Wenn es dunkel wird... - Luca D'Ortona - E-Book

Wenn es dunkel wird... E-Book

Luca D'Ortona

0,0

Beschreibung

Wenn es dunkel wird und die Sonne sich dem Horizont neigt, erwachen die Wörter zum Leben. Sie formen sich zu 60 Gedichten, kurzen Geschichten und Texten. Mal heiter, mal ernst erzählen sie von den großen Fragen und kleinen Anekdoten des Lebens: Wo werden mich meine Wege hinführen? Worauf kommt es eigentlich wirklich an? Was kauft ein Jedi im Supermarkt? Und was machen Pferde abends, wenn sie alleine auf dem Hof sind? Mit der Leichtigkeit einer kühlen Sommernacht formen sich in diesem Sammelband die Wörter zu tiefsinnigen Slamtexten, romantischer und unterhaltsamer Lyrik, und Adaptionen bekannter Märchen und Fabeln. Ein Streifzug durch die Epochen und Themen unserer heutigen Gesellschaft.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 88

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Für meine geliebten Eltern

Inhalt

00:47

2 Krisen

3-2-1

52 Orangen

Adventseinkauf

Am Bahnhof

Anonym

atmend

Auf dem großen Platz

Aufstehen

Begegnung am Abend

Brotverteidigung

Danksagung

Das Größte

Das Lamm und der Wolf

Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern

Der feine Unterschied

Der Fuchs und der Rabe

Der Hund trägt ein Stück Fleisch durch den Fluss

Der Rabe

Der Wolf und der Kranich

Der Wolf und die sieben Geißlein

Des Morgens

Die Anderen

Die Krähe

Die Sage von der Mückenplage

Die Wunde

Du bist alles

Es wird morgen

Franz Kafka – Der Prozess

Freiheitsvermarktung

Hass für Zwischendurch

Immer öfter

Impressionen meines nachmittaglichen Winterspaziergang im Regen

In meinem Bauch

Jetzt

Kein Netz

Knecht Schwarzspecht

Kurz vor der Frage

Liebesgespräch

Lunge

Mein allererstes Gedicht: Kalter Wald

Mein Kopf

Möge der Markt mit dir sein

Muttertag

Pausenrevolution

Rede für den Menschen

Schneewittchen und die sieben Zwerge

Schwarz-weiß

Sie bewegt sich

staatenlos

ungesattelt

Unter Eichen

Unwichtig

vergänglich

Vorm offenen Fenster

Wärst du

Weihnachten?

Welt voller Straßen

Wenn es dunkel wird

Wie ein Salamander

Wirtschaftskraft

Zugbegleiter

Züge

Zwei Maulesel und die Räuber

Zu guter Letzt

00:47

In einem Moment vollkommener Klarheit

habe ich manchmal den Eindruck

plötzlich klar zu sehen.

So klar und gleichzeitig verschwommen.

Als hätte man ganz plötzlich alles stumm gestellt.

Alles hält inne und bewegt sich in Zeitlupe.

Die Gerüche, Geräusche klingen alle dumpf

und erreichen mich kaum.

Alles kann

in diesem Moment wahrgenommen werden,

auch wenn man nichts wirklich klar erkennen kann.

Zu scharf sind die Konturen,

alles wirkt überzeichnet,

so klar, dass es perfekt und zugleich künstlich wirkt,

als wäre man im Zentrum eines Orkans.

Alles um dich herum tobt,

aber du merkst kaum was

und du siehst daher alles

als würde es vor sich hinschleichen.

Einen Moment.

Bevor es wieder laut wird.

2 Krisen

Ich möchte gern 2 Krisen leasen.

Ich möchte es den Leuten mal so richtig vermiesen

diesen ganzen fiesen Riesen

dieser Welt

mit ihren Aktien

mit ihrem Geld

in ihren Koffern

sehen sie sich ihren Stoff an

und verpulvern Milliarden

für ihr eigenes Glück.

Ich möchte 2 Krisen

und ich hol's mir zurück.

3-2-1

Gedanke

Schranke

Wille

Weg

Genuß

Kurzschluss

52 Orangen

52 Orangen standen an der Straße

drei verfaulten durch giftige Abgase,

sechs wurden von einem Obdachlosen eingesammelt,

eine zerquetscht von einem Tollpatsch,

der nur stammelt

fünf sahen einen Raub

und wurden darüber ausgepresst,

zwei verstarben an der Pest.

elf wurden Opfer eines Fußballspiel,

vieren wurde der Lärm zu viel.

sieben wurden von einem gierigen Buben verspeist,

neun eingepackt und zuhause vereist.

drei wurden eingesackt, zerpresst

und dann zur Brause

Nur die letzte überlebte

und nahm den Bus nachhause.

Adventseinkauf

Bastian hob den Kopf tief in seinen kalten Nacken.

Einige Schneeflocken flogen ihm in den Mund.

Nun konnte er das ganze Kaufhaus sehen.

9,95€.

Er stand davor. Direkt vor dem Backshop und neben

dem Schuhladen. Er hatte es sich genau gemerkt, als er

das letzte Mal hier war.

Die erste Frage, die er sich stellte war, ob er wohl das

war, was er bislang von solchen

Leuten gehört hatte.

Er stellte sich vor, wie er die Rolltreppe hochfahren

würde. Er würde bis ganz nach oben fahren, vorbei an

den Anziehsachen. Vorbei an den Uhren und den

goldenen Armbändern. Immer weiter, ganz allein. Die

Mutter war im Schuhladen nebenan.

Eine alte dreckige Mütze war auf sein klägliches

Gesicht gezogen. Er sah nicht gut aus.

Ganz oben, am Ende der Rolltreppe, würde er scharf

links gehen. Dann die dritte Reihe rechts auf der linken

Seite, direkt auf Augenhöhe. Er wusste schon, wo links

und rechts war. Tom hatte es ihm letztens beigebracht.

Er war bereits hier gewesen. In derselben Etage, in

derselben Reihe. Es war das erste Mal, dass er ganz

alleine etwas kaufte.

Ganz alleine.

Alles was der Mann hatte war eine löchrige Decke.

Seine Haut verriet ihm, dass er wohl schon oft ähnlichen

Temperaturen wie diesen ausgesetzt war.

Aus dem Eingang ging jetzt eine Frau heraus.

Vielleicht war sie es, die gerade den letzten Karton

eingepackt hatte. Vielleicht hatte sie 9,95€ bezahlt.

Bastian schob seinen Handschuh aus und griff in seine

Hosentasche. Der Schein war noch da.

Fünf Cent Rückgeld würde er bekommen, das hatte er

bereits ausgerechnet.

Es schien ihm plötzlich, als säße er mitten in der

Fußgängerzone. Zwischen all den vorübergehenden

Leuten, mit großen Plastiktüten und schnellem Schritt.

Er dachte daran, wie Tom einmal von ihnen erzählt

hatte: „Das sind doch alles nur Säufer. Die haben

einfach keinen Bock zu arbeiten.“

Auch hatte er erzählt, dass sie immer aus dem

Mülleimer essen und unter Brücken schlafen würden.

Bastian fröstelte es im Gesicht. Er war jetzt gerade

einmal eine halbe Stunde in der Kälte. Im Kaufhaus war

es warm. Außerdem würde seine Mutter gleich

kommen. Er wollte es endlich auspacken. Nach so

langer Zeit, wollte er es endlich selber haben. Er wollte

selber damit spielen dürfen, nicht nur ganz kurz wenn

Tom es ihm erlaubte. Seine Hand, in welcher der Schein

zerknüllt war, verkrampfte sich.

Noch immer stand er vor dem Kaufhaus.

Der Becher war fast leer.

Ein letztes Mal blickte Bastian nach oben.

Schneeflocken flogen ihm in den Nacken und

schmolzen auf seinem Rücken. Er drehte sich und ging

in den Backshop. Er bezahlte 38 Cent.

Am Bahnhof

Nun stehst im letzten Abendlichte,

auf dem Bahnsteig du und richte

deine matten müden Blicke,

doch voll Erwartung und Geschicke,

deiner letzten Sorgen,

die gehen mit dem Abend

und kommen mit dem Morgen

auf den Anzeiger über dir,

im weißen Schimmer, über hier

und dort nach irgendwo.

Mit deinem Koffer denkend so,

welch' Weg dir hier beschieden ist.

Auf welchen Strecken du dich trimmst,

weil's lang noch nicht entschieden ist,

welchen Zug du heute nimmst.

Kannst dort gehen zum Gleise Eins,

die grellen Lichter, von dort scheinst

du, Zug des schnellen Weges,

der du flüchtend,

eilend und nach Tempo süchtend

deine Bahn durchs Land dir schlingt.

auf dass es allzu bald gelingt.

auf dass du in schnellen Wegen,

pflegen, hegen und dich trotz Regen regen kannst.

auf dass das Unnütz du verbannst

und eilend zielgerichtet,

fährst, bis man's ersichtet.

Den Traum der Stadt im Abendschimmer.

Hoffnung, Wohlstand und auch immer,

der Dschungel des modernen Wesens.

Klug gebildet, schnell des Lesens

und erblickend's der vielen Schilder.

Und des großen Glücks nicht milder.

Dies mag dein Weg sein,

obwohl dabei,

du viel verpasst in Raserei.

Kannst auch gehen, dort zum Gleise 2,

ein warmes Bett ist dir dabei.

auf dass du selig schlummern kannst,

wenn draußen alles lacht und tanzt.

Wenn es um dich herume bebt,

alles schreit und gröhlt und lebt,

kannst du in deinem Leben sitzen

und auf wohlig weichen Sitzen,

in Ruhe deine Zeitung lesen,

so ist's für manchen Mensch gewesen.

Viel wirst du nicht mitbekommen,

doch viel wird dir auch nicht genommen.

Denn buchst du die gesamte Fahrt,

fragt dich niemand um deinen Rat.

Dann lässt ein jeder dich in Ruh'

und du schaust vom Fenster zu.

Wie sich freuen und sich streiten,

wie sie räumen, vorbereiten

und du gehst höchstens ins Cafè,

und denkst dir: Gut, dass ich's nicht seh'.

Denn nirgends entgehst du so viel Trug,

wie in des Nachtes warmen Zug.

Kannst auch gehen zum dritten Gleis,

denn dort steht scheinbar still und leis,

ein kleiner Wagen, leicht beschmutzt,

ward schon lang nicht mehr geputzt,

und bringt dich auf die leise Weise,

Stück für Stück ans Ziel der Reise.

Hält an jedem Bahnhof an,

wo scheinbar man nichts sehen kann,

schaut man jedoch stramm gebannt,

in ruhiger Fahrt aufs stille Land,

mag vieles dir ins Herze fallen,

dort wo sonst am liebsten allen,

anderen die Galle kommt.

Dort genau entdeckst du prompt,

vielleicht dein eignes Lebensglück,

falls nicht, dann fährst du noch ein Stück

und tuckerst voller Heiterkeit

kommst kaum voran und dennoch weit.

So zaudere nicht lang, sitzend frierend,

voll von ratlos, Gram und zierend.

Denke nicht zuviel zurück,

alles bringt dich nur ein Stück

fern von dem was man hier Leben nennt.

Ob man kriecht und geht und rennt.

Alles bringt uns bald voran,

drum mach dich, zieh den Mantel an.

Es ist soweit, du solltest geh'n,

gibt so vieles noch zu seh'n.

Die Bahnhofsuhr tut tickend kund,

der Lautsprecher verzieht den Mund

Alle stehen schon auf dem Gleise,

komm schon, mach dich auf die Reise.

Anonym

Ich glaub’ ich weiß wie du heißt

Ich glaub’ ich kann Verstehen

Ich glaub’ zu wissen wer du bist

Ich kann endlich klar seh’n

Wie es ist.

Lange hast du dich versteckt in deiner Seele

Ich habe es entdeckt

Ich hoffe das ich dich nicht quäle.

Wie ein Pseudonym bleibst du weit weg

Hast dich keinem gezeigt.

Anonym

War dein Leben

Anonym

Das warst du

Doch das wird es nicht mehr geben

Jetzt ist Ruh’.

Warum hast du dich keinem gezeigt

Alles nur für dich behalten

Warum hast du dich nur weggeneigt

Musstest immer für dich verwalten.

Ich versteh’ das nicht.

Ich werde es nie begreifen.

Anonym

War dein Leben

Anonym

Das warst du

Doch das wird es nicht mehr geben

Jetzt ist Ruh’.

atmend

Jeden Abend wenn es dunkelt

träge geht der Tag von dannen

trag ich mein Wesen glitzernd funkelnd

in den Schutz der dunklen Tannen

Dort sitzt dann mein stummes Schweigen

schwelgend in Erinnerungen

sehe dich im Nymphenreigen

bleibe bis zur Dämmerung

Blick dich fröhlich,

lachend,

tanzend

mit Glückseligkeit getränkt

auf dass die Hoffnung sich verschanzend

einen Moment ans Flüchten denkt

ohne Markel stehst du vor mir

Sonnenlicht durchtränkt dein Haupt

Glitzernd deine weichen Haare

wenn die Fensterbanke staubt

Und all die feinen Teilchen

schweben sanft,

sind längst vergang'

So verweil ich noch ein Weilchen

ein Reh trabt stolz am Weg entlang

So möchte ich dich

noch einmal sehen

bevor du die Fähre schwebst

lieblich sollen Engel gehen

durch sie weißt du dass du lebst

So trag ich in dem stummen Schmerze

nachts mein Leiden vor die Welt

niemand wird mich hören können

Kein Kater mauzt, kein Hund nur bellt

In dem Rausche tief verworren

häng ich in dem Wolkenwald

Leise deckt die Sonne wärmend

alles auf und mir wird kalt

Auf dem großen Platz

Ich stehe hier.

Wirklich, ich stehe hier und kann es kaum glauben.

Ich dachte das ginge gar nicht.

Ich dachte es wäre zu laut.