es sich überwiegend um Nichtgleichgewichtswässer. Das zu Beispiel 1 gehörende Wasser ist calcitübersättigt, aber davon abgesehen sehr weitgehend im Gleichgewicht mit den Komponenten des Grundwasserleiters, aus dem es stammt. Das Wasser zu Beispiel 10 ist, was die Redoxreaktionen betrifft, im Gleichgewicht, weil die Denitrifikation und die Desulfurikation abgeschlossen sind, es ist aber mit einer Phosphatkonzentration von 0,77 mg/l bei pH 7,29 an Hydroxylapatit übersättigt. Andere Wässer enthalten Sulfat, obwohl sie aus einem reduzierenden Grundwasserleiter stammen. In diesen Fällen sind sie nicht im Gleichgewicht, weil die Redoxreaktionen (hier die Desulfurikation) noch nicht abgeschlossen sind.
Aus den genannten Gründen dürfen Argumente nicht kritiklos übernommen werden, wenn sie auf Gleichgewichtsbetrachtungen (z. B. Zustandsdiagrammen) aufbauen oder Gleichgewichte voraussetzen.
Die Titration erfährt hier eine ausführlichere Würdigung im Vergleich zu anderen Analysenverfahren, da sie einen Schlüsselbegriff zum Verständnis des Kohlensäuresystems darstellt.
Wenn die Stoffe A und B miteinander reagieren, kann der Stoff A, dessen Konzentration unbekannt ist, durch Zugabe des Stoffes B quantitativ analysiert werden. Natürlich kann B auch durch Zugabe von A analysiert werden. Ein wichtiges Beispiel ist die Analyse von H+-Ionen durch Zugabe von OH–-Ionen und umgekehrt:
(1.1)
Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:
Von der zu untersuchenden Wasserprobe muss ein bestimmtes, genau abgemessenes Volumen eingesetzt werden (in der Wasserchemie üblicherweise 100 ml).
Die zuzugebende Komponente muss in einer Lösung mit genau bekannter Konzentration (Maßlösung) vorliegen (bei der Titration mit Säure bzw. Lauge üblicherweise 0,1 mmol/l H
+
bzw. OH
–
).
Der Endpunkt der Reaktion von A und B ist dann erreicht, wenn die zu analysierende Komponente eben aufgebraucht ist, ohne dass ein Überschuss an Maßlösung hinzugegeben wird (bei der Titration mit Säure bzw. Lauge ist der Endpunkt üblicherweise durch das Erreichen eines bestimmten pH- Wertes definiert).
Das Volumen der bis zum Endpunkt der Titration zugegeben Maßlösung muss gemessen werden.
Das Ergebnis der Titration mit Säure bzw. Lauge wird in der Wasserchemie üblicherweise als Säure- bzw. Basekapazität bis zum Erreichen des vorgegebenen pH- Wertes 4,3 bzw. 8,2 in mmol/l angegeben.
Jedes Wasser enthält gleich viele Kationen und Anionen, das heißt, dass die „Elektroneutralitätsbedingung“ erfüllt sein muss. Für natürliche Wässer ohne Besonderheiten gilt also:
(1.8)
Die eckigen Klammern bedeuten molare Konzentrationen in mmol/l. Man erhält sie, wenn man die Massenkonzentration der Komponenten in mg/l durch die relativen Atom- bzw. Molekülmassen (Tabelle 12.1) dividiert. KS4,3 ist die Säurekapazität bis pH 4,3 (früher: „m-Wert“) in mmol/l. Die Kieselsäure wird in der Ionenbilanz nicht berücksichtigt, da sie in natürlichen Wässern praktisch undissoziiert vorliegt. Die Phosphorsäure kann in Abhängigkeit vom pH- Wert unterschiedlich stark dissoziiert sein. In natürlichen Wässern liegen üblicherweise die Anionen H2PO4– und HPO42– vor, bei pH 7 zu je etwa 50%. Wenn man mit der relativen Molmasse des PO43– rechnet, kann man mit dem Faktor x die pHAbhängigkeit berücksichtigen. Für pH 6 liegt x bei 1,12, für pH 7 bei 1,5 und für pH 8 bei 1,88. Zwischenwerte können interpoliert werden. Da die Phosphatkonzentrationen in der Regel nicht besonders hoch sind, reicht die Genauigkeit dieser Vorgehensweise in den meisten Fällen aus.
Grundsätzlich müssen auch Wasserstoff- und Hydroxidionen in der Ionenbilanz berücksichtigt werden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass im pH-Bereich zwischen 4,5 und 9,5 der Einfluss von Wasserstoff- und Hydroxidionen auf die Ionenbilanz vernachlässigbar gering ist. Da die meisten natürlichen Wässer und alle Trinkwässer in diesen pH-Bereich fallen, müssen Wasserstoff- und Hydroxidionen nur im Ausnahmefall in die Gleichung eingesetzt werden. Um aus einem niedrigen pH- Wert die Wasserstoffionenkonzentration zu erhalten, muss er mit −1 multipliziert und dann delogarithmiert werden. Dabei resultiert die H+-Konzentration in mol/l. Um aus einem hohen pH- Wert die Hydroxidionenkonzentration zu erhalten, muss der Zahlenwert 14 – pH mit −1 multipliziert und dann delogarithmiert werden, wobei die OH–-Konzentration in mol/l entsteht (siehe auch Abschnitt 3.3 „pH- Wert …“).
Für die Durchführung einer Ionenbilanz ist es vorteilhaft, dass manche Analysenverfahren nur eine begrenzte Spezifität besitzen. So wird beispielsweise bei der komplexometrischen Titration des Calciums das Strontium miterfasst, bei anderen Analysenverfahren, wie Ionenchromatographie oder spektroskopischen Verfahren dagegen nicht. Bei der Bestimmung von Chlorid als Silberchlorid werden Bromid und Iodid miterfasst. Die Fehlermöglichkeiten, die sich durch die gemeinsame oder getrennte (und damit eventuell unvollständige) Erfassung von Wasserinhaltsstoffen ergeben können, sind meist gering.
Die Elektroneutralitätsbedingung gilt ohne jede Ausnahme. Es können jedoch Sonderfälle auftreten, deren Aufklärung möglicherweise nicht ganz einfach ist. Solche Fälle werden im Analysenanhang mit den Beispielen 12 (Vorkommen von Strontium) und 28 (Vorkommen von gelöstem Eisen(III) und Aluminium) aufgeführt. Auch die Anionen können Überraschungen bereithalten, beispielsweise dann, wenn Nitrit oder Anionen organischer Säuren in Konzentrationen vorkommen, die sich in der Ionenbilanz bemerkbar machen.
Grundsätzlich wird empfohlen, diejenigen Inhaltsstoffe, deren Konzentration kleiner als die Bestimmungsgrenze ist, nicht mit der Bestimmungsgrenze, sondern mit dem Wert Null in die Rechnung einzugeben. Dieser Fall kann bei den folgenden Ionen (vor allem im fertig aufbereiteten Trinkwasser) vorkommen: Ammonium, Eisen(II), Mangan(II) und Phosphat. Dies ist auch bei der Formulierung von Rechenprogrammen zu berücksichtigen.
Die Ionenbilanz ist in den folgenden Zusammenhängen von Nutzen:
Überprüfung von Analysenergebnissen. Für diesen Anwendungsfall müssen die Konzentrationen aller Hauptinhaltsstoffe des Wassers einschließlich die der Alkalimetalle Natrium und Kalium vorliegen. Abweichungen bis 5% sind noch tolerierbar. Bei mineralstoffarmen Wässern sind die Abweichungen erfahrungsgemäß größer. In solchen Fällen können Abweichungen bis ca. 10% im Allgemeinen noch toleriert werden. Besonders nützlich ist die Ionenbilanz, solange noch Probenmaterial vorhanden ist, um Kontrollanalysen durchführen zu können.
Die Ionenbilanz kann dazu benutzt werden, die Konzentration einer nicht analysierten Komponente auf indirektem Wege aus dem Bilanzdefizit abzuschätzen. In der Vergangenheit wurde häufig auf die Bestimmung der Alkalimetalle verzichtet. Wenn alle anderen Parameter gemessen wurden und die Konzentrationsangaben vertrauenswürdig sind, kann das Ionenbilanzdefizit (Anionenäquivalente minus Kationenäquivalente) mit der molaren Konzentration der Alkalimetalle ungefähr gleichgesetzt werden.
Es ist zu beachten, dass eine ausgeglichene Ionenbilanz kein strenger Beweis dafür ist, dass eine Analyse richtig ist. Schließlich können sich zwei Fehler so kompensieren, dass sie nicht in der Ionenbilanz in Erscheinung treten. Umgekehrt ist aber eine nicht ausgeglichene Ionenbilanz ein strenger Beweis dafür, dass die Analyse fehlerhaft oder unvollständig ist.
Bei der Berechnung der Calcitsättigung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass einige Wasserinhaltsstoffe nicht ausschließlich in der Form vorliegen, in der sie üblicherweise in Gleichungen eingesetzt werden. Es können sich Anionen und Kationen zusammenlagern, ein Vorgang, der als Komplexbildung bezeichnet wird. Dadurch werden Ladungen innerhalb der Komplexe ausgeglichen. Der Ionenbilanz gehen diese Ladungen verloren. Die entstehenden Komplexe sind: CaCO3, MgCO3, CaHCO3+, MgHCO3+, CaSO4 und MgSO4. Bei Wässern mit hohen Konzentrationen von Calcium und Sulfat ist das gelöste, aber undissoziierte CaSO4 die Hauptkomponente dieser Komplexe. Rechenprogramme zur Ermittlung der Daten zur Calcitsättigung geben im Allgemeinen auch die Daten zur Ionenbilanz aus. Man darf sich auf Grund der bisherigen Ausführungen nicht wundern, dass diese Daten nicht mit den Daten der „klassischen“ Ionenbilanz übereinstimmen. Die Unterschiede betreffen jedoch nur die Zahlenwerte für die Kationenund die Anionenäquivalente. Ausgeglichen muss die Ionenbilanz auf alle Fälle sein, also unabhängig davon, ob die Komplexbildung berücksichtigt wird oder nicht, weil durch die Komplexbildung positive und negative Ladungen paarweise für die Ionenbilanz verloren gehen.
Durch die Komplexbildung wird die „klassische“ Ionenbilanz nicht entwertet. Ihr Wert als Kontrollinstrument zur Überprüfung der Richtigkeit von Analysen und zur Abschätzung der Konzentration von nicht analysierten Komponenten wird durch die Komplexbildung nicht berührt.
Jedes Analysenformular sollte die folgenden Angaben enthalten:
Vollständige Adresse des verantwortlichen Laboratoriums,
Datum der Erstellung des Analysenblattes,
Eindeutige und korrekte Bezeichnung des Auftraggebers,
Eindeutige Bezeichnung der Probenahmestelle mit Hinweis, welche Aufbereitungsmaßnahmen oder Chemikaliendosierungen am Ort der Probenahme bereits stattgefunden haben. Möglichst genaue Angaben zu Probenahmestellen aus dem Versorgungsgebiet.
Datum der Probenahme, sonstige Angaben zur Probenahme,
Angaben zum Analysenumfang (z. B. „Analyse nach Anlage 2 Trinkwasserverordnung“),
Verfahrenskennzeichen zur verwendeten Analysenmethode, z. B. nach DIN, für jeden Parameter,
Erläuternde Angaben, z. B. für verwendete Abkürzungen,
Namen und Unterschrift des für die Analyse Verantwortlichen.
Zusätzlich können die Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung angegeben werden.
Folgende Gliederungen sind im Gebrauch:
Gliederung nach dem Alphabet. Eine solche Gliederung mag Vorteile haben. Der Chemiker kann sich mit einer solchen Ordnung nicht anfreunden. Beispielsweise werden die Elemente Calcium und Magnesium auseinander gerissen, obwohl sie sowohl unter dem Gesichtspunkt der Analytik, als auch unter dem Aspekt ihrer Bedeutung als Härtebildner wie Geschwister zusammen gehören. In ähnlicher Weise gilt dies auch für Natrium und Kalium sowie für andere Parameter. Einige Parameter muss man möglicherweise mühsam suchen. Im folgenden Beispiel resultieren aus einem einzigen Analysenverfahren zur Bestimmung der organischen Belastung eines Wassers vier verschiedene Suchbegriffe: Kaliumpermanganatverbrauch – Permanganat-Index – Oxidierbarkeit – Chemischer Sauerstoffbedarf …
Übernahme der Gliederung aus den Parameterlisten der Trinkwasserverordnung. In allen nach 1975 novellierten Fassungen der Trinkwasserverordnung wird eine gemischte Gliederung verwendet: Bildung von Gruppen entsprechend den einzelnen Anlagen zur Trinkwasserverordnung und alphabetische Gliederung innerhalb dieser Gruppen bzw. Untergruppen. Diese Art der Gliederung hat den Geschäftsverkehr zwischen Versorgungsunternehmen, Laboratorien und Überwachungsbehörden vorübergehend wesentlich vereinfacht, weil sich jeder auf die Trinkwasserverordnung beziehen konnte. Diese Gliederungen haben sich jedoch mehrmals geändert, was ihren Wert als Ordnungsprinzip schmälert. Außerdem gilt auch hier, dass chemisch zusammengehörige Parameter sprachlich auseinander gerissen werden. Außerdem enthalten einige Fassungen der Trinkwasserverordnung Parameter, die üblicherweise ausgeklammert werden, weil sie „verunglückt“ sind, also mit hohem Aufwand zweifelhafte Information liefern (FRIMMEL, 1991). Umgekehrt fehlen in einigen Fassungen der Trinkwasserverordnung Parameter, die dem Gesetzgeber gleichgültig waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen trotzdem zu einer vollständigen Analyse gehören.
Übernahme der Analysenblattstruktur von Software-Entwicklern. Es werden „Labordateninformationssysteme“ angeboten, deren Strukturen man der Einfachheit halber übernimmt oder sogar übernehmen muss.
Übernahme des Vorschlags entsprechend den Deutschen Einheitsverfahren. Dieser Vorschlag berücksichtigt die chemische Zusammengehörigkeit der Parameter und ist darüber hinaus flexibel genug, um speziellen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
Die in Abschnitt 13 „Analysenanhang“ zusammengestellten Analysen sind an die Deutschen Einheitsverfahren angelehnt. Einige der eingangs geforderten Informationen fehlen bei diesen Analysen aus Gründen der Diskretion. Die Verfahrenskennzeichen fehlen, weil die Analysen von verschiedenen Laboratorien stammen und unterschiedlich alt sind, sodass die Verfahrenskennzeichen nicht durchgängig ermittelt werden konnten.
In Abschnitt 1.13 „Datenverarbeitung...“ wird die Frage erörtert, welche Art von Datenträgern verwendet werden soll. Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass man zweigleisig fahren muss. Man kann weder auf die digitale Information, noch auf die Wiedergabe von Daten auf Analysenblättern verzichten.
Auf einen Punkt sei hier mit Nachdruck hingewiesen: Es muss möglich sein, mehr als eine Analyse auf einem DIN A4-Blatt unterzubringen. Es fördert das Verständnis von Zusammenhängen ungemein, wenn man einen direkten Vergleich mehrerer Analysen auf einem Blatt vornehmen kann. Dabei kann es sich um mehrere Brunnen aus einem Gewinnungsgelände, um eine Zeitreihe an einem Fließgewässer oder um den Fortgang der Wasseraufbereitung von einer Aufbereitungsstufe zur nächsten handeln. Besonders nützlich ist es, wenn man den Vergleich Rohwasser/Reinwasser auf einem einzigen Analysenblatt durchführen kann.
Früher waren 3 mg/l Mangan ganz einfach 3 mg/l Mangan. Das ist im Prinzip heute noch so. Im Gegensatz zu früher schleppt aber heute jeder Messwert einen ganzen Rucksack voller Regeln, Normen und sonstiger Bestimmungen mit sich herum. Für jemanden, der „real existierende Analysen“ beurteilen möchte, sind solche Regeln zweitrangig. Trotzdem ist es für jeden, der sich mit Wasseranalysen befasst, wichtig, sie zu kennen. Warum dies so ist, wird aus den folgenden Ausführungen deutlich.
Probenahme: Vor jeder Analyse steht die Probenahme. Die beste Analyse ist wertlos, wenn bei der Probenahme Fehler gemacht worden sind. Folgende Gesichtspunkte sind wichtig: Ist die Probe repräsentativ für das zu untersuchende Wasser bzw. Gewässer? Ist eine Zuordnung verschiedener Proben zueinander sinnvoll möglich (z. B. Zuordnung einer Reinwasserprobe zu einer korrespondierenden Rohwasserprobe)? Wie lange dauerte der Transport der Proben in das Laboratorium? Wurden die Proben gekühlt? Grundsätzlich orientiert sich die Prozedur der Probenahme an den Analysen, die an einer Probe durchzuführen sind: Wurden Probenflaschen benutzt, mit denen „verderbliche Inhaltsstoffe“ stabilisiert werden konnten (z. B. Stabilisierung von Eisen(II) durch Säure, Stabilisierung von Ammonium, Nitrit und Nitrat durch Chloroform)? War das Probenvolumen angemessen? Waren die verwendeten Materialien angemessen (Verwendung von Glasflaschen für Untersuchungen auf organische Verunreinigungen)?
Normung Bei der Analyse einer Probe kann man sich auf den Standpunkt stellen „Es ist gleichgültig, mit welcher Methode ein Messwert gewonnen worden ist, Hauptsache, er ist richtig“. Dieser Standpunkt klingt im ersten Moment plausibel. Tatsache ist aber, dass das „ungenormte Analysieren“ einer Wanderung ohne Wanderkarte gleicht: Man kommt mit Sicherheit an, und wenn man Glück hat, sogar am Ziel, aber jeder kann es bezweifeln. Das wäre fatal, und zwar vor allem dann, wenn Analysen belastbar sein müssen, beispielsweise bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen. Man hat daher schon Ende der 1950er Jahre damit begonnen, Einheitsverfahren festzulegen. Die „Deutschen Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlamm-Untersuchung“ werden seitdem laufend aktualisiert und verbessert. Die Einheitsverfahren werden auf europäischer und internationaler Ebene harmonisiert (DIN EN- und ISO-Normen).
Als langjährige Obfrau des entsprechenden Arbeitsausschusses im Hauptausschuss I „Analysenverfahren“ der Wasserchemischen Gesellschaft schreibt S. Schmidt (SCHMIDT et al., 2004) zum Thema Normung: „Normen zur Feststellung und Überwachung der Wasserbeschaffenheit werden in einem gemeinsamen Ausschuss des DIN, Normenausschuss Wasserwesen, und der Wasserchemischen Gesellschaft – Fachgruppe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker – ausgearbeitet. Die Verfahren werden in Ringversuchen getestet; zusätzliche Hintergrundinformation wird bei neuen Verfahren in einem Validierungsdokument gesammelt. Somit bilden die inzwischen über 200 genormten Verfahren eine abgesicherte Grundlage für die Wasser- und Gewässerbeurteilung. An der Ausarbeitung und der Normung der Verfahren beteiligen sich Fachleute aus Bundesund Länderbehörden, der Industrie sowie der Gerätehersteller. Während einerseits die Interessenlage der beteiligten Kreise verschieden ist, besteht andererseits bei den Fachleuten ein tragfähiger Konsens über die Bedeutung der Arbeit und die Bereitschaft, sie fortzusetzen. Die Fortsetzung beinhaltet die Bearbeitung neuer Verfahren wie die Aktualisierung bestehender Verfahren.“ Frau Schmidt beklagt, dass die Mitarbeit von Fachleuten an der Normungsarbeit in zunehmendem Maße den Sparbemühungen der jeweiligen Arbeitgeber zum Opfer fällt.
Blindwert, Nachweisgrenze, Erfassungsgrenze, Bestimmungsgrenze Zu den typischen Merkmalen von Wasseranalysen gehört die Tatsache, dass in der Regel zahlreiche Inhaltsstoffe aufgelistet werden, die „überhaupt nicht“, „nach Möglichkeit so gut wie gar nicht“ oder nur „bis zu einer niedrigen Grenzkonzentration“ im Wasser enthalten sein dürfen. Dabei handelt es sich scheinbar um eine Grauzone im Bereich der „Konzentration null“. In Wirklichkeit ist diese Zone mit den Methoden der mathematischen Statistik präzise definiert:
Der „Blindwert“ ist das analytische Signal, das man erhält, wenn man eine Probe („Blindprobe“) untersucht, die den nachzuweisenden Stoff nicht enthält. Blindproben werden üblicherweise mit destilliertem Wasser angesetzt.
Die „Nachweisgrenze“ ist diejenige Konzentration eines Stoffes, bei der der nachzuweisende Stoff mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% als positiver Befund und mit der gleichen Wahrscheinlichkeit als Blindwert erkannt wird.
Oberhalb der „Erfassungsgrenze“ kann der zu analysierende Stoff quantitativ bestimmt werden.
Oberhalb der „Bestimmungsgrenze“ kann der zu analysierende Stoff mit einer vorgegebenen Analysenpräzision bestimmt werden. Die Bestimmungsgrenze entspricht ungefähr dem dreifachen Wert der Nachweisgrenze.
Für Substanzen, die in einer Probe analytisch nicht nachgewiesen werden konnten, findet man auf Analysenformularen eine Angabe von beispielsweise < 10 μg/l. Der Wert 10 μg/l entspricht hier der Bestimmungsgrenze.
Die Angabe von Wasserinhaltsstoffen auf einem Analysenformular erfordert eine Übereinkunft darüber, wie dies zu geschehen hat. Während man heute solche Inhaltsstoffe, die in Ionen dissoziieren können, als Ionen angibt, hat man früher die Darstellung als Oxide bevorzugt. Das Analysenergebnis für ein calciumsulfathaltiges Wasser enthielt also Konzentrationsangaben für CaO und für SO3. Die Salze der Halogenwasserstoffsäuren wurden meist als solche, z. B. als NaCl, angegeben.
Diese Vorgehensweise wird in anderen Fachgebieten (z. B. in der Bodenkunde) zum Teil heute noch praktiziert. In der Wasserchemie findet man Relikte bis in die jüngste Vergangenheit, z. B. bei der Angabe von Phosphaten als P2O5, bei der Definition der Einheit „Grad Deutscher Härte“ auf der Basis von Calciumoxid und bei der Bezeichnung von CO2 als „Kohlensäure“ und von SiO2 als „Kieselsäure“.
Die Darstellungsweise von Analysenergebnissen als Oxide hat sich zu einem Zeitpunkt eingebürgert, als man das Prinzip, das Säuren, Basen und Salzen zu Grunde liegt, noch nicht richtig verstanden hatte. Die Wirkung von Säuren wurde dem Sauerstoff zugeschrieben (daher auch die Namengebung). Damals wurden Sätze wie der folgende formuliert: „Auch Chlor, Brom, Jod und Fluor bilden mit den metallischen Grundstoffen gewisse Verbindungen, die den Salzen in vielfacher Beziehung ähnlich sind und Halogensalze genannt werden“ (REULEAUX, 1886).
In der Vergangenheit konnte man für Wasserinhaltsstoffe, die in einer Probe analytisch nicht oder nur in Spuren nachweisbar waren, auf dem Analysenblatt „nicht nachweisbar“ („n.n.“) oder „Spuren“ („Sp.“) angeben. Eine solche Angabe war möglich, weil die „analytische Landschaft“ wesentlich eintöniger war als heute und weil jeder eine recht genaue Vorstellung davon hatte, wo bei den damals üblichen Methoden und Parametern die analytischen Grenzen lagen. Aus heutiger Sicht sind Angaben dieser Art nicht mehr möglich und auch nicht zulässig. Eine andere gängige Angabe war (und ist zum Teil auch heute): „nicht untersucht“ („n.u.“).
Die Konzentration 0 kann es in der Natur nicht geben. Trotzdem wurde die Konzentrationsangabe „0“ anstelle von „nicht nachweisbar“ mitunter verwendet. Aus heutiger Sicht ist dies weder sinnvoll, noch zulässig. Korrekt ist die Angabe „Konzentration kleiner als Bestimmungsgrenze“, wobei für „kleiner als“ das Zeichen „<“ verwendet wird.
Ältere Datenbanksysteme waren nicht eindeutig in der Lage, zwischen „null“ und „nichts“ zu unterscheiden. Wenn der Anwender „nichts“ gemeint hat (z. B. „diese Analyse wurde nicht durchgeführt“) hat das System unter bestimmten Bedingungen „null“ geschrieben (z. B. „das Ergebnis dieser Analyse lag bei 0,0 mg/l“). So konnte sich die Null gegen den Willen des Anwenders einschmuggeln. Moderne Software unterscheidet zwischen „null“ und „nichts“. Man achte darauf, dass ältere Datenbanken fehlerhafte Nullen enthalten können, auch nachdem sie in neue Systeme importiert worden sind.