Wehe du gibst auf - Clara Lösel - E-Book

Wehe du gibst auf E-Book

Clara Lösel

0,0
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In diesem Buch erwarten dich 101 schonungslos ehrliche und tief verletzliche Texte über (Selbst-)Liebe und das Aufwachsen in Krisenzeiten, über Schönheitsideale und Herzbruch, über Einsamkeit und Hoffnung. Clara spricht das aus, was so viele bewegt und sich trotzdem niemand zu sagen traut, und lässt dich dadurch fühlen und wachsen. Ein Buch, das dein Denken verändert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 103

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buchvorderseite

Titelseite

CLARA LÖSEL

101 x Clartext,der dein Denken verändert

Vorwort

Die Generation Z hat einen Januskopf. Je nach Perspektive sieht sie anders aus. Für die einen – und oft für sich selbst – trägt sie die Bürde aller Folgen des Industriezeitalters. Für die anderen steht sie so gut da, wie keine Generation vor ihr.

Ich kann es nicht leugnen; es steht in meinem Pass: Ich bin Boomer. Ich kann nichts dafür. Es macht mich weder besser noch schlechter. Aber es prädestiniert mich zu einer Skepsis, wenn eine Gruppe – egal welche – sich im Selbstmitleid einrichtet. Zum Glück bin ich neugierig geblieben und auf Clara Lösel gestoßen.

Clara Lösel ist eine zarte, fast verletzliche Stimme ihrer Generation, die ein Genre für sich nutzt, das doch fast vergessen schien – die Lyrik. Stiller geht es gar nicht, möchte man meinen. Und doch gehen ihre Texte so unter die Haut, dass sie kaum wirkungsvoller sein können. Sie drücken den Schmerz und die Hoffnungen der Generation Zukunft aus, sie bestärken jede und jeden mit einem trotzigen und letztlich hoffnungsvollen Willen zum Leben. Ich wünsche mir, dass dieses Buch nicht nur die Jungen lesen, denn auch für uns Ältere gilt: Wehe, Ihr gebt auf!

 

Tom Buhrow

 

spricht hier noch irgendjemand clartext?

widmung.

ich widme dieses buch

 

erstens

all den menschen, die ihr leben riskiert haben oder riskieren

dafür,

dass eine junge frau

wie ich

heute ein buch schreiben kann,

in dem sie alles sagen darf,

was sie will.

 

zweitens

meinen menschen,

ihr wisst, wer ihr seid,

ohne euch wäre ich nicht hier.

ich bin meistens gut mit worten,

aber für euch finde ich immer noch keine.

vor allem meinem opa im himmel,

der mir die liebe für geschichten und das schreiben mitgegeben hat,

und sein lieblingslied:

die gedanken sind frei.

 

drittens

all den lebewesen,

die keine stimme haben.

wie wir sie behandeln,

 

zeigt:

wer keine stimme hat,

hat keine rechte.

und wer eine hat,

hat verantwortung,

sie zu nutzen.

 

viertens

dir,

weil du bis heute

nicht aufgegeben hast.

das weiß ich,

weil du diese zeile liest.

 

fünftens

mir,

weil ich auch einer

von diesen menschen bin,

die nicht aufgegeben haben,

sonst würdest du diese zeile nicht lesen.

triggerwarnung.

dieses buch braucht

jede

existierende

triggerwarnung.

ps: ein verzeichnis der texte, auch nach themen, findest du am ende.

acht dinge …

… über die ich mir gedanken mache, während ich dieses buch schreibe:

 

das hat mich nie mehr losgelassen. manchmal verändern zufälle unser leben. ich habe durch zufall ein jahr in spanien gelebt und durch ein paar mehr zufälle dort ein mädchen kennengelernt, das so alt war wie ich. durch noch mehr zufälle saßen wir irgendwann abends am strand und sie hat mir etwas erzählt, das mich nie mehr losgelassen hat: als sie in der zehnten klasse war, mochte sie einen jungen aus ihrer schule, und er sie auch, aber wie das so oft ist, hat sich keiner wirklich getraut, etwas zu sagen. irgendwann waren beide bei einer party eingeladen und er hat ihr gesagt, dass er gefühle für sie hat, aber sie hat sich noch nicht getraut, es zurückzusagen, und ist nach hause gefahren. am nächsten tag hat sie einen anruf bekommen, dass dieser junge in der nacht gestorben ist. einfach so im schlaf. und so hat dieser mensch, den ich nie kennengelernt habe, mein leben verändert. weil ich seitdem sage, was ich denke. weil man nie weiß, ob man die chance nochmal bekommt.

 

ich war nie eins von den cool kids. im gegenteil: gedichte schreiben und vortragen ist wahrscheinlich so ziemlich das uncoolste, was man machen kann. die »cool kids« haben deutsch gehasst. inzwischen gibt es sogar studien, die belegen, dass das fach deutsch bei schülern sehr unbeliebt ist. ist aber auch ein bisschen verständlich, wenn man gezwungen wird, texte von toten weißen männern zu lesen. heute bin ich selbst auf schultour und kann mit euch über sprache und vor allem über eure gedanken dazu sprechen. und ich hab jetzt schon ein paarmal mitbekommen, dass meine texte im unterricht gelesen oder für die schule auswendig gelernt werden. ihr wisst gar nicht, wie viel mir das bedeutet. weil ich war nie eins von den cool kids – und wahrscheinlich hab ich auch deshalb nie gedacht, dass es irgendwann menschen interessieren würde, was ich zu sagen habe. dafür, dass ihr mir das gegenteil beweist, werde ich euch für immer dankbar sein.

 

mein opa im himmel. immer wenn mich jemand fragt, wie das mit dem schreiben anfangen hat, sage ich: mit meinem opa. mein opa musste als kind fliehen, er hat sein ganzes leben in einem kleinen dorf gewohnt und bei der post gearbeitet. er hatte nie die möglichkeit, ein buch zu schreiben. aber er hat meinem bruder und mir, als wir klein waren, immer geschichten erzählt. nicht vorgelesen, sondern er hat sie sich einfach ausgedacht, beim erzählen, und wir kamen selber auch immer darin vor. manchmal hat er pausen gemacht und ich hab dann geschrien »weiter!«, und ich hab erst jahre danach verstanden, dass er in diesen momenten überlegen musste, wie die geschichte weitergehen sollte. jetzt ist mein opa nicht mehr hier, und ich glaube immer noch, dass an ihm der beste kinderbuchautor verloren gegangen ist. deshalb schreibe ich dieses buch auch für ihn. für oma und für opa. ich hab so viel von euch gelernt.

 

»ich liebe dich nicht mehr.« sprache ist mächtiger als bomben. weil sprache entscheidet, ob bomben überhaupt abgeworfen werden. worte entscheiden, ob kriege geführt werden oder ob man mit der liebe seines lebens zusammenkommt. worte können leben retten. worte können der grund sein, dass sich jemand umbringt, oder dafür, dass er es nicht tut. babys, mit denen man nicht spricht, können sterben, das wissen wir aus grausamen experimenten. worte können unser herz brechen, wenn jemand sagt: »ich liebe dich nicht mehr.« und unser herz heilen, wenn jemand sagt: »wenn du wüsstest, wie schön du aus meinen augen aussiehst.« und wenn wir genau hinschauen, können wir viel von worten lernen, zum beispiel, dass hässlich von hass kommt, weil hass hässlich macht. worte sind mächtiger als jedes andere medium. nicht umsonst fängt das (egal was wir davon halten) mächtigste buch der welt an mit: am anfang war das wort.

 

der tag, der alles verändert hat, war der 16/11/2023. aus meinem kleinen berliner zimmer (ich war ganz neu in berlin und vor allem sehr alleine) habe ich mein erstes gedicht-video hochgeladen. ich hatte mir die challenge gesetzt, 100 tage lang jeden tag einen text zu posten, und in diesen 100 tagen kamen die ersten 100.000 menschen auf meine seite @claraloesel.

 

»ritz dir die pulsadern auf.« auf einmal war alles anders. ein jahr vorher hatten etwa 5 leute eine meinung zu meinem leben. dann auf einmal 2 millionen pro monat. ich bin immer noch dabei zu lernen, wie ich damit umgehen kann, dass mir leute schreiben, dass ich mich umbringen soll, oder sie hoffen, dass ich geschlagen oder vergewaltigt werde. die wahrheit ist, dass ich vermutlich schon lange aufgehört hätte, meine texte im internet zu teilen, wenn da nicht auch die leute wären, die mir schreiben, dass ihnen meine texte durch depressionen, trennungen und chemotherapien helfen, und die sich meine zeilen auf ihre haut tätowieren lassen. ich hab mir versprochen, dass ich immer ehrlich zu euch bin (also clartext spreche) die wahrheit ist, dass alles so schnell passiert ist, dass ich selbst erst noch damit zurechtkommen muss. aber was ich weiß, ist: ich wachse. und das ist eigentlich immer das beste gefühl (auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlt).

 

ich wäre tot. ich denke oft an sie. an diese eine frau, die ungefähr so alt ist wie ich, die die gleiche liebe für ihre familie und ihre freunde hat, die genauso viel und hart arbeitet wie ich, die eigentlich noch mehr zu erzählen hat als ich, der aber niemand zuhört, weil sie in afghanistan lebt und von den taliban verboten bekommen hat, etwas zu sagen. oder vielleicht sitzt sie auch gerade in einem flüchtlingslager und hat kein handy und andere sorgen, als videos auf instagram zu posten. ich frage mich oft, wieso ich so viel glück habe, dass ich das hier machen darf. die wahrheit ist, dass für das, was ich mache und bin, in anderen ländern die todesstafe verhängt wird. wenn alles ein bisschen anders gelaufen und ich an einem anderen fleck auf dieser welt geboren worden wäre, dann wäre ich jetzt entweder still oder tot und damit dann auch still. jetzt gerade, in dem moment, in dem du diese zeilen liest, sitzen menschen im gefängnis oder werden gesteinigt, weil sie ihre meinung sagen. und wir? wir haben das privileg, dass wir das dürfen, dass dieses recht in unserer verfassung festgeschrieben ist, und nehmen es als selbstverständlich hin. das ist es aber nicht, niemals.

 

wehe, du gibst auf. wenn ich ehrlich bin, dann fällt es mir aktuell schwer, hoffnungsvoll und lebensfroh und optimistisch zu sein. ich glaube, dass nicht nur ein mensch einem das herz brechen kann, die gesellschaft kann das auch. viele menschen sind aktuell manchmal traurig und verstehen nicht wieso und denken, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. ich glaube aber, dass das absolut menschlich ist, weil wir täglich in den nachrichten so viele schlimme dinge sehen, da wäre es eher unmenschlich, wenn uns das nicht traurig machen würde. die wahrheit ist: es gibt viele gründe, um aufzugeben. wehe, du gibst auf soll keine drohung sein, sondern eine ermutigung – in diesem buch gibt es einige traurige texte, aber sie sind alle dafür da, dass du nicht aufgibst: die liebe nicht aufgibst, die menschheit nicht, die hoffnung nicht, und vor allem dich selbst und deine träume nicht. ich hab dieses buch geschrieben, damit es hoffnung macht, damit es dich zum lachen und weinen bringt, damit du manchmal beim lesen dieses warme gemütliche gefühl bekommst, und damit du weißt, dass du mit deinen gedanken und gefühlen niemals alleine bist.

 

wir sehen uns auf der nächsten seite.

deine clara

intro eins.

in der schule warst du cool.

ich nicht, weil ich hatte keine vans.

jetzt hast du nen bürojob

und ich habe fans.

 

du hast zu mir gesagt,

es juckt niemand, was ich fühle.

jetzt stehst du in der schlange

und ich auf der bühne.

 

du fragst nach einem autogramm

für deine schwester jeanette.

aber es kommt nie bei ihr an, du behältst es für dich.

rahmst es ein und hängst es übers bett.

ps: du hast gesagt, was ich schreibe, wird nie jemand lesen. sieht aus, als würden das einige menschen anders sehen.

intro zwei.

ich weiß, dass ich noch

längst nicht fertig bin mit heilen.

ich wickel tesa um meine tränen

und verpacke sie in zeilen.

intro drei.

ja, ich weiß,

das hier ist eine gedichtsammlung

und du hasst eigentlich gedichte,

aber:

vielleicht hasst du gedichte gar nicht,

vielleicht hast du sie nur seit der schule gehasst,

vielleicht willst du nur nicht eingesperrt

und dazu gezwungen werden,

poesie von toten weißen männern zu lesen,

und dann benotet zu werden,

wenn du sagst, was du davon hältst.

ps: ich habe dieses buch extra so geschrieben, dass du auch einfach nur eine seite am tag lesen kannst. keine langen kapitel, sondern ein paar worte, die dich zum nachdenken bringen können, wenn du sie lässt. kurze rede, langer sinn sozusagen. danke, dass du gedichten (und überhaupt einem buch) nochmal eine chance gibst.

1/101 lange version.

nur dass du es weißt:

ich will immer die lange version hören,

wenn ich dich frage, wie es dir geht.

ich will nicht das

»gut«.

 

nur dass du es weißt:

mein »wie gehts dir?«

ist kein synonym für »hallo«.

 

nur dass du es weißt:

wenn ich dich frage,

dann will ich es wirklich wissen.

 

auch wenn die antwort nicht schön

oder länger als drei sätze ist,

oder beides.

ich wills wirklich wissen.

2/101 öpnv.

ich liebe dich

in vollen zügen,

ist auch besser so für die umwelt.

3/101 un-menschlich.

wir sagen »un-menschlich«

und meinen böse oder

schlecht.

im gegensatz dazu hieße dann »menschlich«

so etwas wie gut, gerecht.

 

und doch, ich hab auf dieser erde

noch keine lebewesen gesehen,

die un-menschlicher

als wir menschen wären – weil

 

wie menschlich ist es von uns menschen,

dass wir bomben werfen auf kinder

und dann zu unseren nach hause gehen

und dass uns niemand daran hindert?

 

wie menschlich ist es von uns menschen,