Wenn der tote Rabe vom Baum fällt - Max von der Grün - E-Book

Wenn der tote Rabe vom Baum fällt E-Book

Max von der Grün

4,9

Beschreibung

Ein schillernder Reisebericht, ein spannendes Stück Autobiografie - geschrieben in einer zeitlosen Prosa. Drei Wochen lang war Max von der Grün 1974 auf Einladung der Goethe-Institute Izmir, Istanbul, Teheran, Kabul, Karatschi, Tel Aviv und Jerusalem unterwegs. Das Ergebnis ist eine faszinierende Schilderung dessen, was einem deutschen Schriftsteller passieren kann, wenn er unterschiedlichste Länder besucht. Max von der Grün zeigt aufs Neue, dass er an allen Menschen großes Interesse hegt, ganz gleich, ob sie ihm auf dem Markt begegnen oder ob sie abends nach einer Lesung mit ihm diskutieren wollen. Er muss sich zur deutschen Vergangenheit äußern, muss als Autor und Mensch Farbe bekennen. Aber Max von der Grün hat mehr als nur den Bericht einer aufregenden Reise geschrieben. Vieles, was ihm 1974 in Kabul und anderen Krisenherden aufgefallen ist, erweist sich auch heute noch als relevant. In solchen Situationen spürte er, dass Kriege unvermeidbar sind, wenn man nicht frühzeitig bessere Lösungen findet. 'Wenn der tote Rabe vom Baum fällt' ist Max von der Grüns persönlichstes Buch. Der Band X enthält zusätzlich die Texte 'Ein Tag wie jeder andere', 'Meine Erfahrungen mit Schülern und Lesern' und 'Lesereise'.

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Seitenzahl: 352

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Max von der Grün

Wenn der tote Rabe vom Baum fällt

Prosa

Mit weiteren Texten von Max von der Grün

und einem Nachwort von Wolfgang Körner

PENDRAGON

 

Wir danken für die Förderung dieses Projektes der Kunststiftung NRW

KUNSTSTIFTUNG → NRW

Unsere Bücher im Internet:

www.pendragon.de

Veröffentlicht im Pendragon Verlag

Günther Butkus, Bielefeld 2011

© by Pendragon Verlag Bielefeld 2011

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Martine Legrand-Stork

Umschlag & Herstellung: Uta Zeißler (www.muito.de)

Gesetzt aus der Adobe Garamond

eISBN: 978-3-86532-290-6

Inhalt

Wenn der tote Rabe vom Baum fällt

Stephan Reinhardt, Wer viel reist …

Max von der Grün, Ein Tag wie jeder andere

Max von der Grün, Meine Erfahrungen mit Lehrern und Schülern

Max von der Grün, Lesereise

Nachwort von Wolfgang Körner

Editorische Notiz

Wenn der tote Rabe vom Baum fällt

Wohin mich meine Reise führte, wusste ich, nicht aber, was mich erwartete.

Als ich in Düsseldorf ins Flugzeug stieg, erinnerte ich mich an einen Satz, den ein mir bekannter türkischer Gastarbeiter immer sagte, wenn er von der Zukunft sprach: Allah hat hundert Namen, wir Gläubige kennen neunundneunzig, den hundertsten kennt nur das Kamel.

Also werde ich unterwegs einmal ein Kamel fragen.

Im August 1973 sprach mich ein junger Mann vom Generalkonsulat Istanbul an, es war am Strand von Kumbaba am Schwarzen Meer, ob ich Lust hätte, einmal nach Istanbul zu einer Lesung zu kommen. Ich hatte Lust.

Ich machte damals Urlaub und arbeitete gleichzeitig an einem Drehbuch für einen zweiteiligen Fernsehfilm. Kumbaba – das heißt Sandvater. Kumbaba heilte vor hundert Jahren die Kranken mit Sand, aus ganz Anatolien pilgerten die Menschen zu ihm, so erzählen dort die Leute.

Aus dieser Zusage wurde eine lange Reise, und bis sie schließlich in allen Einzelheiten festgelegt war, vom ersten Briefwechsel mit Dr. Anhegger in Istanbul bis zum Antritt der Reise, verging über ein Jahr.

Weil am 1.11.1974 neue Flugpläne in Kraft getreten waren, einige Länder im Nahen Osten hatten Flüge ganz gestrichen, so dass ich zwei bis drei Tage auf das Anschlussflugzeug hätte warten müssen, wurde alles wieder umgestoßen. Ich war lustlos geworden, am liebsten hätte ich die Reise abgesagt. Ich begann schon nervös zu werden, wenn das Telefon klingelte, ich fürchtete, Istanbul, wo die Reise geplant wurde, oder die Zentralverwaltung in München würden mir erneut Terminverschiebungen vorschlagen. Das entnervte mich im Laufe der Zeit so, dass ich am liebsten abgeschrieben hätte: Zum Teufel mit Goethe!

Absagen aber konnte ich nicht mehr, denn ich wusste aus Erfahrung, dass man die nicht enttäuschen darf, die zur Lesung eines Autors kommen, aus welchen Gründen auch immer.

Das Manuskript meines neuen Buches lag im Verlag, mit Stephan hatte ich vier Tage zusammengesessen, diskutiert und lektoriert, kurz vor Abflug hatte ich noch die Fahnen gelesen.

Eine gute Zeit zum Reisen.

Auf den technischen Ablauf im Verlag hat man als Autor sowieso keinen Einfluss mehr, dieser Mechanismus hat seine eigenen Gesetze, über den Autor wird nur noch verfügt.

In dem Bewusstsein, zu Hause nichts zu versäumen, trete ich die Reise an. Ich habe mich losgelöst von dem, was ich zurücklasse, und bin doch wieder unsicher vor dem, was mich erwartet. Ich muss lernen, mit der Unruhe fertig zu werden, muss lernen, mich auf das Neue einzustellen.

Der Frankfurter Flughafen ist eine Zumutung, es sind nicht allein die Entfernungen, die man zurücklegen muss, um von einem Gate zum anderen zu gelangen, er ist so gut beschildert, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.

Auf dem Frankfurter Flughafen geht es mir, wie es früher meiner Mutter erging, wenn sie alle zehn Jahre einmal mit der Eisenbahn fuhr. Bis zur Abfahrt des Zuges fragte sie jeden, ob das auch der richtige Zug sei, und fuhr der Zug schon, fragte sie wieder: Ist das der Zug nach …

Sie war eine misstrauische Frau, und sie sah sich einer Welt von Feinden gegenüber, wenn sie die vertraute Welt der Kleinstadt, in der sie lebte, doch einmal verlassen musste. Einmal hatte sie tatsächlich im falschen Zug gesessen. Vor Jahren wollte sie mich in Dortmund besuchen, in Stuttgart ist sie angekommen. In Nürnberg war sie in den falschen Zug umgestiegen, aber sie war darüber nicht unglücklich, denn Stuttgart kannte sie noch nicht. Warum der Schaffner ihr den Irrtum nicht erklärt hat? Hat er. Aber meine Mutter hatte ihn überzeugt, dass der Zug, in dem sie saß, nach Dortmund fahren müsse, weil ihre Fahrkarte nach Dortmund ausgestellt war. Der Schaffner hat ihr schließlich in Stuttgart ein billiges Hotel empfohlen. Als sie dann doch mit zweitägiger Verspätung in Dortmund ankam, schimpfte sie auf die Bundesbahn, dass sie auch nicht mehr das wäre, was die Eisenbahn in ihrer Jugendzeit einmal gewesen war.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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