Zehn Jahre Hölle - Steffan Witsch - E-Book

Zehn Jahre Hölle E-Book

Steffan Witsch

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Beschreibung

Erbarmungslos schlugen sie ihn zum Krüppel, folterten und peinigten ihn fast bis zum Wahnsinn. Dann verurteilten ihn die gekauften Geschworenen zu zehn Jahren Staatengefängnis Yuma. Doch er war stärker als die mörderische Sonne in den Steinbrüchen und überlebte die Hölle. Er kam zurück nach Denver, um gnadenlose Rache zu nehmen.

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Seitenzahl: 136

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Krachend brach die niederfallende Spitzhacke ein Stück Stein aus dem klumpigen Felsbrocken. Dünner Staub wehte hoch und legte sich wieder. Schweratmend hielt der große, hagere Mann inne, wischte mit dem Handrücken den dreckigen Schweiß von der Stirn. Er trug lediglich eine verschlissene, schiefergraue Sträflingshose. Der von der Sonne gebräunte Körper bestand nur aus Haut und Knochen.

„He, Eastackey, du Bastard!“, brüllte ein uniformierter Mann mit brutalen Gesichtszügen und eilte mit schnellen Schritten heran. „Niemand sagte etwas über eine Pause!“

Gnadenlos zog er dem Gefangenen die daumendicke Peitschenschnur über den Rücken. Die spröde Haut platzte wie eine reife Bananenschale und sofort sickerte dunkles Blut aus der Wunde.

Der Bestrafte zeigte keinerlei Schmerz oder Betroffenheit. Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Das Gesicht wirkte wie eine steinerne Maske und der Schweiß rann in Bächen über seine hohlen Wangen.

Jim O`Brain, der schlimmste und gemeinste Aufseher des Staatenzuchthauses. Der am meisten gehasste Mann von Yuma. Er suchte und fand immer einen Anlass um seine Macht zu demonstrieren und einen Sträfling zu erniedrigen und niederzuknechten. Höhnisch lachend drehte er sich von den Geschlagenen ab.

Regungslos starrte ihm Bill Eastackey hinterher.

Mörderisch versengte die frühe Nachmittagssonne die ausgetrocknete Erde und tötete jegliche Vegetation. Sie waren vielleicht hundertdreißig Strafgefangene. Männer, gebrochen an Leib und Seele. Von der erbarmungslosen Tageshitze, von der nächtlichen Kälte ausgemergelt, von der sinnlosen, stupiden Steinbrucharbeit abgestumpft. Gebrandmarkte Verbrecher, Mörder, Pferdediebe, Bankräuber, Frauenschänder, von einem Geschworenengericht verurteilt zu fünf, zehn oder noch längeren Freiheitsstrafen. Aber genausogut hätte man sie zum Tode verurteilen können. Denn kaum einer überlebte die Gefangenschaft. Und wenn doch, dann war er für den Rest des Lebens gezeichnet. Willenlos und ohne Lebensmut.

Sie waren untergebracht in Yuma. Zuchthaus von Arizona, an der Grenze zu Mexiko, verschrien als die strengste Strafvollzugsanstalt des Westens. Yuma, das bedeutete Folter und Tod, Angst und Schmerzen und seelische Verstümmelung. Entkommen war so gut wie unmöglich. Eine 5m hohe und 2,5m dicke Betonmauer umgrenzte das Gefängnis. Drei Wachtürme mit den bewaffneten Wächtern verhinderten nahezu jeden Fluchtversuch. Zehn bis zwölf Gefangene waren in einer Zelle eingepfercht, ein einziger Blecheimer für die Notdurft wurde lediglich einmal im Tag geleert. Der fürchterliche Gestank war kaum auszuhalten. Als Schlafunterlage dienten ein Strohlager und eine dünne Wolldecke. Die Insassen vegetierten schlimmer wie jede Kreatur.

Bill Eastackey hob die Spitzhacke und schlug weiter auf die Gesteinsbrocken ein. Das kantige Antlitz war von Narben geprägt und in den grafitfarbenen Augen glomm ein winziger Funken, der kurz vor der Entflammung stand. Es war der Funken des Hasses, der ihn alles überstehen half und ihn am Leben hielt. Ganz Yuma wusste, dass Eastackey nur für diesen Hass lebte. Bill Eastackey, der Unbeugsame, der Mann, der zehn Jahre Juma überlebte und dessen eisernen Willen niemand brechen konnte. Er hatte viele sterben sehen. Sie krümmten sich im roten Staub der Erde, wälzten sich schreiend hin und her und in ihren Augen leuchtete der blanke Wahnsinn. Ihre Körper waren ausgehöhlt, die Zungen hingen aus den Mündern und dann schlugen die Wächter auf sie ein, bis sie verstummten und sich ihre geschundenen Leiber nicht mehr rührten.

Eastackey überlebte sie alle. Er wurde dafür bewundert oder beneidet. Mancher respektierte ihn auch. Weil er stärker und härter war als jeder Insasse, weil er niemals um Gnade winselte, weil er sich nicht unterordnete.

Doch auch er lag schon im Dreck und wollte nicht mehr aufstehen, wollte liegen bleiben und hoffte, dass alles ein Ende nahm. Die Schläge, die Schmerzen, die Erniedrigungen. Dann blickte er auf seine verstümmelte Hand, an der drei Finger fehlten, spürte das verwachsene, steife Knie und der Hass überschwappte ihn wie eine heiße Welle. Diese fressende Verbitterung richtete ihn wieder auf, steigerte sich von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr und ließ ihn nachts nicht mehr schlafen. Der Hass hielt ihn aufrecht, wenn er mit der Spitzhacke Steine zerbröckelte, wenn der klebrige Schweiß in den Augen brannte und die Muskeln wie Espenlaub zu zittern begannen. Die Bitterkeit trieb ihn hoch, wenn O´Brains Peitsche auf seinen Rücken blutige Striemen hinterließ, wenn um ihn die Männer wie Fliegen in der gleißenden Hitze aus den Stiefeln kippten und verreckten.

Er, Bill Eastackey aus Colorado, lebte noch.

„Verdammt, Eastackey, jetzt habe ich endgültig die Schnauze voll!“ Wutentbrannt schwang der Ire O´Brain die Peitsche.

Der gemeine Schlag warf Eastackey nach vorne und die Hacke rutschte ihm aus den Händen. Nur mit Mühe unterdrückte er den Schmerzenslaut. Da folgte auch bereits der nächste Hieb und schleuderte ihn auf das harte Felsgestein.

Breitbeinig stellte sich O´Brain über ihn und grinste zynisch auf ihn hernieder. Als Eastackey den Kopf hob und ihn ansah, schlug ihm der Ire die Faust ins Gesicht.

Eastackey fühlte wie die rissigen Lippen aufsprangen und wie das Blut über das Kinn tropfte.

„Steh auf, du Hurenbock“, bellte der bullige O’Brain und trat mit den klobigen Stiefeln in Eastackeys Magen. Der öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Der Schmerz zuckte wie Feuer durch den Körper und die Augen füllten sich mit Wasser. Ihm wurde so übel, dass er glaubte sich übergeben zu müssen. „O’Brain, du schaffst mich nicht“, würgte er kaum verständlich durch die Zähne. „Hörst du, Jim O’Brain, du schaffst mich nicht. Du wirst mich schon totschlagen müssen, um mich klein zu kriegen. Wenn du mich nicht totschlägst und ich komme eines Tages aus dieser Hölle raus, dann bete zu Gott, dass wir uns nicht irgendwo begegnen.“

Böse knurrte der Ire: „Du bist ein harter Bastard, Eastackey, ich weiß das zu schätzen. Du bist länger in Yuma als irgendein anderer. Angeblich bald zehn Jahre. Aber jetzt hast du dein Schicksal besiegelt. Du hast mich eben mit der Harke bedroht und wolltest mir den Schädel einschlagen. Deine Kameraden werden dies bestätigen.“

Drohend blickte er in die zurückhaltenden Gesichter der umher Stehenden. „Was ziert ihr euch, Jungs. Ihr seid doch meine Augenzeugen? Ihr habt doch alle gesehen wie Eastackey versuchte mir den Pickel über den Scheitel zu ziehen. Oder nicht?“

Ein paar Sträflinge nickten widerwillig, andere blickten betreten zur Seite. Aber niemand wagte zu widersprechen.

Zufrieden lachte O’Brain: „Ockay, ich sehe wir sind uns einig.- Also dann hoch mit dir Eastackey. Wir marschieren geradeaus ins Mauseloch.“

Mühsam rappelte sich Eastackey hoch. Er wusste was auf ihm zukam. Doch es berührte ihn nicht. Kehlig stöhnte er: „Du kannst mich nicht fertigmachen. Ich steckte schon zweimal im Loch und zweimal kam ich auch wieder raus. Ich werde auch ein drittes Mal überleben. Du kriegst mich nicht tot, O’Brain!“

„Warten wir es ab, mein Junge. Vielleicht wünscht du dir bald du wärst tot. Aber ich will dich gar nicht sterben sehen. Ich sollst nur im Dreck kriechen und mir meine Stiefeln blankschlecken. Das ist alles was ich will.“

Heftig stieß er Eastackey den Peitschenstiel in den Nacken und trieb ihn vorwärts.

Die Gefangenen starrten ihnen hinterher. Und mancher war froh, dass nicht er an Eastackeys Stelle war.

Einer sagte mitleidig: „Armer Kerl!“

„Warum? Er hat selber Schuld“, sagte sein Nebenmann. „Mit O’Brain legt mach sich nicht an. Er sollte das am besten wissen. Er ist lange genug in Yuma.“

„Eastackey soll bereits zehn Jahre in Yuma sein“, warf ein anderer ein.

„Das weiß ich nicht. Jedenfalls war er lange vor mir da. Ich mache mir keine Sorgen. Solange sich O’Brain mit Eastackey beschäftigt, solange lässt er mich in Ruhe.“

Ein weiterer Wächter kam zu der Gruppe. Wütend schrie er: „He, ihr wertloses Gesindel. Das ist kein Erholungsheim. Marsch an euere Arbeit. Schlägt die Steine weich, ihr Pack!“

„Menschenschinder“, schimpfte ein Falkengesichtiger grimmig und hämmerte die Eisenspitze auf den Felsen.

***

Steifbeinig hinkte Bill Eastackey den steinigen Pfad zu den verwitterten Backsteinbauten hinunter, in denen die Strafgefangenen und das Wachpersonal hausten. Er machte sich keine Illusionen. Er wusste, O’Brain wollte ihm endgültig das Rückgrat brechen. Zweimal hatte man ihn in den zehn Jahren Gefängnisaufenthalt in das Mauseloch geworfen und beide Male war er nur knapp dem Wahnsinn entronnen. „Ich muss und werde es wieder überleben“, dachte er. „Selbst die Hölle kann mir nichts anhaben.“

Aus dem Offiziersheim kam ein Unteroffizier. „Wohin Jim?“ rief er.

„Ins Mauseloch“, erwiderte O’Brain bereitwillig. „Eastackey wollte mir doch tatsächlich den Schädel spalten.“

Verständnislos schüttelte der Uniformierte den Kopf: „Verrückter Kerl, wo er doch morgen entlassen werden sollte. Das war reichlich unüberlegt.“ Gemächlich trottete er in das Gebäude zurück.

Unwillkürlich zuckte Eastackey zusammen. Was sagte der Mann? Morgen sollte er entlassen werden? Heiser sagte er: „Du hast das gewusst, O’Brain, du Teufel wusstest das.“

Die beiden Männer bogen um die Ecke des Zellenblockes. „Natürlich habe ich das gewusst“, lachte Jim O’Brain selbstgefällig. „Morgen wäre dein Entlassungstag gewesen. Aber den kannst du dir abschminken. Du hast mich tätlich angegriffen, das verzögert deinen Abschied aus Yuma um ein langes Jahr. Das ist ein Geschenk von mir.“

„Du kleines, dreckiges Schwein“, sagte Eastackey. „Was bist du nur für ein Mensch. Dafür werde ich dich eines Tages töten. Das schwöre ich.“

Unbeeindruckt lachte O’Brain.

Dann erreichten sie ihr Ziel. Das Mauseloch. Eine in den Felsboden geschlagene Grube, drei Meter im Quadrat und drei Meter tief. Am Tage ein mörderischer Brutofen, bei Nacht ein eisiger Kühlschrank.

Eastackey blickte in das dunkle Erdloch hinunter.

In seinem Rücken befahl O’Brain: „Los, Mann, spring. Das ist jetzt dein Zuhause für sieben Tage.“

Aber Eastackey sprang nicht. Wie angewurzelt blieb er am Rand der Grube stehen.

Da rammte ihm der Aufseher die Fäuste in die Nierenseite und Eastackey sank in die Knie.

„Jetzt mache ich dich endgültig fertig“, triumphierte O’Brain. „Wenn du wieder aufwachst, wirst du dir wünschen, du wärest nicht geboren.“ Barbarisch schlug er weiter.

Eastackey prallte auf die felsige Erde und wurde halb bewusstlos.

Wie von Sinnen stiefelte O’Brain auf den Wehrlosen ein, solange bis dieser blutüberströmt vor ihm lag und sich nicht mehr rührte. Ohne Mitleid sagte er laut: „Ich denke das reicht, Amigo, wenn du Glück hast, kann man dich noch als Spucknapfreiniger gebrauchen.“

Mit weiteren Fußtritten beförderte er den Ohnmächtigen über den Grubenrand. Er beobachtete den Sturz ins Nichts und hörte dann den geräuschvollen Aufprall des Fallenden. Abfällig spuckte er auf die regungslose Gestalt hinab. Dann winkte er vier patrollierende Wachleute zu sich heran und gemeinsam schleiften sie eine wuchtige Steinplatte über den tiefen Graben.

Zurück blieb ein geschundener und zusammengekrümmter Menschenkörper, über den sich tiefschwarze Dunkelheit legte. Die intensiven Qualen ließen Bill Eastackey irgendwann erwachen. Äußerst vorsichtig änderte er seine unbequeme Lage. Er lehnte sich an die grobe Felswand, zog die Knie heran und hoffte auf das Abklingen der Schmerzen.

„Ich habe es geschafft“, schoss es ihm jäh in den Kopf. „Ich habe zehn Jahre Hölle überlebt. Bald bin ich frei!“ Und auf einmal spürte er auch keine große Not mehr. Nur speiübel wurde ihm und er übergab sich. Er presste beide Hände gegen den rebellierenden Magen, starrte gegen den Deckenabschluss und konnte doch nichts erkennen. Über ihm und um ihm herum die totale Finsternis.

„Roland Buck, ich komme“, schrie er unvermittelt in die schwarze Tinte. „Bert Sulfast, ich komme und serviere euch die Rechnung. Die Rechnung für zehn Jahre Hölle. Zahn um Zahn, Auge um Auge.“

Ein gespenstisches Gelächter beutelte seinen blutgeschwächten Körper und der tödliche Hass sägte in seiner Brust. Wild rief er: „Ich habe zehn Jahre Kasernierung hinter mir und was auf euch zukommt wird schlimmer als ein Hurrikan sein. Eine Kugel für jedes Jahr...“

Wieder das unbeherrschte Lachen.

Roland Buck, ich komme...

Bert Sulfast, ich komme...

Das Lachen starb ab und Eastackey übergab sich erneut. Schlagartig meldeten sich die Schmerzen zurück und wüteten wie glühende Kohlen in den Wunden.

„Ich halte diese Pein nicht mehr aus“, dachte er gequält. „Ich glaube ich werde verrückt.“

Nacktes Entsetzen packte ihn und der Herzschlag beschleunigte sich. „Nein, nein“, sagte er laut um sich zu beruhigen. „Nur nicht verrückt werden. Nur das nicht. Die Schmerzen sind ja erträglich. Du hast schon schlimmeres überstanden. Denk an etwas anderes, Billy. Denk an Roland Buck und Bert Sulfast. Und gleich fühlst du dich besser. Denk nur an Roland Buck, sonst an nichts, nur an Roland Buck...“

Laut redete Bill Eastackey in die rabenschwarze Düsterkeit hinein. Und plötzlich stand die Vergangenheit vor ihm, klar und deutlich, als wäre alles erst gestern gewesen. Eingebrannt in der Seele, für immer eingeschweißt in der Erinnerung, niemals vergessend, niemals verzeihend...

***

Es war Tanz in Denver City.

Der Golden-Hill-Palast drohte wegen Überfüllung zu platzen. Laute Countrymusik hämmerte auf die Hauptstraße.

„Yippiejee, die Jungs von der Silver-Ranch sind da“, jubelte der junge Billy Eastackey und schob den Hut unternehmungslustig in den Nacken. Behende sprang er die wenigen Treppen zur Veranda des Saloons hinauf. Billy war 19Jahre, offenes, sympathisches Gesicht, schlaksige Figur, pechschwarze Haare. Für diesen Samstagabend hatte er den besten Anzug aus dem Schrank geholt. Die ganze Woche freute er sich schon auf den Tanz. Er war Wildpferdzureiter auf der Silver-Ranch. Ein harter Knochenbrecherjob. Vierzig Dollar im Monat, Kost und Logier frei. Einmal im Monat ein freies Wochenende. Heute war es wieder soweit. In der Anzugsjacke steckten vierzig Mäuse und die wird er in dieser Nacht verprassen.

Die Freunde Audie Long, Tom Over und Max Brand, genau wie er Cowboys von der Silver-Ranch, folgten ihm begeistert.

Hoffnungsvoll sagte Billy: „Ob Ellen schon da ist? Sie hat mir den ersten Tanz versprochen!“

Audie Long, dessen dunkles Haar leicht gekräuselt war, grinste breit und gab ihm einen leichten Stoß. „Geh voraus, verliebter Kauz. Dein Mädchen wartet bereits.“

„Idiot!“ schimpfte Billy gutmütig und stieß die gläserne Eingangstür auf. Stimmengeschwirr, Tabaksqualm, Whiskydunst und dröhnende Musik schallte den vier Freunden entgegen.

„Yippiejee!“ schrie Billy in den Saal hinein und warf den Hut in die rauchgeschwängerte Luft. „Macht Platz für die glorreichen Vier von der Silver-Ranch!“ Geschickt fing er den Hut wieder auf.

„Yippiejee!“, hallte es aus vielen Kehlen zurück.

Zielbewußt drängten die vier Cowboys durch das Getümmel zur langen, vollbesetzten Bartheke.

Der Pianist Kurt Cock hämmerte wie verrückt auf die Klaviertasten ein und der Schweiß perlte über sein Honiggesicht.

Bereitwillig machte man den Freunden am Tresen Platz.

„Zuerst spülen wir den Staub mit ein paar Drinks hinunter“, schlug Tom vor. „Mann, ich bin am verdursten.“

„Deine beste Idee an diesem Tag“, lobte Billy und seine Blicke wanderten über die ausgelassenen Gäste, weiter zu den fröhlich Tanzenden auf der großen Bühne. Endlich entdeckte er die angebetete Ellen Cortwigth. Meerblaue Augen, kirschrote Lippen, ein Gesicht wie aus Elfenbein, herrlich goldglänzendes, weit über die Schulter fallendes Haar. Sie tanzte gerade mit dem alten Sheriff Roy Baker und sie war bestimmt die schönste Lehrerin, die jemals in Denver unterrichtete. Auch sie bemerkte Billy und winkte ihm unter der Menge zu. Dabei rief sie etwas, aber ihre Worte gingen im Lärm unter.

Mit Handzeichen versuchte er ihr mitzuteilen, dass er den nächsten Tanz für sich beanspruchte.

Sie schien zu verstehen und nickte ihm strahlend zu.

Er wandte sich wieder an die Bar.

„Mike, einen Doppelten“, bestellten die Freunde im Einklang.

Der Wirt Mike Sanders lachte und schenkte die Gläser voll.

Die vier griffen gleichzeitig danach und sahen sich feierlich an.

„Cheers“, sagte Billy.

„Cheers“, Sie leerten die Gläser in einem Zug.

„Mike...“, sagte Billy.

„...noch einen...“, fuhr Audie fort.

„...doppelten...“, fügte Max an.

„... Whisky!“ vollendete Tom den Dialog.

Kurt Cock setzte zum Schlußstakkato und Billy schaute ihm bewundernd zu. „Mann“, staunte er. „Kurt ist der Allergrößte in Colorado. Keiner haut in die Tasten wie er.“

„Unsinn, das kann ich auch“, tat der zur Fülle neigende Max geringschätzig. „Du solltest mal mich hören. Dann glaubst du, Kurt wäre ein Greenhorn.“

Billy tippte sich an die Stirn: „Hört Euch diesen Angeber an. Jetzt schnappt er über, was Freunde?“

Audie grinste, dass seine Ohren Besuch bekamen. „Warst du schon einmal dabei, als Max Klavier spielte?“

„Natürlich“, erwiderte Billy todernst. „Damals sind mir die Mustangs durchgegangen und ich benötigte drei Tage, bis ich die verstörten Biester wieder eingefangen hatte.“

Haha“, machte Max auf Beleidigt.

Billy Eastackey stellte das leere Glas auf den Tresen. „Entschuldigt mich, Kumpels. Ich muss weg. Ich habe ein Rendezvous.“

Er dreht ab und steuerte schnurstracks auf die hinreißende Ellen Cortwigth zu, die ihn mit einem Lächeln empfing.

Aufeinmal wirkte er ganz schüchtern, der gutaussehende, hochgeschossene Cowboy mit dem schwarzen Haar. Die Menschen um ihn herum wurden zu Statisten. Es gab nur noch das wunderschöne Mädchen und den hölzernen Pferdebändiger. Hilflos suchte er nach Worten. „Hallo, Ellen“, stotterte er schließlich. Mehr fiel ihm nicht ein.