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Arnold, ein spleeniger deutscher Villenbesitzer, ist von dem Gedanken besessen, die arabischen Emirate zu bereisen. Endlich mal ohne seine Judith fremde Länder erkunden. Doch was als Traumreise begann, wandelte sich schnell in einen Albtraum. Auf einer Wüstentour schreckt ihn der Stich einer Tarantel aus dem Schlaf. Todesangst ergreift ihn. Ist das Gift des Tieres tödlich? Auf einer weiteren Exkursion, diesmal mit seinem Freund Botho, werden beide von einem monströsen Sandsturm begraben. Beider Leben stand am Abgrund. In der Oase Nafir sehen die Dorfbewohner in Arnold den vermögenden Fremden, den sie mit einer blutjungen Schönheit verheiraten wollen. Mira jedoch ist alles andere als erfreut über diese Verbindung. Sie sieht in dem Westler einen Zerstörer ihres muslimischen Glaubens. In der Nacht der Nächte wird ein Saraszenendolch zu seiner Bedrohung. Arnold fühlt sich gefangen zwischen den Traditionen des Orients und Okzidents. Die Situation eskaliert, als Arnold auf der Suche nach billigen Arbeitskräften für den Wiederaufbau der Oase in Bangladesch von weiblichen Kidnappern gefangen genommen wird. Ihre Absicht ist, Lösegeld zu erpressen. Arnold steht vor einer bedrohlichen Wahl – Geld für die Freiheit oder den Tod. Und sind vergiftete Brunnen, die heiligen Wasserquellen des Oasengürtels, ein Racheakt der schwer schuftenden Aufbauhelfer? Die Suche nach den Verbrechern beginnt, und die Wüste Rub-al-Chali wird zum Schauplatz eines weiteren Dramas. Die unendliche und lebensfeindliche Wüste Rub-un-Chali forderte schon so manches Todesopfer. 366 Seiten Spannung in einem Orientalischen Land, das noch immer voller Rätsel ist.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
HanS SachS
Wüstensturm
Und Wüstenblume
Tod den Wasserfrevlern
Roman
Über den Autor HanS SachS:
Hans SachS ist mein Pseudonym. Der Name steht für Reisen in Deutschland und der weiten Welt.
Erst im fortgeschrittenen Alter entdeckte ich die Lust, in Romanform über die Episoden zu schreiben. Da fließen Erlebnis und Fiktion zu spannungsreichen Erzählungen zusammen.
Ich charakterisiere in meinen Romanen Land und Leute und verstricke sie in Situationen, die unter die Haut gehen. So fügen sich Erinnerungen und Fantasie zu spannenden Geschichten, worin auch Kriminalistik und Erotik ihren Platz finden.
Bisher erschienen sieben Romane: Der Marsch ins Verderben; Die Hölle lassen sie hinter sich; Die ehrbare Villa; Wüstensturm und Wüstenblume; Black is beautiful; Das Dorf der Puppen- und Das Russenkomplott.
In Bearbeitung ist noch die Organmafia.
Holz- und Specksteinskulpturen haben mich beschäftigt und die Fotografie. Kurzgeschichten und Gedichte schreibe ich seit Jahren, gelegentlich auch mundartliche. Der Roman Das Dorf der Puppen wurde durch die DEUTSCHE WELLE bekannt.
2. Auflage,
© 2018 Werner Schröder – alle Rechte vorbehalten.
Mit Cartoons vom Francis-Verlag München
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c/o Papyrus Autorenklub
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Pettenkofer Str. 16-18
10247 Berlin
Impressum:
Texte: © Copyright by Werner Schröder
Umschlaggestaltung: © Copyright by Jo Kassis
Verlag: Selbstverlag
Bildrechte: eigene Bilder; Oliver Wagenblatt Francis-Verlag Held, T. von: Märchen und Sagen der afrikanischen Neger. Jena: K.W. Schmidts Verlagsbuchhandlung, 1904, S. 191-196. Märchen/Sage * aus tausend und eine Nacht, von Gustav Weil. Zur Datenschutzerklärung: das-buchregal.de/ Frankfurter Allgemeine (Abend)Zeitung.
Wüstensturm
Das Sultanat Dubai war vor weniger als fünfzig Jahren ein unbedeutendes Fischer-und Perlentaucherdorf. Jetzt ist es eine glänzende Metropole, auf ölreichen Sanden erbaut. Das Öl schuf die Voraussetzung dazu. Und dieser Reichtum zieht auch Halbseidene aus aller Welt an. Es ist ein heißes Pflaster. Im Verborgenen agieren Banden und Organisationen, die von hier ihre Imperien steuern.
Beduinen waren einst durch ihre Raubzüge gefürchtet. Jetzt sind sie als Fremdenführer tätig, bereichern sich so an Touristen. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, erinnern sie sich an frühere Methoden der Erbeutungen.
Zahlreiche fürstliche Villen und Hotels residieren am Dubai-Creek, von Öleinnahmen finanziert. Gäste aus aller Herren Länder nehmen hier Quartier, verbraten Unmengen an Geld und Zeit. Auf längeren oder kürzeren Trips lässt sich die vor der Haustür liegende Liwa-Wüste mit ihren Oasen kennenlernen.
Aber Achtung: In unvermittelt auftretenden Sandstürmen hat schon mancher Reisende sein Leben verloren. Und giftige Sandvipern und Skorpione, welche den Tod bringen können, fristen ihr Dasein im Wüstensand.
Arnold, 56, ein vitaler Villenbesitzer aus dem Norden Deutschlands. Mit stahlblauen Augen und der stattlichen Größe von 1,85 mtr, grau-melierten Haaren und einem gepflegten 3-Tagebart, kann er trotz seiner attraktiven Frau schwerlich von anderen Frauen lassen. Seine melodiöse, schmeichelnde Stimme öffnet ihm manche Tür. Er wird als Gast bei Scheich Badshah Abu Salamah weilen.
Seine Frau Judith, 53, ist dagegen zierlich. Doch trotz oder gerade der vier Kinder wegen, die sie geboren hat, ist sie ein besonderer Leckerbissen. Gerade einmal 158 cm groß, lässt sie ihre Oberweite nicht wie eine 53-Jährige erscheinen. Eine blonde Kurzhaarfrisur gibt ihr ein sehr jugendliches Aussehen.
Unter ihren illustren Gästen ist sie als dem Sex nicht abgeneigte Genießerin bekannt. Da lässt sie nichts anbrennen.
Judith zieht es nach Kenia und Tansania, nicht nur der Landschaften wegen. Farbige Männer haben es ihr angetan. Bereits in ihrer Villa ließ sie sich von einem Farbigen begeistern.
Abenteuer in exotischen Ländern stehen auf dem Reiseplan. Die Auszeit beider liegt im gemeinsamen Interesse. Die Ferne lockt. Die Partys, die sie gerne und exzessiv mit vermögenden Gästen feierten, wurden zur Routine. Sie wollen Abwechslung.
In Deutschland verfügt Arnold über ein umfangreiches Anwesen, dem auch ein Golfplatz angegliedert ist. An Geld mangelt es somit nicht.
Botho, ein langjähriger Freund und Schwipp-Schwiegersohn des Emirs von Dubai, wurde zum Begründer einer deutsch-arabischen Nebenlinie des Scheichs. Mit einer seiner Töchter zeugte er einen Sohn. Es ist ein Spleen des Herrn über zwei Harem. So wie er auch edle Vollblüter aus Europa in seinen Reitstall eingestellt hat.
Botho v. Amelung ist Geschäftsmann und Pilot und verfügt über ein eigenes Flugzeug. Er ist ein Mann mit Potenz und bringt einen einmal gefassten Plan, koste es, was es wolle, zum Ende. Dass er aber der Quasi-Schwiegersohn von Scheich Badshah Abu Salamah ist, brachte er gegenüber seiner Frau nicht über die Lippen. Da hat er bis heute gekniffen.
Die Gäste werden wie Staatsgäste im Palast des Emirs empfangen. Von einer Dienerschaft, welche trotz der über der nahe gelegenen Wüste flirrenden Hitze vornehm livriert sind. Der Herr würde sie später begrüßen. Zunächst mögen die Reisenden sich in der Badelandschaft erfrischen. Zur Regenerierung stände alles bereit.
Der Flug und die orientalische Hitze haben Spuren hinterlassen. Die sollen auf Geheiß des Emirs von zarten Händen getilgt werden. Arnolds und Bothos Lebensgeister werden so wieder erweckt. Es mangelt an nichts.
Den Emir umgibt ein Luxus, mit dem sich auch Arnold nicht zu messen vermag. Er ist ja nicht unvermögend, doch mit dem Gepränge in diesem Palast kann er seine Villa nicht vergleichen. Aber er ist ja auch mehr des Haremslebens wegen hier. Das reizt ihn, kennenzulernen.
Der Gastgeber gebietet und brilliert über seine Damen. Arnold wird die Wohltaten von Haremsdamen kennenlernen. Das Angebot kommt ihm voll entgegen. Ist ja einer der Gründe, weshalb die Emirate ihn so beeindrucken. Dem Sex war er noch nie abgeneigt, auch jetzt nicht, obwohl er mittlerweile im 57. Lebensjahr steht.
Sheigh Badshah Abu Salamah empfängt seine Gäste nach dem Bad traditionell. Dem ihm bisher unbekannten Arnold aus Deutschland wird er nicht nur mit Prunk imponieren. Das Nachtleben Dubais steht auf dem Besuchsprogramm. In einer von ihm bevorzugten Bar wird er seine Besucher mit dem Geheimnis von 1000-und einer Nacht bekannt machen. Den Erotiksalon sucht er immer auf, wenn reputable Gäste auf das Spezielle im eigenen Palast einzustimmen sind.
Das Ambiente der Nachtbar ist darauf ausgelegt. Arnold und Botho mögen sich hier wohl Appetit holen; das Amouröse des Abends folge im Palast des Emirs, wie er augenzwinkernd ankündigt.
»Ich heiße nochmals im Namen Allahs willkommen und wünsche angenehmen Aufenthalt. Ihr seid meine bevorzugten Gäste.«
Die Damen der Bar bieten kandierte Früchte, raffiniert angerichtete Mandelhühnchen und levantinischen Feigensalat an. Dazu Sekt der besten Klassen. Der Sheigh lässt es an nichts mangeln. Die Fleischbeschau regt den Appetit an, das Menü wird später im Palais aufgetragen.
In diesem Milieu sind nicht nur die Augen der Damen unverhüllt. Gertenschlanke Körper regen männliche Fantasien an.
Die Mädchen lassen erahnen, was zu vorgerückter Stunde Palais geboten werden wird.
Ein freizügiges Varieté, glühender wie die Hitze des Tages, erzeugt Lust auf mehr. Doch nicht in dieser Bar. Im Palast. Da steht eine amouröse Zeit bevor.
Im Anwesen des Emirs ist alles bereitet. Wer möchte, darf die Wasserpfeife rauchen. Arnold versucht sich daran. Aber der notorische Nichtraucher bekommt einen nicht endenwollenden Hustenreiz.
»Daran wird der Herr sich noch zu gewöhnen haben, wie auch an die Delikatessen unserer Nächte,« lacht der Emir vielsagend.
Das Dinieren zieht sich hin. Milliardenschwere Gastgeber verfügen über unbegrenzte Freizeiten; Eile gilt als unterprivilegiert, Gespräche kommen nur schleppend auf den Punkt. Diese Lebensart zu verinnerlichen fällt dem quirligen Arnold schwer. Er ist ein Typ, der ohne Umwege auf sein Ziel zusteuert. Auch in der Erotik. Aber in Arabien gelten andere Regeln.
Die Animiermädchen halten sich diskret im Hintergrund, auf den leisesten Wink des Emirs aber sind sie zur Stelle. Zum Ende der Beköstigung wird ein Nachtisch, das arabische Mhalabia, kredenzt.
Nach den Massagen, dem exquisiten Barbesuch und den fürstlichen Genüssen sind die europäischen Gäste bettreif. Der Scheich hat damit gerechnet und die Haremsdamen in Kenntnis gesetzt. Der zweite Akt des Begrüßungssrituals lässt nicht auf sich warten.
Badshah Abu Salamah ist ein rastloser 45-Jähriger. Bekam er seine frühzeitige Kahlköpfigkeit von der intensiven Haarpflege? Übermäßiges Bürsten soll Haarwurzeln verkümmern lassen, sagt man. Es stört ihn nicht. Denn gewöhnlich trägt er den traditionellen Agal. Und eine scharfe Nasenform gibt ihm ein majestätisches, energisches Aussehen. Von seinen Untertanen wird er gefürchtet. Denn er ist auch Gerichtsherr.
Mit einem stakkatoähnlichen Rhythmus klatscht er in die Hände. Es ist das Zeichen für die Eunuchen, drei ausersehene Herzensdamen herbeizuführen. Am Mahl der Männer nahmen sie nicht teil. Das ist nicht üblich im Orient. Sie speisten in eigener Runde.
Für Europäer gewöhnungsbedürftige Musik gibt dem Raum eine angepasste Atmosphäre. Doch die Musikanten bleiben unsichtbar. In orientalischen Ländern gelten sie als unterprivilegiert. Ihre Tonkunst ist gewünscht, aber nur aus dem Hintergrund. Arnold ist überrascht. Das kennt er anders. Kann man so in Stimmung kommen?
Die Damen werden wie auf einem Heiratsbasar präsentiert. Noch sind sie in glitzernde Gewänder eingezwängt. In stundenlanger Arbeit hat man sie gestylt. Doch sobald ihr Brötchengeber es verlangt, haben sie sich aus ihrer aufwendig hergerichteten Garderobe wieder herauszuschälen. Sie wissen, was erwartet wird. Das herausgehobene Leben haben sie nur ihrer Sinnlichkeit zu verdanken. Ändern sich die Ansprüche ihrer Bosse, ist das feudale Dasein Vergangenheit. Deshalb sind sie gefällig. Und wenn Besucher ihre Aufwartung machen, sind sie noch williger. Besonders zu Zeiten der Nacht. Die lassen sie sich versilbern.
Heute treten diese Evas als Drillinge auf. Die Liebesperlen sind in arabische Jilbab-Kaftane gekleidet, die sich in Ausstattung und Farbe nicht unterscheiden. Tiefschwarze Haare sind zum Knoten gebunden und mit Silberstreifen durchwoben. Eine goldene Nadel hält das Geflecht in Form. Dunkelrote Stickereien an den Ärmelaufschlägen und im Halsausschnitt ziehen die Augenpaare wie ein Magnet an. Die Favoritin trägt dazu ein Satin-Übergewand in Goldgelb und orange, mit einem Ausschnitt, der tief blicken lässt.
Die Firstdame ist eine grazile Schönheit. Ihre Mandelaugen faszinieren jeden, der ihr gegenübertreten darf. Sie ist derzeit die Bevorzugte des Scheichs. Als Morgengabe und zur zeitweiligen Verfügung tritt er sie bei diesem Besuch an Arnold ab. Das ist eine außergewöhnliche Ehre, welche dem Deutschen zuteilwird. Wem ihr Gebieter sie überlässt, dem hat sie gefügig zu sein und dessen Wünsche zu erfüllen.
Angesichts solch eines Gunstbeweises gedenkt Arnold nicht seiner eigenen Frau. Er ist überzeugt, dass die sich in Tansania ebenso ihr Vergnügen verschafft. Da ist er mit ihr quitt.
Um dem Sheigh zu gefallen, wird sich die Favoritin um Arnold zu bemühen haben. Und dabei kommt sie bei diesem Mann an den genau Richtigen. Da passen Topf und Deckel zusammen. Botho hatte seine Finger im Spiel.
Doch auch der Freund hat eine Perle in der Hand. Und der Sheigh hat sich eine der Frauen ausgesucht, die er lange nicht mehr begehrt hat. Sie wird die Chance nutzen, um aus ihrem Status einer Eintagsfliege herauszukommen.
Es ist nach Mitternacht, als die Herren der Schöpfung sich ihren Damen zuwenden. Das Ambiente lässt niemanden kalt.
Sobald illustre Gäste angesagt sind, ist die Favoritin erste Wahl. Sie weiß, dass sie dann ihren Charme auszuspielen hat. Ihre Begabungen sind legendär. Arnold ist einiges gewohnt, orientalische Varianten sind ihm jedoch unbekannt.
Die Gesellschaft hat reichlich Zeit verbracht, ehe es zum Hauptgericht kommt. Hauptgericht? Noch mehr speisen? Man platzt doch jetzt schon.
Das hat Arnold gründlich missverstanden. Damit sind die körperlichen Genüsse gemeint.
Zum Zeichen der Sättigung legt man sich die Hände auf den Bauch, und wer mag, raucht einige Züge aus der Wasserpfeife. Arnold verzichtet. Gaumenfreuden sind befriedigt. Die Gäste sind erpicht auf das Amouröse der Nacht.
Der Hausherr sieht mit Genugtuung, wie seine Favoritin Arnold umgarnt. Auch wenn es diktiert ist-der Deutsche macht mit.
Zum Vorspiel des nächtlichen Treibens werden erotisierende Getränke gereicht. Pflichtbewusste Diener lassen die Gläser nicht leer stehen. Man möge sich schnell näherkommen. Der Ablauf scheint einstudiert. Das hat sich Arnold sinnlicher gedacht.
Botho genießt ebenfalls, dass seine Auserwählte ihn umschnurrt wie eine rollige Katze. Die Haremsdamen wissen, dass sie Europäer vor sich haben, obwohl Arnold wie Botho in kostbare arabische Gewänder geschlüpft sind. Das gehört zum Erleben von tausend und einer Nacht dazu. Duftkerzen verbreiten betörende Düfte. Das Dunkel wird lang und ausschweifend sein in den Luxusgemächern.
Unter der Obhut diskreter Eunuchen geht für die Vergnügungssüchtigen die Post ab. Die wissen genau, wie den Akteuren der Sinn steht. Ist ja nicht das erste Mal, dass ein Liebesnest betreut wird. Kerzen verbreiten diffuses Licht. Ein voller Mond äugt durch die Fensterfront. Selbst der ist am Geschehen beteiligt. Seine Illumination erregt die Akteure.
Ein monumentaler Diwan, mit weichen Daunenkissen belegt, erwartet Arnold. Und wie selbstverständlich steht ein Kastrat bereit, Wünsche zu erfüllen. Was allerdings nicht im Sinne Arnolds ist.
Er fühlt sich selber Manns genug, die Nacht zu gestalten. Doch da hat er sich gründlich geirrt, wie er sich später eingestehen muss.
Arnold erinnert sich an das indische Kamasutra, das er in eigener Villa durchgearbeitet hat. Aber längst nicht alle Kapitel. In diesem Serail wird er der Schüler sein. Und er ist lernfähig. Arnold schwelgt in Vorstellungen. Und Gelerntes wird er dann bei seiner Judith anwenden können.
Mandeläugig und sinnlich lächelnd rekelt die Favoritin sich auf der Ottomane. Dieser verführerischen Stellung vermag Arnold nicht zu widerstehen. Ihm schwillt der Kamm, und selbstbewusst nähert er sich seinem Objekt. Er hat schon so manche Frau besiegt.
Geheimnisvoll lächelnd wartet sie auf ihren Lover. Die mit goldenen Kettchen behangene Orientalin zeigt, wie gelenkig sie doch ist. Arnold hat die Wahl, wie er sich dieser Akrobatin bedienen will. Die Wonnen des Orients locken. Traumhaft, zu welchen Verrenkungen so ein Lustobjekt fähig ist. Der schweigsame Eunuche hat die Darsteller stets im Blick. Mit ätherischen Ölen steht er zur Verfügung und erkennt diskret, wann eine Zugabe erwünscht ist.
Die Lieblingsfrau des Scheichs gibt alles, um in der Gunst ihres Gebieters weiterhin die Nr. 1 zu sein. Arnold erwartete, dass ihm ein Schmuckstück präsentiert würde. Und so ist es.
Es ist ja nicht so, dass die Favoritin von Sheigh Badshah eine gewöhnliche Hostess ist. Sie ist die derzeitige Grande Dame, ihm absolut hörig und hat zustande zu bringen, was er ihr aufträgt. Diese Nacht hat sie sich mit Arnold zu vergnügen. Und von ihr hat Arnold eine Wahnsinsstellung kennengelernt. Allerdings: Die Schau ist noch lange nicht passé. Die arabische Konkubine scheint es darauf anzulegen, ihren Lover in die Knie zu zwingen.
Die Haremswächter werden ihrem Scheich berichten, welche Kunststücke die beiden vollbrachten. Und damit entscheidet sich das Schicksal der Hetäre. Ihr Sinnen steht dahin, ihrem Galan, - heute ist es Arnold, in jeder Hinsicht zu gefallen.
Spärlich bekleidete Masseusen bringen Arnolds Gedanken wieder auf Kurs. Sein Body wird von einfühlsamen Händen bearbeitet. Und die wissen, wo sie anzusetzen haben, um weitere Höhepunkte anzusteuern. Nach getaner Arbeit verschwinden die Muskelpressen. Kommen denen nicht selber Gelüste? Und wer wird die dann stillen? Arnold scheint unersättlich.
Diese Ertüchtigungen gehören zu arabischen Liebesnächten dazu. Davon hörte Arnold. Erst im Morgengrauen fallen die Akteure ins Reich der Träume. Die Chinesen nennen das den >kleinen Tod<.
Arnold ahnte nicht, dass die kandierten Früchte präpariert waren, um die Liebeslust nicht zum Erliegen zu bringen. Nur vermögenden Arabern sind die Inhaltsstoffe bekannt. Arnold meinte, es wären reine Gaumenfreuden. Aber er ist`s zufrieden, dass es so kam.
Er wunderte sich mächtig, weshalb sein Freudenspender über Stunden nicht an Leistungsbereitschaft verloren hat. Arnold hat zwar daheim so manches Gefecht bestritten, und ausdauernd ist er auch. Doch diese Liebesnacht war eine Nummer größer. Genau das erwartete die Favoritin: Einen europäischen Anzünder, der ihre orientalische Flamme nicht erlöschen lässt. Der Deutsche hat sie nicht enttäuscht.
Stets darauf bedacht, sich mit Liebestechniken anderer Länder vertraut zu machen, ist die Aufgabe der Araberin. Will ja schließlich die Erstfrau des Palastherren bleiben. Das ist ihre Lebensversicherung und Altersvorsorge. Sonst landet sie schnell wieder da, woher sie kam.
Daher also der Brauch, besten Gästen die eigene Favoritin zu überlassen. Letztlich profitiert der Haremsherr durch erworbene Verführungskünste seiner Mätressen. So völlig selbstlos, wie Arnold zunächst annahm, ist die Gastfreundschaft keineswegs. Doch er ist ja ein Greenhorn im Orient. Meint aber, er wäre ein Lover ohne Schwächen.
Sobald Arnold am späten Vormittag seine Nachtschwere abgestreift hat, fühlt er sich einsam in dem feudalen Liebesnest. Der diensthabende Eunuche hat allerdings bemerkt, dass der Gast die Augen aufschlug, und bietet dienstbeflissen seine Morgendienste an. Neben dem Bett entdeckt er eine erste Morgengabe, einen üppigen Früchtecocktail. Dann geleitet man ihn die Badelandschaft.
Solche Zuwendungen ist der Deutsche nicht gewohnt. Er hat sich stets eigenhändig geduscht und getrocknet, die Haare geföhnt und rasiert. Sein Gesicht hat er ohne fremde Hilfe eingecremt, in seine Kledage ist er allein gestiegen. Er ist doch kein alter Mann!
Das alles erledigt heute der eifrige Herrendiener. Und nicht nur der: Leicht bekleidete weibliche Wesen scharwenzeln dazu um ihn herum. Zwei davon kennt er bereits von gestern Abend.
Frisch gestylt und putzmunter erscheint Arnold zum Breakfast, wo er von Botho und dem Sheigh bereits erwartet wird. Beiden ist die gleiche Prozedur wie ihm widerfahren. Jetzt lässt man sich überraschen, was die Küche anzubieten hat.
Köstliche Erfrischungen sind es. Bei ihrem Genuss kosten Arnold und Botho ihre nächtlichen Abenteuer noch einmal aus. Und der Palastherr ist ganz Ohr, was sein Besuch zu berichten hat. Die eigene Nacht findet er nicht erwähnenswert. Er erlebt das in steter Folge. Für ihn ist es weniger Lustgewinn wie Abreaktion.
Aber ihn interessieren die Schilderungen seiner Gäste, wie sie die orientalischen Liebesnächte beurteilen. Daran orientiert er sich. Für den Fall, dass er demnächst mit einer weiteren Gespielin seine Nächte verbringen will. Für das Finanzielle sind andere zuständig.
Botho hat arabische Erlebnisse schon mehrfach erleben dürfen. Er kennt sich aus. Es waren Nebenfrauen, die ihm die Nächte versüßt haben. Und trotzdem oder gerade deswegen ist er hingerissen, wenn ihm ein weiteres Abenteuer geboten wird. Im Bett wie in der unwegsamen Wüsteneinsamkeit.
An ein Erlebnis erinnert er sich besonders gerne. Damals kannte er sich mit den orientalischen Gepflogenheiten noch nicht aus. Nach der üblichen Reinigungszeremonie wähnte er sich in Angriffsstimmung. Er meinte, diese beiden weiblichen Wesen seien die ihm zugedachten Nachtgefährtinnen. Da sie mit Schwamm, Bürste und Nass seinen Body bearbeiteten, meinte er, sie sollten auch ihren Anteil genießen. Noch unter der Dusche wollte er mit den beiden einen Quickie zelebrieren. Das aber war ein eklatantes Missverständnis.
Die Geschöpfe widersetzten sich. Ein Eunuch schritt ein und klärte die Angelegenheit. »No, no, Sir, this are not your Juwels.« Da war er ins Fettnäpfchen getreten. Zu anderen Zeiten hätte es sein Tod sein können.
Auf Botho wartete eine andere Schönheit, die ihm das Liebesleben der Araber nahebringen sollte. Auf Befehl ihres Vaters. Ein Wesen, die ihn in einem luxuriösen Serail empfängt und dabei tief verschleiert ist.
Umhüllt von Wohlgerüchen nähert er sich der Perle. Ein kostbarer Morgenmantel verbirgt seine Männlichkeit. Die Kleine scheint voller Scheu. Botho schwant, dass er ein Nestküken, eine mädchenhafte Liebhaberin in den Armen halten wird. Er behält recht. Es ist ein Beweis von Zuneigung und Freundschaft des Gastgebers, dass er ihm eine Jungfrau bereitlegt.
Trotz der Ängstlichkeit der Unberührten kam es zu Intimitäten, denn im Orient ist es üblich, dass geschlechtsreif gewordene Mädchen einem Mann zugeführt werden. Der Altersunterschied spielt dabei keine Rolle. Kinder haben sich den Anordnungen der Väter ohne Widerrede zu fügen.
Botho hatte Bedenken, als er das junge Leben erkennt. Doch er hält sich in Dubai auf, zu Gast bei einem strenggläubigen, traditionell dem Mittleren Osten verbundenen Sheigh. Da hat sich der europäische Brauch den Sitten und Gebräuchen des Orientalen unterzuordnen. Da ist nicht das Abendland, wo die Entjungferung minderjähriger unter Strafe steht.
Den pubertierenden Mädchen hier ist bewusst, was von ihnen erwartet wird. Doch trotz ihres Wissens haben sie fürchterliche Angst vor der Hochzeitsnacht. Besonders dann, wenn sie beschnitten sind-was gewöhnlich der Fall ist.
Dieses Mädchen war sogar eine der Töchter des Gastgebers, wie sich dann herausstellt. Sobald einem Besucher solch eine Gunst gewährt wird, darf er sich hochgeehrt fühlen.
Botho durfte dieses Gastgeschenk des Sheighs nicht zurückweisen. Es käme einer tödlichen Beleidigung gleich. Botho hätte sein Gastrecht verwirkt, und das wollte er auch nicht riskieren.
Er verhielt sich zartfühlend, aber zielstrebig. Diese Tochter soll von ihm geschwängert werden, denn ihr Vater möchte eine neue Linie in der Familie begründen, europäisch/arabisch. Der Scheich liebt das Westliche. Deshalb ist der Deutsche hier gern gesehen, wenn er auch nicht als Schwiegersohn vorgesehen ist.
Botho gab das Beste. Die restlichen Stunden des nächtlichen Zusammenseins dienten der Erholung und nicht weiteren Abenteuern. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste.
Botho hat seine Gastpflicht erfüllt und die Tochter hat sich dem Willen des Vaters unterworfen. Ob sich das gewünschte Ergebnis einstellen wird, ist abzuwarten.
Daran erinnert sich Botho v. Amelung. Das war vor einem Jahr. Heute lässt er sich das Breakfast munden.
Der Quasi-Schwiegervater verkündet eine erfreuliche Nachricht: dass das Zusammensein von Erfolg gekrönt sei. Seine Tochter habe das gewünschte Produkt geliefert.
So ein Snob, denkt Botho, fühlt sich aber doch bestätigt. Denn mit seiner Frau in Deutschland hat er keine Kinder.
Daher also rührt die enge Freundschaft, die den Sheigh mit dem Adligen v. Amelung verbindet. Eine Gemeinsamkeit unter fast Gleichgestellten gewissermaßen. Offizieller Schwiegersohn aber wird er nicht. Er darf jedoch der Dynastie gerne seine Aufwartung machen.
Wenn der Scheich bei der Ankunft seiner Gäste auch noch nicht in Erscheinung trat, war ihm doch nicht entgangen, dass im Bad gegen seine Anordnungen verstoßen wurde. Die Masseusen haben trotz Untersagung sexuelle Handlungen an den Gästen vollzogen. Sie meinten, die schläfrigen Reisenden würden das nicht mitbekommen. Sie wollten sich ihren Spaß erlauben.
Versteckte Kameras gaben davon aber Kenntnis.
Verbote geraten bei Sheigh Badsdah niemals in Vergessenheit. Wenn seine Anordnungen ignoriert werden, muss das Konsequenzen haben. Doch welche Strafe käme dafür in Frage? Er wird es in der Frühstücksrunde mit den Gästen beraten. Die waren ja beteiligt und bekommen somit ein Mitspracherecht. Die Angestellten der Dynastie betrachtet der Hausherr wie Leibeigene.
»Ich weiß nicht, wie ihr es empfunden habt, als die Muskeltrimmerinnen Hand an euch gelegt haben. Wahrscheinlich aufreizend, denn ihr seid Männer. Dennoch: Derartige Streicheleinheiten gehören nicht zu einer Waschung. Ich habe das ausdrücklich verboten. Aber die nichtswürdigen Weiber haben sich über meine Untersagung hinweggesetzt. Strafe muss sein. Doch welche? Habt ihr Vorschläge?«
Die Deutschen mochten sich zu einer Bestrafung nicht äußern. Das wäre Sache des Dienstherren. »Wir haben auch Spaß dabei gehabt. Lasst sie straffrei.«
»Das geht nicht. Es untergräbt meine Autorität. Ich werde mir etwas Passendes überlegen.«
Das Dorf, aus dem die Missetäterinnen stammen, hätte beim Strafvollzug, der von einer Auspeitschung bis zu einer Steinigung reichen kann, wieder eine Volksbelustigung. Auf der arabischen Halbinsel ist das bei strenggläubigen Muslimen bis auf den heutigen Tag Gesetz. Mittelalterliche Strafmaßnahmen, die bei Europäern Abscheu hervorrufen. Doch der Scheich ist der Gerichtsherr über seinen Stamm. Die Masseusen leben von nun an mit Ängsten.
Arnold ist ja kein Kind von Traurigkeit. Bei sich bietenden Gelegenheiten spricht er auf Offerten an. Doch was er hier geboten bekommt, übersteigt seine Erwartungen. Orientalischer Sex ist klimabedingt offenbar heißer wie der mitteleuropäische. Arnold hat die Nacht ohne Herzinfarkt überstanden. Die Hetäre hat ihm ganz schön zugesetzt. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste.
Das nächste Erlebnis soll eine Wüstenreise sein. Der Scheich schlägt es so vor.
In Wüstengebieten lebende Araber mögen den Sand bei Allah verfluchen. Für Touristen sind die Landschaftsformen der Rub al-Chali-Wüste und der Oasis aber ein faszinierendes Erlebnis. Botho und Arnold sind in der komfortablen Situation von Gästen eines Scheichs. Für die beiden wäre das Abenteuer natürlich ein Nervenkitzel. Das würden sie genießen.
Ein ortskundiger Führer wird den Deutschen die Augen öffnen für die Schönheiten, aber auch Gefahren der Wüstenlandschaft. Mehrtagesexkursionen mit allen Annehmlichkeiten stehen im Programm. Arnold und Botho werden sich überraschen lassen. Nicht nur heiße Nächte bringen sie um ihren Verstand. Für die Natur sind sie ebenso empfänglich. Die tödlichen Risiken bleiben außer Betracht. Bis der Ernstfall eintritt.
Der Scheich wird sich derweil mit seinen Frauen vergnügen. Auf ein paar Kinder mehr kommt es ihm dabei nicht an. Die Evas haben ja schließlich das Problem mit der Tragezeit.
Die Rub al-Chali ist die größte Sandwüste der Erde mit 500.000 Tsd. km2 Fläche. Sie bedeckt das südliche Drittel der arabischen Halbinsel. An ihrem nördlichen Rand erstrecken sich die Liwa-Oasis in einem Halbbogen und einer Länge von nahezu 100 Kilometern. Die Wüstenlandschaft ist weitgehend menschenleer. Nur erfahrene Beduinen konnten sie in den vergangenen Jahrhunderten durchqueren, wenn sie verborgene Wasserstellen kannten. Und die waren oft Anlass zu Stammeskriegen.
So war es, als die Weihrauchkarawanen durch die einsamen Weiten zogen. Im Tauschhandel gab es Wasser gegen Mehl und Gerätschaften.
Eine vollständige Durchquerung der Rub al-Chali gelang einem Europäer erst 1946. Es war ein englischer Forscher. Historische Aufzeichnungen von der lebensfeindlichen Wüstenlandschaft gibt es aber schon ab dem 17. Jahrhundert.
In neuerer Zeit wurde eine Stichstraße zur Moreb-Düne gebaut, der ungewöhnlichsten Formation in dem Gebiet. Das ist eine gut 120 Meter hohe, vom ständigen Wüstenwind zusammengefegte Erhebung. Ein Anstiegswinkel von 50o wird im Winter für extreme Motorsportarten genutzt. Das Naturwunder ist eines der Ziele von Arnold und Botho, das sie sich nicht entgehen lassen mögen. Die Moreb-Düne wurde in die Liste der Weltkulturerben aufgenommen.
Bis zum Fuß der Sanddüne wird mit dem Auto gefahren, für Exkursionen ins Wüsteninnere stehen Kamele zur Verfügung.
Kamelreiten ist für Touristen immer eine besondere Herausforderung. Beim Auf- und Absitzen landet der Neuling gewöhnlich unsanft auf dem Boden, ehe er das Gegenschaukeln beherrscht. Und sitzt der Reiter im Sattel und das Tier setzt sich in Bewegung, hat er das Gefühl, von den Wellen eines Ozeans getragen zu werden. Daher der Ausdruck >Wüstenschiff<.
Ausgangspunkte für Touren wären Nafir und an-Nasch-schasch, etwas größere Orte innerhalb des Oasengürtels. Doch auch dahin hat man erst mal zu gelangen. Das sind zwei Tagesreisen ab Alyhaly mit Übernachtung in einem der unzähligen Dünentäler.
Für Beduinen ist dieLiwa-Oasis sehr einträglich, wenn sie als Reiseführer tätig sind. In früheren Zeiten waren sie Kamelzüchter und Perlentaucher im Golf. Auch Räuber, welche Karawanen ausraubten.
Die Herrscherfamilien von Abu Dhabi und Dubai sind Nachfahren von diesen Schnapphähnen und entstammen der Oase, welche aus 39 Dörfern besteht.
Wüstenbewohner entdeckten Wasserstellen mithilfe ihrer Kamele, die ein sensibles Gespür für Wasser besitzen. Denn Wasseradern fließen im Untergrund. Die Tiere sind unentbehrliche Hilfskräfte der Beduinen. Sie sind Lastenträger und in der Lage, tagelang ohne Saufen auszukommen, weil sie keinen Urin ausscheiden. Die Evolution hat die Tiere an das Extreme der Wüsten angepasst. Sie sind ein Wunder der Natur.
Mit der heutigen Pumpentechnik ist es kein Problem, das Wasser zu erreichen. In früheren Zeiten war es jedoch weit schwieriger. Da mussten Brunnen gegraben werden. Nicht selten wurden dabei Menschen unter Sand begraben.
Fellachen erzielen bei ausreichendem Wasservorkommen üppige Ernten von Datteln. Ebenso ertragreich wird Obst- und Gemüse angebaut und in die Städte am persischen Golf geliefert. Es sind ordentliche Erträge, wenn nicht Wüstenstürme die Ausbeuten zunichtemachen. Das Unheil kommt oft ohne Vorwarnung über die blühenden Oasen. Dann ist die Not groß.
Manche Karawane hat in vergangenen Zeiten ihr Ziel nicht erreicht. Sie wurde durch Sandstürme begraben oder verdurstete. Immer wieder zeugen Knochenfunde von den Katastrophen. Der Tod durch Wassermangel tritt bereits nach drei Tagen ein. Erheblich früher, als der Mensch verhungert.
Niemand hat hier Eile. Auf die Abenteuer in der Dünenlandschaft der Wüste sind Arnold und Botho erwartungsvoll eingestellt. Die Erwartungen an erlebnisreiche Stunden steigen mit jedem Tag, der vergeht.
Auf geeignetes Wetter braucht man nicht zu warten. Das bietet sich im Übermaß. Die Abenteuerlust der Wüstenneulinge lässt sie die Gefahren aber ignorieren.
Nach einigen Traumtagen in Dubai chauffiert eine feudale Gesellschaft zur Liwa-Oase. In hochglanzpolierten Bugattis und trotz der Hitze in Livree schmorenden Herrenfahrern. In Alyhaly besitzt Sheigh Badshah ein weiteres Refugium. Auch da zelebriert er Luxusleben. Fellachen aber schuften in glühender Hitze. Die Welt ist ungerecht. So kommt Hass auf.
Auch hier gedenkt der Emir seinen europäischen Gästen mit seinem Besitz zu imponieren. Vier Hauptfrauen und Kinder, die er gar nicht alle mit Namen zu nennen vermag, zeugen von Reichtum und geheimnisvoller Potenz. Ist es die südliche, nur gelegentlich von Wolken getrübte Hemisphäre, oder eher der durch scharfe Speisen gewürzte Lebensstil: Die Familie wird immer größer. ....
Von Alyhaly aus, nicht weit vom Oasengürtel der Liwa entfernt, sind die ersten Kurzausflüge in die Randgebiete der unendlichen Wüste geplant. Zunächst nur zum Hineinschnuppern in eine riesige, bedrohliche, am Tage glühend heiße, in den Nächten nahe am Gefrierpunkt liegende Sandkiste.
Gefährlich wird es, wenn Unkundige diese Gebiete bereisen. Ist vergleichbar mit einer Wattwanderung bei Ebbe der Nordsee oder einer Bergtour. Wer sich da nicht auskennt, ist gut beraten, nicht ohne ortskundige Führung eine Wanderung zu unternehmen. Erstaunlich schnell kommt das Wasser in den Prielen zurück und schneidet den Rückweg ab. In den Bergen sind es elementare Gewitter mit Kälteeinbrüchen.
Dass Reisende in einer Wüste ertrinken ist unwahrscheinlich. Und doch schon passiert. Wenn Wadis nämlich wie aus dem Nichts von Wolkenbrüchen geflutet werden. Und Sandstürme wie Zyklone kommen überfallartig und für Unkundige ohne erkennbare Vorwarnung. Wüstenleben ist gefährlich.
Für die Deutschen wird es ihre erste Exkursion in die große Sandkiste sein. Es ist keine Expedition, aber Vorbereitungen müssen doch getroffen werden. Ein standfestes Beduinenzelt zum Schutz vor Sandstürmen, Wasservorräte und Verpflegung für mindestens drei Tage, Serum gegen Skorpionstiche, ausdauernde Kamele sind zu beschaffen. Wüstenerfahrene Beduinen kennen sich aus. Auf die sollte man nicht verzichten.
Diese lebensfeindliche Weltgegend ist sogar belebt. Nicht nur Kleintiere wie Spinnen, zu denen auch Taranteln und Skorpione zählen, leben da. Selbst kleinere Nagetiere kommen hier vor. Die sind an das extreme Klima angepasst. Temperaturen reichen von 00 in der Nacht bis zu +600 am Tage.
Giftige Stacheltiere sind nachtaktiv und verkriechen sich in der Hitze tagsüber in selbstgegrabenen Gängen. Sie sind gefährlich, wenn sie sich durch größere Lebewesen bedroht fühlen und dann mit ihrem Giftstachel zustechen. Nur wenige Arten sind zwar mit ihrem Gift für Menschen lebensgefährlich, doch ein Stich ist äußerst schmerzhaft. Und wenn nicht ersichtlich ist, dass der Einstich lebensbedrohlich wirkt? Dann ist das Leben schnell dahin.
Unter dieser Bedrohung steht die Touristengruppe, wenn sie die Rub al-Chali bereist. Aber auf ein Erlebnis wie dieses verzichten möchten Botho und Arnold auch nicht. Sie könnten ja sonst als Weicheier gelten!
Das Abenteuer startet an einem Freitag, dem Sonntag der Muslime. Wer an dem Tag eine Reise beginnt, wird sie erfolgreich beenden, sagt der islamische Glaube. Darauf verlässt sich die Gruppe.
Noch vor Sonnenaufgang fahren zwei Toyotas, vollgepackt mit allem, was man so braucht in der Einsamkeit, in den anbrechenden Tag. Später, in der Tageshitze, wäre es für Reisende wie Botho und Arnold reiner Stress.
Ein Teil der Strecke wird mit den vierradgetriebenen Fahrzeugen zurückgelegt, um die Tour nicht zu kraftraubend zu beginnen. Dann wird auf Kamele gesattelt. Es sind edle Reitkamele, die im Dorf al-Mariyya bereitgehalten werden.
Wichtig für die Sicherheit ist, dass sich Reiter und Dromedar verstehen. Arnold und Botho haben zu lernen, mit Wüstentieren umzugehen. Die arabischen Begleiter sind dafür verantwortlich, den Neulingen die Verhaltensweisen der Tiere beizubringen. Oft hängt das Überleben davon ab. Knochenfunde zeugen von Dramen im Sandmeer. An Durst zu sterben, muss fürchterlich sein. Dann doch lieber ertrinken. Das geht schneller.
Ebenso wie unter Menschen gibt es auch in der Tierwelt unterschiedliche Charaktere. Für die Einsteiger wurden besonders sanfte Tiere ausgesucht. Doch obwohl es sanftmütige Exemplare sein sollen, erlebt Arnold beim Erheben seines Kamels die unsanfte Landung im Wüstensand. Ihm scheint es, wie wenn das Viech Spaß daran hat, ihn abzuwerfen. Das hin-und herschaukeln, wenn sich das Tier erhebt, ist nicht zu vermeiden. Man muss lernen, gegenzuhalten. Dann bleibt der Reiter oben.
Arnold hat sich durch einige Stürze eine Blessur zugezogen. Nichts Schlimmes, doch schmerzhaft. Die arabischen Begleiter lachen über seine Flugeinlagen.
»Oh, Sir, sorry, bitte nochmals üben. Und Gegenschaukeln, dann bleibt man oben. Ich zeige noch mal, wie es geht.«
Bei Omar sieht alles flüssig aus. Er sitzt ja sein ganzes Beduinenleben auf dem Rücken dieser Tiere. Doch wie nach einigen weiteren Versuchen die Schwierigkeiten überwunden und die ersten zwei Parasang, was etwa 11 Kilometern entspricht, zurückgelegt sind, haben sich die Neulinge halbwegs an das Rollen und Schaukeln gewöhnt. Aber der Magen rebelliert und der Hintern ist abends wundgescheuert.
Monsunwinde bringen Niederschläge. Im Jahresverlauf um die 100 mm. Dadurch bilden sich Wadis, kleine Flussläufe, doch das Wasser versickert bald wieder in der glühenden Einöde. Nur in der Monsunzeit sind sie wasserführend, dann aber reißend und Verderben bringend. Einem dieser Trockenflussbetten folgt der Trupp, dorthin, wo keine Touristengruppe je hinkommt. Alles ist unberührt, nur Arabern bekannt.
Palmen wachsen hier nicht, die Schatten spenden könnten. Zur Abwehr der mörderischen Sonne werden Decken gespannt. Die Europäer sind wie Beduinen gewandet. Luftige Burnusse schützen vor der Hitze, Turbane vor einem Sonnenstich. Kühlung bringt heißer Tee. Kaum zu glauben, aber wahr. Es ist ein seit Jahrhunderten erprobtes Mittel. Ein plötzlicher Sandsturm wäre heute nicht zu erwarten, orakelt der kleinwüchsige Omar.
Die glühheißen Stunden werden mit Nichtstun verbracht. Nachdem die Sonne weiter westwärts gewandert ist, wird wieder aufgebrochen, um den Platz der Nachtruhe zu erreichen. Der liegt in einem Dünental an einem Wasserloch, unter Felsgestein verborgen, das nur Eingeweihten bekannt ist.
Brunnen sind heilige Orte. Deren Lage wurde bei größter Geheimhaltung weitervererbt. Wer das Wissen darum missbrauchte oder sie zerstörte, war dem Tod geweiht.
Nach einer unruhigen Nacht erwacht die Gesellschaft an einem typisch kühlen Morgen. Arnold hatte wüste Träume zu verarbeiten. Das Lagerfeuer brennt bereits, von Omar entfacht. Der Begleiter ist auf dieser Tour der Führer. Er wurde als sehr zuverlässig beschrieben.
Appetitanregende Aromen machen Hunger.
Ein Hammel dreht sich auf dem Grill und wird für Stärkung sorgen. Büffelmilch pur oder heißer Tee, mit Eutersaft angereichert, dazu saftige Bissen vom Fleisch des Tieres lassen die Lebensgeister neu erwachen. Die rasch aufsteigende Sonne vertreibt die nächtliche Kälte.
Bevor die Hitze wieder alle Aktivitäten lähmt, werden die Zelte zusammengepackt und den Lastkamelen auferlegt. Willig ergeben die sich in ihr Los.
»Haben wir auch nichts liegenlassen?« Omar ist ein umsichtiger Führer.
Am zweiten Tag in der unendlichen Sandlandschaft wird vom Kamm einer der Dünen die Gegend erkundet. Einen niedrigeren Hügel besteigt man zu Fuß, doch auf die Höheren tragen sie die Kamele. Die haben kein Bedürfnis auf Wasser. Sie haben sich am Abreisetag mit 100 Litern vollgetankt. Das reicht für zwei, drei Tage.
Arnold und Botho sind von den Eindrücken, welche die Sanddünen ausstrahlen, und der Vergangenheit Arabiens, von der die Begleiter erzählen, tief beeindruckt. Zu unterschiedlichen Tageszeiten strahlen die Sandwehen in sehr differenten Farben. Das liegt an der Sonneneinstrahlung. In der Ferne sieht man Drachenflieger, die sich die Thermik zunutze machen. Die stürzen sich von der Steilwand der Moreb-Düne.
Am Abend des zweiten Tages kehrt die Gruppe nach Alyhaly zurück. Es waren Zeiten zum ersten Kennenlernen einer Wüstenlandschaft. Äußerst anregend, findet Arnold. Sein Hintern ist wundgeritten.
Er möchte sich aber einen noch umfassenderen Einblick verschaffen. Für die ursprünglichen Beduinen begeistert er sich. Mit einem arabischen Begleiter würde er gerne das eine oder andere Dorf in der Liwa erkunden. Unvorstellbaren Luxus hat er in den Residenzen zur Genüge erlebt.
Die Gelegenheit ergibt sich, als sein Gastgeber wegen geschäftlicher Angelegenheiten für einige Tage zurück nach Dubai reist. Sein Quasi-Schwiegersohn Botho fährt ebenfalls zurück und wird sich um das junge Leben kümmern, das er gezeugt hat. Er war ja völlig aus dem Häuschen, nachdem er es zum ersten Mal zu sehen bekam. Vielleicht sollte er noch ein zweites Wesen zeugen? Ein Hinweis vom Sheigh-Vater war eindeutig.
Der Trip zu den Oasen wird geplant und von Sheigh Badshah befürwortet. Er gibt Omar einige Tipps, welche der Dörfer für seinen Gast interessant sein könnten. Es gäbe da einen Clan, der ihm vor Jahren eine Heiratsfähige angeboten hatte ...
So, wie man arabische Reitpferde- und Kamele an beste Freunde verschenkt, würde Arnold eine Jungfrau in Nafir erwarten. Und sein Begleiter warnt ihn eindringlich, das jungfräuliche Mädchen keinesfalls zurückzuweisen. Das könnte wie eine tödliche Beleidigung des Clans aufgefasst werden. Hört sich packend an. Der Deutsche steht daher unter Spannung. Was hat der Emir sich bei diesem Hinweis denn gedacht? Eine Jungfrau soll es sein? Weibliches hat ihn noch nie abgestoßen.
Nafir liegt zwei Tagesreisen entfernt inmitten eines Dünentals. Nicht per Auto, nur hinter dem Höcker eines Kamels ist es zu erreichen. Einen so langen Ritt hat Arnold bisher nicht unternommen. Der würde ihm Einiges abverlangen. Nach Nafir wird er nur mit Omar unterwegs sein.
Lange vor Sonnenaufgang wird aufgesattelt. Er ist voller Erwartung. Es wird doch keine Fata Morgana sein? Aber er ist ja hier, um Abenteuer zu erleben. Nicht nur erotische. Die Erfahrung machte er schon.
Obwohl Omar und Arnold wiederholt, besonders in der überheizten Mittagszeit, ausgiebige Pausen einlegen, fühlt sich Arnold am Abend wie ein Steak. Breit geklopft und bratfertig. Sowie das Kamel sich niederkniete, hat er mit dem Tag abgeschlossen. Ein Wüstenzelt, das vor der nächtlichen Kälte schützen soll, ist schnell errichtet.
Arnolds Sitzfleisch ist arg mitgenommen. In der Nacht findet er kaum Ruhe, so sehr zwickt es. Aber da muss er durch. In der Oase wird er hoffentlich einen Hakim antreffen, der ihm eine Heilsalbe aufträgt.
Nach einem Beduinenfrühstück am frühen Morgen reiten die Eroberer weiter. Das Oasendorf muss vor Sonnenuntergang erreicht sein. Eine weitere Nacht unter dem leichten Zelt soll vermieden werden. Man hofft auch auf eine Gesprächsrunde mit Oasenbewohnern. Und Arnold ist neugierig auf die Kleine.
Ist das ein Findelkind?
Das Dorf Nafir ist eines der 39 wie an einer Schnur aufgereihten Siedlungen der Oase. Der Vorsteher der Wüstenoase war vom Eintreffen des Deutschen unterrichtet. Andere Bewohner sind ebenfalls neugierig und erwarten die Besucher. Es sind hohe Gäste, vom Emir persönlich empfohlen. Keine Touristen. Die verirren sich selten hierhin. Doch nicht nur männliche Einwohner und Kinder sind voller Neugier, auch Frauen blinzeln hinter Fenstern verborgen auf die Fremden. Weil Arnold aber so lädiert ist, kamen sie erst am späten Nachmittag an. Es war die Zeit des asr, dem Nachmittagsgebets.
Der Clanälteste begrüßt die Ankömmlinge. besonders Arnold als den empfohlenen Freund vom Emir. Der ist Gönner und Verwandter dieser Oase. Deshalb hatte der Dorfälteste ihm ja sein im heiratsfähigen Alter angekommenes Schwesterkind angedient. Er hatte dem Sheigh die Mira bereits als junges Mädchen ans Herz gelegt. Der hatte aber kein Interesse an der Kleinen gezeigt. War dem Emir offenbar nicht standesgemäß.
Üblich im Orient ist, dass Töchter lange vor ihrer ersten Periode zwischen den Familien ausgehandelt und vergeben werden. Mitspracherechte besitzen Nachkömmlinge keine. Sie haben den Beschluss der Älteren zu befolgen. Es ist der Status der Sippen, der entscheidet. Und das Geld, das fließen wird. Denn die Aufzucht der Mädchen muss vergütet werden. Sie werden wie eine Handelsware feilgeboten.
Der leicht ergraute Mameluck, Ortsvorsteher des Wüstendorfes, hatte rasch erkannt, dass der Europäer einen passenden Ehemann für das Mädchen abgeben könne. Eine Heirat würde dem Wüstenort ersparen, dass dieses Waisenmädchen allen Männern zur Verfügung steht. Das Schicksal trifft Witwen, für die sich ein neuer Herr nicht findet und junge Frauen, die keinen Heiratskandidaten bekommen. Und von einer prominenten Person wie dem Sheigh abgewiesen worden zu sein ist ein zusätzliches Makel. Das verfolgt das Mädchen.
Der Ältestenrat des Dorfes hatte beschlossen, die 14-Jährige bald zu verheiraten. Da kommt dieser Europäer genau passend. Das Alter des Mannes ist dann ohne Bedeutung.
Arnold wird regelrecht überrumpelt. Für den Deutschen bedeutet es zwar eine hohe Wertschätzung, mit einem arabischen Mädchen zusammengebracht zu werden. In Deutschland hatte er gelegentlich ähnliche Begierden, auf seinen Partys Halbwüchsige zu begehren, und in Judith hätte er keinen Hemmschuh. Mit Sicherheit aber würde ihm die deutsche Justiz Probleme bereiten. In Nafir war es ihm deshalb nicht geheuer, weil man nur auf sein Geld aus ist, um ihn dann über kurz oder lang Geiern und Schakalen zum Fraß zu überlassen?
»Shidi, es ist eine große Ehre, als Christ dieses Mädchen heiraten zu dürfen. Es wird ja nur pro forma sein. Du kannst dich schnell wieder davon lösen. Weise die Gunst nicht zurück. Die Bewohner der Oasen würden sonst zu deinen Blutsfeinden werden«. Omar redete eindringlich auf ihn ein.
»Ich bin aber eine halbe Ewigkeit verheiratet und habe vier nahezu erwachsene Kinder. Weshalb denn ausgerechnet ich, ein zufälliger Besucher dieser Oase? Finden sich keine anderen Kandidaten? Ist das Mädchen so abstoßend? War der Coup lange schon geplant?«
»Davon ist mir nichts bekannt,« meinte der Beduine verschmitzt lächelnd im besten Englisch.
Entgegen üblicher Sitte wurde die Vermählung in kürzester Zeit arrangiert. Bislang hatte Arnold die Zukünftige nicht gesehen. Er wird keine Katze im Sack kaufen! Doch er kann von hier nicht einfach so verschwinden!
Da man aber befürchtet, den fetten Fisch an der Angel zu verlieren, wenn die Heirat nicht umgehend ausgerichtet wird, werden schnell erreichbare Gäste benachrichtigt. Üblicherweise finden orientalische Hochzeiten mit nicht unter 500 Hochzeitsgästen statt. Ist die Zahl der Geladenen geringer, gilt die Feier wie ein Arme-Leute-Fest. Und um nicht in einen solch ehrenrührigen Ruf zu geraten, verschulden sich Familien oft über Jahre.
In diesem Fall dagegen sicher nicht; Arnold ist millionenschwer, wie bekannt wurde. Sonst hätte er nicht die Gunst des Scheiks erfahren. Doch die Oasenbewohner hegten die Befürchtung, bei weniger Eile einen Edelstein im Sand der Wüste zu verlieren. Die Gästezahl ist so schnell aber nicht aufzutreiben.
Selbst wenn Arnold im aktiven Alter von 56 Jahren ist: Ein frisches, unberührtes Geschöpf wird er nicht zurückweisen! Noch wurde ihm dieses Mädchen nicht vorgestellt. Er ahnt nicht, was sich hinter der ungewöhnlichen Geste verbirgt.
Arnold ist ein kommunikativer Mensch, der gerne Gespräche in orientalischer Runde führen würde. Leider hat er das Problem, sich in Arabisch nicht artikulieren zu können. Und englisch spricht von den Dorfbewohnern niemand. Doch da gibt ihm sein Begleiter Omar Hilfestellung.
Nach altem Brauch wurde ein Hammel geschlachtet. Kurz darauf drehte er sich am Spieß. Märchen aus uralten Zeiten füllen die Schlemmerstunden aus. Die für Arnold Auserwählte bekommt er weiterhin nicht zu Gesicht. Er kann sich kein Bild von der Kleinen machen. Aber es würde ja nur eine Heirat auf Zeit sein, wie Omar ihm sagte. Das beruhigt den Selektierten.
Arnold wird mit gegorener Ziegenmilch willkommen geheißen. Muslimen ist Alkohol von Muhammed zwar verboten worden, ebenso der Verzehr von Schweinefleisch. Der wusste schon, weshalb. Denn da entwickeln sich in der Hitze lebensbedrohende Trichinen. In der heutigen Zeit der Kühlmöglichkeiten ist das kein Problem mehr, aber der Glaube hat sich erhalten. Und eine Flasche mit destilliertem Getränk ist für seltene Touristen doch vorhanden. Daraus wird Arnold bedient.
Man meint, jeder Westliche sei abhängig vom Alkohol. Für die Dorfbewohner wird Tee gereicht. Von jungen Mädchen. Ist diejenige darunter, um ihren Zukünftigen zu erkunden?
Zur Unterhaltung der Gäste fabuliert ein Geschichtenerzähler von einem König und einer unbescholtenen Frau. Der Mann ist in einen mehrfarbigen Burnus gekleidet und hat einen Hut wie eine Zuckertüte auf dem Kopf. So versetzt er sich und die erwartungsvoll blickenden Dörfler zurück in die Zeit, in der das Märchen spielt. Umständlich setzt er sich in Positur. Einige Akkorde auf einer Arab stimmen die Zuhörer auf die Geschichte ein. Fernsehen gibt es in Nafir nicht.
»Der gerechte König der Perser, Chosru Nuschirwan, ritt einst auf die Jagd und blieb allein hinter seinen Soldaten, die ihn begleiteten, zurück. Da ihm dürstete, ging er auf eine Hütte, die er in der Nähe vor sich sah, zu, hielt vor der Türe und forderte Wasser zum Trinken. Ein Mädchen, das an der Türe stand, ging schnell ins Haus, presste ein Zuckerohr aus, mischte dessen Saft mit Wasser und brachte es dem König in einem Becher. Der König bemerkte Spreu im Wasser und trank deshalb sehr langsam. Nachdem er getrunken hatte, sagte er zu dem Mädchen: Dein Wasser schmeckt gut, wenn es nur ein wenig klarer wäre.«
»Das habe ich absichtlich getan, denn ich sah, dass du recht durstig bist, und fürchtete, du möchtest zu schnell trinken und dir schaden. Deshalb warf ich etwas Spreu hinein«sagte das Mädchen. Nuschirwan erstaunte über diese Antwort und erkannte daran ihren Verstand und ihre Klugheit.
Nuschirwan fragte dann: »Wie viele Zuckerrohre hast du ausgepresst zu diesem Wasser?«
»Ein Einziges nur, antwortete das Mädchen. «
Nuschirwan erstaunte darüber und ließ sich die Steuerregister des Dorfes bringen. Und wie er sah, dass es eine sehr geringe Steuer bezahlte, meinte er: Das ist viel zu wenig für einen Ort, der einen so guten Boden hat, dass man aus einem Zuckerrohr einen Becher voll Zuckerwasser machen kann. Er beschloss, sobald er in seine Residenz kommen würde, die Abgabe erhöhen zu lassen. Einige Zeit nachher kam er erneut in das Dorf, hielt vor derselben Hütte an und bat um Wasser. Das Mädchen erkannte ihn wieder und lief ins Haus, um ihm zu trinken zu holen. Aber sie blieb lange weg. Da fragte Nuschirwan sie, warum sie so viel Zeit brauche, sie möge doch ein wenig eilen.
Das Mädchen entgegnete: »Heute gibt ein Zuckerrohr nicht Saft genug. Ich habe schon drei Stück ausgepresst, und noch genügt es nicht.«
»Woher kommt dies?« fragte der König.
»Daher,« antwortete das Mädchen, »weil uns der Sultan nicht mehr so gut ist, denn sobald des Sultans Wohlwollen sich von einem Orte abwendet, nimmt auch dessen Segen und Glück ab.«
Nuschirwan lachte, ließ die Steuer des Dorfes wieder herabsetzen und war von dem Geiste und der Beredsamkeit dieses Mädchens so hingerissen, dass er es heiratete.
Die Zuhörer wurden recht nachdenklich. Aber der Geschichtenerzähler fuhr fort: »Eine andere Geschichte handelt vomTod eines Liebenden. Möchtet ihr die ebenso hören?«
»Erzähle!«
»Unter dem Stamme der Söhne war ein Mann, der keinen Tag ohne eine neue Liebe leben konnte. Einst liebte er ein schönes Mädchen aus seinem Volksstamm und warb um sie; sie aber verschmähte und wies ihn immerfort ab. Der Mann ward darüber krank und grämte sich so sehr, dass ihm alleKräfte schwanden und er so schwach und mager ward, dass seine Liebe kein Geheimnis mehr blieb. Lange baten die Verwandten die Geliebte, sie möge ihn doch besuchen, aber sie weigerte sich, bis er dem Tode nahe war. Erst wie sie sein nahendes Ende vernahm, bemitleidete sie ihn und entschloss, zu ihm hinzugehen. So wie er sie erblickte, flossen ihm Tränen über die Augen und er sprach: Wenn du meinen Leichenzug vorüberziehen siehst, wirst du ihm nicht folgen und den Verschiedenen grüßen, der dem Grabe überlassen wird?«
»Das Mädchen antwortete weinend: Ich dachte nicht, dass es so weit mit dir gekommen wäre, aber bei Gott, ich will dir alles gewähren, was du von mir forderst.«
»Er sagte, sie nahet mir, wenn Todesschatten uns trennen, und will mir gehören, wenn ich sie nicht mehr besitzen kann.«
»Dann atmete er tief und verschied. Das Mädchen weinte, küsste ihn und fiel in Ohnmacht, und nach drei Tagen starb auch es und wurde in sein Grab gelegt. «
Der Märchenerzähler hat die auf uralten Überlieferungen beruhenden Fabeln mit seiner arabischen Knickhalslaute begleitet. So wie die Bänkelsänger sie im Mittelalter vorgetragen haben. Das ging sogar Arnold unter die Haut. Er war tief ergriffen. Alte Geschichten haben doch einen wahren Kern, stellte er fest. Wird auch ihm so etwas passieren?
Der Erzähler fand so eindringliche Worte, dass darüber eine rege Diskussion entstand. Arnold hatte so seine Gedanken. »Sind doch die Orientalen so viel geschickter darin wie wir Europäer, alltägliche Probleme des Lebens in einfühlsame Legenden zu verpacken.«
Dattelschnaps, mit schmackhafter Kamelmilch verdünnt, trug dazu bei, den Sinn der alten Fabeln zu verstehen.
Mittlerweile war es spät und frisch geworden. Das mit Kameldung entfachte Feuer war heruntergebrannt und wärmte nicht mehr. Obwohl hier keine Überfälle drohen, bleibt trotzdem ein Wächter am glimmenden Feuerschein zurück. Es war ein Abend wie aus Tausend und einer Nacht, wie ihn sich Arnold erträumt hatte. Schon möglich, dass der Geschichtenerzähler morgen weitere Legenden erzählt. Oder das wahre Leben hält eine bereit. Arnold weiß weiterhin nicht, woran er ist. Das Mädchen hat er nicht kennengelernt.
Heute sinniert Arnold nicht von seiner Frau in Tansania. Die Märchen hatten ihn zutiefst aufgewühlt. Besonders die Erzählung vom Tod des Liebenden bewegte ihn. Arnold, der nie etwas anbrennen ließ, macht sich Gedanken über die Liebe ....
Er erinnert sich an zahlreiche Abenteuer in Deutschland, ebenso an die Haremsnacht in Dubai. Keines davon möchte er missen. Es ist ein hilfreicher Auftakt seines Urlaubs im Morgenland. Aber dass er hier mir nichts dir nichts verkuppelt werden soll? Das wird nicht ungefährlich sein.
Der Clanoberste befürchtete, die Jungfrau ohne stattliche Morgengabe verheiraten zu müssen. Dann könnte es sein, dass das späte Kind der Schwester, die frühzeitig verwitwet ist, auf ewig der Gemeinschaft zur Last fällt. Oder zu einer Schlikka, einer Prostituierten, wird. Allah möge es verzeihen, wenn ausnahmsweise die Gebote des Koran nicht befolgt werden, dass ein Christ keine Muslimin heiraten darf. Die ganze Angelegenheit war übereilt, aber der Clan argwöhnte, der fette Happen würde sonst wieder von der Gabel fallen.
Dieser Ungläubige kam zur rechten Zeit in das Dorf. Allah sei Dank. Christen sind in den Augen von Muslimen zwar Gottlose, doch dieser Mann hat Geld. Und da wird der Gott mal nicht so genau hinsehen.
Hier führt man etwas im Schilde, erkennt Arnold, aber es ist bereits zu spät. Soll hier der Streit zwischen Moslems und Andersgläubigen ausgefochten werden? Will man mit ihm, dem in den orientalischen Gebräuchen unwissenden, ein Exempel statuieren?
Die »Zukünftige« hatte Arnold den ganzen Abend schon aus ihrer Hütte heraus beobachtet. Wenn Mira auch mit einem so alten Mann nicht einverstanden ist – sie wird sich nicht gegen den Beschluss der Familie aufzulehnen wagen. Doch einem so angealterten Bock untertan zu sein? Sie überlegt ernsthaft, ihm bei ihrer Entjungferung einen Dolch zwischen die Rippen zu stoßen.
Es war somit beschlossene Sache der Dorfgemeinschaft, ihm die jungfräuliche Mira ins Bett zu legen. Für die hat sich bisher kein arabischer Heiratswilliger gefunden, obwohl sie im heiratsfähigen Alter ist. Das wird Gründe haben!
Arnold hätte die Kleine zu gerne schon kennengelernt. Doch daraus wurde nichts. Erst Übermorgen soll die orientalische Hochzeit gefeiert werden. Vorher bekommt er die Braut nicht zu Gesicht. Er durchlebt schwere Stunden.
»Doch ich könnte mich ja freikaufen,« überlegt er. »Und dreimal die Scheidungsformel sprechen. Dann bin ich sie wieder los. Wird ja ein abstoßendes Mädchen sein, wenn sie so hartnäckig vor mir verborgen wird.«
Doch Mira ist keineswegs eine entstellte Braut. Ganz im Gegenteil. Sie ist bald 15 Jahre, zierliche 1 Meter fünfundfünfzig klein, dunkelhaarig mit ehrlichen, schwarz schimmernden Augen. Man nennt sie die Wüstenblume. Und wer einen derartigen Beinamen trägt, wird beachtenswerte Vorzüge aufzuweisen haben. Das Problem ist nur der immense Altersunterschied zwischen ihr und Arnold. Einundvierzig Jahre. Im Orient ein ganzes Menschenleben. Und da ist es verständlich, wenn sie diesen so zufällig aufkreuzenden German nicht will. Und sie hat auch kein Selbstvertrauen. Denn ihre Schulausbildung hatte sie nur aus Mezairaa, dem Hauptort der Liwaoasen. Dieser Mann wird ihr an Wissen haushoch überlegen sein, so ihre Bedenken. Der will sie nur entjungfern und dann sich selbst überlassen. Mit einem Kind, das er ihr macht. Das wird sie verhindern. Wenn es sein muss, gewaltsam.
Am Hennah-Abend, der Nacht vor der Hochzeit, werden Hände und Füße der Heiratskandidatin professionell mit filigranen Mustern verziert. Der Körperschmuck soll die Braut noch bewundernswerter machen und steht für Fruchtbarkeit und Glück.
Arnold wird das Arabermädchen Mira erst am Tag der Trauzeremonie kennenlernen. Er ist aufgeregt wie ein 15-Jähriger. Es ist der Beginn der Trauungszeremonie des folgenden Tages. Wie in Germany der Polterabend.
Das Fest beginnt dann mit der Morgengabe, welche seit altersher die Eltern des Bräutigams der Perle überreichen.
Der so unverhofft zum Heiratskandidaten aufgerückte Arnold hat ja nun keine Vorfahren im Schlepptau. Auch ist ihm unwohl, sobald ihm Judith vor Augen schwebt. Zwei Frauen? Das wird zu Problemen führen. Doch dem Ritual wird er sich nicht mehr entziehen können. Das wäre eine tödliche Beleidigung der Gastgeber. Arnold wird sich zu fügen haben. Er, der es gewohnt ist, zu zeigen, wo es lang geht. Da hat der Sheigh ihm was ganz Besonderes eingebrockt.
Mira möchte das Fest wohl sinnenfreudig erleben. Und Geschenke entgegennehmen. Aber sich von diesem Europäer entjungfern lassen? Sie hat noch die Hoffnung, dass dieser alte Mann nicht fähig ist, sie zu deflorieren. Und wenn doch, wird sie sich wehren. Arnold lebt ab sofort gefährlich.
Mira, die arme Wüstenblume, und Arnold, der reiche Deutsche, fiebern dem nächsten Tag teils zähneklappernd, aber auch erwartungsvoll entgegen. Der leicht ergraute, vollhaarige Germane, ein orientalischer Hochzeiter? Für Frauen seines Alters ist er ein Idol, Mira sieht in ihm das Grauen auf sich zukommen.
Er hat keine Ahnung von den Gedankengängen der »Zukünftigen«. Die erwägt ernsthaft, dem in ihren Augen nutzlosen Bock bei nächster Gelegenheit das Leben zu verkürzen. Der beste Moment wäre die Hochzeitsnacht, die im Orient wie Okzident die gleiche Bedeutung hat. Wenn er im Taumel der Gefühle schwebt, hängt über ihm das Damoklesschwert. Sie will sich nicht von dem Christen entjungfern lassen. Und würde es zu ihrem eigenen Tod führen.
Arnold befallen andere Überlegungen. Was würde Judith davon halten, wenn er hier eine zweite Frau heiratet? Er weiß nicht, dass Judith mit ähnlichen Gedanken in Afrika schwanger geht.
Weil das Hochzeitsritual so kurzfristig beschlossen wurde, blieb keine Zeit, Verwandte und Freunde einzuladen. Entgegen traditioneller Gewohnheit wird auch nicht tagelang gefeiert werden. Hunderte Gäste, wie üblich, werden nicht teilnehmen. Es wird wie eine »arme Leute«-Hochzeit sein.
Ist ja nur eine Braut aus der Familie des Clanältesten, die durch eine Morgengabe eines Ungläubigen vor dem Verderben beim Schaitan gerettet werden soll. Da kann man sich auch mal über alte Bräuche hinwegsetzen.
Arnold wird so oder so sein Erlebnis mit einem blutjungen Mädchen haben. Beide haben Stechen im Sinn, doch unter sehr unterschiedlichen Gesichtspunkten. Das Drama ist greifbar.
In seiner Villa hatte er es sich gelegentlich erträumt, aber wegen der Gesetzeslage nie zur Ausführung bringen dürfen. Hier wird ihm ganz junges Naschwerk angeboten. Wäre Arnold ein armer Schlucker, würde es nicht dazu gekommen sein.
Im Orient feiern Männer und Frauen seit altersher separat, in getrennten Räumen. So ist es auch in diesem Oasendorf.
Nach altem Brauch holt Arnold seine Braut aus ihrem Elternhaus ab. Dabei sieht er sie zum ersten Mal. Er hatte nicht damit gerechnet, eine so bezaubernde Person vorzufinden. Das haut ihn um. Seine Gedanken kreisen.
Die Tradition erfordert, dass der jüngste Bruder seiner Schwester ein rotes Band um die Hüften schlingt. Da Mira aber kein Geschwisterteil hat, wird Arnold das selbst erledigen. Mit zittrigen Händen umschlingt er ihren schlanken Körper und drückt ihr einen Kuss auf den Nabel. Dann entführt er sie zum Festplatz, wo sie der Iman bereits erwartet.
Von den wenigen Gästen, die auf die Schnelle zusammengetrommelt wurden, werden die Geschenke überreicht. Die Gaben werden offen herumgezeigt, weil jeder bestrebt ist, andere zu übertreffen. Und es finden sich recht unterschiedliche Give-aways unter den Präsenten. Doch vorwiegend solche, die zum Haushaltsgebrauch geeignet sind.
Den Geschenkideen sind zwar keine Grenzen gesetzt. Bei der so unverhofft angesetzten Feier haben die Gäste aber das Problem, in dieser Weltabgeschiedenheit etwas Passendes zu finden. In der ganzen Oase, obwohl sie aus 39 Dörfern besteht, gibt es nicht einen Laden, in dem man Originelles auftreiben könnte. Und Dubai ist weit.
Deshalb erscheinen manche mit einer Ziege, einem Schaf oder Körben voller Reis. Den Tieren hängt man dazu ein Halsband mit Dinaren um, und in den Reiskörnern, die für Fruchtbarkeit stehen, vergräbt man einige Scheine.
Daran nimmt niemand Anstoß, dass so jung mit so alt verbandelt wird; wohl aber, dass Arnold ein Christ ist. Das passt den meisten Gästen nicht. Und Mira brütet darüber, wie sie sich den alten Mann vom Halse halten kann.
Arnold wird als ein Goldesel angesehen. Doch ihm selber ist nicht klar, ist er nun der Esel oder das Gold? Es kommen ihm massive Gewissensbisse. Seine Wüstenblume ist allerdings ein Goldstück. Und die hat niemand bisher haben wollen?
Und was hat Arnold für ein Brautgeschenk vorzuweisen? Nur ein Scheckbuch und diverse Visakarten. Keine güldenen Ringe und Kettchen, wie sie gewöhnlich bei Eheschließungen überreicht werden. Er ist ja in die Verlegenheit völlig unvorbereitet hineingerasselt. Dass er in akuter Lebensgefahr schwebt, ist ihm nicht bewusst.
Seine Millionen sind es, die ihm diese Ehe beschert. Dafür verkuppeln die Oasenbewohner gerne mal eine der Ihren. Auch wenn es der Glaube verbietet. Legal wäre, wenn Arnold konvertieren würde. Doch das liegt ihm fern.
Der Hochzeiter fühlt sich miserabel, sobald Judith in seine Gedankenwelt kommt. Noch immer ist sie für ihn nicht erreichbar. Er wollte ihr von den Kupplungsversuchen berichten und ihre Meinung dazu hören. Langsam macht ihm das Sorgen. Da wird doch nicht ein Unglück passiert sein? Aber er sollte sich lieber Gedanken um sein eigenes Leben machen!
Dem Iman ist verschwiegen worden, dass Arnold kein Moslem ist. Er meinte, dass der Fremde zum Islam konvertiert sei. Nur dann hat er das Recht, die Hochzeit im Namen Allahs stattfinden zu lassen. Wenn die Täuschung herauskommt, hat Arnold ein weiteres Problem am Hals.
Das Mädchen Mira entzückt Arnold. Ihre dunklen Augen, ihr Körperbau faszinieren. Ihr Blick ist schlafraubender wie der Erdtrabant bei Vollmondnächten. Und das jugendliche Aussehen wirkt auf Arnold wie Opium. Anregend und zerstörerisch zugleich. Dieses Girl hat es dem europäischen Oasenbesucher angetan. Seine ursprüngliche Vermutung hat er umgehend im Wüstensand begraben. In der Heimat würde er sagen, über Bord geworfen.
Er malt sich bereits bei der orientalischen Zeremonie aus, wie er sie in der Nacht entjungfern wird. Wenn er wüsste, welche Gedanken Mira durch den Kopf strömen!
Was hält sie von diesem Mann, der so unerwartet in ihr Leben trat?
Der Altersunterschied ist enorm. Es ist keine Liebesheirat, aus ihrer Sicht, sondern nur dem Geldvermögen geschuldet. Sie hat sich dem Willen des Clans zu unterwerfen und den Fremden als ihren Gebieter zu akzeptieren. Dagegen vermag sie nichts zu unternehmen, außer, ihm einen Damaszenerdolch zwischen die Rippen zu jagen, sobald er in sie eindringt, ja. Oder darauf hoffen, dass er tot zusammenbricht, wenn er sie aufs Kreuz legt. Kreislaufversagen wäre eine charmante Todesart, noch dazu eine, die ihr keine Probleme bereiten würde. Alles schon mal dagewesen.
Mira ist einerseits kindlich erregt, andererseits todunglücklich und erwartet voller Ängste die kommende Nacht. Arnold hat in einem langen Liebesleben ja so manches Licht angeknipst und drumherum schwirrende Motten erledigt. Eine so frisch geschlüpfte aber fehlt noch in seiner Sammlung. Die will er zermalmen. Und im Angesicht der Unmengen von Dirhams, die er löhnen wird, stände ihm das auch zu, seiner Meinung nach.
In jeder Religion hat sich die Frau in der Hochzeitsnacht dem Mann zu unterwerfen. Das beabsichtigt Arnold zu genießen. Ein blutjunges, knapp 15-jähriges Weib. Den Unterschied zwischen Judith und Mira zu ergründen, stellt er sich zur Aufgabe.
Mira bangt es vor der Nacht. Sie wird an Blutverlust sterben, fürchtet sie. Aber egal. So oder so tot. Wenn sie ihn erdolcht, wird sie gesteinigt. Da könnte sie ebenso vorher verbluten.
Zum Zeichen ihrer Keuschheit ist es üblich, dass die junge Frau das blutdurchtränkte Laken vorweist. Sonst würde sie sofort wie eine Schlickha, sprich Hure, vogelfrei sein. Und das passiert schnell. Der Mann braucht nur dreimal »ich verstoße dich« aussprechen, dann stände sie mittellos auf der Straße. Ob es hier dazu kommen wird? Wenn der Tod behänder ist?
Manche Frauen sagen, dass es ein herrliches Gefühl sei, sobald ein Fellache seine Arbeit erledigt. Mira hat es durchzustehen. Ein letzter Ausweg bliebe die Stichwaffe. Die wird sie griffbereit unter das Kopfkissen legen. Solange die Feier andauert, ist Arnold nicht gefährdet. Aber dann. Doch bislang sind das Spekulationen. Die Nacht der Wahrheit ist noch nicht angebrochen.