Wozu sind wir auf der Erde? - Erich Däniken - E-Book

Wozu sind wir auf der Erde? E-Book

Erich Däniken

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Beschreibung

Nach 55 Jahren Forschung: Erich von Däniken über die Entstehung des Universums und die Bestimmung des Menschen

Wozu sind wir auf der Erde?? Diese Frage treibt die Menschheit um. Alle Weltreligionen und Ideologien bieten darauf Antworten an. Antworten allerdings, die für jeden denkenden Suchenden unbefriedigend sind. Antworten, die die Menschheit auseinanderdividieren und uns vergessen lassen, was uns eint: unser Menschsein.

In seinem neuen Buch prüft Erich von Däniken diese Antworten und zeigt scharfsinnig und fundiert, was an diesen unstimmig ist, wo sie sich selbst widersprechen und wo sie uns trennen von unserer Aufgabe als Menschheit. Die Frage nach unserer Bestimmung beantwortet er klar und schlüssig und gibt uns Hoffnung für die Zukunft.

»Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.« So sagt es das heilige Buch der Christen, die Bibel. Wer oder was aber erschuf Gott? Und was war vor dem Anfang dessen, was wir Menschen Welt nennen? Die Heilige Schrift hat auf diese Fragen keine Antwort. Sowohl Altes als auch Neues Testament verstricken sich in Widersprüchen, wie nahezu alle religiösen Texte, sei es der Koran oder die Upanishaden.

Sind wir nur die Figuren in einer Matrix? Oder ist der ganze Planet so etwas wie ein zoologischer Garten von Außerirdischen?

Die Frage nach Gott ist stets auch die Frage nach dem Universum - nach dessen Entstehung und unserem Platz in ihm. Einzig die Tatsache, dass das Universum und wir Menschen existieren, ob virtuell oder materiell, scheint sicher. Und doch finden sich Bilder wie die Auferstehung oder die Himmelfahrt in fast allen Religionen wieder. Auch die Schöpfungsgeschichten gleichen sich auf bestechende Weise. Weltweit berichten Zeugnisse von ähnlichen Erfahrungen mit einer »göttlichen Macht«. Alles deutet auf einen gemeinsamen, lange zurückliegenden Ursprung hin.

Erich von Däniken zeigt den Weg auf, den die Menschheit kontinuierlich geht - ohne sich dessen bewusst zu sein. Was geschieht mit uns? Sind wir »erschaffen« worden, um ein ganz bestimmtes Ziel zu erreichen? Welches Ziel? Erich von Däniken gibt eine faszinierende Antwort.

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1. Auflage Oktober 2022 2. Auflage März 2023

Copyright © 2022, 2023 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Christina Neuhaus Coverfoto, Satz und Layout: Stefanie Huber

ISBN E-Book 978-3-86445-895-8 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Am Anfang war …

Wenn Gott eine Erfindung des Menschen ist, woher kommt dann der Mensch? – Aus einer langen Kette der Evolution. Woher sonst?

Und was startete diese Evolution? – Irgendwelche Atome, die sich zu Molekülen ordneten.

Woher kamen diese Atome? – Das Universum ist voll davon.

Ach ja, und woher kommt das Universum?

Die Religion behauptet: Am Anfang war Gott. Woher allerdings dieses Wesen namens Gott kam – wer es erschaffen hat –, bleibt unerfindlich.

Die Wissenschaft weiß es anders: Am Anfang war der Urknall – der »Big Bang«. Prächtig! – Und was verursachte diesen »Big Bang«? Von nichts kommt nicht mal in der Astrophysik etwas. Tatsächlich stehen wir noch immer im Nebel und irrlichtern mit nichtssagenden Aussagen umher. Neuerdings wird auch die Urknalltheorie angezweifelt. Das Universum war schon immer da, heißt es nun, vergleichbar einem Kreis – der hat schließlich auch weder Anfang noch Ende. Allerdings ist diese Antwort genauso unbefriedigend wie alle bisherigen. Auch der ewigste Kreis müsste sich ja irgendwann mal gebildet haben.

Über die Entstehung des Universums wissen wir rein gar nichts. Alles hat eine Ursache, lehrt die Physik. Und selbst die Quantenphysik, die es fertigbringt, das Prinzip von Ursache und Wirkung zu vertauschen, hilft nicht weiter. Wenn zuerst das ewige Universum existiert und viel später ein »Schöpfer« dieses Universum erdacht haben soll, müsste dieser »Schöpfer« aus dem Universum hervorgegangen sein. Damit landet man aber wieder beim Konzept des »ewigen Universums«. Kreise im Kreis im Kreis im Kreis …

Die Astrophysik erdenkt stets neue Modelle, um das Unverständliche verständlich zu machen.

Professor Hermann Nicolai, em. Direktor und wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam, plädiert für ein Multiversum. Nach dieser Theorie ist unser Universum gerade mal ein winziger Teil eines Megauniversums. Es wimmelt demnach von Universen um uns herum, vergleichbar mit einer Badewanne voller Bläschen aus Sauerstoff. Die Bläschen explodieren, lösen sich auf – und neue bilden sich. Ein Blasenuniversum.

Professor Martin Bojowald von der Pennsylvania State University (USA) vertritt die Theorie des »Big Bounce« (Großer Rückprall). [1] Nach dieser Vorstellung existierte vor unserem Universum bereits ein anderes, das bis zur kleinsten Einheit kollabierte (Big Crunch), woraufhin ein Nachfolgeuniversum entstand.

Der Astrophysiker Paul A. LaViolette sieht das wieder anders. Die Big-Bang-Theorie stimme nicht, und die Annahme, sie lasse sich mithilfe der sogenannten Rotverschiebung beweisen, beruhe auf Missverständnissen. [2] LaViolette plädiert für die Theorie einer ununterbrochenen Erzeugung neuer Materie. »LaViolettes umfassendere Theorie von der kontinuierlichen Materieerzeugung resultiert aus einem neuen Ansatz in der Mikrophysik, den er als Subquantenkinetik (SQK) bezeichnet«, berichtet das Magazin Nexus.[3] Und in diesem Universum oder diesen Universen leben wir Menschen. Intelligent genug, um uns Gedanken über ebendieses Universum zu machen, aber zu unwissend, um eine beweisbare Antwort zu finden.

Es existieren Hypothesen zu zyklischen Universen, Paralleluniversen, Multiversen und ewigen Universen. Und da seit 2022 das James-Webb-Teleskop mit seinen hochmodernen Instrumenten den Weltraum abtastet, werden wieder neue Universen entdeckt werden: Noch ferner, noch älter, noch rätselhafter als die bisherigen. Das Verständnis für den Kosmos erweitert sich ins Unermessliche. Egal, welches Konzept sich schließlich durchsetzt oder wie viele neue Theorien dazukommen – die Frage nach dem Ursprung bleibt. Und damit nach einem »Geist« oder einem anderen Ding, welches dahintersteckt. Die Antwort, nichts stecke dahinter, weil es das oder die Universen immer gegeben habe, führt in die nächste Denkblase.

Alles falsch, meint der Autor Wilfried Multhammer und postuliert in seinem Buch Virtuelle Götterspiele[4] eine »animierte Welt«.

»Der Glaube an die reale Außenwelt ist ein weit verbreiteter und darum erlaubter Selbstbetrug«, so Multhammer, und er fragt sich, ob die Wirklichkeit, in der wir leben, womöglich gar nicht existiert. Ist alles, was wir sehen, nur Einbildung, eine Art Traum? Sind unsere Gefühle lediglich Illusionen, unsere Handlungen bloß fiktiv? Sind wir in Wahrheit nur die Figuren in einem virtuellen Spiel? »Leben« wir demnach in einer animierten Welt und wurden von dem oder den unbekannten Spielleitern mitsamt der Umwelt und der gesamten Idee unseres Universums erschaffen?

Unsinn, antwortet der Realist. Wenn ich einen Stein berühre, spüre ich schließlich die Härte des Materials, fühle seine Temperatur. Das Gefühl von Liebe ist echt, denn es durchglüht mich genauso wie der Schmerz, der mich zur Verzweiflung treiben kann. Und sollte ich jemanden ermorden, komme ich ins Gefängnis. Alles Realitäten und weit entfernt von einem »virtuellen Spiel«.

Wilfried Multhammer widerspricht. Als Beispiel verweist er auf den sumerischen Gott Enki. Der ist »als Leiter oder Aufseher immer präsent und überwacht alle Maßnahmen«. Enki hat offensichtlich die Möglichkeit, das Geschehen zu beeinflussen. Er ist Besitzer der »göttlichen Dekrete, die er bei Bedarf aktivieren kann«. Woher stammte die plötzliche Erkenntnis über die benötigten Werkzeuge für steinzeitliche Monumentalbauten? Wie konnten die Menschen aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. gigantische Bauwerke entwerfen, von denen sie von vornherein wissen mussten, dass sich die Arbeiten daran über viele Generationen hinziehen würden?

So wird im Alten Testament beschrieben, wie sich Moses über die Bundeslade mit seinem »Gott« unterhalten konnte. Mit welchem »Gott«? Dem allmächtigen Spielleiter? Jahrtausende später eroberten die Tempelritter Jerusalem. Dort entdeckten sie einen rätselhaften Gegenstand und transportierten ihn nach Europa. Fortan häuften die Templer ungeheure Reichtümer an. Woher? Multhammer vermutet, der Ritterorden habe in Jerusalem die Bundeslade geraubt und es fertiggebracht, sie in Betrieb zu nehmen. Zitat: »Was dann geschah, haute sie dennoch buchstäblich aus ihren Rüstungen. Der Gott der Israeliten erschien zwischen den Cherubinen und sprach zu den Anwesenden […].« In den späteren Prozessprotokollen wird von einem »Baphomet« berichtet, der den Templern Anweisungen gab. Baphomet? Der Leiter des virtuellen Spiels?

Multhammer verweist auf unsere Augen, die im Volksmund oft mit einer Kamera verglichen werden. In Wirklichkeit hat das menschliche Auge mit einer Kamera gar nichts gemein. Das Auge besteht aus biologischem Gewebe, aus Eiweißen, Wasser, Enzymen und so weiter. »Der ›Glaskörper‹ im Auge ist mit einer gelartigen Substanz gefüllt, was bei der Abbildung der Außenwelt ein gravierendes Hindernis darstellt.« Tatsächlich spiegeln unsere Augen nicht die reale Umwelt, sondern ein Kunterbunt von Impulsen wider, die erst durch das Gehirn zu einem Bild zusammengesetzt werden. Dasselbe gilt für die anderen Sinnesorgane. Egal, ob wir riechen, fühlen, hören oder tasten – immer sind es die unterschiedlichsten eintreffenden Signale, die unser Gehirn, das ja keinen direkten Zugang zur Außenwelt hat, erst zu einem »Sinn« bündeln muss.

Sind wir also nur die Figuren in einer gigantischen Simulation? Dieser Gedanke geistert seit 2 Jahrzehnten um die Welt. (Im Netz zirkulieren mehrere Abhandlungen darüber). An einem Ereignis aus der Vergangenheit möchte ich belegen, dass die Idee mit dem »Spielleiter« einer virtuellen Welt denkbar ist.

In der Nacht des 21. Septembers 1823 erlebte der damals 18-jährige Amerikaner Joseph Smith (1805–1844) eine seltsame Erscheinung. Seine Schilderung:

Während ich im Gebet zu Gott ergriffen war, gewahr ich, dass ein Licht in meinem Zimmer erschien, das zunahm, bis der Raum heller war als am Mittag. Worauf alsbald ein Engel neben meinem Bett erschien, in der Luft stehend, denn die Füße berührten den Boden nicht. Er war mit einem Gewand von außerordentlicher Weiße bekleidet. Es war weißer als irgendetwas, das ich je gesehen habe; auch glaube ich nicht, dass irgendetwas Irdisches so auserlesen weiß und glänzend werden könnte. Seine Hände waren bloß, auch seine Arme, bis etwas über dem Handgelenk. Auch seine Füße waren unbekleidet, ebenso seine Beine, bis ein wenig über den Knöcheln. Sein Haupt und sein Hals waren ebenfalls bloß. Ich konnte sehen, dass er außer diesem Gewand nichts anderes trug, denn es war offen und ich konnte seine Brust sehen. Er nannte mich beim Namen und sagte zu mir, er sei als Bote der Gegenwart Gottes zu mir gesandt worden und heiße Moroni; Gott habe ein Werk für mich zu tun […]. Er sagte, auf goldenen Platten sei ein Buch aufbewahrt, das einen Bericht von den früheren Einwohnern dieses Kontinents und ihrem Ursprung gebe; auch sei darin eine Fülle des ewigen Evangeliums enthalten, wie es der Heiland jenen alten Einwohnern verkündigt habe […]. Nach diesen Mitteilungen sah ich, wie sich das Licht im Zimmer um ihn zusammenzuziehen begann, bis der Raum wieder dunkel war […]. [5]

Nach dieser ersten Erscheinung wurde Joseph Smith weitere Male vom Engel Moroni besucht. Dieser verkündete ihm, auf einem nahen Hügel seien goldene Platten mit Schriften vergraben. Moroni zeigte Joseph Smith die exakte Stelle. Der junge Mann grub die Platten aus und präsentierte sie mehreren Zeugen. Darunter auch Notaren, welche die Echtheit der Platten eidesstattlich bestätigten. Auf den Platten befanden sich Schriftzeichen, und mithilfe von zwei seltsamen »Übersetzersteinen«, die sich Joseph Smith an die Stirn halten musste, konnte er die Botschaft übersetzen. So entstand Das Buch Mormon, die heilige Schrift der Mormonen. Die auch »Kirche Christi« genannte religiöse Gruppe zählt heute über 10 Millionen Gläubige. Sitz des Mormonentums ist die Stadt Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah.

Eine unglaubwürdige Geschichte? Erfunden von einem Träumer oder Wichtigtuer? Und was soll sie mit einer virtuellen Realität zu tun haben?

Die Platten mit den Schriften existierten tatsächlich. Bis zu jenem Tag hatte niemand etwas von ihnen gewusst. Der Engel Moroni führte Joseph Smith zielgenau zum Fundort. Also muss irgendwer irgendwann die Platten dort deponiert haben. Der Inhalt der Platten – das heutige Buch Mormon – enthält eine unsagbare Fülle geschichtlicher Ereignisse, die den frühen amerikanischen Kontinent betreffen. Man erfährt, dass eine Gruppe von Menschen aus dem fernen Osten – die Jarediten – mithilfe von zwei Schiffen nach Südamerika gelangt war. Von Chile aus wanderten die Jarediten nach Norden durch die heutigen Staaten Peru, Kolumbien, Ecuador sowie ganz Zentralamerika bis nach Utah. Nun enthält Das Buch Mormon derart viele Daten und Namen, geografische Angaben und Familienlisten, dass diese niemals vom damals erst 18-jährigen Joseph Smith ersonnen worden sein konnten. Übrigens leiten sich »die Jarediten« von »Jared« ab, und der wiederum ist »der Herabgestiegene«.

Wer also lenkte den jungen Mann aus einfachen Verhältnissen und verlieh ihm quasi die Autorität eines Priesters? Wer wusste von den versteckten Platten? Wer war jener »Engel Moroni«? Einer der Spielleiter unserer virtuellen Welt? Und was sollte das Ganze? Weshalb sollte Joseph Smith eine neue Religion begründen? Zu seiner Zeit mangelte es wahrlich nicht an Konfessionen und zahlreichen christlichen Kirchenablegern wie etwa den Presbyterianern, den Baptisten, den Methodisten, der United Church of Christ und so weiter. (Eine Liste von über hundert christlichen Kirchen veröffentlichte ich in meinem Buch Botschaften aus dem Jahr 2118.[6] )

Warum also noch eine Religion? Angesichts unserer nie enden wollenden religiösen Zerwürfnisse, Streitereien und Rechthabereien könnte man sich durchaus fragen, ob vielleicht ein sardonisch lächelnder Spielleiter all die religiösen Irrungen und Wirrungen der Menschen verfolgt, um gelegentlich »korrigierend« einzugreifen? Zudem – und dies verkompliziert die Geschichte – wusste dieser »Engel Moroni« offenbar, dass die Metallplatten in einer fernen Zukunft auftauchen würden, denn diese Feststellung wird ausgerechnet in den Tafeln selbst verkündet. Wie das? Das Buch Mormon gibt Auskunft:

Wohl denen, die diese Dinge ans Licht bringen, denn sie werden Gottes Wort gemäß aus der Dunkelheit ans Licht gebracht werden; ja, sie werden aus der Erde hervorgebracht werden und zur Kenntnis der Völker gelangen […] und niemand kann es verhindern. Und sie werden an einem Tag erscheinen, wo man sagen wird, dass Wunder aufgehört haben; und es wird sein, als ob jemand von den Toten redet. […] Ja, es wird an einem Tag geschehen, wo man von Feuer, Stürmen und Rauchdämpfen in fernen Ländern hören wird. Auch wird man von Kriegen und Kriegsgerüchten und Erdbeben an verschiedenen Orten hören […].

Ob virtuelle Welt oder nicht, festzuhalten bleibt, dass irgendwelche »Himmelsboten« immer wieder verschiedenen Menschen erschienen sind und sie zur Gründung einer neuen Spielart der christlichen Grundreligion veranlassten. Nun mögen einige Menschen unter Wahnvorstellungen leiden, andere sich zu Propheten berufen fühlen und ihrer Gemeinde eine neue Variante des Christentums abverlangen – als Erklärung reicht das aber nicht. Denn viele Sektengründer konnten die Botschaften, welche sie erhielten, durch Tatsachen belegen.

So auch Joseph Smith im Fall der Goldplatten. Oder – lange vor der Entstehung des Christentums – der babylonische König Belšazar: Diesem erschien während eines Festgelages eine »schreibende Hand«. In deutlichen Buchstaben ritzte diese die Worte »Gezählt, gewogen und für zu leicht befunden« an die Wand. So zumindest überliefert es die Bibel im Buch Daniel ab Kapitel 5. Wer war der unsichtbare Schreiber? Ein »virtueller Führer«?

Im apokryphen Buch Tobit ist nachzulesen, wie der Erzengel Raphael Tobias und seinem Sohn erschien. Und ebenfalls lange vor dem Christentum zeigte sich dem Jüngling David – dem Vater des späteren Königs Salomon – eine himmlische Erscheinung, die ihn leitete. Dem berühmten Gesetzgeber Numa Pompilius – der Sage nach der zweite König von Rom erschienen Götter und befahlen ihm, was zu tun sei. Wie auch dem Minos, König und Gesetzgeber von Knossos. Sogar Äneas, ein Held des trojanischen Sagenkreises, zeigte sich nach seinem Tod in voller Rüstung seinem Sohn Ascanius und erteilte ihm Ratschläge. Der altiranische Religionsstifter Zarathustra, der um 600 v. Chr. als Lehrer auftrat, empfing die entscheidenden Passagen seiner religiösen Texte von einer »leuchtenden Gestalt«. Und sogar Mohammed, der Prophet und Gründer der islamischen Religion, verkündete, ihm seien Erscheinungen zuteil geworden, die ihm die Texte des heiligen Koran übermittelt hätten.

Und so geht es weiter durch die Zeiten. Meistens waren es nicht die Menschen selbst, die sich eine neue Religion erdachten. Irgendwer aus einer verborgenen Welt hielt sie dazu an. Weshalb? Diese jeweiligen »Führer« aus einer anderen Ebene müssten doch eigentlich gewusst haben, dass es auf der Erde von Glaubensgemeinschaften nur so wimmelt. Warum dann stets neue Spielarten? Weshalb alleine innerhalb des Christentums über 200 Glaubensrichtungen? Was ist der Sinn? Nochmals: Menschen können sich sehr wohl irgendetwas ausdenken, sich wichtig nehmen oder sich zu Verkündern aufschwingen. Doch in all den hier zitierten Fällen erlebten Hunderte und gar Tausende von Menschen die Erscheinung eines Wesens, das plötzlich auftauchte und sich ebenso plötzlich wieder auflöste. Nicht ohne vorher eine Botschaft verkündet zu haben.

In meinem Buch Erscheinungen[7] belege ich anhand von über 200 Daten und Orten seltsame Begegnungen zwischen Menschen und »himmlischen« Gestalten – meistens der christlichen »Mutter Gottes«. Stets tauchte eine Art Autorität aus dem Nichts auf und unterwies einzelne oder ganze Gruppen von Menschen.

Als Beispiel mag die Erscheinung im Frühjahr 1947 in Montichiari dienen, einer kleinen Stadt im Norden Italiens, 20 Kilometer von Brescia entfernt. Dort spielte sich Seltsames ab:

Die junge Krankenpflegerin Pierina Gilli betete in der Kapelle des Krankenhauses, als sich plötzlich in der Luft über dem Altar eine Frauengestalt in violettem Kleid materialisierte. Damals – 1947! – existierten weder Computer noch Laserstrahlen, mit denen jemand ein Trugbild in die Kapelle hätte projizieren können. Die fremde Dame weinte; aus ihrer Brust ragten drei Schwerter – aber kein Tropfen Blut war erkennbar. Das fromme Fräulein Pierina war verwirrt. Narrten sie ihre Augen und ihr Verstand? Stellte sie sich etwas vor, das gar nicht existierte? Am 13. Juli 1947 wiederholte sich das Mirakel. Diesmal trug die fremde Dame ein weißes Gewand, und in ihren Händen hielt sie drei Rosen. Eine weiße, eine rote und eine gelbe. Mutig fragte Pierina: »Wer seid Ihr?« – Die Erscheinung lächelte freundlich und antwortete: »Ich bin die Mutter Jesu und die Mutter aller. Ich wünsche, dass alljährlich der 13. Juli zu Ehren der geheimnisvollen Rose [Rosa mystica] gefeiert wird«. [8] Dann verblasste die Erscheinung.

Unmöglich – ist man versucht zu sagen. Eine Erscheinung, die spricht und Forderungen stellt? Das kann doch alles nur eine Sinnestäuschung des strenggläubigen Fräuleins Pierina gewesen sein! Doch das Wunder ereignete sich wieder und wieder und verlegte zudem den Ort des Geschehens von der Krankenhauskapelle in die Dorfkirche. So geschehen am 22. Oktober, am 16. und 22. November sowie am 8. Dezember. Inzwischen sprach die ganze Dorfgemeinde von dem Ereignis, und am 8. Dezember reisten über 4000 Menschen aus der gesamten Lombardei nach Montichiari. Die Dorfkirche platzte aus allen Nähten, und die Menschen drängten sich in den Gassen ringsum. Gemeinsam mit den Gläubigen betete Pierina. Dann rief sie plötzlich laut: »Oh! Die Madonna!« Doch außer Pierina sah niemand etwas. Pierina schilderte, die Gottesmutter stehe auf einer schneeweißen Treppe und sei mit farbigen Rosen geschmückt. Dann habe die Erscheinung zu Pierina gesagt: »Ich bin Maria voll der Gnade, die Mutter meines Sohnes Jesus. Mit meinem Kommen wünsche ich ›geheimnisvolle Rose‹ genannt zu werden.« [9]

Bis dahin lässt sich das Mirakel auf natürliche Weise erklären: Pierina Gilli bildete sich das alles einfach nur ein. Religiöse Wahnvorstellungen, würde der Psychiater urteilen. Doch hier ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Am 17. April 1966 – 19 Jahre nach den ersten Erscheinungen – weilte Pierina im Nachbardorf Fontanelle, gerade mal 3 Kilometer von Montichiari entfernt. Auf der Treppenstufe, die zu einer kleinen Quelle führte, schwebte die »geheimnisvolle Rose«. Dann sagte die Erscheinung zu Pierina, diejenigen Menschen, welche an sie glaubten und das Wasser der Quelle tränken, würden von ihren Krankheiten geheilt. Am 13. Mai, am 8. Juni und am 6. August 1966 wiederholte sich das Spektakel. Die »Mutter Jesu« versprach, Menschen von ihren Krankheiten zu befreien, sofern sie ihre Fehler bereuten und sich vornahmen, sie nicht zu wiederholen. [10] Seither ereignen sich an der Quelle von Fontanelle Wunderheilungen. Genau wie in Fátima (Portugal), Lourdes (Frankreich) oder Guadalupe (Mexiko).

Bekanntlich wimmelt es in der Welt des Katholizismus nur so von Wallfahrtsorten – und an ausnahmslos jedem von ihnen geschehen Wunderheilungen, die medizinisch nicht erklärt werden können. Ich besuchte unzählige dieser Stätten und staunte. Überall hatten einstige Kranke ihre Krücken, die sie nach ihrer wundersamen Genesung nicht mehr benötigten, an die Mauern genagelt. Auch klebten dort Votivtafeln mit Inschriften wie »Maria hat mich geheilt«, »Ich war blind und kann wieder sehen«, »Meine Lähmung wurde hinfortgenommen«, »Mein Krebs auf der Lunge hat sich aufgelöst« und so weiter. Diese Zeugnisse ehemaliger Patienten beweisen die Heilungen. Aber ist damit auch die Marienerscheinung bewiesen? War es tatsächlich die »Mutter Gottes«, die das Wunder bewirkte?

Nein. Weshalb nicht? Weil sich derartige Heilungen bereits in vorchristlicher Zeit ereigneten, in Epochen also, in denen niemand etwas von Jesus, geschweige denn von einer »Mutter Gottes« wusste. Ich belege dies am Beispiel Epidauros. Der Ort liegt in Griechenland und ist heute ein Touristenmagnet. In Epidauros wirkte der Gott Asklepios (Äskulap) – ein Sohn von Apollon. Demselben Apollon wurde bereits im 8. Jahrhundert v. Chr. in Delphi ein Heiligtum errichtet, in dem sich selbstverständlich Wunder ereigneten. Taube konnten plötzlich hören, Nierensteine lösten sich auf rätselhafte Weise auf, glatzköpfige Männer erfreuten sich nach dem Besuch der Kultstätte eines üppigen Haarwuchses, und versteifte Finger ballten sich wieder zu Fäusten. Apollons Sohn Asklepios war aber auch in den Tempeln von Pergamon, Sikyon, Knidos, Kos und Athen tätig. Und an jedem Ort nagelten die Menschen Votivtafeln an die Wände, um sich für ihre Genesung zu bedanken. Im Jahre 1928 fand man bei Ausgrabungen in Epidauros sechs Steintafeln mit Danksagungen. Da wurde berichtet:

Ambrosia von Athen, einäugig. Kam als Bittfleherin zu dem Gott Asklepios. Als sie im Heiligtum umherging, lachte sie über einige Heilungen und hielt es für unmöglich, dass Lahme und Blinde gesund werden sollten, da sie nur einen Traum gehabt hätten. Nachdem sie im Heilraum des Asklepios geschlafen hatte, kam sie sehend heraus. – Euphippos trug 6 Jahre eine Lanzenspitze im Kiefer. Nachdem er im Heilraum geschlafen hatte, ging er mit der Lanzenspitze in den Händen gesund heraus. – Hermodikos von Lampsakos war am Körper gelähmt. Diesen heilte Asklepios, als er im Heiligtum schlief, und befahl ihm, wenn er herauskomme, solle er den größten Stein, den er fände, zum Heiligtum bringen. Da wälzte er den, der jetzt vor dem Heiligtum liegt. – Alketas von Helieis. Dieser war blind und schlief im Heilraum. Als es Tag geworden war, kam er gesund heraus. – Arate von Lakonien hatte Wassersucht. Für diese schlief ihre Mutter, während sie selbst in Lakedämon war, und sah einen Traum. Als sie nach Lakedämon zurückkehrte, traf sie ihre Tochter gesund an; diese hatte denselben Traum gesehen – Aristokritos aus Halieis. Dieser war ins Meer hinausgeschwommen und dabei an einen Ort gelangt, aus dem kein Ausweg mehr war. Darauf schlief sein Vater, da er beim Suchen nirgends auf den Knaben stieß, bei Asklepios im Heilraum. Als er aus dem Heilraum herauskam, fand er den Knaben am siebten Tage darauf. [11]

Die wie durch ein Wunder Genesenen verhielten sich in den vorchristlichen Jahrhunderten also nicht anders als heute, und auch die Mirakel waren von derselben Qualität. Was also geht hier vor? Initiiert irgendein allmächtiger Spielleiter in seiner Welt diese Heilungen? Oder ereignet sich das alles nur durch die Kraft des Willens? Weshalb kann dann aber eine Mutter ihre Tochter heilen, die Hunderte von Kilometern entfernt lebt?

Was sich im antiken Griechenland abspielte, geschah auch 1500 Jahre früher im ägyptischen Memphis. Dort wurde der Gott Ptah verehrt, und beschriftete Steine zeugen von seinen Wundertaten. Auf diesen sind neben Füßen, Beinen oder Händen auch Inschriften mit Danksagungen eingraviert. Neben einer Statue des Ptah wurden insgesamt 376 Ohren in Stein gemeißelt. [12] Da müssen wohl ganze Chöre erst taub und dann wieder gesund geworden sein.

Die hier geschilderten Ereignisse wollen nicht recht zur Vorstellung einer virtuellen Welt passen. Übermächtige Spielleiter, die über Jahrtausende das Geschehen lenken? Oder sind diese »Spielleiter« vielleicht das, was man im religiösen Kontext einen »Schutzengel« nennt? Wird jeder Mensch von einem »guten Geist« begleitet, der ihn behütet und dessen Krankheiten heilen kann, sofern der Mensch intensiv darum bittet? Sind diese »Schutzengel« Wesen mit Persönlichkeit, die auch über Eitelkeit nicht erhaben sind? Weshalb verlangte die »Mutter Gottes« im Falle der Pierina Gilli in Montichiari, sie wünsche »geheimnisvolle Rose« genannt zu werden? Allein im christlichen Bereich sind rund 40000 Erscheinungen registriert, und immer wieder präsentierten sich die Gestalten in unterschiedlicher Aufmachung und forderten die unterschiedlichsten Arten von Verehrung ein.

Oft auch – so ist es überliefert – ging eine magische Kraft nicht von Geistern oder Erscheinungen, sondern von Gegenständen aus. Der nachfolgende Fall belegt dies:

Am 23. Februar 1239 kämpfte eine kleine Schar christlicher Krieger am Hügel von Codol, 5 Kilometer von Valencia (Spanien) entfernt, gegen eine vielfach überlegene islamische Übermacht. Vor dem Kampf baten sechs Hauptleute den anwesenden Priester um die Erteilung der heiligen Kommunion. Nach katholischem Glauben wären sie so nach ihrem Tod direkt in den Himmel gekommen. Doch gerade als der Geistliche die Hostien geweiht hatte, ertönte der Schlachtruf. Die Kämpfer rannten in ihren Rüstungen ins Freie, denn sie fürchteten, die Muslime würden ihre Kirche verwüsten. In der Eile wickelte der Priester die heiligen Hostien in die Altarleinen und schob das Ganze unter einen Steinhaufen. Die Mauren wurden an diesem Tag zurückgeschlagen. Also wollte der Priester seine Hostien wieder unter dem Steinhaufen hervorholen – doch fand er das Leinen blutgetränkt und die Hostien blutbedeckt vor. Am darauffolgenden Tag rückten die Muslime mit größerer Verstärkung gegen die Christen vor – ihr Ziel war die Zerstörung der Kirche. Die Lage schien hoffnungslos. Da band der Priester das blutgetränkte Altarleinen an eine Lanze, um daraus ein Banner zu machen, und schwenkte es den Feinden entgegen. Plötzlich begannen die roten Flecken auf dem Tuch so gleißend zu strahlen, dass die Angreifer geblendet wurden und flohen. Nichts als ein Märchen? Das blutbefleckte Leinen kann jeder Besucher heute noch in der Kirche von Daroca (Spanien) bestaunen. Es dient dort immer noch als Altartuch und wurde seit über 800 Jahren nicht gewaschen.

In diesem Beispiel ging »die Kraft« nicht vom Menschen, sondern von einem Tuch aus. Ein Stück Stoff hat aber keinen eigenen Willen – es denkt nicht. Woher also kam die Energie des gleißenden Lichts?

Die Dinge, die ich hier anführe, haben alle stattgefunden. Sie sind belegbar. In welcher Welt also leben wir?

Die These einer »virtuellen Welt« ist genauso widersprüchlich wie die Annahme, wir hätten für alles eine logische Erklärung. Hier wird dann nicht selten auf die Psychologie verwiesen – eine Wissenschaft, die für alles Erklärungen anzubieten hat, die sich indes so gut wie nie beweisen lassen.

Die Kirche vertritt die Ansicht, der ewige und allmächtige Gott würde all diese Widersprüche auf uns einprasseln lassen, um uns im Glauben zu prüfen. Auf dass wir Dummerchen herausfinden, ob unser Glaube stark genug ist, um diese Unvereinbarkeiten zu schlucken. Der Glaube an welche Religion, bitte? An die katholische oder eine der anderen 200 christlichen Gemeinschaften? Der Glaube an den heiligen Koran oder an die Shintoreligion in Japan? Der Glaube an Zarathustra oder an Das Buch Mormon? Da jede Religion, und sei es auch die kleinste Sekte, für sich beansprucht, im Besitz der Wahrheit zu sein, landen wir unweigerlich im Dunstkreis der Dummheit. Denn glauben bedeutet nicht wissen. Man akzeptiert etwas wider den Verstand. Nicht wissen wollen, keine andere Information zulassen wollen, sich nach außen abschirmen – das ist gelebte Dummheit. Denn jeder Form von Intelligenz wohnt die Triebfeder der Neugierde inne. Und die will wissen – nicht glauben. Wenn Gläubige annehmen, der »liebe Gott« schaffe die Widersprüche, wolle aber gleichzeitig, dass wir ebendiese Widersprüche nicht aufzuklären versuchen, sondern stur an die propagierte Lehre glauben, dann unterstellen sie diesem »lieben Gott«, er wolle uns dumm halten. Zu welchem Zweck hat der »liebe Gott« bei dieser Geisteshaltung den Menschen dann überhaupt erschaffen? Zu seiner persönlichen Belustigung?

Jedem Nichtchristen muss die Idee einer »Gottesmutter« ohnehin unsinnig erscheinen. Der Glaube, eine weibliche Person habe auf unbefleckte Weise einen Sohn Gottes zur Welt gebracht, eine Zumutung. Nichtchristen können über derartige Vorstellungen nur den Kopf schütteln. Aber wenn es diese »Mutter Gottes« nie gab, wenn sie nur eine Erfindung der Menschen ist, weshalb erscheint sie dann Zehntausenden von ihnen? Und die Erscheinungen selbst, die echte – oder angebliche – Mutter Gottes, präsentierte sich mitunter in arroganter, ja, herrischer und sogar eitler Manier. Keine Spur von Bescheidenheit. Als ob die eine Mutter Gottes nichts von der anderen wüsste – als ob all diese Mütter Gottes nicht ein und dieselbe wären. Gefallsüchtige Spielleiter/-innen einer virtuellen Welt? Von Menschen erfundene Erscheinungen, die dementsprechend widersprüchlich und anmaßend daherkommen? Um das Phänomen einzukreisen, mögen zwei Beispiele dienen:

Nahe der wallonischen Stadt Namur (Belgien) liegt das Dorf Beauraing, heute ein bekannter Marienwallfahrtsort mit mehreren Hotels. Dort ereignete sich am 29. November 1932 das Wunderbare. An diesem Tage gingen fünf Kinder – Andrée Degeimbre (14), Fernande Voisin (15), Gilberte Voisin (13), Gilberte Degeimbre (9) und Albert Voisin (11) – in Richtung des katholischen Mädchenpensionats. Das Haus lag nahe dem Bahndamm, und in seinem Garten stand eine Kopie der Muttergottesstatue von Lourdes (Frankreich). Albert Voisin wollte gerade an der Tür des Pensionats die Glocke läuten, als sich über dem Bahndamm eine leuchtende Gestalt materialisierte. Sie war schön, und die Kinder starrten verzückt nach oben. Noch 76 Jahre später schilderte die inzwischen 85-jährige Gilberte Degeimbre sehr ruhig und sachlich ihre Erlebnisse: »Die Schönheit der Dame war unbeschreiblich. Ihr Gesicht strahlte eine Herzlichkeit aus, die uns regelrecht verzückte.« [13] Natürlich erzählten die Kinder ihr Erlebnis daheim, und wie üblich wollten die Eltern nichts davon wissen und beschimpften die Kinder als Träumer und Wichtigtuer. Die Mama von Gilberte meinte sogar, irgendwer habe wohl die Muttergottesstatue aus dem Garten heraustransportiert und mit einer Lampe angestrahlt. Also gingen die Kinder anderntags wieder denselben Weg, um zu kontrollieren, ob die Statue noch an ihrem Platz stehe. Das war der Fall, und über dem nahen Bahndamm zeigte sich prompt erneut »die strahlende, wunderschöne Dame«. [14] In den kommenden Wochen ereignete sich das phänomenale Ereignis gleich 33-mal.

Das Dorf Beauraing geriet in Aufruhr. Wie Kletten hingen die Menschen fortan an den Seherkindern. Keiner der Zuschauer sah eine »Mutter Gottes«, doch sie hörten die Dialoge, welche die Kinder mit der Erscheinung führten. Am 3. Januar 1933 offenbarte sich »die Madonna« letztmalig. Dabei verabschiedete sie sich, denn sie sagte »Adieu – Gott befohlen«. Konnte oder wollte sie sich nicht mehr zeigen? Steht eine echte Mutter Gottes unter Raum- oder Zeitzwang? Hatte der »Spielleiter«, der »Schutzengel« oder das innere Verlangen der Kinder »ausgewünscht«? Genug vom Spiel? Das kann nicht sein, denn Gilberte wünschte sich inbrünstig – wie sie in dem am 11. Januar 2009 gegebenen Interview auf YouTube bestätigte [15]  –, »die Dame möge sich wieder zeigen«. Interessant ist die Tatsache, dass die Erscheinung den Kindern gleichzeitig unterschiedliche Botschaften übermittelte. Zu dem Mädchen Andrée sagte sie: »Ich bin die Mutter Gottes, die Königin des Himmels.« Zu Fernande: »Liebst du meinen Sohn? Liebst du mich? Dann opfere dich für mich!« [16] Und dann geschah etwas, das selbst die umstehenden Zuschauer erschütterte. Die sahen die Dame zwar nicht, aber sie erschraken, weil plötzlich so etwas wie eine Kugel über ihren Köpfen zerplatzte. Alle Umstehenden hörten den Knall.

Welche »Mutter« würde einem kleinen Jungen die unbarmherzige Forderung stellen: »Dann opfere dich für mich!« Keine Mutter der Welt würde so mit einem Kind umgehen! Das sei alles nur symbolisch zu verstehen, sagt die hohe Geistlichkeit. Was für Symbole? Nun, die weiße Rose symbolisiere den Gebetsgeist, die rote den Opfergeist und die gelbe den Bußgeist. Da erhebt sich die Frage: Wenn schon Symbole, weshalb übermittelt die Erscheinung diese dann nicht den erwachsenen Theologen? Wie andernorts wurde auch in Beauraing später eine Kirche gebaut, in der eine Statue »von der lieben Frau, der Mutter mit dem goldenen Herzen« angebetet wird. Und wie üblich ereignen sich auch im belgischen Beauraing Wunderheilungen aller Art.

Unverständlich auch dies: Überall wünschte die »Mutter Gottes«, verehrt zu werden, und bedankte sich gewissermaßen für die Gebete mit Heilungen. Weshalb aber zeigt sie sich stets in entlegenen Dörfern, anstatt vor großen Menschenansammlungen, wie man sie in Großstädten vorfindet? Jahr für Jahr zelebriert der Papst an kirchlichen Festtagen vom Balkon des Petersdoms in Rom seinen Segen »Urbi et Orbi« (der Stadt und dem Erdkreis). Zehntausende von Gläubigen drängen sich bei diesen Gelegenheiten auf der Piazza San Pietro, und TV-Stationen übertragen den Festakt hinaus in alle Welt. Das wäre doch der rechte Ort für einen effektvollen Aufritt der »Mutter Gottes«.

Es ereignen sich auch Erscheinungen, die eindeutig mit dem Weltall in Verbindung gebracht werden können. Beispielsweise am 15. April 1950 im sizilianischen Ort Acquaviva Platani. Dort war zuerst fünfmal hintereinander eine Frauengestalt am Firmament erschienen, und dann »teilte sich eine Wolke, hinter ihr strahlte ein grell leuchtender Stern. Dann begann die matt glänzende Sonne sich mal nach rechts, dann nach links zu bewegen und näherte sich im Zickzackkurs der Erde. In kurvenreichen Bewegungen stieg sie wieder nach oben.« [17]