Wellenreiten im Weltall - Suzanna Randall - E-Book
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Wellenreiten im Weltall E-Book

Suzanna Randall

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Beschreibung

Astrophysikerin Suzanna Randall ist so fasziniert von den Geheimnissen des Universums, dass sie sich zur Astronautin ausbilden lässt. In ihrem Buch zeigt sie, dass man nicht gleich nach den Sternen greifen muss, um das Weltall spannend zu finden – denn es hat ganz konkrete Auswirkungen auf unseren Alltag. Randall stellt die interessantesten kosmischen Phänomene anhand der Farbpalette des Regenbogens vor: Von roten Radiowellen bis violetter Gammastrahlung. Dabei erklärt sie nicht nur, wie unsere Mikrowelle funktioniert oder warum Strahlung durch W-Lan, Handy und Co. gesundheitlich unbedenklich ist, sondern enthüllt auch die Geheimnisse von weit entfernten Galaxien, Schwarzen Löchern und Sternenembryos. So macht Astrophysik Spaß.

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Seitenzahl: 284

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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

Gräfe und Unzer Edition ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Simone Kohl

Lektorat: Ulrich Wank

Bildredaktion: Petra Ender

Covergestaltung: Ki36 Editorial Design, München, Bettina Stickel

eBook-Herstellung: Maria Prochaska

ISBN 978-3-8338-8643-0

1. Auflage 2022

Bildnachweis

Coverabbildung: Marek Beier, Marek & Beier Fotografen München

Illustrationen: Steffen Rümpler

Fotos: Steffen Rümpler

NASA, ESA, S. Baum and C. O‘Dea (RIT), R. Perley and W. Cotton

(NRAO/AUI/NSF), and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

gizmodo

Wikipedia: By LOFAR / ASTRON

NASA

ESA and the Planck Collaboration

ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

Suzanna Randall privat

ESO

From Negrello et al., SCIENCE 330:800 (2010). Reprinted with permission from AAAS

ESO

ESO

Suzanna Randall privat

NASA

ESO/M. Kornmesser

ESO/L.Calcada

NASA, ESA/Hubble and the Hubble Heritage Team

NASA, ESA, CSA. STScl

ESO/VISTA/J. Emerson. Acknowledgment: Cambridge Astronomical Survey Unit

ESO

ESO

ESO

mauritius images

NASA

ESO/INAF-VST/OmegaCAM. Acknowledgement: A. Grado, L. Limatola/INAF-Capodimonte Observatory

Wikimedia Commons: Nasa Hubble Space Telescope

Wikipedia: NASA and the European Space Agency

NASA

Wikipedia: NASA/JPL-Caltech/J. Huchra (Harvard-Smithsonian CfA)

ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/A. Angelich. Visible light image: the NASA/ESA Hubble Space Telescope. X-Ray image: The NASA Chandra X-Ray Observatory

X-ray: NASA/CXC/SAO; Optical: NASA/STScI; Infrared: NASA-JPLCaltech

NASA/CXC/SAO/E.Bulbul, et al

ESO/Andrew Pontzen and Fabio Governato

NASA/CXC/CfA/ M.Markevitch et al.

Public Domain

NASA/DOE/TemiLAT Collaboration

NASA‘s Goddard Space Flight Center

ESO/CTA/M-A. Besel/IAC (G.P. Diaz)

Syndication: www.seasons.agency

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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München

Suzanna Randall, Astrophysikerin und angehende Astronautin, nimmt dich mit zum Wellenreiten – und zwar im Weltall! Denn unser Universum ist voll von sichtbaren wie unsichtbaren Lichtwellen, die man sich wie die Farben eines riesigen kosmischen Regenbogens vorstellen kann: von »roten« Radiowellen bis hin zu »violetten« Gammastrahlen. Diese Lichtwellen schicken uns nicht nur Botschaften aus den Tiefen des Kosmos, sondern sind auch für unser alltägliches Leben entscheidend. Bei unserem kosmischen Wellenritt starten wir daher ganz bodenständig auf der Erde und erfahren quasi nebenbei, wie die Mikrowelle in der Küche oder das Röntgengerät beim Arzt funktioniert. Und dann benutzen wir die modernsten Teleskope der Welt und des Weltalls als Surfbrett, um an Planeten und Sternen vorbei zu schwarzen Löchern, dunkler Materie und exotischen Galaxien aufzubrechen – bis an den Anfang und das Ende des Universums.

VORWORT

Das Weltall fasziniert mich, seit ich denken kann. Meine Eltern erzählen, dass ich schon als Dreijährige bei nächtlichen Autofahrten gebannt den Mond und die Sterne anstarrte. Später begann ich, alles über Raumfahrt, fremde Planeten, Sterne und Galaxien zu lesen, was ich in die Finger bekam. Ich entdeckte Sally Ride, die erste Amerikanerin im Weltall, folgte den Voyager-Raumsonden bei ihrer langen Reise durchs Sonnensystem und tapezierte mein Zimmer mit Bildern des Pferdekopfnebels, der Sombrero-Galaxie und meines Lieblingsplaneten Neptun. Und dem Bravo-Starschnitt von Jon Bon Jovi natürlich. Mit meiner besten Freundin plante ich, nach Chile auszuwandern, weil ich gelesen hatte, dass dort die größten Teleskope der Welt stünden. Meine geliebte Katze nannte ich Triton, frei nach dem größten Neptunmond, und ich erzählte jedem, der es hören wollte (oder auch nicht), dass ich irgendwann der erste Mensch auf dem Mars sein würde. Das hat meine Mitschülerinnen so beeindruckt, dass es am Ende sogar als Ankündigung in unserer Abizeitung stand.

Woher ich diese ungewöhnliche Leidenschaft hatte? Ich weiß es nicht. In meinem näheren Umfeld hatte niemand eine Affinität zu den Naturwissenschaften, geschweige denn dem Weltraum. Aber mich faszinierte das Unbekannte, das Exotische und besonders das Unvorstellbare – und was bitte ist unvorstellbarer als die unendlichen Weiten desa ma su Weltalls? Ich wollte immer schon fremde Welten entdecken und erforschen, Abenteuer erleben.

Mein kleiner Bruder kann ein Lied davon singen – er wurde als Kind regelmäßig als Rudersklave oder, wenn er richtig Glück hatte, als erster Offizier eingespannt, um mit mir wahlweise auf dem Sofa oder dem Klettergerüst über die Weltmeere zu segeln oder durch ferne Galaxien zu düsen. Mir war früh klar, dass ich später beruflich „irgendwas mit Weltraum“ machen wollte – so kam es, dass ich nach dem Abi Astrophysik studierte, zuerst in meiner Herzensstadt London und danach in Montreal in Kanada. Dort schrieb ich meine Doktorarbeit über pulsierende blaue Unterzwergsterne, von denen ich auch in diesem Buch erzähle. Kurz danach wurde für mich ein Kindheitstraum wahr: Ich ergatterte eine Stelle an der Europäischen Südsternwarte ESO in Garching bei München und darf seitdem regelmäßig nach Chile, um dort mit den größten Teleskopen der Welt in die unendlichen Weiten unseres Universums zu schauen!

Ich begann meine Karriere bei der ESO am VLT, dem Very Large Telescope, und wechselte einige Jahre später zu ALMA, dem neusten ESO-Observatorium der Superlative. 2018 ging für mich ein weiterer Kindheitstraum in Erfüllung: Ich wurde durch die deutsche Privatinitiative Astronautin als eine von zwei Astronautinnen ausgewählt und trainiere seitdem in Teilzeit für eine zweiwöchige Forschungsmission zur internationalen Raumstation ISS.

Über dieses Abenteuer könnte ich wahrscheinlich auch ein Buch schreiben – aber nicht das, das du jetzt in den Händen hältst. Hier geht es um meine erste Liebe: die Astronomie. Inzwischen bin ich seit über 15 Jahren als Wissenschaftlerin bei der ESO, habe hier alle möglichen Aufgaben rund um astronomische Beobachtungen übernommen, mit Astronomie-Kollegen aus aller Welt an unterschiedlichen Forschungsprojekten gearbeitet und war unzählige Male in Chile an allen ESO-Teleskopen. Und immer noch fasziniert mich das Weltall mit seinen Geheimnissen.

Heutzutage geht es mir weniger darum, Fantasiereisen in ferne Galaxien zu unternehmen (obwohl das durchaus ab und zu noch vorkommt), als den Kosmos mit seinen vielen Facetten wissenschaftlich zu begreifen. Zu verstehen, wie Sterne und Planeten entstehen, sich entwickeln und sterben. Unbekannte Objekte am Nachthimmel zu entdecken und herauszufinden: Was ist das? Exotische Objekte wie schwarze Löcher zumindest annähernd beschreiben zu können. Und natürlich: herauszufinden, ob unsere Erde einzigartig ist, ob es noch irgendwo anders in diesem riesigen Kosmos Leben gibt und wenn ja, wie es aufgebaut ist.

Genau wie ich finden auch unzählige andere Menschen den Weltraum und die Dinge, die dort herumschwirren, total spannend und würden gerne mehr darüber erfahren. Aber viele fangen gar nicht erst an, sich damit zu beschäftigen, weil sie meinen, das sei alles total kompliziert und ohne ein abgeschlossenes Physikstudium sowieso nicht zu verstehen. Falls du dazugehörst, kann ich dich beruhigen: Mehr als sehr vage Erinnerungen an die Schulphysik und etwas Interesse brauchst du nicht, um Spaß an diesem Buch zu haben. Gleichzeitig denke ich, dass es auch für richtige Astronerds den ein oder anderen Aha-Moment gibt – ich jedenfalls habe bei meiner Recherche viel dazugelernt und beim Schreiben auch mal vor mich hin geschmunzelt.

Noch vor ein paar Jahren hätte ich niemals geglaubt, ein populärwissenschaftliches Astronomiebuch schreiben zu können – oder das überhaupt zu wollen. Dann fing ich durch einen dieser schicksalhaften Zufälle, die das Leben manchmal bereithält, im Herbst 2020 an, für den ZDF YouTube-Kanal Terra X Lesch & Co. Videos zu moderieren und entdeckte eine ganz neue Seite der Wissenschaft. Hatte ich vorher nur hochwissenschaftliche (aber oft staubtrockene) Paper veröffentlicht, um meinen sehr eng gefassten Bereich der astrophysikalischen Forschung ein wenig voranzubringen, fand ich nun mehr und mehr Gefallen daran, mir ein breites Wissen über die aktuellen astronomischen Erkenntnisse anzueignen und meine Faszination für das Weltall mit einer Vielzahl unterschiedlich gestrickter Menschen zu teilen. Als ich mich schließlich entschied, dieses Buch zu schreiben, war mir sofort klar: Es musste um Beobachtungen des Kosmos in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen gehen.

Erstens ist das ein Thema, mit dem ich bestens vertraut bin. Schließlich habe ich meine wissenschaftliche Karriere mit optischen Beobachtungen begonnen, bevor ich zu ALMA, einem Millimeter-Teleskop, wechselte. Und zweitens finde ich es essenziell, Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, um sie wirklich zu verstehen. Und eben nicht nur das sichtbare, sondern auch das unsichtbare Licht einzufangen und zu deuten.

Wie schon Antoine de Saint-Exupéry in Der kleine Prinz schrieb: „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Im Falle des Weltalls sieht man aber nicht nur mit dem Herzen gut, sondern vor allem mit speziell für die unterschiedlichen Bereiche des unsichtbaren Lichts konzipierten Teleskopen. Mit denen können wir Dinge erkennen, die sonst unseren Augen entgehen würden – und so aus den einzelnen Beobachtungs-Puzzleteilchen auf das große Ganze schließen. Von unserem Ursprung aus Sternenstaub bis zur fernen Zukunft des Universums ist alles dabei bei dieser abenteuerlichen Reise durch unseren Kosmos und seine Farben. Ich wünsche dir viel Spaß beim Wellenreiten auf dem Licht des Weltalls!

Deine

Suzanna Randall

DER KOSMISCHE REGENBOGEN

Am Anfang war: nichts. So besagt es zumindest die Theorie des Urknalls, aus dem vor fast 14 Milliarden Jahren unser gesamtes Universum entstanden sein soll. Alles, was uns jetzt umgibt – Materie, Raum, ja sogar die Zeit – nahm im Urknall seinen Anfang. Damals hatte das Universum keine Ausdehnung, war also unendlich klein und dabei unendlich heiß und unendlich dicht. Klingt unvorstellbar? Ist es auch, sogar für Astrophysikerinnen wie mich. Und wir sind da echt hart im Nehmen.

Distanzen von Trillionen von Kilometern, Zeitspannen von Milliarden von Jahren und Raum-Zeit-Krümmungen lassen uns nicht mal mit der Wimper zucken – obwohl wir sie so wenig begreifen können wie jeder normale Mensch. Aber wir können dem Nicht-wirklich-Begreifen ein bisschen den Schrecken nehmen, indem wir uns mit der Physik wappnen und diese unbegreiflichen Dinge mit Formeln und Zahlen beschreiben. Das ist auch meine persönliche Strategie, um durch meinen Arbeitsalltag zu kommen, ohne durchzudrehen: Anstatt pausenlos darüber nachzudenken, dass ich aus Sicht des Universums auf einem winzigen Staubkorn Erde um unseren winzigen Funken Sonne kreise, der achterbahnmäßig durch den Strudel der Milchstraße jagt, die wiederum nur eine von Abermilliarden Galaxien ist, berechne ich lieber unseren Geschwindigkeitsvektor relativ zum Zentrum der Milchstraße und beschreibe die Entfernung zu anderen Galaxien mit einer Maßeinheit, die beruhigend kleine Zahlen hergibt1. Ich bin ja schließlich Wissenschaftlerin und damit – zumindest während meiner Arbeitszeit – der Rationalität verpflichtet.

Das Blöde ist nur, dass selbst die Wissenschaft beim Urknall an ihre Grenzen gerät. Unsere Physik ist einfach noch nicht so weit, den Urknall oder das Universum in der Zeit kurz danach zu beschreiben. Ganz zu schweigen davon, was womöglich vor dem Urknall gewesen sein könnte oder ob es überhaupt ein „vor dem Urknall“ gab.

Es gibt zum Beispiel eine Theorie, dass unser jetziges Universum nicht wie beim Urknall aus dem Nichts, sondern aus dem Quantenrückprall eines früheren Universums entstanden ist. Dabei wäre das andere Universum am Ende seines Lebens kollabiert, allerdings nicht ganz bis zum Zustand von „unendlich klein, unendlich heiß, unendlich dicht“, sondern nur bis ganz kurz davor. Dann wäre es an die Grenze der kleinstmöglichen Größe gestoßen und wie ein Flummi in einer gigantischen Explosion als unser Universum zurückgeprallt. Diese Theorie heißt Big Bounce und ist eine Variante des bekannteren Big Bang, allerdings bis jetzt ohne gleichnamige Fernsehserie. Schade – ich stelle mir Sheldon Cooper auf einem Trampolin ganz lustig vor! Aber egal ob Big Bounce oder Big Bang: Fakt ist, dass die jetzige Physik erst 10-43 Sekunden nach der Entstehung unseres Universums greift.

Das heißt: Wir haben eigentlich keine Ahnung, was davor passiert ist und wie das Universum geboren wurde – nicht besonders befriedigend für Menschen, die möglichst alles verstehen und in physikalische Formeln zwängen wollen. Und für mich schon als Kind die Ursache zahlreicher schlafloser Nächte. Mein Gehirn konnte sich mit einem Zustand des absoluten Nichts einfach nicht anfreunden – und kann es ehrlich gesagt bis heute nicht. In der Hinsicht bevorzuge ich den Big Bounce und deren endlose Aneinanderreihung von sich ausdehnenden und dann wieder zusammenfallenden Universen.

Glücklicherweise haben wir zumindest eine gute Vorstellung davon, was nach den besagten 10-43 Sekunden mit dem Universum passierte. Kurz gesagt, es dehnte sich aus und kühlte ab – und das tut es bis heute. Laut Big Bang Theorie gab es dabei kurz nach dem Urknall eine kurzzeitig extrem starke Expansion, während der sich das Universum sehr viel schneller ausdehnte als jetzt. Wie ein Ballon, in den man anfangs mit ganz viel Kraft hineinpustet, bis er sich schlagartig aufbläht (und man selbst erstaunt nach Atem schnappt). Am Ende dieser sogenannten Inflation war das Universum weniger als 10-30 Sekunden alt und schon in etwa so groß wie ein Apfel. Das klingt jetzt erst mal gar nicht so beeindruckend – bis man sich vor Augen hält, dass es vor der Inflation noch viel kleiner war als ein Proton. Bezogen auf meine Wohnung hätte die Inflation aus einem einzigen Staubkorn in Bruchteilen einer trilliardstel Sekunde eine gigantische Wollmaus so groß wie das ganze Sonnensystem gemacht. Immerhin hätte sich dann das Staubsaugen gelohnt.

Kurz nach der Inflation (im Universum, nicht in meiner Wohnung) bildeten sich die ersten Elementarteilchen, danach größere Atombausteine wie Protonen und Neutronen und nach nur ungefähr 10 Sekunden schließlich die ersten, noch instabilen Atomkerne. In seinen ersten Lebensjahren bestand das Universum aus einer sehr heißen, undurchsichtigen Plasmasuppe von Elektronen, freien Protonen, Atomkernen und Lichtteilchen (Photonen).

Nach knapp 400 000 Jahren war es ausreichend abgekühlt, sodass sich stabile Atome bildeten – hauptsächlich Wasserstoff (circa 75%) und Helium (circa 25%) sowie kleine Mengen von Deuterium und Spuren von Lithium und Beryllium. Die Lichtteilchen fingen an, sich von den Materieteilchen zu entkoppeln. Dabei entstand die kosmische Hintergrundstrahlung, auf die ich im Kapitel Orange genauer eingehe. Das Universum wurde langsam, aber sicher durchsichtig, sodass das Licht große Distanzen zurücklegen konnte – und wir heute weit entfernte Sterne und Galaxien beobachten können.

Bis die sich überhaupt bildeten, dauerte es allerdings eine Weile. In der Zwischenzeit dehnte sich das Universum weiter aus und wurde immer kühler – und dunkler. Das Dunkle Zeitalter war angebrochen. Und ja, das ist der hochwissenschaftliche Name für diese Epoche in der frühen Kindheit unseres Universums – wäre das hier ein Film, würde jetzt bedrohlich-unheimliche Musik ertönen. Nach und nach bildeten sich aus kleinsten Dichteschwankungen, die gängigen Theorien zufolge während der Inflationsphase entstanden waren, großräumige Strukturen, die mit der Zeit immer mehr Masse anzogen.

Das ist ein bisschen wie mit Chips – es fängt mit ein oder zwei an und bevor man sich versieht, hat man sich die ganze Packung einverleibt. Zumindest ist das bei mir so. Aber anders als die Masseansammlungen im jungen Universum kann ich gar nicht so viel zu mir nehmen, dass ich unter meinem eigenen Gewicht implodiere. Genau das geschah aber nach ein paar hundert Millionen Jahren im jungen Universum: Die sogenannten Materie-Halos kollabierten und die ersten Sterne wurden geboren, gefolgt von Sternhaufen und den ersten Galaxien. Nach einem langen dunklen Zeitalter ward es endlich wieder Licht. Und unser kosmischer Regenbogen nahm seinen Anfang.

Was für ein Glück – nicht nur für uns Menschen ganz allgemein, sondern auch für die Astronomie! Wir verdanken nämlich fast unser gesamtes Wissen über den Kosmos seiner elektromagnetischen Strahlung, die wir hier auf der Erde empfangen und auswerten können. Strahlung – das klingt für dich vielleicht erst mal irgendwie gefährlich, nach Kernreaktorunglück und so. Aber Strahlung umgibt uns immer und überall. Auch das sichtbare Licht ist eine Form von Strahlung. Dank Strahlung können wir unsere Umgebung sehen, immer und überall ins Internet gelangen und unser Essen erwärmen, wie wir im Laufe der nächsten Kapitel noch sehen werden. Ein Leben ohne Strahlung wäre nicht nur sinnlos, sondern (anders als beim Mops von Loriot) auch nicht möglich. Denn nur durch die Strahlung der Sonne ist es auf der Erde warm genug für Leben – und uns Menschen. Ohne die Sterne und ihre Strahlung wäre das ganze Universum dunkel, kalt und überaus lebensfeindlich.

Aber was ist Strahlung überhaupt? Je nachdem, ob man einen Wahrsager oder eine Medizinerin fragt, bekommt man darauf wohl unterschiedliche Antworten. Als Astrophysikerin sage ich ganz nüchtern: „Elektromagnetische Strahlung bezeichnet die Ausbreitung von Energie in Form von elektromagnetischen Wellen.“2 Diese elektromagnetischen Wellen kann man sich ein bisschen vorstellen wie Wellen auf dem Ozean: Sie haben eine bestimmte Höhe („Amplitude“) und treffen mit einer bestimmten Regelmäßigkeit („Frequenz“) am Strand oder einem Wellenbrecher ein. Anders als die Wellen auf dem Ozean können elektromagnetische Wellen ihre Energie aber praktischerweise auch im Vakuum ausbreiten – sonst würden wir die Strahlung aus dem Kosmos gar nicht empfangen können. Dort sind sie mit einer konstanten Geschwindigkeit unterwegs: mit der durch nichts zu übertreffenden Lichtgeschwindigkeit von etwa 300 000 Kilometern pro Sekunde. Diese konstante Geschwindigkeit ist der Grund, warum wir beim Blick ins Weltall nicht nur weit weg, sondern auch zurück in die Vergangenheit blicken.

Das Licht unseres nächsten kosmischen Begleiters, dem Mond, braucht nur etwas über eine Sekunde, bis es zu uns gelangt. Von der Sonne sind es schon 8 Minuten, vom nächsten Stern gut vier Jahre. Von unserer Nachbargalaxie Andromeda braucht die Strahlung sage und schreibe 2,5 Millionen Jahre, um uns zu erreichen! Wenn wir also irgendwann mal ein Lebenszeichen von außerirdischen Zivilisationen aus einer anderen Galaxie empfangen sollten, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie schon längst wieder ausgestorben sind. Nicht die besten Voraussetzungen für einen interstellaren Austausch. Aber dazu später mehr.

Kommen wir zurück zu unseren elektromagnetischen Wellen und einem notwendigen kleinen theoretischen Exkurs. Ich verspreche dir, danach beschäftigen wir uns ausgiebig mit den Wundern des Universums. Aber um diese wirklich zu verstehen, müssen wir uns zuerst ein wenig mit der Physik der Strahlung auseinandersetzen. Wie schon erwähnt, haben elektromagnetische Wellen eine charakteristische Frequenz, die die Rate der an einem fixen Punkt eintreffenden Wellenberge (oder Wellentäler) beschreibt. Gemessen wird die Frequenz in Hertz (Hz) oder, anders ausgedrückt, in Schwingungen pro Sekunde.

Das sichtbare Licht zum Beispiel hat eine typische Frequenz von 550 Terahertz, das heißt, pro Sekunde treffen 5,5 x 1014 Wellenberge an einem Punkt ein. Das entspricht einer Wellenlänge (dem Kehrwert der Frequenz, also dem Abstand von einem Wellenberg zum nächsten) von 545 Nanometern oder weniger als einem tausendstel Millimeter. Hört sich ziemlich klein an, oder? Und dennoch gibt es Strahlung, die noch viel kleinere Wellenlängen hat, wie die Röntgen- oder Gammastrahlung. Aber es gibt auch solche mit viel größeren Wellenlängen, die man sich besser vorstellen kann, zum Beispiel Radiowellen mit Wellenlängen von mehreren Metern.

Als wäre das noch nicht kompliziert genug, kann elektromagnetische Strahlung nicht nur als Welle mit einer charakteristischen Wellenlänge beziehungsweise Frequenz beschrieben werden, sondern auch als Strom von (masselosen) Lichtteilchen, oder Photonen. Anscheinend konnte sich das Licht nicht entscheiden, ob es nun lieber eine Welle oder ein Teilchen sein wollte, und nahm kurzerhand die Eigenschaften von beiden an. Wie ein Chamäleon zeigt es mal die eine, mal die andere Seite, je nachdem, was gerade angesagt ist. Wenn ich beispielsweise eine Seifenblase betrachte, schillert die nur dank der Welleneigenschaft des Lichts3 so schön. Dafür nutzt meine Handykamera die Teilcheneigenschaft des einfallenden Lichts, um mit der Energie der eintreffenden Photonen Elektronen aus dem Sensormaterial zu lösen und ein elektrisches Signal zu erzeugen4. Dabei ist die Energie eines Photons linear proportional zur Frequenz der Welle, das heißt, egal welche Eigenschaft des Lichts ich beobachte, ich kann die Charakteristik der anderen leicht ausrechnen. Für sowas wurden Online-Rechner erfunden!

Hohe Frequenzen bedeuten automatisch eine hohe Energie und eine kleine Wellenlänge. So hat eine Radiowelle mit einer Frequenz von beispielsweise 100 Megahertz (oder einer Wellenlänge von 3 Metern) eine Photonenenergie von nur etwa 400 Nanoelektronvolt5, eine sichtbare Lichtwelle mit einer Frequenz von 550 Terahertz (oder einer Wellenlänge von 545 Nanometern) eine Energie von gut 2 Elektronvolt und Gammastrahlung mit einer Energie von 25 Megaelektronvolt eine Frequenz von 6 Zettahertz – und eine unvorstellbar kleine Wellenlänge von 50 Femtometern!

Da kein Mensch weiß, was ein Femtometer oder ein Zettahertz ist, sprechen wir bei Röntgen- und Gammstrahlung meist von Energie in Elektronvolt anstatt von Wellenlängen und Frequenzen. Falls dir bei diesen ganzen Einheiten schwindelig wird, bist du nicht allein – selbst ich als Astronomin habe nicht alle Zehnerpotenzen parat, alles jenseits von Tera (1012) oder Nano (10-9) muss ich nachschauen. Aber da das hier ein Wissenschaftsbuch ist, kommen wir ganz ohne Zahlen und Einheiten nicht aus. Wenn du richtig durchsteigen willst, kannst du in der Abbildung die Zehnerpotenzen und Einheiten studieren, ansonsten reicht es auch, wenn du weißt, dass Kilo, Mega und Giga für große bis sehr große Zahlen stehen und Milli, Mikro und Nano für kleine bis sehr kleine. Wo es für das Verständnis wichtig ist, „übersetze“ ich die Zehnerpotenzen in Millionen, Milliarden und so weiter. Und irgendwie ist es auch fast egal, ob am Ende einer Zahl 25 oder 30 Nullen stehen – wirklich greifbar sind solche Zahlen sowieso nicht.

Das elektromagnetische Spektrum – und seine Einteilung in die Farben des kosmischen Regenbogens in diesem Buch

Wenn man nun unterschiedliche Wellen nach ihrer Frequenz beziehungsweise Energie (oder in umgekehrter Reihenfolge nach ihrer Wellenlänge) sortiert, bekommt man das elektromagnetische Spektrum, bei dem das sichtbare Licht ziemlich in der Mitte angesiedelt ist, aber eben nur einen sehr kleinen Teil des großen Ganzen ausmacht. Der Rest des Spektrums besteht aus Strahlung, die für unsere Augen nicht sichtbar ist, die wir aber mit speziellen Teleskopen einfangen können. Das elektromagnetische Spektrum kann man sich ein bisschen vorstellen wie einen kosmischen Regenbogen, der aber anders als der normale Regenbogen alle Arten von Strahlung umfasst, nicht nur das sichtbare Licht. Beim irdischen Regenbogen sind die unterschiedlichen Farben nichts anderes als unterschiedliche Frequenz- oder Wellenlängenbereiche, wobei das rote Licht eine längere Wellenlänge (650 Nanometer) hat als das violette Licht (450 Nanometer) und die anderen Farben nach Wellenlänge geordnet dazwischenliegen. Der Regenbogen ist also einfach eine wunderschöne natürliche Darstellung des elektromagnetischen Spektrums im sichtbaren Bereich.

Ich persönlich liebe Regenbogen (noch so eine Faszination, die mir aus der Kindheit geblieben ist!), deswegen gefällt mir das Gleichnis eines kosmischen Regenbogens für das ganze elektromagnetische Spektrum so gut. Dabei zoomen wir einfach komplett aus dem elektromagnetischen Spektrum raus und ordnen jeder Farbe des Regenbogens einen Wellenlängenbereich zu: von Rot für die langen Radiowellen bis hin zu Violett für die sehr kurzwelligen Gammastrahlen.

Praktischerweise wird das elektromagnetische Spektrum üblicherweise in sieben Bereiche geteilt, passend zu den sieben Farben des Regenbogens. Klar, dieser kosmische Regenbogen des elektromagnetischen Spektrums ist zum Großteil unsichtbar. Aber das macht ihn für mich umso spannender. Denn nur wenn wir auch das unsichtbare Licht des Universums einfangen, können wir ihm all seine Geheimnisse entlocken. Die unterschiedlichen Farben des kosmischen Regenbogens bringen nämlich jeweils unterschiedliche Objekte – oder auch unterschiedliche Aspekte desselben Objektes – zum Vorschein.jn

Dabei gilt als Faustregel: Je kurzwelliger (oder hochfrequenter) die Strahlung, desto höher die Temperatur und die Energie der Strahlungsquelle. Heiße Sterne zum Beispiel leuchten vornehmlich im relativ kurzwelligen UV Bereich, während die kalten Wolken aus Staub und Gas, aus denen sie ursprünglich entstanden eher langwellige Mikrowellen ausstrahlen. Um das Universum in all seiner Schönheit kennenzulernen, müssen wir also mit unseren Beobachtungen den gesamten kosmischen Regenbogen abdecken. Und genau darum geht es in diesem Buch.

Radiowellen haben eine lange, illustre Geschichte: Sie waren die ersten elektromagnetischen Wellen, die von Menschen bewusst generiert und für ihre Zwecke (Stichwort: Radio!) genutzt wurden. Der Startschuss fiel bereits 1864. mit den berühmten Maxwellschen Gleichungen: Darin postulierte James Clerk Maxwell, dass elektrische und magnetische Felder sich als sogenannte elektromagnetische Wellen im Raum ausbreiten können und dass unser allseits bekanntes Licht nur eine kurzwellige Art dieser elektromagnetischen Strahlung sei. In gewisser Weise geht also dieses gesamte Buch auf Maxwell zurück, was ich ziemlich ironisch finde – denn ich habe die Maxwellschen Gleichungen und eigentlich alles, was mit Elektrizität und Magnetismus zu tun hatte, während meines Astrophysik-Studiums regelrecht gehasst. Aber zum Glück für mich (und dich!) haken wir unseren Freund Maxwell an dieser Stelle auch schon ab und konzentrieren uns auf die spannenden Auswirkungen seiner Theorie im Alltag – und natürlich in der Astronomie. Denn ohne elektromagnetische Wellen geht wirklich gar nichts.

STECKBRIEF

Wellenlänge: > 15 cm

Frequenz: < 2 GHz

Teleskope: Arecibo, LOFAR, SKA

Astronomische Quellen: Radiogalaxien, neutraler Wasserstoff, Pulsare, Aliens?

Anwendung: Radio, GPS

Angefangen mit der Telekommunikation. Zwar war es schon in den 1830er Jahren möglich, mithilfe von Drahtverbindungen und elektrischen Impulsen Nachrichten im Morsecode zu verschicken, die am anderen Ende der Leitung als Telegramme entschlüsselt werden konnten. Aber dafür war eben immer eine Drahtleitung notwendig – nicht besonders praktisch, wenn man zum Beispiel auf einem Schiff unterwegs war. Glücklicherweise gelang es Heinrich Hertz 1886 mithilfe von einem Funkeninduktor (deswegen der Name Funkwellen!), ein paar Zinkkugeln und Drähten, erstmals elektromagnetische Wellen zu erzeugen und durch die Luft von einem Sender zu einem Empfänger zu schicken – ganz ohne Drahtverbindung!

Die Grundlage für die Radiokommunikation war gelegt und wurde über die nächsten Jahrzehnte von Forschern aus aller Welt weiterentwickelt. Heinrich Hertz wurde mit der meiner Meinung nach höchsten aller Auszeichnungen geehrt – einer nach ihm benannten physikalischen Einheit, in diesem Falle die der Frequenz. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich das sogar einem Nobelpreis vorziehen, denn die gängigsten Physik-Einheiten kennt jedes Schulkind, die Nobelpreisträger mit ein paar Ausnahmen eher nicht.

Der Rundfunk, wie wir ihn auch heute noch kennen, etablierte sich ab den 1920er Jahren und basiert darauf, dass Radiowellen gezielt entweder in Amplitude (AM Radio) oder Frequenz (FM Radio) moduliert werden. Diese leichte Abänderung der Trägerwelle enthält das zu sendende Signal. Das kann man sich vorstellen wie einen hin und her wippenden Cowboy auf einem gleichmäßig galoppierenden Pferd: Der Tanz des Cowboys ist das, was wir sehen wollen – aber ohne das Pferd würde er uns niemals erreichen.

Das Besondere an unserem Radiowellen-Pferd ist, dass es dank seiner langen Beine Hindernisse einfach überspringen kann – würden wir unseren Cowboy stattdessen auf einen Chihuahua setzen, wäre an der ersten kleinen Mauer Schluss. Und genauso ist es auch bei elektromagnetischen Wellen: Die langen Radiowellen können (anders als zum Beispiel das sichtbare Licht) Hindernisse wie Wände und Mauern problemlos durchdringen und so auch bei geschlossener Tür von unserem Radioempfänger erkannt und in Schallwellen umgewandelt werden. Die übrigens keine elektromagnetischen Wellen sind, sondern Druckwellen. Das ist auch der Grund dafür, warum dich im Weltall keiner schreien hört: Druckwellen brauchen ein Medium, wie zum Beispiel Luft oder auch Wasser, in dem sie sich ausbreiten können. Elektromagnetische Wellen hingegen können sich auch im Vakuum des Weltalls ausbreiten – zum großen Glück für die Satellitentelekommunikation und einer weiteren Radiowellentechnologie, die aus unserem Alltag heute nicht mehr wegzudenken ist: GPS (Globales Positionsbestimmungssystem).

GPS und die damit verbundene Satellitennavigation hat mich schon so manches Mal aus der Bredouille befreit: bei der Hostel-Suche in Asien, der langen Wanderung im Nirgendwo in den chilenischen Anden oder auch einfach der Stauumfahrung in München. Tatsächlich ist das Navi inzwischen zu einem festen Bestandteil unseres modernen Lebens geworden. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich früher zurechtgekommen bin ohne den blauen Punkt auf meinem Smartphone, der mir genau anzeigt, wo ich bin – und wo ich hinmuss. Wahrscheinlich habe ich mich einfach viel verlaufen und verfahren (und dabei manchmal Unerwartetes entdeckt, aber das ist eine andere Geschichte).

Die Technologie hinter der Positionsbestimmung ist vom Konzept her so einfach wie technisch aufwändig und beruht darauf, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen immer gleich ist: Sie sind nämlich mit der Lichtgeschwindigkeit von etwa 300 000 Kilometern pro Sekunde unterwegs. Wenn ich nun ein Radiosignal von einem Sender (wie zum Beispiel einem Satelliten) zu einem Empfänger (wie zum Beispiel einem Smartphone) schicke und messe, wie lange das Signal unterwegs war, kann ich die Entfernung zwischen den beiden bestimmen. Wenn ich einen zweiten und dritten Sender hinzuziehe und auch diese Entfernungen messe, bekomme ich eine Positionsbestimmung im dreidimensionalen Raum. Ein Gleichungssystem mit drei Unbekannten, das kennen wir doch alle noch aus dem Matheunterricht?

Tatsächlich sind aber vier Satelliten nötig, um eine genaue Positionsbestimmung zu erzielen, und das liegt an einer weiteren Unbekannten: der Zeit. Klar, mein Smartphone hat eine Uhr, die so schlau ist, dass sie sogar die Zeitumstellung im Frühjahr und Herbst für mich übernimmt. Aber sie geht einfach nicht genau genug für eine gute Positionsbestimmung via GPS. Eine Zeitungenauigkeit von nur 0,00001 Sekunden hat eine Positionsungenauigkeit von 3 Kilometern zur Folge – die Radiowellen sind einfach wahnsinnig schnell unterwegs. Und mit einer GPS Positionsungenauigkeit von 3 Kilometern brauchen wir gar nicht erst anzufangen – da kann ich mich genauso gut nach der Sonne orientieren wie nach meinem Handy. (Was übrigens erstaunlich gut klappen kann, wenn man sich an den Kinderreim zu den Himmelsrichtungen erinnert. Im Osten geht die Sonne auf – und so weiter. Funktioniert aber natürlich nur, wenn man die Sonne auch sehen kann.)

Weil nun die genaue Zeitmessung so wichtig ist, haben die GPS Satelliten (im Gegensatz zum Smartphone) Atomuhren an Bord. Somit kann der vierte Satellit aus der Positionsbestimmung der anderen drei Satelliten und der eigenen Entfernungsmessung zum Smartphone dessen Uhrenfehler berechnen und korrigieren. Und ich freue mich, weil ich es so pünktlich zu meiner Verabredung im richtigen Café schaffe und nicht in dem zwei Straßen weiter lande.

Radiowellen sind optimal für die Übertragung durch Satelliten, weil unsere Atmosphäre in dem Wellenbereich (zumindest für Wellenlängen kleiner als circa 10 Meter) komplett durchsichtig ist und die Strahlung ohne Probleme zur Erdoberfläche und zurück gelangen kann. Das ist beileibe nicht für alle elektromagnetische Wellen der Fall, wie wir noch sehen werden. Und dieses Fenster steht natürlich nicht nur offen für menschengemachte Radiosignale von Satelliten, die unsere Erde umkreisen, sondern auch für Radiosignale von weit draußen, aus den Weiten des Weltalls. Und nein, damit meine ich keine kleinen grünen Männchen, die sich als Frühstücksmoderatoren versuchen. Sondern das Universum, das uns seine dunkelsten Geheimnisse preisgibt. Klingt leicht esoterisch, ist aber knallharte Wissenschaft.

Galaktische Funkfeuer

Im Vergleich zu kurzwelligerer Strahlung können Radiowellen nicht nur unsere Atmosphäre, sondern auch Materie relativ ungehindert durchdringen. Das kommt uns, wie wir schon gesehen haben, auf der Erde beim Rundfunk zugute, ist aber auch extrem praktisch, wenn wir durch interstellare Materie hindurch weit in den Kosmos schauen wollen. Das Zentrum unserer Galaxie zum Beispiel wird bei sichtbaren Wellenlängen vom interstellaren Gas und Staub komplett verschleiert, leuchtet dagegen im Radiowellenbereich erstaunlich hell. So hell, dass es dem Radioingenieur Karl Jansky Anfang der 1930er Jahre bei seinen Untersuchungen zum statischen Rauschen in der transatlantischen Radiokommunikation auffiel. Er fand heraus, dass dieses statische Rauschen nicht nur bei Gewittern, sondern auch alle 23 Stunden und 56 Minuten deutlich zunahm. Astronomen werden da sofort hellhörig: 23 Stunden und 56 Minuten entspricht nämlich einem Sterntag. Das ist die Zeit, die ein Fixstern braucht, um einen vollen Kreis am Himmel zu beschreiben und wieder an der gleichen Stelle beobachtet werden zu können.

Ein Sterntag ist (wie dir wahrscheinlich sofort aufgefallen ist) vier Minuten kürzer als ein Sonnentag. Da die Erde sich nicht nur einmal am Tag um sich selbst dreht, sondern auch einmal im Jahr um die Sonne kreist, muss sie sich jeden Tag ein kleines bisschen mehr als 360 Grad drehen, um der Sonne genau die gleiche Seite zuzuwenden. Diese Extradrehung dauert vier Minuten und macht den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen einem Sonnen- und einem Sterntag aus. Und ist der Grund dafür, warum sich der Nachthimmel im Laufe eines Jahres verändert: Die Sternzeit verschiebt sich einfach im Vergleich zur Uhrzeit, sodass sich auch die nachts hoch stehenden Sternbilder verschieben. So kann man bei uns in Deutschland in den warmen Monaten das Sommerdreieck, im Winter hingegen Orion bewundern.

Zum Glück hatte Karl Jansky einen Freund, der Astronom war. Denn sonst wäre er dem Ursprung des statischen Rauschens vielleicht nie auf die Schliche gekommen und wäre nie in den Genuss einer nach ihm benannten physikalischen Einheit gekommen. Das Jansky wird in der Radioastronomie für die spektrale Flussdichte verwendet und ist vielleicht nicht ganz so geläufig wie die Frequenzeinheit Hertz, aber immerhin! An dieser Stelle ein kleiner Gruß an all meine Freunde, die den praktischen Nutzen meiner Arbeit noch nicht erkannt haben. Karl Jansky jedenfalls entdeckte mithilfe seines Freundes, dass das von ihm entdeckte Radiosignal aus dem Zentrum unserer Milchstraße kam – und setzte damit ganz nebenbei den Startschuss für die Radioastronomie.

Wie sich später herausstellte, ist die Milchstraße nicht die einzige Galaxie, deren Zentrum Radiostrahlung abgibt. Einige Galaxien leuchten im Radiowellenlängenbereich sogar sehr viel heller als im sichtbaren Licht und werden deswegen kurzerhand als Radiogalaxien bezeichnet. Radiogalaxien sind große elliptische Galaxien mit einem aktiven galaktischen Kern, durch den teils extrem starke Radiostrahlung erzeugt wird. Diese entsteht durch die Ablenkung und Beschleunigung hochenergetischer, geladener Teilchen in einem starken Magnetfeld und wird auch Synchrotronstrahlung genannt.

Jetzt klingelt es wahrscheinlich bei den Physikerinnen. Alle Nicht-Physiker stellen sich eines dieser Salatschleudergeräte vor, in dem ein noch ziemlich nasser Salat (ich persönlich mag gerne Feldsalat, aber stell dir gerne deinen Lieblingssalat vor) herumgeschleudert wird. Durch die Beschleunigung der wassergeladenen Salatblätter löst sich das Wasser und spritzt in Richtung der Drehung heraus6. Fertig ist unsere hausgemachte, sehr nasse Strahlung – sowie ein gesunder Snack zur Stärkung der grauen Zellen. Echte Synchrotronstrahlung wird auf der Erde in Teilchenbeschleunigern (in Deutschland zum Beispiel BESSY in Berlin oder DESY in Hamburg) erzeugt und für die unterschiedlichsten Experimente in Bereichen wie Biophysik, Materialwissenschaften oder Mineralogie verwendet. In Radiogalaxien entsteht sie durch die Wechselwirkung zwischen den beidseitig aus dem aktiven galaktischen Kern herausschießenden Jets (Materiestrahlen) und der intergalaktischen Materie.