6,99 €
Als Andrew "Drew" Wollreifs Satire-Roman über Gestaltwandler zum Bestseller wird, könnte alles perfekt sein. Doch Drew hat Schwierigkeiten mit öffentlichen Auftritten und nach einem katastrophalen Radiointerview hat er eigentlich das Bedürfnis, unterzutauchen. Doch dann findet er eine Gruppe Teenager in seinem Haus und lernt deren mysteriösen Onkel Salvatore kennen, der nicht nur so heißt wie der Protagonist in seinem Roman. Die ungleichen Männer werden gezwungen, näher zusammenzurücken, doch beide haben ihre Geheimnisse, und das schwächt das fragile Band zwischen ihnen. Vor allem, als die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fantasie verschwimmen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2024
Ein Wandlerroman von
© dead soft verlag, Mettingen 2024
http://www.deadsoft.de
© the author
Cover: Irene Repp
http://www.daylinart.webnode.com
Bildrechte:
© Tomasz Zajda – stock.adobe.com
© Arsenii – stock.adobe.com
1. Auflage
978-3-96089-674-6
978-3-96089-677-7 (ebook)
Als Andrew „Drew“ Wollreifs Satire-Roman über Gestaltwandler zum Bestseller wird, könnte alles perfekt sein. Doch Drew hat Schwierigkeiten mit öffentlichen Auftritten und nach einem katastrophalen Radiointerview hat er eigentlich das Bedürfnis, unterzutauchen. Doch dann findet er eine Gruppe Teenager in seinem Haus und lernt deren mysteriösen Onkel Salvatore kennen, der nicht nur so heißt wie der Protagonist in seinem Roman.
Ubicunque est, ero quoque. Quo vadit, ego vadam etiam.
„Da sind wir wieder bei Todays 97.5. Heute bei uns zu Gast der Bestseller-Autor Andrew Wollreif, dessen Buch momentan in aller Munde ist. Sein neuestes Buch Daddy´s Schoßhündchen ist seit zwölf Wochen auf der New York Times Bestsellerliste zu finden und inzwischen fast so populär, wie es noch vor ein paar Jahren Fifty Shades of Grey war. Ein Buch voller Kontroversen, das die amerikanische Leserschaft spaltet. Ich freue mich daher ganz besonders auf unser Gespräch. Herr Wollreif, schön Sie hier begrüßen zu dürfen.“
„Vielen Dank, Jette. Es freut mich, dass ich hier sein darf.“ Lügner, schalt ich mich in Gedanken.
„O bitte, keine falsche Bescheidenheit“, antwortete Jette, die Moderatorin des heutigen Radiointerviews nonchalant und untermauerte ihre Aussage mit einer wegwerfenden Handbewegung, die wohl nur für mich bestimmt war. Die Hörer bekamen davon schließlich nichts mit. „Sie sind momentan in aller Munde. Die Leute reißen sich ja förmlich um Sie.“
Aufgesetzt lachte ich und versuchte, meinen Missmut zu überspielen. Wie sehr ich diese Zweideutigkeiten inzwischen hasste. Fast so sehr wie die ständigen Anfragen nach Interviews und Kommentaren. Meine Hoffnung war daher, dass nach dieser heutigen Scharade mit beidem Schluss war. „Ach, wissen Sie, das müssten sie ja gar nicht. Es würde mir schon reichen, wenn die Leute meine Bücher kaufen. Und gestatten Sie mir die Anmerkung – ich habe einige geschrieben, auch schon vor diesem hier.“
„Ja, das haben Sie. Aber Sie werden mir recht geben, dass keines davon so hohe Wellen geschlagen hat wie Daddy´s Schoßhündchen. Erzählen Sie doch unseren Zuhörern; wie kam es dazu, dass Sie sich von Ihrem gewohnten Genre, der Belletristik, entfernt und eine – wie soll ich es am besten nennen – ironische Adaption eines Fantasyromans geschrieben haben. Und vor allem, warum auf einmal mit queeren Charakteren?“
Missmutig zog ich eine Augenbraue hoch. „Nun, zuerst möchte ich sagen, dass ich nicht auf einmal angefangen habe, über queere Charaktere zu schreiben. In all meinen Büchern haben sie eine Stimme. Der Unterschied ist lediglich, dass im Fall von Daddy´s Schoßhündchen das Hauptaugenmerk auf ihnen liegt.“
„Das ist richtig“, unterbrach mich Jette etwas schneidend. Anscheinend war ihr aufgefallen, dass ich doch nicht so froh war, hier zu sein, wie anfangs behauptet. Gut so. Diese aufgesetzte Freundlichkeit setzte mir zu. Hoffentlich war das hier bald vorbei. Lange konnte ich dieses falsche Grinsen nämlich nicht mehr aufrechterhalten, mir taten schon die Wangen weh und der Kiefer schmerzte.
„Dennoch haben Sie damit ja doch das Genre gewechselt. Ihre bisherigen Hauptprotagonisten waren schließlich alle hetero.“
„Habe ich das? Ich schreibe weiterhin Liebesromane. Ich wüsste nicht, wo da der Unterschied liegt.“ Ha, nimm das, dachte ich und lehnte mich leicht süffisant grinsend zurück.
Sofort rudert sie zurück. „Natürlich gibt es bei der Liebe keinen Unterschied.“ Gut gerettet, dachte ich bissig. „In der Buchwelt gibt es diese Unterteilung dennoch und Sie haben nun das Augenmerk mit Daddy´s Schoßhündchen eindeutig auf dieses Nischen-Genre gelenkt. So viel Aufmerksamkeit hatte noch nie ein Werk aus dem queeren Genre. Ist das der Grund, warum Sie Ihre Protagonisten in Daddy´s Schoßhündchen Enrice und Salvatore genannt haben?“
„Nein. Der Grund, warum ich Enrice und Salvatore eine Stimme gegeben habe, ist, weil ich selber schwul bin und nicht, wie hier unterschwellig mitschwingt, weil ich plötzlich neue Märkte erschließen oder pinkwashing betreiben wollte. Also abgesehen davon, dass ich selber Teil der Community bin, darf ich genauso wie jeder andere Autor und jede andere Autorin schreiben, was ich will. Wenn mein Werk jetzt dafür sorgt, dass mehr Leser auf Bücher mit queeren Charakteren aufmerksam werden, ist das natürlich ein positiver Nebeneffekt, aber ganz bestimmt nicht der Grundgedanke. Wer weiß schon, was als Nächstes kommt? Vielleicht handelt mein nächster Roman von einer Radiomoderatorin, die durch die Stadt läuft, Leute zerstückelt und dann darüber berichtet, um zu mehr Aufmerksamkeit zu gelangen?“ Sie funkelte mich wütend über den Tisch hinweg an. Die Andeutung, dass ich sehr wohl verstanden hatte, was sie hier versuchte, nämlich, mich vor Allerwelts Ohren zu filetieren, um ihren eigenen Ruhm zu steigern, passte ihr nicht. Pech gehabt. Es hatte Gründe, warum ich lieber für mich war und nicht besonders aktiv auf den sozialen Medien. Ich war eben kein Menschenfreund.
Da ich gerade selber dafür gesorgt hatte, dass dieses Interview schneller vorbei war als gedacht, holte ich einmal Luft, um auch den Rest noch loszuwerden, der mir auf der Seele brannte. „Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass ich schon lange in dem – wie sagten Sie noch gleich – Nischen-Genre, lese. In letzter Zeit sind die Ranglisten voll von Shiftern und Daddys. So wie es eine Zeit lang unmöglich war, einen Hetero-Roman zu finden, in dem nicht die Peitsche rausgeholt wurde, gibt es jetzt viele im Bereich der Gay Romance. Der geneigte Leser wird erschlagen von Romanen, in denen es um Alphas, Omegas und Wandler in allen Formen und Größen der Tierwelt geht. Wenn das nicht reicht, wird zusätzlich noch ein Daddy-Kink und MPreg obendrauf gepackt. Und genau das war der Grund, warum ich ein Buch geschrieben habe über Enrice Masturabato, einen Nacktschneckenwandler mit Salatallergie und Salvatore Lupino, den tollpatschigen Daddy-Alpha-Werwolfwandler, der auf Enrices vermeintlicher Schleimspur ausrutscht und sich das Schlüsselbein bricht. Ich war sogar am überlegen, ob ich Salvatore eine Omega-Vorfahrin gebe und ihn im Verlaufe des Buches schwängern soll, aber selbst ich habe Grenzen. Wie solle bitte eine Nacktschnecken-Werwolf-Kreuzung aussehen? Wobei die Geburt in diesem Fall wohl das erste Mal erklärbar wäre.“ Inzwischen stand Jette der Mund offen. „Und im Übrigen habe ich keine Adaption geschrieben. Mein Buch hat kein Original, auf das ich mich beziehe. Das Einzige, das ich getan habe, ist, alle Vorurteile und Klischees zu vorhin genannten Eckpunkten in einen Topf zu werfen, kräftig zu schütteln und einen ironischen Roman daraus zu machen. Als Ausdruck der künstlerischen Freiheit, denn das machen wir Autoren: Wir spielen mit Worten und erschaffen mit diesen Wortspielen Geschichten und Bilder in den Köpfen der Lesenden Oder anders gesagt, ich habe es getan, weil ich es wollte und weil ich es kann.“
„Das ist … vielen Dank bis hierher für diese … persönlichen Einblicke. Wir sprechen gleich weiter mit dem Autor Andrew Wollreif. Nach nur einem Song geht es weiter. Bleiben Sie dran!“ Nachdem das ON AIR Licht über uns aus war, knallte Jette ihren Kopfhörer auf den Tisch und baute sich mir gegenüber auf. „Das ist eine Frechheit und ich werde nicht zulassen, dass Sie mich weiterhin so demütigen.“
„Ach, aber dass Sie mich und ein Genre in eine schmutzige Ecke drängen wollen, ist in Ordnung? Ganz ehrlich, ich weiß gar nicht, warum Sie mich überhaupt eingeladen haben. Ich habe doch nur ein Buch geschrieben, verdammte Hacke.“ Meine Kopfhörer lagen inzwischen ebenfalls vor mir auf dem Tisch und ich stand in gespiegelter Pose vor der nun rot angelaufenen Radiomoderatorin. Mir wurde erst jetzt klar, dass ich aufgestanden war. „Wissen Sie was? Ich werde jetzt gehen.“
„Das können Sie nicht. Sie haben zugesagt –“
„Ich habe nichts unterschrieben und bekomme kein Honorar. Im Übrigen war ich pünktlich da und habe Ihre Fragen beantwortet, genau wie vorher besprochen. Wenn Ihnen meine Antworten nicht gefallen, ist das Ihr Problem und nicht meins.“
Ich trat aus dem Gebäude und blieb erst einmal stehen. Müde blickte ich in den von Regenwolken verhangenen Himmel hinauf und atmete bewusst tief durch. Das war ein Fehler. Ich hätte es besser wissen sollen. Hätte hätte. Verdammt! Noch einmal atmete ich tief durch, dann richtete ich den Blick auf meine Umgebung. Ein paar Meter rechts von mir stand eine kleine Gruppe Menschen um ihr Handy herum und schauten immer wieder am Gebäude hinauf. Als ich mich in die andere Richtung abwandte, zeigte sich mir dasselbe Bild. Über den Vorplatz verteilt, hatten sich mehrere Grüppchen zusammengefunden und beobachteten den Eingang, vor dem ich noch immer stand. Das war irgendwie unheimlich, dabei war bestimmt nur irgendwo ein Musiker beim Radiosender, auf den die Menschen warteten. Schnell zog ich den Kopf ein, die Schultern hoch und senkte den Blick. Ich wollte einfach nur nach Hause.
Lediglich ein paar Meter weit gekommen, hörte ich Jette aus den Lautsprechern der mobilen Geräte in der Umgebung. Neugierig geworden, wie sie meinen Abgang kommentierte, blieb ich etwas abseits stehen und band mir die Schleife am Turnschuh neu, damit es nicht ganz so auffiel.
„… meine Fragen zu kritisch, weshalb sich der Autor bewogen gefühlt hat, keine weiteren Fragen mehr zu beantworten. Dies gibt uns aber nun die Gelegenheit, Sie, liebe Hörerinnen und Hörer zu Wort kommen zu lassen. Haben Sie Daddy´s Schoßhündchen schon gelesen, haben Sie es vor oder werden Sie es nicht tun? Wir sind gespannt. Rufen Sie uns unter der bekannten Nummer an, schreiben Sie uns eine Mail oder schicken Sie uns eine Sprachnachricht. Gleich nach den Nachrichten um halb zwölf geht es weiter. Aber bis dahin ist hier für Sie, Who let the dogs out von Baha Men.“ Dieses Miststück! Am liebsten würde ich auf der Stelle zurück in den Sender gehen und ich wusste auch nicht, irgendwas tun eben. Das Problem an der menschlichen Natur war allerdings, dass Emotionen meistens den Verstand schlugen. Zumindest kurzfristig. Die Richtigkeit dieser These hatte ich selber vorhin eindrucksvoll bewiesen. Ein zweiter Akt in diesem Theaterstück wäre daher nicht hilfreich. Da hielt ich es lieber wie Scarlett O´Hara. Ich würde morgen darüber nachdenken.
Zufrieden, jedenfalls soweit ich es in dieser Situation sein konnte, erhob ich mich aus meiner hockenden Position und trat den Weg zum Bahnhof an.
„Anthony, das muss aufhören. Du bist Verleger und kennst doch entsprechend Leute bei den Medien. Du hast das schon mal geschafft, also hilf mir!“
„Das würde ich und ob du es glaubst oder nicht, diese Kontakte habe ich sogar schon angezapft. Versucht zumindest. Die Telefonleitungen glühen hier. Zum Glück kommt Elise mit dem Ansturm an der Zentrale klar. Ohne sie wären wir komplett aufgeschmissen. Es ist leider so, dass aufgrund des Radiointerviews einfach keine Kontrolle mehr vorhanden ist. Das Ganze hat solche Wellen geschlagen, dass eine klarstellende Berichterstattung einfach untergeht. Die Leute wollen die Wahrheit gar nicht wissen, sie haben viel zu viel Spaß an der ganzen Sache gefunden. Es tut mir ja leid, das zu sagen, aber wir werden es einfach aussitzen müssen.“
Müde fuhr ich mir mit den Händen durch die Haare. „Und wie lange, denkst du, wird das dauern?“
„Das weiß ich leider nicht. Das Interview ist drei Wochen her. Vielleicht dauert es noch mal so lange. So einen Fall hatten wir bis jetzt noch nicht, da fehlt uns die Erfahrung. Aber falls es dich tröstet – die Verkaufszahlen sind seitdem durch die Decke gegangen und steigen noch weiter. Das ist doch was.“
„Wundert mich, ehrlich gesagt“, antwortete ich ihm sarkastisch. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie mich und mein Buch überhaupt finden, da ich ja nur noch ‚Vollsteif‘ genannt werde.“
„Tja, was das angeht, sind wir noch dabei die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. Wir müssten zum einen erst mal wissen, wer der Anrufer war, der diesen Kommentar gemacht hat und ob man diesen dafür belangen kann, dass sich das alles so verselbstständigt hat. Unser Anwalt sagt, das können wir nicht. Schließlich hat er dich nicht als ‚Vollsteif‘ betitelt, er hat nur gefragt, ob du es beim Schreiben warst. Der Rest ist ein Selbstläufer. Wenn überhaupt können wir versuchen, eine Unterlassung in den Medien zu erreichen, da der Name inzwischen als Synonym für dich als Autor fungiert und als Beleidigung gesehen werden kann. Damit hätten wir aber noch immer keine Lösung für den Hashtag Vollsteif in den sozialen Medien gefunden, was uns wieder an den Ausgangspunkt zurückbringt. Wir werden es aussitzen müssen.“
„Ich gehe inzwischen nicht mehr aus dem Haus, Anthony. Ist dir das klar? Also nicht, dass mir das was ausmachen würde, aber hin und wieder muss selbst ich so triviale Dinge tun wie einkaufen. Jeder, dem ich begegne, hat ein animiertes Meme von mir auf dem Handy, wie ich mit einem riesigen schwarzen Dildo in der Hand einem ausgewachsenen Wolf in Windeln den Hintern versohle und dabei singe: Ich bin Vollsteif, der unreif dem Wolfsfratz den Pelz kratzt. Dabei hat Daddy-Kink überhaupt nichts mit Puppyplay zu tun und Age-Play ist nicht mal im Ansatz Bestandteil des Buches. Es werden sogar heimlich Fotos von mir gemacht und später mit Untertiteln veröffentlicht. Es ist unerträglich! Hätte ich gewusst, was dieses Interview für einen Rattenschwanz hinter sich herzieht, wäre ich nie dort hingegangen.“
„Verständlich, aber ich denke ehrlich gesagt, dass das nur der Zündfunke war. Das Buch selbst war es, das dich dorthin gebracht hat, und es war Zufall, dass dieses so eine Aufmerksamkeit bekommen hat. Also wenn du einen Schuldigen suchst, dann fang bei dir an. Du hast das Buch geschrieben und du hast das Interview frühzeitig abgebrochen. Wir versuchen hier alle, dir zu helfen und tun unser Bestes, aber Wunder vollbringen können wir auch nicht. Du sagst doch immer, Bücher schreiben ist ein Spiel mit Worten. Verbuch es als Sieg. Dieses Wortspiel hast du gewonnen.
Angefressen starrte ich aus dem Fenster, während ich das Telefon fester hielt, als ich sollte. „Das ist eher ein Wortspiel mit ungeahnten Folgen. Wie ein Sieg fühlt es sich nicht an. Also was? Ich schließe mich weiter ein, bis Gras über die Sache gewachsen ist? Das ist alles?“
„Drew, was soll ich dir denn anderes sagen? Die Sache ist aus dem Ruder gelaufen und nicht zu ändern. Was jetzt zählt, ist, wie du damit umgehst. Schließ dich weiter ein und sei auf die Welt sauer oder steh drüber. Du hast immerhin ein Buch geschrieben, das in aller Munde ist. Wer kann das schon von sich behaupten?“
„Na toll“, sagte ich und legte auf. Meine sozialen Kompetenzen waren schon unter normalen Umständen kaum vorhanden. Darüber hinaus lagen meine Nerven seit Wochen blank, inklusive einem depressiven Schub, der mich drei Tage nicht hat aus dem Bett kommen lassen. Ich würde mich morgen bei Anthony entschuldigen müssen. Bis dahin würde ich weiterhin meine Wunden lecken. Jetzt schrieb ich allerdings erst mal einen Einkaufszettel. Mein Kühlschrank füllte sich leider nicht von alleine und in einem hatte Tony recht. Einschließen würde nicht ewig funktionieren.
Drei Stunden später war ich am Boden zerstört. Meine sonst so perfektionierte Taktik, Angriff ist besser als Verteidigung, hatte sich abgenutzt. Mein Einkauf im Lebensmittelgeschäft glich einem einzigen Spießrutenlauf. Das Schlimme daran war, dass es die Leute, von denen ich die meisten schon zig Jahre kannte, nicht böse meinten. Sie wollten lustig sein und mich aufmuntern. Sogar an meinen schlechtesten Tagen wusste ich das und konnte damit umgehen, so wie sie damit umgehen konnten, dass ich eben auch mal zurückschoss. Heute allerdings … das Gespräch mit Tony ließ mich grübeln. Wäre die Sache wirklich nur halb so schlimm geworden, hätte ich das Interview nicht abgebrochen? Die lokale Presse hatte tagelang über nichts anderes berichtet, bis die Geier schließlich ein neues Opfer gefunden hatten. Der Zuhörer, der später gefragt hatte, ob denn der Wollreif beim Schreiben vollsteif gewesen sei, hatte das Buch ja offensichtlich schon gelesen und sich seine Meinung gebildet. Die Alternative wäre also höchstens gewesen, dass ich selber darauf reagiert hätte. So wie ich mich kannte und anhand meines Gemütszustandes den Tag, war meine Abwesenheit schlussendlich wohl noch mein Glück. Ich sah die Schlagzeile schon vor mir: ‚Autor schnappt nach Leser‘ oder noch besser ‚Wollreif beißt Leser weg‘. Danke auch, das fehlte mir noch. Für diese Erkenntnis hatte ich nun drei Wochen lang geschmollt? Als mich heute die Kassiererin im Supermarkt, die ich schon 15 Jahre lang kannte, mit Herr Vollsteif ansprach, hob das nicht meine Stimmung. Aus diesem Grund war ich noch eine Runde im Park spazieren gegangen, bis der Rucksack mit meinen Einkäufen begann, mir in die Schultern zu schneiden.
Ich schob gerade den Schlüssel ins Türschloss, da hörte ich in der Nähe einen Zweig knacken. Abrupt drehte ich mich um und blinzle an die Baumgrenze zum Wald auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinüber. Erkennen konnte ich jedoch nichts. Inzwischen schlug mir der Puls bis in den Hals. Einer ähnlichen Situation hatte ich den Plot zu meinem Werwolf-Verriss-Buch zu verdanken. Damals kam ein Kaninchen aus dem Wald gerannt, schlug seine Haken, flitzte mir über den Fuß und hatte sich dabei anscheinend genauso erschrocken wie ich, denn es stieß prompt vor den Pfosten des Briefkastens. Dem Kaninchen ging es gut, es war sofort weiter gelaufen. Das galt allerdings nicht für mich. Beim Anblick dieses Schauspiels hatte ich so heftig anfangen müssen zu lachen, dass ich kaum noch atmen konnte. Ich hatte plötzlich Bilder im Kopf, wie ein Wolf hinter dem Tier her war. Aus dem Wolf wurde schnell ein Gestaltwandler und aus dem Kaninchen sein Gefährte, der die Wahl des Schicksals nicht angenommen und stattdessen die Beine in die Hand genommen hatte. Nun befürchtete ich allerdings, selbst die Beute zu sein, denn obwohl ich nichts Konkretes sehen konnte, fühlte ich mich doch eindeutig unwohl und beobachtet. Schnell wandte ich mich wieder der Tür zu und verfluche meine zittrigen Finger. Da, endlich ging sie auf. Zügig trat ich mit dem Fuß vor das Türblatt um sie weiter zu öffnen, während ich mit den Händen versuche, den Schlüssel aus dem Schloss zu ziehen. Zu meinem Leidwesen verhakte sich dieser. Schon halb durch die Tür, blieb ich am Schlüssel hängen, der sich hartnäckig weigerte, den Schließzylinder wieder zu verlassen.
„Scheiße“, fluchte ich vor mich hin, ging notgedrungen den Schritt zurück, den es brauchte. Endlich bekam ich ihn aus dem Schloss. Schnell warf ich erneut einen Blick zurück. Ich sah noch immer nichts. Zum Glück. Das ungute Gefühl blieb jedoch hartnäckig.
Nachdem der Herzschlag in meinen Ohren immer leiser wurde, atmete ich tief durch und löste mich von der Wand. „So langsam werde ich paranoid“, nuschelte ich mir in den Dreitagebart und ließ erleichtert die Schultern sacken. Schon irgendwie lustig. Da hatte ich ein Buch geschrieben, nur um mich so darin zu verlieren, dass ich dachte, Teil der Handlung zu sein. Mit einem Schnauben ließ ich den Rucksack von meinem Rücken gleiten. Die Erleichterung in meinen müden Knochen war unbeschreiblich. Mit meinen achtunddreißig Jahren hielt ich mich bei Weitem noch nicht für alt, aber so langsam nahmen die Zipperlein zu. Das nervte mich mehr als es sollte. Andererseits war ich in letzter Zeit auch angespannter als sonst. Das Ding war – egal, woran es lag, es nervte. Alles nervte. Sogar der Reißverschluss meiner Jacke regte mich auf, denn er hatte sich im Futter verfangen. Frustriert stieß ich den Atem aus. „Natürlich“, murmelte ich, schlüpfte aus einem Schuh und trat diesen aus lauter Frust an die gegenüberliegende Wand.
„Hast du das gehört?“ Ich erstarrte auf der Stelle.
„Wie denn, so laut, wie du kaust.“
„Nein, Mann. Jetzt im ernst. Da war was.“
„Das bildest du dir ein. Wenn er zurückkäme, hätte Vince uns gewarnt. Das war bestimmt nur der Wind.“ Die Stimme klang jung, männlich und gleichgültig. Schien, als hätte der dazugehörige Mensch keine Sorgen im Leben. Ganz im Gegensatz zu der anderen Person. Die klang schon ängstlicher, aber in Alter und Geschlecht gleich.
„Hat dir Vince denn auch gesagt, wie er das anstellen will?“ Oh, das war nun doch nicht mehr besorgt, sondern eher verärgert. Dieser Vince schien in dessen Wahrnehmung kein guter Späher zu sein.
„Na, ich nehme an, er wird uns eine Nachricht schicken oder anrufen oder so was.“
„Na toll.“ Nun war er sauer. „Und hast du dir auch überlegt, wo ich mein Handy hinstecken sollte?“ Stille. Dann:
„Verdammt.“
Amateure. Inzwischen mehr sauer als erschrocken über den Besuch zweier Grünschnäbel in meinem Haus, stapfte ich, mit halb offener Jacke und nur einem Schuh am Fuß ins Wohnzimmer, wo ich zwei schlaksige Jungs vorfand, nicht älter als 13 oder 14 Jahre alt. Nackt. Nun verstand ich auch den Kommentar mit dem Handy und musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Heftig verkneifen. Ich erstickte fast daran.
„Was habt ihr in meinem Haus zu suchen?“ Verdammt, meine Stimme klang nicht annähernd so hart, wie ich es mir erhofft hatte, für den Überraschungsmoment reichte es jedoch aus. Erschrocken wirbelten beide zu mir herum und starrten mich an. „Hat es euch die Sprache verschlagen? Ich möchte von euch wissen, wer ihr seid und was ihr in meinem Wohnzimmer zu suchen habt. Und zwar jetzt.“ Wütend schaute der blonde Junge den Braunhaarigen an.
„Ja, sorry, Mann“, nuschelte dieser und bestätigte mir damit, dass es sich bei dem Braunhaarigen um den ich-habe-alles-unter-Kontrolle-Jungen handelte.
„Also?“ Verlegen schauten sich beide an und dann auf ihre Füße. Das Selbstbewusstsein war nun wohl weg.
Gerade, als mir die Geduld endgültig auszugehen schien, räusperte sich der Blonde. „Es tut uns leid“, nuschelte er. „Wir wollten nur mal gucken, waren neugierig. Weil Sie doch dieses Buch geschrieben –“
„Verdammte Hacke noch mal“, platzte es aus mir raus. „Hätte ich dieses Ding doch nie veröffentlicht. Jetzt brechen sogar schon Kinder bei mir ein? Es ist nicht zu fassen.“ Ich war außer mir. „Und dieser Vince?“
„Er sollte Schmiere stehen. Hören Sie, wir wollten ja nichts stehlen oder so. Unser Al-, also, unser Onkel wollte ich sagen, ist ziemlich sauer deswegen und da wollten wir nur mal schauen, was ihn so auf die Palme gebracht hat. Weil wir das Buch ja nicht lesen dürfen.“
„Und ihr meint, ich hätte später nicht gemerkt, dass jemand in meinem Haus war? Kinder, echt.“ Ich schnaubte missbilligend. „Dann rufen wir jetzt mal eure Eltern an, dass die euch abholen.“
Plötzlich kreidebleich geworden, fand Braunschopf seine Stimme wieder. „Können wir das nicht vielleicht anders regeln? Bitte?“
„Ja, können wir. Ich könnte stattdessen die Polizei rufen. Wie es euch lieber ist. Und jetzt zieht euch doch endlich was an!“ Die Jungs standen zwar hinter der Couch, sodass ihre Unterkörper vor meinen Blicken geschützt waren, aber allein die Tatsache, dass ich ihre Oberkörper sah, fühlte sich nicht richtig an. „Wie heißt ihr überhaupt?“
„Bitte nicht die Polizei“, krächzte der Blonde. „Ich bin Sam und das hier ist Dominic.“
„Und weiter?“
„Können wir nicht noch mal darüber reden?“, flehte nun wieder Dominic. „Wir tun es nie wieder, versprochen. Wir können auch Ihren Rasen mähen als Wiedergutmachung oder so. Was Sie wollen, aber bitte, rufen Sie nicht unsere Eltern an.“
„Was würde denn passieren, wenn ich es täte?“ Auch, wenn ich hier den harten Kerl markierte – schließlich wollte ich nicht riskieren, dass ich nun regelmäßig Besuch von halbwüchsigen bekam – wollte ich doch nicht, dass die Jungs übermäßig bestraft würden.
„Sie würden es unserem Onkel erzählen und der ist bei so was nicht sehr kulant, wenn Sie verstehen.“
„Würde er euch schlagen?“
„Was? Nein! Das würde er niemals tun. Aber wir müssten gemeinnützige Arbeit machen und ich bin doch gerade erst fertig geworden. Ich will nicht wieder zu der alten Meckerziege zurück und ihre Einkäufe erledigen. Außerdem hat sie Katzen“, jammerte er.
„Und ich will erst gar nicht da hin“, ergänzte Sam.
„Moment mal. Ihr habt also keine Angst vor euren Eltern, sondern eher vor einer alten Dame? Ich glaube, ich rufe doch die Polizei.“ Entschlossen griff ich in meine Hosentasche und holte das Handy hervor.
„Siehst du, was du uns eingebrockt hast? Ich habe doch gleich gesagt, dass das eine beschissene Idee ist“, schimpfte Sam nun mit seinem Freund.
„Ja, ich hab es verstanden, nicht nötig, mir das tausendmal zu sagen.“ Ich konnte die verdrehten Augen nicht nur sehen, sondern auch hören. Einsicht? Fehlanzeige. Dieser Dominic war nur sauer, weil er erwischt wurde. „Oh Mann, Salvatore wird uns den Hals umdrehen.“
„Ja, wird er. Und das ist nur deine Schuld.“ Erschrocken stand ich da, starrte blicklos auf mein Handy.
„Mister, ist alles in Ordnung?“ Aus meiner Starre gerissen, blickte ich ruckartig auf, nur um zu bemerken, dass Sam mich besorgt ansah.
„Wie war das? Salvatore?“
„Ja, unser Onkel.“ Mir war plötzlich heiß und kalt gleichzeitig. Ob dieser Salvatore deshalb so sauer auf mich war? Ich konnte es mir kaum vorstellen, schließlich war er kein Werwolf und es gab ja viele Salvatores. Ich hatte auch nicht das erste Buch auf dieser Welt geschrieben, in dem es um einen Salvatore ging. Zufrieden mit meinen Erklärungen schüttelte ich den Kopf, um meine Gedanken wieder ins Hier und Jetzt zu bekommen. Die Jungs. Ihr Onkel. Ihre Eltern. Die Polizei. Ich wollte telefonieren. In diesem Moment klingelte es an meiner Tür.
„Oh, was meint ihr? Ist das euer Freund Vince, der euch warnen will? Dann kann ich ihm gleich auch noch ein paar Takte sagen, denn er hat mir einen riesigen Schrecken eingejagt, als er mich beobachtet hat. Dass Äste knacken, habe ich bis zur Tür gehört.“ Ich war schon halb abgewandt, als ich den Blick der beiden Jungs sah. Ich wollte nicht näher darüber nachdenken. Wirklich nicht, aber ich kam nicht umhin. Ihr Blick sah irgendwie unheilvoll aus. So, als wollten sie sagen, auf keinen Fall war das Vince, aber die Alternative wäre noch schlimmer. Ich würde es ja gleich erfahren. Mit großen Schritten war ich durch den Flur und an die Haustür getreten, die ich ohne viel Umschweife mit Schwung öffnete. Ich hatte sogar schon einen passenden Spruch auf den Lippen, um Vince strammstehen zu lassen, als ich mich fast an meiner Zunge verschluckte.
„Sind Sie hier?“, brummte der Mann, der vor mir stand, in unheilvoller Manier und erdolchte mich dabei mit Blicken.
„Wer?“, krächzte ich. Ich hatte den Faden verloren. Komplett. Und meine Stimme.
„Die Jungs. Ich wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass zwei meiner … Familienmitglieder bei Ihnen seien. Ich möchte sie abholen und mich bei Ihnen für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.“ Seine Worte verstand ich, nur passten sein Ton und seine Gestik nicht dazu. Dieser Mann war stinksauer und es gefiel ihm ganz und gar nicht, hier vor meiner Tür zu stehen. Die Entschuldigung klang wie auswendig gelernt und alles andere als aufrichtig. Eher so, als wäre es eine leidige Pflicht und nicht das erste Mal. Erstaunlicherweise half mir diese Erkenntnis, meine anfängliche Unsicherheit loszuwerden.
„Darf ich fragen, wer Sie sind?“ Ich hatte so eine Ahnung, wollte trotzdem sichergehen.
„Mein Name ist Salvatore Moreno.“ Oh ja, meine Vermutung war richtig. Und die Aussage der Jungs, dass dieser sauer auf mich sei, wohl ebenfalls. Die Temperatur war gerade unter den Gefrierpunkt gesunken. Schade eigentlich. Dieser Mann hatte verdammt schöne Augen, sogar jetzt, so verengt und dunkel voller Ärger. Wie sie wohl aussahen, wenn er lächelte?
„Freut mich.“ Tat es nicht, aber das brauchte er nicht zu wissen. Ich wollte einfach nur, dass er seine Familienmitglieder nahm und verschwand. Mein Tag war schon ätzend genug gewesen, ich wollte einfach nur noch meine Ruhe haben. „Dann kommen Sie mal rein und nehmen die beiden mit. Haben Sie Anziehsachen dabei?“ Neugierig schaute ich auf die Hände des Mannes. Groß, kräftig und mit dicken Adern durchzogen. Ich liebte das. Damit konnte er bestimmt gut zupacken. Plötzlich hatte ich Bilder im Kopf, die er mir sicherlich übelnehmen würde. Bevor er mir womöglich meine Gedanken ansah, wandte ich mich ab und ging voraus, zurück ins Wohnzimmer. Sein resigniertes Seufzen nahm ich lediglich zur Kenntnis.
Als ich, gefolgt von Salvatore, im Wohnzimmer erschien, waren Sam und Dominic gefühlt nur noch halb so groß. Oh ja, den beiden blühte was und plötzlich taten sie mir leid.
„Ab nach Hause. Wir reden später.“ Mehr sagte er nicht, aber das war auch nicht nötig. Mit eingezogenen Schultern schlüpften sie an mir vorbei, Sam warf mir noch einen entschuldigenden Blick zu. Das gab den Ausschlag.
„Ach, wissen Sie. Es ist ja nichts passiert. Die beiden haben mir erklärt, warum sie hier waren und haben sich auch schon entschuldigt. Es sind Kinder.“
Das hätte ich wohl nicht sagen sollen.
Salvatores Blick durchbohrte mich. „Diese Kinder wussten, dass sie sich fernhalten sollten. Das war eine klare Anweisung“, fauchte er mit zusammengekniffenen Augenbrauen und schmalen Lippen. „Ich toleriere keine Zuwiderhandlung meiner Befehle.“
„Ach kommen Sie. Sie waren neugierig und haben nichts zerstört oder so. Sie wollten einfach mal gucken. Haben Sie nie etwas angestellt, als Sie jung waren?“
„Nein.“
„Nein? Das glaube ich Ihnen nicht. Jeder hat was ausgefressen, sonst war man nicht jung.“ Einer der Jungs fing an zu kichern, was ich jedoch ignorierte.
„Ach, meinen Sie? Dann mal raus damit. Was sind denn Ihre Jugendsünden?“ Seine hochgezogene Augenbraue verriet mir, dass er im Grunde keine wirkliche Antwort erwartete.
„Ich habe regelmäßig die Weintrauben des Nachbarn geklaut.“
„Das zählt nicht. Die Früchte der Natur sind für jeden da.“
„Das hat mein Nachbar aber anders gesehen und mir die Polizei auf den Hals gehetzt.“
„Wegen ein paar Trauben?“ Er glaubte mir kein Wort, was ich sogar verstehen konnte. Belustigt verzog ich den Mund.
„Na ja, sie waren schon verarbeitet und in Flaschen abgefüllt.“
„Wein?“
„Cognac.“
„Da hätte ich auch die Polizei gerufen.“
„Ja, im Nachhinein sehe ich das auch so. Damals … eher nicht.“ Das Lachen, welches Salvatore tief und offen entfuhr, erschreckte mich mehr, als es sollte. Eine elektrische Spannung füllte plötzlich den Raum und bescherte mir eine Gänsehaut. Seine volle Stimme ließ es in meinem Bauch kribbeln. Schnell schüttelte ich den Kopf und damit die unerwarteten Empfindungen von mir ab.
„Also sind Sie der Meinung, ich sollte die Jungs davonkommen lassen? Auch auf die Gefahr hin, dass das noch einmal passieren könnte? Vielleicht nicht bei Ihnen, aber bei jemand anderem, nur, weil die Jungs einmal damit durchgekommen sind?“
„Ich sage ja nicht, dass es keine Konsequenzen zur Folge haben sollte. Ich sage nur, dass es Kinder sind und man auch mal darüber nachdenken sollte, welche Umstände dazu geführt haben, dass sie überhaupt auf die Idee gekommen sind, zu tun, was sie eben getan haben.“ Ich hatte wohl erneut etwas Falsches gesagt, denn plötzlich war die Stimmung wieder eisig. Ich fühlte seinen Blick bis in meine Eingeweide. Beschwichtigend hob ich sofort die Hände. „Sie sind doch schon erwischt worden, oder? Es ist also nicht die Rede davon, sie davonkommen zu lassen.“
Resigniert atmete er aus. „Was schlagen Sie also vor?“
„Wiedergutmachung. Die Bäume verlieren langsam ihr Laub und ich habe wirklich keine Lust, meinen Garten davon zu befreien. Das könnten doch die Jungs übernehmen. Die nächsten vier Samstage sollten reichen, damit das Gröbste erledigt ist. Und in dieser Zeit könnten sie ihre Fragen an mich stellen. Seine Freizeit zu opfern tut jungen Leuten weh und eventuell lernen sie noch etwas dabei.“ Im Grunde schlug ich ihm gerade genau das vor, was die Jungs mir vorher als bevorstehende Strafe beschrieben hatten, nur dass sie die Arbeiten bei mir ableisten würden.
„Wir haben Spätsommer, nicht Herbst. Wenn ich nicht ganz verkehrt liege, ist die Obsternte eher Ihr Problem als das Laub.“
„Okay, erwischt.“ Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf. „Das Obst muss wirklich dringend weiterverarbeitet werden, sonst wird die Maische nichts. Ich könnte also durchaus Hilfe gebrauchen und vertrauen Sie mir – das ist tatsächlich harte Arbeit und keine Gefälligkeit. Eigennutz ist daher eher das Wort, das ich dafür gebrauchen würde.“
„Also wollen Sie mir vorschlagen, dass meine Jungs, als Wiedergutmachung für eine Straftat, dabei helfen sollen, eine andere zu begehen? Mir ist sehr wohl bewusst, dass es hier in West Virginia keine Prohibition mehr gibt und dass hier eher Whiskey gebrannt wird, aber Moonshine bleibt Moonshine.“
„Ich brenne meinen Schnaps nicht nachts und es ist eher ein Hobby. Die Früchte sollen nicht am Baum verschimmeln, das wäre Verschwendung. Ich hätte es ja selbst gemacht, nur hatte ich viele Termine in letzter Zeit und bin nicht dazu gekommen. Nun drängt die Zeit.“ Ein verstehendes Nicken, mehr Antwort bekam ich nicht. Gerade als ich dachte, die Unterhaltung wäre beendet, holte Salvatore tief Luft und öffnete den Mund, nur um in der Bewegung zu stocken. Leicht legte er den Kopf schräg.
„Was –“
„Schh“, unterbrach er mich und hielt zur Bekräftigung die Hand hoch. Eine Sekunde später schlitterte Dominic in den Raum, nun zu meiner Freude bekleidet mit einer Jogginghose und T-Shirt. „Wer?“, fragte Salvatore leise, ohne den Jungen anzuschauen.
„Tadeusz.“
„Wo?“
„Am Waldrand verteilt. Es sind mindestens fünf, vielleicht mehr.“ Ich wusste nicht, worüber meine Besucher sprachen, aber ich bekam Angst.
„Wo ist Vince?“ Überrascht sah ich zu Salvatore auf. Mir war nicht bewusst, dass er von dem Späher wusste.
„Draußen.“
„Okay. Kommt rein und verriegelt die Tür. Vince soll zu mir kommen.“ Noch einmal legte er den Kopf schräg und lauschte, dann sprach er mich erneut an.
„Wie alt ist dieses Haus?“
„Ähm, es ist ziemlich alt. Letztes Jahrhundert oder so.“ Bevor ich mich über die Frage wundern konnte, betraten die drei Jungs mein Wohnzimmer.
„Alle in den Keller. Sofort.“ Als wäre es sein Haus, ging Salvatore voraus. Überhaupt benahm sich dieser Mann, als wäre er es gewohnt, dass ihm alle folgten.
„Was ist hier eigentlich los?“ Mein Aufbegehren schien ihn zu nerven, denn Salvatore blieb abrupt stehen. Ich konnte mich gerade so abfangen, bevor ich in ihn hinein lief. Und dann ging alles ganz schnell. Glas zerbarst, ich wurde zu Boden geworfen – wobei gedrückt es eher traf – und das Licht ging aus. Ich kam noch nicht einmal dazu mich zu orientieren, da ich von einem Kribbeln eingehüllt wurde, als wäre ich von einem Elektroschocker getroffen worden. Schwer atmend lag ich auf meinem Wohnzimmerteppich, hielt schützend die Hände über meinen Kopf und versuchte zu begreifen, was los war.
Gerade als ich das Gewicht auf meinem Rücken registrierte und begriff, was oder besser gesagt, wer mich am Boden hielt, war es weg. Schon im nächsten Moment zog er mich so schnell und kraftvoll auf die Füße, dass mir schwindelig wurde.
„Los jetzt“, zischte mir Salvatore ins Ohr und drängte mich vorwärts. Ehe ich mich versah, eilten wir im Gänsemarsch die alte Steintreppe in meinen Keller hinunter.
Unten angekommen, standen wir alle etwas ratlos herum, die jungen Leute abwartend, ich eher verwirrt.
„Kann mir jetzt mal bitte jemand erklären, was hier los ist?“ So langsam bekam ich wirklich schlechte Laune.
„Schh“, sagte einer der Jungs. Ich glaubte, es war Dominic.
„Was, schh“, begehrte ich auf und drehte mich wütend um. „Ich habe genug davon, mich rumschubsen und belehren zu lassen. Ich will jetzt, verdammt noch mal wissen, was hier los ist!“
„Tadeusz ist los“, raunzte mich Salvatore an, während er sich weiterhin nachdenklich im Kreis drehte.
„Ne super Info, danke. Damit ist alles erklärt“, erwiderte ich sarkastisch und schob ein Schnauben hinterher. Nun wurde auch unser selbsternannter Anführer unleidlich und wirbelte mit funkelndem Blick zu mir rum.
„Könnten wir das bitte später klären und uns erst mal darum kümmern, wie wir hier rauskommen?“
„Sicher, kein Problem. Die Haustür wäre eine gute Möglichkeit gewesen.“
„Ach ne, Klugscheißer. Wäre das eine Option gewesen, hätten wir das gemacht. Dafür war es aber zu spät. Wir müssen einen der Gänge finden, das ist unsere einzige Chance. Tadeusz’ Leute haben mit Sicherheit schon Meldung erstattet und inzwischen wimmelt es da draußen von seinen Leuten. Wir müssen es ungesehen schaffen. Also, irgendeine Idee?“
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Vor allem aber verstand ich kein Wort. „Warum rufen wir dann nicht einfach die Polizei?“
„Nein.“
„Was, nein. Da draußen stehen Leute, vor denen Sie sich anscheinend fürchten. Soweit ich informiert bin, ist das genau die Art von Aufgabe, für die es die Polizei gibt. Also warum zum Teufel, lassen wir die nicht ihren Job machen?“
Dieses Mal antwortete er mir nicht mehr. Stattdessen gab er den Jugendlichen Anweisungen.
„Dominic und Sam, ihr schaut hinter die Schränke dort drüben. Rückt sie von der Wand, tastet die Wände ab, achtet auf Luftzüge. Alles, was seltsam ist, schaut ihr euch genauer an. Vince, du suchst die Wand unter den Fenstern ab. Ich werde noch einmal rauf gehen und die Lage sondieren. Sobald ihr was gefunden habt, öffnet ihr den Gang und haut ab. Nehmt den Wortspieler mit, ich komme dann nach.“
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte, kam aber nicht mehr dazu etwas zu sagen. Es war jedoch unbestritten, dass Salvatore gut über mich informiert war. Niemand außer mir bezeichnete mich so. Schneller als ich es für möglich hielt, war er die Treppe hinauf geeilt und aus meinem Blickfeld verschwunden. Na super. Mit in die Hüften gestemmten Fäusten wandte ich mich wieder dem Geschehen um mich herum zu und beobachtete die Kinder, wie sie eifrig die Wände abtasteten. Keiner sprach ein Wort. Innerlich mit den Schultern zuckend, begab ich mich an die Wand gegenüber der Treppe. Während ich die Bruchsteine einen nach dem anderen abtastete, kreisten meine Gedanken um den fremden Mann, der gerade völlig unbeaufsichtigt und allein durch mein Haus lief und nach Leuten Ausschau hielt, die ich nie gesehen hatte. Ich konnte nicht mal sicher sagen, ob sie überhaupt existierten. Da sollte noch mal einer sagen, als Autor wandelt man am Rande des Wahnsinns. Lachhaft. Ich war, innerhalb von Minuten, sehenden Auges und in ungebremster Geschwindigkeit hineingefallen. Trotz der Tatsache, dass ich mich fragte, was ich hier überhaupt tat, hatte ich keinen Zweifel daran, dass ich hier nicht reingelegt wurde. Ich vertraute instinktiv dem Urteil dieser Kinder und vor allem, dem von Salvatore. Kurz dachte ich über diese Erkenntnis nach und war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich nicht vielleicht doch bei dem Sturz vorhin im Wohnzimmer mit dem Kopf irgendwo dagegen geschlagen war.
„Hier, ich glaub, ich hab was gefunden.“ Ruckartig drehte ich mich zu Dominic um, der gerade dabei war mit Sam das Regal mit den Vorratsgläsern zu verrücken. Schnell eilten Vince und ich hin, um zu helfen. Zu viert schoben wir das Möbelstück zur Seite und tatsächlich. Mit jedem Zentimeter wurde das Loch dahinter größer.
„Ich fasse es nicht“, murmelte ich mehr zu mir selbst. „Ich lebe schon seit Jahren hier und hatte keine Ahnung.“
„Das ist auch der Sinn dieser Gänge. Die meisten alten Plantagenhäuser haben sie.“ Salvatore griff an mir vorbei und schob das Regal das letzte Stück zur Seite, als wäre es nichts.
„Wo kommen Sie denn auf einmal wieder her?“
„Von oben.“ Untermalt wurde seine Aussage mit einem Seitenblick, der zu sagen schien, bist du dumm?, bevor er durch die Öffnung schaute und selbstsicher ins Dunkel trat.
Schnaubend machte ich einen Schritt zurück. Das hatte ich nun davon, solche Fragen zu stellen. Natürlich kam er von oben, das wusste ich auch. Ich meinte auch eher, dass ich ihn nicht gehört hatte. Meine Theorie mit dem Kopfanschlagen wurde immer wahrscheinlicher.
Unbehaglich trat ich von einem Fuß auf den anderen. „Sollten wir nicht auch …?“ Unbestimmt wedelte ich mit der Hand in die Richtung der Tunnelöffnung. Wieder traf mich dieser Bist-du-dumm-Blick, nur mal drei. Resigniert warf ich die Hände in die Luft. Das war doch lächerlich. Hier stand ich, versteckte mich in meinem Keller, verhielt mich wie ein Kleinkind und ließ mich zudem von Blicken beleidigen. „Wisst ihr was? Viel Spaß noch.“ In einem Anfall von Trotz wandte ich mich ab und marschierte auf die Treppe zu. Ich hatte gerade den Fuß auf der untersten Stufe, da hörte ich von oben ein Poltern, gefolgt von Schritten. Vielen Schritten. Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich die geschlossene Kellertür über mir an, nur um im nächsten Moment an der Schulter herumgerissen und in Richtung der Tunnelöffnung gedrängt zu werden. Er hatte es schon wieder getan. „Verdammt, wie machen Sie das?“
„Es ist eine Gabe. Los jetzt, wir haben keine Zeit.“ Die Schritte waren keine Einbildung und wenn ich mir die Gesichter der Kinder so ansah, wollte ich auch keine Bekanntschaft mit den Personen machen, die da einfach in mein Haus eingebrochen waren. In Ermangelung an Alternativen trat ich hinter den Kindern in die Dunkelheit, mir sehr wohl der Präsenz ihres Onkels in meinem Rücken bewusst. Wieder ließ er seine Magie wirken und zog, als wöge es nichts, das Regal zurück vor die Öffnung. Anschließend schob er sich an uns allen vorbei und übernahm die Führung. „Fasst euch an den Schultern. Sam, du gehst zum Schluss“, flüsterte er und ich tat es. Wie war mein Leben nur so schnell so absurd geworden?
Der Gang war dunkel. Sehr dunkel. Außerdem hatte ich ständig Spinnenweben und Staubfäden im Gesicht. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Spinnen nun in meinen Haaren einen Nestbau vorbereiteten. Bei dem Gedanken, wie sie gerade Tausende Eier auf meinem Kopf legten, durchfuhr mich ein Schauer.
„Wir haben es gleich geschafft“, hörte ich in diesem Moment Salvatore sagen, und wenn ich mich nicht total irrte, klang seine Stimme … mitfühlend? Er hatte anscheinend zu den Kindern gesprochen, schalt ich mich, deshalb antwortete ich auch nicht auf seine Aussage. „Es tut mir wirklich leid, dass wir Sie in diese Lage gebracht haben“, sagte er weiter. Es fiel mir schwer, den plötzlichen Stimmungswechsel einzuordnen, wusste nun allerdings, dass ich der Angesprochene war. Salvatore war aber noch nicht fertig. „Es ist meine Schuld. Ich habe anscheinend die Neugierde der Welpen geweckt und sie somit zu Ihnen getrieben und damit auch Tadeusz.“
Endlich fand ich meine Sprache wieder. „Was das angeht – wer ist dieser Typ eigentlich?“ Ein resigniertes Ausatmen hallte durch den Gang.
„Das ist nicht leicht zu erklären.“
„Das ist es nie. Versuchen Sie es trotzdem.“
„Ich verstehe, dass Sie neugierig sind und ich werde Ihre Fragen beantworten, aber nicht jetzt. Vertrauen Sie mir bitte. Ich weiß, das ist viel verlangt, schließlich sind wir Fremde für Sie. Es wäre mir aber sehr wichtig, dass wir das in Ruhe klären können.“
„Dann sind wir uns dahingehend wenigstens einig. Ich möchte das nämlich auch geklärt haben. Und dann will ich wieder nach Hause, die Schlösser auswechseln, duschen und ins Bett gehen.“
„Das mit der Dusche lässt sich einrichten. Das mit dem nach Hause gehen, leider nicht. Jedenfalls nicht so schnell.“
„Was –“ Weiter kam ich nicht, denn Salvatore stand plötzlich vor mir und hielt mir mit seiner Hand den Mund zu. In der nächsten Sekunde spürte ich seine Bartstoppeln an meiner Wange und seine Lippen an meinem Ohr kitzeln, während er leise flüsterte:
„Schhh. Wir sind nicht allein.“ In meinem Bauch breitete sich ein Kribbeln aus und dieses elektrische Surren war wieder da. Ich hatte es schon einmal gefühlt, allerdings stärker. Vorhin, in meinem Wohnzimmer, als ich dachte, mich hätte ein Elektroschocker getroffen, nur gleichmäßiger und nicht aus heiterem Himmel. Mein Körper kribbelte von Kopf bis Fuß und sein Geruch … Dieser Mann roch so gut – nach Erde, Laub und Moschus. So gut, dass ich mich am liebsten an ihn geschmiegt, meinen Kopf unter sein Kinn gekuschelt und einfach nur seine Wärme und seinen Duft inhaliert hätte. Was lächerlich war. Ich sollte dringend meinen Kopf klarkriegen. Hastig zog ich mein Gesicht von seiner Hand weg und funkelte ihn durch die Finsternis böse an. Na ja, so böse, wie es eben ging, wenn man nicht mal Umrisse erkannte. Ich wusste nicht mal, ob ich in die richtige Richtung schaute.
„Leise, verdammt. Du weißt doch, was für ein gutes Gehör sie haben.“ Erschrocken blickte ich mich um, die Dunkelheit verschwand jedoch nicht. Mist, wir waren tatsächlich nicht allein. Ein beherzter Griff an meine Schulter hinderte mich jedoch an weiteren Gedanken. Ich wurde wieder herumgedreht und vorangeschoben mit einer starken Hand in meinem Rücken, die mir Sicherheit gab in einem unbekannten Raum. Sicherheit und Vertrauen darauf, dass alles gut werden würde. Ich zweifelte jedoch inzwischen sehr daran, dass mir die Antworten, die ich einfordern würde, gefallen werden.
Schnell wurde ich erneut umgedreht und mit dem Rücken an eine Wand gepresst. „Warte hier. Ich kümmere mich darum“, flüsterte Salvatore erneut in mein Ohr. Im nächsten Moment war er verschwunden. Ich spürte es mehr, als dass ich es hörte. Stattdessen bemerkte ich links und rechts von mir die Präsenz der Kinder. Sie hatte ich fast vergessen und allmählich begann ich zu glauben, ich würde träumen. War da gerade ein Knurren zu hören? Instinktiv drückte ich mich näher an die Wand. Das Adrenalin ließ mich sogar darüber hinwegsehen, dass Salvatore zwischenzeitlich zu einer vertrauteren Ansprache übergegangen war. In Anbetracht der Situation war es mir aber völlig egal.
„Was war das?“, flüstere ich.
„Schh.“ So langsam war ich es leid, ge-scht zu werden. Unter normalen Umständen hätte ich meinem Ärger Luft bemacht. Leider waren die Umstände, in denen ich mich gegenwärtig befand, alles andere als normal. Deswegen schluckte ich meinen Frust hinunter. Vorläufig. Ich hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da hörte ich es wieder. Lauter, aggressiver dieses Mal. Ganz eindeutig, es war ein Knurren. Das Tier dazu musste riesig sein. Ich bekam Panik. Meine Atmung beschleunigte sich, mir brach der Schweiß aus und mein Puls raste. Ich würde hier drin sterben und niemand würde es mitbekommen. Ganz großes Kino. Mein Verleger wird sich bestimmt freuen, schoss es mir durch den Kopf. Wenn er das spurlose Verschwinden des Skandalautors medial richtig platzierte und ausschlachtete, würde bald jeder Haushalt in den USA mein Buch im Schrank haben, Übersetzungen und Filmrechte inklusive.
So in meine irrationalen Gedanken versunken, bemerkte ich die eingetretene Stille nicht und erschrak entsprechend heftig, als Salvatore mir seine Hände ans Gesicht legte. Reflexartig schloss ich meine Hände um seine Handgelenke und atmete tief durch.
„So ist es gut. Ganz ruhig. Es ist vorbei, du bist in Sicherheit. Versprochen.“ Seine Stimme vibrierte in meinem Inneren und ich glaubte ihm. Noch einmal nahm ich einen tiefen Atemzug und nickte. „Okay, sehr gut. Dann sehen wir jetzt zu, dass wir hier wegkommen. Dominic, hast du schon den Ausgang gefunden?“
„Ja, aber er ist versperrt. Irgendwas blockiert die Tür von der anderen Seite.“