Wyatt Earp 102 – Western - William Mark - E-Book

Wyatt Earp 102 – Western E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Sternklare Nacht lag über Tombstone. Von der Fremontstreet her schlichen sich zwei Männer mit kleinen, gedrungenen Mexikanergestalten durch eine Quergasse der Allenstreet zu. Dicht an den Häuserfronten entlang, jede Türnische und jeden Schlagschatten ausnutzend, erreichten sie die Ecke der Bank of Tombstone. Hier blieben sie lauschend stehen. Dann nahm der eine ein kräftiges Stoffstück aus der Tasche, tauchte es kurz in eine Pferdetränke und rieb es dick mit Schmierseife ein.

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Wyatt Earp –102–

Ike Clanton

Roman von William Mark

Sternklare Nacht lag über Tombstone.

Von der Fremontstreet her schlichen sich zwei Männer mit kleinen, gedrungenen Mexikanergestalten durch eine Quergasse der Allenstreet zu. Dicht an den Häuserfronten entlang, jede Türnische und jeden Schlagschatten ausnutzend, erreichten sie die Ecke der Bank of Tombstone.

Hier blieben sie lauschend stehen.

Dann nahm der eine ein kräftiges Stoffstück aus der Tasche, tauchte es kurz in eine Pferdetränke und rieb es dick mit Schmierseife ein. Den feuchten, schweren Lappen preßte er auf eines der unteren Fenster, drückte dagegen, und das dumpfe, berstende Geräusch des Glases war unter dem raffiniertem Dämpfer kaum zu hören.

Der Mann nahm das Tuch mit den daran haftenden Scherben zurück und legte es vorsichtig auf den Boden nieder. Dann griff er durch das Loch in der Scheibe und stieg in den Kassenraum ein.

Der andere stand indessen an der Straßenecke und hielt nach allen Seiten Ausschau.

Als er plötzlich zwei Männer aus dem Oriental Saloon kommen sah, pfiff er leise den Arabia-Song, der dem Komplicen in der Bank sagte, daß er sich völlig still zu verhalten hatte.

Bewegungslos verharrte der Eindringling neben dem Fenster und lauschte nach draußen.

Es dauerte nicht sehr lange, und der Schmieresteher gab ihm durch einen anderen Pfiff das Signal, die Arbeit fortzusetzen.

Der kleine krummbeinige Kid McAllister war Fachmann, er verstand sich auf das lautlose Zertrümmern von Fenstern, auf Tresors und Kassenschlösser.

Er erbeutete in anderthalb Stunden 25.000 Dollar in Scheinen.

Eine ungeheure Summe!

Es war der frechste Bankraub, den Tombstone je erlebt hatte. Auch in der Folgezeit hat diese Summe niemand mehr ›erreicht‹.

Kid McAllister und Joke Dundee machten sich lautlos, wie sie gekommen waren, mit ihrer Beute davon.

Und der Inhaber der Bank, Joel Between, saß zwei Straßen weiter in Rozy Gingers Casino im Hinterzimmer mit elf anderen Männern, von denen einer Kirk McLowery hieß…

McAllister und Dundee hatten die Idee ihres Lebens gehabt. Während ihre Freunde in Rozy Gingers Casino eine Besprechung abhielten, die ebenfalls finsteren Plänen diente, räumten sie Betweens Bank aus.

So bestahlen und betrogen sie sich untereinander, die Dunkelmänner von Tombstone.

Allerdings hatten McAllister und Dundee kein Glück. Es währte nur etwa anderthalb Minuten.

Die beiden hatten nämlich das märchenhafte Pech, zurück in die Fremontstreet zu laufen, wo sie auf dem Vorbau des Zeitungshauses ausgerechnet mit dem Mann zusammenstießen, den sie jetzt am allerwenigsten gebrauchen konnten.

Es war der gefürchtete Marshal Earp, der eben mit Doc Holliday das Haus des Zeitungsmannes Clum verließ.

Es war Dundee, der gegen den Marshal stieß.

»Paß doch auf, Ochse!« knurrte er den Mann im Dunkeln an.

Wyatt legte seine Hand auf den Unterarm des Outlaws.

»Mit diesen Ausdrücken würde ich vorsichtiger umgehen, Mann!«

Dundee zuckte beim Klang dieser Stimme zurück – und war kopflos genug, zur Waffe zu greifen.

Der Missourier hieb ihm den Colt mit einem schnellen Faustschlag aus der Hand.

McAllister sprang mit einem weiten Satz wie ein Raubtier vom Vorbau herunter. Auch er hatte die Stimme des Marshals erkannt – sich aber durch seine panische Flucht dem Georgier Doc Holliday so verdächtig gemacht, daß der ein Stück weiter zurück ebenfalls vom Vorbau setzte und ihm den Weg versperrte.

Da blieb McAllister stehen, ließ die Ledertasche mit dem Geld fallen und hob die Hände hoch.

Er hatte den Mann, der ihm da den Weg abgeschnittten hatte, erkannt.

»All right, Doc! Ich gebe auf.«

Holliday ging auf ihn zu, nahm ihm den Revolver aus dem Halfter und hob die Tasche auf.

Wyatt Earp bugsierte Dundee, der auch eine Tasche in der Linken hielt, vom Vorbau.

McAllister versuchte die höllische Situation zu retten.

»Lassen Sie uns laufen, Marshal. Mein Freund hat einen Drink zuviel genommen. Er meinte es nicht so. Unsere Frauen warten ohnehin schon mit der Kuchenwalze auf uns.«

Aber sein Trick nützte diesmal nichts.

Wyatt Earp nahm Dundee die Tasche und den Revolver ab.

»Tut mir leid, Boys, wir haben hier vor einer Stunde einen Toten auf dem Vorbau gefunden. Wir müssen vorsichtig sein. Vorwärts, zum Office!«

McAllister stieß einen Fluch aus.

»Idiot, der du bist!« zischte er seinen Partner an. »Hast du inzwischen bemerkt, wem du da in die Fänge gelaufen bist?«

Dundee gab heiser zurück:

»Natürlich, Wyatt Earp! Ein Riesenpech! Aber wir haben eine Chance!«

»Du mußt größenwahnsinnig sein, wenn du dir gegen Wyatt Earp und Doc Holliday eine Chance ausrechnest, Mensch.«

»Hast du nicht gehört, wo er uns hinführt? Ins Office! In Jonny Behans Sheriffs Office! Du glaubst doch nicht, daß Behan sich mit Kirk anlegen will. Der läßt uns laufen, sobald der Marshal sich umgedreht hat.«

Aber da hatten sich die beiden Outlaws verrechnet.

Wyatt Earp brachte sie ins alte Marshals Office, in dem niemand anders als der riesige Texaner Luke Short Wache hielt.

Doc Holliday hatte die Waffen der beiden Tramps getragen und Wyatt Earp die Taschen.

Beides wurde auf den großen alten Schreibtisch gelegt, an dem Wyatts Bruder Virgil so viele Jahre gesessen hatte.

Dundees Augen hafteten an den Taschen.

McAllister war schweißgebadet.

»Und – wollen Sie uns jetzt etwa wegen dieser lausigen Geschichte einlochen, Marshal?« krächzte er, wobei er ein heißes Würgegefühl in der Kehle verspürte.

Wyatt hatte die Augen Dundees beobachtet, unauffällig unter halbgesenkten Lidern hervor.

»Die Absicht hatte ich nicht«, sagte er, wobei er nach einer der Taschen griff, ihren Verschluß unbemerkt öffnete und sie dann plötzlich hob. »Hier, fangen Sie auf!«

Er warf sie so, daß sie sich rasend schnell um sich selbst drehte und von McAllister gar nicht aufgefangen werden konnte.

Die schweren Geldscheinbündel rutschten heraus und flogen durchs ganze Office.

Dundee stieß vor Wut und Verzweiflung einen heiseren Schrei aus.

»Mich beschimpfst du«, fauchte er seinen Kumpan an, »aber du bist selbst zu dumm, den Verschluß deiner Tasche zu schließen.«

»Der Verschluß war zu!« keifte McAllister und sah den Marshal aus blutunterlaufenen Augen an. »Erwürgen könnte ich Sie, Earp! Mit den bloßen Händen erwürgen.«

Der Marshal lachte ihn entwaffnend an. »Tun Sie sich keinen Zwang an, Amigo.«

»Seit Sie in der Stadt sind, ist die Hölle los. Im O.K. Corral wird’s wieder gefährlich. John Clum wird ermordet…«

Da erhob sich der Marshal vom Schreibtischstuhl, packte den Outlaw an der Schulter und fragte rauh:

»Woher weißt du, daß John Clum ermordet worden ist, Bandit?«

»Sie selbst haben es uns doch vorhin oben in der Fremontstreet gesagt!«

»Stimmt nicht, Bursche! Ich habe gesagt, daß wir einen Toten gefunden haben. Von John Clum war nicht die Rede!«

»Sie müssen sich irren, Marshal!«

»Nein, Junge, ich irre mich nicht. Und jetzt hätte ich gerne von dir gewußt, wo ihr die schönen neuen Bucks geschenkt bekommen habt.«

»Die… sind von unserer Ranch.«

»Ach, und wo steht diese Bank?«

»Ranch sagte ich!«

»Ach, Ranch sagtest du?« Wyatt packte ihn an den Revers seiner Jacke und zog ihn dicht zu sich heran.

»Es wäre besser für dich, Boy, wenn du mir sagen würdest, wo ihr die Bucks geholt habt. Wenn ich es selbst herausfinden muß, gebe ich dir nachher die Quittung. Und du kannst dich darauf verlassen, daß ich es in einer Dreiviertelstunde weiß. Wir haben nur drei Banken in der Stadt. Und die wenigen Privatleute, die so viel Geld sauber gestapelt daheim liegen haben, die kenne ich.«

Da stieß Dundee heiser durch die Zähne:

»Es hat doch keinen Zweck mehr, gib es doch auf, Kid. Sag ihm doch, daß…«

Da trat McAllister nach seinem Partner, und zwar so derb, daß der aufschrie vor Schmerz.

»Was soll ich ihm sagen?«

»Daß wir… das Geld… in…«

Ein zweiter Tritt traf das Schienbein Dundees – und im gleichen Augenblick wurde McAllister von einer fürchterlichen Ohrfeige umgeworfen.

Luke Short hatte sie ihm versetzt.

»Es tut mir leid, Marshal«, meinte der Riese. »Ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen, und es geht mich ja auch nichts an. Aber dieser dreckige Strolch hält uns doch nur auf!«

»Stimmt genau. Und die Ohrfeige war berechtigt. – Wie heißt du?« fragte der Missourier, wobei er sich wieder an McAllister wandte.

»Jerry Putkin.«

»Und der da?«

»Alec Immelman.«

»Zwei hübsche Namen. Mit Jerry Putkin habe ich in Shawnee einmal ein Rodeo geritten. Und sein Vormann hieß Alec Immelman. Seltsam, wie sich die Menschen doch verändern! Der Rancher Putkin war ein großer Mann, und Immelman war fast noch größer.«

In rauhem Ton fuhr er fort:

»Wann hast du auf der Putkin-Ranch gearbeitet, Bandit?«

»Ich…?« stammelte der Outlaw, der sich durchschaut sah, verwirrt. Dann fing er sich rasch und erwiderte:

»Aber ich habe doch niemals da gearbeitet!«

»War es vor dem großen Brand?« blitzte Wyatt ihn an.

»Nein…«

»Also nachher. Das will ich dir auch geraten haben. Denn der Brand ist von einigen Schurken gelegt worden, die aus Arizona stammen. Das ist gewiß! Und einer wurde ja gefaßt, der die Namen der anderen nun endlich preisgegeben hat!«

»Nein!« stießen die beiden Tramps wie aus einem Mund hervor.

»Doch!« hieb der Missourier sofort nach. »Der Halun…« McAllister hielt inne, zu spät hatte er bemerkt, daß er sich verraten hatte.

Wyatt Earp nahm ihm und Dundee jetzt die Waffengurte weg, suchte sie nach weiteren Waffen und nach Muniton ab und ließ sie dann einsperren.

Da wurde vorn die Tür geöffnet.

Zur namenlosen Verwunderung der drei Freunde stand Jonny Behan in ihrem Rahmen.

Der wankelmütige und charakterschwache Mann, der damals nur durch dunkle Machenschaften den Posten eines Hilfssheriffs von Tombstone erlangte, sah den Marshal unsicher an.

»Es ist wieder geschossen worden…«

»Das ist schon eine ganze Weile her«, entgegnete der Marshal brüsk. »Was wollen Sie?«

»Auf wen haben Sie geschossen, Earp?«

Die Augen des Marshals verdunkelten sich.

»Hören Sie, Behan! Sie sind einmal vorübergehend Hilfssheriff gewesen und dann abgesetzt worden. Doch selbst wenn Sie rechtmäßig wieder eingesetzt worden wären, hätten Sie keine Berechtigung, mir gegenüber einen derartigen Ton anzuschlagen. Sie stecken den ganzen Tag in Ihrem Käfig und verlassen ihn nur, wenn Sie von irgend jemandem hochgescheucht werden. Das gibt Ihnen keinerlei Recht, andere Leute ins Verhör zu nehmen. Ich habe Sie gewarnt: Kommen Sie mir nicht in die Quere! Und jetzt verschwinden Sie!«

»Wyatt Earp, ich habe…«, stotterte Behan, brach aber jäh ab.

Luke Short hatte neben der Tür gestanden, streckte jetzt seinen Arm aus und zog den schmächtigen Mann mit dem Zeigefinger zu sich heran.

»Der Marshal hat gesagt, Sie sollen verschwinden. Wenn Sie schlecht hören, empfehle ich Ihnen eine tägliche Ohrenwäsche. Wünschen Sie sich nur nicht, daß ich die vornehme. Und nun farewell!«

Er stieß den Mann so derb hinaus, daß er draußen auf dem Vorbau hinstürzte.

Jonny Behan lag, mühsam auf die Ellenbogen gestützt, auf den Vorbaudielen und stierte blöde ins Office.

Luke Short rief ihm zu:

»Sie haben etwas vergessen, Behan: schließen Sie die Tür!«

»Das ist der Gipfel«, zeterte der Hilfssheriff.

»Ich warte genau zwei Sekunden, wenn die Tür dann noch nicht geschlossen ist, gibt’s Ärger.«

Da es Jonny Behan an nichts mehr als an Mut fehlte, zog er vor, die Tür rasch zu schließen.

Der Texaner blickte den Marshal an:

»Vielleicht hätte ich das auch nicht tun sollen, Mr. Earp, aber ich finde, daß dieser Strolch sich zuviel herausnimmt.«

»Ich will Ihnen keinen Vorwurf machen, Luke«, entgegnete der Marshal. »Aber vielleicht ist es besser, wenn wir uns mit diesem Mann nicht wieder anlegen, denn er wirft uns hier nur Steine in den Weg. Und er ist ja ein unbedeutender Schwächling. Auf der anderen Seite ist es richtig, daß man sich von diesem marklosen Burschen nicht alles gefallen lassen darf. Er ist natürlich von irgend jemandem geschickt worden, denn von selbst wäre er nie gekommen.«

»Wer hier hat denn schon wieder so viel Macht, daß er all die kleinen Leute durchs Gelände schicken kann?« brummte der Goliath aus Texas.

Diese Frage wurde nicht beantwortet, weil die drei Männer die Antwort darauf kannten. Es gab nur einen Mann in der Stadt, der diese Macht haben konnte: Ike Clanton!

Immer und immer wieder wurde Wyatt auf diesen Mann gestoßen, ohne ihn jedoch greifen zu können.

Es wäre Wahnsinn gewesen, einen Ike Clanton auf bloßen Verdacht hin festzunehmen. Man hätte die ganze Stadt, ja, das ganze County gegen sich gehabt. Und seine Freunde hätten das Jail für ihn auseinandergerissen.

Diesen Mann mußte man auf frischer Tat stellen. Ein Verdacht, der nicht einmal auf festen Füßen stand, genügte da nicht.

*

John Clum war nicht tot! Aber die beiden Dodger hatten sich entschlossen, die Stadt wissen zu lassen, daß er getötet worden sei. Oft schon hatten sie erlebt, daß der Mörder durch den Tod seines Opfers eine besondere Sicherheit verspürte und sich gerade dadurch verriet.

Wer hatte auf John Clum geschossen? Wer hatte den Galgen vor seine Tür gestellt?

Da kam zunächst Kirk McLowery in Frage. Als Wyatt ihn aus dem Office herausgelassen hatte, konnte er sich direkt zum Zeitungshaus begeben haben, oder aber er hatte den alten Herrn auf dem Weg zu Millers Bar zufällig getroffen und seine Wut auf den Marshal an Clum kühlen wollen.

Die ganze Stadt wußte, daß John Clum Wyatt Earps Freund war.

Auch Cass Claiborne kam für den Überfall in Frage. Als er von Holliday in der Bar gestellt worden war, hatten seine Augen vor Zorn gefunkelt. Ebenso gut wie McLowery konnte er der Täter sein.

Aber da gab es noch andere Männer. Zum Beispiel James Curly Bill, einen der Flanagans oder sonst irgendeinen von McLowerys Leuten.

Hatte der Steuereinnehmer Elliot wirklich die Stadt verlassen, nachdem der Marshal ihn von McLowery befreit hatte? Was war das für ein Mensch, dieser Jim Elliot? Was hatte er wirklich mit McLowery zu tun? War er tatsächlich der Gefangene des Cowboys gewesen? McLowery hatte behauptet, daß Elliot ein alter Bekannter von ihm gewesen sei, der früher lange Zeit auf der McLowery Ranch im San Pedro Valley gearbeitet hatte. Der Marshal hielt diese Erklärung nicht unbedingt für eine Lüge. Sie sagte natürlich nichts über die jetzige Bekanntschaft der beiden Männer aus. Es war schließlich nicht ausgeschlossen, daß McLowery den Tucsoner Steuereinnehmer zu erpressen versuchte. Über den Grund dafür war sich der Marshal zwar noch nicht klar, aber wenn es wirklich eine neue Clanton-Bande gab, dann würde sie jeden Mann, der irgendwie Bedeutung hatte, für sich zu gewinnen versuchen. Und ein Steuereinnehmer hatte schon Bedeutung, und sei es nur durch das Geld, das er ständig einnahm.

Aber der Marshal glaubte nicht ernstlich daran, daß dieser Jim Elliot etwas mit dem Überfall auf John Clum zu tun gehabt haben könnte.

Nachdem Wyatt diese Überlegungen seinen Freunden mitgeteilt hatte, meinte der Texaner:

»Ich werde Elliot nachreiten. Sicher ist sicher. Sie, Earp, bleiben ja jetzt im Office!«

Und davon ließ er sich auch nicht abhalten.

Als der Hufschlag seines Pferdes verklungen war, zündete sich Holliday eine Zigarette an und lehnte sich abwartend in der für ihn typischen Manier gegen die Wand zwischen Tür und Fenster.

Wyatt stützte den Kopf nachdenklich in die Hände.

»Das fängt hier wirklich gut an. Ich werde das Gefühl nicht los, daß wir hierhergelockt worden sind, und nun, nachdem es mit einem zweiten Match im O.K. Corral nichts wurde, versucht man uns auf andere Art möglichst schnell auszuschalten. Ich wette, daß es morgen heißt, ich selbst hätte John Clum getötet.«

»Weshalb sollten Sie ihn wohl getötet haben? Er ist Ihr Freund. Jeder in der Stadt weiß das.«

»Unsere Gegner werden schon einen Grund dafür finden.«

Nach einer Weile stand Wyatt auf:

»Ich gäb’ was dafür, wenn ich wüßte, wo er jetzt ist.«

Holliday blickte den Freund fragend an:

»Ike?«

Wyatt nickte.

Der Spieler zog die Schultern hoch und ließ sie langsam wieder fallen.

»Mir würde es schon genügen, wenn ich wüßte, wo Kirk McLowery jetzt steckt!«

Wyatt ging zur Tür.

»Ich werde jetzt die drei Bankhäuser aufsuchen, um festzustellen, wo die beiden Halunken das Geld gestohlen haben.«

»All right.«

Als der Marshal gegangen war, stieß der Spieler seine Zigarette im Aschenbecher aus und löschte die Lampe. Im Dunkeln wachte es sich besser hier in diesem gefährlichen Office. Man saß überall in diesem Tombstone wie auf einem Pulverfaß.

Wyatt kam schon nach wenigen Minuten zurück.

»In der Bank of Tombstone ist eine Scheibe eingedrückt worden«, berichtet er, zündete die Lampe wieder an und legte das seifenbeschmierte Wolltuch mit den Scherbenstücken vor Holliday auf den Tisch.

Der Gambler lächelte. »Ganz raffiniert. Hätte ich den beiden Cowpunchern gar nicht zugetraut. Dann haben sie Between aber ganz schön ausgenommen.«

»Between«, wiederholte Wyatt überlegend. »Saß der früher nicht häufig im Oriental Saloon?«

»Schon, aber da ist jetzt längst Feierabend.«

»Aber er ist nicht daheim.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Weil ich mehrmals die Klingel gezogen habe, ohne daß sich jemand gemeldet hat.«

»Vielleicht steckt er noch bei Tante Mae, die alte Betrügerin hat doch oft bis zum frühen Morgen Gäste in ihrer Spelunke.

Der Marshal machte sich wieder auf den Weg.

Weit hinter den Miner Camps lag im Hinterhof eines Beerdigungsunternehmens ›Tante Maes‹ Bar. Es war nicht eben eine verrufene Schenke, dazu fanden sich hier zuviel Leute ein, aber andererseits gab es auch niemanden, der gern hier gesehen worden wäre. Das lag vor allem daran, daß die Inhaberin der Bar zur Freude der männlichen Gäste drei hübsche junge Mädchen hinter der Theke stehen hatte.