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Wie viel Freundschaft braucht der Mensch?
»Freunde werden aufgrund der Brüchigkeit von Beziehungen immer wichtiger«, schreibt Soziologin Eva Illouz. »Freunde sind die neue Familie«, titelte der STERN schon in den Neunzigern – und auf den ersten Blick ist es plausibel: Ehen gehen schneller entzwei, Familien zerbrechen, wir gehen zum Studieren in die Ferne, ziehen der Arbeit halber ans andere Ende der Republik. Wir müssen mobil sein, lassen unser Heimatdorf und alte Freunde zurück, finden neue. Suchen sie uns selbst aus, anstatt wie mit der Familie auf immer verbunden zu sein. Sind Freundschaften das Resultat moderner, individueller Selbstbestimmung? Susanne Lang unterzieht verschiedene Arten der Freundschaft einem Reality-Check, entlarvt Freundschaftsmythen – und erklärt, warum der Freundeskreis oft die bessere Familie ist.
77 % der Deutschen haben einen festen Freundeskreis. Im Durchschnitt haben wir 3,3 echte und 130 Facebook-Freunde. Wer umgeben von Freunden alt wird, hat eine um 22 % erhöhte Lebenserwartung.
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Seitenzahl: 194
Susanne Lang
ZiemlichfesteFreunde
Warum der Freundeskreisheute die bessere Familie ist
Alle wörtlichen Zitate aus Filmen und Videos sind Transkriptionen der Autorin. Bei Originaltexten handelt es sich um Übersetzungen der Autorin.
1. Auflage
Originalausgabe © 2014 by Susanne Lang & Blanvalet Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-13064-0www.blanvalet-verlag.de
Inhalt
Intro: Meine Freunde
Wahre Freunde – Das Ideal
Gute Freunde – Die postmoderne Realität
Ziemlich beste Freunde – Das pragmatische Ideal im digitalen Alltag
Facebook-Freunde – Globamigos unter sich: Die Realität in den Nullerjahren
Beste Freundinnen – Klischee und feministische Realität: Die wichtigsten Frauen im Leben einer Frau
Beste Kumpel – Projekt fürs Leben: Die wichtigsten Männer im Leben eines Mannes
Romantische Freunde – Abschied vom Harry-und-Sally-Syndrom: Das neue Verhältnis zwischen Männern und Frauen
Die lieben Frollegen – Willkommen in der neuen Arbeitswelt: Wenn Kollegen zu Freunden werden
Ausblick: 11000 Freunde sollt ihr sein! – Warum wir in Zukunft mehr Freunde brauchen und haben werden
Danksagung
Quellen- und Literaturverzeichnis
Intro: Meine Freunde
In einem Linienbus, frühmorgens. Die Scheiben sind beschlagen, ein Kind wischt mit einem Zeigefinger Sichtlöcher hinein. Die Fahrgäste stehen Schulter an Schulter gedrängt, in den Kurven schwanken sie leicht jeweils entgegen der Fahrtrichtung. Genervte Stille. Plötzlich ein Mikrorauschen.
BUSFAHRER: »Achtung, uffjepasst, eene Fahrgastinformation: An ’ne Verspätung dieser Linie müssen Se sich jewöhnen, wollte ick nur mitteilen, jibt ’ne riesen Baustelle an der Endhaltestelle in Marzahn, Gleisarbeiten, da jeht nüscht mehr.«
Die Fahrgäste blicken sich ratlos an.
EIN MANN: »Was heißt ›gewöhnen‹? Diese Linie ist doch immer zu spät.«
Kollektives Kopfschütteln. Wieder Mikrorauschen.
BUSFAHRER: »Aber jetzt begründet.«
Ich ließ vor Schreck die Halteschlaufe neben meinem Kopf los und blickte in belustigte Gesichter. Die meisten Fahrgäste kannte ich vom Sehen. Jeden Morgen um die gleiche Uhrzeit versucht unsere kleine Gruppe, den letzten Bus vor der Taktumstellung auf 20 Minuten zu erwischen. Jeden zweiten Morgen hat es die eine oder der andere nicht geschafft. An diesem Morgen blickte ich in auffällig viele fremde Gesichter. Wir lachten trotzdem alle gemeinsam los, als wären wir eingeschworene Bekannte. »Tja, tut mir wirklich leid«, murmelte ich leise vor mich hin, »der Punkt geht an Berlin!«
Im Büro angekommen, malte ich sofort mit Edding einen dicken schwarzen Punkt auf die wichtigste Liste meines gegenwärtigen Lebens. Sie beinhaltet zwei Spalten. Über der linken steht »Berlin«. Über der rechten »Hamburg«. Darunter notiere ich jeweils Punkte in unterschiedlichem Durchmesser, die für ein Leben in der jeweiligen Stadt sprächen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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