Zimmer mit Meerblick - Rainer Bauer - E-Book

Zimmer mit Meerblick E-Book

Rainer Bauer

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Beschreibung

»Ein Ehepaar macht zwei Wochen Urlaub. Mann und Frau wollen wieder zueinander finden. Ob das gelingt? Spannend!« »Noch köstlicher und humorvoller kann man das Leben nicht beschreiben.« »Der Roman gehört zu den Besten, die ich in letzter Zeit gelesen habe.« »Porträt einer Paarbeziehung - und ein großes Lesevergnügen!« »Wundervoller Schreibstil ... einzigartige Geschichte ... Humor und Tiefe ...« »Super Freizeitlektüre.« »Also ich hab mich ja schon lange nicht mehr so weggeschmissen vor Lachen, das Buch kann ich nur mit ausgezeichnet bewerten, echt klasse!« »Ich vergebe gefühlte 10 Sterne!« »Das ist seit langem mal wieder ein Buch, das einen daran erinnert, dass der Mensch Lachmuskeln besitzt. Mit diesem Buch kommen sie auf ihre Kosten. Denn lachen ist gesund.« »Ich lese gerade in Deinem Buch. Einfach nur Spitze. Ich bin nur noch am Lachen. Gratulation!« »Uneingeschränkte Empfehlung, wenn Sie sich amüsieren, nachdenken und vor allem herzhaft lachen wollen!« »Friedrich Karl Katzenbuckel hat mehr von uns, als uns lieb sein kann.« »Wie aus der Realität - großartig!« »Herrlich und leicht!« »Hat Spaß gemacht im Hotel Europa! ***** Sterne!« »... habe mich köstlich amüsiert. Einige Textpassagen sind einfach nur genial!« »Beste Unterhaltung!« »Wunderschönes Buch!!!« »Ideal, um ein wenig abzuschalten.« »Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen.« »Leicht und doch nachdenklich!«

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Über das Buch
Für Irmgard
Inhaltsverzeichnis
Buch 1
Meer
Erste Woche
Reiseflughöhe
Ah, wie schön!
Ich schleppe das Gepäck
Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Urlaub
Bombenleger und anderes Gesindel
Der Gurkenkönig
Standhalten und hinsehen
Omelett, Señor?
Die mintgrüne Frau
Der verschwundene Tischkellner
Der Baron
Nie hört mir jemand zu
Was gibt es noch zu sagen?
Rocco
Sie haben eine tolle Figur!
Kakerlakenwetter
Gute Vorsätze
Reden gegen Catilina
Audiophile Ohrenstöpsel
Lolex, Mistel?
Zweite Woche
Gewürfelte Hosen
Kandidierte Früchte
Die Affen von Gibraltar
Der Massenmensch
Mein erster Abend mit Susanne
Silvester
Haftcreme
Ein Tick zu warm
Wollen Sie saufen?
Eier
Gänsefleisch
Engländer
Im Internet
Nach dem Abendessen
Deutsche
Es fiept
Susanne wacht auf
Die Wünsche einer Frau
Bates Motel
Der Pfeifer
Wir überqueren Faro
Nachts um halb eins in Frankfurt
Buch 2
Land
Nacht
Zwiegespräch mit Suppenlöffel
Mein letztes Abenteuer
Der Spion in meinem Blut
Fürs Votterland!
Ich zähle täglich meine Sorgen
Dackelvergiften
Das Gottesteilchen
Der Webstuhl der Zeit
Tag
Wir haben Kontakt!
Spurensuche
Das Mädchen mit den Salatabfällen
Der Onkel mit den Zähnen
Susannes Geschichte
Verdammte Psychos!
Kaffee bei Siegfried und Kriemhild
Erfundene Wahrheit
Andere Menschen, andere Hunde
Über den Autor
Kontakt

Impressum tolino

Rainer Bauer

Zimmer mit Meerblick

Über das Buch

Frauen kriegen Wechseljahre, Männer die Krise.

»Ein Ehepaar macht zwei Wochen Urlaub. Mann und Frau wollen wieder zu einander finden und alte Probleme im Urlaub beheben. Ob das gelingt? Spannend!«

»Wundervoller Schreibstil ... einzigartige Geschichte ... Humor und Tiefe ...«

»Super Freizeitlektüre.«

»Friedrich Karl Katzenbuckel hat mehr von uns, als uns lieb sein kann.«

»Der Roman gehört zu den Besten, die ich in letzter Zeit gelesen habe.«

»Also ich hab mich ja schon lange nicht mehr so weggeschmissen. Echt klasse!«

»Wie aus der Realität - großartig!«

»Uneingeschränkte Empfehlung, wenn Sie sich amüsieren, nachdenken und vor allem herzhaft lachen wollen!«

»Schon nach den ersten Seiten musste ich mir ein Taschentuch holen, um meine Tränen des Lachens aufzuwischen. Das ist seit langem mal wieder ein Buch, das einen daran erinnert, dass der Mensch Lachmuskeln besitzt. Mit diesem Buch kommen sie auf ihre Kosten.«

»Herrlich und leicht!«

»Hat Spaß gemacht im Hotel Europa! ***** Sterne!«

»... köstlich amüsiert. Einige Textpassagen sind einfach nur genial!«

»Beste Unterhaltung!«

»Wunderschönes Buch!!!«

»Noch köstlicher und humorvoller kann man das Leben nicht beschreiben. Seit langem mal wieder ein Buch, dass einen daran erinnert, dass der Mensch Lachmuskeln besitzt. Mit diesem Buch kommen Sie auf Ihre Kosten. Denn lachen ist gesund.»

»Ideal, um ein wenig abzuschalten.«

»Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen.«

»Ich lese gerade in Deinem Buch. Einfach nur Spitze. Ich bin nur noch am Lachen. Gratulation!«

»Leicht und doch nachdenklich!«

»Ich vergebe gefühlte 10 Sterne!«

Zimmer mit Meerblick

Eine Romanze von Meer und Land

Die Katzenbuckel-Romane 1

Rainer Bauer

Die Katzenbuckel-Romane in einer 3-teiligen Gesamtausgabe, erstmals vollständig, als geschlossene Erzählung und in der richtigen Reihenfolge.

Copyright © 2018 by Rainer Bauer

68165 Mannheim

Cover: Rainer Bauer, unter Verwendung von Fotolia #107088026 - Zwei Teddybären am Strand © Nordreisender und Fotolia #91281723 - Vector Illustration of a Cat © Ramona Kaulitzki

Published in Germany

Personen, Orte und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, Orten und Handlungen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, und jede andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Zustimmung des Autors zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Dieses Buch ist auch als Taschenbuch erhältlich.

Für Irmgard

Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Widmung

Inhaltsverzeichnis

Buch 1: Meer

Erste Woche

Reiseflughöhe

Ah, wie schön!

Ich schleppe das Gepäck

Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Urlaub

Bombenleger und anderes Gesindel

Der Gurkenkönig

Standhalten und hinsehen

Omelett, Señor?

Die mintgrüne Frau

Der verschwundene Tischkellner

Der Baron

Nie hört mir jemand zu

Was gibt es noch zu sagen?

Rocco

Sie haben eine tolle Figur!

Kakerlakenwetter

Gute Vorsätze

Reden gegen Catilina

Audiophile Ohrenstöpsel

Lolex, Mistel?

Zweite Woche

Gewürfelte Hosen

Kandidierte Früchte

Die Affen von Gibraltar

Der Massenmensch

Mein erster Abend mit Susanne

Silvester

Haftcreme

Ein Tick zu warm

Wollen Sie saufen?

Eier

Gänsefleisch

Engländer

Im Internet

Nach dem Abendessen

Deutsche

Es fiept

Susanne wacht auf

Die Wünsche einer Frau

Bates Motel

Der Pfeifer

Wir überqueren Faro

Nachts um halb eins in Frankfurt

Buch 2: Land

Nacht

Zwiegespräch mit Suppenlöffel

Mein letztes Abenteuer

Der Spion in meinem Blut

Fürs Votterland!

Ich zähle täglich meine Sorgen

Dackelvergiften

Das Gottesteilchen

Der Webstuhl der Zeit

Tag

Wir haben Kontakt!

Spurensuche

Das Mädchen mit den Salatabfällen

Der Onkel mit den Zähnen

Susannes Geschichte

Verdammte Psychos!

Kaffee bei Siegfried und Kriemhild

Erfundene Wahrheit

Andere Menschen, andere Hunde

Über den Autor

Kontakt

Buch 1

Meer

Ich höre nachts die Lokomotiven pfeifen, sehnsüchtig schreit die Ferne, und ich drehe mich im Bett herum und denke: »Reisen...«

- Kurt Tucholsky -

Hotel Europa

Hôtel de l’Europe

Erste Woche

Willkommen - Bienvenue - Welcome

Reiseflughöhe

Neunundneunzig Prozent aller Abstürze ereignen sich bei Start oder Landung. Wir sind gestartet, unter uns liegt Frankfurt, ein Lichtermeer. Ich sehe auf die Uhr. »Morgen, in genau vier Stunden, esse ich Omelett mit allem, was die Küche zu bieten hat: Pilze, Kräuter, Zwiebeln, Käse, Speck, Schinken.«

Zehn Kilometer über den Alpen, künstlich beatmet, eingesperrt wie ein Maikäfer in einer Zigarrenkiste, freue ich mich auf Eier mit Speck. Susanne sitzt neben mir.

»Frühstücken unter freiem Himmel.«

»Abendessen. Ente. Gans. Schweinebraten.«

»Scampis. Seezunge. Kaviar. Rotwein.«

»Kaviar gibt es leider nur am Wochenende! Es sind halt doch nur vier Sterne.«

Wir haben unsere Reiseflughöhe erreicht. Ich strecke meine Beine aus, lehne mich zurück, wische mir die schweißnassen Hände an den Oberschenkeln ab und sehe aus dem Fenster. Im Frühling reisen wir nach Asien oder in die USA und im Herbst auf die Kanaren. Vielleicht war ich in den letzten Wochen etwas bissiger als sonst, aber ich hatte nichts am Laufen - keine Frau, keine alte Freundin und keine neue. Keine Lügen mehr. Ich schwör’s! Ich habe alles gegeben. Mich wirklich angestrengt. Dass dieser Urlaub unser letzter werden würde, unser letzter gemeinsamer Urlaub, das ahnte ich nicht.

Die Katastrophen, die ich mir ausmale, sind immer die falschen: ein Absturz, eine Bombe, eine Entführung mit Geiselnahme und Sprengung. Übertrieben? Nein, es passiert andauernd. Sieht dich im Zug einer dumm an, kannst du aussteigen oder einen Wagen weitergehen. Nicht so im Flieger. Da hockst du mit den kranken Hirnen im gleichen Käfig. Mitgeflogen, mitgehangen. Mit in die Luft geflogen.

Habe ich etwas versäumt in meinem Leben? Ja, natürlich: die vielen Frauen, die auf mich warten; die vielen Reisen, die ich noch machen will, die vielen Bücher, die ich noch lesen will, die vielen Idioten, über die ich mich noch ärgern will … Wo soll ich anfangen? Die Welt ist definitiv ärmer dran ohne mich - vor allem bin ich ärmer dran ohne mich.

Man wird immer älter, seltsam. Das Rätsel der Zeit habe ich auch nicht gelöst. Wenn wir jetzt herunterfallen, sparen sie Geld. Dann müssen sie mich im Geschäft nicht mehr rausschmeißen; dann verschwinde ich in einer Gletscherspalte, ein Arschloch weniger, was soll’s. Vielleicht verkante ich mich und muss mir den Schwanz absägen, um wieder herauszukommen. Gletscherspalten machen geil. Dann habe ich etwas zu erzählen und werde in Talkshows eingeladen:

Der Mann, der in eine Gletscherspalte fiel und sich kaltblütig den Schwanz absägte. Schrapp schrapp!

Keine Frage, sie sind hinter mir her, die anonymen Mächte. Die dunklen Reiter. Sauron. Mordor! Seit ich denken kann, verfolgen sie mich. Sie sind schuld, dass ich in der Sackgasse stecke. Mein Leben besteht nur aus Sackgassen. Ich renne durch ein Labyrinth wie eine Laborratte auf der Suche nach Futter. Was finde ich am Ende des Tages? Das Huhn, das goldene Eier legt? Man ist ja blöd. Man glaubt immer, da kommt noch was. Das kann es nicht gewesen sein. Irgendwann geht’s los! Dann fängt mein Leben an. Nein, die schlechte Nachricht ist: Das war’s! Da kommt nichts mehr.

Ich will nicht klagen. Ich habe etwas erreicht. Ich bin eine Marke, aber keine Top-Marke. In die Hitparade komme ich nicht mehr. Meine Beförderung kann ich vergessen. Schlimm? Nein, mittelmäßig in Deutschland ist auch nicht schlecht. Allein, es ärgert mich, wenn ich nicht mitspielen darf. Hat mich schon immer geärgert. Die Frau damals auf dem Barhocker am Eingang der Disco, Minirock, Beine bis zum Arsch, die mich nicht reinlassen wollte, als ich siebzehn war und aussah wie achtzehn - ich habe sie bis heute nicht vergessen.

Du willst mich nicht reinlassen?

So ist es!

So, so? Und wer entscheidet das? Du?

Ja, allerdings.

Selektion an der Rampe, was?! Passt zu dir, so wie du aussiehst.

Heute grinse ich ihr frech ins Gesicht, wenn ich sie im Straßencafé sehe, alt und demütig. Sie deutet ein Lächeln an, weiß nicht, wo sie mich hin stecken soll.

Vor fünfzig Jahren hast du mich nicht in die Disco gelassen, du Schnepfe. Auf deinem Grab werde ich tanzen!

Ist das kindisch?

Ja, klar. Ich mach’s trotzdem. Hält jung.

Immer locker und geschmeidig bleiben, Baby. Wenn ich dich erwische, zieh ich dir den Stecker!

»Türsteher und Schleusenwärter! Unerträglich.«

Ich habe laut gesprochen.

»Unerträglich gibt’s nicht«, sagt Susanne. »Nur Huhn oder Polenta.«

»Was!?«

»Zu essen. Hühnchen oder Polenta. Sie haben es gerade durchgesagt. Hast du nicht zugehört?«

»Polenta? Was ist das? Die Polizei? Kann man das essen? Nie gehört.«

Leute um die fünfzig stehen unter Generalverdacht. Sie beziehen Gehälter, die hinter ihren Leistungen zurückbleiben, von ihrer Arbeitsmoral ganz zu schweigen, sie haben keine. Bedenkenträger, gefangen in den Fallstricken der Vergangenheit, verschließen sich dem Neuen, schreiben das Gestern fort. Jugend schlägt Erfahrung. Junge Leute rennen für die Hälfte. Für die Hoffnung auf einen festen Job. Irgendwo. Eines Tages. Irgendwann.

»Unwucht. Professor Horst Unwucht! Hab ich dir von dem schon erzählt? Professor in der Schweiz, Sankt Gallen, Inhaber eines Lehrstuhls für irgendwas Neumodisches, Intergalaktisches. Economics. Irgendwas in der Richtung. Ein Fan von Paul Krugman. Strotzend vor Gesundheit, berstend vor Selbstbewusstsein. Drahtiger, federnder Schritt, Handy am Hosengürtel, Sportler, Läufer vermutlich.

Willst du wissen, was er über uns sagt, Leute unseres Alters? Unser Einkommen verhält sich umgekehrt proportional zu unseren Leistungen. Wir sind das Geld nicht wert, das man uns gibt. Anfang dreißig saß ich in seinem Seminar und stimmte von ganzem Herzen zu. Ohne Vorbehalt! Recht hat er, dachte ich. Freie Fahrt für freie Bürger! Weg mit den alten Säcken! Jetzt bin ich selbst ein alter Sack.«

Erfahrungen sind Kalkablagerungen wie die Malereien an den Höhlenwänden von Lascaux. Wie alt sind die? Zwanzigtausend Jahre? Ein Fall fürs Museum. Wenn Sie sich auf Erfahrung berufen, haben Sie schon verloren.

»Gesucht werden ehrgeizige junge Leute, die schnell leben, wenig denken, viel konsumieren und nicht alt werden! Bloß nicht alt werden.«

»Du hast auch mal anders geredet.«

»Hab ich, ja, als ich noch gutgläubig war und meinte, ich könnte etwas bewirken. Als ich noch glaubte, dass der Einzelne einen Unterschied macht. Dass Erfolg zählt, Bildung gut ist, selbständiges Denken, Verantwortung, Entscheidungen treffen, sich für etwas einsetzen. Werte! Dieser ganze Mist! Das ist alles Unsinn. Das Einzige, was zählt, ist die Arschkriecherei.

Erfolg nutzt nichts. Du machst dich nur verhasst. Weiter kommst du nur mit den richtigen Leuten. Sei ihnen nützlich. Arbeite ihnen in die Hände. Trag ihnen den Koffer.«

»Nicht alle Firmen haben so dumme Strukturen wie Heissler. Nicht alle sind ein Magnet für dumme Menschen.«

»Ich bin ein Mann mit Talent, aber ohne Einfluss. Ich existiere nicht. Ich bin gar nicht vorhanden. Wozu habe ich studiert? Ohne Unterschrift meines Chefs darf ich noch nicht mal eine Rolle Klopapier bestellen. Ich glaube, der ist vermindert schuldfähig.«

»Wer?«

»Helmut H. Geist, mein Chef. Stell dir vor, worüber der lacht: Palim palim. Siebziger-Jahre-Humor. Vierzig Jahre her. Und heute lacht der darüber. Wieso lachst du?«

»Oh, ich kann mich gut erinnern. Didi Hallervorden. Ich habe auch gelacht. Die Kuh Elsa fand ich auch gut.«

»So? Sehr witzig! Wenn du gut findest, was er gut findet, und an den richtigen Stellen lachst, spielst du in der Ersten Liga. Dann solltest du dich bewerben.« Ich mache die Quäkstimme meines Chefs nach. »Sie mögen die Kuh Elsa? Sehr schön! Da kommen Sie für höhere Aufgaben in Frage.«

»Such dir einen anderen Job. Aber hör auf zu jammern! Ich kann’s nicht mehr hören.«

»Wenn man sich auf etwas freut, muss man sich vorher noch einmal einen mitgeben. Das ist wie mit einer guten Zigarre. Um so mehr genießt man den Unterschied. Alter Indianertrick.«

»Warum gibst du dir nicht die Kugel und freust dich auf die Auferstehung.«

»Du hast keinen Humor.«

Sie hat recht. Wie ich denke, so denken Verlierer. Dieses Gespräch haben wir schon oft geführt. Gute Leute haben die Firma verlassen und sind nicht gescheitert. Ich suche nach Gründen, weshalb ich geblieben bin, zähle mir dreimal am Tag die Vorteile auf. Die Altersversorgung, nicht unwichtig für einen Mann mit fünfzig. Anderswo ist es auch nicht besser. Nein, es liegt nicht an Menschen und Strukturen, es liegt an mir, und mich schleppe ich überall mit hin: Ich muss meine Einstellung ändern!

Die Besten gehen, die Flaschen bleiben: Ich bin eine Flasche!

Als ich aufbrach in die Welt der Werktätigen, ging Wendelin in Rente. Zwanzig Jahre hielt er uns in Schach mit seiner Drohung, sich aufzuhängen. Dann starb er in einem Krankenhausbett. War es ein Trost für ihn, dass er als Abteilungsleiter und nicht als Arbeiter starb?

Manager sind unsterblich.

Wendelin war ein Versager.

Johanna setzte ihn herab, schmälerte seine Leistungen, demütigte ihn, wo sie nur konnte. Als sie ihn zum Sterben nach Hause schickten, flehte sie die Ärzte an, ihn im Krankenhaus zu lassen. Nicht ihm ging es schlecht, sondern ihr. Große Pläne hatte er, nichts war ihm gelungen. Geärgert hatte er sie. Nun starb er auch noch und ließ sie im Stich. Was erlaubte er sich!? So eine Sauerei! Sie hätte den anderen nehmen sollen, der war jünger, mit dem hätte sie ein besseres Leben gehabt.

Irgendwann hörte ich auf, mich zu fragen, ob sie funktionierte, weil sie Tabletten nahm, oder ob sie Tabletten nahm, um zu funktionieren.

Sie drehte mir den Rücken zu. Dein Vater war beim Arzt, sagte sie zum Spülbecken, Speisereste von den Tellern wischend. Nun lag er oben im Dachstuhl, den er liebevoll ausgebaut und hergerichtet hatte, allein mit sich und seinen Gedanken. Jetzt musste er sich nicht mehr quälen mit der Frage, an welchen Baum er sich hängen sollte, wie alt er werden würde - jetzt waren die Würfel gefallen. Jetzt wusste er Bescheid. Und, o Wunder, plötzlich wollte er leben. Plötzlich wollte er sich gar nicht mehr aufhängen!

Bringen Sie Ihre Angelegenheiten in Ordnung, Herr Katzenbuckel. Wir sind am Ende unserer Kunst. Wir können Ihnen nicht mehr helfen.

Ich war froh, dass er da oben lag und nicht ich.

Ihr hättet in Urlaub fahren können, sagte ich zu Johanna, es gab so viele Orte, die er gern noch gesehen hätte. Ein Leben lang hat er Rücksicht auf dich genommen. Du wusstest, dass er stirbt, und hast nichts für ihn getan. Du hast ihn allein gelassen. Du hättest sterben sollen und nicht er.

Ich muss mich hinlegen, sagte sie. Ich muss schlafen.

Ich saß am Küchentisch und nickte. Ich hörte gar nicht mehr auf, zu nicken. Ich muss ausgesehen haben wie ein Idiot. Sie stand unter Drogen, und ich war nicht ansprechbar. Die Katze schmiegte sich an mein Bein und schnurrte.

»Der Professor war furchtlos. Der kennt keinen Tod.«

Der Professor! Wahrscheinlich kocht er auch nur mit Wasser. Aber er hat es drauf. Er weiß, wie man’s machen muss. Verkauft sich gut. Arbeitet mit Scharisma. Genau so muss man’s machen. Das lieben die Leute! Und ich? Ich habe meine Kohlsuppendiät nicht durchgehalten, mir in einem Anfall sinnloser Wut drei doppelstöckige Burger mit Bacon und Käse reingezogen. Meine Hose ist im Schritt gerissen. Durchgescheuert. Zu viel Nachtisch. Scheiß drauf!

»Scharisma ist keine Frage der Fettpolster, sondern der Ausstrahlung. Auch Dicke können strahlen! Mir strahlt die Sonne aus dem Arsch.«

»Charisma«, verbessert Susanne mild.

»Scharia! Der Professor hatte offene Scharia, er hat mich angesteckt.«

Der Professor hatte schon deshalb recht, weil er Porsche fuhr und ich Volkswagen. Ein Volkswagen setzt dich ins Unrecht, egal was du sagst.

»Ich will auch Porsche fahren!«

»Gleich gibt’s Essen.« Susanne berührt sanft meinen Arm.

Ein Ruck geht durch die Maschine, als sie die Wolkendecke durchstößt. Ich richte mich kerzengerade auf und kralle mich an die Armlehnen, bis die Knöchel weiß hervortreten.

»Mein Gott, mein Gott, wir stürzen ab! Bestell mir einen Schnaps!«

»Gleich, nach dem Essen.«

»Hab ich im Schlaf gesprochen? Nein, wenn ich fliege, kann ich nicht schlafen. Es könnte sein, dass wir uns verfliegen. Sind wir auf Kurs? Wo sind wir?«

Ich sehe aus dem Fenster. Wolken, Wolkenberge, Wolkentäler, die Aussehen, als könnte man in ihnen umherwandern wie der erste Mensch am Anfang der Zeiten.

Susanne sagt: »Da unten ist Gibraltar.«

»Wenn wir jetzt herunterfallen, fallen wir unter Affen. Auf Gibraltar gibt es Affen. Wusstest du das? Affen und Engländer. Hab ich dir eigentlich schon von Professor Unwucht erzählt?«

»Gefühlt eine Million Mal.«

»Unwucht. Ein guter deutscher Name. Guter Schädel. Aristokratisch. Gut für die Karriere. Wie heiße ich? Friedrich Karl Katzenbuckel. Der Fritz aus der Maximilianstraße! Unmöglich! Katzenbuckel ist kein glücklicher Name für eine Führungspersönlichkeit. Stell dir vor, Picasso hätte seine Bilder mit Katzenbuckel signiert. FKK. Auf den Hitler-Tagebüchern hätte nicht AH gestanden, sondern FKK. Einen Katzenbuckel hätte das deutsche Volk ausgelacht. Dem wäre bestimmt keine Sau gefolgt.«

»Wahrscheinlich wäre es gar nicht aufgefallen. Hühnchen?«

»Salmonellen! Da weiß man, was man hat.«

Die Firma ist nicht nur dumm, sie ist strukturell dumm. Die Dummheit ist in ihre Prozesse und Verfahren eingebaut, unabhängig von den handelnden Personen. Du kannst die Köpfe wechseln, hin- und herstrukturieren, oben Erfindungsgeist, Unternehmertum, Kreativität, Ideenreichtum hineinkippen - unten werden immer Dummheiten herauspurzeln. Menschen gehen hinein, Duckmäuser kommen heraus. Alles wird zuverlässig zermahlen.

Gestatten, Friedrich Karl Maus!

»Sich in dummen Strukturen dumm zu stellen, eine Maus aus sich zu machen, sich in vorauseilendem Gehorsam zu unterwerfen, ist Unsinn! Das merkt ja keiner. Sind ja alles Mäuse.«

Susanne hat sich an meine Selbstgespräche gewöhnt. Manchmal sitze ich nachts senkrecht im Bett und halte eine Rede.

»Warum sage ich nicht einfach, leckt mich am Arsch, Freunde?! Fehlt mir der Mut? Was hätte ich im Krieg gemacht? Habe ich eigentlich meine Tabletten eingepackt? Ich hab sie genau abgezählt, eine für jeden Tag, vierzehn Stück plus Reserve, falls was passiert, weiß man ja nie. Vorbereitung ist alles.«

»Woher soll ich das wissen?«

»Hallo? Kein Grund, aggressiv zu werden. Wenn ich meine Tabletten nicht nehme, werde ich zum Tier, das weißt du. Und was ist mit meinem Messer?«

»Nimmst du das auch wieder mit? Schon gemerkt, dass wir nicht drei Monate in den brasilianischen Regenwald fahren, sondern zwei Wochen in ein spanisches Ferienhotel? In diesem Flieger sitzen nur Touristen. Findest du es nicht seltsam, ein Jagdmesser einzupacken?«

»Denk an die Nacht auf der Plantage.«

»Da warst du zwanzig Jahre alt, bist monatelang durch ferne Länder gereist und hast dich von Bananen ernährt. Das ist dreißig Jahre her. Du nimmst keine Malariatabletten mehr und schleppst kein Moskitonetz mit dir herum.«

»Ich wurde von Schlangen und Skorpionen gebissen.«

»Wir sind in Europa.«

»Früher habe ich Schlangen den Kopf abgeschlagen. Wusch! Weg war der Kopf! So einfach war das! Heute«, ich seufze, »heute haben die Schlangen noch nicht einmal mehr Köpfe.«

»Kommt mir vor wie gestern, unglaublich«, fahre ich fort. »Andererseits muss man auch nicht mehr nach Asien reisen. Asien kommt zu uns. Die asiatische Buschmücke ist schon da.«

»Heute nimmst du Faltencreme.«

»Ein Anti-Aging-Präparat. Schön, dass du mich daran erinnerst. Was war noch mal der Grund, weshalb wir geheiratet haben?«

»Die Steuer.«

»Die Typen haben ihre Messer auf den Tisch gelegt, und ich hab meines danebengelegt. Was glaubst du, wie schnell die wieder weg waren?«

»Sehr schnell. Ich hab’s oft genug gehört. Deine Freundin lag im Bett, nichts ahnend von der Gefahr, aus der du sie errettet hast. Dafür war sie am nächsten Morgen ausgeschlafen.«

»Dunkelhäutige Gestalten! Sie hatten Gewehre und sagten uns, sie gingen auf die Jagd. Was die wohl jagten? In der Gegend gab es noch Fälle von Kannibalismus. Was man mit einem Jagdmesser so alles machen kann: ritzen, stechen, schlitzen, hacken, häuten, skalpieren, zerlegen, schneiden, amputieren … Sie haben es sich genau angesehen. Es ging von Hand zu Hand, sie haben es bewundert, die Schärfe der Klinge geprüft. Der Anführer fragte mich …«

»German knife. How much?«

»Diese Jungs sind wie Kinder. Wenn die etwas sehen, das ihnen gefällt, wollen sie es gleich kaufen. Sie denken, alles hat seinen Preis. Ich sagte …«

»Stainless Steel! Kruppstahl! Wenn ich könnte, würde ich jetzt das Geräusch eines Panzers nachmachen. Es war doch ein Panzer, oder? Brumm brumm! Leo two, you know? Not for sale.«

»Mach dich nur lustig über mich! Unser Hotel könnte überfallen werden, es könnte einen Stromausfall geben, wir könnten eingeschlossen sein oder in die Wildnis fliehen müssen. Stell dir vor, du bist auf mich angewiesen, ich muss dich verteidigen.«

»Warum soll ich mir das vorstellen?«

»… oder dich mit Nahrung versorgen, einen Hasen abstechen oder eine Antilope ausweiden. Die Banken könnten zusammenbrechen. Der Euro könnte kollabieren. Selbst wenn ich nur eine Zimmertür öffnen muss, weil wir den Schlüssel verloren haben oder einen Knopf von deiner Jacke abtrennen, um ihn neu anzunähen. Ein Jagdmesser ist eine aktive Krisenvorsorge. Mit einem Jagdmesser bist du immer im Vorteil. Also, wo ist mein Jagdmesser?«

»Du wirst es in eine Windel gewickelt haben. O Pardon, ich meine natürlich eine Unterhose. Der Dolch in der Unterhose!«

Susanne steht auf dem Standpunkt, dass ich keine Feinde brauche. Ich sei mein ärgster Feind, meint sie.

»Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung?«

»Oh ja, ich erinnere mich gut. Du hast eine Stunde dumm rumgelabert. Dann hast du mich vor der Suppe sitzen lassen und bist verschwunden, einfach so, ab durch die Hintertür.«

»So ist das im Leben. Manchmal kommt jemand um die Ecke, von dem wir nicht wussten, wie sehr wir ihn brauchen. Du fandest es lustig.«

»Irre. Selten so gelacht. Welcher Teufel mich da wohl geritten hat.«

»Du musst die Zeit bedenken, es war kurz nach der Wiedervereinigung. Die Russen waren im Begriff, eine Zeitmaschine zu bauen und in der deutschen Vergangenheit herumzumurksen. Sie wollten Helmut Kohl verhindern. Was glaubst du, weshalb Helmut Schmidt so viele Bücher schreibt? Weil er nicht Kanzler der Einheit geworden ist. Mal sehen, wer den letzten Schuss abgibt. Ich tippe auf Kohl. Kein Kohl, keine Einheit, keine Merkel. Der Attentäter war schon unterwegs. Ich war auf die Sache angesetzt, durfte aber nicht darüber reden.«

»Irre oder verhaltensgestört.«

»Vergiss nie eine gute Geschichte und die Menschen, die sie dir erzählen. Du und ich, wir sind Schriftsteller. Wir schreiben Geschichte. Zumindest die Geschichte unseres Lebens. Wir können eine Schlacht verlieren, aber nie die Deutungshoheit. Wir dürfen uns von den Analphabeten nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, nur weil sie die Macht haben. Das Wort ist alles, was bleibt.«

»Auch wenn die Geschichte nicht gut ausgeht?«

»Eine gute Geschichte ist eine wahre Geschichte, und wahre Geschichten gehen nie gut aus; sie enden auf dem Friedhof. Das ist auch gut so, denn es ist die einzige Chance, dass sich etwas ändert. Alles andere ist gelogen. Von dem Barsoi hat man auch nie wieder gehört.«

»Welcher Barsoi?«

»Der Kampfhund der Russen! Der Attentäter, den sie in der Zeit zurückgeschickt haben, um Helmut Kohls Mutter totzubeißen. Das war ein Barsoi, ein russischer Windhund.«

»Ich glaube, ich muss mich heute Abend besaufen.«

Ah, wie schön!

Übermüdet, benommen von dem nächtlichen Flug, stellen wir uns in die Warteschlange derer, die auf der Terrasse frühstücken wollen. Eine Frau in Straßenkleidung, die mit uns angekommen ist, drängelt sich vor mich.

»Gute Idee, wär ich nie drauf gekommen.« Mit zwei schnellen Schritten bin ich an ihr vorbei und nehme meinen Platz wieder ein. »Glauben Sie, mir macht das Spaß?«

Empört sieht sie an mir hoch und wendet sich an ihren Mann, der mit den Schultern zuckt.

»Egal, wir haben Urlaub.«

»Richtig! Wir nämlich auch.«

Zwanzig Minuten später sinken wir in unsere Sessel.

»Ah, wie schön! Wieder das Schicksal herausgefordert, wieder gewonnen. Wieder nicht gestorben. Jetzt machen wir zwei Wochen einen drauf.«

»Herrlich!«

»Zwei Wochen Urlaub!«

»Herrlich!«

»Das Wetter ist besser als im Mai.«

»Die Pullis und die Jacken hätten wir gar nicht gebraucht.«

»Das konnten wir nicht wissen. Ein Tick zu warm für Oktober, findest du nicht?«

Ich schleppe das Gepäck

Ich schleppe das Gepäck, Susanne besorgt uns ein Zimmer. Gewöhnlich delegiert sie solche Aufgaben an mich.

»Die Spanier sind Machos. Die hören nur auf Männer.«

Der Kerl an der Rezeption ist nicht älter als fünfundzwanzig, kommt aus Görlitz und sieht aus, als hätte er eine schwere Kindheit gehabt.

»Der nicht. Der hört auf dich. Hast du die Rabattkarte greifbar? Frag gleich nach den Prozenten. Wir haben viele Punkte. Das sollte ordentlich was bringen.«

Unser Zimmer liegt ebenerdig. Vom Balkon sieht man in den Garten, eine ausgedehnte Rasenfläche, unterbrochen von Palmen und Blumenrabatten, im Hintergrund das blaue Wasser des Pools, rechts, ganz in Weiß, die Frühstücksterrasse.

»Sehr schön. Besser als letztes Jahr. Ruhige Lage. Perfekt! Hoffentlich sind nicht wieder so viele Deutsche da. Und so viele Alte. Und die vielen dicken Frauen! Und die Kinder! Dieses Gekreisch! Bäh!«

»Gehen wir’s positiv an!«

»Genau!« Ich ziehe den Vorhang zu. »Wir gehen es positiv an.«

Wenn ich aus dem Bett steige, können sich die Gäste auf der Terrasse ihre Brötchen schmieren und zusehen, wie ich auf der Bettkante sitze und mir die Eier kraule.

Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Urlaub

Lautes Traktorengeräusch weckt mich. Ein dünner Kerl in Gärtnerkluft mit dicken Ohrenschützern schiebt vor unserem Balkon einen benzinbetriebenen Rasenmäher. Der Kerl kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich habe ihn schon gesehen, zweimal genau genommen – einmal als Fahrer des Follow-me-Autos und ein weiteres Mal als Einweiser auf dem Rollfeld, als er unsere Maschine mit orangefarbenen Kellen in die Parkposition lotste. Europa im Zeichen der Globalisierung. Man braucht mehr als einen Job zum Überleben.

Ich verriegele die Balkontür und ziehe den Vorhang vor.

»Wie oft sie wohl den Rasen schneiden, was meinst du? Wie schnell wächst so ein Rasen? Ob sie gewartet haben, bis wir da sind? Unwahrscheinlich, oder?«

»Wir sollten uns nicht so wichtig nehmen. Wir haben Urlaub.«

»Normen gibt es für alles, auch für benzinbetriebene Rasenmäher. Dürfen sie lauter sein als in Deutschland? Hat Spanien eine Ausnahmegenehmigung für benzinbetriebene Rasenmäher? Oder fahren in Deutschland die selbstfahrenden Rasenmäher schon mit Wasserstoff?«

Am nächsten Tag schneidet der gleiche Kerl mit einer elektrischen Heckenschere die Hecken. (Gibt es selbstfahrende Heckenscheren?) Am Tag unserer Abreise sitzt er in einer Palme und hackt Blätter ab; drei Stunden später, als unsere Maschine zur Startbahn rollt, fährt er den Gepäckwagen mit unseren Koffern zurück in die Abfertigungshalle.

»Unser Gepäck ... Sollte es nicht verladen werden?«

»Wieso? Wird es nicht?«

»Da, sieh mal, da fährt es. Er fährt unsere Koffer zurück in die Halle.« Ich zeige auf das Gepäckfahrzeug, das hinter einer Lagerhalle verschwindet.

Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Urlaub, aber ich sage nichts, weil ich Susannes Antwort nicht hören will: Du hörst dich an wie deine Mutter. Dabei haben wir nur ein einziges Mal gestritten. Oder habe ich mich verzählt?

Bombenleger und anderes Gesindel

»Okay, gehen wir sie geschwind mal durch. Der Langhaarige da drüben ist ein Bombenleger aus dem letzten Jahrhundert. Siebziger, achtziger Jahre. Die gehen jetzt alle in Rente. Hat sich in den letzten zwanzig Jahren als Hundetherapeut und Buchautor durchgeschlagen. Den Urlaub bezahlt seine Freundin. Na, der wird sich wundern, wenn er sieht, was unterm Strich rauskommt und dass er auf das Wenige noch Steuern zahlen muss.

Der Kerl daneben ist ein ehemaliger Vorstand mit Gattin, gut und teuer gekleidet, aber schwer abgebaut. Schlecht zu Fuß. Könnte gut und gern der letzte Urlaub sein, isst sich noch mal satt, der Möbelwagen steht schon vor der Tür. Die beiden anderen sind Lehrer kurz vor der Pensionierung.«

»Wer sind die Lehrer?«

»Der mit den langen weißen Haaren und dem glatt rasierten Arschgesicht.«

»Kunsterzieher oder Sportlehrer.«

»Kommt von hinten, führt den Mädchen den Pinsel, hat für alles Verständnis, ist unendlich geduldig. Sie ist Grundschullehrerin … Sieh nur, ihre Frisur! Gott, wie grässlich! Wie Fräulein Klein, die mich ermahnte, nicht so zu grinsen. Ich war ein großer Grinser. Schon als Baby habe ich weniger geschrien als gegrinst. Schon als Baby fühlten sich alle von mir verarscht. Ich war keins dieser Kleinkinder, die Freunde gewinnen. Dabei habe ich nur auf ihre dürren Titten geschielt und mich gewundert, wie man so jung und doch so hässlich sein konnte.

Das war Fräulein Klein!

Siehst du da drüben den Kleinen mit dem Haarteil? Noch ein Vorstand. Nachmittags geht er ans Meer, setzt sich in den Sand, zieht blank und lässt sich die Sonne aufs Hirn brennen. Danach, wieder bedeckt mit Perücke, isst er Gambas, streicht sich zufrieden über den Bauch und starrt jungen Mädchen hinterher. Sehr jungen Mädchen. Fast noch Kindern! Das ist ein Pädophiler. Nicht umsonst hat er so einen stechenden Blick. Wahrscheinlich verzehrt er gern mal das zarte Brüstchen einer frisch geschlachteten Jungfrau.«

»Fritz!«

»Und trinkt eine Flasche Rotwein dazu. Schweren Burgunder. Ich kenne die Typen mit den dicken Eiern, glaub mir. Ich sehe sie jeden Tag.«

»Du musst dich nicht wundern, wenn du nicht befördert wirst.«

»Die sehen mich nicht, aber ich sehe sie. Ich weiß, wie sie ticken. Wenn ich in Rente gehe, schreibe ich Ratgeber. Der nackte Manager. Der nackte Manager privat. Der nackte Manager reloaded.«

»Du kannst dich nicht verstellen. Dir kann man jeden Gedanken vom Gesicht ablesen. Man muss dir nur in die Augen sehen, da weiß man Bescheid.«

»Regel Nummer eins: Wenn du zum Klassenfeind gehst, vergiss nie, die Festplatte zu löschen und den Arbeitsspeicher zu leeren! Mein Gesicht ist ausdruckslos, mein Röntgenblick erloschen. Wach sind nur meine Ohren, ich höre alles.«

»Regel Nummer eins: Mach dir nichts vor.«

Susanne kennt mich gut und sollte es besser wissen, doch sie nimmt jedes meiner Worte ernst. Das überrascht mich immer wieder aufs Neue, denn ich bin selten ernst. Mit Zorn bewirkst du nichts, Zorn zerstört dich. Lachen indessen ist tödlich. Lachen wirkt wie ein Säurebad! Deshalb darf in Gegenwart von Amtsinhabern und Würdenträgern nicht gelacht werden, kein Muskel darf zucken.

»Da ... Siehst du den?«

Ein braun gebrannter Kerl mit einem Kopf wie eine Erdnuss, eine von denen, die man bis zum Schluss in der Packung lässt und nur aus Verzweiflung nimmt, wenn nichts mehr da ist. Mit einem gut gefüllten Teller tapert er an uns vorbei.

»Fällt dir auf, wie er läuft? So kleinschrittig. Trippelschrittchen.Wie stolz er sein Futter vor sich herträgt? Trippel-trappel Pony. Das ist die trippelnde Alterseitelkeit. Ein Parkinson-Mann. Schüttellähmung. Der Teufel findet immer ein Türchen, durch das er schlüpft. Warte noch ein, zwei Jahre, dann freut er sich, wenn seine Haushälterin einen Zipfel Fleischwurst mitbringt und klein schneidet, damit er sie beißen kann.«

Der Gurkenkönig

»Ich habe einen Friedhof voller Nebenbuhler.«

Mainzer Dialekt klingt in meinen Ohren immer wie eine Büttenrede: Frau Babbisch und Frau Struwwelich. Ach Sie, Fra Babbisch? Jaaa, Fraaa Struwwelich? Der Satz stammte aus dem Mund eines älteren Herrn, den ich auf siebzig schätzte, als ich ihn zum ersten Mal sah – tatsächlich war er neunundachtzig. Seine Frau schätzte ich morgens auf hundertzwanzig und abends auf sechzig – sie war dreiundachtzig.

Nach dem Abendessen saßen wir auf der Raucherbank neben dem Eingang zum Speisesaal, ich mit Pfeife, Susanne mit einem Glas Rotwein.

»Schöne Zähne haben Sie, Fräulein. Lachen Sie mal! Schöne Farbe. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«

Susanne lachte. Woher wusste er, auf welchen Knopf er drücken musste? Schon saß er zwischen uns. Wieso nehmen hässliche Kerle sich solche Frechheiten heraus? Schämen sie sich nicht? Woher nehmen sie den Mut? Die Antwort lautet: Geld. Geld zerstört nicht nur den Charakter: Geld macht frech. Greifen Sie mir mal in die Tasche. Ich bin der sprichwörtliche nackte Mann. Ich muss die Arschbacken zusammenkneifen und zu jedem Arschloch scheißfreundlich sein. Wenn ich das mal nicht mehr bin, wissen Sie, dass ich zu Geld gekommen bin.

»Sauerkonservenfabrikant. Mache in Erbsen, Möhren, Sauerkraut, Rotkraut und Gurken. Doktor Kühne hat mir zwölf Millionen geboten, viel Geld damals. Ich hab zu ihm gesagt: Herr Doktor Kühne, hab ich gesagt …«

Immobilienhai …

»Behalten hab ich von meinen Wohnungen nur drei Mietshäuser! Davon leben wir heute. Eins haben wir an ein Lehrerehepaar vermietet. Den hab ich rausgeschmissen. Der hat meine Frau geärgert!«

Boxpromoter …

»Sehen Sie mal!« An einem goldenen Kettchen um seinen Hals baumelten winzige goldene Boxhandschuhe. »Ich war auch mal Boxpromoter. Das ist lange her. Das war eine andere Zeit.«

Zwölf Jahre Wehrmacht, abgegangen als Oberleutnant. Mitglied sämtlicher Karnevalsvereine, gemerkt habe ich mir nur den Champagner-Orden. Oder bekommt man den verliehen?

»Seit ich in Frankreich war, fahren wir jedes Jahr wieder hin, immer zum Tag der Republik. Die Franzosen haben Sinn für Tradition. Den Aufmarsch der Fremdenlegion müssen Sie sich ansehen, das ist schön.«

Er rauchte Zigaretten in einer Zigarettenspitze. Ich sah auf seine Hände. Ein alter Mensch kann alles an sich in Schuss halten, die Fingernägel kann man säubern, die Haare kann man pflegen, Gebisse kann man ins Sprudelbad legen, Gesichter kann man liften, Schuhe kann man putzen - Hände indessen verraten das Alter.

- Ende der Buchvorschau -

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ISBN: 978-3-7394-0864-4