Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei - Russ Harris - E-Book
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Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei E-Book

Russ Harris

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Beschreibung

Endlich wirklich leben anstatt ständig dem Glück nachzujagen

Kann es sein, dass unsere Vorstellungen von Glück uns unglücklich machen? Ja! Denn je stärker wir versuchen, schmerzhafte Gedanken und Gefühle zu verdrängen oder durch positive zu ersetzen, desto mehr leiden wir. Auch Stress, Ängste und Depressionen nehmen zu. Dem möchte Russ Harris mit der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) entgegenwirken. Er verdeutlicht, dass negative Emotionen keineswegs angestrengt bekämpft werden müssen. Wenn wir sie zulassen und uns ihnen stellen, können wir der Glücksfalle entkommen und echte Erfüllung finden.

Der Weltbestseller zur Akzeptanz- und Commitment-Therapie – jetzt komplett überarbeitet!

● Stress, Ängste und Depression überwinden

● Unsicherheit und Selbstzweifel hinter sich lassen

● Ein zufriedenes und erfülltes Leben führen

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 482

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Buch

Es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, die das Gefühl haben, dass etwas in ihrem Leben fehlt. Trotz beruflichem oder privatem Erfolg sind sie nicht wirklich glücklich. Die aktualisierte und erweiterte Neuausgabe des Bestsellers Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei erklärt, wie Sie dieser »Glücksfalle« entkommen. Dr. Russ Harris zeigt mit Hilfe der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) einen Ausweg aus Stress, Angst und Depression hin zu einem wirklich erfüllten Leben. Sein Buch bietet praxiserprobte Techniken,

• um Stress und Sorgen zu vermindern,

• mit schmerzhaften Gedanken und Gefühlen umzugehen,

• Angst, Selbstzweifel und Unsicherheit abzubauen,

• selbstzerstörerische Gewohnheiten abzulegen,

• Beziehungen zu verbessern und

• Erfüllung zu finden.

Dieser bahnbrechende Ansatz hilft dabei, echtes Glück zu finden.

Autor

Dr. Russ Harris ist ein weltweit anerkannter Trainer für die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Als Allgemeinmediziner interessierte er sich zunehmend für die psychologischen Aspekte von Gesundheit und Wohlbefinden. Heute arbeitet er als Therapeut und Coach. Seit 2005 hat Russ Harris über 800 Workshops durchgeführt und mehr als 50 000 Personen aus dem Gesundheitsbereich in ACT geschult. Zudem hat er mehrere ACT-Lehrbücher sowie ACT-basierte Selbsthilfebücher geschrieben. Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei verkaufte sich in seiner ersten Ausgabe weltweit über eine Million Mal und wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt.

Mehr Informationen unter: www.TheHappinessTrap.com

RUSS HARRIS

Wer dem

GLÜCK

hinterherrennt, läuft daran vorbei

Ein Umdenkbuch

Komplett aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Aus dem Englischen von Maike und Stephan Schuhmacher

Die australische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel The Happiness Trap bei Exisle Publishing Ltd., Chatswood.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe Juli 2023

Copyright © 2011/2020/2023 der Originalausgabe (Text): Russ Harris

Copyright © 2023 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Getty Images/Digital Zoo

Kleeblatt-Illustration: adobe Stock/elialady

Redaktion: Birthe Vogelmann

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

KW ∙ CB

ISBN 978-3-641-30691-5V001

Meinen Kindern Adrian, Darrell, Yulanie und Quentin gewidmet.

Es gibt ein altes Sprichwort: »Familien sind wie die Äste eines Baumes. Wir wachsen in unterschiedliche Richtungen, doch in der Wurzel bleiben wir eins.«

Ich danke euch für alle Liebe und Freude und Herzlichkeit und alles Lachen, womit ihr mein Leben bereichert.

Inhalt

Was ist neu in der aktualisierten, erweiterten Ausgabe?

Teil 1 Warum ist es so schwer, glücklich zu sein?

Das Leben ist schwer

Der Punkt der Entscheidung

Das schwarze Loch der Kontrolle

Vom Kampf ablassen

Teil 2 Vom Umgang mit schwierigen Gedanken und Gefühlen

Wie man sich verankert

Die unendlichen Geschichten

Vom Haken losgelöst

Beängstigende Vorstellungen, schmerzliche Erinnerungen

Das Theaterstück des Lebens

Die Komfortzone verlassen

Der Wert der Freundlichkeit

An einem Gefühl festgehakt

Der Kampfschalter

Raum schaffen

Mit Freundlichkeit zähmen

Präsent sein

Den Körper wieder bewohnen

SICH SORGEN, grübeln, zwanghaftes Denken

Eine Dokumentation über sich erstellen

Die Vergangenheit heilen

Die Kunst der Wertschätzung

Teil 3 DAS LEBEN SINNVOLL GESTALTEN

Ein lebenswertes Leben

Ein Schritt nach dem anderen

Die hohen Barrieren

Schwierige Entscheidungen

Schlechte Gewohnheiten durchbrechen

Über die Distanz gehen

Die Regeln brechen

Höhen und Tiefen

Ein kühnes Abenteuer

Dank

Register

Was ist neu in der aktualisierten, erweiterten Ausgabe?

Als ich mich daranmachte, die aktualisierte Ausgabe dieses Buches zu schreiben (16 Jahre nach der ursprünglichen), erwartete ich, dass es recht schnell gehen würde; nur ein paar kleine Änderungen hier und da. Aber ich merkte bald, dass das Buch von Grund auf überarbeitet werden musste. Als ich schließlich mit der Arbeit fertig war, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass über 50 Prozent des Buches neu waren! Ich denke, das spiegelt wider, wie sehr sich meine Art und Weise, über den Gegenstand dieses Buches zu denken, zu sprechen und die Ergebnisse anzuwenden, im Lauf der Jahre verändert hat.

Neben vielen anderen Änderungen habe ich eine Menge neuer Werkzeuge, Techniken und Übungen hinzugefügt; aktuelle Informationen über die Natur und den Zweck von Emotionen (und wie man emotionale Erstarrung überwindet); viele neue Themen und Kapitel, einschließlich der Frage, wie man schlechte Gewohnheiten durchbricht, Prokrastination überwindet, Panikattacken stoppt, Sich-Sorgen und zwanghaftes Denken unterbricht, mit Wertekonflikten und schwierigen Dilemmas umgeht und Perfektionismus überwindet, ebenso wie den Zwang, es jedem recht machen zu wollen. Dazu kamen praktische Tipps für Menschen, die unter Traumata leiden, und zu guter Letzt jede Menge neues Material über Selbstmitgefühl.

Darüber hinaus habe ich eine ganze Reihe an Geschwafel, Wiederholungen und Fachchinesisch gestrichen. Wenn Ihnen also die erste Ausgabe gefallen hat, hoffe ich und vertraue ich darauf, dass Sie mit dieser Ausgabe noch viel mehr anfangen können.

Viel Spaß beim Lesen und alles Gute

Russ Harris

Teil 1Warum ist es so schwer, glücklich zu sein?

Das Leben ist schwer

Menschsein tut weh. In der kurzen Zeit unseres Verweilens auf diesem Planeten werden wir viele Momente voller Staunen, Wunder und Freude erleben, aber auch zahlreiche Augenblicke der Angst, des Schreckens und der Verzweiflung. Wir werden die Höhen der Liebe, Verbundenheit und Freundschaft erfahren, aber auch die Tiefen von Einsamkeit, Ablehnung und Verlust. Wir werden die Freuden von Erfolg, Sieg und Errungenschaften spüren, aber auch die Bitterkeit von Versagen, Niederlage und Enttäuschung.

Mit anderen Worten: Das Leben ist schwer. Und wenn wir lange genug leben, werden wir alle Schmerz, Stress und Leid in vielen verschiedenen Formen erfahren. Das Problem ist, dass die meisten von uns nicht wissen, wie sie mit dieser Realität umgehen sollen. Wir arbeiten hart, um unser Glück zu finden, aber allzu oft scheitern wir. Und selbst wenn wir erfolgreich sind, ist das meist nur von kurzer Dauer, lässt uns unzufrieden zurück und erzeugt das Verlangen nach mehr Erfolg.

Warum ist es also so schwer, glücklich zu sein?

Ich bin froh, dass Sie fragen. Dieses Buch basiert auf einer großen Anzahl von wissenschaftlichen Forschungen, die zeigen, dass wir alle leicht in eine mächtige psychologische Falle tappen. Während wir durch das Leben gehen, halten wir an vielen wenig hilfreichen Überzeugungen über das Glück fest, Ideen, die weithin akzeptiert werden, weil doch »jedermann weiß, dass sie wahr sind«. Und diese Überzeugungen scheinen sinnvoll zu sein – deshalb findet man sie auch in so vielen Selbsthilfebüchern und Artikeln. Aber leider führen diese irreführenden Vorstellungen in einen Teufelskreis: Je mehr wir nach Glück streben, desto mehr leiden wir. Und diese psychologische Falle ist so gut getarnt, dass wir nicht einmal merken, dass wir in ihr gefangen sind.

Das ist die schlechte Nachricht.

Die gute Nachricht ist, dass es Hoffnung gibt. Wir können lernen, schnell zu erkennen, dass wir in der »Glücksfalle« feststecken – und, was noch wichtiger ist, wie wir ihr entkommen können. Dieses Buch vermittelt Ihnen die Fähigkeiten und das Wissen, dies zu tun. Es basiert auf einem leistungsstarken psychologischen Modell, der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), einem wissenschaftlich fundierten Ansatz, dessen Wirksamkeit durch über 3000 veröffentlichte Studien belegt ist.

Die ACT (ausgesprochen wie das englische Wort »act«) wurde Mitte der 1980er-Jahre in den Vereinigten Staaten von dem Psychologen Steven C. Hayes und seinen Kollegen Kelly Wilson und Kirk Strosahl entwickelt. Seitdem hat sich die Methode rund um den Globus verbreitet. Heute gibt es Hunderttausende von Psychologen, Therapeuten, Beratern, Coachs und Ärzten, welche die ACT in Dutzenden von Ländern praktizieren – von den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Deutschland bis hin zu Uganda, Indien, Indonesien und Iran.

Ein Grund für die wachsende Beliebtheit der ACT ist, dass diese Methode erstaunlich wirksam ist, wenn es darum geht, Menschen mit einem breiten Spektrum von Problemen zu helfen. Die 3000 wissenschaftlichen Studien, die ich bereits erwähnt habe, decken alles ab, von Depressionen, Sucht und Angststörungen bis hin zu Psychosen, chronischen Schmerzen und Traumata. Die ACT ist jedoch nicht nur eine Behandlung für psychische Störungen, sondern wird auch eingesetzt, um Menschen dabei zu helfen, sich gut an chronische Krankheiten und Behinderungen anzupassen und ein sinnvolles, lohnendes Leben aufzubauen, selbst wenn sie unter schweren anhaltenden gesundheitlichen Problemen leiden. Darüber hinaus wird sie von Streitkräften, Rettungsdiensten, Regierungsstellen, Profisportteams und Olympioniken, Unternehmen, Kliniken und Schulen eingesetzt, um die Gesundheit und das Wohlbefinden zu verbessern, Stress abzubauen, die Leistung zu steigern und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.

Und nicht zuletzt wissen wir alle, wie wichtig es ist, sich gesund zu ernähren, regelmäßig Sport zu treiben und gute Beziehungen zu anderen Menschen zu pflegen; dies sind grundlegende Bausteine für Gesundheit, Glück und Wohlbefinden. Aber wie schwer ist es, diese Dinge tatsächlich und dauerhaft zu praktizieren? In der Theorie ist das leicht, in der Praxis für die meisten von uns schwer. Glücklicherweise gibt uns die ACT alle Werkzeuge und Strategien an die Hand, die wir brauchen, um schlechte Gewohnheiten zu durchbrechen, Prokrastination zu überwinden und uns zu motivieren, gesunde neue Verhaltensweisen zu beginnen und beizubehalten, ebenso wie bessere Beziehungen zu den Menschen in unserem Leben aufzubauen. In Kürze werden wir uns ansehen, wie die ACT dies erreicht, aber lassen Sie uns zunächst untersuchen, ob Glück überhaupt normal ist.

Ist Glück normal?

Das Leben ist nicht fair. Manche Menschen haben eine furchtbare Kindheit, in der sie missbraucht, vernachlässigt oder von ihren Bezugspersonen im Stich gelassen werden, während andere in liebevollen, unterstützenden Familien aufwachsen. Manche leben in extremer Armut oder in Gebieten mit Gewaltverbrechen, in Kriegsgebieten, Gefängnissen oder Flüchtlingslagern. Andere leben in guten Wohnverhältnissen mit vielen Annehmlichkeiten. Einige leiden unter schweren Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen, während andere sich bester Gesundheit erfreuen. Einige haben Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln, Bildung, Gerechtigkeit, medizinischer Behandlung, Wohlfahrt, Reisen, Unterhaltung und Karrieremöglichkeiten, während anderen die meisten dieser oder alle diese Dinge vorenthalten bleiben. Und manche Menschen sind aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihres Geschlechts, der Politik oder ihrer sexuellen Ausrichtung Vorurteilen, Diskriminierung oder Schikanen ausgesetzt.

In jedem Land der Welt klafft eine große Lücke zwischen den am wenigsten und den am meisten privilegierten Mitgliedern der Gesellschaft. Und doch sind die Individuen auf beiden Seiten dieser Kluft Menschen und haben daher viele Gemeinsamkeiten, einschließlich der Tatsache, dass wir alle, ganz gleich wie privilegiert oder benachteiligt wir auch sein mögen, von Natur aus dazu prädisponiert sind, seelisches Leid zu erfahren.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass die Selbsthilfeabteilungen in den Buchläden immer größer werden. Depression, Angst, Wut, Scheidung, Beziehungsprobleme, Süchte, Traumata, geringes Selbstwertgefühl, Einsamkeit, Trauer, Stress, mangelndes Selbstvertrauen – wenn Sie einen Namen für etwas haben, gibt es ein Buch darüber. Und mit jedem Jahr, das vergeht, nimmt die Zahl der Psychologen, Coachs, Berater und Therapeuten stetig zu, ebenso wie die Zahl der verschriebenen Medikamente. Unterdessen werden wir im Fernsehen und Radio, in Zeitschriften und Zeitungen, in Podcasts und den sozialen Medien ständig von »Experten« mit Ratschlägen bombardiert, wie wir unser Leben verbessern können. Und dennoch – trotz all dieser Unterstützung und Ratschläge – nimmt das menschliche Elend zu, statt geringer zu werden!

Die Statistiken sind erschütternd. Die Weltgesundheitsorganisation identifiziert Depression als eine der größten, kostspieligsten und belastendsten Krankheiten der Welt. In jedem beliebigen Jahr leidet ein Zehntel der erwachsenen Bevölkerung an klinischer Depression, und jeder Fünfte wird irgendwann in seinem Leben an einer Depression leiden. Und mehr als ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung wird an einem Punkt in ihrem Leben an einer Angststörung leiden. Darüber hinaus leidet jeder vierte Erwachsene irgendwann an einer Drogen- oder Alkoholabhängigkeit. (Allein in den Vereinigten Staaten sind derzeit über 14 Millionen Menschen von Alkoholismus betroffen!)

Aber hier ist die schockierendste Statistik von allen: Fast jeder zweite Mensch denkt irgendwann ernsthaft über Selbstmord nach – und kämpft zwei Wochen oder länger mit diesen Gedanken. Noch erschreckender ist, dass einer von zehn Menschen irgendwann tatsächlich versucht, sich das Leben zu nehmen. (Glücklicherweise gelingt es nur sehr wenigen.)

Denken Sie einen Moment lang über diese Zahlen nach. Denken Sie an Ihre Freunde, Familienangehörigen und Arbeitskollegen. Fast die Hälfte von ihnen wird irgendwann von ihrem Elend so überwältigt sein, dass sie ernsthaft über Selbstmord nachdenken – und einer von zehn wird es versuchen!

Denken Sie nun an all die häufigen Formen des Leidens, die nicht als »psychische Störungen« gelten, uns aber dennoch unglücklich machen: Arbeitsstress, Leistungsdruck, Einsamkeit, Beziehungskonflikte, Krankheit, Scheidung, Todesfälle, Verletzungen, Altern, Armut, Rassismus, Sexismus, Mobbing, Existenzangst, Selbstzweifel, Unsicherheit, Versagensängste, Perfektionismus, geringes Selbstwertgefühl, Midlife-Crisis, Hochstapler-Syndrom, Eifersucht, Angst, etwas zu verpassen, Orientierungslosigkeit im Leben … Und die Liste lässt sich fortsetzen.

Dauerhaftes Glück ist eindeutig nicht normal! Das wirft natürlich die Frage auf:

Warum ist es so schwer, glücklich zu sein?

Um diese Frage beantworten zu können, sollten wir 300 000 Jahre zurück in die Vergangenheit reisen. Das Leben war für unsere steinzeitlichen Vorfahren ziemlich gefährlich: Es wurde, um nur einige der Gefahren zu nennen, von riesigen Wölfen, Säbelzahntigern, Wollmammuts, rivalisierenden Clans, rauem Wetter, Nahrungsmangel und Höhlenbären bedroht. Wenn Steinzeitmenschen überleben wollten, mussten sie also ständig nach Dingen Ausschau halten, die sie verletzen oder ihnen schaden konnten! Und wenn ihr Geist diese Aufgabe nicht gut meisterte, starben sie jung. Je besser unsere Vorfahren also darin waren, Gefahren vorauszusehen und zu vermeiden, desto länger lebten sie und desto mehr Kinder hatten sie.

Mit jeder Generation wurde der menschliche Geist immer geschickter darin, Gefahren zu erkennen, vorherzusagen und zu vermeiden. Heute, 300 000 Jahre später, ist unser moderner Geist ständig auf der Hut und bewertet und beurteilt alles, was uns begegnet: Ist das gut oder schlecht? Sicher oder gefährlich? Schädlich oder hilfreich? Heutzutage warnt uns unser Geist allerdings nicht vor Tigern, Bären und Wölfen, sondern davor, unseren Job zu verlieren, abgelehnt zu werden, einen Strafzettel zu bekommen, uns in der Öffentlichkeit zu blamieren, an Krebs zu erkranken oder an einer Million anderer häufiger Sorgen. Infolgedessen verbringen wir alle viel Zeit damit, über Dinge beunruhigt zu sein, die in den meisten Fällen nie eintreten.

Eine weitere Voraussetzung für das Überleben ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Unsere Urahnen wussten das nur zu gut. Wenn dein Stamm dich ausstößt, wird es nicht lange dauern, bis die Wölfe dich finden. Wie also schützt sich unser Geist vor der Ablehnung durch die Gruppe? Indem er uns mit anderen Mitgliedern vergleicht: Passe ich hinein? Mache ich das Richtige? Trage ich genug bei? Bin ich so gut wie die anderen? Tue ich etwas, das dazu führen könnte, dass ich abgelehnt werde?

Kommt Ihnen das bekannt vor? Unser Geist warnt uns ständig vor Ablehnung und vergleicht uns mit dem Rest der Gesellschaft. Kein Wunder, dass wir so viel Energie auf die Sorge verwenden, ob die Leute uns mögen! Kein Wunder, dass wir immer auf der Suche nach Wegen sind, uns zu verbessern, oder uns selbst herabsetzen, weil wir nicht »den Erwartungen entsprechen«. Wir brauchen nur einen Blick in eine Zeitschrift, das Fernsehen oder die sozialen Medien zu werfen, um sofort eine ganze Reihe von Menschen zu finden, die anscheinend klüger, reicher, schlanker, sexyer, berühmter, mächtiger oder erfolgreicher sind als wir. Wir vergleichen uns dann mit diesen glamourösen Medienkreationen und fühlen uns minderwertig oder von unserem Leben enttäuscht.

Um die Sache noch schlimmer zu machen, kann unser Geist ein Fantasiebild der Person heraufbeschwören, die wir idealerweise sein möchten – und uns dann mit diesem Bild vergleichen! Haben wir da noch eine Chance? Wir werden am Ende immer das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein.

In so gut wie jeder Gesellschaft auf der ganzen Welt und zu jeder Zeit der Geschichte lautet die allgemeine Regel für Erfolg: mehr bekommen und besser werden. Je besser deine Waffen, desto mehr Tiere kannst du jagen. Je größer deine Vorräte an Nahrungsmitteln, desto größer sind deine Überlebenschancen in Zeiten der Knappheit. Je ausgefeilter dein Schutz ist, desto sicherer bist du vor Gefahren. Je mehr Kinder du hast, desto größer ist die Chance, dass einige bis ins Erwachsenenalter überleben. Kein Wunder also, dass unser Geist ständig nach »mehr und besser« sucht: nach mehr Geld, einem besseren Job, mehr Status, einem besseren Körper, mehr Liebe, einem besseren Partner. Und wenn wir Erfolg haben, wenn wir mehr Geld, ein besseres Auto oder einen schöneren Körper bekommen, dann sind wir zufrieden – für ein Weilchen. Aber früher oder später (und meistens früher) wünschen wir uns mehr.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass wir alle darauf programmiert sind, seelisch zu leiden: uns zu vergleichen, zu bewerten und zu kritisieren; uns auf das zu konzentrieren, was uns fehlt; schnell unzufrieden zu werden mit dem, was wir haben; und uns alle möglichen Schreckensszenarien auszumalen, von denen die meisten niemals eintreten werden. Kein Wunder, dass es den Menschen schwerfällt, glücklich zu sein!

Aber was noch schlimmer ist: Viele weitverbreitete Überzeugungen über das Glück sind ungenau, irreführend oder falsch und machen Sie unglücklich, wenn Sie ihnen Glauben schenken. Schauen wir uns zwei der gängigsten Märchen an.

Märchen Nr. 1: Glück ist unser natürlicher Zustand

Viele Menschen glauben, Glück sei »unser natürlicher Zustand«. Die oben angeführten Statistiken zeigen jedoch sehr deutlich, dass dies nicht der Fall ist. Was für den Menschen natürlich ist, ist ein sich ständig verändernder Fluss von Emotionen, sowohl angenehmen als auch schmerzlichen, der im Lauf des Tages variiert – je nachdem, wo wir uns befinden, was wir tun und was gerade passiert. Mit unseren Emotionen, Gefühlen und Empfindungen ist es wie mit dem Wetter: Sie ändern sich ständig von einem Moment zum nächsten. Wir erwarten nicht, dass es das ganze Jahr lang den gesamten Tag über warm und sonnig ist. Wir sollten auch nicht erwarten, dass wir den kompletten Tag über glücklich und fröhlich sind. Wenn wir ein erfülltes Leben führen, werden wir die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen spüren: die angenehmen wie Liebe, Freude und Neugier und die schmerzlichen wie Traurigkeit, Wut und Angst. All diese Gefühle sind ein normaler, natürlicher Teil des Menschseins.

Märchen Nr. 2: Wenn du nicht glücklich bist, bist du defekt

Als logische Konsequenz aus Märchen Nr. 1 geht die westliche Gesellschaft davon aus, dass psychisches Leiden anormal ist. Es wird als Schwäche oder Krankheit angesehen, als Produkt eines Geistes, der irgendwie fehlerhaft oder defekt ist. Das bedeutet, dass wir uns, wenn wir unvermeidlich schmerzliche Gedanken und Gefühle erleben, oft dafür schämen oder uns dafür kritisieren, weil wir meinen, wir seien schwach, dumm oder unreif.

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie geht von einer völlig anderen Annahme aus: Wenn du nicht glücklich bist, bist du normal. Seien wir ehrlich: Das Leben ist hart und voller Herausforderungen; es wäre seltsam, wenn wir uns ständig glücklich fühlen würden. Die Dinge, die das Leben sinnvoll machen, bringen eine ganze Reihe von Gefühlen mit sich – sowohl angenehme als auch schmerzliche. Nehmen wir zum Beispiel eine enge Beziehung. Wenn sie gut läuft, werden wir wunderbare Gefühle wie Liebe und Freude empfinden. Aber früher oder später werden wir selbst in den besten Beziehungen Konflikte erleben, Enttäuschung und Frustration. (So etwas wie die perfekte Beziehung gibt es nicht.)

Das Gleiche gilt für jedes sinnvolle Projekt, das wir in Angriff nehmen – vom Aufbau einer Karriere oder der Gründung einer Familie bis hin zur Pflege unserer körperlichen Gesundheit und Fitness. Obwohl sinnvolle Projekte oft Begeisterung und Enthusiasmus mit sich bringen, sind sie auch mit Stress und Ängsten verbunden. Wenn Sie also an Märchen Nr. 2 glauben, sind Sie in großen Schwierigkeiten, denn es ist praktisch unmöglich, ein besseres Leben zu führen, wenn man nicht bereit ist, auch unangenehme Gefühle zu erfahren. (Die gute Nachricht ist, dass Sie bald lernen werden, mit solchen Gefühlen anders umzugehen und radikal anders auf sie zu reagieren, so dass diese viel weniger Einfluss auf Sie haben.)

Was genau ist »Glück«?

Wir wollen es. Wir sehnen uns danach. Wir streben danach. Aber was genau ist Glück?

Die meisten Menschen werden Glück wahrscheinlich als ein »gutes Gefühl« beschreiben: eine angenehme Empfindung der Freude, der Fröhlichkeit oder der Zufriedenheit. Die alten Griechen hatten ein spezielles Wort für ein Leben, das auf dem Streben nach Glücksgefühlen basiert: wovon sich das Wort »Hedonismus« (Streben nach physischer und psychischer Lust) herleitet. Wir alle erfreuen uns an angenehmen Gefühlen, und so ist es nicht verwunderlich, dass wir ihnen nachjagen. Doch wie alle menschlichen Emotionen sind auch Glücksgefühle flüchtig; sie kommen und gehen. Ganz gleich, wie sehr wir sie festzuhalten versuchen, sie bleiben nie lange bestehen. Und wie wir sehen werden, ist ein Leben, das in dem Streben nach einem »guten Gefühl« verbracht wird, auf lange Sicht äußerst unbefriedigend. In der Tat zeigt die Forschung, dass wir desto eher an Depressionen und Angstzuständen leiden, je mehr wir angenehmen Gefühlen hinterherjagen und versuchen, unangenehme Emotionen zu vermeiden.

Aber es gibt noch eine weitere Bedeutung von Glück, die ganz anders ist: die Erfahrung, ein reiches und sinnvolles Leben zu führen. Wenn wir uns darüber klar werden, was wir wirklich im Leben wollen, und entsprechend handeln – uns um die Dinge kümmern, die uns zutiefst am Herzen liegen, nach dem streben, das uns wertvoll und der Mühe wert erscheint –, dann wird unser Leben von Sinn und Zweck durchdrungen, und wir erleben ein tiefes Gefühl der Vitalität. Dies ist keine flüchtige Empfindung – es ist das machtvolle Gefühl eines gut gelebten Lebens. Das altgriechische Wort für diese Art von Glück ist eudaimonia, das heute oft als »Aufblühen« übersetzt wird. Wenn wir unser Leben auf diese Weise verbringen, werden wir sicherlich viele angenehme Gefühle haben, aber auch eine Reihe von schwierigen wie Kummer, Angst und Schuld. (Wie ich bereits sagte, werden wir, wenn wir ein erfülltes Leben führen, die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen empfinden.)

In diesem Buch geht es, wie Sie sicher schon erraten haben, um diese zweite Bedeutung von Glück und nicht um die erste. Natürlich fühlen wir uns alle gern gut, und es ist sinnvoll, angenehme Emotionen zu schätzen und zu genießen, wenn sie auftreten. Aber wenn wir versuchen, sie ständig zu erleben, sind wir zum Scheitern verurteilt.

Die Realität ist: Das Leben ist schwierig. Dieser Tatsache können wir nicht entkommen. Früher oder später werden wir alle gebrechlich, krank und werden sterben. Früher oder später werden wir alle wichtigen Beziehungen durch Ablehnung, Trennung oder Tod verlieren. Früher oder später werden wir alle mit Krisen, Enttäuschungen und Misserfolgen konfrontiert werden. Das bedeutet, dass wir alle viele schmerzliche Gedanken und Gefühle in der einen oder anderen Form erleben werden.

Doch die gute Nachricht ist, dass wir diesen Schmerz zwar nicht vermeiden, aber lernen können, besser damit umzugehen – uns von ihm zu lösen, über ihn hinauszuwachsen und ein lebenswertes Leben zu führen. Dieses Buch hilft Ihnen, einige einfache aber wirksame Fähigkeiten zu entwickeln, den Stachel aus schmerzlichen Gedanken, Gefühlen, Emotionen, Empfindungen und Erinnerungen schnell zu entfernen. Sie lernen, ihnen die Kraft zu entziehen, so dass sie Sie nicht länger zurückhalten oder herunterziehen. Sie erwerben die Fähigkeit, sie kommen und gehen zu lassen, ohne von ihnen mitgerissen zu werden. Und Sie werden auch lernen, wie Sie sich ein reiches und sinnvolles Leben aufbauen können – ganz gleich, was Sie in der Vergangenheit erlebt haben oder was Ihnen jetzt bevorsteht –, ein Leben, das Ihnen ein tiefes Gefühl von Vitalität und Erfüllung vermitteln wird.

Halten Sie nun einen Moment inne, und achten Sie darauf, wie Ihr Geist auf diese Aussicht reagiert.

Ist er positiv, begeistert, aufgeregt, hoffnungsvoll, optimistisch? Wenn ja, genießen Sie das, solange es anhält – aber klammern Sie sich bitte nicht daran, denn wie wir später sehen werden, führt der Versuch, an angenehmen Gedanken und Gefühlen festzuhalten, zu allen möglichen Problemen.

Andererseits ist Ihr Geist vielleicht skeptisch oder pessimistisch und sagt Dinge wie: »Das wird bei mir nicht funktionieren« oder »Das glaube ich nicht, das ist Blödsinn.« Wenn dem so ist, erkennen Sie an, dass solche Gedanken völlig natürlich sind; das ist Ihr Geist, der seiner Aufgabe gerecht wird und versucht, Sie vor etwas zu bewahren, das unangenehm oder schmerzlich sein könnte.

Wie das? Nun, nehmen wir an, Sie investieren viel Zeit, Mühe und Energie, um dieses Buch zu lesen und es in Ihrem Leben anzuwenden; nehmen wir an, Sie tun das alles, und es funktioniert nicht! Das wäre doch ziemlich schmerzlich, nicht wahr? Ihr Geist versucht also, Sie vor dieser Möglichkeit zu bewahren. Und Sie können erwarten, dass er dies im Verlauf dieser Lektüre immer wieder tun wird. Ich hoffe, dass Sie sich jedes Mal, wenn das passiert, an zwei Dinge erinnern:

Das ist völlig normal; jeder Geist tut das.Ihr Geist versucht nicht, Ihnen das Leben schwer zu machen; er will nur Ihre Sicherheit bewahren und Sie vor Schmerz schützen.

Die bevorstehende Reise

Dieses Buch ist wie eine Reise durch ein fremdes Land: Vieles wird Ihnen fremd und neu vorkommen. Anderes wird Ihnen vertraut und doch irgendwie anders erscheinen. Zuweilen werden Sie sich herausgefordert oder mit etwas Unerwartetem konfrontiert fühlen, ein anderes Mal aufgeregt oder amüsiert. Nehmen Sie sich Zeit auf dieser Reise. Genießen Sie sie in vollen Zügen, anstatt sich zu beeilen. Halten Sie inne, wenn Sie etwas anregend, seltsam oder ungewöhnlich finden. Erforschen Sie es gründlich, und lernen Sie so viel wie möglich. Ein lebenswertes Leben zu schaffen, das ist ein großes Unterfangen, also nehmen Sie sich bitte die Zeit, es zu würdigen.

Wohin geht es von hier aus?

Jetzt, da Sie wissen, worum es in diesem Buch geht, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, und achten Sie darauf, was Ihr Geist sagt. Ist er enthusiastisch (»Jetzt geht’s los!«) oder skeptisch (»Der Typ ist mir suspekt«) oder ängstlich (»Das klingt nach harter Arbeit!«) oder zweifelnd (»Ich glaube nicht, dass das für mich funktioniert«)? Oder bleibt er einfach still?

Was auch immer Ihr Geist sagt, nehmen Sie es einfach zur Kenntnis.

Wenn er etwas sagt, das den Wunsch in Ihnen weckt weiterzumachen, ist das eine gute Nachricht; manchmal ist unser Geist hilfreich und ermutigend, also sollten wir das zu schätzen wissen.

Wenn er Ihnen jedoch nahelegt, Sie sollten besser aufgeben, stehen Sie an einem Punkt der Entscheidung: Geben Sie auf, weil Ihr Geist etwas Negatives sagt? Oder lassen Sie Ihren Geist sagen, was er will, und erkennen einfach an, dass er versucht, Sie vor etwas Unbequemem zu schützen, und lesen weiter?

Ich hoffe, Sie entscheiden sich für Letzteres, denn im nächsten Kapitel werden wir ein Thema von entscheidender Bedeutung behandeln.

Das schwarze Loch der Kontrolle

Michelle hat Tränen in den Augen. »Was ist los mit mir?«, fragt sie. »Ich habe einen tollen Mann, wunderbare Kinder, einen fantastischen Job, ein schönes Zuhause. Ich bin fit, gesund und wohlhabend. Warum bin ich dann nicht glücklich?«

Das ist eine gute Frage. Michelle scheint alles zu haben, was sie sich im Leben wünscht; was läuft hier also schief? Dieses Szenario ist in der westlichen Welt tatsächlich häufig anzutreffen, und später in diesem Kapitel werden wir untersuchen, warum. Doch zunächst wollen wir einen Blick auf ein anderes beliebtes Glücksmärchen werfen.

Märchen Nr. 3: Es ist leicht zu kontrollieren, was Sie denken und fühlen

In vielen Selbsthilfebüchern und -programmen wird dieses Märchen im Brustton der Überzeugung vorgetragen. Eine der beliebtesten Behauptungen, auf die Sie stoßen werden, lautet: Wenn Sie Ihre negativen Gedanken immer wieder infrage stellen und stattdessen Ihren Kopf mit positiven Gedanken füllen, werden Sie glücklich, selbstbewusst und erfolgreich sein. Wenn das Leben doch nur so einfach wäre!

Tatsache ist, dass wir viel weniger Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle haben, als uns lieb ist. Ich bin bereit, darauf zu wetten, dass Sie bereits unzählige Male versucht haben, positiver über Dinge zu denken – aber diese negativen Gedanken kommen immer wieder zurück, nicht wahr? Wie wir im Kapitel »Das Leben ist schwer« gesehen haben, hat sich unser Geist in 300 000 Jahren dahin entwickelt, so zu denken, wie er es tut. Es ist also unwahrscheinlich, dass ein paar positive Gedanken viel bewirken! (Es ist nicht so, dass positives Denken überhaupt keinen Effekt hat; solche Techniken erzielen oft, dass wir uns besser fühlen – zumindest vorübergehend. Aber sie beseitigen die negativen Gedanken nicht auf Dauer.)

Das Gleiche gilt für unangenehme Gefühle wie Wut, Angst, Traurigkeit, Schuld und Scham. Es gibt eine Vielzahl von psychologischen Strategien, solche Emotionen »loszuwerden«. Aber Sie haben zweifellos festgestellt, dass selbst wenn Sie diese Gefühle vorübergehend loswerden können, sie nach einer Weile wiederkehren. Und dann verschwinden sie wieder. Und dann kommen sie wieder zurück. Und so weiter und so fort.

Ich vermute, dass Sie bereits viel Zeit und Mühe darauf verwendet haben, »gute« Gefühle und »positive« Gedanken anstelle dieser »schlechten« oder »negativen« zu haben (ich weiß, dass ich das getan habe!), und Sie haben wahrscheinlich festgestellt, dass es Ihnen oft gelingt, solange Sie nicht zu gestresst sind oder Ihre Situation nicht zu schwierig ist. Ich bin jedoch sicher, dass Sie ebenfalls bemerkt haben, dass Sie Ihre Gedanken und Gefühle umso weniger kontrollieren können, je gestresster Sie sind und je vertrackter die Lage ist, in der Sie sich befinden. In wirklich schwierigen Situationen, wenn das Leben Sie hart trifft, wenn Sie sich vor große Herausforderungen gestellt sehen oder Sie Ihre Komfortzone verlassen müssen, um sich Ihren Ängsten zu stellen, können Sie einfach nicht erwarten, sich glücklich zu fühlen!

Leider ist dieses Märchen in unserer Kultur so tief verwurzelt, dass wir uns oft dumm, schwach oder unzulänglich fühlen, wenn unsere Versuche, Gedanken und Gefühle zu kontrollieren, scheitern. Das wirft die Frage auf: Wie konnte sich dieses Märchen überhaupt etablieren, da es so offensichtlich unserer direkten Erfahrung widerspricht?

Die Illusion der Kontrolle

Der menschliche Geist ist eine wunderbare Sache. Er ermöglicht es uns, Pläne zu schmieden, neue Dinge zu erfinden, Handlungen zu koordinieren, Probleme zu analysieren, Wissen zu teilen, aus unseren Erfahrungen zu lernen und uns unterschiedliche Zukunftsversionen vorzustellen. Die Kleidung an Ihrem Körper, der Stuhl unter Ihnen, das Dach über Ihrem Kopf, das Buch in Ihren Händen – nichts von alledem würde ohne den Einfallsreichtum des menschlichen Geistes existieren. Der Geist ermöglicht es uns, die Welt um uns herum zu gestalten und sie den eigenen Wünschen anzupassen, eine Versorgung mit Wärme, Unterkunft, Nahrung, Wasser, Schutz, Hygiene und Medizin zu sichern. Es überrascht nicht, dass diese erstaunliche Fähigkeit zur Kontrolle unserer äußeren Umgebung uns erwarten lässt, auch in anderen Bereichen die Kontrolle zu haben.

In der materiellen Welt funktionieren die Kontrollstrategien im Allgemeinen gut. Wenn wir etwas nicht mögen, finden wir heraus, wie wir es vermeiden oder loswerden können, und dann handeln wir entsprechend. Ein Wolf vor Ihrer Tür? Werden Sie ihn los! Werfen Sie Steine oder Speere nach ihm, oder erschießen Sie ihn. Schnee, Regen oder Hagel? Nun, diese Dinge können Sie nicht loswerden, aber Sie können sie vermeiden, indem Sie sich in einer Höhle verstecken oder einen Unterschlupf bauen. Karger trockener Boden? Sie können ihn bewässern und Dünger ausbringen, oder Sie können diese Umstände vermeiden, indem Sie auf fruchtbaren Boden umziehen.

Aber wie viel Kontrolle haben wir über unsere innere Welt: über unsere Gedanken, Erinnerungen, Gefühle, Triebe und Empfindungen? Können wir die, die wir nicht mögen, einfach vermeiden oder loswerden? Nun, schauen wir mal …

Hier ist ein kleines Experiment. Während Sie diesen Absatz lesen, versuchen Sie, nicht an Eiscreme zu denken. Denken Sie nicht an ihre Farbe oder Konsistenz. Denken Sie nicht daran, wie sie an einem heißen Sommertag schmeckt und wie gut es sich anfühlt, wenn sie in Ihrem Mund schmilzt.

Starren Sie auf den Boden, und versuchen Sie, eine Minute lang nicht an Eiscreme zu denken.

Nun, wie ging das?

Ganz genau! Sie konnten nicht aufhören, an Eiscreme zu denken.***

Hier ist ein weiteres kleines Experiment. Erinnern Sie sich an die letzte Mahlzeit, die Sie gegessen haben – was auch immer es war, Frühstück, Mittag- oder Abendessen. Erinnern Sie sich so lebhaft wie möglich, was Sie gegessen haben, wie es zubereitet wurde, wie es geschmeckt hat. Haben Sie das getan? Sehr gut. Jetzt löschen Sie es. Löschen Sie die Erinnerung so vollständig aus, dass sie nie wieder zu Ihnen zurückkehren kann.

Wie ist es Ihnen ergangen? (Wenn Sie glauben, dass Sie erfolgreich waren, prüfen Sie noch einmal, ob Sie sich noch erinnern können.)

Achten Sie nun auf Ihr linkes Bein, und nehmen Sie zur Kenntnis, wie es sich anfühlt. Spüren Sie es? Gut! Jetzt machen Sie es ganz taub – so taub, dass wir es mit einer Metallsäge abtrennen könnten und Sie nichts spüren würden.

Haben Sie es geschafft?