What the Fake! - Etrit Asllani - E-Book

What the Fake! E-Book

Etrit Asllani

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Beschreibung

Täglich prasseln mehr Informationen auf uns ein als je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Darin verstecken sich eine Menge Falschmeldungen: Verschlucken wir im Schlaf wirklich zwanzig Spinnen pro Jahr? Und kann der Oberarm wirklich durch eine Impfung magnetisch werden? Ob sie bewusst gestreut oder durch Missverständnisse entstanden sind, Fake Facts, die einmal online gegangen sind, lassen sich so schnell nicht wieder aus der Welt schaffen.  Und wenn wir sie von unserem Lieblingsinfluencer hören oder ihnen mehrfach in kurzer Zeit begegnen, dann lassen wir uns vielleicht doch mal dazu hinreißen, sie zu glauben. Glücklicherweise gibt es viele einfache Strategien, um Falschmeldungen zu erkennen. Leicht verständlich und unterhaltsam führt Etrit Asllani uns in die Welt der Fake Facts ein und wappnet uns vor der nächsten viralen Lüge. 

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What the Fake!

Etrit Asllani steht hinter dem Kanal KeinFakeNews auf der Plattform TikTok, der FakeNews aufklärt und knapp 700.000 Follower:innen und über 13 Mio. Likes hat.

Täglich prasseln mehr Informationen auf uns ein als je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Darin verstecken sich eine Menge Falschmeldungen: Verschlucken wir im Schlaf wirklich zwanzig Spinnen pro Jahr? Und kann der Oberarm wirklich durch eine Impfung magnetisch werden? Ob sie bewusst gestreut oder durch Missverständnisse entstanden sind, Fake Facts, die einmal online gegangen sind, lassen sich so schnell nicht wieder aus der Welt schaffen. 

Und wenn wir sie von unserem Lieblingsinfluencer hören oder ihnen mehrfach in kurzer Zeit begegnen, dann lassen wir uns vielleicht doch mal dazu hinreißen, sie zu glauben. Glücklicherweise gibt es viele einfache Strategien, um Falschmeldungen zu erkennen. Leicht verständlich und unterhaltsam führt Etrit Asllani uns in die Welt der Fake Facts ein und wappnet uns vor der nächsten viralen Lüge. 

Etrit Asllani

What the Fake!

Wie du die Wahrheit von Falschmeldungen unterscheidest

Ullstein

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ISBN 978-3-8437-2968-0

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

   Von der Süßspeise zu Fake News – What the Fake?!

Eins, Zwei (Dunning) Kruger kommt vorbei

Psychologische Sicherheit – als Nebenprodukt

Mehr als ein Ratgeber

Die Wahrnehmung von Fake News hängt vom Alter ab

Tweeting like Pinocchio

Kapitel 2

   Eine lange Geschichte der Fake News kurz gefasst

Kapitel 3

   Fake News – mehr als die Summe ihrer Teile

Fake News und seine Freunde

Wie schütze ich mich vor Betrugsinhalten?

Kapitel 4

   Lügner erkennen wie bei Pinocchio

Unser Betrugs-Erkennungs-Gehirn

Der Pinocchio-Effekt

Warum lügen wir eigentlich?

Unser lügendes Gehirn

Wie erkenne ich Lügen?

Lügendetektor – funktioniert das wirklich?

Gerüchteküche – Social Grooming

Kapitel 5

   Nur die Spitze des Eisbergs

Früher war nicht alles besser, sondern anders

Mit großer Reichweite kommt große Verantwortung!

Content-Creator-Kodex

Was sind Algorithmen?

Filterblasen

Angriff auf die Demokratie

Fake-News-Ungeheuer – das wird teuer!

Tote durch Fake News

Infodemie

Fake News und Wahlen

Fake News – eine der größten Herausforderungen unserer Zivilisation

Deepfake

Kein Vertrauen mehr

Du brauchst Good News

Kapitel 6

   Die Psychologie hinter Fake News

Red-Queen-Hypothese

Warum teilen wir Fake News?

Die Verbreiter von Fake News wollen eigentlich nur helfen?

Sind manche Personen besonders anfällig für Fake News?

Dunkle Persönlichkeit

Psychologische Mechanismen von Fake News[155]

Kapitel 7

   Verschwörungstheorien – Welchen Aluhut tragen wir heute?

Was sind eigentlich Verschwörungstheorien?

Wie backt man eine Verschwörungstheorie?

Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?

Mustererkennung

Wem nützen Verschwörungstheorien?

Verschwörung vs. Verschwörungstheorie

11 bekannte Verschwörungstheorien und was an ihnen dran ist

Hip-Hop und Verschwörungstheorien

Sind Verschwörungstheorien gefährlich?

Kapitel 8

   WTF!? Wie du Wahrheit von Falschmeldungen unterscheidest

Wie recherchiere ich richtig?

Formuliere eine präzise Frage!

Fake it – until you make it!

Nützliche Seiten

Warum du nun gegen Fake News geimpft bist

WTF? – Schon vorbei? – Danke!

Danksagung

Anmerkungen

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1    Von der Süßspeise zu Fake News – What the Fake?!

Widmung

Für unsere kleine Tochter EnolaWillkommen auf der Welt, und mögen all deine Träume wahr werden.

Und für Ari – vielen Dank für deine Unterstützung!

Kapitel 1    Von der Süßspeise zu Fake News – What the Fake?!

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals ein Buch über Falschinformationen schreiben würde. Das liegt vor allem auch daran, dass mir der Umfang, die Gewichtigkeit für die Gesellschaft, die tägliche Relevanz und die Gefahren von Fake News noch gar nicht so lange bewusst sind. Aber hier bin ich: Etrit Asllani, dreißig Jahre alt, von Beruf Product Owner sowie Psychologe und zuständig für die Entwicklung innovativer digitaler Lösungen in einer Großbank.

Das hat zunächst einmal nichts mit Falschinformationen zu tun. Man könnte sagen, Fake News sind seit ein paar Jahren eine Art Hobby für mich. Und das kam so: Anfang 2020 sahen wir uns mit den Folgen der Coronapandemie, mit Lockdowns und Ausgangssperren konfrontiert. Diese halfen nicht nur, das Virus einzudämmen, sie sorgten auch dafür, dass wir mit einem Mal ziemlich viel Zeit hatten. Zeit, in der nicht wenige Menschen neue Dinge ausprobierten.

Der vergebliche Versuch, ein Bananenbrot zu backen, brachte mich zu dem Entschluss, doch lieber die Dinge auszuprobieren, für die ich eine echte Leidenschaft habe – so wie das Ausprobieren neuer Technologien. Ich wollte mehr über Algorithmen lernen; darüber, wie künstliche Intelligenzen uns im Alltag unterstützen, aber auch unser Verhalten beeinflussen.

Bei meiner Recherche stieß ich auf ein chinesisches Unternehmen, welches bis dato noch gar nicht so bekannt war: Bytedance. Dieser Mutterkonzern hatte eine App ins Leben gerufen, die jetzt, während du dieses Buch liest, zu einer der beliebtesten der Welt zählt. Ganz genau, die Rede ist von TikTok.

Was als Tanz- und Lip-Synch-App begann, in der Menschen sich und ihre Lippen zu gerade angesagten Musikstücken bewegen, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem vollumfänglichen und erfolgreichen sozialen Netzwerk, das heute für das Teilen selbst gedrehter Videoclips aller Art verwendet wird. Laut Schätzungen liegt die Zahl der monatlich weltweit aktiven Nutzenden bei TikTok im Jahr 2023 bei 834 Millionen1 Usern, wobei laut Tiktok die 1 Milliarde-Marke schon im September 2021 geknackt wurde.2 Was mich am meisten faszinierte, war die Technologie hinter TikTok. So wird dir beispielsweise ein Video, basierend auf verschiedenen Kennzahlen empfohlen, die dein Interesse widerspiegeln. Allerdings – und genau das ist wichtig – spielen hier Parameter des menschlichen Verhaltens eine große Rolle. Du kannst eine negative Einstellung zu einem Video haben – es also nicht mögen –, und dennoch werden dir vermehrt ähnliche Videos angezeigt.

Der Grund dafür ist dein Verhalten als User. Denn gerade durch reißerische Botschaften und polarisierende Statements siehst du dir das Video länger an – und bleibst dementsprechend länger auf der Plattform. Die sogenannte Watchtime wiegt hier deutlich schwerer als Interaktionswerte wie zum Beispiel das Liken der Beiträge.

So erzeugen Videos mit extremen Inhalten eine höhere Interaktion in den Kommentaren, da User entweder widersprechen oder mitdiskutieren – oder da sie eine der sechs Grundemotionen Wut, Trauer, Freude, Ekel, Erstaunen oder Angst spüren.3

Genau diese Interaktion erhöht folglich auch die View-Time eines Videos. Es ist das berühmte Spiel mit der Aufmerksamkeit.

Eine weitere große Rolle bei der Verbreitung von Videos spielen die Objekt- und Spracherkennung der App. Denn die Technologie hinter TikTok identifiziert sowohl die Objekte in einem Video als auch das, was gesagt wird – und so können Videos in Kategorien klassifiziert werden und zum richtigen Zeitpunkt treffsicher präsentiert werden.4

Fasziniert und inspiriert von dieser Technologie beschloss ich, selbst Creator zu werden. Im Rahmen meines Dayjobs hatte ich in der Vergangenheit oft Vorträge über die Psychologie hinter verschiedenen Technologien gehalten. Von Denkfehlern über die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen bis hin zu der großen Frage, wie man von der Kreativität zur Innovation kommt. Durch die Homeoffice-Regelung im Rahmen der Coronapandemie konnten meine Vorträge nun aber kaum bis gar nicht mehr stattfinden.

Mich quälte eine innere Unruhe. Ich wollte in Interaktion treten, meine Faszination teilen und Wissen vermitteln.

Während eines Praktikums in der Psychiatrie zu Beginn meiner Karriere ging es darum, Patientinnen und Patienten zu erklären, was ihre individuellen Krankheiten bedeuten, welche Faktoren förderlich für die Besserung ihres Krankheitsbilds sind und welche eher nicht. Doch mir schienen die dafür vorgesehenen Informationsfolien, die ich als Material für die Psychoedukationen (fest eingeplante Lehrstunden, die Teil der Therapie sind) verwenden sollte, nie sonderlich hilfreich zu sein – gerade weil darauf nichts auf einer einfachen, alltäglichen Ebene erklärt wurde, sondern vielmehr auf Universitätsniveau. Ich selbst kannte diese Modelle noch aus meinem Psychologiestudium. Also entschied ich mich dafür, die Psychoedukation durch eines meiner Lieblingsfelder der Psychologie zu bereichern: die positive Psychologie. Die positive Psychologie beschäftigt sich mit der Frage, was Menschen glücklich macht, was Glück eigentlich bedeutet und wie man durch Verhaltensänderungen positive Effekte erzielt.

Die Patienten hörten meinen Schilderungen aufmerksam zu. Aber nicht nur das: Von Mal zu Mal nahmen mehr Menschen an meinen Psychoedukationen teil. Irgendwann waren es so viele, dass sogar neue Stühle in den Raum gestellt werden mussten. Und ich erfuhr, dass manche ihre Visiten versäumten, nur um dabei sein zu können – was eigentlich nicht so gut war. Aber ich freute mich, weil meine andere Perspektive und das einfache Erklären komplexer Sachverhalte dankbar angenommen wurden. Ein Faktor, der sicherlich auch dazu beitrug, war die humorvolle Gestaltung meiner Vorträge, in denen viel und laut gelacht wurde. Das ging so lange gut, bis einer der Oberärzte in den Raum gestürmt kam und – durchaus gekränkt – rief:

»Warum lacht ihr hier alle? Das ist eine Psychiatrie!«

Das war der Moment, in dem ich merkte, dass ich Leute inspirieren möchte, ja, eventuell ein Talent habe, Begeisterung für bestimmte Themen hervorzurufen.

Eine 85-jährige Patientin kam damals zu mir und sagte:

»Werde bitte schnell fertig mit deinem Studium und der Therapieausbildung, denn ich werde deine erste Patientin sein.«

Diese Aussage rührte mich zu Tränen. Und ein anderer Patient erklärte: »Ich wurde, seit ich ein Jugendlicher war, mit ADHS diagnostiziert. Aber in Ihrer Psychoedukationsreihe konnte ich ohne Probleme von Anfang bis Ende aufmerksam die Inhalte verfolgen. Und nicht nur das: Ich konnte sie sogar wiedergeben!«

Auch dieses Lob berührte mich sehr. Denn es macht in der Tat viel aus, wie man Inhalte vermittelt und diese an die Zuschauerschaft anpasst. An der Universität sprechen Dozierende und Studierende im Fachjargon, bei der Arbeit verwendet man eine Abkürzung nach der anderen, bis eine Art Geheimsprache entsteht.

Wenn ich anderen etwas erkläre und das nicht richtig verstanden wird, muss ich mich als Erstes selbst hinterfragen: Habe ich die Inhalte verständlich und vollumfänglich rübergebracht? Welche Emotion möchte ich vermitteln, welchen Gedanken erzeugen, welches Verhalten suggerieren und welche Werte vermitteln?

Reichweite schafft Verantwortung – und TikTok hat Reichweite. Ich muss jedoch gestehen, dass ich das Potenzial der App zu Beginn noch gar nicht begreifen konnte. Vielmehr lud ich mir die App einfach aus Neugierde, ohne größere Intention, herunter.

Mein erstes hochgeladenes Video zeigt mich, wie ich einen Miniaturthron der Fernsehserie Game of Thrones auspacke. Ich wollte damit keine Menschen erreichen, sondern einfach schauen, wie die App funktioniert. Kurz darauf verschwand mein Interesse an der App aber wieder – TikTok schien mir doch eher eine unterhaltsame App für Jugendliche zu sein, um Tänze aufzuführen und Talente zu entdecken.

Als ich die App allerdings nach ein paar Tagen doch noch einmal öffnete, sah ich, dass mein Auspackvideo ganze 10 000 Aufrufe hatte!

Wie war das denn passiert? Ich wollte wissen, was der Grund für die hohen Aufrufzahlen war. Um den Vorgang besser zu verstehen, lud ich ein zweites Video hoch. In dem Clip war die Süßspeise Baklava mit einer Portion Eis zwischen den Teighälften zu sehen – ein populäres Dessert, welches in einem türkischen Kult-Steakhouse kunstvoll serviert wird.

Nun liegt Kunst bekannterweise im Auge des Betrachters. Aber kaum hochgeladen, stieg die Zahl der Aufrufe innerhalb kürzester Zeit von 1000 auf 10 000 und schließlich 900 000 Views.

Ich versuchte, diesen schnellen Anstieg der Aufrufe zu analysieren, und wunderte mich, weshalb mein Video viral ging. Auch wenn viele Parameter im Hinblick auf die TikTok-Algorithmen nicht offiziell bestätigt sind, schien das Baklava-Video für viele Nutzende relevant zu sein.

Zum einen für User, die sich gerne Food-Videos anschauen, zum anderen für User, die über die Herkunft von Baklava diskutieren, und zu guter Letzt auch eine große Gruppe von Usern, die verwundert über das weiße Zeug war, das im Baklava steckte. Denn viele, die noch nie von dieser speziellen Kreation gehört hatten, hielten das Eis im ersten Moment für Mozzarella-Käse. Die Folge: Es wurde in den Kommentaren viel diskutiert.

Dadurch wurde mir klar, dass für den Erfolg eines Videos anscheinend der Salienz-Effekt eine große Rolle spielt, durch den die Nutzer auf das Video aufmerksam gemacht werden.

Salienz-Effekt (Auffälligkeits-Effekt) meint in der Psychologie,5 dass ein Reiz (z. B. ein Objekt oder eine Person) hervorsticht und somit leichter wahrzunehmen und für unser Gehirn einfacher zu verarbeiten ist. Ursache dafür könnte ein zu großer Kontrast sein oder widersprüchliche Erwartungen. So fällt eine nackte Person auf dem Fußballfeld sehr schnell auf, da der Flitzer nicht erwartet wurde. Genauso wie Mozzarella mit Baklava.

Nach einigen weiteren Tests mit dem Unboxing einer Apple Watch (90 000 Aufrufe) und einem Video, in dem ich Wäsche mit einem Wäsche-Falter aus meiner Lieblings-Sitcom The Big Bang Theory faltete (415 000 Aufrufe), kam mir ein Gedanke. Im Grunde hatte ich kein besonderes Wissen über Baklava und auch keine sonderlich große Leidenschaft für das Falten von Wäsche. Wie also konnte ich meine echte Leidenschaft auf die App anwenden?

Ich dachte daran, wie sehr mir das Erklären von psychologischen Phänomenen und die Interaktion mit einer Audience fehlten. Hinter den Views meiner Videos steckte ja im Grunde auch eine Audience. Jeder Aufruf war durch einen echten Menschen zustande gekommen. Also startete ich die App, richtete die Kamera auf mich selbst und begann, die ersten Psychologie-Erklärvideos für die Generation Z aufzunehmen. In meinem ersten Video ging es um die sogenannte Door-in-the-face-Strategie.

Door-in-the-face-Strategie: Eine Verkaufsstrategie, bei der man zunächst eine große Bitte äußert, die bewusst so groß ist, dass die Zielperson ablehnt. Dann folgt eine sehr viel kleinere Bitte, bei der es sich um das eigentliche Anliegen handelt.6 Die meisten Menschen fühlen sich verpflichtet, anderen einen Gefallen zu tun oder ihnen zumindest entgegenzukommen. Man bezeichnet dies als das Prinzip der Reziprozität. Da die erste Bitte abgelehnt wurde, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, bei der zweiten Bitte anzunehmen, da die »Verkaufsperson« uns entgegengekommen ist und wir ein schlechtes Gewissen bekämen, wenn wir ein weiteres Mal ablehnen. Ein Beispiel: Kenny fragt seinen Freund Simon, ob er ihm sein Auto borgt. Simon sagt: »Hey, leider brauche ich das Auto, da ich ein paar Erledigungen machen muss.« Also fragt Kenny etwas enttäuscht: »Könntest du mich wenigstens zum Fußballtraining fahren?« Simon wird dieser Bitte mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit nachkommen, weil es bereits die erste Bitte gegeben hat.

So startete ich also als Creator zu Themen der Psychologie auf sozialen Medien wie TikTok, Instagram und YouTube – zunächst aus reiner Leidenschaft für die Inhalte und Spaß an der Interaktion mit einer Audience. Doch meine Kanäle wuchsen schnell – und mit den steigenden Views wurde ich mir der Bedeutung und meiner Verantwortung als Creator immer stärker bewusst.

Innerhalb kürzester Zeit gewann ich das Vertrauen der Nutzenden, die mir folgten, mit mir interagierten und mich auf Beiträgen markierten. Ich wurde sogar unter psychologischen Beiträgen zitiert! Mir war klar, dass ich bei einer solchen Reichweite unbedingt selbstkritisch sein musste: noch mal nachlesen, ob die Theorien, auf die ich mich bezog, überholt waren oder ob sie den aktuellen Wissensstand der Forschung widerspiegelten.

Da ich selbst immer mehr mit psychologischen Inhalten auf meinem Feed konfrontiert wurde, fiel mir auf, wie viele selbst ernannte (Hobby-)Psychologen dort ihr Halbwissen unreflektiert präsentierten, ohne das Gesagte zu überprüfen. Oft werden Inhalte einfach eins zu eins von amerikanischen Creators übernommen und ins Deutsche übersetzt.

Mich störte nicht nur die Tatsache, dass dadurch Falschinformationen viral gingen. Mich störte auch, dass ich im Studium viele aktuelle Studien und Lehrbücher gelesen hatte, während all diese Menschen irgendwelche aufgeschnappten Informationen vollkommen selbstsicher und selbstverständlich verkündeten.

Eins, Zwei (Dunning) Kruger kommt vorbei

Der Dunning-Kruger-Effekt7 bietet hier eine vermeintliche Antwort: Es handelt sich um eine kognitive Verzerrung, bei der wir Menschen dazu neigen, unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu überschätzen. Oftmals fällt auf, dass Personen mit umfangreichem Wissen über ein bestimmtes Thema differenzierter über damit zusammenhängende Dinge nachdenken und weniger pauschale Aussagen treffen. Im Gegensatz dazu sind wir bei Themen, von denen wir wenig wissen, oft sehr selbstsicher.8

Der Dunning-Kruger-Effekt wird in sozialen Medien und vielen Blogbeiträgen häufig wie in Abbildung 1.1 dargestellt.

Abbildung 1.1 ­­• Typische Darstellung des Dunning-Kruger Effekts

nach https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Dunning–Kruger_Effekt.svg

Das klingt plausibel und überzeugend, oder? Aber was wäre, wenn ich dir sage, dass es den Dunning-Kruger-Effekt in dieser Form eigentlich gar nicht gibt, obwohl er oft zitiert wird? Selbst Psychologiestudierende sind mit diesem Effekt nicht immer vertraut. Der Grund dafür ist, dass die allgemeine Selbstüberschätzung des Dunning-Kruger-Effekts nicht für die Mehrheit zutrifft. Tatsächlich schätzen fast 80 % der Menschen ihre Kompetenz im Allgemeinen korrekt ein. Dies gilt vor allem für Experten im Vergleich zu Anfängern und für Frauen, die ihre Kompetenz im Allgemeinen besser einschätzen als Männer.9 Daher solltest Du auch bei überzeugenden Erklärungsversuchen stets kritisch bleiben, denn Fake News, Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien bedienen sich oft einfacher Erklärungen für komplexe Phänomene.

Testen wir mal deine Selbsteinschätzung zu den folgenden Themen: Wie gut kennst du dich – auf einer Skala von 0 bis 10 – mit ihnen aus?

Verbrennungsmotoren

Der aktuellen Spielkonsolen-Generation

Superschallflügel

DNA-Kernfusion

Wenn du bei c) und d) die 0 gewählt hast, dann warst du ehrlich – und selbst Sokrates sagte einst: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.«10 Tatsächlich sind die Begriffe c) und d) frei erfunden. Möglicherweise hattest du beim Lesen das Gefühl, dass du schon einmal von ihnen gehört hast. Denn die DNA ist dir sicherlich genauso ein Begriff wie die Kernfusion.

Manchmal reicht das Wiedererkennen solcher Begriffe aus, um selbstsicher über ein Thema zu reden – auch wenn man gar kein echtes Wissen zu dem Thema hat. Und manchmal kann genau dieses Halbwissen, wie man so schön sagt, gefährlich sein. Vor allem, wenn es sich verbreitet. Etwa dann, wenn man beispielsweise behauptet, dass FFP2-Masken, die man zum Schutz gegen die Verbreitung des Coronavirus trägt, angeblich schädliche Parasiten enthalten.

Zu dieser Behauptung kursierten jede Menge Fake News in den sozialen Medien und im Netz,11 die unwissende Empfänger dazu bringen könnten, die Masken nicht mehr zu tragen. Sie spielten Verschwörungstheoretikern in die Karten, die an der Verbreitung von Falschmeldungen in Bezug auf die Pandemie und die Impfung gegen das Coronavirus beteiligt waren.

Behauptung: In den Corona-Masken sind Parasiten enthalten. Du brauchst keine Fake News!

Wie kam es zu der Behauptung? Bei Untersuchungen von FFP2-Masken unter dem Mikroskop konnten keine Parasiten oder Fadenwürmer gefunden werden, sondern ganz gewöhnliche Textilreste.12 Durch die elektrostatische Aufladung der Textilfasern gerieten die Fäden unter dem Mikroskop von Amateur- und Hobbyforschenden in Bewegung und wurden für lebendige und schädliche Wesen gehalten. Elektrostatische Aufladung ist etwas völlig Normales – sie kommt beispielsweise dann vor, wenn wir einen Luftballon über unsere Haare reiben und sie zu Berge stehen. Das kann ich dir leider nicht vorführen. Falls du dich fragst, warum: Schlag das Buch zu und schau dir das Cover an. (Schlagzeug-Pointe)

Das Problem: Dieses Wissen über Elektrostatik und weitere physikalische Gegebenheiten, die das Phänomen der sich bewegenden Textilfasern erklären, fehlte vielen, die meinten, tatsächlich Parasiten in den FFP2-Masken erkennen zu wollen.

Die Kombination aus selbstsicherem Auftreten und Unwissenheit führt dazu, dass enorm viel gefährliches Halbwissen zu vielen Themen Anklang findet. Man muss nur so klingen, als würde man sich auskennen. Darauf werde ich später im Buch noch einmal genauer eingehen, wenn es um psychologische Mechanismen geht.

Die vermeintlichen Masken-Parasiten waren aber bei Weitem nicht die einzige Baustelle in Sachen Online-Information. Im Oktober 2020 musste ich feststellen, dass immer mehr Fake News zur Wahl des neuen US-Präsidenten in den sozialen Medien im Umlauf waren. Zwar gab es auch Faktencheck-Seiten, die sich genau damit beschäftigen – aber diese musste man proaktiv besuchen und tat das wohl nur, wenn man gegenüber einer Schlagzeile wirklich skeptisch eingestellt war.

Bei einer App wie TikTok, die so konzipiert ist, dass man in ihr sekündlich neue Videos und Inhalte konsumiert, wäre das ein Bruch in der sogenannten User Journey. Meine Idee: Ein auf die Plattform ausgelegter Kanal, der direkt auf virale Fake News reagieren und diese richtigstellen kann. Genau so wurde mein Kanal »keinfakenews« geboren, der in kürzester Zeit und innerhalb eines Monats auf 200 000 Follower wuchs.

Schau doch mal nach, wie viele es aktuell sind …