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Der Band versammelt die Beiträge eines Symposiums im Rahmen von «Auftakt 2006» der Alten Oper Frankfurt/Main. Kaija Saariaho, 1952 in Helsinki geboren und seit 1982 in Paris lebend, gilt als eine der renommiertesten Vertreterinnen der noch jungen finnischen Avantgarde. Neben dem Gebrauch von Computertechnik stehen der virtuose Umgang mit Klangfarbe und das Spiel mit Spannungs- und Übergangsprozessen im Mittelpunkt ihrer von Literatur und Natur inspirierten Kompositionstechnik. Die Beiträge des Bandes befassen sich mit «Kaija Saariaho und Finnland», mit ihrem Opernschaffen, der Vokalmusik und Ensemblekompositionen.
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Seitenzahl: 139
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Hans-Klaus Jungheinrich (Hg.):
Woher? Wohin?
Die Komponistin Kaija Saariaho
edition neue zeitschrift für musik
Herausgegeben von Rolf W. Stoll
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Bestellnummer SDP 98
ISBN 978-3-7957-8646-5
© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
Alle Rechte vorbehalten
Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer NZ 5014
© 2007 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
www.schott-music.com
www.schott-buch.de
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Mit alleiniger Unterstützung der FAZIT-Stiftung
(Frankfurter Allgemeine Zeitung und Frankfurter
Societäts-Druckerei) Frankfurt am Main
Umschlagfotos: Charlotte Oswald
Woher? Wohin?
Die Komponistin Kaija Saariaho
Symposion, 16. September 2006
Alte Oper Frankfurt am Main
Herausgegeben von
Hans-Klaus Jungheinrich
Vorwort
Hans-Klaus Jungheinrich
Zum ersten Mal fand in Deutschland im September 2006 (anlässlich der «Auftakt»-Konzerte der Alten Oper Frankfurt) ein Symposium zu Ehren der aus Finnland stammenden Komponisten Kaija Saariaho statt. Sie lebt seit langem in Paris in unmittelbarer Nähe des Centre Pompidou und des IRCAM-Instituts, dessen Ressourcen und Anregungen die Komponistin in vielen ihrer mit elektronischen Anteilen umgehenden Stücke nutzte. An der Pariser Bastille-Oper wurde im März 2006 ihr zweites großes musikdramatisches Bühnenwerk Adriana Mater uraufgeführt. Das Libretto stammte, wie das der vorangegangenen Oper L’amour de loin (Salzburger Festspiele 2000), von ihrem langjährigen literarischen Mitarbeiter, dem libanesischen Schriftsteller und Historiker Amin Maalouf.
Die Frankfurter Symposien bekommen ihre Attraktivität vor allem durch die persönliche Teilnahme der jeweils im Rampenlicht stehenden Komponisten (nur Hans-Werner Henze, um den es beim ersten Symposium 2001 ging, konnte krankheitsbedingt nicht anwesend sein). Auch Kaija Saariaho hörte sich alle Vorträge an und setzte sich zu der abschließenden Diskussionsrunde mit aufs Podium, beantwortete konzentriert die Fragen der Referenten und der Zuhörer. Ihre Präsenz hatte etwas besonders Einnehmendes. Vor dem Hintergrund einer nicht zurückweisenden, sondern freundlichen Sprödigkeit schien ihre Person anwesend und abwesend zugleich: durchaus aufmerksam und interessiert die Erörterungen zu ihrer Persönlichkeit und ihrem Werk registrierend, dennoch gewissermaßen immer auch ein wenig neben ihrer Rolle als Gegenstand öffentlichen Sprechens stehend und unausgesprochen den Eindruck vermittelnd, es gehe hier doch wohl um weniger Wichtigstes und das Allerwichtigste sei für sie die kompositorische Arbeit am Schreibtisch. Dass Anlässe wie derjenige dieses Symposiums sie von dieser zentralen Tätigkeit abziehen, empfindet sie wohl als eine mit heiterer Gelassenheit hinzunehmende Pflicht herausgehobenen Künstlertums, aber ohne jenes Triumphgefühl, das die Bestätigungsgesten der Mitwelt sonst oft bei Prominenten auslösen. Es muss bei Kaija Saariaho einen sehr starken Persönlichkeitskern, eine unirritierbare innere Ruhe geben, so dass extravertierte Stimmungen, gar Anwandlungen von Eitelkeit oder Geltungssucht nicht hervorzutreten vermögen. Natürlich ist Kaija Saariaho kein Mauerblümchen, sondern ein auf typisch nordeuropäische Art charmantes, rätselhaftes Wesen mit großen Augen und sanfter Stimme. Das auf einigem Abstand haltende Faszinosum, das von ihr ausgeht, hat mit berufsmäßiger Weiblichkeitsdarstellung ebenso wenig zu tun wie mit dem leise oder schrill esoterisch Angeflippten in der zeitgenössischen Version eines musisch-bürgerlichen Damentums. Der Schalk ist gelegentlich bei Kaija Saariaho zu Besuch, aber ihre beständigste Mentorin bleibt die protestantische Arbeitsethik.
Der Leser möge mir verzeihen, dass ich ihn hier mit einem etwas aufwändigeren, vielleicht aufdringlichen Saariaho-Psychogramm (das in allem Impression, in nichts Expertise sein will) belästige, aber es gilt mir, eine imponierende Bekanntschaft zu dokumentieren sowie Dankbarkeit. Die bisher einzige Frau unter den bisherigen Frankfurter Symposiumskomponisten zeigte zugleich eine eigenartig sperrige Integrität. Dabei hatte unser erstes Zusammentreffen in ihrer Pariser Penthousewohnung knapp ein Jahr vor dem Symposium auch skurrile Züge. Kaija Saariaho ließ mich auf einem Sofa in ihrem etwas engen, sehr gut geheizten Arbeitszimmer Platz nehmen, ohne mich zum Ausziehen meines polarkreiserprobten Wintermantels zu ermuntern, den ich denn auch während meines fast zweistündigen Besuchs anbehielt. Auch dachte die Gastgeberin die ganze Zeit nicht daran, mir etwas Trinkbares, sei es auch nur ein Glas Wasser, anzubieten; dennoch hatte ich beim Abschied das Gefühl, durchaus von einer gewissen mütterlichen Umsicht umsorgt gewesen zu sein.
Als Finnin ist Kaija Saariaho vielsprachig; auch Deutsch versteht sie gut, ohne es aber zu ihrer Befriedigung sprechen zu können. So hatte Gundula Tzschoppe von der Alten Oper die schöne Idee, dass Kaija Saariaho ihre Statements während des Symposiums nicht auf Englisch oder Französisch, sondern in ihrer Muttersprache einbringen könnte (für das Publikum ein weiteres Surplus persönlicher Saariaho-Authentizität). Die prompte Übersetzung ins Deutsche wurde ihrem Landsmann Tomi Mäkelä anvertraut, der als Musikwissenschaftler in Berlin lebt und sich in seinem eigenen Vortrag insbesondere der Saariaho-Rezeption in Finnland widmete. Die Beiträge von Éva Pintér, Barbara Zuber, Ellen Kohlhaas und Wolfgang Sandner beschäftigen sich durchweg fokussierend mit dem vokalen oder instrumentalen Saariaho-Œuvre, selbstverständlich unter Einschluss der den Rang von Hauptwerken beanspruchenden Opern. Eine erweiterte Perspektive auf Person und Werk eröffnet der Text von Ivanka Stoianova, Paraphrase eines umfangreichen Aufsatzes, der auch in einem Heft der Zeitschrift MusikTexte mit Saariaho-Schwerpunkt veröffentlicht wurde, das aparterweise wenige Wochen vor dem Symposium erschien und dadurch für dessen Vorbereitung zusätzlich von Nutzen war.
Frankfurt am Main, 29. Dezember 2006
Hans-Klaus Jungheinrich
Inhalt
Vorwort
Facetten einer Identität
Annäherungen an Kaija Saariaho
Hans-Klaus Jungheinrich
Kaija Saariaho und Finnland
Tomi Mäkelä
Narration und sinfonisches Denken im Opernschaffen von Kaija Saariaho
Ivanka Stoianova
Die Kraft der Litanei
Über Kaija Saariahos erste Oper «L’amour de loin»
Wolfgang Sandner
Seelenschlösser oder Übergänge und Zwischenwelten
Ein Streifzug durch Kaija Saariahos Vokalmusik
Ellen Kohlhaas
Entgrenzung und Fragmentierung
Klangstrukturen in Kaija Saariahos Streichquartett «Nymphea (Jardin secret III)»
Barbara Zuber
Was die Träume erzählen
Textdeutungen in den Vokalwerken von Kaija Saariaho
Éva Pintér
Bewahrte Zwischenwelten
Schlussrunde mit Fragen an Kaija Saariaho
Hans -Klaus Jungheinrich
AutorInnen
Facetten einer Identität
Annäherungen an Kaija Saariaho
Hans-Klaus Jungheinrich
Der Versuch der Annäherung an einen lebenden und leibhaft anwesenden Komponisten hat im Grunde immer etwas Indiskretes und latent Peinliches, und das mag sich noch verstärken, wenn es sich um eine Komponistin handelt. Kaija Saariaho hat mit ihrem Operntitel L’amour de loin, «Die ferne Liebe» – ich übersetze ihn noch lieber mit «Die Liebe von ferne» –, freilich auch dafür schon einen gleichsam mahnenden Hinweis gegeben, so etwas wie ein Avviso zu gebührendem Abstand. Ihre persönliche Ausstrahlung evoziert keine Einladung zu investigativem Journalismus. Ihre Aura scheint Verletzlichkeit zu enthalten als eine vor Berührung schützende Schicht. Eine solche bildete sich aber auch aus einem Härtestoff, einem geradezu undurchdringlichen Panzer. Ehe die Annäherung an ihm abprallen und sich durch die Offensichtlichkeit rigider Eigenschaften wie Selbstdisziplin und Erfolgswillen oder unbestechliches Materialbewusstsein entwaffnen ließe, könnte sie freilich gewisse Ausstülpungen oder Knoten im Panzer als Halte- und Orientierungsgriffe benutzen, und in diesem Sinne sind die neun Stichworte, die das Folgende aufschlüsseln und gliedern wollen, als Be-Griffe oder Notgriffe einer bewusst facettierten und fragmentierten Recherche zu betrachten, die im illuminierten Vereinzelten einer ganzen Verborgenheit inne zu werden versucht.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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