26,99 €
Die Frage der strafrechtlichen Haftung transnationaler Wirtschaftsunternehmen für völkerrechtliche Verbrechen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nach begrifflichen Vorbemerkungen werden zunächst die Formen der Unternehmensbeteiligung an solchen Verbrechen sowie die Praxis seit Nürnberg dargestellt. Dieser lässt sich eine Tendenz zur Unternehmungshaftung entnehmen. Aus diesem Grund und weil Unternehmen letztlich durch ihre Mitarbeiter handeln, kann die Haftung nicht rein kollektiv – im Sinne eines reinen Organisationsmodells –, sondern nur auf der Grundlage des Zurechnungsmodells überzeugend begründet werden, und zwar als derivative, auf Aufsichts- bzw. Organisationsverschulden beruhende Unternehmenshaftung. Der individualstrafrechtliche Ansatz des Zurechnungsmodells verweist auf die bekannten Formen strafbarer Beteiligung, wobei insbesondere eine Beihilfehaftung in Betracht kommt. Alles in allem wird jedoch vor zu hohen Erwartungen an eine (völker)strafrechtliche Unternehmenshaftung gewarnt. Das Strafrecht kann auch hier nur als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes (beschränkte) präventive Wirkungen entfalten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
KAI AMBOS
Wirtschaftsvölkerstrafrecht
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 91
Wirtschaftsvölkerstrafrecht
Grundlagen der völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen
Von
Kai Ambos
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: 3p+w GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0935-5200 ISBN 978-3-428-15515-6 (Print) ISBN 978-3-428-55515-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-85515-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ♾ Internet: http://www.duncker-humblot.de
Die kleine Untersuchung geht im Rahmen einer Bestandsaufnahme des bisher nur wenig erforschten Bereichs des Wirtschaftsvölkerstrafrechts der Frage der strafrechtlichen Haftung transnationaler Wirtschaftsunternehmen für völkerrechtliche Verbrechen nach. Nach begrifflichen Vorbemerkungen (I.) werden zunächst die Formen der Unternehmensbeteiligung an solchen Verbrechen (II.) sowie die supranationale und nationale Praxis seit Nürnberg (III.) dargestellt. Dieser lässt sich eine deutliche Tendenz zur Unternehmungshaftung, allerdings repräsentiert durch führende Unternehmensmitarbeiter, entnehmen. Aus diesem Grund und weil juristische Personen (Unternehmen) letztlich durch natürliche Personen (ihre Mitarbeiter) handeln, kann die Haftung (IV.) nicht rein kollektiv – im Sinne eines reinen Organisationsmodells (IV. 1.) – sondern nur auf der Grundlage des Zurechnungsmodells überzeugend begründet werden und zwar als derivative, auf Aufsichts- bzw. Organisationsverschulden beruhende Unternehmenshaftung (IV. 2.) Der individualstrafrechtliche Ansatz des Zurechnungsmodells – bzw., in prozessualen Worten, der individualrechtliche Auslöiser („trigger“) der Strafverfolgung von Unternehmen – verweist uns schließlich auf die bekannten Formen strafbarer Beteiligung (V.), wobei insbesondere eine Beihilfehaftung in Betracht kommt. Alles in allem, so das Fazit der Untersuchung, muss jedoch vor zu hohen Erwartungen an eine (völker)strafrechtliche Unternehmenshaftung gewarnt werden. Das Strafrecht kann auch hier, wie in vielen anderen Bereichen, nur als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes (beschränkte) präventive Wirkungen entfalten.
Teile der Untersuchung wurden auf der Sechsten Deutsch-Französischen Strafrechtstagung in Göttingen (27./28.10.2017), auf dem Symposium zu „Corporate Compliance and Human Rights“, FU Berlin/ ECCHR (23.2.2018) sowie im Rahmen universitärer Vorträge in Peking (Universität von Peking, 9.3.2018, und Renmin Universität, 10.3.2018) zur Diskussion gestellt. Eine Kurzfassung erscheint in dem ebenfalls von Duncker & Humblot verlegten Tagungsband zur erwähnten deutsch[6]französischen Tagung (Ambos/Bock [Hrsg.], Aktuelle und grundsätzliche Fragen des Wirtschaftsstrafrechts, im Erscheinen).
Ich danke meiner Kollegin Stefanie Bock und meinen Kollegen Carsten Momsen und Uwe Murmann für kritische Anmerkungen; Herrn wiss. Mitarbeiter Gustavo Urquizo danke ich für wertvolle Hinweise, insbesondere zum spanischsprachigen Rechtskreis; Herrn stud. iur. Jerre Sander danke ich für Hilfe bei der Recherche und Vorbereitung der Veröffentlichung. Dem Verlag danke ich für die wie immer professionelle und angenehme Zusammenarbeit.
Göttingen, Anfang Mai 2018
Kai Ambos
I.
Begriffliche Vorbemerkungen
II.
Beteiligung von Unternehmen an völkerstrafrechtlichem Unrecht aus rechtstatsächlicher Sicht
III.
Völkerstrafrechtliche Praxis
1.
Nürnberg
2.
Aktuelle Praxis
a) Supranationale Ebene
b) Nationale Ebene
IV.
Haftungsfragen
1.
Vorfrage: Fokus auf das Unternehmen als solches („corporate approach“)
2.
Organisations- vs. Zurechnungsmodell
V.
Formen strafbarer Beteiligung
1.
Täterschaftliche Haftung
2.
Strafbare Beihilfe versus „neutrale“ Handlungen
a) Objektive Seite
b) Subjektive Seite
c) Fallgruppen
Fazit
Literaturverzeichnis
I.
Akademische Literatur
II.
Sonstige (staatliche und nicht-staatliche Organisationen etc.)
Sachwortverzeichnis