Wyatt Earp 101 – Western - William Mark - E-Book

Wyatt Earp 101 – Western E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Es war gegen vier Uhr am Morgen, als sie Tucson verlassen wollten. Sie ritten durch die geschlängelte Mainstreet, und als sie das Ende der Stadt fast schon erreicht hatten, hielt der Missourier plötzlich seinen Falben an, nahm ihn zurück und blickte zur linken Straßenseite hinüber, wo er durch eine Häuserritze gegen den fahlen Himmel etwas erkennen konnte, das ihm für einen Moment den Atem stocken ließ.

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Wyatt Earp –101–

Ritt nach Tombstone

Roman von William Mark

Es war gegen vier Uhr am Morgen, als sie Tucson verlassen wollten. Sie ritten durch die geschlängelte Mainstreet, und als sie das Ende der Stadt fast schon erreicht hatten, hielt der Missourier plötzlich seinen Falben an, nahm ihn zurück und blickte zur linken Straßenseite hinüber, wo er durch eine Häuserritze gegen den fahlen Himmel etwas erkennen konnte, das ihm für einen Moment den Atem stocken ließ.

Es war ein Galgen. Er mußte hinten im Hof oder Garten des großen Steinhauses stehen.

Und der Mann, dem dieses Haus gehörte, war niemand anders als Richter Allison.

Wyatt Earp starrte durch den schmalen Häuserspalt auf die Konturen des makabren Gerüstes und ließ die Hände mit den Zügelleinen auf den Sattelknauf sinken.

Doc Holliday sah sich nach ihm um; als er feststellte, daß der Marshal anhielt, wandte er seinen Rappen und kam zurück. Aus schmalen, harten Augen blickte auch er zu dem Galgen hinüber.

»Das kann doch nicht wahr sein!« stieß der Missourier heiser durch die Zähne.

Der Georgier schob sich den Hut aus der Stirn. »Sieht leider nicht aus wie eine Fata Morgana.«

Sie stiegen beide aus den Sätteln, brachten ihre Pferde an eine Halfterstange und verschwanden durch den Häuserspalt.

Der Hof hinter dem Haus des Richters lag noch im Dämmern der Nacht vor ihnen.

Wyatt Earp blickte auf den Galgen, der hinten zwischen dichtem Strauchwerk zu stehen schien. Er war wenigstens acht Yard hoch, und an seinem Querbalken, der von einer dünnen Strebe gestützt wurde, hing ein Hanfstrick mit einer Schlaufe.

Die Männer standen an der Rückfront des Hauses und blickten sich im Hof um.

Da hatten sie also wieder zugeschlagen, die Galgenmänner! Und nur zwölf Stunden vorher, am Nachmittag des vergangenen Tages, hatte der Marshal Earp bei Oberrichter Harold Allison seinen Bericht über den Kampf mit den Galgenmännern abgegeben.

»Sie haben den Richter ausgelöscht«, sagte der Georgier und versuchte, die schwarzgrauen Sträucher vor dem Gerüst mit den Augen zu durchdringen.

»Diese Hunde!« Wyatt biß die Zähne aufeinander und stemmte die Arme in die Hüften.

Nun war also alles umsonst gewesen. Sein gefährlicher Ritt nach Mexiko hinüber, die Festnahme der Galgenmänner und ihre Verurteilung – alles umsonst! Die Befürchtung des Marshals, daß die Bande sehr viel größer war, erwies sich also als Tatsache. Sie war nicht nur in Kom Vo und Costa Rica, die Bande war auch in der großen Stadt Tucson. Und blitzschnell hatte sie wieder zugeschlagen. Ihr unheilvolles Zeichen ragte dräuend aus dem Hof auf in den Morgenhimmel.

Sie hatten also den Richter ausgelöscht, der den Bericht erhalten hatte. Allison würde also keine Gelegenheit mehr haben, das Material, das ihm der US-Marshal Earp übergeben hatte, an die Regierung weiterzureichen.

Da vernahm der Missourier dicht hinter sich ein Geräusch. Er fuhr hart zur Seite, zog den Colt und sah, daß sich auch Doc Holliday mit dem Revolver in der Hand neben der Hoftür aufgebaut hatte.

Leise knarrend wurde die Tür um einen Spalt geöffnet.

Da sprang Wyatt vorwärts, riß die Tür mit einem Ruck auf und schleuderte den Mann, der sich hinter ihr verborgen hatte, in den Hof.

Mit einem heiseren, halberstickten Schrei wälzte sich der Überraschte am Boden.

Wyatt war sofort über ihm – und fuhr verstört zurück.

»Mister Allison!«

»Ja«, kam es keuchend zurück, »Mister Earp, ich bin es!«

»Ja, aber…, ich verstehe nicht…«

Wyatt half dem Richter auf und griff sich an die Stirn. Dann deutete er auf den Galgen.

Allison starrte zu dem Gerüst hinüber.

»Die Galgenmänner!« stieß er entsetzt hervor.

»Und der Galgen steht in Ihrem Garten!«

Harold Allison schüttelte den Kopf.

»Nein, Marshal«, erklärte er, ohne den Blick von dem Galgen zu lassen, »er steht nicht mehr auf meinem Boden. Das ist Jim Eliots Hof.«

»Elliot, wer ist das?«

»Der Steuereinnehmer.«

Die beiden Dodger blickten den Richter verblüfft an.

»Der Steuereinnehmer?«

»Ja.« Richter Allison zog seinen Morgenmantel, den er, als er die Geräusche in seinem Hof gehört hatte, rasch übergeworfen hatte, enger zusammen, da ein kühler Morgenwind durch den Hof pfiff. »Elliot ist Steuereinnehmer von Tucson und der ganzen Umgegend.«

Der Marshal rannte vorwärts, drang durch die Büsche und sah sich plötzlich auf einem schmalen Pfad, der wohl die Grenze zum Nachbarhof bilden sollte.

Und inmitten des engen Hofes stand der Galgen.

Wyatt lief auf die graue Rückfront des Hauses zu.

Die Tür war verschlossen.

Er klopfte gegen die Scheiben.

Da kamen auch Doc Holliday und der Richter heran.

»Mrs. Elliot!« rief der Richter mit krächzender Rabenstimme, die schaurig durch den Morgen hallte.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ein kleines Mädchen weinend unten in der Tür erschien.

»Meine Mutter – ist krank!«

»Kannst du nicht deinen Vater wecken?« fragte Wyatt.

Da begann das Mädchen noch lauter zu weinen.

»Nein, er… ist nicht da!«

Eine volle Stunde lang suchten die beiden Dodger Haus und Hof nach der Leiche des Steuereinnehmers ab – denn daß er das Opfer der Galgenmänner war, stand ja nun fest.

Sie fanden keine Spur von Jim Elliot.

Die Frau des Steuereinnehmers, die sich mittlerweile in die Küche geschleppt hatte, vermochte nicht zu begreifen, wo ihr Mann geblieben war.

»Er ging vor mir schlafen, und als ich vorhin wach wurde, war er nicht mehr da. Ich glaubte, er wäre schon aufgestanden, denn ich hatte bleiern geschlafen…«

Jim Elliot war und blieb verschwunden.

Wyatt Earp ging ein letztes Mal durch den Hof, und plötzlich blieb er vor den Sträuchern stehen, die vor einem dünnen Bretterzaun, der den Garten nach Süden hin begrenzte, wuchsen.

Im helleren Morgenlicht sah er jetzt den schwachen Abdruck eines Stiefels.

Er bückte sich nieder und drang tiefer ins Gesträuch ein, da er an frisch zerknickten Zweigen festgestellt hatte, daß sich hier jemand durch die Büsche gezwängt hatte.

Und richtig. Er fand die gleichen Stiefelabdrücke noch mehrmals in der taufeuchten Erde.

Der rechte Absatz dieses Mannes hatte genau in der Mitte einen großen Nagel.

Welch ein verräterisches Zeichen!

Der Marshal blickte über den Zaun auf einen kleinen Weg, wo er im dünnen gelbbraunen Sand die Spuren mehrerer Männer und auch Hufabdrücke entdeckte.

Da es jetzt sehr viel heller geworden war, bemerkte er bei genauer Untersuchung der Fährte des Mannes mit den Nagelabsatz, daß sie auffällig tief war, vor allem in den Sträuchern, wo der Boden weicher und erdiger war.

Entweder war es ein sehr schwerer Mann – oder aber er hatte etwas Schweres geschleppt.

Einen Menschen zum Beispiel.

Jim Elliot!

Wyatt ging zum Haus zurück.

Der Richter kam ihm an der Küchentür entgegen.

»Natürlich nichts gefunden?« meinte er.

»Leider«, entgegnete der Marshal. »Wo ist Doc Holliday?«

»Er hat sich das Fenster der Schlafstube von außen angesehen.«

Wyatt ging um das Haus herum und sah den Spieler vor einem der Fenster stehen.

Die Frau stand drinnen vor den Betten.

Plötzlich deutete Holliday auf ein gaues Tuch, das oben an der Kopfwand hinter den Kissen lag.

»Gehört das Ihnen?«

Suzan Elliot blickte verwundert auf das alte Tuch.

»Nein.«

»Darf ich es einmal sehen?«

Sie reichte es dem Georgier durchs Fenster.

Der roch kurz daran und nickte. »Hm, das werden wir mitnehmen. Vielleicht führt es uns weiter…«

Nach einer Viertelstunde verabschiedeten sie sich vom Richter und der unglücklichen Frau Elliot und verließen die Stadt.

Holliday blickte mit düsterer Miene auf die Straße.

»Wollten wir nicht nach Norden hinauf?«

Wyatt nickte.

»Doch, das wollten wir. Aber ich habe hinter dem Hof Spuren von mehreren Männern und Pferden gefunden. Sie führen hierher auf die Overland nach Osten.«

Holliday nahm das graue Tuch aus der Tasche.

»Die beiden Elliots sind schwer betäubt worden. Das ist die ganze Krankheit der Frau. Ich vermute, daß der Bandit durch das Fenster gestiegen ist, aber ich habe keine Spuren draußen gefunden. Auch versicherte mir Mrs. Elliot, daß das Fenster während der Nacht stets geschlossen gewesen wäre.«

»Demnach muß der Eindringling die Hoftür ins Haus gekommen sein. Es ist ihm gelungen, die beiden zu betäuben, und dann hat er den Steuereinnehmer mitgenommen.«

Holliday schob das Gesichtstuch der Galgenmänner in die Tasche zurück und meinte gedankenvoll:

»Weshalb ist er betäubt und verschleppt aber nicht getötet worden?«

Diese Frage beschäftigte den Marshal seit einer halben Stunde, seit er die Fährte in den Sträuchern gefunden hatte: die Absatzspur des Mannes mit dem großen Nagel.

Sie ritten nach Osten. Die Straße machte schon nach wenigen Meilen eine starke Biegung nach Süden und führte dann hart nach Südosten hinunter.

»Wenn wir in dieser Richtung weiterreiten, kommen wir in zwei Tagen nach Tombstone«, meinte der Spieler spöttisch.

»Das verhüte Gott!« entgegnete der Marshal, der sich des dumpfen Gefühls einer Vorahnung auch nicht ganz erwehren konnte. »Dahin werden wir wohl kaum jemals wieder reiten.«

Die Richtung wies genau auf die verrufene Stadt unten im Cochise County hin. Aber zwischen Tucson und Tombstone lagen mehr als siebzig Meilen und vier Städte.

Am Mittag tauchten vor ihnen die Dächer von Vail auf; es war eine kleine Kistenholzstadt, braungrau wie alle Städte des Westens, verwahrlost, inmitten einer öden, trostlosen Landschaft.

Trotz des Oktobertages herrschte eine wahre Höllenglut. Wie eine weißgelbleuchtende Fackel brannte die Sonne am wolkenlosen Himmel.

Die breite Mainstreet von Vail lag wie ausgestorben da. Sogar die schattigen Vorbauten waren wie leergefegt.

Vorm Sheriffs Office hielt der Marshal seinen Falben an, warf dem Gefährten die Zügelleinen zu und stieg ab.

Die Tür des Bureaus stand offen und gab den Blick in einen engen Raum frei.

Der Sheriff war nirgends zu sehen.

Wyatt durchquerte das Bureau und stieß die Hoftür auf.

Alte Wagenräder, Karrenteile, zertrümmerte Gewehrständer, Fenzreste und ähnliche Dinge lagen in wüstem Durcheinander umher.

Der kleine, halbverfallene Stall stand ebenfalls offen – und war leer.

Wyatt wandte sich ins Office zurück.

Als er vorn in der Tür erschien und in die Augen des Spielers blickte, meinte der:

»Wirkt reichlich ausgestorben, dieses Nest.«

Der Marshal klopfte an die Tür des nächsten Hauses.

Nichts rührte sich.

Auch das übernächste Haus schien unbewohnt zu sein.

Was war hier geschehen?

Der Missourier überquerte die Straße, klopfte an die Tür eines Sattlers, öffnete und blickte in die leere Werkstatt, in der es genauso aussah, als sei der Meister eben einmal zum Barbier oder auf einen Drink in die Schenke gegangen.

Nebenan war ein Store.

Auch er war leer.

»Das ist doch nicht möglich«, murmelte der Marshal vor sich hin, stieg in den Sattel und ritt, von Holliday gefolgt, weiter die Straße hinunter.

An einer Ecke sah er das Schulhaus.

Nicht der geringste Laut drang aus den geöffneten Fenstern ins Freie.

Überall herrschte die gleiche Leere.

Die beiden Reiter sahen sich nach allen Seiten um.

Plötzlich war dem Marshal, als habe er drüben eine Bewegung hinter einem Türspalt bemerkt. Er nahm seinen Falbhengst herum, sprengte über die Straße, setzte vom Pferd aus gleich auf den Vorbau und stieß die Tür auf.

Nur drei Yard vor ihm, gegen einen Treppenpfeiler gestützt, gewahrte er einen alten Mann, der mehr Ähnlichkeit mit einem toten als mit einem lebendigen Menschen hatte.

Pergamentfarbene Haut hatte seinen kahlen Schädel überzogen und spannte sich wie ein Trommelfell über die scharfen Knochen. Tief in braun-grünen Höhlen lagen seltsam helle Augen. Der Mund zog sich in einer an den Enden nach unten gebogenen Linie dicht unter die Nase hin. Hart und spitz schob sich das Kinn nach vorn. Dieser Totenschädel saß auf einem Hals, der kaum den Durchmesser eines Kinderarmes zu haben schien. In völlig verlumptes, viel zu weites Zeug war dieser Mann gekleidet. Die Rechte hatte er um den Treppenpfeiler gelegt und die Linke hielt er mit gespreizten Fingern nach vorn.

Plötzlich riß er den zahnlosen Mund auf und stieß einen gurgelnden Schrei aus.

»Gnade…!«

Wyatt blickte ihn entgeistert an.

Der Greis bot einen geradezu erschütternden Anblick.

»Gnade!« hechelte er noch einmal. »Ich… konnte nicht mit den anderen fliehen, da mich niemand… mitgenommen hat! Ich… bin nicht gesund… Ich…«

Wyatt nahm den Hut ab.

Diese Geste schien den Mann seltsamerweise zu beruhigen. Ein Mann, der den Hut abnahm, deutete doch damit sicher keine böse Absicht an.

»Mein Name ist Earp. Ich komme von Tucson.«

»Earp?« Ein wildes Lachen schüttelte den ausgemergelten Körper des Greises.

»Earp! Das ist ein satanischer Scherz, Mister! Ich weiß genau, wer Sie sind! Geben Sie sich keine Mühe. Die ganze Stadt weiß es – und darum ist sie auch leer.«

Doc Holliday war aus dem Sattel gestiegen, als er den heiseren Angstschrei draußen gehört hatte, und tauchte jetzt hinter dem Marshal in der Tür auf.

Das wilde Lachen erlosch jäh auf dem Gesicht des Alten und machte wieder der maskenhaft-starren Angst in seinen Zügen Platz.

»Und da ist er ja schon!« krächzte er, auf dem Spieler deutend. »Mc Lowery! Ich kenne ihn, McLowery, der Bandit aus dem San Pedro Tal.«

Die beiden Dodger wechselten einen raschen Blick miteinander, der deutlich widerspiegelte, was beide dachten: der Alte muß geistesgestört sein!

Da schüttelte sich der Greis plötzlich wieder in eisiger Furcht.

»Ich kenne ihn, es ist McLowery! Der Bandit aus dem San Pedro Valley.«

Wyatt wollte sich abwenden, aber Holliday blieb stehen.

»Sie irren sich, Mister«, sagte er rasch. »Frank und Tom McLowery sind tot!«

Der Greis hielt urplötzlich in seinem Zittern inne und riß die Augen so weit auf, daß die Iris im Weißgrau schwamm.

»Ja, o ja, Mister. Ich weiß, sie sind tot, Frank und Tom. Bei dem Gefecht im Tombstoner O.K. Corral sind sie umgekommen. Frank und Tom. Nicht aber Kirk! Und Sie sind Kirk! Kirk McLowery!« Er streckte die Hände weit nach vorn und wies auf den Spieler, wobei er nur noch mit seinem verwachsenen Rücken an dem Treppenpfeiler lehnte. »Kirk McLowery! Das sind Sie. Und… ich dachte, ich könnte dem Tod ins Auge sehen. Weil ich alt bin. Aber… ich habe Angst! Angst!«

Holliday wechselte wieder einen Blick mit dem Missourier und fragte dann:

»Anscheinend haben Sie auf diesen Kirk McLowery gewartet, Mister?«

»Ja – die ganze Stadt hat auf ihn gewartet.«

»Seit sie gewarnt wurde, nicht wahr?«

»Gewarnt? Ja, Sie haben recht! Und wenn Sie wüßten, wer uns gewarnt hat, stünden Sie nicht mehr so kaltherzig da auf dem Vorbau, wo Sie von überall her gesehen werden können!«

Es war klar, daß der Mann gern sagen wollte, wer der Warner gewesen war. Deshalb erkundigte sich der Marshal:

»Wir haben nichts und niemanden zu fürchten, Mister. Aber wir wüßten doch gern, wer die Stadt vor Kirk McLowery gewarnt hat?«

»Er hat uns vor dem da, der hinter Ihnen steht, und auch vor Ihnen selbst gewarnt. Er ist Kirk McLowery, und Sie sind Cass Claiborne.«

»Cass Claiborne?«

Wie Blitze zuckten die Gedanken durch das Hirn des Missouriers. Sollte es möglich sein? Sollte der Bruder des Banditen Billy Claiborne, mit dem sie sich jahrelang in Tombstone herumgeschlagen hatten, und der an Ike Clantons Seite mit in den O.K. Corral gezogen war, sollte sich sein Bruder Cass jetzt hier herumtreiben? Hieß es damals nicht, daß Cass Claiborne, Bills jüngerer Bruder, eine kleine Farm drüben in New Mexico hätte? Daß er ein ehrbarer Bursche sei, der nichts mit Bill zu tun haben wolle?

Daß die zwei McLowerys einen Bruder hatten, wußte Wyatt gar nicht. Ausgeschlossen war es natürlich nicht. Sollte der gerissene, diabolische Bandit Frank McLowery außer dem einfältigen Tom, der zusammen mit ihm im O.K. Corral untergegangen war, noch einen Bruder daheim auf der Ranch im San Pedro Tal gehabt haben?

Auch das war keineswegs unmöglich. Dann stiegen sie ja allenthalben wieder wie Geister aus den Gräbern, die Clantons, die McLowerys und die Claibornes!

Ein lähmender Gedanke!

Wenn man bedachte, daß die meisten Familien wenigstens vier Kinder hatten, dann war das sogar sehr gut möglich.

Das schlimmste war, daß sich jetzt diese Brüder der gefallenen Banditengrößen auf die Fährte ihrer Vorgänger zu setzen schienen.

»Würden Sie uns wohl sagen, Mister, wer die Stadt vor uns gewarnt hat?« wiederholte der Marshal seine Frage.

»Ja!« Die Augen des Greises leuchteten plötzlich, als er zwei Worte sagte, die er den beiden vermeintlichen Banditen wie Brandfackeln entgegenschleuderte:

»Wyatt Earp!«

Verdutzt sah ihn der Marshal an.

»Wyatt Earp? Man sollte es nicht glauben!« entfuhr es ihm.

»Es ist aber so. Und nun rate ich Ihnen, Cass, verschwinden Sie! Der Marshal ist in der Nähe und weiß, daß Sie und Kirk McLowery hier die Gegend unsicher machen.«

Wyatt wandte sich ab und wollte zu seinem Pferd gehen; aber weil Doc Holliday offenbar noch keine Lust zum Weiterreiten hatte, wartete auch er.

Der Spieler lehnte sich gegen den Türrahmen, zündete sich gleichmütig eine Zigarette und meinte:

»Und deshalb sind die hier alle getürmt?«

Der Greis nickte. »Wenn ein so bedeutender Mann wie der Marshal Earp uns warnt, müßten wir ja irrsinnig sein, seinen Rat in den Wind zu schlagen! Sie haben ganz Aloahey in Flammen aufgehen lassen, Kirk McLowery. Das wissen wir wohl. Und Cass Claiborne hat in Hoverstown Harry Gladstone und Winnie Bakersfield erschossen, er hat in Marcostire Jerome Goddard und Eddie Fish getötet, in Fairbanks Jimmy Wasgat und…«

»Es reicht!« unterbrach ihn der Spieler brüsk, indem er sich hochaufrichtete und vom Türrahmen abstieß. »Jetzt würde mich nur noch interessieren, ob dieser… dieser Wyatt Earp allein war?«