Winterzauber in der Törtchenbäckerei - Thorid Larsson - E-Book
SONDERANGEBOT

Winterzauber in der Törtchenbäckerei E-Book

Thorid Larsson

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Törtchen, Träume und verbotene Küsse …
Der magisch-romantische Liebesroman voller süßer Versuchungen

In einer Welt voller verzauberter Törtchen und geheimer Liebeskräfte steht die leidenschaftliche Konditorin und Liebeshexe Lizzy vor ihrer größten Herausforderung: Bis zu ihrem sechsundzwanzigsten Geburtstag muss sie hundert Paare zusammenbringen, sonst droht ihr ein einsames Leben ohne eigenes Liebesglück. Als sie das idyllische Café im Strandbad Düneck übernimmt, verliebt sie sich Hals über Kopf in den charmanten Immobilienmakler Sven – ohne zu ahnen, dass er ihr letzter Auftrag ist. Mit ihrem einfallsreichen Freund Fiete begibt sich Lizzy auf eine abenteuerliche Reise, um Sven für sich zu gewinnen. Doch die Magie der Liebe hält Überraschungen bereit, und während der Stichtag näher rückt, wird Lizzys Herz auf eine harte Probe gestellt. Kann sie die wahre Liebe finden und ihr Schicksal besiegen, oder bleibt sie für immer in der Rolle der Liebeshexe gefangen?

Erste Leser:innenstimmen
„Dieser Winterroman ist ein absolutes Lesevergnügen! Die Idee von verzauberten Törtchen und geheimen Liebeskräften hat mich von Anfang an begeistert.“
„Lizzy ist eine charismatische Heldin und ihre Abenteuer haben mich in Atem gehalten. Eine herrliche Mischung aus Magie, Romantik und Abenteuer!“
Thorid Larsson erinnert daran, dass die wahre Liebe überall existieren kann.“
„Ein Liebesroman für alle Sinne! Die Beschreibungen der magischen Törtchen und des idyllischen Cafés an der Ostsee sind so lebendig, dass man sie förmlich schmecken und riechen kann.“

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 331

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses E-Book

In einer Welt voller verzauberter Törtchen und geheimer Liebeskräfte steht die leidenschaftliche Konditorin und Liebeshexe Lizzy vor ihrer größten Herausforderung: Bis zu ihrem sechsundzwanzigsten Geburtstag muss sie hundert Paare zusammenbringen, sonst droht ihr ein einsames Leben ohne eigenes Liebesglück. Als sie das idyllische Café im Strandbad Düneck übernimmt, verliebt sie sich Hals über Kopf in den charmanten Immobilienmakler Sven – ohne zu ahnen, dass er ihr letzter Auftrag ist. Mit ihrem einfallsreichen Freund Fiete begibt sich Lizzy auf eine abenteuerliche Reise, um Sven für sich zu gewinnen. Doch die Magie der Liebe hält Überraschungen bereit, und während der Stichtag näher rückt, wird Lizzys Herz auf eine harte Probe gestellt. Kann sie die wahre Liebe finden und ihr Schicksal besiegen, oder bleibt sie für immer in der Rolle der Liebeshexe gefangen?

Impressum

Erstausgabe Dezember 2023

Copyright © 2023 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-98778-734-8 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98778-739-3

Covergestaltung: Dream Design – Cover and Art unter Verwendung von Motiven von depositphotos.com: © wesabrams shutterstock.com: © vnlit, © donatas1205, © Eric Isselee, © PHOTO JUNCTION, © EZvereva, © Kichigin, © Nikvart, © Zigmunds Dizgalvis www.adobestock.com: © evannovostro, © MrsChonthicha Lektorat: Astrid Pfister

E-Book-Version 24.11.2023, 11:29:39.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Unser gesamtes Verlagsprogramm findest du hier

Website

Folge uns, um immer als Erste:r informiert zu sein

Newsletter

Facebook

Instagram

TikTok

YouTube

Winterzauber in der Törtchenbäckerei

»Vergiss nicht, ich bin auch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht, und ihn bittet, es zu lieben.« - Anna in Notting Hill

Prolog

Der Brief glitt aus Lizzys Händen und landete auf dem schönen Holzboden. Der Becher mit dem schaumigen Milchkaffee, den sie sich gerade erst zubereitet hatte, polterte ebenfalls mit einem lauten Klirren zu Boden.

Kaffee spritzte auf ihre dicke weiße Strickstrumpfhose und das Papier wurde sogleich von der hellbraunen Brühe getränkt, was die Information darauf aber trotzdem nicht vernichten konnte.

Das konnte doch nicht wahr sein. Nein, das durfte nicht wahr sein. Aber dort stand es schwarz auf weiß, beziehungsweise nun eher schwarz auf braun.

Keike Burmeyer und Sven Hennings

Trudi, die sogleich bemerkte, dass mit ihrer Mama etwas nicht stimmte, kam sofort herbeigewackelt und vergrub grunzend ihre kleine rosa-schwarz gefleckte Schnauze in Lizzys Kniekehle. Das konnte einfach nicht sein. Es musste ein Missverständnis sein, anders konnte Lizzy sich das Ganze nicht erklären.

Atemlos warf sie ein Geschirrhandtuch auf das Kaffeemalheur am Boden, während sie zur Tür ihres Cafés eilte, um das Geöffnet-Schild auf Geschlossen zu drehen.

Mit einem Leckerli, das sie aus ihrer gerüschten dunkelroten Schürze hervorkramte, lockte sie Trudi zielgerichtet in deren Körbchen, bevor sie nach ihrem Handy griff, um die Zentrale anzurufen.

Mit zittrigen Fingern tippte sie die Frankfurter Vorwahl ein, gab der nervtötenden Automatenstimme den Pin durch, und wartete darauf, dass sie endlich durchgestellt wurde. Nachdem eine äußerst blecherne Version von Jingle Bells zum gefühlt eintausendsten Mal durchgelaufen war, tutete es endlich in der Leitung.

»Florian Bauer am Apparat, was kann ich für Sie tun?«

Atemlos keuchte sie ins Telefon: »Liz … ähm Elisabeth Hufschmidt am Apparat, es geht um meinen Auftrag … da muss ein Fehler passiert sein!«

Während ihre Stimme immer panischer wurde, blieb Florian äußerst ruhig und gelassen. »Ich bräuchte bitte einmal die Vorgangsnummer und Ihr Geburtsdatum zum Datenabgleich.«

Am liebsten hätte Lizzy ins Telefon geschrien, dass er ihr verdammt noch mal doch einfach nur sagen sollte, ob es sich bei dem Schreiben um einen Fehler handelte! Stattdessen kniete sie sich nun auf den Boden, um die vermaledeite Vorgangsnummer auf dem glitschig nassen Schreiben erkennen zu können.

Sie atmete tief durch, ehe sie sich bemüht ruhig das Handy wieder ans Ohr presste, obwohl ihre Finger so stark zitterten, als hätte sie eine Stunde in der winterlich kalten Ostsee gebadet.

»Vorgang 100DLH23«, da hätte sie auch selbst draufkommen können, ohne in der Kaffeeplörre zu wühlen, »und mein Geburtsdatum ist der 24.12.1997.«

Herr Bauer gab ein seltsames Glucksen von sich. »Ah, ein Christkind also.« Sehr lustig. Anstatt seine dämlichen Witze zu reißen, sollte er ihr lieber sagen, ob das Schreiben wirklich korrekt war. Sie hörte das Klappern einer Computertastatur am Ende der Leitung und knetete nervös ihre klebrigen Finger.

»Hören Sie, Frau Hufschmidt?«

»Ja!« Lizzy schrie beinahe ins Telefon, so aufgeregt war sie nun. Jetzt würde sich alles klären.

»Ich habe den Fall noch mal überprüft, aber es ist definitiv alles richtig damit. Sven Hennings und Keike Burmeyer sind Ihr letztes Pärchen, herzlichen Glückwunsch, übrigens!«

Doch da drückte sie auch schon auf den roten Hörer, ehe sie an den Kühlschrank gelehnt auf den Boden sank. Es würde sich gar nichts klären.

Eins

Auf den ersten Blick wirkte Elisabeth Hufschmidt wie eine ganz normale junge Frau von fünfundzwanzig fast sechsundzwanzig Jahren.

Ihr rötlich-blondes brustlanges Haar, dessen Naturkrause sie kaum zu bändigen wusste, trug sie für gewöhnlich zu einem unordentlichen Dutt auf dem Kopf aufgetürmt, damit sich keines ihrer widerspenstigen Haare in einen Kuchenteig verirrte.

Geboren und aufgewachsen war sie als waschechtes hessisches Mädchen in Frankfurt am Main, wo sie auch die Schule besucht und ihr Abitur gemacht hatte. Bereits im Kindesalter hatte Lizzy es geliebt, mit ihrem Papa in der Küche zu stehen und die irrwitzigsten Rezepte für Törtchen, Plätzchen und Kuchen auszuprobieren, die sie in Oma Elisabeths handgeschriebenem Rezeptbuch gefunden hatten.

Von Oma Elisabeth hatte Lizzy nicht nur ihren Namen geerbt, sondern wohl auch die Leidenschaft fürs Backen. Aber das war abgesehen von ihren tiefgrauen Augen auch schon alles, was sie von der Verwandtschaft väterlicherseits hatte. Den Rest hatte sie – leider Gottes – ihrer Mama und deren Mutter zu verdanken. Das, was sie eben von anderen jungen Frauen ihres Alters unterschied.

Elisabeth Hufschmidt, kurz Lizzy, war nämlich eine Maga Amatoria in der dritten Generation. Kurzum für alle, deren Lateinkenntnisse schon etwas länger zurückliegen: Sie war eine Liebeshexe. Und ihre Aufgabe war es, von Beginn des achtzehnten Lebensjahres an, bis zum Erreichen des sechsundzwanzigsten Geburtstages einhundert Pärchen zu verkuppeln.

Für alle, die jetzt dachten, Lizzy könne sich wahllos Frauen und Männer aussuchen und diese mit einem Liebeszauber belegen, falsch gedacht. Die Vorgabe, wer für wen bestimmt war, kam von ganz oben aus der Zentrale Amoris, welche sich ebenfalls in ihrer Heimatstadt befand. Dort arbeitete man mit modernster IT und den neuesten Gerätschaften, die sich so gut wie nie irrten und die perfekten Liebespaare ausspuckten.

So weit so gut, aber vor Ablauf ihres fünfundzwanzigsten Lebensjahres war es ihr nicht erlaubt, eine Beziehung zu führen. Sie durfte nicht einmal einen Mann küssen! Ihr Leben glich mit anderen Worten dem einer frommen Nonne und das war noch nicht einmal alles. Schaffte sie es nicht, die verflixte Anzahl von einhundert Beziehungen zu erreichen, würde sie auf ewig dazu verdammt sein, ihr Leben als Liebeshexe zu fristen. Ein einsames Dasein ohne Beziehung, ohne Liebe und ohne Kinder.

Doch darum machte sich Lizzy keine Sorgen. Sie hatte in den letzten Jahren einen ziemlich guten Schnitt erzielt, sogar einen Vorsprung herausgearbeitet, sodass sie nun bis Heiligabend um Mitternacht nur noch ein zukünftiges Liebespaar miteinander verbinden musste.

Ihr Job spielte ihr dabei glücklicherweise in die Karten. Nach dem Schulabschluss hatte Lizzy ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und war durch die Weltgeschichte gereist, um das Konditoren-Handwerk von der Pike auf zu lernen.

Ihre Ausbildung hatte sie an der berühmten Ecole de la Pâtisserie in Paris absolviert und danach einige Zeit die verrücktesten Macarons bei Ladurée kreiert. Eine Zeit lang hatte sie in einem hippen Szene-Restaurant in Tokio Desserts gezaubert – natürlich nur metaphorisch – bevor es sie schließlich nach England in das urige Städtchen York verschlagen hatte, wo sie die Filialleitung eines gemütlichen aufsteigenden Coffeeshops übernommen hatte.

Es gab ihrer Meinung nach kaum einen einfacheren Weg, einen simplen, aber wirkungsvollen Liebeszauber über zwei Muffins zu legen und die zu Verkuppelnden damit zu beglücken. So hatte jede Hexe – ja, von diesem Schicksal waren ausschließlich Frauen betroffen – ihre eigene Taktik.

Ihre beste Freundin Mona aus Kindheitstagen hatte zum Beispiel dank ihres früheren Jobs als Hotelmanagerin die Angewohnheit gehabt, einen Liebeszauber über einzelne Hotelzimmer zu legen, in denen sie dann die Pärchen versehentlich zusammen einquartierte. Einfach, aber effektiv. Vor Kurzem hatte Lizzy erst von einer jungen Schwedin gehört, die in ihrer Buchhandlung Lesebegeisterte verkuppelte. Wenn da mal nicht Magie im Spiel war …

Doch so sehr Lizzy ihren Job und ihr daraus resultierendes Vagabundenleben auch liebte, umso mehr vermisste sie echte Freundschaften und das Gefühl, nach Hause zu kommen. Es wäre nicht so, dass sie viele gute Bekanntschaften geschlossen hätte, doch bei dem männerfreien Einsiedlerleben, das sie führte, war es gar nicht so einfach, darüber hinauszugehen.

Natürlich hatte sie in jeder Stadt, in der sie gewohnt hatte, lockere Freundschaften mit anderen Mädels geschlossen, doch während diese stets auf der Suche nach der großen Liebe waren, die sie dank Lizzy auch des Öfteren fanden, durfte Lizzy nur zuschauen. Jeden Flirtversuch musste sie unterbinden, jeden Mann, den sie auch nur ansatzweise interessant fand, von sich stoßen. Deswegen hatte es Lizzy nie lange an einem Ort gehalten.

Die einzige Konstante in ihrem Leben war Trudi, ein rosig braun-geflecktes Miniaturhausschwein, das Lizzy vor einigen Jahren auf einem Schlachtfest in der Heimat gewonnen hatte. Natürlich hätte Lizzy es nie übers Herz gebracht, dem kleinen, kulleräugigen, grunzenden Tierchen den Garaus zu machen. Von da an war Trudi – neben Mona – Lizzys treuste Freundin, die sie auf Schritt und Tritt begleitete, egal, in welche Ecke der Welt es Lizzy führte.

Doch heute, an jenem grauen wolkenverhangenen Tag, beschloss Lizzy, dass ihr rastloses Dasein nun ein Ende hatte. Sie hatte nur noch einen einzigen Auftrag zu erledigen, sodass sie sich bereits eine Existenz für die Zukunft schaffen könnte, ohne ständig auf der Flucht sein zu müssen.

Vor ihrem inneren Auge sah sie es bereits vor sich. Ein kleines Café mit hellen gemütlichen Möbeln und großen Fenstern, von denen aus man eingekuschelt in ein Fell aufs Meer hinausschauen könnte. Dazu würde sie die leckersten Törtchen-Kreationen von Cheesecake-Spekulatius bis hin zu Limette-Heidelbeere anbieten, hausgemachte frischgebackene Vanillekipferl, schokoladige Cookies und cremige Torten. Ja, ein eigenes Café am Meer, das war ihre Zukunft.

Zwei

Schnaufend verfrachtete Lizzy die letzten Klamotten in dem großen pink-metallischen Hartschalenkoffer, während Trudi über den Boden ihres alten Kinderzimmers fegte. An den Wänden hingen immer noch die alten Poster von Zac Efron und Vanessa Hudgens, doch das schien Trudi nicht sonderlich zu stören, die gerade von einer dicken Staubwolke umgeben unter dem Bett hervorschoss. Für sie war es der reinste Abenteuerspielplatz, für Lizzy die Vorhölle.

Denn so sehr sie ihre Eltern auch liebte, hatten die paar Wochen, die sie übergangsweise hier verbracht hatte, vollkommen ausgereicht, dass sie kurz davor war, den Kopf in ihre KitchenAid zu stecken.

Während ihr Vater vor Begeisterung kaum noch an sich halten konnte, dass seine rastlose Tochter endlich sesshaft wurde – wahrscheinlich hatte er im Kopf schon sämtliche seiner potenziellen Enkelkinder benannt –, war Lizzys Mutter das genaue Gegenteil. Ständig fragte sie, ob Lizzy sich den Umzug an die Ostsee und die Eröffnung eines eigenen Cafés gut überlegt hatte – schließlich wäre sie ja noch so jung und hätte noch ihr ganzes Leben vor sich.

Lizzy wusste, dass ihre Mutter sich nur Sorgen machte, da sie einst das gleiche Schicksal wie ihre Tochter geteilt hatte, trotzdem hätte sie sich von ihrer Mama etwas mehr Begeisterung gewünscht … und von ihrem Vater vielleicht etwas weniger. Doch dieser wusste schließlich nichts von dem Schicksal der Hufschmidt-Frauen.

Zum Schluss warf Lizzy noch ihren dicken dunkelgrünen Weihnachtspullover in den Koffer, der mit einem Schweinchen, das eine Weihnachtsmütze trug, bestickt war und der dank der integrierten LED-Lichtlein herrlich blinkte. Das klang nicht nur entsetzlich kitschig, nein, der Pulli sah auch ganz genauso aus. Doch Lizzy liebte das Teil, auch wenn sie eigentlich kein Fan davon war, Billig-Polyesterware in chinesischen Onlineshops zu bestellen.

Sie klappte den Koffer zu und lehnte sich mit ganzer Kraft auf die wenig flexiblen Hartschalen. Mit einem ächzenden Ratsch zog sie die Reißverschlüsse zu und wuchtete den Koffer die steile Treppe ihres Elternhauses hinunter. Trudi kam hinterhergetrabt und Lizzy legte ihr das pinke Geschirr an, das eigentlich für einen Hund gedacht war. Es war Zeit, Abschied zu nehmen, wenn sie heute noch in Düneck, ihrem neuen Heimatort, ankommen wollte.

Ihre knapp drei Jahre ältere Freundin Mona, die immer so etwas wie eine große Schwester für Lizzy gewesen war, hatte dort im letzten Jahr ein kleines Bed and Breakfast eröffnet. Doch obwohl Mona im Gegensatz zu Lizzy ihren Liebesauftrag bereits erfüllt hatte, ließ ihre eigene Liebe noch immer auf sich warten.

Das änderte jedoch nichts daran, dass Mona die lustigste, liebevollste, lebensbejahendste und manchmal auch pragmatischste Person war, die Lizzy kannte. Sie freute sich darauf, ihrer ältesten und besten Freundin endlich wieder näher zu sein. Bereits letztes Jahr hatte sie ihren Sommerurlaub bei Mona im B&B an der Ostsee verbracht – ja, auch Hexen hatten Urlaub – und es war absolut traumhaft gewesen.

Wenn Mona nicht gerade arbeiten musste, sonnten sie sich am Strand, gingen in den niedlichen Geschäften der Promenade bummeln, tranken Kaffee in einem der gemütlichen Lokale oder sie saßen bis tief in die Nacht in einem der Strandkörbe vor Monas B&B, vernichteten eine Flasche Wein nach der anderen und träumten zusammen von der großen Liebe.

Als Mona vor wenigen Wochen angerufen hatte, um ihr zu erzählen, dass die Besitzerin des Cafés von gegenüber in Rente gehen und zu ihrem Sohn nach Hamburg ziehen würde, hatte Lizzy schließlich kurzen Prozess gemacht. Noch am gleichen Nachmittag hatte sie bei Frau Ulla Pötter – so hieß die Dame – angerufen und gefragt, ob sie das Ladenlokal samt Wohnung vermieten würde.

Die alte Dame hatte über Lizzys Direktheit gelacht, ihr aber, ohne zu zögern, die Nummer des Immobilienmaklers gegeben, der sich um die Vermittlung kümmerte. Und obwohl es verschiedene Anfragen für das gut erhaltene Café in dem aufsteigenden Urlaubsort gegeben hatte, hatte Frau Pötter sich letzten Endes für Lizzy entschieden. Als der Mietvertrag endlich unterschrieben war, hatte Lizzy nicht lange gezögert, ihren Job in York gekündigt und die Koffer gepackt.

Bei ihren Eltern hatte sie die letzten Vorbereitungen getroffen, auch wenn das zum Glück nicht viele waren, da sie Ullas Törtchenbäckerei und die darüberliegende Wohnung voll möbliert übernehmen konnte. Wenn sie die Fotos richtig gedeutet hatte und im Kleingedruckten nicht etwas übersehen hatte, war das Café in einem recht guten Zustand und Lizzy könnte mit wenig Aufwand den Räumlichkeiten ihre eigene Note verpassen.

Doch in erster Linie wollte sie die Einheimischen und Touristen mit ihrem Gebäck verzaubern … ähm beglücken, und das würde sie definitiv hinbekommen!

Drei

Sie startete den Motor des leicht in die Jahre gekommenen roten Minis, den sie trotz seines Alters sofort ins Herz geschlossen hatte. Dank einer großzügigen Spende ihrer Eltern, von denen sie seit ihrer Ausbildung kein Geld mehr angenommen hatte, hatte sie die blecherne Knutschkugel sofort mitnehmen können, als sie diese vor wenigen Tagen im Autohaus entdeckt hatte.

Trudi grunzte zufrieden in ihrem kuscheligen Körbchen, das auf der Rückbank festgeschnallt war, und Lizzy drückte auf die Tube. Der Motor heulte auf und sie winkte noch einmal, während ihre Eltern im Rückspiegel immer kleiner wurden.

Laut ihres Navis sollte sie gut durchkommen, sodass sie am frühen Abend bereits Düneck erreichen würde. Aufgeregt drehte sie den Taylor-Swift-Song im Radio lauter, während der Herbstwind ihre roten Locken zerzauste und ihren schiefen Gesang durch das heruntergelassene Fenster hinfort trug.

Nach etwa zwei Dritteln der Strecke legte sie auf einem Rastplatz mit dem gruseligen Namen Wolfsgrund eine Pause ein, damit sich Trudi erleichtern konnte. Sie selbst war ehrlich gesagt auch froh, sich kurz die steifen Beine vertreten zu können. Nachdem sie Trudi aus der praktischen Flasche mit integriertem Napf etwas zu trinken gegeben hatte, lief sie zu der wenig einladend wirkenden Raststätte, um sich einen Kaffee für unterwegs zu besorgen.

Sie erschauderte beim Anblick der fahlgrün gestrichenen Wände und des abgenutzten Mobiliars, dessen Polster so aussahen, als wären sie seit Vorkriegszeiten in Benutzung. Na ja, solange der Kaffee besser schmeckte … Spoiler: Tat er nicht. Aber immerhin machte er Lizzy wieder so wach, dass sie sich ambitioniert in die Sitze ihres Minis fallen ließ, um den Rest der Strecke zurückzulegen. Sie lag immer noch gut in der Zeit, als sie schließlich den Elbtunnel erreichte.

Trudi war wenig begeistert von der Dunkelheit, die sie umgab und grunzte vorwurfsvoll bei jedem Meter, den sie weiter unter die Erde fuhren. Das Navi, das eben noch gut eineinhalb Stunden bis zum Ziel angezeigt hatte, schien genau wie Trudi plötzlich verrückt zu spielen. Die Zeit verdreifachte sich einfach. Na, herzlichen Glückwunsch. Hoffentlich war das mal kein schlechtes Omen.

Quälend langsam kroch der Mini die künstlich beleuchtete Straße entlang, während über ihnen die Elbe schwappte. Moment mal! Hörte man in einem Tunnel wie diesem wirklich die Wasserbewegung des darüberliegenden Flusses? Alarmiert drehte sich Lizzy um. Nein, nein, nein, nein!

Trudi hockte seelenruhig in ihrem Körbchen, während eine verdächtig riechende Flüssigkeit unter ihr hervortropfte.

»Trudi, hast du etwa …« Doch Trudi grunzte nur erfreut und schenkte Lizzy einen verächtlichen Blick, ehe sie begann, sich in ihren Hinterlassenschaften hin- und her zu rollen. Während der Geruch des Urins in Lizzys Nase stieg, betete sie, dass der Stau schnell vorbei sein würde.

Als sie endlich das Ende des Tunnels erreichte – im wahrsten Sinne des Wortes – war es draußen auch nicht mehr viel heller. Eigentlich hatte sie schon längst in Düneck sein wollen, ein frisches Schollenfilet mit Bratkartoffeln vor sich, aber Pustekuchen. Stattdessen stand sie nun an einem vereinsamten Rastplatz und versuchte, den vollgepinkelten Sitz ihres Herzensautos von dem Pipi ihrer Herzensdame zu befreien – die im Übrigen wieder putzmunter an ihrer Leine, welche Lizzy an der Autotür festgebunden hatte, durch die Dunkelheit galoppierte. Grrr.

Nachdem Lizzy ungefähr fünf Päckchen Tempos sowie eine Packung Feuchttücher verbraucht hatte, roch der Sitz fast wieder wie neu und sah auch so aus … die verheißungsvollen dunklen Flecken einmal ausgenommen.

Seufzend wischte sie die klammen Finger an ihrer hellen Jeans ab und schlüpfte in einen kuscheligen rosafarbenen Hoodie, der im krassen Kontrast zu ihrem rötlich-blonden Haar stand. Jetzt waren sie und ihre Begleitung beinahe im Partnerlook.

Nachdem sie auch Trudi notdürftig trockengerubbelt hatte, die sich sogleich wie eine Katze auf den Rücken gerollt und erfreut mit den Beinchen gestrampelt hatte, ließ sie sich wieder auf den Fahrersitz plumpsen, um die letzten Kilometer hinter sich zu bringen.

Je weiter sie den Stadtlärm hinter sich ließ, umso mehr wurde ihr Körper von Vorfreude geflutet. Vorfreude auf ihre beste Freundin Mona, ihr eigenes Café, das Meer und auf einen neuen Lebensabschnitt. Sie erhöhte noch einmal das Tempo und erreichte Travemünde ohne weitere Zwischenfälle. Sie durchquerte das Wohngebiet, das von verklinkerten Häuschen gesäumt wurde, an denen Rosen und andere wundervolle Blumen emporkletterten. Sie erreichte den Ortsausgang und fuhr noch einen knappen Kilometer über die Hauptstraße, ehe sie es endlich sah.

Leuchtend gelb tauchte es vor ihr auf, ein kleines verwunschenes Fachwerkhaus dahinter, das Ortsschild von Düneck. Sie hatte kein Problem damit, sich an den Weg zu erinnern, da das kleine Küstenörtchen, in welchem erst vor wenigen Jahren der Tourismus Einzug gehalten hatte, nicht sonderlich groß war. Sie bog noch einmal rechts und dann schon links auf den Seeweg ab.

Nicht nur der Name der Straße verriet, dass sie dem Meer immer näherkam, auch die salzige Luft, die in ihr Auto wehte, als sie das Fenster herunterließ. Die Uhr zeigte inzwischen halb neun an, doch das konnte ihre Freude, dass sie ihr Ziel erreicht hatte, nun auch nicht mehr trüben. Im dämmrigen Abendlicht tauchte das weiß verputzte Cottage auf, in das sich einige dunkle Holzstreben verirrt hatten. Das reetgedeckte Dach schimmerte unter dem Licht der altmodischen Straßenlaternen und Trudi schaute neugierig schnüffelnd, auf den Hinterläufen stehend, aus dem Autofenster.

Lizzy stellte ihr Auto auf dem Parkplatz hinter dem Bed and Breakfast ab, schnappte sich ihre Handtasche vom Beifahrersitz und befreite Trudi von der Rückbank. Ihren Koffer würde sie später holen, jetzt wollte sie erst einmal Mona und das Meer begrüßen.

Anstatt den Hintereingang zu nehmen, ging Lizzy einmal um das Haus herum, welches direkt an der Strandpromenade gegenüber der Ostsee lag. Sie atmete tief den Duft des Meeres ein und ein Glücksgefühl durchströmte sie, als sie die dunkelglitzernden Wellen ans Ufer schwappen hörte. Auf der anderen Seite konnte sie die Umrisse ihres zukünftigen Zuhauses erkennen, doch jetzt würde sie erst mal ihre Freundin begrüßen. Schließlich hatte sie für ihr Café noch ein ganzes Leben lang Zeit.

Bevor sie auf den Klingelknopf drücken konnte, wurde die schwere hölzerne Tür auch schon aufgerissen und Mona stand ihr gegenüber. Das pechschwarze Haar, das ihre Freundin früher immer zu einem dicken Zopf geflochten getragen hatte, reichte ihr jetzt glatt und glänzend bis knapp über die Ohren.

Die mädchenhaften Blümchenkleider hatte sie gegen eine hochsitzende Marlene-Hose und einen geringelten Pullover eingetauscht. Ihr voller herzförmiger Mund wurde von einem pflaumenfarbenen Lippenstift betont. Sie wirkte erwachsener, wie eine Mischung aus Edith Piaf und einer Matrosin. Aber sie sah fabelhaft aus.

Lachend fielen sich die beiden Freundinnen in die Arme und hüpften aufgeregt auf und ab – nun, das war etwas weniger erwachsen. Irgendwann schob Lizzy Mona eine Armeslänge von sich weg und schaute prüfend in das Gesicht ihrer Freundin, die kess eine Schnute zog und sich eine Haarsträhne hinters Ohr strich.

»Wer bist du und was hast du mit meiner Freundin gemacht?« Die beiden brachen erneut in Gelächter aus und Trudi grunzte ein wenig eifersüchtig, bis Mona ihr schließlich auch die verdiente Krauleinheit zukommen ließ.

»Nein, im Ernst Süße, du siehst großartig aus! Hätte mir jemand gesagt, dass du irgendwann deine Mähne abschneidest, ich hätte ihn für verrückt erklärt, aber du siehst umwerfend aus.«

Monas Wangen, die deutlich mehr Farbe als früher hatten, wurden ein wenig rot. »Jetzt kommt doch erst mal rein!« Sie schob Lizzy nach drinnen, vorbei an dem kleinen Rezeptionstresen. Der offene Kamin knisterte und sie ließen sich auf einer der drei Sitzgruppen nieder, wo Mona bereits ein paar Snacks bereitgestellt hatte.

Lizzy kuschelte sich in das geblümte Samtsofa neben ihre Freundin und griff sofort nach einem Franzbrötchen. Sie liebte das norddeutsche Gebäck aus buttrigem Plunderteig und herrlich weihnachtlicher Zimtfüllung, das man trotzdem zu jeder Jahreszeit verschlingen konnte. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte – das Schicksal einer Konditorin –, sah sie unwillkürlich zimtige Törtchen vor sich, getoppt mit einem köstlichem Frosting aus Zimt, Frischkäse und vielleicht einem Hauch weißer Schokolade.

Mona grinste sie wissend an. »Na, bist du mit deinen Gedanken schon wieder in der Backstube?«

Lizzy nickte kauend, ehe sie mit vollem Mund nuschelte: »Oh ja, das wird so toll, ich habe schon so viele Ideen! Ich hoffe, ich kann wie geplant in gut zwei Wochen eröffnen!«

Mona legte ihren Arm um Lizzy. »Ich bin mir sicher, das wird schon klappen. Ulla hat alles sehr gut in Schuss gehalten. Vielleicht hier und da ein neuer Anstrich oder ein bisschen weniger … ähm … geschmacklose Deko«, brach es aus Mona hervor, gefolgt von einem Kichern.

»Geschmacklose Deko?« Lizzys Stimme klang leicht panisch. »Ach, keine Sorge. Ulla hatte nur eine kleine Vorliebe für dickbäuchige, nackte Engel, aber die kannst du ja einfach mit hoch in deine neue Wohnung zur Dekoration nehmen. Falls die Zimmer dort nicht auch schon von ihren unbekleideten Kumpanen bevölkert werden.«

Lizzy warf ein dickes, puffiges Kissen nach ihrer Freundin, die sogleich spitz aufkreischte, sodass wahrscheinlich sämtliche Gäste des B&Bs senkrecht in ihren Betten standen. Schnell hielten sich die beiden den Mund zu, um nicht noch ernsthaft die Besucher aus ihren Betten zu treiben.

Nachdem sie neben den Franzbrötchen auch noch die Krabbencracker und Pizzaschnecken verspeist hatten, gähnte Lizzy wohlig. Auch Trudi hatte sich bereits in einem Berg aus Kissen zu einer Schnecke zusammengerollt. Mona schaute mitfühlend zu ihrer Freundin. »Soll ich dich dann mal ins Bettchen bringen?«

Lizzy gähnte erneut, bevor sie nickte und Mona sie hoch zog. »Ja, das wäre wohl das Beste, denn morgen früh um zehn Uhr bin ich schon mit Sven Hennings verabredet.«

»Sven Hennings?«

»Der Makler … zur Schlüsselübergabe.«

Mona wackelte mit ihren Augenbrauen. »Soso.«

Lizzy konnte nicht verhindern, dass sie rot anlief, was bei ihrem blassen, sommersprossigen Gesicht natürlich nicht zu übersehen war. Nicht, dass sie Sven Hennings schon kannte, aber seine Stimme hatte am Telefon äußerst sympathisch geklungen … beinahe sexy, wenn man das so sagen konnte.

Schnell lief sie weiter in Richtung Hinterausgang, um ihren Koffer aus dem Auto zu holen und Monas detektivischen Fragen zu entgehen. Anschließend gingen sie hinauf in Monas Wohnung, die direkt unter dem Dach lag. Mona hatte für Lizzy die Couch in dem geräumigen Wohnbereich vorbereitet, der einem direkt das Gefühl von Sommer, Sonne und Urlaub vermittelte.

Die Wände waren in Cremetönen gehalten, während die rustikalen Möbel aus dunklem Holz hervorstachen. Überall waren maritime Deko-Elemente angebracht, von Holzankern bis hin zu kleinen Segelbooten, die auf den Schränken standen. Genau wie bei Lizzys letztem Besuch fühlte sie sich sogleich zu Hause und nahm sich vor, Mona am nächsten Tag zu fragen, wo diese ihre Dekorationen gekauft hatte. Doch jetzt wollte sie nur noch schlafen.

Nachdem die drei ihre Zähne geputzt hatten – Trudi wurde selbstverständlich auch einer täglichen Mundhygiene unterzogen –, verabschiedete sich Mona ins Schlafzimmer und Lizzy sank auf das Sofa, wo sie in einen äußerst ruhigen Schlaf verfiel. Sie träumte davon, wie sie mit ihrer Oma Elisabeth in der Backstube stand und Hand in Hand mit ihr die tollsten Törtchenkreationen buk.

Vier

Da er sich bereits seit geraumer Zeit im Bett herumwälzte, ohne jedoch noch mal einschlafen zu können, beschloss Fiete seufzend, dass es wohl an der Zeit war, aufzustehen. Es war gerade mal sechs Uhr. Konnte man mit Anfang dreißig wohl schon von seniler Bettflucht sprechen?

Er kratzte sich nachdenklich seinen Bart, in dem sich bereits schon vereinzelte graue Strähnen befanden, und blickte verunsichert zu Herbert hinüber. Doch Herbi warf seinem Herrchen einfach nur einen genervten Blick zu, ehe er den flauschigen schwarzbraunen Kopf wieder auf seine pelzigen Pfoten sinken ließ, als wollte er sagen: Belästige jemand anderen mit deinen Problemen am frühen Morgen.

Also schnappte sich Fiete stattdessen ein frisches Handtuch und steuerte das Bad seines Zwei-Zimmer-Appartements an, welches über einer Deko- und Haushaltsboutique lag. Es war zwar nicht riesig, für ihn und Herbi reichte es aber vollkommen. Denn auch wenn er als freischaffender Künstler nicht am Hungertuch nagte und die Galerien in Travemünde, Scharbeutz und am Timmendorfer Strand regelmäßig seine Bilder kauften, verdiente man sich mit romantischen Motiven der Ostsee nun mal keine goldene Nase.

Aber die Hauptsache war, dass er seinen Job liebte, und das tat er definitiv. Auch wenn er seinen Master in Kunstgeschichte gemacht hatte, pflegte er nur wenig Ambitionen, irgendwann in einem Museum oder anderen Bereichen der Kulturbranche tätig zu werden. Er malte lieber weiterhin kitschige Bilder seiner Heimat am Meer, bei deren Anblick Kunstkritiker nur abfällig den Kopf schütteln würden.

Doch bei Touristen kamen die Bilder gut an und er mochte es, mit Papier und Aquarellstiften am Strand zu sitzen und die manchmal raue, manchmal liebliche Stimmung der See einzufangen. Bei schlechtem Wetter hatte er sich auch gerne mal in den Wintergarten von Ullas Törtchenbäckerei verzogen.

Das Café der alten Dame war schon eine Institution in Düneck gewesen, bevor Touristen das kleine Fleckchen Erde an der Ostsee für sich entdeckt hatten. Trotzdem hatte Ulla es hinbekommen, im Café immer eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, in der Einheimische und Gäste miteinander Kuchen aßen und Kaffee tranken.

Schade, dass Ulla leider dem Zahn der Zeit auch nicht entkommen konnte und schließlich mit Mitte siebzig beschlossen hatte, das Café zu schließen und zu ihrem Sohn nach Hamburg zu ziehen.

Allerdings munkelte man, dass Ulla bereits eine Nachfolgerin für ihre Törtchenbäckerei gefunden hatte. Okay, man munkelte nicht nur, Fiete hatte gestern mit eigenen Augen aus dem Fenster seiner Wohnung beobachtet, wie die junge Konditorin in Monas B&B nebenan angekommen war.

Offensichtlich schien sie die Pensionsbesitzerin näher zu kennen, denn die rotgelockte junge Frau war seiner Nachbarin in die Arme gefallen. Er glaubte auch, gesehen zu haben, dass sie einen kleinen Hund dabei gehabt hatte. Vielleicht könnten sie ja einmal zusammen am Strand Gassi gehen. Sein großer fauler Berner Sennenhund Herbert hatte nämlich eine Schwäche für kleine putzige Hundedamen und drehte dann im Gegensatz zu seiner sonstigen Trägheit zu Hochtouren auf.

Fiete sprang unter die Dusche und stellte das warme Wasser an. Auch wenn ihm chronisch warm war und er selbst bei rauen Temperaturen oft noch in kurzer Hose herumlief, war kalt duschen einfach nichts für ihn.

Nachdem er sich abgetrocknet und sein Haar frottiert hatte – kämmen brachte nichts, deswegen ließ er es direkt sein –, schlüpfte er in seine kurzen Cargoshorts und einen wolligen Strickpulli mit eingewebtem Blumenmuster. Er packte seine handliche Digitalkamera in eine der Taschen seiner praktischen Hose, falls er ein paar Inspirationsmotive knipsen wollte. Dann pfiff er nach Herbert, der sich allerdings nur widerwillig aus seinem inzwischen viel zu kleinem Körbchen erhob.

Düneck lag noch im Schlaf und es herrschte daher nur wenig Treiben auf der kleinen Strandpromenade. Fiete überquerte die Straße und ging neben der Törtchenbäckerei den kleinen Weg hinunter, der direkt zum Strand führte.

Er streifte die Birkenstocks von seinen Füßen und spürte den kühlen, körnigen Sand unter seinen nackten Füßen. Dann ließ er Herbi von der Leine, der sich sofort hin- und her wälzte und innerhalb weniger Sekunden wie ein paniertes Schnitzel aussah.

Fiete befreite seine Kamera aus der Hosentasche, um die ersten Sonnenstrahlen einzufangen, die sich auf der heute grün schimmernden Ostsee brachen. Herbi lief immer ein Stück voraus, kam aber ziemlich schnell wieder zu ihm zurück getrottet … bis schließlich nur wenige Meter entfernt eine weitere Person den Strand betrat.

Er erkannte ihre roten Locken sofort, die dank des rauen Ostseewindes wirr um ihr Gesicht wehten und im Licht der Sonne golden leuchteten. Bevor er Herbi stoppen konnte, rannte dieser auch schon los, um die beiden Neuankömmlinge zu begrüßen. Schleunigst eilte Fiete hinterher, damit seine zottelige Fellnase nicht sofort über das vollkommen verängstigte Minihündchen herfiel.

Glücklicherweise kraulte die junge Frau, die heute in einem quietschgelben Regenmantel steckte, Herbi freundlich und schien weder verärgert noch verängstigt zu sein. Genauso wenig wie ihr kleiner rosafarbener Chihuahua. Moment mal … ein rosafarbener Chihuahua? Irgendwas passte da nicht.

Als er näher an das Grüppchen herantrat, vernahm er ein aufgeregtes Grunzen, gefolgt von einem ulkigen Quieken. Vielleicht brauchte er eine Brille, doch das, was Herbert da aufgeregt beschnüffelte, war definitiv kein Chihuahua. Es war ein Schwein. Wenn auch ein äußerst kleines und süßes.

Aha, da schien das Herrchen des ausgebüxten Berner Sennenhundes angelaufen zu kommen. Es stimmte wohl, dass Hund und Herrchen sich mit der Zeit aneinander anpassten, denn der junge Mann, der nun vor ihr zum Stehen kam, hatte ähnlich wuscheliges Haar wie seine Fellnase, und auch sein Körper wirkte zwar nicht untrainiert, strahlte jedoch eine gewisse Gemütlichkeit aus. Einzig sein geblümter Pulli – Hatte er ihn am Ende selbst gestrickt? – sah etwas seltsam aus. Na ja, jedem das seine.

Lizzy lächelte ihr Gegenüber freundlich an, doch dieser hatte nur Augen für Trudi, die er aus großen Augen überrascht anstarrte. Trudi schnüffelte an seinem haarigen Bein, da der Kerl seltsamerweise trotz der frischen Oktobertemperaturen eine kurze Hose trug. Schließlich rieb sie ihren unvermutet weichen Rücken an seiner nackten Haut, was für gewöhnlich ein gutes Zeichen war und darauf schließen ließ, dass Trudi überzeugt von jemandem war.

Kurz blickte der Unbekannte Lizzy aus seinen hellblauen Augen an, die die Farbe der Ostsee im Hochsommer hatten. Er deutete auf ihr kleines Mädchen. »Darf ich?«

Lizzy nickte nur und sogleich bückte er sich zu Trudi hinunter, um sie hinter ihren Schlappohren zu kraulen. Seine Stimme war tief und ein wenig rau, so als hätte er früher viel geraucht. Vielleicht trank er auch jeden Tag eine Flasche Whiskey zum Abendbrot.

Lizzy musste sich einen Lacher verkneifen. Auch wenn er an sich nicht schlecht aussah, könnte sein Kopf gut mal einen Besuch beim Friseur vertragen. Wie alt mochte er wohl sein? Lizzy schätzte ihn auf Anfang dreißig, auch wenn die grauen Strähnen in seinem Bart und seinem dichten hellbraunen Haar sie ein wenig irritierten.

Da sie immer noch wortlos dastanden und das Tier des jeweils anderen kraulten, beschloss Lizzy, den Anfang zu machen. Schließlich war sie keine schüchterne Teenagerin mehr, sondern eine baldige Unternehmerin, die Gäste für ihr Café gewinnen musste.

Also ließ sie von dem großen Berner Sennenhund ab, der gerade damit begonnen hatte, Trudi freudig mit seiner Zunge zu säubern. Sie hielt Pullover-Pelle – so hatte sie ihn gerade insgeheim getauft – die Hand hin und stellte sich vor.

»Hi, ich bin Lizzy, also eigentlich Elisabeth, aber alle nennen mich Lizzy.« Was brabbelte sie da nur? Wie eine kompetente Cafébesitzerin klang sie sicherlich nicht … »Und das ist Trudi. Ich übernehme das Café von Frau Pötter.«

Pulli-Pelles Händedruck war zwar fest, aber irgendwie auch sanft. Er lächelte sie offen an, ehe er mit seiner Kratzestimme sagte: »Ich weiß.«

Lizzys Kinnlade klappte herunter. Das war jetzt nicht unbedingt die Antwort gewesen, mit der sie gerechnet hatte.

Er lachte dröhnend und jetzt zwinkerte er Lizzy auch noch zu. »In so einem kleinen Örtchen spricht sich alles herum, das wirst du ganz schnell feststellen. Ich bin übrigens Fiete Matthiesen und das ist Herbert.« Er deutete auf die Fellkugel am Boden. »Mir scheint Herbi und Trudi sind schon gute Freunde. Bestimmt kommen wir dich und deine Kleine mal im Café besuchen. Weißt du schon, wann du eröffnest?«

Seine Frage klang ehrlich interessiert und nicht nur nach nettem Small Talk. Also würde sich Lizzy Pulli-Pelle … ähm … Fiete schon mal als ersten Gast sichern. »Ich hoffe in knapp zwei Wochen.«

Fiete nickte und lächelte sie aus seinen blauen Augen an. Also natürlich lächelte er mit dem Mund, aber seine Augen strahlten dabei. »Schön, ich freue mich schon darauf.«

Dann machte er kehrt, pfiff nach seinem Hund und ließ Lizzy verdattert stehen. Viel Zeit sich zu wundern blieb ihr allerdings nicht, da sie auch dringend zurückmusste, um sich präsentabel herzurichten und noch gemütlich mit Mona frühstücken und eine Runde klönen zu können – wie man hier sagte.

Fünf

Aufgeregt stand Lizzy vor Ullas Törtchenbäckerei und wippte von einem Bein aufs andere, in der Hoffnung, nicht von einer der hungrig wirkenden Möwen zerfleischt zu werden, die über ihr kreisten. Zum Glück hatte sie Trudi in Monas Obhut gelassen, die sich über ein bisschen Gesellschaft freute.

Lizzy schaute auf die antik wirkende roségoldene Uhr an ihrem Handgelenk, ein Geschenk ihrer Mama. Es war bereits fünf nach zehn, doch von Sven Hennings war keine Spur zu sehen. Lizzy vergewisserte sich noch einmal im Fensterglas, ob ihre Hochsteckfrisur noch saß, aber außer einer Locke, die sich neben ihrem Gesicht ringelte, war noch alles an Ort und Stelle.

Nach langem Hin und Her hatte sich Lizzy für ein schlichtes dunkelgrau meliertes Strickkleid entschieden, zu dem sie allerdings ihre altroséfarbenen Doc Martens trug. Ein beiger Trenchcoat rundete ihr Outfit ab und verlieh ihr hoffentlich den nötigen Unternehmerinnen-Charme.

Während sie noch in die Scheibe ihrer zukünftigen Konditorei starrte, vernahm sie hinter sich ein lautes Reifenquietschen. Erschrocken drehte sie sich um und sah, dass am Straßenrand ein babyblauer Oldtimer zum Stehen kam. Hinaus stieg … oh mein Gott … die Hemsworth-Brüder waren nichts dagegen und selbst Ryan Gosling müsste sich wohl warm anziehen …

Lächelnd kam der junge Mann zu ihr.

»Moin, ich bin Sven Hennings und Sie sind sicher Elisabeth Hufschmidt.«

Lizzy nickte wie erschlagen und hoffte, dass nicht am Ende noch ein Sabberfaden aus ihrem Mund tropfte.

Sven Hennings hatte dunkelbraune Haare, die ordentlich gescheitelt und zur Seite frisiert waren. In seinem sonnengebräunten Gesicht zeichnete sich ein dunkler Bartschatten ab. Sein eindeutig muskulöser Körper steckte in einem engen – aber nicht zu engen – hellblauen Hemd und einem dunkelblauen Anzug, zu dem er leuchtend weiße Sneakers trug.

Verdammt! Sven Hennings sah einfach nur hot aus. Lizzy schluckte und öffnete den Mund, wobei ihre Stimme eher wie Trudis Quieken klang. »Hallo, freut mich, Sie kennenzulernen, nennen Sie mich doch Lizzy.«

Sven nickte. »Gerne Lizzy, aber dann bin ich Sven, und wenn wir schon mal dabei sind, lassen wir doch auch gleich dieses Gesieze weg, wir sind schließlich noch keine achtzig.« Er funkelte Lizzy aus seinen dunklen Augen spitzbübisch an und sie schmolz nahezu dahin. Dieser Mann war nicht nur heiß, er schien auch noch sympathisch zu sein.

»Sollen wir dann reingehen und ich zeige dir alles? Den Formalkram haben wir ja zum Glück schon postalisch und telefonisch erledigen können.«

Lizzy nickte. Noch immer brachte sie kaum einen Ton hervor. Sven griff in seine Jacketttasche und drückte ihr den Schlüssel in die Hand, an dem ein kleiner Cupcake hing.

»Ich denke, du solltest selbst aufschließen, schließlich ist es jetzt dein Café.« Die Berührung von Svens Hand prickelte auf ihrer Haut.

»Das ist eine gute Idee«, presste sie mühsam hervor, ehe sie mit zitternden Fingern den Schlüssel ins Schloss steckte. Die weiß gestrichene verglaste Tür sprang auf und Lizzy hielt unweigerlich den Atem an, bevor sie, dicht gefolgt von Sven, den ersten Schritt in ihr Café setzte. Man hatte ihr nicht zu viel versprochen.

Hinten im Café entdeckte sie eine ausladende weiß gestrichene Theke. Davor befanden sich diverse gemütlich arrangierte Sitzgruppen aus allerhand zusammengesammelten Sesseln und Stühlen, was aber durchaus stylish wirkte. Die Tischchen waren zwar allesamt aus Holz, aber ebenso zusammengesammelt wie die Stühle drumherum. Lediglich die dicken Porzellanengel, die es sich auf jedem der Tische gemütlich gemacht hatten, waren wirklich, wirklich fürchterlich. Aber Lizzy würde ihnen schon ein anderes Plätzchen suchen.

Der Vintage-Look des Cafés gefiel ihr, auch wenn sie sich ein bisschen mehr Helligkeit wünschte, aber sie würde die Tische ganz einfach weiß streichen und die unbequemsten Stühle vielleicht durch ein paar moderne im Skandi-Stil ersetzen. So würde sie den alten Look des Cafés erhalten und trotzdem ihren eigenen Style hinzufügen können. Lizzy nickte begeistert vor sich hin wegen ihrer Idee.

Sven grinste sie erneut an und griff plötzlich nach ihrer Hand, um sie nach draußen auf die überdachte Terrasse zu ziehen, die das heimliche Herzstück des Cafés war. Zu ihrer Enttäuschung ließ er ihre Hand wieder los.

Draußen waren einfache Holzklapptische und Stühle aufgestellt, die Lizzy ebenfalls streichen und für den Winter mit kuscheligen roséfarbenen Fellen und Decken verschönern würde. Begeistert klatschte sie in ihre Hände und Sven schaute sie interessiert aus seinen dunklen Augen an. »Verrätst du mir, warum du dich so freust?«

Der Enthusiasmus, der durch ihre Venen floss, sorgte zumindest dafür, dass sie wieder in der Lage war, ganze Sätze von sich zu geben, und so erzählte sie Sven von ihren Änderungsplänen.

»Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Der Mietvertrag schließt dies auch nicht aus. Hast du schon über eine neue Wandfarbe nachgedacht?«

Sie traten wieder nach drinnen und Lizzy musterte die weißen Wände, ehe sie begeistert nickte. »Ein warmer Sandton wäre toll zu den dunklen Holzdielen und die Theke wird blasstürkis. Dann habe ich die Ostsee nicht nur vor der Tür, sondern direkt hier im Café.«

Sie trat durch die Eingangstür und musterte das weiß getünchte Häuschen von außen, auf dem immer noch der große Schriftzug Ullas Törtchenbäckerei in verschnörkelten Lettern prangte. Ihr gefiel der Name, aber auch hier wollte sie ihre eigene Note, aber da würde ihr schon noch etwas einfallen.

»Und, bereit für deine Wohnung?« Svens Stimme war angenehm melodisch, nicht zu hoch und nicht zu tief.

Zusammen stiegen sie die schmale steile Holztreppe nach oben, die etwas verborgen im hinteren Teil des Cafés gleich neben den Toiletten lag, die erst kürzlich saniert worden waren. Die Treppe ächzte und Lizzy hielt sich sicherheitshalber am Geländer fest. Für eine Dame gehobenen Alters war dieser Aufstieg wirklich nicht mehr das Wahre.