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Holger, Babs, Tom, Reni, Bunny, Mutti, Walt und Joe sind auch in der Saison 2025/2026 wieder mit vollem Einsatz dabei, die Werkself zu unterstützen. Dabei haben sie Verstärkung bekommen: Angela, die neue Freundin von Walt. Und auch Manfred, der 92-jährige Senior, ist immer wieder mal mit den deutlich jüngeren Menschen unterwegs. Zu guter Letzt fndet in Dhanya noch eine etwas misteriöse Frau den Weg in die Gruppe. So werden aus den ursprünglich acht Bayer-Fans nach und nach elf Anhänger. Sie erleben auch in dieser Saison viele skurrile Situationen, zeitweise tragen sie selbst dazu bei. Dabei ist diese Spielzeit durch personelle Umwälzungen, wie es sie noch nie bei Bayer 04 gab, eh schon sehr speziell.
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Seitenzahl: 318
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Buch
Holger, Babs, Tom, Reni, Bunny, Mutti, Walt und Joe sind auch in der Saison 2025/2026 wieder mit vollem Einsatz dabei, die Werkself zu unterstützen. Dabei haben sie Verstärkung bekommen: Angela, die neue Freundin von Walt. Und auch Manfred, der 92-jährige Senior, ist immer wieder mal mit den deutlich jüngeren Menschen unterwegs.
Zu guter Letzt fndet in Dhanya noch eine etwas misteriöse Frau den Weg in die Gruppe.
So werden aus den ursprünglich acht Bayer-Fans nach und nach elf Anhänger.
Sie erleben auch in dieser Saison viele skurrile Situationen, zeitweise tragen sie selbst dazu bei. Dabei ist diese Spielzeit durch personelle Umwälzungen, wie es sie noch nie bei Bayer 04 gab, eh schon sehr speziell.
Autor
Fred Erikson, in Leverkusen geboren.
Bayer 04-Fan seit Mitte der 70er-Jahre
Bisherige Romane:
Der Tag, an dem Bayer Leverkusen Deutscher Meister werden konnte
SVB Meisterhaft zurück?
Werkself reloaded
Fred Erikson
Werkself reloaded
Roman
"Wir haben eine Herausforderung für alle: die Mannschaft, das Trainerteam, alle, die beteiligt sind, bis zum Vorstand. Wir werden eine neue Ära bauen müssen"
Erik ten Hag
Impressum
Texte: © Copyright by Fred Erikson
Umschlaggestaltung: © Copyright by Frieda Erikson
Verlag: F. Erikson
51379 Leverkusen
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Und wieder stand ich vor der Frage: Soll ich oder soll ich nicht? Nachdem ich in der letzten Saison mit den Tipps im Roman „SVB Meisterhaft zurück“ oft danebengelegen hatte, obwohl die Mannschaft am Ende in der Realität immerhin Vizemeister, aber nicht, wie im Roman, Meister geworden war, wollte ich für die Saison 2025/2026 eigentlich keine neue Geschichte mehr verfassen.
Dabei war ich vor der Spielzeit sehr optimistisch gewesen, dass die im Prinzip zusammengebliebene Truppe, verstärkt sogar mit Akteuren wie Terrier, Garcia oder Belocian, wieder um den Titel würde mitspielen können.
Wenn sie denn den Hunger auf Erfolge beibehalten hätte. Wenn Coach Alonso weiterhin ein glückliches Händchen mit den allermeisten seiner Entscheidungen gehabt hätte.
Dass die Meistersaison 2023/2024 in dieser Form einzigartig bleiben würde, war wohl Allen klar gewesen. Ungeschlagen eine komplette Spielzeit durchzuziehen zu können; das sollte sich nicht wiederholen.
Und dennoch hatte ich die Werkself für mich als klaren Titelaspiranten ausgemacht. Neben den Bayern. Neben Dortmund. Dass die Bayern heiß wir Frittenfett sein würden, war keine Überraschung. Noch ein weiteres Jahr ohne Titelfeier auf dem Marienplatz? Undenkbar!
Und die Schwarz-Gelben aus Dortmund? Sie hatten groß eingekauft, fanden aber lange Zeit nicht zu dem Spiel, das von ihnen erwartet worden war.
Das war bei uns ähnlich der Fall, nur gewannen wir einige der Spiele, in denen wir eigentlich keinen Sieg verdient gehabt hätten. Ich sage da nur „Heidenheim“.
Aber: Wir versemmelten auch Partien wie das Pokal-Halbfinale gegen den Drittligisten Arminia Bielefeld. Nach einer in erster Linie spielerisch und taktisch desolaten Vorstellung. Diese Niederlage hinterließ bei mir Spuren. Ich fragte mich noch Wochen danach, warum Alonso während der 90 Minuten keine taktische Umstellung vorgenommen hatte, wo wir doch einfach nur erfolglosen Bolzball spielten. Der Rasen – angeblich so schlecht – ließ bei Bielefeld ein recht geordnetes Spiel zu. Ein Spiel, das wir sonst fast in Perfektion aufziehen konnten. Sonst. Aber nicht in Bielefeld. Da konnten wir nur bolzen.
Der andere Stich in mein Fußball-Herz war das Ausscheiden in der Champions League gegen Bayern München. Gut: Das Hinspiel haben wir wegen individueller Aussetzer mit 0:3 verloren. Dann aber tönten wir vor dem Rückspiel in Leverkusen, wir würden „All in“ gehen. Gingen wir aber nicht. Im Gegenteil: Mit einer sehr defensiven Aufstellung ließen wir München wieder die Oberhand gewinnen. So wurde auch versäumt, das Publikum von Beginn an zu elektrisieren.
An dieser Stelle ein kleiner Verweis auf Dortmund, das ein 0:4 aus Barcelona aufholen musste. Der BVB powerte von Beginn an, ging volles Risiko, schied am Ende zwar aus, gewann aber die Herzen seiner Fans.
Das haben wir gegen München fahrlässig versäumt.
Ja, es war am Ende mit der Vizemeisterschaft immer noch eine erfolgreiche Saison, aber das versäumte Pokalfinale wirkte nach. Nicht nur bei mir.
Auch die Bayer-Verantwortlichen wie Simon Rolfes merkten in ihrem Saisonresumee an, dass wir in den letzten Monaten oft nicht mehr überzeugenden Fußball abgliefert hatten. Spiele wie der fantastische Sieg in Frankfurt oder der Thriller-Erfolg in Stuttgart sollten die Ausnahme bleiben, zeigten aber, dass die Jungs es weiterhin draufhatten. Wenn sie denn wollten und wenn sie die richtige Marschroute hatten.
Daher war ich auch der Ansicht, dass der Wechsel von Xabi Alsonso gut war. Er wird für mich für ewig mit der Double-Saison 2023/2024 in Verbindung bleiben; ohne den sehr sympathischen Basken hätten wir diesen Erfolg nicht gefeiert. Aber Erfolg ist schnell vergänglich. Wenn Siege ausbleiben, wenn Spieler lange nicht mehr berücksichtigt werden, dafür andere Akteure trotz überschaubarer Leistung (immer wieder) berücksichtigt werden, macht das auch was mit der Atmosphäre im Team. Diese war 23/24 unglaublich. Das war in der vergangenen Spielzeit klar erkennbar nicht mehr der Fall.
Jetzt also alles auf Null. Oder zumindest Einiges.
Leistungs- und Sympathieträger wie Wirtz, Tah, Frinpong, danach auch noch Xhaka, Hradecki, Adli und Boniface haben den Verein verlassen. Was für ein Aderlass.
Es sind aber immer noch viele Mitglieder des Meisterteams an Bord. Dazu haben wir etliche sehr talentierte Neuzugänge für uns gewinnen können. Und zwei starke und routinierte Keeper; meiner Meinung nach das beste Paar, das wir bislang hatten.
Diese neue Werkself hat Potenzial.
Viel Potenzial.
Wie viel Zeit braucht sie, um sich zu finden? Um die Philosophie von Trainer ten Hag zu verinnerlichen? Diese ist attraktiv aber auch riskant. Jedes Rädchen muss ineinanderpassen. Ist diese neue Saison wirklich „nur“ eine Übergangsspielzeit oder sind wir schon bereit, den ewigen Favoriten aus München ernsthaft herauszufordern?
Ich würde es uns und der gesamten Bundesliga wünschen. Eine neue Meisterserie des FC Bayern wäre für die Spannung in der Liga fatal. Aber neben uns wird es noch weitere Herausforderer geben. In erster Linie zähle ich – Stand heute, 22. August 2025 – Dortmund, Frankfurt und Leipzig dazu. Bei Stuttgart habe ich Zweifel.
Zum Roman: Ich habe es bei den bewährten Protagonisten belassen, jedoch kommt eine schräge Person hinzu. Und es werden natürlich auch in dieser Spielzeit einige kuriose und skurrile Situationen entstehen.
Lasst euch überraschen.
Ich habe durch den Trainerwechsel und einige Veränderungen im Team wieder große Lust auf die neue Saison bekommen; hoffe, dass eine neue Gier entsteht, die uns Fans mitreißen wird; zu der wir mit unserem Support beitragen können.
Es geht nur zusammen.
Ich habe mit dem Schreiben des Romans am 19. Juli begonnen, die Vorbereitungsspiele mit ihren tatsächlichen Verläufen eingebaut; ebenso das Pokalspiel in Großaspach. Fertig wurde ich erst am 23. August, weil ich nicht jeden Tag schreiben konnte.
Ich bin sehr gespannt, ob ich wieder so weit – zumindest von den Ergebnissen her – daneben liege oder dieses Mal mein Optimismus wieder realistischer ist.
Forza Bayer!
Da saßen sie nun in Holgers und Babs' Kinokeller und debattierten über den Sinn der Werkself-Reise nach Rio de Janeiro. Und über den aktuellen Stand der Personalplanung.Von der Stammbesetzung der Keller-Crew war allerdings nur ein Teil anwesend: Holger, Babs, Bunny, Reni, Joe und Tom. Walt und Angela tourten derweil durch Namibia; Mutti ließ es sich bei einer ayurvedischen Gesundheitswoche im Harz gutgehen. Tom hatte jedoch "eine Freundin" - so hatte er die nun neben ihm sitzende, überaus farbenfroh gekleidete Frau bezeichnet- mitgebracht. Ihr Name: Dhanya.Als Tom eine Woche zuvor bei einem Telefonat mit Holger den Namen genannt hatte, musste sein Kumpel erst mal nachfragen.Holger: „Anja?"Tom: „Nee, Dhanya!"Holger: „Was ist das denn für ein Name?"Tom: „Dhanya kann voll die Glücksbringerin für uns werden in dieser Saison."Holger raffte nichts. Wie auch. Schließlich hatte Tom überhaupt nicht auf seine Frage geantwortet, sondern mit etwas Unsinnigem reagiert.Holger: „Ich habe dich nach ihrem Namen gefragt, nicht danach, ob sie Glück bringt."Tom: „Das hängt doch zusammen."Holgers Gesicht war ein einziges Fragezeichen.Holger: „Alter, lass mich nicht dumm sterben. Klär mich bitte auf."Tom: „Dhanya bedeutet so viel wie glücksverheißend."Holger: „Aha. Wer sagt das?"Tom: „Wie, wer sagt das."Holger: „Na, woher weißt du, dass ihr Name glücksverheißend bedeutet?"Dass Tom nun mit seiner freien Hand durch die Luft wedelte und dabei in seinem Wohnzimmer auf und ab ging, konnte Holger nicht sehen.Tom: „Im Sanskrit bedeutet es das."Holger: „Im Was?"Tom: „Sanskrit! Musst du doch kennen. Kennt doch jeder."Holger ging mit seinem Handy am Ohr ins Wohnzimmer, wo sich Babs gerade ihrer beider Lieblingsserie Ted Lasso zum x-ten Mal gönnte.Holger: „Sach ma, Schatzi; kennst du Samsgrid?"Tom (in sein Handy brüllend): „SANSKRIT!! SANSKRIT!!!!"Babs sah ihren Mann verwirrt an.Babs: „Wer schreit denn da so rum?"Holger: „Tom."Babs: „Und wieso schreit er?"Holger: „Weil ich nicht weiß, was Sandkrit ist."Babs: „Sand Was?"Tom (schrie weiter ins Handy): „Das heißt Sanskrit!!! SANSKRIIIIIT!!"Holger: „Sanskrit. Wenn ich Tom jetzt richtig verstanden habe."Tom: „Hast du."Babs: „Klar, kenne ich."Tom (schrie immer noch): „Siehste! Du bist der einzige Ahnungslose."Holger: „Pah!"Er ging zurück ins Arbeitszimmer und redete dabei weiter mit Tom.Holger: „Du kannst ruhig leiser reden. Oder du legst auf und brüllst von deinem Balkon aus einfach weiter in meine Richtung. Wenn der Wind gut steht, kann ich dich sicher auch ohne Telefon verstehen.“
Tom: „Hahaha, sehr lustig.“
Holger musste grinsen und hörte an den glucksenden Geräuschen, die sein Kumpel von sich gab, dass auch Tom nicht mehr ernst bei der Sache war.
Holger: „Also zurück zur Glücklichmacherin. Wo hast du sie denn kennengelernt?“
Tom: „Sie ist keine Glücklichmacherin; das ist nur eine der Überlieferungen für den Namen Dhanya. Aber sie kann als Schamanin Dinge vorhersehen und Menschen heilen.“
Schweigen in der Leitung.
Als Holger das Wort „Schamanin“ hörte, musste er sofort an den Film „Der mit dem Wolf tanzt“ denken, in dem, seiner Erinnerung nach, ein Schamane eine wichtige Rolle bei den Indianern gespielt hatte. Es konnte aber sein, dass es ein Medizinmann war.
„Vielleicht ist das ja mehr oder weniger der gleiche Job“, dachte Holger.
Holger: „Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet.“
Tom (verwirrt): „Welche denn?“
Holger: „Wie du deine Schamanin kennengelernt hast.“
Jetzt schwieg Tom.
Aber nicht lange.
Tom: „Du musst mir aber versprechen, dass du keinem auch nur ein Sterbenswörtchen erzählst. Wenn du das machst, bin ich bei den anderen für immer die Lachnummer schlechthin.“
Holger: „So schlimm?“
Tom: „Na ja, schlimm eigentlich weniger. Aber ziemlich skurril.“
Holger: „Solche Geschichten sind mir am liebsten. Also raus damit.“
Tom: „Du darfst auch nicht lachen, Holgi.“
Holger (grinsend): „Nicht mal ein kleines bisschen?“
Tom: „Nein. Nicht mal ein kleines bisschen. Versprichst du mir das?“
Holger: „Hrmmpf.“
Tom: „Ich habe dich nicht verstanden.“
Holger: „Ja, ich verspreche es.“
Er hörte Tom tief durchatmen.
Holger: „Komm, mach´s nicht so spannend.“
Tom: „Ich war auf einem schamanischen Schwitzhüttenretreat im Schwarzwald. Da habe ich Dhanya kennengelernt. Und wie es der Zufall so wollte: Sie wohnt in Leichlingen.“
Holger hatte bei Toms Worten sofort einen Film in seinem Kopfkino. Und der ließ ihn zuerst schmunzeln. Innerlich. Aber nicht lange. Aus dem Schmunzeln wurde der immer stärker werdende Drang, zu lachen. Nicht leise, sondern lauthals. Aber Holger wollte sich zusammenreißen, seinem langjährigen Freund nicht das Gefühl geben, dass er sich über ihn lustig machen würde. Aber auf der anderen Seite …
Holger: „Nimm´s mir bitte nicht übel, Tom. Aber … Huaaaaahaaaaahaaaa; huaaaaaahaaahaaaaaaa, huaahaaaahaaaaaaa. Du warst … Huaaaaahaaaahaaaaaa, du warst auf einem Was???“
Tom: „Ich wusste, dass du so reagieren wirst. Und ich kann´s auch verstehen. Hättest du mir vor einem Jahr das Gleiche erzählt, wäre ich auch Gefahr gelaufen, meine Unterhose einzunässen. Aber manchmal entwickeln sich im Leben eben neue Dinge.“
Holger schnaufte während Toms kurzer Rede verzweifelt; versuchte, sich wieder zu fangen. Aber er bekam die Bilder von Tom nicht aus dem Kopf; Bilder, die seinen Kumpel pisspudddelnackisch mit einer Friedenspfeife im Mund und Indianerfedern auf dem schütteren Haupthaar zeigten; umgeben von anderen ebenso geschmückten Menschen. Dazu noch ein Schamane, der irgendwelche unverständlichen Sprüche murmelte. Es war zum Schreien.
Natürlich war sich Holger darüber im Klaren, dass ein Schwitzhüttenritual anders ablaufen würde, als es ihm seine Fantasie gerade in den wildesten Farben vorgegaukelt hatte. Aber genau das hatte ja so viel Spaß gemacht.
Holger: „So, Jungchen; ich habe mich wieder beruhigt. Jetzt kannst du ohne Gefahr einer weiteren Lacheskalation von mir berichten.“
Tom (zweifelnd): „Sicher?“
Holger: „Ganz sicher. Wie kamst du auf die Idee, so etwas zu buchen?“
Tom: „Ich hatte auf Facebook ein Video gesehen, das mich irgendwie angesprochen hat. Und da habe ich den Veranstalter einfach angeschrieben und um weitere Informationen gebeten. Die kamen dann auch schnell und waren so ansprechend formuliert und mit so schönen Bildern versehen, dass ich mir dachte: Da muss ich mich anmelden. Und ich habe es nicht bereut.“
Holger (nach kurzem Schweigen): „Das merke ich. Nicht, dass du jetzt im Stadion oder bei uns im Keller Räucherstäbchen anzündest.“
Tom (schwieg ebenfalls kurz nach Holgers Kommentar): „Öööhm; du wirst nicht glauben, welche Auswirkungen Räucherstäbchen auf die Atmosphäre in einem Raum haben können.“
Holger (empört): „Aber doch nicht im Stadion!“
Tom (zweifelnd): „Bei euch im Keller?“
Holger: „Vergiss es! So´n Gedöns kommt mir nicht ins Haus. Vor allem nicht in den Keller bei den Spielen vom Bayer. Hat dich diese Dhanya damit angesteckt?“
Tom: „Ja, äh, nein; ich meine, sie musste mich damit nicht anstecken. Ich habe bei unseren Zeremonien einfach gefühlt, dass die Atmosphäre in den Hütten mit den verschiedenen Räucherstäbchen besonders war.“
Holger: „Lass mich raten: Bei dir zu Hause kommen jetzt auch immer diese Stinkstängel zum Einsatz?“
Tom: „Das sind keine Stinkstängel! Wenn ich das Dhanya erzähle, bist du bei ihr direkt untendurch.“
Holger (einlenkend): „Dann lass das lieber mal sein und halte deine Zunge in Zaum. Ich will es mir mit ihr nicht schon im Vorfeld verderben. Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Wie kommt es, dass du plötzlich auf eine Frau abfährst, die Schamanin ist? Warst du zu lange allein?“
Tom (zögert mit der Antwort): „Das habe ich mich tatsächlich auch gefragt. Vom Äußeren her hat sie mir schon beim ersten Treffen gefallen.“
Holger musste in diesem Moment daran denken, dass er gar nicht wusste, welcher Typ Frau Tom gefällt. Er kannte seinen Kumpel gefühlt schon immer nur als Single.
Holger: „Und dann kamen die inneren Werte noch hinzu?“
Tom (begeistert): „Richtig! Sie ist unheimlich lieb, warmherzig, aufmerksam und tolerant.“
Holger: „Das klingt ja schon fast nach einer Liebeserklärung.“
Tom: „Nee, also ich, hm, wir verstehen uns sehr gut und ich könnte mir, aber so sicher bin ich noch nicht, aber vielleicht doch, wenn sie mich lässt, aber ich will sie noch mehr und irgendwie bin ich gerade ziemlich durcheinander.“
Holger: „Ach was. Merkt man gar nicht.“
Tom: „Nicht?“
Holger: „Doch, du Honk! Bring sie doch einfach nächste Woche mit, wenn wir uns im Keller treffen, um das Spiel gegen die U20 von Flamengo zu schauen. Wenn sie denn Lust hat. Vielleicht ist ihr Fußball ja zu profan.“
Tom (schwärmerisch): „Das ist ja ein weiterer toller Punkt an ihr. Sie hat früher selbst Fußball gespielt und war als Kind häufiger mit ihrem Vater im alten Haberland-Stadion. Daher hängt sie irgendwie noch am Bayer. Dhanya hat schon gesagt, dass sie gerne mal mitkommen würde, wenn sie darf.“
Holger: „Dann wäre doch alles geklärt. Klar ist auch, Jungchen: Ich habe dich im Auge. Sobald du im Stadion anfängst, schamanische Lieder zu singen anstelle des SVBeeeee, wird es ungemütlich für dich.“
Tom: „Da brauchst dir keine Sorgen zu machen. Dhanya wird sich freuen, wenn sie nächste Woche im Keller auflaufen kann. Aber mach dich darauf gefasst: Sie ist schon etwas anders…“
Holger (grinst): „Ich lasse mich überraschen.“
Und so hatte Dhanya an diesem Freitagabend, an dem die Werkself gegen die U20 von Flamengo antreten sollte, schon beim Öffnen der Haustür durch Babs für einen höchst erstaunten Gesichtsausdruck der Gastgeberin gesorgt.
„Hallo, ich bin Dhanya. Du musst Babs sein. Schön, dich kennenzulernen. Tom hat mir schon viel über euch erzählt“, lautete die Begrüßung von Toms Begleitung.
Tom selbst stand verlegen grinsend hinter Dhanya.
Babs konnte nicht anders und ließ ihre Augen von unten nach oben wandern, um den farbenprächtigen Aufzug in seiner ganzen Pracht zu erfassen.
Dass Dhanya barfuß auf der Matte stand, war das Erste, was Babs auffiel. Dass an mindestens vier Zehen Ringe angebracht waren, das Zweite. Dazu kamen an den Fußgelenken diverse Kettchen und Glöckchen, die bei den wenigen Schritten, die Dhanya auf Babs zugegangen war, schon beeindruckend laut bimmelten.
Da war die in leuchtenden Farben und mit orientalischen Symbolen verzierte Pumphose das am wenigsten Auffallende.
Als Oberteil trug Dhanya ein orange-blaues ärmelloses Batikshirt.
An den Handgelenken baumelten Armreifen, um den Hals schwang eine Lederkette mit einem Holz-Elefanten, der mittig zwischen den Brustansätzen hin und her baumelte.
Geschwungene, ebenfalls orientalisch anmutende Tätowierungen machten sich an den Unterarmen und auf dem rechten Schulterblatt breit.
Da fiel die Gesichtspartie, die frei von jeglicher Schminke, Piercings und Tattoos war, schon fast wohltuend normal aus dem Rahmen.
„Hi, ich bin Babs. Herzlich Willkommen.“
Dhanya umarmte die Gastgeberin kurz aber herzlich, dann kam auch Tom zum Zug und begrüßte Babs.
Als die beiden im Keller ankamen, verstummten für eine kurzen Moment die Gespräche der bereits Anwesenden.
Bunny starrte Dhanya mit offenem Mund wie eine Außerirdische an.
Holger hatte nach dem Telefonat mit Tom nur seine Frau über Dhanya informiert; den Rest der Gruppe hatte er absichtlich unwissend gelassen. Er wollte sich den Spaß der Überraschung nicht nehmen lassen.
Diesen Spaß hatte er jetzt auch.
Auch Reni und Joe waren erstarrt und hatten die Augen weit aufgerissen.
Dhanya zeigte sich vollkommen unbeeindruckt vom Verhalten der Gruppe, aus der Holger sofort aufgestanden war, um den Neuzugang zu begrüßen.
Dhanya umarmte auch ihn, ging dann zu den anderen, die noch am Tisch der Tafelrunde saßen und fragte jeden nach dem Namen.
Danach stellte sie sich in die Mitte des Raumes, drehte sich langsam einmal um die eigene Achse und ließ jedes Detail auf sich wirken.
Dann schloss sie ihre Augen und drehte sich noch mal um 360 Grad; dieses Mal aber in die andere Richtung.
Bunny, Joe und Reni schauten sich fragend an und verfolgten dann gebannt, was Dhanya noch so treiben würde.
Auch Tom, Babs und Holger waren beeindruckt.
„Was macht sie da?“, flüsterte Babs ihrem Mann zu.
„Keine Ahnung“, antwortete Holger ebenso leise, wiederholte danach Babs´ Frage Richtung Tom, der neben ihm stand.
Auch der flüsterte zurück: „Sie versucht die Aura des Raumes aufzunehmen.“
Toms Antwort ging im Stille-Post-Modus von Holger zu Babs weiter.
Keiner sprach auch nur ein Wort. Dhanya stand absolut im Mittelpunkt des Interesses der Keller-Crew.
Nachdem sie ihre zweite Umdrehung beendet hatte, stand sie noch für knapp eine Minute unbeweglich und mit geschlossenen Augen in der Mitte des Kellers.
Dann öffnete sie den Mund, hielt die Augen jedoch weiter geschlossen: „Das hier ist ein Raum voller Emotionen. Sie sind fast alle positiv. Ich spüre eine starke Gemeinschaft, eine starke Verbundenheit zwischen all denen, die sich hier immer aufhalten. Aber es sind heute nicht alle da. Ein paar Emotionen kann ich den heute Anwesenden nicht zuordnen. Ich kann aber sagen: Es ist sehr schön, hier sein zu dürfen. Ich fühle mich wohl.“
Jetzt öffnete Dhanya ihre Augen, schaute zuerst Tom lächelnd an und wandte sich dann Holger und Babs zu.
„Danke, dass ich mit Tom mitkommen durfte. Ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, in eine feste Gemeinschaft aufgenommen zu werden.“
Babs und Holger strahlten Dhanya an, von der eine überaus freundliche Ausstrahlung ausging.
Bunny begann rhythmisch auf den Tisch zu klopfen; Reni und Joe taten es ihm gleich. Babs und Holger umarmten Dhanya; nur Tom stand wie bestellt und nicht abgeholt neben den Dreien.
Danach setzte sich Dhanya mit an den Tisch; kurz darauf quasselten alle munter drauf los und erzählten, was sie in den letzten Wochen, seit dem Saisonende, erlebt und gemacht hatten. Seit dem letzten Spieltag hatten sie sich in der Runde komplett nicht mehr getroffen; vereinzelt war es zu Treffen in kleiner Besetzung im Opladener Pentagon, im Schmalztöpfen, im Pub, im KD oder nachmittags im von allen geliebten Eis-Café Panciera gekommen.
Dhanya zeigte sich erstaunlich gut informiert über den Bayer, wusste über die Abgänge und bisherigen Zugänge Bescheid.
Als sie ein bisschen über ihre Tätigkeiten als Schamanin erzählte, hörten alle fasziniert zu, schließlich kannte sich keiner aus der Runde in diesem Bereich aus. Tom mal ausgenommen.
Bunny fragte Dhanya, was für ein Gefühl sie für die neue Saison habe.
„Ich kann es noch nicht greifen, aber es ist Vieles im Umbruch. Möglicherweise werden noch mehr Spieler den Verein verlassen, als es bis jetzt der Fall war. Auf jeden Fall ist eine neue Energie zu spüren. Fragt mich in drei Wochen noch mal, wenn die Mannschaft in ihrer Zusammensetzung wohl komplett ist. Eines weiß ich aber: Der Anfang wird schwierig.“
Alle aus der Runde hatten zugehört und dachten sich anschließend ihren Teil.
Dhanya hatte recht mit der Aussage zum schwierigen Anfang. Denn die Partie an diesem Abend gegen die U20 von Flamengo war ein ziemlicher Reinfall und endete mit einer 1:5-Packung.
Nach dem Schlusspfiff suchten alle nach Gründen für die Pleite, letztlich nahm aber kaum jemand diese Klatsche ernst.
Bunny: „Wir standen am Anfang doch auch nur mit einer besseren A-Jugend auf dem Platz.“
Reni: „Die Jungs waren nach den drei harten Tagen in Rio einfach noch platt.“
Mutti: „Die haben immer noch mit dem Jetlag zu kämpfen.“
Holger: „In der Besetzung haben die noch nie zusammengespielt. Als ten Hag am Ende die Alten eingesetzt hat, war´s mit der Überlegenheit Flamengos vorbei.“
Tom: „Flamengo war richtig heiß. Für deren Jungs war dieses Spiel die perfekte Bühne, um sich präsentieren zu können.
Einzig Walt wollte sich nicht so einfach mit dem 1:5 abgeben.
„Für unser Image ist dieses Ergebnis Scheiße. Man kann ja verlieren, aber nicht mit 1:5 gegen eine U20-Auswahl. Bei uns stimmte lange Zeit gar nicht. Dann frage ich auch nach dem Wert solch einer Partie.“
Keiner blieb an diesem Abend noch lange im Keller, zu ernüchternd war die Partie gewesen.
Am nächsten Wochenende sollte die Werkself schon wieder in heimischen Gefilden auflaufen; der VfL Bochum war der nächste Gradmesser.
Im Stadion an der Castroper Straße lief es dann auch vor allem in der ersten Hälfte deutlich besser, als Trainer ten Hag eine ganz andere Startelf aufs Feld beordert hatte. Sie sicherte sich mit Können aber auch mit Glück bereits in den ersten 45 Minuten eine 2:0-Führung, brachten dieses Resultat schließlich auch nach vielen Wechseln über die Runden.
Ruhe kam weiterhin nicht in den Klub und die Mannschaft, da nun der Wechsel von Xhaka von dessen Seite vorangetrieben und schließlich auch zum Premiere League-Aufsteiger Sunderland finalisiert wurde.
In der Gruppe wurde der Abgang des Schweizers mit geteilter Meinung kommentiert. Die Einen sagten, dass die 20 Millionen Ablöse das Beste seien, was dem Klub in Sachen Xhaka noch passieren konnte, da dieser in der Rückrunde der letzten Saison bereits abgebaut hatte. Die Anderen hätten den Routinier weiter gerne im Team gesehen, weil sie ihm wieder eine wichtige Rolle in der nun sehr jungen Mannschaft zugetraut hätten.
Ohne den Schweizer ging es dann eine Woche später ins niederländische Sittard, wo Gastgeber Fortuna Sittard, letztes Jahr Elfter der Ehredivisie, den nächsten Testspielgegner abgab.
Wieder war es eine gute erste Hälfte der Leverkusener, die weiterhin auf den bisherigen Königstransfer Tillman verzichteten. Die ten Hag-Truppe lag mit 2:0 vorne, fiel anschließend leistungsmäßig ordentlich ab, gewann aber trotzdem mit 2:1.
Am Dienstag darauf stand die Saisonvorbereitung an. Wohlgemerkt an einem Dienstag. Gegen diese Ansetzung gab es viele negative Anmerkungen von Fans, denn viele Anhänger mussten dienstags nun mal arbeiten; andere hatten schlichtweg nicht die Zeit, von weiter her anzureisen.
Die Bayer-Führung begründete diese auch aus Sicht der Kellergruppe fanfeindliche Ansetzung mit der Gestaltung des Vorbereitungsprogamms und damit, dass es keine Alternative gegeben hätte.
Bunny und Joe ärgerten sich gewaltig, weil sie just für diese Woche bereits vor längerer Zeit einen Kurztrip nach Malle gebucht hatten. Dieser ging von Montag bis Freitag, da sie damit rechneten, dass die Saisoneröffnung an einem Samstag oder Sonntag über die Bühne gehen würde.
Doch dazu kam es nicht.
Auch Walt konnte abends nicht zum Spiel gegen Pisa kommen, denn er musste eine Veranstaltung seiner Firma besuchen. Er ärgerte sich ebenso wie Joe und Bunny.
Der Rest der Truppe wollte aber zur einzigen Partie der Werkself vor heimischer Kulisse in der Vorbereitung. Walt hatte das ihm zugestellte Ticket an Manfred weitergegeben.
Sie sahen dann mit knapp 23.000 anderen Fans einen 3:0-Sieg der Bayer-Jungs über Pisa. Das Endergebnis stand schon zur Pause fest, nach einer ersten Halbzeit, die Leverkusen klar dominiert hatte, es aber nur versäumte, noch mehr Tore zu erzielen.
Die Jungs und Mädels fühlten sich bestens unterhalten; insbesondere Manfred genoss den Tag rund ums und im Stadion. Er freute sich auch über die Tore so intensiv, als wären sie in einer Meisterschaftspartie gefallen wären.
Die zweiten 45 Minuten fielen anschließend jedoch wieder ab. So wie in den anderen Vorbereitungsspielen auch. Dieses Mal trugen nicht nur diverse Wechsel, sondern auch die Rote Karte für Tapsoba zur recht mauen zweiten Hälfte bei.
Für Stirnrunzeln und (ängstliche) Spekulationen sorgte auf den Rängen, dass Zugang Malik Tillman wieder nicht mitmischte.
Offiziell hieß es, dass aus Belastungsgründen kein Einsatz möglich war. Auch Boniface saß nur draußen, aus ähnlichen Gründen.
Drei Wochen vor dem Saisonstart keine beruhigende Situation.
„Ich bin gespannt, wie es am Freitag gegen Chelsea aussehen wird. Ich habe gehört, dass auch Hofmann und Palacios angeschlagen sind. Und Tapsoba wird nach seiner Roten Karte für das nächste Testspiel gesperrt. Da sieht man, dass unser Kader aktuell nicht gerade groß ist“, teilte Tom am Telefon Bunny mit.
Was beide noch nicht wusssten: Um die Sperre Tapsobas in Chelsea zu umgehen, vereinbarten die Bayer-Verantwortlichen kurzerhand ein Testspiel mit dem SV Schlebusch, einem Leverkusener Landesligisten.
Über 2x30 Minuten setzte sich die überwiegend mit jungen Akteuren besetzte Werkself mit 4:0 durch; ein Muster ohne Wert für Bayer 04; für den SVS das Ereignis der letzten Jahre.
Somit konnte Tapsoba in London spielen.
Von der Kellerrunde waren am Samstag nur Holger, Babs, Tom, Bunny und Joe anwesend. Der Rest war verreist oder hatte Besseres zu tun.
„Ich werde mir das Gemetzel nicht ansehen. Da gehe ich lieber mit Angie ins Kino und schaue mir die nackte Kanone an. Da werde ich zu 100 Prozent mehr Spaß haben“, hatte Walt sein Fernbleiben angekündigt.
Er war sowieso etwas über das Transfergebaren der Werkself angesäuert, hatte doch diese Woche Publikumsliebling Lukas Hradecki endgültig seinen Wechsel zum AS Monaco bekanntgegeben. Der nächste Abgang einer Identifikationsfigur und oftmals auch Leistungsträger der Meistermannschaft.
„Mir wird das, ehrlich gesagt, langsam zu viel“, klagte Walt.
Holger und Bunny hielten dagegen, auch wenn sie der Verlust des authentischen und meistens gut gelaunten Finnen ebenfalls schmerzte.
„Sportlich haben wir uns mit Flekken verbessert. Und wenn auch noch Blaswich kommt, dann haben wir das beste Keepergespann seit ewigen Zeiten“, versuchte Bunny, seinen Kumpel wieder etwas positiver zu stimmen.
„Du hast doch auch schon gesehen, was Flekken kann. Der Junge ist bärenstark“, stimmte Holger zu.
Aber Walt konnte dem Wechsel Hradeckys nichts Positives abgewinnen.
Daher auch am Samstagabend lieber die nackte Kanone als Bayer 04.
Die anderen, die sich im Keller von Babs und Holger eingefunden hatten, sahen eine Partie, die von Chelsea klar dominiert wurde. Das 0:2 gegen die Farbenstadt-Elf war schmeichelhaft für Leverkusen, das offensiv äußert harmlos auftrat. Weiterhin ohne Tilmann, über dessen Befinden nach wir vor nichts Konkretes geäußert wurde.
Kreativ tat sich gegen den Klub-Weltmeister so gut wie nichts. Aber Chelseas sollte auch nicht der Maßstab für das Team von Coach ten Hag sein.
Dafür stand nun ein weiterer Zugang im Raum: Der junge Niederländer Poku vom AZ Alkmaar sollte als Rechtsaußen Frimpong beerben. Niederländer für Niederländer. Klang schlüssig.
Nach dem 0:2 diskutierten Holger, Babs, Tom, Bunny und Joe noch über das Spiel und die ihrer Meinung nach noch vorzunehmenden Veränderungen.
„Wir kriegen gegen einen starken Gegner nach vorne nichts gebacken. Uns fehlt ein Unterschiedsspieler, der mit seinen Aktionen im Mittelfeld Räume schafft, die anderen bedient und selbst torgefährlich ist“, stellte Bunny fest.
„Es wird eben keinen Wirtz mehr geben. Maza kann da reinwachsen, wird aber noch Zeit brauchen. Tillman kann ich noch überhaupt nicht beurteilen, da er bislang kein einziges Mal auf dem Platz stand. Vielleicht findet Rolfes ja noch irgendwo ein Schätzchen, das bei seinem aktuellen Verein unzufrieden ist, bei dem die restliche Laufzeit des Vertrages überschaubar ist und der damit nicht soooo teuer ist“, ergänzte Tom.
Holger übernahm an diesem Abend den Part von Walt als Unker: „Ich habe irgendwie kein gutes Gefühl. Ja, wir spielen uns den Ball ordentlich aber harmlos zu. Hinten sind wir – außer eben gegen Chelsea, das aber auch sehr viel gewechselt hat – kaum gefordert worden, so dass man auch nicht einschätzen kann, wie gut wir wirklich stehen. Flekken hat uns gegen Chelsea, das in der Vorbereitung noch hinter uns stand und nur mit einer 1B-Besetzung antrat, den Arsch gerettet. Sonst wäre es kein 0:2, sondern ein 0:6 gewesen.“
„Wir haben jetzt noch eine Woche bis zum Pokal gegen einen Regionalligisten, der schon Meisterschaftsspiele hat. Bis dahin muss was passieren, sonst wird es gegen Sonnenhof Großaspach eng“, betätigte sich auch Babs als Warnende.
Eine Woche später stand nun genau diese Partie auf dem Programm. Mittlerweile waren auch die Verpflichtungen von Keeper Blaswich und dem rechten „Schienenspieler“ – Dhanya fragte Tom vor kurzem, warum denn ein Spieler mit Schienen spielen müsse … - Poku unter Dacht und Fach gebracht worden.
Die komplette Runde – inklusive Manfred und Dhanya – hatte sich im Keller von Holger und Babs eingefunden. Die allermeisten waren optimitisch; nur Walt – welch Überraschung – und Joe zeigten sich zurückhaltender, was die Prognose eines Bayer-Erfolgs anging.
Walts eher miesepetrige Laune besserte sich aber schlagartig, als Holger die Gewinner der letztjährigen Bundesliga-Tipprunde verkündete. Tatsächlich hatte der oftmals überaus kritische Walter die meisten Übereinstimmungen bei den Tabellentipps auf seiner Seite. Er hatte München als Meister getippt, die Werkself als Vizemeister und auch Dortmund als Tabellenvierter richtig gesetzt. Dazu kamen noch vier weitere exakte Tabellenprognosen und auch bei den anderen Teams lag Walt in der Regel nicht weit daneben.
Bunny hatte den zweitbesten Tipp hingelegt; Babs lag auf Platz 3. Letzter war, für ihn unfassbar, Tom.
Aber Walt strahlte dafür mehr als die Beleuchtung im Kellerraum.
„Da soll doch noch mal einer kommen und an meinem Fußballverstand zweifeln. Ich habe doch schon immer gesagt, dass an mir ein Trainer verlorengegangen ist“, schwang sich der Unker direkt zu Höherem auf.
„Mein lieber Walt; aus einem Tipper, der zufällig mal weniger oft danebenlag als sonst, wird nicht automatisch auch ein guter Trainer. Wie du diesen Zusammengang ziehst, erschließt sich mir nicht wirklich. Außerdem: Du kennst doch den Spruch mit dem blinden Huhn und dem Korn.“
Walt wollte auf Bunnys Frotzelei sofort eingehen, doch Angela legte ihre Hand auf seinen Unterarm und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Daraufhin entspannte sich Walt direkt und streckte Bunny als Antwort nur noch die Zunge raus.
Nachdem Walt die Tipp-Ergebnisse durchgegeben hatte, bat er die Runde, sich an den – dieses Mal waren es vier Laptops, die am Tisch der Tafelrunde platziert waren – Rechnern mit den Tipps für die nächste Woche beginnende Bundesliga-Saison zu begeben.
„Wer aber nicht mehr will oder wer von den Neuen keine Lust hat, braucht natürlich nicht mitzumachen“, setzte er noch hinzu.
Aber alle wollten. Einzig Dhanya musste der Verlauf noch erklärt werden, da diese vom Tipp noch nichts gehört hatte.
Babs musterte Toms „Bekannte“, die bislang in der Regel mitrichtigen Spielvorhersagen aufgefallen war.
„Wenn du bei allen Spielen so richtig liegst, ist klar, wer diesen neuen Tipp gewinnen wird“, stellte Holgers Frau fest.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Wenn ich mal etwas sehe, geht das nur bei Menschen oder Situationen, die mir nahestehen. Das ist bei fast allen Spielen, die ich hier tippen muss, wohl eher nicht der Fall“, antwortete Dhanya.
„Dann bin ich beruhigt“, warf Bunny ein, der gelauscht hatte.
Da dieses Mal vier Rechner zur Verfügung standen, war das Prozedere in 1,5 Stunden zu Ende. So blieb noch ausreichend Zeit, sich dem Spaghetti-Gyros-Auflauf zu widmen, den Babs gezaubert hatte. Für Reni gab´s eine separate Mini-Auflaufform mit Gyros-Ersatz.
„Hammer, das Zeugs“, lobte Tom mit vollem Mund und kassierte dafür einen Klaps von Dhanya.
„Das Rezept muss ich haben“, zeigte sich auch Bunny von der ungewöhnlichen Kombination beeindruckt.
Joe und Angela nickten zustimmend.
Dann wurde es langsam Zeit, sich auf die Sitze zu bewegen. In ein paar Minuten würde der Anpfiff erfolgen.
Spannung machte sich im Keller breit.
Auch die 2.500 mitgereisten Lev-Fans unter den insgesamt 10.000 Zuschauern in der „WIRmachenDRUCK-Arena“ der Hausherren standen unter Strom.
Es entwickelte sich eine muntere Partie, bei der schnell klar wurde, dass der Regionalligist um seine Chance und zur Umsetzung einer Sensation alles geben würde. Die SG trat sehr selbstbewusst auf, kam auch zu einer Chance, ehe es plötzlich – wie man in England sagt – cats and dogs regnete. Dazu kamen noch ein fetter Hagel und Sturmböen.
Dem Unparteiischen blieb nichts anderes übrig, als die Begegnung zu unterbrechen. Nach knapp 40 Minuten und diversen Anstrengungen, den komplett durchnässten Rasen mit welchen Mitteln auch immer zumindest etwas trockener zu bekommen, ging die Partie weiter.
Schick war es schließlich, der eine scharfe Flanke von Adli zum 1:0 für die Werkself mit dem Kopf verwertete. Danach kam Großaspach ebenfalls zu einer dicken Chance, blieb aber erfolglos. Mit diesem Ergebnis ging es wieder in die Kabinen.
Auch nach dem Seitenwechsel blieb Leverkusen feldüberlegen, konnte jedoch erst nach zwei Platzverweisen für die Gastgeber das Ergebnis erhöhen. Arthur, Kofane und Grimaldo per Elfmeter markierten den Endstand zum 4:0.
Im Keller machte sich spätestens nach dem 3:0 in der 84. Minute Erleichterung breit.
„Das war´s. Jetzt reserviere ich wieder ein Hotel in Berlin für das Finale am 23. Mai“, erklärte Bunny und machte sich tatsächlich sofort auf einer bekannten Buchungsplattform auf die Suche.
„Wer ist dabei?“
Seine Frage wurde mit sieben herauffliegenden Fingern beantwortet. Nur Dhanya konnte sich (noch) nicht für eine mögliche Fahrt zum Finale entscheiden.
„Ich reserviere eh ein Doppelzimmer für mich. Solltest du mitkommen wollen, wenn wir uns überhaupt fürs Endspiel qualifizieren, hättest du eh einen Platz bei mir sicher“, meinte Tom und legte kurz eine Hand auf ihre Schulter.
Diese Vertraulichkeit wurde natürlich von allen registriert. Also von fast allen: Bunny und Joe waren schon eifrig damit beschäftigt, die ersten Suchergebnisse im Internet zu kommentieren.
Nach einer Viertelstunde und der per WhatsApp erteilten Zusage von Walt und Angela wurden sechs Doppelzimmer reserviert. Sogar Manfred wollte zum Finale.
Wenn Bayer 04 es denn erreichen sollte.
Das Spiel geriet indessen zur Nebensache, sodass Grimaldos Treffer zum 4:0 zuerst gar nicht registriert worden war, da alle lauthals über Berlin sprachen.
„Ihr seid echt unglaublich. Da hat Leverkusen gerade mal ein Spiel gewonnen und ihr seid gedanklich schon beim Finale. Das muss man erst mal hinbekommen. Aber mir scheint, ihr macht das auf diese Art nicht zum ersten Mal“, fragte Dhanya.
„Wir verfügen da schon über eine gewisse Erfahrung“, antwortete Holger und verwies auf die letztjährige Stornierung der in Gedanken bereits bezogenen Zimmer, als Bayer 04 im Halbfinale überraschend gegen Bielefeld ausgeschieden war.
„Dann will ich für euch mal hoffen, dass es dieses Mal besser läuft“, meinte Dhanya.
„Kannst du nicht vorhersehen, wie unsere Chancen sind?“
Reni blickte die Seherin erwartungsvoll an.
„Nein, das kann ich nicht. Es ist noch zu vieles ungewiss“, stellte Dhanya klar.
Holger holte aus dem Kellerkühlschrank die schon bewährte Flasche Schwesterherz hervor und verteilte ein Gläschen pro Interessenten oder Interessentin.
Bis auf Mutti sagten alle ja.
„Auf die neue Saison. Was immer sie auch bringen wird“, sprach Bunny einen Toast aus.
Alle hoben ihre Gläser mit Likör, Mutti ein Gläschen mit Wasser.
Ein Heimspiel zum Saisonstart. Grandios. Nachdem es letzte Saison zum Auftakt nach Mönchengladbach gegangen war, konnte man sich jetzt wieder auf ein Debüt in der BayArena freuen.
Aber irgendwie schwankte die Grundstimmung vieler Fans zwischen Verunsicherung und großer Freude.
Verunsicherung, weil ein paar Tage vor dem Auftakt auch noch Adli und höchst wahrscheinlich Boniface den Verein verlassen haben.
Auf der anderen Seite gelang es Rolfes und Carro, das große Talent Echeverri aus Argentinien und den französischen Nationalspieler Badé zu verpflichten. Außerdem sollte noch ein Mittelfeldspieler kommen. Mindestens.
Aus der Gruppe waren alle da. Angela hatte das große Glück, dass sie eine Saisonkarte von Harald übernehmen konnte, der zwei Plätze neben Walt saß, jetzt aber ein Jahr im Ausland verbringen würde und damit keine Zeit mehr für den Bayer hatte.
Vor der Partie gegen die Sinsheimer, die auch in diesem Jahr den eh schon nicht sehr großen Gäste-Block in der Arena nicht vollbekommen würden, traf sich die Runde in der Schwadbud.
„Hach, endlich wieder daheim“, seufzte Mutti, die sich auf einen Hocker hangelte. Für die eher klein gewachsene Gesundheitsbeauftragte der Gruppe war es jedes Mal ein kleiner Akt, sich auf die Hocker zu setzen.
Und jedes Mal verfolgten vor allem die Männer der Truppe die Bemühungen mit einem Grinsen, aber jederzeit bereit, zu helfen, sollte es für Mutti zu wackelig werden.
Heute gelang es aber erstaunlich leicht, was Bunny so kommentierte: „Wenn das nicht mal ein gutes Omen ist. Mutti fliegt quasi auf den Hocker. Daher kann der Bayer diese Saison auch nur nach oben fliegen.“
„Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank“, konterte Mutti, konnte sich aber ein Lachen nicht verkneifen.
Auch für die nächste Überraschung sorgte Evelyn, die in der Gruppe aufgrund ihres fürsorglichen Wesens nur Mutti genannt wurde.
Als die Bestellungen für Getränke und sonstige Ferkeleien aufgenommen wurden, orderte Mutti einen Sekt, was sofort zum Schweigen der kompletten Gruppe führte.
Wieder war es Bunny, der ihr Verhalten kommentierte: „Müssen wir uns Sorgen machen? Du bestellst Alkohol? Du? Am ersten Spieltag? Ohne, dass es etwas zu feiern gibt. Ich bekomme gerade etwas Angst. Wer weiß, was du uns sonst noch offenbarst im Lauf der Saison.“
„Wer weiß. Lasst euch überraschen“, antwortete Mutti lachend.
Kurze Zeit später wurden die Getränke geliefert; danach trafen nach und nach Pommes und Würste ein. Das Übliche halt vor einem Spiel.
Während des Trinkens und Essens wurde untereinander und mit den anderen Sitznachbarn eifrig über die neue Mannschaft und die neuen Trainer diskutiert.