Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
39 Bände in zwölf Jahren, 16 Autoren und 9 Autorinnen, mehrere Literaturpreise - die "edition spoken script" bewährt sich als Schaufenster des Spoken Word in der Schweiz (und darüber hinaus). Im vierzigsten Band möchten wir zeigen, dass die Szene noch viel breiter ist und zahlreiche Texte hervorgebracht hat, die in unserer Kollektion noch keinen Platz gefunden haben. Aufholbedarf besteht vor allem seitens der Autorinnen, die immer zahlreicher und mit Erfolg auftreten. Aber auch Autor*innen, die gemeinsam mit Musiker*innen auftreten und solchen, die aus den anderen Sprachregionen der Schweiz stammen, gilt unsere Aufmerksamkeit. Über 40 Autor*innen sind vertreten - mit Sprechtexten und -gedichten, Kurzgeschichten, Theatermonologen, "Songtexten" und einigen Slam-Texten (diese alleine würden einen eigenen Band füllen) in Mundart, Hochdeutsch, Französisch und Italienisch. Sie alle zeigen, dass die Ausweitung des publizierten Spoken Words mit diesem 40. Band nicht abgeschlossen ist.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 140
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Wortknall Spoken Word in der Schweiz
edition spoken script 40
1. Auflage, 2021
© Der gesunde Menschenversand, Luzern
© Texte bei den Autor:innen
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 978-3-03853-115-9
Herausgeber:innen: Matthias Burki, Ursina Greuel, Tamaris Mayer, Daniel Rothenbühler
E-Book: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Herzlichen Dank für die Unterstützung an: Genossenschaft Buch 2000, FUKA-Fonds Stadt Luzern, Regionalkonferenz Kultur Region Luzern, Oertli-Stiftung
Der gesunde Menschenversand wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021 – 2024 unterstützt.
www.menschenversand.ch
Amina Abdulkadir
Andri Beyeler
Laurence Boissier
Katja Brunner
Renata Burckhardt
Martina Clavadetscher
Cruise Ship Misery (Sarah Elena Müller, Milena Krstic)
Daniela Dill
Michael Fehr
Heike Fiedler
Martin Frank
Anna Frey
Meloe Gennai
Nora Gomringer
Ariane von Graffenried
Stefanie Grob
Pablo Haller
Jürg Halter
Rolf Hermann
Franz Hohler
Antoine Jaccoud
Jurczok 1001
Matto Kämpf
Judith Keller
Guy Krneta
Sandra Künzi
Pedro Lenz
Patric Marino (Die Astronauten)
Gerhard Meister
Marko Miladinovic
Melinda Nadj Abonji
Narcisse
Jens Nielsen
Dominic Oppliger
Achim Parterre
Dragica Rajčić Holzner
Noëlle Revaz / Michael Stauffer
Béla Rothenbühler
Anja Nora Schulthess
Christoph Simon
Marina Skalova
Beat Sterchi
Christian Uetz
Biografien
Nachwort
Ich hab ihn gesehn, nur kurz.
Hab ihn betrachtet, nur scheu.
Hab ihn gestreift, nur beiläufig, womöglich zufällig.
Hab ihn dann berührt, nur sanft, eigentlich kaum.
Hab ihn gedrückt, nur leicht, fast unmerklich.
Dann hab ich ihn gesehn, nur kurz.
Hab ihn betrachtet, nur scheu.
Hab ihn gestreift, nur beiläufig, womöglich zufällig.
Hab ihn dann berührt, nur sanft, eigentlich kaum.
Hab ihn gedrückt, nur leicht, fast unmerklich.
Ihn, diesen zweiten Punkt auf deinem Nacken, der eigentlich kein Punkt ist, der eigentlich eine Kugel ist. Eine Kugel ist ein Punkt, der ein bisschen mehr sein wollte, der ein bisschen mehr sein konnte.
Ich bin auch eine Kugel, bin eine Kugel mit dir. Mit unsichtbaren Linien schreib ich meinen Namen zwischen deine Punkte, zwischen deine Kugeln. Zum ersten Mal, zum zweiten Mal, zum x-ten Malen nach Zahlen forme ich unsichtbare Linien, forme unsichtbare Flächen, forme unsichtbare Formen. Und will noch immer mehr, will noch immer mehr sein. Will nicht unsichtbar bleiben, will endlich sichtbar werden.
Ich lasse also ab vom unsichtbaren Schreiben.
Lasse ab von Fingerkuppen, nehme Nägel zu Hilfe.
Schleife, schabe, ritze, kratze, bis ich mich auf dir erkenne, bis ich mich in dir erkenne.
In Blut und Haut. In Wölbung und Kuhle. Ich pflüge um.
Schichte Schichten, die so nicht geschichtet gehören.
Mache neu. Mache meins, aus dir.
Und dann hab ich es gesehn, nur kurz.
Hab es betrachtet, nur scheu.
Hab es gestreift, nur beiläufig, womöglich zufällig.
Hab es dann berührt, nur sanft, eigentlich kaum.
Hab es gedrückt, nur leicht, fast unmerklich.
Es, dieses Neue, das du ohne mich nicht bist, vielleicht nicht sein kannst, vielleicht nicht sein willst.
Und dann hab ich sie gesehn, nur kurz.
Hab sie betrachtet, nur scheu.
Hab sie gestreift, nur beiläufig, womöglich zufällig.
Hab sie dann berührt, nur sanft, eigentlich kaum.
Hab sie gedrückt, nur leicht, fast unmerklich.
Und sie hat erwidert. Mit Gegendruck. Mit Pathos.
Ja, da bin ich. Die eine grosse Wahre. Und du kannst schleifen, schaben, ritzen, kratzen und pflügen, so viel du willst.
Das Blut trocknet ein.
Die Haut wächst zu.
Die Wölbung neigt sich.
Die Kuhle steigt auf.
Und er entscheidet, ob du sichtbar bleibst.
Und etz hockt er doh,
uf de Kante vo däm Bett
wo nid sis isch,
grad vorig hät er d Türe
vo däm im främde Zimmer
hinder sich zuezoge.
Er schilet übere is Bad,
zu de Tuschi,
aber überleit sichs
denn gliich andersch,
no vill z ufgchratzt
vo däm Obed,
vo däm letschte
vo all däne Öbig
vo de letschte Ziit,
wo gliich nid
de letscht bliibt,
so wes gloffe isch,
ämel händ s
mit irere Hampfle
vo truurige Schtück
Land uf Land ab
jewiils mee als eifach nu
e Hampfle Oore beglückt.
Und da sind d Gründ,
und da isch d Schtadt,
und er weiss
nid mol mee,
we die Hütte doh heisst;
chönt er nohluege
natürli
ufem Blöckli
zum Bischpil,
ufem Chugi
ufem Tischli
näbedem Färnsee,
villicht wärs sogar
id Bettwösch gschtickt,
aber für wa au,
das kä Chelsea isch,
weiss er au so,
und nid nu,
und ganz abgsee devo,
wär da –
Usnaam hii –
wär brüüchti,
wär da wär –
Usnaam här –
grad nid,
wills grad ee niemer git,
won er sich dra,
mit ire
i däm Zimmer
gsi z sii,
erinnere chönt
hinnedri
chan er sich,
und macht er schätzigswiis,
grad mol dra erinnere,
wen er sich
a wär au immer
erinneret hät
uf däm ee gmachte Bett
i däm Ängel,
Hirsche
oder Chrüüz,
wes heisse würd,
wartet kä Limusine
ide Schtross dervor,
wäärend im öpper
er wüüsst wa git.
Immerhin kä Chetti,
nüt Best West
Park Imperial,
es söll en eerlichs Lied gee
oder eis,
wo all Fiise dinn schtärbed,
mitere Refrainziile,
wo me sich au,
näbscht däm da si
als Plattetitel taugt,
uf de Underarm
cha loh tätowiere.
Aucune idée comment c’est possible. Comme d’habitude, on a nettoyé tout le bloc. Le bras chirurgien. Le bras anesthésiste. Les moniteurs. Le mobilier mobile. Le sol. Les lampes, les murs, les grilles d’aération. Partout. Mais l’oeil, non, on l’a pas vu.
Il avait roulé dans un coin. Il est resté là toute la nuit. Ouvert. Dans le coin, là où il avait roulé. Nous, on traquait le germe, alors évidemment l’oeil, on l’a pas vu.
Nous, on est des professionnels du germe. Ammoniaque, formaldéhyde, peroxyde d’hydrogène. On attaque sa membrane cellulaire. Il se vide de son contenu. On le rend inerte. Incapable de nuire. Après on désinfecte tout notre attirail. C’est le boulot. Sauf que l’oeil, he ben, on l’a quand même pas vu.
Ils l’ont repéré ce matin. En préparant la première opération. Ils nous ont bippés, alors on est revenus. On a ramassé l’oeil. On l’a amené aux déchets spéciaux. Ensuite il a fallu remplir un formulaire de non-conformité, tout renettoyer. Le bras chirurgien. Le bras anesthésiste. Et cetera. On comprend pas.
Notre protocole est rediscuté chaque trimestre. Notre processus d’amélioration continue a été couronné par une certification ISO. Notre équipe est soudée. On organise une fête à Noël. Une virée au lac de Joux en août. Une fête de printemps pour tout le personnel d’hygiène. C’est évident, on a traqué le germe puisqu’on cherchait le germe. Mais l’oeil, l’oeil qui était là, devant nous et qui nous regardait faire, on l’a pas vu. Vers dix heures, il s’est avéré que c’était pas le bon. Enfin, justement, que c’était le bon. Le bon oeil. Celui que nous on a trouvé. Sur le sol du bloc opératoire. Crise! Dans tout l’hôpital, ils ont dégainé les formulaires. Ils ont réuni tout ce qui pense. Les représentants du corps médical, le biohygièniste, le responsable désinfection et qualité de l’air, les avocats, même des malades qui sortaient de leur tiroir.
Et alors? Qui c’est qu’ils ont envoyé chercher l’oeil, le bon? Nous, évidemment. Vu qu’on était sur place, après une nuit de boulot. On est redescendus aux déchets spéciaux. On a touillé les bouts, les tronçons, les morceaux, les giclures, les … C’est le boulot. On a touillé, vidé, touillé, vidé. Et derrière, ils étaient tous là, ils nous criaient de faire vite. La famille, les avocats, les chefs, tout le monde. Tout le monde était là et nous criait de faire vite. Et nous on touillait, on touillait. On touillait comme des fous. Et tout le temps avec l’équipe on se demandait s’il n’était pas un peu tard pour aller chercher l’oeil. Un petit peu tard. C’est pas à nous de dire, sûrement, mais bon, on se demandait si c’était pas un tout petit peu trop tard. Tu vois ce que je veux dire?
Da nehme ich dich mit hin: Walgesang – Schluchzen – Schmerzensschreie – Krächzen – Trombone, Trombose, Hupen von Autos, der Klang von hell zitterndem Kerzenlicht, wie der Erdboden für Käfer klingt, Türangeln; berstendes Glas, berstendes Glas, berstendes Glas
Habe ich doch gewusst, habe ich doch schon längst gewusst
Hab’ ich dir doch gesagt
Hab’ ich dir doch längst schon gesagt
Mais pourquoi je n’ai rien dit
Dov’è la canna
Das ist nicht unweit von hier
Nahe der abfallenden Temperatur
Dort hinten links
im Dunkeln tappen
im Dunkeln wird gekrochen
im Dunkeln ungebrochen
ein Splitter im Handballen
eine Fontanelle ganz weich
Wir schützen sie
Wo war ich, wo war ich was, was war ich gewesen, bevor ich war, wer da kommt
Ich war einst
Kalter Fels – hinter mir Meeresfluten
Gischt, die willenlos brandet
War einst Brandy, schmeichelnd hinunter
Verdauungstrakte infiltrierend mit Nachrichten vom Schlaf
Ich stehe auf Wiesen, Matten, Hängen
Ich stehe auf Ebenen
Ich schaue auf liebliche Hügel
Satt, satt, satt, sie fallen satt hinunter
AKUTE BAUMLOSIGKEIT
Ich sehe berittene Boten, Schlammspritzer
Ich sehe eine Hand, nein, eine Faust, ein abgeschlagener Nagel darin, als ich sie öffne
DEIN LETZTER GRUSS
WOHIN WOLLTEST DU IHN MITNEHMEN
Das Posthorn klingt
Hornhaut, ausnehmend stabil, nimmt aus, was sie bekommen kann, ausgenommene Fischleiber auf Märkten, der Mann: Beine wie Baumstämme
Ich liege in Wassern, 71
72, 73
Ich atme –
8, 9, 10 Arten zu atmen
Ich stehe auf Mooren, Schilfborsten, artiges Geäst
Spiegeln im Schlamm, eine Nasenspitze, fast eher ein Pfeil
Ich schaue in Schluchten
Häuserschluchten, Sediment Grünes / Sediment Grünes / Sediment Grünes
Rattern von Maschinen, aufsteigende Wärme
Ein Raum voller Stenotypistinnen
Blickdichte Strümpfe
Schuh, rotes Leder, das einzige rote Leder in einem Raum
Beige, grau, braun
Ein Schuh – glänzt von Wichse
Sie lächelt ein aufgeworfenes Lächeln
ohne ihre Zähne will ich nicht sein
Aufgehende Sonne beisst in die Augen
Achtlos weggeworfene Tampons
Einzelner Turnschuh, Air Max, abgetreten
Abgetretene Ministerpräsidenten, Fisimatenten, das Rufen des Stiers im Frühling
Das verlassene Liegen im Schilf
Schwielen an den Händen, eine Schwiele wie ein Überbein
Dieses Wetter wird mich nicht verschlingen
Dieser Schnee wird mich nicht besitzen
Fuss verkeilt
Lichtreste an den Händen,
Sonnenflecken
Ich blicke auf die Stahlträger, die Kuppen, das Kratzen des
Polyesters auf der Haut
Knackendes Unterholz, Holz vor der Hütte, Brände, Brandanschlag, angeschlagene Mittfünfziger, zerzauste Hunde ohne Heim, Heimkinder, die Finger dürres Geäst, das Tragen des Sargs in den Aushub, das Schwitzen beim Ausheben, das Schlagen der Schaufel in den Grund auf den Grund – aufgeschlagen – das Austreten von Blut, das Einschlagen der Schaufel, das Nachgeben der Erde, das Schweigen der Erde, das Austreten von Blut aus kleinen Schnitten, Küchenmesser in Aktion 2.99
Das ALLES war ich auch
Ich hocke in den Zügen, ich bin das Rascheln der Zeitung, zitterpapierner Ersatz wofür? Ich hocke in den Zügen, zeige meine Billette, ich hocke in den Häusern, wische über Tische, Fichte, eine Fichte muss es sein
Ich hocke in den Kutschen, das Tränken der Pferde in der Dämmerung
Das Pfeifen des Schweifs beim Aufschlagen
Das Knallen der Peitsche beim Antreiben
Das Einschlafen in der Kälte
Das Halten der Hand an die Flanke des Pferds
Das aufgehende Licht beim äusseren Frost, der kein innerer wird, innen wird es warm, von den Eingeweiden her bis in die Zehen, die Spitzen der Zehen
Spitze Hüte weiss, spitze Hüte schwarz,
kein Wechselspiel von Energien, das Rauschen des Bluts,
das Aufstellen der Brustwarzen, das Abklingen
der Warzen an den Füssen,
das einstweilige Erstellen von Listen als Hobby
Das Ausleeren der Schlachtabfälle in den Kanister
Das Anheben des Kanisters auf die Tragefläche
Das Reinigen der Tragefläche
Das Drehen des Tierkörpers in der Wärme
Ich hocke in den Autos, das austretende Gas wird mir nichts antun
Ich schlafe unter Blättern, in Wäldern, Blätterwäldern
Ich sammle Beeren, ich kaue Blätter, Verheissungen, schlage mit Steinen gegen Hauswände, den Putz kann ich essen, der Putz ist kalkig, Kalk federt ab, wie Füsse, Füsse federn über Moos, bräunliches Moos – unter ihm sind viele vergraben
Ich entnehme den Käfern das Fleisch, sie vertrauen es mir an
Ausgewaschene Farben
T-Shirts mit Prints
Tätowierungen von Moosflechten
Die Flechte, das Gerippe, der Zaun drumherum
Das Festhalten der Kleidung am Stacheldraht
Zwischenzustand, Rudern, die Kälte von lackiertem Holz, das Nehmen der Hand, das Stecken der Hand in die Säcke und Taschen
Das Erfühlen der wenigen Gegenstände, die zu dir gehören
Ich war einst ein Sammler, an meinem Gürtel trug ich Muscheln
Ich war einst eine Koryphäe, in den Händen hielt ich Reiskörner
Verengte Pupillen geweitete Pupillen
So weit, man kann sie fast mit den Fingerkuppen umschliessen
Ich kann mich unsichtbar machen.
Ich brauche das.
Mich unsichtbar machen.
Da ist keine Kappe im Spiel.
Es sind meine Augen.
Mein Blick hindert die Leute daran, mich länger anzuschauen.
Nicht nur der Blick. Mein ganzes Ich.
Meine Körperhaltung.
Meine Aura.
Ich habe mir das antrainiert.
Ich will es so.
So werde ich in Frieden gelassen. Oft, leider nicht immer.
Unterbreche plötzlich meinen Schritt.
Mit Absicht.
Die Leute, die hinter mir gehen, sollen mich überholen.
Ich mags nicht, wenn man hinter mir geht.
Niemand soll hinter mir gehen!
Schnell gehen. Gehetzt. Frauen sind die Schlimmsten!
Ich kriege dann Schweissausbrüche.
Wenn sie Stöckelschuhe tragen, das Klappern, dieses nervöse Aufsetzen des Absatzes, und kleben sich an meine Fersen.
Das geht nicht.
Das geht gar nicht!
Diese Hektik in den Schritten.
Besonders, wenn sie alleine sind.
Sie versuchen sicher zu wirken und knallen ihre Schuhe umso härter auf den Asphalt.
Und vergessen den Abstand.
Ich bleibe dann unvermittelt stehen und lasse sie überholen.
Ich brauche eine menschlose Zone um mich.
Ein menschenloser Radius von mindestens 1.5 Meter.
Mindestens! Besser mehr. Je mehr, desto besser.
Ich halte auf Abstand mit meiner Aura.
Und schlage Hacken, manchmal, wenns sein muss.
Ich weiche aus.
Meistens brauchts das nicht.
Die Leute spüren meine Ausstrahlung.
Sie weichen aus.
Jene, die mir entgegenkommen, sind harmlos.
Sie weichen immer aus.
Wir wissen, wie miteinander umgehen.
Ich schaue ihnen nie in die Augen.
Es ist nicht schön, den Leuten in die Augen zu schauen.
Warum sich anschauen, wenn man sich nicht kennt!
Nicht schön! Eklig!
Ich habe noch nie zugeschlagen.
Habe noch nie.
Ich weiss, das ist eine Grenze.
Aber Raum ist Qualität.
Das muss doch jeder zugeben.
Ein paar Menschen weniger – mehr Platz für die anderen.
Und wenn man geht, ist das ja noch harmlos.
Da bleibt man wenigstens in Bewegung, kommt vorwärts, kann Distanzen beeinflussen.
Aber Warten! Irgendwo Anstehen!
Wenn man festgenagelt ist!
Tatenlos!
Zahlen ist ein Albtraum.
Manchmal drängeln da die Leute nicht nur von hinten, sondern auch von links und rechts.
Kleben sich an einen dran.
Wie Fliegen.
Da gibts keinen Abstand mehr.
Der geht dann total vergessen.
Da spüren die Leute gar nichts mehr!
Da ist Schluss mit lustig.
Das nimmt mir die Luft.
Aus dieser Art von Ansammlung quetsche ich mich raus, sofort.
Ich muss. Und stelle mich lieber hinten an. Und hoffe, dass es in der nächsten Runde besser läuft.
Manchmal warte ich, bis die Menschentraube sich auflöst.
Bis keine Sau mehr da ist.
Und dann zahl ich.
Ich bin immer auf der Suche nach Oasen.
Mindestens 10 auf 10 Meter.
10 auf 10 Meter Raum ohne Mensch.
Sie entwickeln sich unberechenbar.
Plötzlich, irgendwo.
Ich liebe Oasen. Aber sie sind selten.
Und werden oft zerstört.
Würde jeder den anderen meiden, hätten wir keine Probleme.
Richtige Raumdiebe sind Chinesen.
Kommen in Horden, immun gegen alles.
Wie in Watte gepackt.
Bemerken dich nicht, gehen dir nicht aus dem Weg.
Null Gefühl für Raum.
Dass jemand Raum braucht, merken die nicht.
Soll einer begreifen, warum die reisen.
Sind wie Schlangen. Die kann man auch nicht verstehen.
Ich würde nie reisen.
Ich habe auch lange mit niemandem mehr geredet.
Führt zu nichts.
Das letzte Mal, als ich mit jemandem geredet habe, hat der gesagt, ich sei eine Terroristin.
Ich verabscheue Terroristen.
Rauben den Leuten den Raum, bedrohen den Raum!
Das Gegenteil von mir!
Ich brauche nicht viel.
Die Welt kann mich mal.
Ich habe meine Welt hier – hier drin!
Aber damit die funktioniert, brauch ich Raum.
Nur das.
Ich habe nicht zugeschlagen.
Ich sag, das ist eine Grenze.
Ich habe nur links und rechts.
Viermal, links, rechts, links, rechts, die Arme aus den Schultern.
Wie man das auch im Fitness tut.
Kennen doch alle.
Ich sage, die Leute haben das Gefühl für Abstand verloren.
Nicht mein Fehler, hats die Frau getroffen.
Sie war zu dicht dran!
Sie!
Zu dicht dran! An mir!
Ich habe nur links, rechts, links, rechts!
Viermal die Arme locker aus den Schultern!
Ziemlich leer – stehst du da
der Garten schützt dein falsches Gesicht
der Boden schweigt, die Luft ist blau
und die Sonne tut, was die Sonne tut
Lies den Text in meinem Blick
er wird dir gefallen, vielleicht:
Leg dich hin, sei bitte still
ich esse deine Seele auf
Stück für Stück, Biss um Biss
bis zum tiefsten, finsteren Rest
Leg dich hin, sei bitte still
sei bitte du