Wüste, Krater, Wolken - Erich Mühsam - E-Book

Wüste, Krater, Wolken E-Book

Erich Mühsam

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Beschreibung

Neuauflage der Gedichtsammlung 'Wüste, Krater, Wolken' von Erich Mühsam. Mühsam war Anarchist, Publizist und Antimilitarist. Als politischer Aktivist war er 1919 maßgeblich an der Ausrufung der Münchner Räterepublik beteiligt, wofür er zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt wurde, aus der er nach 5 Jahren im Rahmen einer Amnestie freikam. Seine Gedichte zeichnen sich durch ästhetische Qualität, hintergründigen Witz und revolutionären Gehalt aus. Mühsams Werke zählen zur Weltliteratur.

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Seitenzahl: 94

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Wüste – Krater – Wolken

Erich Mühsam

Wüste – Krater – Wolken

Die Gedichte

© by Erich Mühsam

1. Auflage 1914

© Lunata Berlin 2021

ISBN: 9783752833898

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

Inhalt

Euch, Kameraden

Erstes Buch

Ich bin ein Pilger

Ein Droschkenkutscher flucht

Durch Ekel fahr' ich meinen Lebenskarren

Paar urnische Männlein

Und wieder tief ins Herz hinein

Nur die Besten fahren zur Hölle

Sie stehen hoch oben

Aus den Kellern quellen

Meine Seele ist so fremd

Wer vermöchte in der Rätsel Gründen

Das, was ich sehne

Ich möchte Gott sein

Die Welt so dumpf

Ich sah durch ein hohes, großes Loch

Tages, wenn der Magen fastet

Ich gehöre nicht her auf diese Welt

Noch nichts

Jetzt ist es Zeit!

Ein trüber Abend

Der träge Wind

Wir schwiegen neben einander

Grinsend glotzt der dicke Mond

Meine Augen trinken

Hundert wunderdunkle Wolken

Ich hasse die kurzen Sommernächte

Das Trinkerlied

Redet mir nicht von Kunst

Meine grundlostiefe Einsamkeit

Mich kommt ein Lachen an

O ihr Verständigen

Nun endlich, stehst du weiß und nackt

Wir gingen hintereinander

Ich küsse dich

Angst packt mich an

Drück' mir die Hand

Zweites Buch

Bleib sitzen, wo du sitzst

Wie der zerrissene Streifen Mondeslicht

Der Tag, der keine Sonne sah

Auf den Knien bin ich hierhergekrochen

Welke Blätter fallen von den Zweigen

Ein Traumbild hat mich des Nachts geschreckt

Dumpf sengt die Mittagssommersonnenglut

Eine dicke dunkelbraune Ratte

Von dunkeln steilen Stiegen

Endlos gereckt

Gebt mir Schnaps

Durch trübe Regennächte

Die Kirchenuhr schlägt Mitternacht

Die Wolken sind von Regen schwanger

Laternenschimmer schwimmt in gelbem Scheine

Da draußen klappt ein Pferdehuf

Zur Kirche wallten fromme Leute

Ein kleines gelbes Haus

Hinter den Häusern heult ein Hund

Du gingst mit mir

Auf stillem Friedhof

Ich klage an

Verwirrt

Nun, armes Herz

Alle Lippen, die ich küßte

Und wieder tritt das Leben mir

Nun schmacht' ich

Kriecht die Hoffnung

Lerchen schmettern

Durch nahe Bäume

Die großen Freuden

Doch manchmal weiß ich

Ich wollt' dein Bett mit einer Rose schmücken

Wie ich dich liebe!

Dein Auge sollst du senken

Aus einer zornentglühten Flamme

Wenn mich dereinst

Weltjammer

Liebesweh

Der Dichter

Idyll

Frühlingserwachen

Rendez-vous

Friede

Produktion

Liebesweisheit

Der tote Kater

Erziehung

An einen Straßenkehrer

Disput

Der Revoluzzer

Drittes Buch

Stört mir den Schlaf nicht

Regen - Hagel - Schnee

An allen Früchten

Mir ward zu tragen viel

Spiel nur, lustiger Musikante

Was ist der Mensch?

Dies ist der Erde Nacht

Mein Herr und Schöpfer

Da sitz ich nun

Wenn Gott mich so verstände

Kracht der Topf in Scherben

Geht der Mensch im dunkeln Drang

Weiter, weiter, – unermüdlich!

Traurig ist's und jämmerlich

Dieses Warten

Ach, ihr Seelendreher

Mein Heimweg ist nicht lang

Frauen die Pakete tragen

Die Asphaltfläche schimmert feucht

Wollte nicht der Frühling kommen?

Immer noch die dürftigen Nöte!

Im Bruch

Lumpenlied

An die Soldaten

An die Soldaten

Ich zog einmal ein liebes Kind

Alles habe ich gekostet

Ich wollt' das Lied des Herzens

Traurig trollen sich und träge

So träumte mir

Meine Straße mir entgegen

Als ich dich fragte

Der Jüngling, den wir neulich trafen

Nun rüste dich

Geh nach Hause

Von eines Schicksals

Mein Fräulein

Warum faltest du die Hände

Mädchen mit den krummen Beinen

Horch, von der Frauenkirche

Ein kleines Abenteuer

Am schwülen Tage

Du hast mich fortgeschickt

Bekleide jetzt die langen weißen Beine

Es stand ein Mann am Siegestor

Sie lernte Stenographin

Obwohl du Margot heißt

Folg' mir in mein Domizil

Der Komet

Die drei Gesellen

Leg dich zu mir ins Bett

Und wieder scheint's

Seltsames Wesen

Du bist nicht schön

An dem kleinen Himmel

Heut hab ich in ein Herz hineingesehn

Sonnenuntergang

In den alten Winkel-Ecken

Prüf ich mit der Seele Sonde

Wenn ich nachts

In der trüben Einsamkeit

Du liebtest mich mit deiner ganzen Glut

Leicht umwallt von frühen Abenddämpfen

Mit Blut, mit Tränen und mit Küssen

Es ging von mir zu dir

Was ich besessen

Du willst nichts mehr

Wem kann ich klagen

Du lehrtest mich das Leben

Die Sterne am Himmel

Warum ist dieser Einen Bild

Sehr traurig und bedrückt

Ich weiß dich leiden

Fata Morgana

Nun bin ich ganz allein

Füllet Wein

Das sind die Nächte

Wer fragt nach mir

Die hohen Türme

Der Nachtschnee

Verhüllt der Himmel und die Welt

In solcher Nacht

Wo bleibt ihr nur, Genossen

Wo der Schlangenweg

Noch hängt der Schlaf

Und Moses blickte

Dunkel und schwer

Aus roten Dächern

Immer im Elipsengleise

Gebeugte Menschen

Nun flammt das Feuer

Soll dieses Herz

Ich weiß von allem Leid

Sei's in Jahren

Von meiner Hoffnung

Nach all den Nächten

Nein, ich will nicht

Noch geb' ich nicht den Sieg verloren

Unrühmlich

Es schwillt die Kraft

Dem kommenden Tage

Ich weiß, das Glück

Laß uns die süßen

Wenn ich den frosterstarrten Boden

Die uns scheiden

Aus aller Trübnis

Alte Wünsche

Peter Rille zum Gedächtnis

Euch, Kameraden meiner frohen Bünde,

Euch leg ich lachend meine Beichte hin,

Daß ihr als Richter meinen Wert ermeßt

Und prüft, ob ich des Lebens kurzes Fest

Im Kampf bestehe, oder ob der Sünde

Des trägen Gottvertrauns ich schuldig bin.

Ihr wägt gerecht. Und was ihr auch erkennt,

Ob ihr mich selbst in Not und Tod verdammt –

Als Wahrwort soll mir eure Meinung gelten.

Ihr mögt mich einen heiligen Kauzen schelten

Und einen, der in Mondsuchtsträumen brennt:

Ein Pflock der Weisheit sei der Spruch gerammt!

Um eins nur, meine Freunde laßt euch bitten,

Eh ihr des Urteils Schicksalskind gebärt:

Aus allen Zonen töne euer Ruf!

Denn ich, als ich mein Werk aus Qualen schuf,

Hab tausend Seligkeiten durchgelitten ..

Verzweifeln müßt ich, wenn ihr einig wärt.

Erstes Buch

Die Wüste

1898-1903

Dem betenden Skeptiker Gustav Landauer,

dem lieblosen Schwärmer Paul Scheerbart

und dem fidelen Tragöden Erich Mühsam

Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt;

Der Feuer sieht und weiß nicht, wo es brennt;

Vor dem die Welt in fremde Sonnen rennt.

Ich bin ein Träumer, den ein Lichtschein narrt;

Der in dem Sonnenstrahl nach Golde scharrt;

Der das Erwachen flieht, auf das er harrt.

Ich bin ein Stern, der seinen Gott erhellt;

Der seinen Glanz in dunkle Seelen stellt;

Der einst in fahle Ewigkeiten fällt.

Ich bin ein Wasser, das nie mündend fließt;

Das tauentströmt in Wolken sich ergießt;

Das küßt und fortschwemmt, – weint und froh genießt.

Wo ist, der meines Wesens Namen nennt?

Der meine Welt von meiner Sehnsucht trennt?

Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt.

Ein Droschkenkutscher flucht. Ein Marktweib kreischt.

Zwei Hunde, die vor einem Obstkarrn schleifen,

Vergehn vor Durst. Ein Schutzmann hoch zu Roß

Sieht schwitzend auf das Straßenhasten nieder.

Er sieht – doch weiß er nicht – wie sich der Troß,

Der leben will, einander grimmig fleischt.

Er weiß nicht mehr, was man ihn einst gelehrt:

Liebt Mensch und Tier! – Seid alle Freunde, – Brüder! –

Was schert's ihn, ob sie hungern, dürsten, keifen! –

O säß ein Dichter doch auf seinem Pferd!

Durch Ekel fahr' ich meinen Lebenskarren.

Der Kutschbock kracht. Es ist ein elend Holpern.

Die Gäule, die man Jahre heißt, sie stolpern

In faulem Trott, und alle Fugen knarren.

Aus ungeölten Speichen quiekt mein Gott –

Kein Witz hilft, den ich in die Deichsel träufel! –

So klappert's durch die Welt. – Als Hüh und Hott

Keif' peitschend ich den Mähren zu: Pfui Teufel!

Paar urnische Männlein, paar lesbische Weiber,

Paar Reimer, paar Zoter, paar Schnüffler, paar Schreiber, –

Café, Zigaretten, Gefasel, Gegrein –

In Summa: ein Literaturverein.

Und wieder tief ins Herz hinein ein Stoß! –

Ach ja! – Das liebe, gute, eigne Herz, –

Es zuckt so rührend unterm Weltenschmerz. –

Ihr lieben Freunde, tretet doch hinein, –

Nur immer los! –

Es liegt ja offen da, – was kommt's drauf an

Mal im Vorübergehen darauf zu spein –

So dann und wann. –

Was tut euch auch das Herz des Freundes not!

So schlagt's doch tot!

So malmt es doch zu Brei! –

Ich geh' ins Caféhaus. – Die dumpfe

Tabakverqualmte Luft ist meine Welt,

Wo ich mich langsam in die Grube sumpfe. –

Dann ist's vorbei.

Dem Andenken Curt Siegfrieds, gest. 30. Juli 1903

Nur die Besten fahren zur Hölle;

Denn nur die Besten können leiden,

Und nur die Besten wissen zu scheiden

Und finden den Weg aus dem Erdgerölle. –

Du fandst deinen Weg, mein mutiger Flieher!

So laß denn die Vetteln um dich flennen,

Die Erdendrescher und Himmelszieher,

Die nicht wissen, wo Höllen brennen.

Die Sterbensängste, die jene blenden,

Du knalltest sie stark und sieghaft tot. –

Fahr hin, wo die Flamme den Besten loht:

Zu den trunkenen goldenen Höllenbränden!

Sie stehen hoch oben auf dem Gerüst. –

Es ist zwölf Uhr und Mittagsruh. –

Sie fluchen und schreien. – Der eine schmeißt

Dem ändern lachend die Flasche zu,

Die heizend von Mund zu Munde reist, –

Und keiner weiß es, wie arm er ist. –

Ich komme des Weges. Und einer erblickt

Den lässigen Gang, die groteske Gestalt:

»Halloh! ein Kerl, dem es oben tickt!« –

Und wildes Gelächter ans Ohr mir schallt.

Ich sehe nicht auf. – Die wissen ja nicht,

Daß dem, um den ihre Rohheit lacht,

Ihr Schicksal klagend zum Herzen spricht, –

Sie fragen auch nicht, ob er Verse macht.

Und ich geh' weiter. Da kommen mir zwei

Verlebte Dirnen kreischend vorbei.

Aus ihren Augen starrt freudlose Gier,

Am Munde frißt wüster Nächte Lust, –

Nur Leiber, nur seelenloses Geschlecht, –

Die armen Wesen, die nie gewußt,

Daß sie arm und verlassen sind, – und nicht schlecht.-

Da stößt eine die andere an: »Du, hier!

Der dürfte mir nicht für ein Goldstück ins Bett!«

Und sie kichern frech. – Sie können nicht wissen,

Daß ich mein Herzblut gegeben hätt',

Wüßt' ich sie in treuer sorgender Hut –

Wüßt' ich ihrem Frieden ein weiches Kissen, –

Auch nicht, wie weh ihr Lachen tut.

Und ich geh' meines Wegs. Aus der Schule kommen

Erblühende Mädchen, halbwüchsige Knaben,

Die eben vom schrulligen Lehrer die frommen

Gelehrsamkeiten empfangen haben,

Mit denen die Menschen die knospenden Seelen

Verkümmern, unmerklich zu Tode quälen.

Doch mit der Jugend schnellem Erspähn

Hat mich ein Dutzend Augen gesehn.

Da machen sie höhnisch die Zungen breit

Und richten spottend auf mich die Finger. –

Ahnen sie denn, daß ein Mensch in der Näh',

Der sinnt, wie man aus dem Geisteszwinger

Die werdenden jungen Geschlechter befreit? –

Fragen sie: tut unser Spott nicht weh? –

Und endlich bin ich, wohin ich gewollt:

Am Kinderspielplatz – bei den Kleinen.

Hei, wie es mir da entgegen tollt!

Es hängt mir am Hals, an den Armen, den Beinen.

Ach – hier sind doch Menschen, die menschlich fühlen,

Die kleinen Kinder, die sorglos spielen,

Die wissen, wer ihnen Freund, wer Feind,

Wer mit ihnen lacht und mit ihnen weint.

Hier bin ich glücklich – hier wo ich fand

Die ich suchte, die Heimat: mein Kinderland!

Aus den Kellern quellen des Elends Düfte.

Schneller schreitet der Lebensfremde ins Freie.

Seine Stunde schlug. Er ist an der Reihe.

Triste Lieder singen die Herbsteslüfte.

Das Gewürm verbirgt sich des Menschen Tritten.

Bange durchhallt sein Gang den ganzen Wald.

Klagend lachen und lallen alle Echos: Bald –

Bald sind die Mächte gerächt, die Liebe litten.

Und der Mensch erkennt seine Schwächen und lächelt;

Bitter richtet er seinen Blick ins Nichts –

Lieben – Leben – Richten – klirrend zerbricht's. –

Erde! – Elende Hexe! – Sie höhnt und sie hechelt. –