Woodwalkers & Friends/Seawalkers & Friends. Wilde Ferien - Katja Brandis - E-Book

Woodwalkers & Friends/Seawalkers & Friends. Wilde Ferien E-Book

Katja Brandis

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Beschreibung

Neue rasante Ferienabenteuer aus der Welt von Woodwalkers und Seawalkers von Bestseller-Autorin Katja Brandis. Die jungen Gestaltwandler rund um Pumajunge Carag und Haiwandler Tiago erleben gefährliche und lustige Momente im Regenwald und auf hoher See. Endlich Sommerferien! Doch noch ehe Puma-Wandler Carag die Tatzen hochlegen kann, erreicht ihn ein Anruf von der Wandlerschule Colegio La Chamba in Costa Rica. Dort werden wahllos junge Woodwalker angegriffen. Für Carag und seine Freunde, Rothörnchen-Wandlerin Holly und Bisonjunge Brandon, steht fest: Sie müssen den Schuldigen finden! Aber im undurchdringlichen Regenwald voller bissiger Krokodile ist das nicht gerade leicht. Zum Glück helfen die befreundeten Schüler von La Chamba tatkräftig mit – im entscheidenden Moment sind sogar Delfinmädchen Shari und Hai-Wandler Tiago aus Florida zur Stelle. Nach den Abenteuern in Costa Rica wartet auf Tiago, Shari und den lässigen Seelöwen-Wandler Chris eine aufregende Reise durch den pazifischen Ozean. Unerwartet schließt sich ihnen eine Wandlerin der ganz besonderen Art an. Doch sogar in den Tiefen des Meeres werden Tiere und Natur bedroht: Grausame Hochseeangler fangen Speerfische aus reinem Zeitvertreib. Die drei Seawalker müssen all ihr Können anwenden, um die Tierquäler zu stoppen. Ob im Wasser oder an Land: Für die Gestaltwandler-Schüler geraten die Ferien zum Abenteuerurlaub! Inklusive der Kurzgeschichte "Wüstenläufer" mit den Kojoten-Wandlern James und Joe Bridger. Hier kommen Tierfantasy-Fans ab 10 Jahren voll auf ihre Kosten: Spannende Gestaltwandler-Charaktere und mitreißende Abenteuer in der Natur machen jeden Band zum garantierten Lesespaß. Die Illustrationen im einzigartigen Stil von Claudia Carls setzen die Geschichten perfekt in Szene. Die Walkers-Bände erscheinen halbjährlich. Bisher erschienen sind: Woodwalkers (Staffel 1) Woodwalkers (1). Carags Verwandlung Woodwalkers (2). Gefährliche Freundschaft Woodwalkers (3). Hollys Geheimnis Woodwalkers (4). Fremde Wildnis Woodwalkers (5). Feindliche Spuren Woodwalkers (6). Tag der Rache Woodwalkers – Die Rückkehr (Staffel 2) Woodwalkers – Die Rückkehr (1). Das Vermächtnis der Wandler Woodwalkers – Die Rückkehr (2). Herr der Gestalten Woodwalkers – Die Rückkehr (3). Das Grollen der Löwin Woodwalkers – Die Rückkehr (4). Der Club der Fabeltiere Woodwalkers – Die Rückkehr (5). Rivalen im Revier Woodwalkers – Die Rückkehr (6). Zeit der Entscheidung Seawalkers Seawalkers (1). Gefährliche Gestalten Seawalkers (2). Rettung für Shari Seawalkers (3). Wilde Wellen Seawalkers (4). Ein Riese des Meeres Seawalkers (5). Filmstars unter Wasser Seawalkers (6). Im Visier der Python Windwalkers Windwalkers (1). Verborgene Flügel Special-Bände: Woodwalkers & Friends. Katzige Gefährten Woodwalkers & Friends. Zwölf Geheimnisse Woodwalkers & Friends. Wilder Kater, weite Welt Seawalkers & Friends. Dreizehn Wellen Weitere Bände in Planung

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Seitenzahl: 287

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Bücher von Katja Brandis im Arena Verlag:

Windwalkers (1). Verborgene Flügel

Woodwalkers (1). KaragsCarags Verwandlung

Woodwalkers (1). KaragsCarags Verwandlung. Sonderausgabe zum Film

Woodwalkers (2). Gefährliche Freundschaft

Woodwalkers (3). Hollys Geheimnis

Woodwalkers (4). Fremde Wildnis

Woodwalkers (5). Feindliche Spuren

Woodwalkers (6). Tag der Rache

Woodwalkers – Die Rückkehr (1). Das Vermächtnis der Wandler

Woodwalkers – Die Rückkehr (2). Herr der Gestalten

Woodwalkers – Die Rückkehr (3). Das Grollen der Löwin

Woodwalkers – Die Rückkehr (4). Der Club der Fabeltiere

Woodwalkers – Die Rückkehr (5). Rivalen im Revier

Woodwalkers – Die Rückkehr (6). Zeit der Entscheidung

Woodwalkers & Friends. Katzige Gefährten

Woodwalkers & Friends. Zwölf Geheimnisse

Woodwalkers & Friends. Wilder Kater, weite Welt

Seawalkers (1). Gefährliche Gestalten

Seawalkers (2). Rettung für Shari

Seawalkers (3). Wilde Wellen

Seawalkers (4). Ein Riese des Meeres

Seawalkers (5). Filmstars unter Wasser

Seawalkers (6). Im Visier der Python

Seawalkers & Friends. Dreizehn Wellen

Khyona (1). Im Bann des Silberfalken

Khyona (2). Die Macht der Eisdrachen

DelfinTeam (1). Abtauchen ins Abenteuer

DelfinTeam (2). Der Sog des Bermudadreiecks

DelfinTeam (3). Ritt auf der Brandung

GepardensommerKoalaträumeDer ElefantentempelDie JaguargöttinDer PanthergottDer Fuchs von AramirDie Ewigen von KallistéCallisteVulkanjägerFreestyler

Bücher in Einfacher Sprache:Woodwalkers (1). KaragsCarags VerwandlungWoodwalkers (2). Gefährliche Freundschaft

Katja Brandis, Jahrgang 1970, hat Amerikanistik, Anglistik und Germanistik studiert und als Journalistin gearbeitet. Schon in der Schule liehen sich viele Mitschüler ihre Manuskripte aus, wenn sie neuen Lesestoff brauchten. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche veröffentlicht, zum Beispiel Khyona, Gepardensommer, Die Jaguargöttin oder Ruf der Tiefe. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München.

www.woodwalkers.de | www.seawalkers.de

Für Anica

Ein Verlag in der Westermann Gruppe

1. Auflage 2025

© 2025 Arena Verlag GmbH

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Der Verlag behält sich eine Nutzung des Werkes für Textund Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

Dieses Werk wurde vermittelt durch dieAutoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München).Cover und Innenillustrationen: Claudia Carls

E-Book-ISBN 978-3-401-81115-4

Besuche uns auf:www.arena-verlag.de

@arena_verlag@arena_verlag_kids

Teil 1

Mit Zähnen und Krallen

Der Tag, an dem mein Handy fliegen lernte

Carag

Puma-Wandler können ziemlich gut klettern. Wenn ich in zweiter Gestalt war und die Krallen ausfuhr, brauchte ich nur ein paar Momente, bis ich oben in unserem Baumhaus war.

Nur leider ist es nicht wirklich leicht zu klettern, wenn man etwas im Maul hochzutragen versucht. Etwas, das klein, eckig und glatt ist und in das man die Zähne nicht reingraben kann.

»Das glaub ich jetzt echt nicht«, sagte Holly, meine beste Freundin, als sie mich mit dem Handy den Stamm hochkrallen sah. Mit gerunzelter Stirn spähte sie von oben auf mich herab. »Du schleppst dieses Ding sogar als Puma mit dir herum, KaragCarag?«

Es kann jederzeit sein, dass ich einen wichtigen Anruf bekomme – da würde ich dann teilverwandelt rangehen, erklärte ich ihr. Holly verdrehte die Augen und ließ sich pelzige Ohren auf dem Kopf wachsen. Wahrscheinlich verwandelte sie sich gleich in ein Rothörnchen, nur um mir zu zeigen, wie Klettern richtig geht.

Nein, tat sie nicht. Sie verzog sich ins Innere des Baumhauses und rumorte dort herum, während ich mich über die Kante der Holzplattform zog und das Handy aus dem Maul fallen ließ. Ein bisschen Raubkatzenspucke machte ihm zum Glück nichts aus.

Gut gelaunt, kam Holly wieder zum Vorschein … und hatte irgendetwas Weißes, Knautschiges mit Schnüren in der Hand. »Es ist absolut untierisch und nicht walkerhaft, dass du von diesem Handy so abhängig geworden bist. Aber mach dir keine Sorgen, ich hab schon ein Gegenmittel!«

Misstrauisch legte ich die Ohren zurück, nahm die Witterung ihres Mitbringsels auf und beäugte es. Das ist ein ziemlich seltsames Gegenmittel. Wie funktioniert es?

»Ganz einfach! Suchtmittel dranhängen und über die Kante schmeißen«, verkündete Holly fröhlich … und schon hatte sie sich mein Handy geschnappt, es an den Schnüren befestigt und in die Tiefe geworfen. Das weiße Ding war ein selbst gebastelter Fallschirm, der sich nun aufblähte und zu Boden segelte.

Eulendreck!, stieß ich hervor und sprang auf.

»Du wirst sehen, das tut dir gut, mal eine Weile darauf zu verzichten«, sagte Holly. Sie machte es sich zwischen ein paar Kissen bequem, schnappte sich mit einer Hand ein Kartenspiel und versenkte die andere Hand in einer Tüte Chips aus unserem Snackvorrat. »Es gibt viel zu viele Menschendinge, die nicht gut für uns sind, KaragCarag! Komm, wir spielen eine Runde.«

Das Handy flog zwar sanft abwärts – der Fallschirm funktionierte –, aber leider steuerte es auf ein paar Felsen am Rand der Lichtung zu. Ich fauchte. Das sah ganz und gar nicht gut aus!

Muss los, knurrte ich, trat auf HollysChipstüte drauf (natürlich ganz und gar versehentlich) und machte mich im Eiltempo daran, den Stamm des Baumes wieder runterzuklettern. Zum Glück driftete das Ding, das wie eine weiße Blüte aus Stoff aussah, nicht weit vom Baumhaus entfernt Richtung Boden. Ich spannte meine Muskeln an, stieß mich vom Stamm ab und sprang mit aller Kraft. Pumas können aus dem Stand bis zu sechs Meter weit springen.

Aber nicht vor dem Frühstück.

Ich landete eine halbe Menschenlänge vor dem Felsen.

Der Fallschirm zum Glück auch, sanft ließ er sich an einer grasbewachsenen Stelle der Lichtung nieder und fiel dort in sich zusammen. Meinem Handy ging es gut. Doch als ich es hochhob, musste ich über Hollys Worte nachdenken. Es gibt viel zu viele Menschendinge, die nicht gut für uns sind, KaragCarag. Trotzdem schlug ich mit der Pranke nach Holly, die mir nachgeklettert war und nun versuchte, es mir wegzunehmen. He, Horrorhörnchen, das Ding gehört mir, klar? Und es hat heute schon genug durchgemacht!

Sie war schnell, aber ich auch. Schon hatte ich sie unter meine Pfote gefangen. Zeternd lag das Rothörnchen platt auf dem Bauch. Lass mich sofort los, du Mistmieze! Ich habe einen wichtigen Vorschlag für dich!

Ach, welchen denn? Ich hauchte ihr meinen Puma-Atem in den Nacken.

Holly zappelte sich frei und zischte mein Vorderbein hoch, bis sie auf meinem Kopf saß. Wir könnten es ein paar Tage lang verstecken, damit du wieder lernst, wie schön das Leben ohne Anrufe ist. Wie klingt das?

Eigentlich okay, meinte ich. Denn tatsächlich hatte es in meinem zweiten Schuljahr an der ClearwaterHigh ein bisschen genervt, dass mich ständig jemand angeklingelt hatte (egal, ob ich Unterricht hatte oder gerade mit meinen Freunden chillte).

Also verstauten wir mein Handy wasserdicht eingepackt unter einem losen Stein an der zerklüfteten, mit Gras und sogar kleinen Bäumen bewachsenen Außenseite der Schule. Dort konnte es in Ruhe seine Akkuladung pflegen, während ich frei durch die Wildnis streifte!

»Gehen wir zum Futtern?«, fragte ich, als wir uns wieder zurückverwandelt hatten, denn am Stand der Sonne sah ich, dass die Cafeteria bald öffnen würde.

»Na klar, vielleicht gibtʼs sogar Nougatpfannkuchen. Schließlich ist es Sonntag.« Holly fing ein bisschen an zu sabbern, aber ich hoffte im Stillen auf gebratenen Speck.

In unserer Cafeteria war es ziemlich leer, nur eine Handvoll Leute standen am Buffet an. Schließlich war es August, wir hatten Ferien. Aber geöffnet hatte das Gebäude der Clearwater High immer, weil manche Kids, die als Tier oder im Heim aufgewachsen waren, sonst nicht gewusst hätten, wohin. Irgendjemand von den Lehrern war immer da, aber sie dachten zum Glück nicht daran, uns mit Übungsaufgaben zu belästigen.

»He, Brandon – heute schon die Hufe poliert?«, zog ich meinen besten Freund auf.

»Ich weiß echt nicht, was meine Mutter sich dabei gedacht hat«, ächzte Brandon und warf sich ein getrocknetes Maiskorn in den Mund. »Dass sie mir diese Politur geschenkt hat – ist das ein Zeichen, dass sie meine zweite Gestalt endlich akzeptiert? Oder findet sie einfach, dass ich ungepflegt herumlaufe?«

»Wahrscheinlich hat sie sich gar nichts dabei gedacht und das Zeug war einfach schön teuer und exklusiv.« Holly lud sich noch einen Pfannkuchen auf den Stapel, der sowieso schon ihren Teller verzierte.

Ich vermisste meine Polarwolffreundin Tikaani, doch sie war gerade in ihrem Dorf im hohen Norden. Gut, dass wenigstens meine anderen Lieblings-Woodwalker hier waren! Doch warum wirkte Holly so abgelenkt? Sie schien sich kaum auf ihre Pfannkuchen konzentrieren zu können und hob immer wieder den Kopf, um zu lauschen.

»Was hörst du? Kommt eine Armee von Schlangen- oder Löwen-Wandlern auf uns zu?«, fragte Brandon feixend.

»Das ist nicht witzig«, informierte ich ihn. Wir hatten schon genug Ärger mit unseren Feinden gehabt und ich war ziemlich sicher, dass noch mehr davon auf uns wartete. Ich war froh, dass im Moment alles angenehm ruhig war in den Rocky Mountains.

»Moment!« Holly flitzte los.

Brandon und ich schauten uns an und zuckten die Achseln.

Ungläubig sah ich, dass meine Hörnchenfreundin mit meinem noch immer eingepackten Handy wieder in der Cafeteria auftauchte.

»Hat das nicht Pause?«, fragte ich, als sie mir das Ding entgegenstreckte.

»Es hat geklingelt. Ein paarmal hintereinander!«

»Sagt bloß, ihr Technikquäler habt vergessen, es auszuschalten«, sagte Brandon.

»Jaja, sieht fast so aus.« Holly winkte ab. »Jedenfalls will dich jemand ganz dringend sprechen und ich wollte, äh, dann doch irgendwie wissen, wer.«

Ich grinste. Nicht nur Katzen waren neugierig. »Wow, du hast noch bessere Ohren als ich oder ich habe es irgendwie ausgeblendet. Na gut, ich schau mal nach.«

Ungläubig scrollte ich durch die Anruferliste. Jemand hatte dreimal versucht, mich von einer unglaublich langen Nummer aus zu erreichen. Hä? So eine Nummer hatte ich noch nie gesehen.

Gespannt beugten sich meine Freunde über das Gerät. »Das ist eine ausländische Vorwahl«, staunte Brandon und zückte schnell sein eigenes Handy. »Und zwar eine aus Costa Rica.«

»Bestimmt ein Betrüger«, meinte einer der ganz neuen Leute aus der Vorbereitungsklasse. »Ruf bloß nicht zurück, das könnte dich richtig Geld kosten!«

Ich hörte nur »mit halbem Ohr« zu, wie die Menschen sagen. Schon drückten meine Finger die Anrufen-Taste.

Krisen und Kokosnüsse

Der zukünftige Erstjahresschüler tippte sich an die Stirn, als er sah, dass ich die lange Nummer sofort zurückrief. Doch Holly, Brandon und ich hatten beim Stichwort »Costa Rica« aufgehorcht. Es war inzwischen mehr als ein Jahr her, dass wir zum Schüleraustausch am Colegio La Chamba gewesen waren. Aber natürlich erinnerten wir uns noch gut an die aufregende Zeit an der Woodwalker-Schule in Mittelamerika.

»Ah, du bist es«, drang eine Stimme aus dem Gerät, die klang, als würde Geröll einen Hang hinunterrollen. »Meine Güte, du bist schwerer zu erreichen als ein Sumpfkaninchen! Was hast du mit deinem Handy gemacht, es vergraben?«

»Äh … ja, so ungefähr«, antwortete ich. Es gab nur einen einzigen Wandler, der so klang – der Schulleiter des Colegio La Chamba! Ein paar Leute aus unserer Klasse hatten ihn mal mit gelber Straßenmarkierfarbe übergossen und live erleben können, was passierte, wenn man sich mit einer Schnappschildkröte anlegte. Denn genau das war er in zweiter Gestalt.

»Was gibtʼs, SeñorCortante?«, fragte ich und meine Freunde rückten näher an mich heran, um kein Wort zu verpassen.

»Wir haben hier ein Problem«, knurrte der Schulleiter. »Irgendwelche üblen Leute greifen in unserem Land Wood-undSeawalker an, bei uns im Regenwald und an der Küste. Sieben sind insgesamt schon verletzt worden, davon zwei unserer Schüler. Der Vogelspinnenjunge und unsere Libelle, ihr erinnert euch vielleicht an sie.«

Holly quiekte auf, ihre rotbraunen Haare schienen sich zu sträuben.

Erschrocken erkundigten wir uns, wie es den beiden ging, dann fragte ich: »Haben Sie Anhaltspunkte gefunden, wer dahinterstecken könnte?«, und überlegte, weshalb der alte Ex-Polizist ausgerechnet mich angerufen hatte.

»Nein, leider nicht.« Der Schulleiter klang verbittert. »Jetzt fragst du dich, weshalb ich gerade dich angerufen habe. Tja, ich hab vom Rat Gutes über dich gehört. Darüber, wie du geholfen hast, die Krise mit diesem ›Club der Fabeltiere‹ zu meistern. Diesen Jugendlichen, denen das Geheimnis der Woodwalker egal war und die unbedingt ihre Verwandlungen auf Social Media zeigen wollten.«

»Äh, ja, das hat geklappt. Stimmt«, gab ich zu.

»Es sind seltsamerweise nur Jugendliche, die bei uns angegriffen werden«, berichtete der Schulleiter, während ich ungläubig lauschte. »Ich brauche jemanden hier, der selbst noch keine Falten hat, dafür aber ʼnen raschen Verstand, capito? Und dass du ein guter Bodyguard bist, kann eure Schulleiterin bezeugen. Der hast du mal das Leben gerettet, wenn ich mich nicht irre.«

»Nur junge Wandler?« Ich war so erschrocken, dass das Lob irgendwie an meinen Ohren vorbeiflog. »Wieso sollte jemand jungen Woodwalkern schaden wollen?«

»Genau das finden wir heraus, klar?«

»Sag ihm doch einfach, dass du sofort kommst, Pelzohr!«, zischte Holly mit blitzenden Augen. »Oder noch besser, dass wir kommen!«

Sehr katzige Idee … ich hatte richtig Lust auf den Regenwald und außerdem wollte ich dabei helfen, diese Ziegenhintern zu schnappen, die unsere Freunde jagten. »Natürlich helfe ich euch«, sagte ich zu SeñorCortante. »Allerdings bräuchte ich ein paar Leute, die mich unterstützen. Brandon, Holly und vielleicht noch ein paar Seawalker, weil einige Leute ja am Meer attackiert worden sind, wie Sie gesagt haben.«

»Ist in Ordnung«, kam nur zurück. »Der Südamerikanische Woodwalker-Rat übernimmt alle Kosten.«

»Darf ich auch mit?«, mischte sich unser Spinnenmädchen Juanita schüchtern ein.

»Bist du nicht in diesem Mathe-Sommerkurs angemeldet, um was an deiner Note zu machen?«, flüsterte Brandon ihr zu.

Juanita blickte tieftraurig drein. »Doch. Aber ich würde zu gerne Ignacio wiedersehen … er ist einfach wunderbar!«

Schnell drückte ich die rote Auflegen-Taste, weil ich den Verdacht hatte, dass SeñorCortante das nicht so brennend interessierte.

Ich sah, dass Brandon mich anstarrte. »Du, KaragCarag?«, meinte er. »Es sind speziell junge Wandler, die angegriffen werden. Wir sind junge Wandler.«

»Oh, äh, ja stimmt.« Ich verzog das Gesicht, als mir klar wurde, dass ich eben am Telefon einfach so zugesagt hatte. Ohne auch nur zehn Sekunden lang nachzudenken oder irgendeinen Erwachsenen zu fragen. »Es … könnte also gefährlich werden. Puh.« Schweigen senkte sich über uns, als ich nachdachte und mich schließlich entschied. »Ich fliege trotzdem. Aber ist vielleicht besser, ihr bleibt hier. Hier seid ihr in Sicher…«

»Du hast wohl nicht mehr alle Krallen an der Pfote!«, beschwerte sich Holly, schnappte sich mein Handy und begann, auf irgendwelchen Flugportalen Verbindungen rauszusuchen. Buchungen im Internet hatten wir neulich in Menschenkunde durchgenommen.

»Also ich weiß nicht.« Brandon sah aus, als wäre ihm mulmig zumute. »Was ist, wenn wir selber verletzt werden? Und wenn ich meinen Eltern sage, aus welchem Grund die uns in Costa Rica haben wollen, ist der Ofen sowieso aus.«

»Was für ein Ofen?«, fragte ich verwirrt. »Bei dem Klima da unten brauchen doch nicht mal Geschöpfe ohne Fell einen O…«

»Ach komm, Brandon.« Holly stieß meinen Bisonfreund mit dem Ellenbogen in die Seite. »Wir brauchen dich, weil du als Einziger von uns Spanisch kannst. Und für das Problem mit unseren Eltern gibt es eine GANZ EINFACHE Lösung.«

Einen Tag später winkten uns die Ralstons, die Silvers und BrandonsEltern gut gelaunt am Flughafen hinterher. Die Silvers hatten sogar einen kleinen Blumenkranz gebastelt, den sie Holly auf die Locken setzten. »Ganz viel Spaß bei diesem Regenwald-Festival, mein Schatz, und iss nicht zu viel Mango-Eis«, sagte ihre Adoptivmutter, während mein Pflegevater mir die Hand auf die Schulter legte, etwas von einer großartigen Chance daherredete und meine kleine Menschenschwester mir genau beschrieb, was ich ihr diesmal mitbringen sollte.

Dann gingen wir mit Koffern und Rucksäcken durch die Sicherheitskontrolle.

»Ist das nicht nussig, dass wir diesmal keine nervigen Begleitlehrer dabeihaben?«, fragte Holly. »Das heißt doch, dass wir machen können, was wir wollen, oder?« Verzückt betrachtete sie die goldenen Großpackungen Schokonüsse, die im Duty-free-Shop auf einem Regal thronten. »Wartet ab, gleich gehört eine davon mir!«

»Dein Jahresvorrat?«, fragte Brandon.

»Die bezahlst du doch, oder?«, fragte ich ein bisschen beunruhigt.

»Also bitte! Was haltet ihr von mir?«, fragte Holly, was nicht wirklich eine Antwort war. Sie schaute sich schnell zu beiden Seiten um und streckte die Hand nach einer Packung aus.

Ungefähr zu dieser Zeit fiel uns eine Frau im dunkelblauen Kostüm auf, die sich uns zielsicher näherte. »Hallo, ihr drei!«, flötete sie. »Seid ihr die unbegleiteten Minderjährigen?«

Eine halbe Stunde später wurden wir ins Flugzeug geschubst. Ohne Sachen aus dem Duty-free-Shop. Dafür bekamen wir pro Person eine kostenlose Packung Nussmix. Sie war ungefähr so groß wie eine Streichholzschachtel. Ich schenkte sie Holly. Pumas fressen nur in Ausnahmefällen Dinge, die auf Bäumen wachsen.

Als wir am Colegio La Chamba ankamen, waren wir völlig übermüdet, rochen nach ungewaschenem Mensch und hatten unsere Klamotten durchgeschwitzt in der warmen, feuchten Luft. Aber es lohnte sich – wie bei unserem ersten Besuch staunten wir über das dichte dunkelgrüne Gewirr der Dschungelpflanzen und die Palmen. Es war gerade Regenzeit hier und der Geruch nach feuchten Blättern, Schlamm und blühenden Sträuchern stieg uns in die Nase.

»Boah, das hab ich vermisst«, sagte Brandon und sah aus, als würde ihm das saftige Grün Appetit machen.

»Mutige Entscheidung, dass ihr hier seid«, meinte SeñorCortante, dessen grimmiges, zerfurchtes Gesicht nicht nur kleinen Kindern Angst machen konnte. Er überreichte uns allen eine frisch geöffnete, mit einer Blüte dekorierte Kokosnuss inklusive Strohhalm zum Saft-Austrinken. »Ich hätte euch nicht gefragt, wenn es nicht so wichtig wäre.«

Bevor uns eine andere Antwort als »Danke« einfiel, wurden wir begeistert begrüßt von den Ticos, die in den Ferien hiergeblieben waren. Estella fiel Holly um den Hals und trompetete »WIE TOLL, DASS IHR DA SEID!« – sie war Brüllaffe in zweiter Gestalt. Auf ihrer Schulter schlug Tovi, die kleine grüne Sittich-Wandlerin, aufgeregt mit den Flügeln. Nicht so laut, willst du ihnen die Ohren sprengen?

Du meinst, ein geflüstertes Willkommen ist ihnen lieber?, gab Estella zurück. Das kannst du gerne übernehmen, du buntes Geflügel!

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein gelb-schwarzer Blitz heranraste. Einen Wimpernschlag später lag Brandon platt auf dem Boden, das Gesicht in den blätterbedeckten Dschungelboden gedrückt. Neben ihm lief seine Kokosnuss aus und machte ein paar Dutzend Ameisen glücklich.

»King! Du weißt doch schon lange, dass Anspringen nicht okay ist!«, schimpfte die Menschenkunde-Lehrerin Maria La Chamba und hievte meinen besten Freund wieder auf die Füße.

Der junge Jaguar ließ den Kopf hängen. Darf ich sie wenigstens abschlecken?

»Na klar«, sagte ich, ließ meinen Rucksack auf den Boden fallen, ging in die Hocke und umarmte ihn. Zufrieden schleckte mir der Jaguar über die Schulter. Wir mochten King alle und nahmen ihm nicht übel, dass er sich in der Menschenwelt manchmal ein bisschen ungewöhnlich benahm. Schließlich war er mit seiner Mutter, die das mit dem Verwandeln nie hinbekommen hatte, im Zoo aufgewachsen.

Domino, das hübsche Ozelotmädchen, tanzte mit einem Bienvenidos-Schild förmlich heran; das Lächeln passte kaum auf ihr Gesicht. »Wir sind so froh, dass ihr hier seid und uns helft. Musstet ihr euch sehr überwinden?« Sie sprach wie die meisten Ticos zum Glück recht gut Englisch.

Brandon straffte die Schultern. »He, wir sind bald Drittjahresschüler, wir können auf uns aufpassen.«

Mein Blick glitt zu seiner schlammverschmierten Vorderseite und ich musste ein kleines bisschen grinsen. Aber wirklich nur ein bisschen, denn immerhin hatte ich nicht schnell genug reagiert, um King zu stoppen. Wäre es ein echter Angriff gewesen … tja.

Verblüfft sah ich, wie aus meiner Reisetasche eine kleine schwarze Spinne kroch. Moment mal, das war doch … Juanita! War sie die ganze Zeit dadrin gewesen? Anscheinend war ihr der Mathe-Sommerkurs »den Buckel runtergerutscht«, wie die Menschen sagen. Jedenfalls hastete sie jetzt auf Ignacio zu. Ich hab dich so vermisst! Endlich, endlich, endlich sind wir wieder zusammen!

Ignacio stieß einen Ruf purer Freude aus. »Du bist hier? Du bist wieder bei mir! Schönstes Mädchen von Welt!« Er verwandelte sich, kroch als Vogelspinne aus seinen Klamotten und lief auf Juanita zu. Gleich darauf waren sie ein unentwirrbares Knäuel aus Beinen, aus dem verliebte Laute drangen.

»Die kriegen wir hier nicht mehr so leicht weg«, sagte Holly und schaute gerührt drein.

»Müssen wir auch gar nicht«, sagte ich.

Panik

Beim feierlichen Willkommensessen begannen wir gleich mal mit dem ersten Teil unserer Nachforschungen – den Zeugenbefragungen.

»Du hast bei diesem Angriff ein Bein verloren?«, fragte Brandon den großen Zweitjahresschüler mit dem schwarzen, zurückgegelten Haar … und blickte so wie Holly und ich unwillkürlich nach unten. Aber was aus IgnaciosShorts herausragte, sah ganz normal aus. Nur ein paar Verbände zierten seinen muskulösen Körper.

»Ja, is’ übel, Mann! Jetzt hab ich in zweiter Gestalt nur noch sieben übrig«, beschwerte sich Ignacio, der gerade mal keine Vogelspinne war, sondern als Mensch mit Juanita (die jetzt ein gelbes Kleid trug) Händchen hielt und immer wieder verliebt zu ihr rüberguckte. Sie schaute verträumt zurück und reichte ihm etwas, das verdächtig nach einer kandierten Fliege aussah.

»Wächst das Bein nach?«, erkundigte ich mich, versuchte, das mit der Fliege zu vergessen, und widmete mich stattdessen meinem Braten mit Reis und gerösteten Kochbananen.

»Ja, bei der nächsten Häutung, wenn ich hab ganz viel Glück. Dauert leider noch.«

»Wie viele Beine musst du denn als Spinne verlieren, bis dir auch als Mensch eins fehlt?«, erkundigte sich Holly, was ich ein bisschen herzlos fand.

»Weiß keiner – ich probierʼs nicht aus!«, sagte Ignacio.

»So schade, es war wirklich dein schönstes Bein.« Juanita drückte seine Hand.

»Deine sind noch viel schöner. Alle acht.« Verliebt blickten sich die beiden in die Augen.

Brandon schob seinen Salatteller beiseite. »Ignacio, könntest du dich noch ganz kurz konzentrieren? Hast du gesehen, wer dich angegriffen hat? Wahrscheinlich nicht, oder? Er hat ja in der Nähe dieses Restaurants von hinten mit dem Zweig nach dir geschlagen …«

»Vielleicht hat er gedacht, du bist eine gewöhnliche Spinne«, gab Holly zu bedenken. »Menschen machen so was. Einfach mal draufhauen, wenn ein kleines Tier sie stört.«

»Gewöhnliche Spinnen tippen nicht mit den Vorderbeinen auf Handys rum«, sagte Ignacio. »Und das habe ich gemacht vor dem Angriff.«

Er begann, hitzige Dinge auf Spanisch von sich zu geben; Brandon lauschte und nickte ab und zu beeindruckt. »Er sagt gerade, was er von Leuten hält, die Spinnen erschlagen, statt sie vorsichtig rauszutragen. Soll ichʼs euch übersetzen?«

»Danke, ich kann eigentlich schon genug Beleidigungen«, sagte Holly. »Kennt ihr die, bei der es um …?«

Alles Weitere, was sie sagte, ging unter, weil die Schüler des Colegio La Chamba ein Willkommenslied anstimmten. Maria La Chamba (die Tochter des verstorbenen Schulgründers) spielte Gitarre dazu und umarmte dann noch mal jeden von uns Gästen einzeln. Nasenbären sind wirklich zutrauliche Geschöpfe.

Wie sich herausstellte, war das silberhaarige Libellenmädchen, das ebenfalls angegriffen worden war, noch auf der Krankenstation. Sie hatte sich einen Arm gebrochen und musste ihre Prellungen auskurieren. »Jemand hat Pfefferspray in mein Gesicht gesprüht und mich dann geschubst vor ein Fahrrad!«, berichtete sie empört in ihrem etwas holprigen Englisch.

Brandon räusperte sich. »Vielleicht war es ein Raubüberfall? Dein Angreifer muss ja nicht unbedingt gewusst haben, dass du eine Woodwalkerin bist.«

»Mein Geld war anschließend noch da«, berichtete das Mädchen. »Außerdem hatte er ein Schmetterlingsnetz dabei! Wenn ich mich schnell verwandelt hätte, hätte er gehabt mich auch!«

Holly, Brandon und ich tauschten einen Blick. Es stimmte, was SeñorCortante gesagt hatte – das Ziel waren eindeutig junge Wandler.

Ebenjener SeñorCortante war bei unserer Befragung dabei, vielleicht hoffte er auf neue Erkenntnisse. »Auch sie konnte leider nicht sehen, wer es war, weil derjenige sich maskiert hatte«, sagte er zu uns und wandte sich wieder an das Opfer. »Hast du mal drüber nachgedacht, ob es eher ein Junge, ein Mädchen, ein Mann oder eine Frau gewesen sein könnte?«

Die Libelle zuckte die Achseln und stöhnte auf wegen der unbedachten Bewegung. »Dünn, schnell, mittelgroß. Ob kleiner Mann oder großes Mädchen, ich kann es nicht sagen. Hat was gemurmelt beim Angriff, einen komischen Satz: ›Damit kommt ihr nicht klar, was?‹«

Keiner von uns hatte irgendeine Ahnung, was damit gemeint sein konnte und wer dieses »ihr« überhaupt sein könnte. Es klang, als wäre mal jemand gekränkt worden. Aber wie und warum und von wem?

Wir wünschten dem Libellenmädchen gute Besserung und gingen gemeinsam mit dem Schulleiter zu den Gästehütten, in denen wir während unseres Besuchs wohnen würden.

»Haben Sie schon einen Vorschlag, wie wir vorgehen sollen?«, wagte ich, SeñorCortante zu fragen.

»Ein oder zwei Ideen habe ich, ja. Hab auch schon meine ehemaligen Kollegen von der Policía alarmiert, vielleicht kommt von denen noch was. Besprechen wir alles morgen.« Er stieß eine Art Brummen aus. »Jetzt muss ich erst mal heim. Der Rücken, ihr wisst schon. Scheiß-Schwerkraft. Bin ja ein Wassertier. Bis morgen. Hab euch zur Sicherheit die Hütte gegeben, die direkt neben dem Hauptgebäude und meinem Teich ist. Die Leute denken ja zweimal nach, bevor sie sich mit mir anlegen.«

Unsere Augen wurden groß, als die knorrige Gestalt zusammenschrumpfte. Unaufhaltsam wie ein kleiner Panzer kroch Cortante-die-Schnappschildkröte in Richtung seines persönlichen Schwimmteichs und walzte dabei ziemlich viele Pflanzen platt. Ach übrigens, vorhin kam die Zusage von euren Seawalker-Freunden. Zwei Leute kommen aus der Blue Reef High, um zu helfen – dieser Tigerhaikerl und das Delfinmädchen. Sie können aber erst in vier Tagen da sein.

Brandon, Holly und ich jubelten. Ich war froh, dass wir bald wässrige Verstärkung für unser Team hatten. Schließlich gab es hier in der Nähe einen Fluss und Costa Rica hatte auch jede Menge Küste.

In der Nacht war es ganz schön laut im Regenwald. Brandon und ich lagen auf den Betten in der mit Palmwedeln gedeckten Hütte und lauschten auf das Summen der Riesenzikaden und die glockenhellen Laute, von denen wir von unserem letzten Besuch wussten, dass sie von Fröschchen stammten.

Wir waren beide ein bisschen nervös – würde der unbekannte Angreifer wagen, in die Schule vorzudringen, um Leute anzugreifen? Ich klopfte an die Zwischentür, die unser Zimmer von Hollys trennte. »Hast du deine Tür nach draußen auch schon abgeschlossen?«, rief ich unserer Freundin im Zimmer nebenan durch die Wand hindurch zu. »Sicher ist sicher.«

Da hast du dir ja einen blöden Menschenspruch angewöhnt – was soll »sicher« anderes sein als »sicher«?, kam es zurück. Ich schlafe als Hörnchen in den Deckenbalken, da oben kriegt mich keiner!

Na, dann gute Nacht, möge der Mond für dich leuchten. Beruhigt zog ich meine Decke bis zum Kinn und schloss die Augen. Aber nicht lange. Gefühlt wenige Momente später, riss ich sie schon wieder auf. Was war das für ein Geräusch gewesen?

Auch Brandon schlief nicht mehr. »Das klingt irgendwie … nicht gesund«, flüsterte er beklommen, denn was da vor unserer Tür erklang, war ein gruseliges Röcheln. Tief und kehlig.

»Klingt wie … wie ein sterbender Elefant oder so was«, wisperte ich zurück und lauschte mit allen Sinnen in die warme, stickige Dunkelheit hinein.

Brandon klang schon wieder etwas selbstsicherer. »Elefanten gibtʼs hier keine. Was auch immer da draußen ist, es …«

Dann polterte mit dumpfem Knall etwas Schweres auf unser Hüttendach. Brandon keuchte auf, riss den Kopf hoch und kroch dann auf allen vieren zur Tür. Shit, brach da gleich etwas zu uns durch? Wie der Blitz war ich aus dem Bett, noch nicht ganz wach, aber schon in Panik. Einen Moment lang fummelten wir beide kopflos mit dem Schlüssel herum, dann riss Brandon die Tür auf, die nach draußen führte.

Puma, ich muss ein Puma werden, damit ich besser kämpfen kann! Noch während ich nach draußen raste, versuchte ich, mich zu verwandeln. Doch ich bekam nur ein paar Tasthaare im Gesicht. Verdammt, ich brauchte Pranken und Fangzähne! Während ich mich konzentrierte, prallte ich voll gegen etwas Hartes, das nach feuchter Rinde roch. Was machte der blöde Baum hier?

Ganz in der Nähe ertönte das Geräusch von spritzendem Wasser und Fluchen. Hektisch schaute ich mich um, sah aber nur dunkle Blätter und Lianen. »Brandon, wirst du angegriffen?!«

Kleine Pause, dann kam zurück: »Nein, äh. Ich bin gerade ins Wasser gefallen.« Ich hörte jemanden losprusten, dann ging eine Taschenlampe an und ich sah Estella und King, die sich vor Lachen kringelten. »Oh, das war toll – diese Verwandlung hast du wirklich verkatzt«, schnaufte der blonde Junge, der anscheinend eben auf unsere Hütte gesprungen war. »Hast du den Baum nicht gesehen? Du bist voll dagegengerannt!«

Estella führte noch mal vor, wie fies sie röcheln konnte, dann empfahl sie meinem besten Freund: »Komm besser da raus. Das ist der Badeteich von SeñorCortante, er wird echt wütend, wenn jemand dadrin schwimmt.«

»Das war ein ganz toller Streich«, ächzte Brandon und stapfte triefend zurück zu unserer Hütte, um sich etwas anderes anzuziehen. »Wenn ich vor Angst gestorben wäre, hättet ihr mich auf dem Gewissen gehabt!«

Ich dagegen hielt den Mund. Wie furchtbar peinlich! Was hielten die Ticos jetzt von uns? Fragten sie sich gerade, warum genau sie ausgerechnet uns gebeten hatten, ihnen zu helfen?

Ruhe da und zurück ins Bett, kommandierte eine knurrige Stimme aus dem Teich und wir machten, dass wir wieder nach drinnen kamen.

Was war eigentlich mit Holly? Von der war während des ganzen Aufruhrs nichts zu hören und zu sehen gewesen. Als die Ticos und wir vorsichtig die Zwischentür öffneten, sahen wir ein Rothörnchen seelenruhig auf dem Dachbalken schlummern. Es hatte den buschigen Schwanz um seine Ohren gewickelt, um seine Ruhe zu haben vor dem Nachtlärm des Regenwaldes. Da mussten auch Brandon und ich lachen.

Beim Frühstück erzählten sich die La-Chamba-Leute begeistert von ihrem Streich, während Brandon und ich verlegen dreinschauten. Doch was mir wirklich Sorgen machte, war, was das Ozelotmädchen Domino erzählte.

Gefahr auf der Brücke

Fröhlich weihte uns Domino in das ein, was sie und ihre Freunde vorhatten – die hatten ja auch gerade Ferien. »Wir haben schon ganz lange einen Ausflug zu dem Ort Jaco an der Küste geplant, den lassen wir uns nicht vermiesen. Kommt ihr mit? Wir fahren nachher mit dem Bus los – Estella, King und ich.«

»Was gibtʼs da zu sehen?«, fragte Holly bestens gelaunt (kein Wunder, sie hatte ja auch gut geschlafen).

»Da kann man surfen und auf dem Weg dahin liegen auch ein paar tolle Sachen, die man anschauen kann«, berichtete Estella, erstaunlicherweise in erträglicher Lautstärke. Sie hatte einen breiten Mund, der sich jetzt zu einem extrabreiten Vorfreude-Lächeln verzog.

Ich hasste es, der Spielverderber zu sein. »Vielleicht ist es besser, im Moment nicht zu viel zu unternehmen und in der Schule zu bleiben … dort seid ihr bestimmt sicherer. Und wäre es nicht besser, erst zur Küste zu fahren, wenn unsere Seawalker-Helfer da sind?«

Ernsthaft blickte King – gerade ein blonder Junge mit brauner Haut – mich an. »Das ist echt lieb, dass du dir Sorgen machst. Aber ich habe lange genug im Käfig gelebt. Ich will keinen neuen, auch keinen mit unsichtbaren Gitterstäben.«

Das überzeugte mich sofort und noch beruhigter war ich, als Maria La Chamba sagte: »Ich und ein paar andere Schüler werden darauf achten, dass euch niemand folgt, wenn ihr von der Schule aus aufbrecht. Wenn ihr erst mal unterwegs seid, kann hoffentlich niemand mehr wissen oder erraten, dass ihr Wandler seid.«

»Außer, er ist selbst ein Woodwalker und kann spüren, was wir sind«, gab Holly zu bedenken.

»Der Angreifer ist keiner von uns«, mischte Ignacio sich ein. »Hätt ich gemerkt, Baby. Bin gut in so was!«

»Ihr bekommt zwei erwachsene Bodyguards. Dann könnt ihr fahren«, gab der Schulleiter von sich, der, tief über seinen Teller gebeugt, am Lehrertisch Rührei in sich hineinschaufelte.

»Ach, Señor! Nee, bitte nicht! Dios mio, das klingt blöd«, scholl es ihm von den Ticos entgegen. Estella setzte ihren besten Bettelblick auf. »SeñorCortante, wir haben einen Jaguar und einen Puma dabei und ein sehr großes Rind … was bitte soll uns dann noch passieren?«

Großes Rind? Brandon blickte ein bisschen belämmert drein.

Señorita La Chamba hatte zugehört. »Also dieser Ausflug wird eindeutig Kings Menschenkunde-Kenntnisse erweitern«, behauptete sie. »Estella war noch nie am Meer und wird Fortschritte in Verhalten in besonderen Fällen machen. Domino könnte …«

»Papperlapapp!«, brummte SeñorCortante und knallte seine Gabel auf den Tisch. »Das ist albern, die Kinder haben Ferien. Na gut, fahrt. Aber wenn ihr merkt, dass ihr verfolgt werdet, sucht ihr Schutz und ruft uns an, klar?«

»Klar«, sagte King mit einem dankbaren Lächeln. Doch nicht er war es, den SeñorCortante anblickte, sondern Holly, Brandon und mich. Seid wachsam!, bat er uns wortlos, nur mit einem Blick. Waldig, dass er uns noch immer vertraute, obwohl Brandon und ich uns letzte Nacht so blamiert hatten!

Gleich nach dem Frühstück zogen wir los. Ignacio und Juanita kamen nicht mit, die wollten sich lieber etwas aus ihren Lieblingsbüchern vorlesen und zusammen auf ihren Musikinstrumenten spielen (Ignacio hatte seiner Freundin eine winzige Harfe geschenkt).

Ein Nasenbär schnoberte durch das Gebüsch und ein Geier kreiste über uns, während wir zur Bushaltestelle gingen. Niemand auf euren Fersen … viel Spaß!, schickte uns das Geiermädchen nach.

Ein silbern-gelb-grün bemaltes Blechungetüm hielt vor uns und wir suchten uns Plätze zwischen Rucksacktouristen und Einheimischen. Ich spähte neugierig durch die staubigen Scheiben, während wir durch Ortschaften fuhren mit ein paar Häuschen, zwischen denen Bananenstauden wuchsen, und über Straßen, an denen Hunde dösten und Hühner herumpickten.

Domino gähnte und murmelte: »Ich bin eigentlich nachtaktiv, habt ihr das schon gewusst?« Kurz darauf sackte ihr Kopf auf die Schulter von King, der neben ihr saß.

King zuckte zusammen, was seine Sitznachbarin aufweckte. Verlegen setzte sich Domino wieder gerade hin. »Oh sorry, äh, das wollte ich nicht …«

»Entschuldige, ich hab mich … äh … alles gut, okay?«, stammelte King.

Steif wie Holzpfosten saßen die beiden nebeneinander. Aber nicht lange, dann überwältigte Domino wieder die Müdigkeit. Ganz langsam sank ihr Kopf auf Kings Schulter und diesmal rührte er sich nicht. Er bewegte sich die ganze Zeit über keine Grashalmbreite und sah irgendwie glücklich aus.

Vielleicht wurde das was zwischen den beiden – ich gönnte es ihnen!

Ich hätte auch gerne ein bisschen gedöst, wagte es aber nicht. Stattdessen musterte ich jede Person, die unterwegs einstieg. War dieser Mann da ein Attentäter? Diese Frau war mittelgroß und schlank, das passte … konnte sie zu den Angreifenden gehören? Ach was, ich sah schon Feinde überall, das waren sicher ganz harmlose Leute.

An einem kleinen Restaurant vor einer Brücke kam der Bus schnaufend zum Stehen. »Tarcoles-Fluss – halbe Stunde Pause!«, rief der Fahrer und im Wagen entstand Unruhe.