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Im Reich der Tiere und Pflanzen finden sich unzählige Hinweise, die für die Abschätzung der Wetterentwicklung genutzt werden können. Was hat es mit Schwalben, Silberdistel & Co. als Indikatoren auf sich? Wie zuverlässig sind „Eisheilige“ und „Siebenschläfertag“ für langfristige Prognosen? Meteorologen und Naturwetterkundler beäugen einander oft mit einer gehörigen Portion Skepsis. In diesem Ratgeber wagt sich ein Meteorologe, dessen Berufsalltag von mathematisch-physikalischen Berechnungen am Computer geprägt ist, auf fremdes Terrain. Er versucht den Spagat zwischen der modernen Meteorologie mit ihren hochkomplexen Vorhersagemodellen und der Volkskunde mit ihren über viele Generationen überlieferten Wetterregeln zu schaffen. Anschaulich und mit vielen Beispielen zeigt Alexander Ohms, mit welchen Sensoren Fauna und Flora das Wetter messen und anzeigen können. Der Wetterexperte unterzieht viele bekannte Naturregeln einer gründlichen Überprüfung. Dabei bleibt mancher über Jahrhunderte überlieferte Humbug nicht von Kritik verschont. Profitieren Sie im Alltag von der genauen Naturbeobachtung und lernen Sie auch die Grenzen der Natur als Wetterprophet kennen!
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Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2016
Alexander Ohms
So nützt man Tiere und Pflanzen zur Wettervorhersage
ENNSTHALER VERLAG STEYR
Erklärung
Jede Anwendung der in diesem Buch angeführten Ratschläge geschieht nach alleinigem Gutdünken des Lesers. Autoren, Verlag, Berater, Vertreiber, Händler und alle anderen Personen, die mit diesem Buch in Zusammenhang stehen, können weder Haftung noch Verantwortung für eventuelle Folgen übernehmen, die direkt oder indirekt aus den in diesem Buch gegebenen Informationen resultieren oder resultieren sollten.
www.ennsthaler.at
ISBN 978-3-7095-0057-6
Alexander Ohms · Wetterprophet Natur
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2016 by Ennsthaler Verlag, Steyr
Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co KG, 4400 Steyr, Österreich
Umschlaggestaltung: Anita Burgholzer, Steyr,
www.anitaburgholzer.at
Titelbild: © Anatolii / Fotolia.com, © Smileus / Fotolia.com, © magann / Fotolia.com
E-Book-Herstellung: www.zeilenwert.de
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
1. Der schwierige Blick in die Zukunft
Zur Geschichte der Meteorologie
Vom Alltag eines Vorhersage-Meteorologen
2. Wetterregeln – was ist da dran?
Treffsicherheit auf dem Prüfstand
3. Natürliche Wettersensoren
4. Wetterfühligkeit als lästiges Überbleibsel der Evolution
5. Tiere als Barometer
Schwalbe
Spinne
Laubfrosch
Katze
Ameise
Möwe
Blutsaugende Insekten
Schnecke
6. Pflanzen als Wetterpropheten
Silberdistel
Ringelblume
Vogelmiere und Gänseblümchen
Frühjahrsblüher
Nadelbaumzapfen
Bäume
7. Langfristige Prognosen – mehr als Humbug?
Zugvögel
Blüten und Laub im Garten
Der hundertjährige Kalender
Die Königsdisziplin der Wetterkunde
8. Die Natur als Indikator für den Klimawandel
Phänologie – Alles hat seine Zeit
9. Der (Alb-)Traum vom Wetter auf Bestellung
10. Nur nicht alles glauben!
11. Werden Sie selbst zum Wetterfrosch!
Anhang
Literaturempfehlungen
Internet-Tipps
Über den Autor
Abbildungsverzeichnis
Weiters im Ennsthaler Verlag erschienen
Fast jedem Wanderer ist das schon passiert: Man erklimmt Höhenmeter um Höhenmeter, hat den Blick zum nahen Gipfel gerichtet – und bekommt es beim Anblick sich auftürmender Wolken mit der Angst zu tun. Wird das Wetter noch halten, oder soll man doch umdrehen und die sichere Schutzhütte aufsuchen? Ein Gewitter auf dem Berg ist nicht ungefährlich. Aber selbst ein an und für sich harmloser Regenguss kann das Wandervergnügen rasch zunichtemachen und den Bergsteiger in funktioneller, aber doch tropfnasser Kleidung zurücklassen. Gut, wenn man in solchen Fällen an bewirtschafteten Almen vorbeikommt und nachfragen kann, ob das Wetter wohl halten wird!
Natürlich kann es dann passieren, dass der Senner zur Antwort gibt, er habe den Wetterbericht im Radio heute noch nicht gehört, und dem Wanderer daher auch nicht helfen kann. Doch oft ist es anders: Der Almbauer wirft einen kritischen Blick auf den Himmel oder schaut auf die kleinsten Anzeichen der Natur, die ihm einen Hinweis auf das Wetter der nächsten Stunden geben könnten. Der jahrhundertelange Überlebenskampf der Bauern im Gebirge hat viele Menschen sensibel dafür gemacht. Die Weisheiten und Ratschläge der Vorfahren wurden häufig auch in Verse gegossen, um den Wissensschatz leichter an die nächste Generation weitergeben zu können. »Der Abend rot und weiß das Morgenlicht, da trifft den Wanderer böses Wetter nicht« könnte einer dieser Sprüche sein, die man von einem wetterkundigen Senner zu hören bekommt.
Detaillierte Beobachtungen und eine tiefe Verbundenheit zur Natur haben die Menschen regelmäßig wiederkehrende Wettererscheinungen erkennen lassen. Sehr früh schon hat man verstanden, speziell aus dem Verhalten der Tiere und Pflanzen die Wetterentwicklung mit einem gewissen Maß an Sicherheit vorauszusagen. Doch wie ist das möglich? Der Meteorologe benötigt modernste Computertechnologie und hochkomplexe Prognosemodelle, um eine Wettervorhersage zu erstellen. Gleichzeitig sollen das auch Tiere und Pflanzen können – und das ganz ohne technische Unterstützung?
Ein Meteorologe auf gefährlichem Terrain
Als Meteorologe über Wetterregeln zu schreiben heißt, sich auf gefährliches Terrain zu begeben. Man ist es gewohnt, dass in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Häme über den Berufsstand der Wetterkundler ausgegossen wird. Nach veritablen Fehlprognosen, die immer wieder vorkommen, muss man sich schon einmal vorhalten lassen, dass man zum Würfeln keine akademische Ausbildung benötige. Jede Bauernregel würde da ein besseres Ergebnis liefern als die Computerberechnungen der meteorologischen Dienste. Da müssen dann von den studierten Wetterexperten die Errungenschaften der Meteorologie verteidigt werden, der Vorsprung von Differenzialgleichungen x-ten Grades gegenüber Wetterregeln fragwürdigen Ursprungs muss klar und deutlich herausgestrichen werden.
Und dann schreibt ein Meteorologe ausgerechnet über jene Regeln, gegen die er ein Berufsleben lang zu bestehen hat, von denen er eigentlich überzeugt ist, dass sie den errechneten Wetterprognosen deutlich unterlegen sind? Findet dieser Wetterkundler vielleicht sogar Zustimmung beim naturinteressierten Publikum, wird er bei manchen seiner Kolleginnen und Kollegen in Ungnade fallen – womöglich gar nicht mehr ernst genommen?
Ja, es ist ein echtes Risiko, als Meteorologe über Prognosen aus der Naturbeobachtung zu schreiben. Aber es lohnt sich! Schließlich handelt es sich nur scheinbar um einen Gegensatz: Beide Seiten nämlich – sowohl der Meteorologe als auch die Tiere und Pflanzen – sind interessiert am aktuellen Wetter und seiner weiteren Entwicklung. Und beide messen physikalische Größen wie Luftdruck, Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit – der Meteorologe mit hochempfindlichen elektronischen Messgeräten, Tiere und Pflanzen dagegen mit mindestens ebenso empfindlichen natürlichen Fühlern.
Mit diesem Buch möchte ich allen natur- und wetterinteressierten Leserinnen und Lesern einen Überblick über die wichtigsten Wetterzeichen im Tier- und Pflanzenreich geben. Daneben soll aber auch der aktuelle Stand der modernen Meteorologie und Klimaforschung nicht zu kurz kommen. Ein Anspruch an Vollständigkeit besteht nicht, weil doch jede und jeder von uns mindestens eine Wetterregel kennt, die kaum ein anderer kennt und die natürlich besser und zutreffender ist, als andere Regeln es sind …
Das Wort »Meteorologie« – oft verwendet, aber fast genauso oft falsch geschrieben! Vielleicht werden ja Meteorologen in Zukunft weniger oft zu »Meterologen« oder »Metereologen«, wenn man sich den Ursprung der Vokabel vor Augen hält: Das Wort leitet sich vom griechischen Wort meteorologia ab, das wiederum aus meteoros für »in der Schwebe« und logos für »Lehre« zusammengesetzt ist. Die Meteorologie versucht, wissenschaftliche Erklärungen für die Beobachtungen der Vorgänge in der Lufthülle der Erde, also in der Atmosphäre, zu geben. Die reine Wetterbeobachtung begnügt sich mit der Erfassung und Aufzeichnung von Wetterdaten, Erklärungen sucht man dabei nicht.
Das Wort »Wetter« bezeichnet den aktuellen und messbaren Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort der Erdoberfläche. Dieser Zustand kann sich durch verschiedene Elemente wie Sonnenschein, Bewölkung, Niederschläge, Wind, Wärme oder Kälte manifestieren. Den Verlauf des Wetters bestimmt die großräumige atmosphärische Zirkulation mit ihren Hoch- und Tiefdruckgebieten. Diese Wettermaschine wird von der Sonne angetrieben, denn die Energie der Sonnenstrahlung sorgt für Temperaturunterschiede in den verschiedenen geografischen Breiten. Es ist ein Naturgesetz, dass Differenzen ausgeglichen werden sollen – und das geschieht eben mithilfe der Strömungen zwischen den großen Hochs und Tiefs.
Ein Sonnenscheinschreiber (oder Sonnenscheinautograf) ist ein nicht mehr gebräuchliches Messinstrument. Die Sonnenstrahlung wird durch die Glaskugel fokussiert und verursacht eine Brandspur auf einem eingelegten Papierstreifen. Durch die händische Auszählung lässt sich die tägliche Sonnenscheindauer bestimmen.
Rein physikalisch lässt sich das Wetter durch Zustandsgrößen wie Luftdruck, Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit beschreiben und in Zahlen fassen. Wetterphänomene wie zum Beispiel starke Winde entspringen nichts anderem als reinen Naturgesetzen und entstehen daher außer auf der Erde auch auf anderen Planeten, sofern sie eine Lufthülle, also eine Atmosphäre, besitzen.
Die Beobachtung und Aufzeichnung des lokalen Wetters war – und ist bis heute – speziell für naturverbundene Menschen wie etwa Landwirte eine Grundlage für wichtige Entscheidungen: Wann sät man, wann erntet man am besten? Schon die alten Ägypter, Griechen und Römer sowie die arabischen Völker sammelten großes Wetterwissen an. Einer der ältesten überlieferten Wettersprüche wurde in eine Tontafel geritzt und stammt aus der Bibliothek des assyrischen Königs Assur (Panibal; 669 bis 625v.Chr.). Inhaltlich handelte es sich um die bekannte und heute noch verwendete Feststellung, dass »ein Hof um den Mond baldigen Regen anzeige«.
Mit dem finsteren Mittelalter brachen in Europa schwere Zeiten für die Naturwissenschaften an. In dieser Zeit setzte sich in Deutschland der Bischof und Gelehrte Albertus Magnus (um 1200‒1280) in seinem Werk »Über die Beschaffenheit des Windes« erstmals mit »Bauernregeln« auseinander. Im Jahr 1505 erschien in Augsburg die früheste gedruckte Sammlung von Bauernregeln in deutscher Sprache – Leonhard Reynmanns Buch »Wetterbüchlein. Von wahrer Erkenntniß des Wetters«.
Ausgehend von den Klöstern kam es am Ende des Mittelalters zu einem zweiten wissenschaftlichen Aufbruch. Kopernikus entwickelte das heliozentrische Weltbild, das statt der Erde die Sonne in den Mittelpunkt stellte. Entdecker berichteten von fremden Völkern und unterschiedlichen Klimazonen auf anderen Erdteilen, das Universalgenie Leonardo da Vinci erfand eine Vielzahl meteorologischer Messinstrumente. Galileo Galilei entwickelte am Anfang des 17. Jahrhunderts die erste Variante eines Thermometers, Evangelista Torricelli zog im Jahr 1643 mit dem ersten Barometer nach. Die im Jahr 1657 in Florenz gegründete »Accademia del Cimento« (Akademie des Experiments) leistete wahre Pionierarbeit. Sie richtete ein erstes weitreichendes Beobachtungsnetz ein. Neu entwickelte Messgeräte und intensive Beobachtungen lieferten im 18. Jahrhundert immer exaktere und vollständigere meteorologische Daten. Temperaturskalen wurden eingeführt, genauere Instrumente zur Messung der Luftfeuchtigkeit und des Windes entwickelt. Ab 1780 unterhielt die »Pfälzische Meteorologische Gesellschaft« weltweit Wetterstationen, die Wetterbeobachtungen erstmals mit einheitlichen Messinstrumenten, nach dem gleichen Plan und zu den gleichen Ortszeiten ermöglichten.
Mit der Entwicklung des Telegrafen in der Mitte des 19. Jahrhunderts gelang der modernen Wettervorhersage der Durchbruch. Der schnelle Austausch der Daten von sämtlichen Messstationen wurde möglich. Man begann, die Daten in ersten Wetterkarten zusammenzufassen und grafisch darzustellen. Die Entwicklung der modernen Meteorologie war damit noch lange nicht zu Ende – ganz im Gegenteil, sie wurde sogar noch rasanter. Das Radar wurde während des Zweiten Weltkriegs entwickelt ‒ zur Ortung von feindlichen Flugzeugen. Mittlerweile ist die Radartechnik in der Wetterkunde zum unentbehrlichen Hilfsmittel bei der Erkennung und Messung von Niederschlägen geworden. Dazu kamen im 20. und 21. Jahrhundert weitere neue Technologien wie immer leistungsfähigere Computer oder auch die Satellitenmeteorologie. Heute ist die Meteorologie zu einer hochtechnologischen und sehr genauen Wissenschaft geworden. Doch nach wie vor gilt, was der deutsche Komiker und Autor Karl Valentin einst launig und treffend formulierte: »Vorhersagen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.« Das Klima der Vergangenheit können wir mittlerweile mit verschiedenen Methoden – etwa durch die Auswertung von Eisbohrkernen, Sedimenten und Baumringen – sehr detailliert rekonstruieren. Wir wissen erstaunlich genau, wann Eiszeiten herrschten und wann es warme Perioden gab, in denen etwa im alpinen Bergland Wein angebaut wurde. Auch Klima und Wetter der Gegenwart kennen wir sehr exakt, viele Milliarden von Messwerten rund um die Erde liefern uns bis auf die x-te Kommastelle genau die aktuellen Bedingungen auf den Bildschirm.
Das Schwierigste an der Meteorologie ist und bleibt der Blick in die Zukunft. Schauen wir uns daher einmal an, wie Wetterprognosen für die nähere Zukunft erstellt werden – wie beispielsweise die Wetterseite in Ihrer Tageszeitung oder der Wetterbericht im Radio entstehen. Als Meteorologe ist man nach Führungen durch die »Wetterküche« – also den Vorhersageraum – oder nach persönlichen Gesprächen immer wieder erstaunt darüber, wie viele Menschen eine völlig falsche Vorstellung davon haben, wie Wetterprognosen entstehen. Recht verbreitet ist etwa die Meinung, dass der Blick auf das aktuelle Satellitenbild reiche, um zu wissen, wie das Wetter morgen oder am nächsten Wochenende wird. Klar, das Satellitenbild kennt man aus allen Medien, es steht wie kaum ein anderes Instrument für die moderne Wetterkunde. Zur Kunst der Wettervorhersage gehört aber noch einiges mehr dazu – und dafür wollen wir den Alltag eines Meteorologen durchleuchten.
Jeder Blick in die Zukunft muss zunächst einmal den Ist-Zustand als Basis haben – deshalb kommt, wie auch in der Wirtschaft oder Medizin, vor der Prognose die Diagnose. Wenn Sie von Ihrem Arzt wissen wollen, wann es Ihnen wieder besser gehen wird, muss sich dieser erst einmal mit verschiedenen Methoden einen Überblick über Ihren Gesundheitszustand verschaffen. Aber wie kommt der Meteorologe zu einer Gesamtschau auf das Wetter, also den aktuellen Zustand der Atmosphäre?
Auf Bildschirmen können neben Satelliten- und Radarbildern auch Meldungen von Wetterstationen aus aller Welt dargestellt werden. Der Vorhersage-Meteorologe erhält auf diese Weise einen schnellen Überblick über die aktuelle Wettersituation.
Zunächst stehen aktuelle Messwerte und Beobachtungsdaten aus den Stationsnetzen verschiedener Wetterdienste zur Verfügung. Allein die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) als nationaler Wetterdienst Österreichs misst an Hunderten repräsentativ über alle Regionen verteilten Standorten Luft- und Erdbodentemperaturen, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und -geschwindigkeit, Sonnenscheindauer, Luftdruck und Niederschlagsmenge. Die Wetterstationen bestehen aus einer Wetterhütte mit den Sensoren für Temperatur und Feuchte, einem Niederschlagskübel und einem zehn Meter hohen Mast, auf dem Windgeschwindigkeit und Sonnenscheindauer gemessen werden. Alle Daten werden im Minutentakt gemessen und stehen dem Meteorologen auf seinen Bildschirmen in Echtzeit zur Verfügung. Auch andere öffentliche Institutionen wie hydrografische Dienste und Luftgüteüberwachungen betreiben eine große Zahl von Messstandorten.
Da für die Wettervorhersage nicht nur das Geschehen innerhalb der eigenen Landesgrenzen von Interesse ist und ein Blick über den Tellerrand unbedingt notwendig ist, ergänzen Wettermeldungen aus der ganzen Welt das Daten-Portfolio. Klarerweise ist das Stationsnetz in den hoch industrialisierten Ländern der Erde deutlich dichter als in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ebenso stehen aus dünn besiedelten Regionen wie Sibirien, Kanada und Grönland oder von den Weltmeeren kaum Daten von stationären Wetterstationen zur Verfügung – Schiffs- und Bojenmeldungen helfen hier immerhin ein wenig.
Regelmäßige Aufstiege von Radiosonden in allen größeren Städten sind ein extrem wichtiges Werkzeug, um Kenntnisse über die Veränderung von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Windrichtung und -geschwindigkeit mit der Höhe zu erhalten. Daraus lässt sich die Labilität der Atmosphäre ableiten – ein wichtiges Maß, um etwa das Gewitterrisiko an Sommertagen oder die Nebelwahrscheinlichkeit im Herbst und Winter abzuschätzen. Bei einer Radiosonde handelt es sich um ein Messgerät, das an einem Ballon befestigt ist und beim Aufstieg mit einer Steiggeschwindigkeit von rund 300 Meter pro Minute bis etwa 30 Kilometer Höhe fortlaufend Luftdruck, Temperatur und Feuchtigkeit über einen eingebauten Kurzwellensender zur Bodenstation übermittelt. Dabei entsteht ein genaues Bild über den momentanen Zustand der einzelnen Luftschichten. Aus der mittels Radar gemessenen Windversetzung der Radiosonde können auch die Richtung und die Geschwindigkeit der Höhenwinde in der jeweiligen Luftschicht abgeleitet werden. In großen Höhen dehnt sich der Ballon durch den niedrigen Luftdruck immer mehr aus, wird schließlich so groß wie ein Auto und platzt irgendwann. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie einmal die Überreste einer Radiosonde in Ihrem Garten oder auf einer Wanderung finden.
In 100 Minuten rund um die Erde
Wichtige Hilfsmittel der modernen Meteorologie sind Satellitenbilder von allen Weltgegenden. Polarumlaufende Satelliten umkreisen die Erde innerhalb von hundert Minuten auf einer Bahn, die nahezu exakt über die Pole führt. Da sich die Erde unter der Satellitenbahn weiterdreht, können diese Satelliten während eines Tages die gesamte Erdkugel einschließlich der Polargebiete einsehen. Geostationäre Satelliten umkreisen die Erde hingegen auf einer Bahn über dem Äquator mit einer Umlaufzeit von 24 Stunden. Daher drehen sie sich mit der Erde mit und befinden sich immer exakt über dem gleichen Punkt der Erdoberfläche.
Satellitenbilder stehen über unterschiedliche Bildkanäle zur Verfügung: Der »sichtbare Kanal« liefert quasi ein Foto der Erdoberfläche, der Satellit sieht die Erde so wie ein Astronaut auf der Raumstation. Diese Bilder stehen naturgemäß nur bei Tageslicht zur Verfügung. Was man in den Abendnachrichten im Fernsehen sieht, sind hingegen Infrarot-Satellitenbilder, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Dabei misst der Satellit über Infrarotstrahlung die Temperatur der Erdoberfläche bzw. der Wolkenobergrenzen und bildet daraus ein künstliches Wolkenbild ab. Der Nachteil dabei ist, dass ganz tiefe Wolkenschichten wie Nebel oder Hochnebel kaum sichtbar sind. Das ist ein großes Problem, wenn man als Meteorologe in aller Früh bei Dienstbeginn wissen will, über welchen Regionen Nebelfelder liegen.
Unverzichtbar für Meteorologen ist auch das Niederschlagsradar. Von regelmäßig verteilten Standorten werden Mikrowellen ausgesandt, die dann von den Regentropfen oder Schneeflocken reflektiert werden. Je mehr Wassertropfen, Schneekristalle oder Eiskörner die Atmosphäre enthält, desto mehr Mikrowellenstrahlung wirft sie zurück. Aus dem Zeitunterschied zwischen dem Senden der Strahlung und dem Empfang der reflektierten Strahlung kann auf den Abstand der Niederschlagspartikel von der Radaranlage geschlossen werden. Damit erhält man ein Bild über Abstand und Intensität der Niederschlagszonen, das beinahe in Echtzeit zur Verfügung steht. Leider bietet auch das Niederschlagsradar gar nicht so wenige Möglichkeiten fehlerhafter Interpretation. Zu beachten ist etwa die Abnahme der Energiedichte von Radarstrahlen mit der Distanz, wodurch das Signal naturgemäß schwächer wird. Noch viel stärker wirkt sich die Abschattung der Radarstrahlen durch die Berge aus. Niederschläge aus tiefen Wolken, wie sie speziell im Winterhalbjahr häufig auftreten, sind aus diesem Grund in den gebirgigen Regionen nur sehr schwer zu erfassen. Dazu kommen Fehlinformationen durch Störsignale von Insekten- oder Vogelschwärmen. Nichtsdestotrotz hat aber gerade die Gewittervorhersage durch die Verwendung des Wetterradars einen großen Qualitätssprung gemacht.
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