Zu wenig Zeit zum Sterben - Steve Cavanagh - E-Book
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Zu wenig Zeit zum Sterben E-Book

Steve Cavanagh

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Beschreibung

Der 1. Fall für Eddie Flynn – bekannt aus dem SPIEGEL-Bestseller THIRTEEN!

Er muss einen Mörder retten oder er verliert seine Tochter ...

Vor über einem Jahr hat der Strafverteidiger Eddie Flynn vor Gericht einen folgenschweren Fehler begangen – und sich danach geschworen, niemals mehr einen Fall zu übernehmen. Doch nun muss er Olek Volchek, den berüchtigten Paten der New Yorker Russenmafia, gegen eine Mordanklage verteidigen. Volchek droht, Eddies Tochter Amy umzubringen, falls er sich weigert. Und so bleiben ihm nur 48 Stunden Zeit, um das Unmögliche zu schaffen: die Geschworenen von der Unschuld seines schuldigen Mandanten zu überzeugen, das Leben seiner Tochter zu retten – und Volchek für immer aus dem Verkehr zu ziehen ...

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Buch

Vor über einem Jahr hat der Strafverteidiger Eddie Flynn vor Gericht einen folgenschweren Fehler begangen – und sich danach geschworen, niemals mehr einen Fall zu übernehmen. Doch nun muss er Olek Volchek, den berüchtigten Paten der New Yorker Russenmafia, gegen eine Mordanklage verteidigen. Volchek droht, Eddies Tochter Amy umzubringen, falls er sich weigert. Und so bleiben ihm nur 48 Stunden Zeit, um das Unmögliche zu schaffen: die Geschworenen von der Unschuld seines schuldigen Mandanten zu überzeugen, das Leben seiner Tochter zu retten – und Volchek für immer aus dem Verkehr zu ziehen …

Autor

Steve Cavanagh wuchs in Belfast auf und studierte in Dublin Jura. Er arbeitete in diversen Jobs, bevor er eine Stelle bei einer großen Anwaltskanzlei in Belfast ergatterte und als Bürgerrechtsanwalt bekannt wurde. Mittlerweile konzentriert er sich auf seine Arbeit als Autor. Seine Thrillerserie um Eddie Flynn machte ihn zu einem der international erfolgreichsten Spannungsautoren.

Mehr Informationen zum Autor und seinen Büchern unter www.stevecavanaghauthor.com.

Von Steve Cavanagh bei Goldmann lieferbar

Zu wenig Zeit zum Sterben. (Eddie Flynn 1)

Gegen alle Regeln. (Eddie Flynn 2)

Thirteen. Thriller (Eddie Flynn 4)

Fifty-Fifty. Thriller (Eddie Flynn 5)

STEVE CAVANAGH

ZU WENIG ZIT ZUM STERBEN

Der erste Fall für Eddie Flynn

Thriller

Aus dem Englischen von Fred Kinzel

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.Die englische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »The Defence« bei Orion, an imprint of The Orion Publishing Group Ltd, London

Überarbeitete Neuausgabe Januar 2023

Copyright © der Originalausgabe 2015 by Steve Cavanagh

Copyright © der deutschsprachigen

Ausgabe 2015 by Blanvalet Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Copyright © dieser Ausgabe 2023 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Covergestaltung: UNO Werbeagentur, München,

nach einem Entwurf von Head Design/Orionbooks

Covermotive: shutterstock

Überarbeitung: Regina Carstensen

AB · Herstellung: ik

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-30054-8V002www.goldmann-verlag.de

Für Bridie und Sam

»Erst das Urteil, der Ausspruch der Geschworenen nachher.«

Aus Alice im Wunderland von Lewis Carroll

KAPITEL EINS

»Tun Sie genau, was ich sage, oder ich jage Ihnen eine Kugel in den Rücken.«

Ein Mann, osteuropäischer Akzent. Ich entdeckte keine Spur von Nervosität, der Ton ruhig und gemessen. Keine Drohung; eher eine Feststellung: Kooperierte ich nicht, würde er mich erschießen.

Ich spürte, wie mir eine Handfeuerwaffe ins Kreuz gedrückt wurde. Instinktiv überlegte ich, mich gegen die Waffe zu lehnen und gleichzeitig blitzschnell nach links zu drehen, um den Schuss von mir wegzulenken. Der Kerl war vermutlich Rechtshänder, was bedeutete, dass er links ungeschützt war. Ich konnte ihm beim Umdrehen den Ellbogen ins Gesicht rammen und hätte genügend Zeit, ihm das Handgelenk zu brechen, die Waffe abzunehmen und gegen seinen Kopf zu drücken. Alte Instinkte. Aber der Typ, der so etwas beherrscht hatte, existierte nicht mehr. Ich hatte ihn zusammen mit meiner Vergangenheit begraben. Ich war nachlässig geworden. So ist das, wenn man anständig wird.

Durch den zu geringen Druck hörte das Wasser auf, in das Porzellanbecken zu plätschern. Ich merkte, wie ich zitterte, als ich die nassen Hände nach oben hielt.

»Das ist nicht nötig, Mr Flynn.«

Er wusste, wer ich war. Ich umfasste das Waschbecken mit beiden Händen, hob den Kopf und sah in den Spiegel. Ich hatte den Kerl noch nie gesehen. Hochgewachsen, schlank, brauner Mantel über einem anthrazitfarbenen Anzug. Sein Schädel war kahl rasiert, und eine Narbe lief unterhalb des linken Auges zum Kiefer hinab. Er drückte die Waffe erneut in meinen Rücken. »Ich folge Ihnen beim Verlassen der Toilette. Sie ziehen Ihren Mantel an, bezahlen Ihr Frühstück, und dann gehen wir gemeinsam nach draußen. Wir werden uns dabei unterhalten. Wenn Sie tun, was ich sage, geschieht Ihnen nichts. Wenn nicht, sind Sie tot.«

Kontrollierter Augenkontakt. Keine hektischen Flecken im Gesicht oder am Hals, keine unwillkürlichen Bewegungen. Dem Mann war keine Emotion anzumerken. Ich erkannte einen Gauner, wenn ich einen sah. Der Blick verriet ihn. Ich hatte ihn lange genug selbst draufgehabt. Aber der Kerl hier war kein Gauner. Er war ein Killer. Doch er war nicht der Erste, der mich bedrohte, und ich wusste, dass ich das letzte Mal davongekommen war, weil ich mein Hirn eingeschaltet hatte, statt in Panik zu geraten.

»Gehen wir«, sagte er.

Er trat einen Schritt zurück und hielt die Waffe in die Höhe, damit ich sie im Spiegel sehen konnte. Ein kurzläufiger silberfarbener Revolver. Ich hatte sofort gewusst, dass die Drohung ernst war, aber als ich diese Waffe im Spiegel sah, verspürte ich Furcht. Meine Brust zog sich zusammen, und mein Herz begann zu rasen. Ich war zu lange aus dem Spiel. Es würde auch gehen müssen, indem ich mein Hirn einschaltete und in Panik geriet. Der Revolver verschwand in seiner Manteltasche, und der Mann deutete zur Tür. Die Unterhaltung schien vorbei zu sein.

»Okay«, sagte ich.

Zwei Jahre Jurastudium, zweieinhalb Jahre als Angestellter bei einem Richter und fast neun Jahre als praktizierender Anwalt, und alles, was ich herausbrachte, war okay. Ich wischte mir die seifigen Hände an der Hose ab und fuhr mit den Fingern durch das schmutzig blonde Haar. Der Killer folgte mir aus der Toilette und durch den inzwischen leeren Diner. Ich zog meinen Mantel an, schob einen Fünfdollarschein unter die Kaffeetasse und ging zur Tür. Der Mann mit der Narbe folgte mir in kurzem Abstand.

Ted’s Diner war mein Lieblingsort, um nachzudenken. Ich weiß nicht, wie viele Verteidigungsstrategien ich dort schon ausgearbeitet habe, nachdem ich medizinische Unterlagen, Fotos von Schusswunden und juristische Dokumente voller Kaffeeflecken auf einem der Tische ausgebreitet hatte. Früher hätte ich nicht jeden Tag am selben Ort gefrühstückt. Viel zu riskant. In meinem neuen Leben genoss ich die Routine eines Frühstücks bei Ted. Ich war entspannt und hatte aufgehört, ständig über die Schulter zu schauen. Ein Jammer. An diesem Morgen hätte es nicht geschadet, auf der Hut zu sein. Vielleicht hätte ich ihn kommen sehen.

Aus dem Diner ins Herz der Stadt hinauszutreten, vermittelte mir ein Gefühl der Sicherheit. Auf dem Gehweg wimmelte es an diesem Montagmorgen von Berufstätigen auf dem Weg zur Arbeit, und das Pflaster unter meinen Füßen hatte etwas Beruhigendes. Der Kerl würde mich nicht um Viertel nach acht vor drei Dutzend Zeugen in der Chambers Street mitten in New York City erschießen. Ich stand links von dem Diner vor einer geschlossenen Eisenwarenhandlung, spürte den beißend kalten Novemberwind in meinem Gesicht und fragte mich, was der Mann wollte. War er ein ehemaliger Mandant von mir und ich hatte den Prozess verloren? Ich erinnerte mich jedenfalls nicht an ihn. Der Narbige trat zu mir vor das mit Brettern vernagelte Fenster des alten Ladens. So dicht, dass kein Passant zwischen uns treten konnte. Dann verzog er das Gesicht zu einem Grinsen, sodass die Narbe seine Wange deutlich in zwei Hälften teilte.

»Öffnen Sie Ihren Mantel, und sehen Sie hinein, Mr Flynn.«

Unbeholfen durchsuchte ich meine Taschen, fand aber nichts. Ich öffnete den Mantel ganz. Auf der Innenseite entdeckte ich etwas, das wie ein Riss aussah, als hätte sich das Seidenfutter von der Naht gelöst. Es war kein Riss. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass eine dünne schwarze Jacke in meinem Mantel steckte wie ein zweites Futter. Er musste die Ärmel der Jacke in meinen Mantel geschoben haben, als ich auf der Toilette war. Als ich von innen mit der Hand über den Rücken des Mantels fuhr, ertastete ich den Klettverschluss einer Tasche, die sich knapp oberhalb der Taille befand. Ich zog sie zu mir, um sie genauer zu betrachten, dann riss ich den Verschluss auf und griff hinein. Ich spürte einen losen Faden.

Zog ihn aus der verborgenen Tasche. Es war kein Faden.

Es war ein Draht.

Ein roter Draht.

An seinem Ende war etwas, das sich wie ein flaches Plastikgehäuse anfühlte, weitere Drähte und rechts und links zwei schmale Ausbuchtungen.

Ich bekam keine Luft.

Ich trug eine Bombe am Körper.

Der Mann hatte nicht vor, mich vor drei Dutzend Zeugen in der Chambers Street zu erschießen. Er würde mich zusammen mit weiß der Himmel wie vielen anderen in die Luft jagen.

»Versuchen Sie nicht wegzulaufen, sonst zünde ich den Sprengsatz. Versuchen Sie nicht, ihn zu entfernen. Erregen Sie keine Aufmerksamkeit. Mein Name ist Arturas.« Er sprach es Ar-toras aus und lächelte ununterbrochen dazu.

Ich sog scharf die Luft ein und zwang mich, langsam wieder auszuatmen.

»Nur die Ruhe«, sagte Arturas.

»Was wollen Sie?«, fragte ich.

»Mein Arbeitgeber hat Ihre Kanzlei angeheuert, sie soll ihn vor Gericht vertreten. Wir müssen noch eine Sache zu Ende bringen.«

Meine Angst ließ ein wenig nach: Es ging gar nicht um mich. Es ging um meine alte Anwaltskanzlei; vielleicht konnte ich Jack Halloran den Kerl unterjubeln. »Tut mir leid, mein Freund, aber das ist nicht mehr meine Kanzlei. Sie reden mit dem Falschen. Für wen genau arbeiten Sie denn?«

»Ich denke, Sie kennen den Namen. Mr Volchek.«

Verdammt. Er hatte recht. Den Namen kannte ich tatsächlich. Olek Volchek war der Kopf der Russenmafia. Mein früherer Partner Halloran hatte sich, einen Monat bevor Jack und ich uns trennten, bereit erklärt, Volchek zu vertreten. Als er den Fall annahm, erwartete Volchek ein Prozess wegen Mordes – genauer gesagt: ein Auftragsmord im Bandenmilieu. Ich hatte die Unterlagen in dem Fall nie zu Gesicht bekommen oder gar Volchek getroffen. Ich hatte mich in diesem Monat der Verteidigung von Ted Berkley gewidmet, einem Börsenmakler, der wegen einer angeblichen Entführung angeklagt war – es war der Fall, an dem ich vollständig zerbrach. In seinen Nachwehen hatte ich zuerst meine Familie verloren und dann mich selbst an die Whiskyflasche. Vor knapp einem Jahr war ich dann mit dem, was von meiner Seele noch übrig war, ausgestiegen, und Jack hatte die Kanzlei allein übernommen. Ich hatte keinen Fuß mehr in einen Gerichtssaal gesetzt, seit die Jury im Fall Berkley ihr Urteil gesprochen hatte, und ich hatte nicht die Absicht gehabt, in absehbarer Zeit wieder als Anwalt zu arbeiten.

Bei Jack sah die Sache anders aus. Er hatte Probleme mit seinem Hang zum Glücksspiel. Wahrscheinlich hatte er sich aus dem Staub gemacht und Volcheks Vorschuss mitgenommen. Wenn die Russenmafia Jack nicht finden konnte, wandte sie sich eben an mich – wegen einer Erstattung. Und sie ließen die Muskeln spielen. Mit einer Bombe auf dem Rücken spielte es keine Rolle, dass ich pleite war. Ich würde ihm das verdammte Geld besorgen. Das ging schon in Ordnung. Ich konnte dieses Narbengesicht bezahlen. Er war kein Terrorist. Er war ein Mafioso. Mafiosi sprengen keine Leute in die Luft, die ihnen Geld schulden. Sie lassen sich einfach bezahlen.

»Hören Sie, Jack Halloran ist Ihr Mann. Ich kenne Mr Volchek gar nicht. Jack und ich sind nicht mehr Partner. Aber es ist in Ordnung; wenn Sie Ihren Honorarvorschuss zurückhaben wollen, stelle ich Ihnen gern einen Scheck aus.«

Ob der Scheck eingelöst wurde oder nicht, war ein anderes Problem. Ich hatte etwas mehr als sechshundert Dollar auf dem Konto, meine Miete war überfällig, es gab Rechnungen von der Suchtklinik, die ich nicht bezahlen konnte, und ich hatte kein Einkommen. Die Klinikrechnungen waren das Hauptproblem, aber bei der Menge von Whisky, die ich in mich hineingeschüttet hatte, wäre ich gestorben, wenn ich mich nicht zu einem Entzug angemeldet hätte. In der Beratung dort war mir klar geworden, dass sich die Erinnerung an die Geschehnisse im Fall Berkley auch mit noch so viel Jack Daniel’s nicht fortspülen ließ. Am Ende war ich vom Trinken weggekommen, und in zwei Wochen sollte eine endgültige Einigung mit meinen Gläubigern erfolgen. Zwei Wochen, bis ich wieder ganz von vorn beginnen konnte. Wenn der Russe mehr als ein paar hundert Dollar haben wollte, war ich geliefert – auf der ganzen Linie.

»Mr Volchek will sein Geld nicht. Sie können es behalten. Stattdessen werden Sie es sich verdienen«, sagte Arturas.

»Was soll das heißen, es verdienen? Hören Sie, ich praktiziere nicht mehr. Ich habe seit einem Jahr nicht mehr als Anwalt gearbeitet. Ich kann Ihnen nicht helfen. Ich erstatte Mr Volchek den Vorschuss. Bitte lassen Sie mich einfach dieses Ding abnehmen«, sagte ich und fasste an die Jacke.

»Nein«, sagte er. »Sie verstehen nicht, Anwalt. Mr Volchek will, dass Sie etwas für ihn tun. Sie werden sein Anwalt sein, und er wird Sie bezahlen. Das ist Ihre einzige Chance. Oder Sie werden in diesem Leben überhaupt nichts mehr tun.«

Meine Kehle schnürte sich zusammen, als ich zu sprechen versuchte. Das ergab alles keinen Sinn. Jack würde Volchek doch sicher erzählt haben, dass ich aufgehört hatte, dass ich es nicht mehr packte. Eine weiße Stretchlimousine hielt am Straßenrand. Die glänzende Oberfläche spiegelte mich verzerrt wider. Die hintere Tür auf der Beifahrerseite ging von innen auf und löschte mein Bild aus. Arturas stand neben der offenen Tür und bedeutete mir mit einem Nicken einzusteigen. Ich versuchte, mich zu beruhigen. Ich atmete tief, verlangsamte meinen Herzschlag und bemühte mich verzweifelt, nicht zu kotzen. Die getönten Fenster der Limousine ließen den Innenraum so dunkel erscheinen, als wäre er randvoll mit schwarzem Wasser.

Für einen Moment wurde alles bemerkenswert still – es gab nur mich und diese offene Tür. Wenn ich weglief, würde ich nicht weit kommen – es war keine Option. Wenn ich in den Wagen stieg und in Arturas’ Nähe blieb, konnte er den Sprengsatz nicht zünden. In diesem Augenblick verfluchte ich mich, weil ich meine Fähigkeiten hatte schleifen lassen. Dieselben, die mich all die Jahre hatten überleben lassen, die mir geholfen hatten, Strafverteidiger mit einem Millioneneinkommen übers Ohr zu hauen, bevor ich selbst Jura studiert hatte. Und dank derer ich diesen Killer früher bemerkt hätte, ehe er auch nur auf fünf Meter an mich herangekommen wäre.

Ich traf meine Entscheidung und stürzte mich ins Unbekannte.

KAPITEL ZWEI

Sobald ich mich setzte, spürte ich, wie sich die Bombe in mein Fleisch presste.

Vier Männer saßen im Fond der Limousine, einschließlich Arturas, der nach mir eingestiegen war und die Tür zugezogen hatte. Er setzte sich links von mir und hatte immer noch dieses beunruhigende Lächeln im Gesicht. Ich konnte den Motor surren hören, aber wir parkten weiter am Straßenrand. Der Geruch von Zigarrenrauch und neuem Leder drang mir in die Nase. Noch mehr getöntes Glas trennte den hinteren Teil der Limousine vom Fahrer.

Auf dem Boden stand eine weiße Sporttasche aus Leder.

Rechts von mir füllten zwei Männer in dunklen Mänteln einen Sitz aus, der für sechs Personen gebaut war. Sie waren auf eine monströse Art groß wie Gestalten aus einem gruseligen Märchen. Einer hatte langes blondes Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Der andere hatte kurzes braunes Haar und sah wahrhaft hünenhaft aus. Sein Kopf hatte die Größe eines Basketballs, und er ließ den mächtig dicken Blonden neben ihm geradezu schmächtig erscheinen, aber was mir am meisten Angst machte, war sein Gesichtsausdruck. Sein Gesicht schien bar jeder Emotion zu sein, jedes Gefühls, er hatte das Aussehen einer kalten, halb toten Seele. Als Betrüger ist man nur so gut, wie man »verräterische Zeichen« erkennt. Man ist abhängig davon, Menschen und ihre Gefühle manipulieren zu können, aber es gibt Individuen, die immun gegen die üblichen Tricks sind. Jeder Betrüger erkennt sie und hält sich um jeden Preis fern von ihnen – Psychopathen. Der Riese mit dem braunen Haar schien ein Psycho wie aus dem Lehrbuch zu sein.

Der Mann mir gegenüber war Olek Volchek. Er trug einen schwarzen Anzug über einem weißen Hemd, das am Kragen offen stand. Graue Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht, das gleiche Grau setzte sich in seinem Haar fort. Er hätte vielleicht gut ausgesehen, wäre nicht diese schwelende Bösartigkeit in seinen Augen gewesen. Ich kannte ihn aus der Presse und dem Fernsehen. Er war Mafiaboss, Mörder und Drogenhändler.

Aber er würde todsicher nicht mein Klient werden.

Ich hatte mein ganzes Leben lang mit Menschen wie Volchek zu tun gehabt, als Freunde, Feinde und sogar als Klienten. Es spielte keine Rolle, ob sie aus der Bronx, aus Compton, Miami oder Little Odessa waren. Solche Männer respektierten nur eins – Stärke. Obwohl ich eine Scheißangst hatte, durfte ich sie nicht zeigen, sonst war ich ein toter Mann.

»Ich arbeite nicht für Leute, die mich bedrohen«, sagte ich.

»Sie haben keine Wahl, Mr Flynn. Ich bin Ihr neuer Klient«, sagte Volchek. Er sprach mit einem starken russischen Akzent in leicht gebrochenem Englisch. »Shit happens, wie ihr Amerikaner sagt«, fuhr er fort. »Sie können gern Jack Halloran die Schuld geben.«

»Dem gebe ich inzwischen die Schuld an den meisten Dingen. Warum vertritt er Sie nicht? Wo ist er?«

Volchek warf einen Blick zu Arturas, und für einen Moment spiegelte er Arturas’ unauslöschliches Lächeln, ehe er mich wieder ansah. »Als Jack Halloran meinen Fall übernahm, sagte er, er könne ihn unmöglich gewinnen. Das wusste ich bereits. Ich hatte den Fall vor Jack von vier verschiedenen Kanzleien prüfen lassen. Trotzdem, Jack konnte Dinge tun, die andere Anwälte nicht konnten. Also bezahlte ich ihn, und ich gab ihm eine Aufgabe. Leider konnte Jack seinen Teil der Abmachung nicht einhalten.«

»Zu schade. Hat aber nichts mit mir zu tun«, sagte ich und bemühte mich, nicht nervös rüberzukommen.

»Das ist der Punkt, wo Sie falschliegen«, sagte Volchek. Er entnahm einem goldenen Etui eine kleine schokoladenfarbene Zigarre, biss das Ende ab und zündete sie an. »Vor zwei Jahren«, fuhr er fort, »befahl ich einen Mord an einem Mann namens Mario Geraldo. Ich bat Little Benny, es für mich zu tun. Benny erledigte seine Aufgabe. Dann wurde er erwischt und redete. Benny wird bei meinem Prozess aussagen, ich hätte den Mord in Auftrag gegeben. Alle Anwälte, mit denen ich gesprochen habe, meinten, Benny werde der Starzeuge der Staatsanwaltschaft sein. Ohne Zweifel wird seine Aussage zu meiner Verurteilung führen.«

Ich presste die Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtat.

»Benny ist in Gewahrsam des FBI. Er wird gut beschützt, man hat ihn sicher versteckt. Selbst meine Kontakte können ihn nicht aufspüren. Sie sind der Einzige, der in seine Nähe gelangt, denn Sie sind mein Anwalt.« Er senkte die Stimme. »Bevor Sie Benny ins Kreuzverhör nehmen, werden Sie Ihr Jackett ausziehen, und wenn der Gerichtssaal leer ist, kleben wir die Bombe unter den Sitz im Zeugenstand. Benny nimmt Platz, und wir lassen den Sprengsatz hochgehen. Kein Benny mehr, kein Fall mehr, kein Problem mehr. Sie sind der Bomber, Mr Flynn. Sie gehen ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft wird nicht genügend Beweismaterial für eine Wiederaufnahme haben, und ich bleibe unbehelligt.«

»Sie sind ja komplett verrückt«, sagte ich.

Volchek reagierte zuerst nicht. Er bekam keinen Wutanfall und bedrohte mich nicht. Er saß nur einen Moment da, als würde er seine Möglichkeiten abwägen. Ich hörte kein Geräusch außer dem Hämmern meines eigenen Herzens, und ich fragte mich, ob ich mir soeben eine Kugel verdient hatte. Ich konnte den Blick nicht von Volchek nehmen, aber ich spürte, wie die anderen mich beinahe spöttisch ansahen, wie jemanden, der gerade die Hand in eine Schlangengrube gesteckt hat.

»Werfen Sie mal einen Blick auf das, bevor Sie sich entscheiden«, sagte Volchek und machte Arturas ein Zeichen.

Arturas hob die weiße Sporttasche auf und öffnete sie.

Jacks Kopf lag in ihr.

Mein Magen zog sich zusammen. Mein Mund füllte sich mit Speichel. Ich würgte, bedeckte den Mund mit der Hand und hustete. Ich spuckte und hatte Mühe, bei Sinnen zu bleiben, meine Finger krallten sich in das Leder des Sitzes. Jeder Anschein einer gelassenen Fassade ging völlig verloren.

»Wir dachten, Jack könnte es tun. Wir haben uns geirrt. Aber bei Ihnen gehen wir kein Risiko ein, Mr Flynn.« Volchek beugte sich vor. »Wir haben Ihre Tochter.«

Zeit, Atmung, Blut, Bewegung – alles stand still.

»Wenn Sie sie auch nur anrühren …«

Er holte ein Handy aus seiner Hosentasche und hielt es mir so hin, dass ich das Display sehen konnte. Amy an einer dunklen Straßenecke vor einem Zeitungsstand irgendwo in New York. Mein kleines Mädchen. Sie war erst zehn Jahre alt. Sie hatte die Arme zum Schutz vor der Kälte um den Körper geschlungen und blickte argwöhnisch in die Kamera. Hinter ihr erkannte ich den Aufkleber am Zeitungsstand mit der Schlagzeile von dem Frachtschiff, das am Samstagabend auf dem Hudson gesunken war.

Mir wurde erst langsam klar, wie sehr ich schwitzte. Mein Hemd war durchnässt, mein Gesicht und meine Haare waren schweißnass, aber ich hatte keine Angst mehr. Die Bombe, der Revolver oder die beiden stummen Hünen, die mich aus ihren toten Augen ansahen – nichts davon interessierte mich mehr.

»Geben Sie mir meine Tochter zurück, und ich lasse Sie am Leben«, sagte ich.

Dröhnend fingen Volchek und seine Mannschaft zu lachen an. Sie kannten mich als Eddie Flynn, den Anwalt. Den alten Eddie Flynn kannten sie nicht: den Gauner, den Typen, der sich in Gassen prügelte, den Trickbetrüger. Tatsächlich hatte ich ihn selbst fast vergessen.

Volchek neigte den Kopf, bevor er sprach. Er schien jedes Wort sorgfältig zu bedenken. »Sie sind nicht in der Position, um Drohungen auszusprechen. Seien Sie klug. Ihrer Tochter geschieht nichts, wenn Sie tun, was ich Ihnen sage.«

»Lassen Sie sie gehen. Ich werde nichts tun, bevor ich weiß, dass sie in Sicherheit ist. Töten Sie mich, wenn Sie wollen. Tatsächlich sollten Sie es besser tun, denn ich werde mit meinen Daumen in Ihren Augen sterben, wenn Sie sie nicht auf der Stelle gehen lassen.«

Volchek zog an seiner Zigarre, öffnete den Mund und ließ den Rauch für einen Moment über seine fleischigen Lippen strömen, um das Aroma zu genießen.

»Ihre Tochter ist in Sicherheit. Wir haben sie vor ihrer Schule abgefangen, als sie auf den Bus für ihren Schulausflug wartete. Sie glaubt, die Männer, die auf sie aufpassen, gehören zu einer Wachmannschaft, die für Sie arbeitet. Es gab in der Vergangenheit Morddrohungen gegen Sie, und das weiß sie. Ihre Exfrau wiederum geht davon aus, dass Amy auf dem Schulausflug ist, zum Wandern auf Long Island. Und die Schule nimmt an, sie ist bei Ihnen. Sie wird ein, zwei Tage lang nirgendwo vermisst werden. Wenn Sie sich weigern, meine Befehle auszuführen, werde ich sie töten. Aber das wird eine Wohltat für sie sein. Ihre Tochter wird vorher leiden, wenn Sie nicht kooperieren. Manche meiner Männer …«

Er sprach absichtlich nicht zu Ende und tat, als würde er nach den richtigen Worten suchen, damit meine Fantasie sich einen Albtraum ausmalen konnte. Mein ganzer Körper verspannte sich, als bereitete er sich darauf vor, einen tätlichen Angriff abzuwehren. Wut und Adrenalin durchströmten mich.

»Nun, manche meiner Männer haben eine ungewöhnliche Vorliebe für hübsche kleine Mädchen.«

Ich stürzte mich auf Volchek. Ich war aus meinem Sitz gesprungen, bevor ich wusste, was ich tat. Trotz der Enge und ohne Raum zum Ausholen brachte ich einen anständigen rechten Haken zustande, der krachend auf Volcheks linker Wange landete. Die Zigarre flog aus seinem dreckigen Maul. Ich zog die linke Hand zurück und zielte, um ihm einen Boxhieb Richtung Gurgel zu verpassen.

Bevor ich diesen zweiten Schlag jedoch anbringen konnte, packte mich eine riesige Hand. Ich wandte den Kopf und sah, dass der Psychopath mich im Griff hatte. Er wollte mich eben aufs Hinterteil setzen wie ein störrisches Kind, als meine früheren Gewohnheiten das Kommando übernahmen. Meine rechte Hand krallte sich in sein fleischiges Gesicht, eine automatische, unbewusste Reaktion, jedoch eine perfekte Ablenkungstaktik. Die linke ließ ich in das Jackett des Dicken gleiten und angelte mir seine Brieftasche. Es dauerte eine halbe Sekunde. Zügig und lautlos. Ich hatte im Lauf der Jahre anscheinend doch nichts an Schnelligkeit eingebüßt. Der Mann hatte nichts bemerkt. Er war zu sehr damit beschäftigt, meinen Kopf zu bearbeiten. Als ich die Börse in meine Tasche gleiten ließ, tauchte eine Faust von der Größe eines Tellers vor meinem Gesicht auf. Ich drehte mich weg und spürte seinen Treffer an meinem Hinterkopf. Es brannte höllisch. Dann krachte ich mit dem Gesicht auf den Grund der Limousine.

Ich blieb unten, der Schmerz drängte sich dröhnend in meinen Schädel. Es war mein erster Taschendiebstahl seit fünfzehn Jahren, und er war instinktiv geschehen. Es passierte einfach, weil das früher meine Natur war.

Nein – weil sie es immer noch war.

Die Fertigkeiten und Techniken, die ich als erfolgreicher Trickbetrüger entwickelt und eingesetzt hatte – Ablenkung, Irreführung, Überredungskunst, Suggestion, Wegstecken, Tauschen, Fallenlassen –, ich hatte sie nicht nur vor vielen Jahren auf der Straße benutzt, sondern genauso in den letzten neun Jahren im Gerichtssaal. Ich hatte mich im Grunde nicht verändert. Ich hatte nur das Betätigungsfeld gewechselt.

Ich schloss die Augen und versank in Dunkelheit.

KAPITEL DREI

Ich erwachte auf Ledersitzen, mein Hinterkopf schmerzte. Einer der Gorillas hielt mir einen Eisbeutel hin. Es war der dicke Blonde, der aussah, als hätte er gerade seinen Platz in einer schwedischen Heavy-Metal-Band verloren. Von dem süßlichen Geruch von Volcheks Zigarre wurde mir übel. Ich reimte mir zusammen, dass man mich vom Fußbereich der Limousine aufgehoben und auf den Sitz gelegt hatte. Meine Augen brannten ein wenig von dem Rauch, aber ich brauchte nur einen kurzen Moment, bis ich erkannte, dass der hünenhafte Psychopath, der mich k. o. geschlagen hatte, nicht mehr im Wagen war. Ich nahm den Eisbeutel und ließ ihn fallen.

»Wir sind jetzt beim Gericht«, sagte Arturas.

Ich setzte mich auf.

»Wieso hier?«, fragte ich.

»Weil Mr Volcheks Prozess heute Morgen anfängt«, erwiderte Arturas.

»Heute Morgen?« Ich beschwor das Bild meiner Tochter auf Volcheks Handy herauf und spürte, wie die Wut neuen Schmerz in meinem Nacken aufkommen ließ. Meine Muskeln spannten sich, eisenhart wie ein Schraubstock.

»Der Prozess beginnt in einer Stunde. Bevor Sie gehen, müssen wir wissen, dass Sie das schaffen. Andernfalls töten wir Sie sofort und Ihre Familie später«, sagte Arturas. Er holte den Revolver hervor und legte ihn auf sein Knie.

Arturas gab mir ein edel aussehendes Kristallglas mit einer strohgelben Flüssigkeit darin. Es roch nach Bourbon. Ich schüttete ihn hinunter und fühlte die vertraute, herbe Wärme. Es war mein erster Drink, seit ich die Entzugsklinik wegen meiner Alkoholsucht verlassen hatte. Einen Moment lang dachte ich daran, wie viel Geld ich der Klinik noch schuldete, dann verwarf ich den Gedanken. Es gab eine Zeit, um wieder zur Flasche zu greifen, es konnte auch hier und jetzt sein. Ich hielt Arturas das Glas für einen zweiten Drink hin, und er schenkte aus einer Kristallkaraffe nach. Ich kippte den Whisky schnell hinunter und genoss das Brennen. Ein Schauder durchlief mich, ich schüttelte den Kopf und bemühte mich, klar zu denken.

»Wo ist meine Tochter?«

»Gesund und munter, zumindest für den Augenblick«, sagte Arturas. Er sorgte noch für einen dritten Drink.

Ich schüttete auch den hinunter und überlegte. »Warum habt ihr Jack getötet?«, fragte ich.

Volchek nickte in Richtung Arturas. Er überließ es ihm, die Einzelheiten zu berichten.

»Alle Anwälte, die wir gefragt haben, sagten, Bennys Aussage würde zu Volcheks Verurteilung führen. Also war es logisch, Benny zu töten. Eine einfache Lösung, aber wir konnten ihn nicht finden. Wir haben Jack … zugeredet, das Jackett zu tragen, damit wir Benny töten konnten, wenn er ins Gericht kam. Aber Jack war dazu nicht in der Lage.«

Ich fragte mich, wie sie Jack zu überreden versucht hatten. Zweifellos hatten sie ihn gefoltert. Er war ein Arschloch gewesen und spielsüchtig, aber er war mein Partner, und meine Gefühle in Bezug auf ihn wurden ein wenig milder. Was immer Jack war, er war nicht dafür gemacht, eine Bombe am Leib zu tragen. Die meiste Zeit war er froh gewesen, wenn er seine Aktentasche tragen konnte, ohne über die eigenen Füße zu fallen. Sie mussten ihn ziemlich hart rangenommen haben.

»Warum Jack?«, wiederholte ich.

»Es musste eine bestimmte Sorte Anwalt sein. Wir wissen, dass Sie und Jack diese Kanzlei mit Geld von einem Kredithai gestartet haben. Jack hatte einen schlechten Ruf als Lügner, und weil er seine Schulden nicht bezahlte. Er brauchte Geld, Klienten sprangen ab, nachdem Sie ausgestiegen waren, und wir brauchten jemanden, der die Bombe durch die Sicherheitsschleuse brachte. Die Sicherheitsmaßnahmen am Gericht sind gut. Heute werden sie noch besser sein. Wir konnten jedenfalls keine Bombe reinschmuggeln. Jeder, der da reingeht, wird durchsucht, dann passiert er den Scanner, und anschließend wird er noch einmal gefilzt – jeder außer Jack und Ihnen. Wir wissen es. Wir haben Sie beide monatelang beobachtet, wie Sie ins Gerichtsgebäude gegangen sind. Sie wurden nie abgetastet. Die Wachleute lassen Sie beide einfach durchspazieren – wie alte Freunde. Wir haben Jack befohlen, was wir auch Ihnen befohlen haben: die Bombe zu deponieren und den Mord auf sich zu nehmen.«

Arturas lehnte sich zurück und warf Volchek rasch einen Blick zu. Das war echte Teamarbeit: Arturas hatte die Fakten klar und deutlich dargelegt. Danach ließ er seinen Boss die Einschüchterung übernehmen.

»Jack saß vor gerade mal drei Tagen genau da, wo Sie jetzt sitzen, Mr Flynn. Er trug dasselbe Jackett wie Sie, mit derselben Bombe darin. Wir haben ihm erklärt, was wir Ihnen erklärt haben. Ich öffnete die Tür dieses Wagens und sagte zu ihm, er solle hinausgehen und seinen Job erledigen.« Volchek senkte den Blick. Dann hob er den Kopf inmitten einer grauen Rauchwolke, die sein Gesicht einrahmte. »Jack wurde starr. Er zitterte wie ein … wie nennen Sie es? Epileptiker? Als hätte er einen Anfall. Pisse lief an seinem Hosenbein hinunter. Wir machten die Tür zu und brachten ihn zu uns.« Er zog wieder an der Zigarre und betrachtete die heiße Glut an der Spitze. »Ich habe ihn an einen Stuhl gefesselt und ihm gesagt, ich würde seine Schwester töten, wenn er nicht macht, was ich verlange. Viktor …«, er zeigte auf den Blonden, »… brachte die Schwester zu uns. Ich habe mein Messer genommen und ihr vor seinen Augen das Gesicht zerschnitten. ›Werden Sie es jetzt tun?‹, habe ich ihn gefragt. Nichts. Ich habe sie mit meinem Messer bearbeitet, und er saß einfach nur da.«

Ich spürte beinahe, wie sich eine Kralle um meine Brust legte. Dieses Monster hatte mein kleines Mädchen. Ein Geräusch erschreckte mich – es waren meine Knöchel, die knackten, weil ich eine Hand zur Faust ballte. In der anderen Hand hielt ich das leere Bourbon-Glas und überlegte, es Volchek ins Auge zu stoßen, aber dann entschied ich mich dagegen. Nachdem mein letzter Versuch, ihn anzugreifen, schlecht ausgegangen war, wollte ich keinen neuen wagen.

Noch nicht.

»Mir wurde klar, dass wir uns nicht auf Jack stützen konnten. Bevor ich ihn tötete, verschaffte ich seiner Schwester etwas Genugtuung. Ich gab ihr mein Messer. Ich half ihr, ihm wehzutun, böse wehzutun.«

Ein Höllenfeuer loderte in seinem Blick. Die Erinnerung schien ihm Appetit auf mehr zu machen.

»Jack war nicht der Richtige für die Sache, also schnitt ich seinen Kopf ab und gab ihn seiner Schwester, bevor ich auch sie tötete. Sie war tapfer. Nicht wie ihr Bruder.«

Ich sah zu der Sporttasche, die jetzt glücklicherweise geschlossen war, und dachte an Jack. Und empfand wieder Hass. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich den abgeschnittenen Kopf in den Hudson gekickt. Jack hätte es verdient, neben diesem gesunkenen Schiff auf dem Grund des Flusses zu liegen.

»Für einen Probelauf haben wir keine Zeit mehr«, fuhr Arturas fort. »Sie befördern die Bombe jetzt ins Gericht hinein, Mr Flynn. Beruhigen Sie sich. Denken Sie an Ihre Tochter. Wenn Sie die Bombe ins Gericht schaffen, sind Sie ihr einen Schritt näher. Werden Sie erwischt, wandern Sie ins Gefängnis, weil Sie versucht haben, ein öffentliches Gebäude in die Luft zu sprengen. Sie erhalten lebenslänglich, ohne vorzeitige Entlassung. Was meinen Sie?«

Ich meinte, dass er recht hatte. Wer in dieser Stadt versucht, öffentliche Gebäude in die Luft zu jagen, kommt normalerweise nicht allzu glimpflich davon. Ohne Frage wäre ich ein Kandidat für lebenslänglich. Als mildernder Umstand würde mir nur die Drohung gegen meine Tochter angerechnet. Unter extremem Zwang zu handeln, reicht nicht für einen Freispruch, würde mir aber vielleicht eine lebenslange Haftstrafe ersparen.

Dieses widerliche Grinsen breitete sich wieder auf Arturas’ Gesicht aus. Ich hatte fast den Eindruck, dass er meine Gedanken erriet. Volchek drückte seine Zigarre aus und sah mich durch den dünner werdenden Rauch an. Beide waren schlaue und skrupellose Menschen, aber jeder von ihnen mit einer eigenen Art von Intelligenz. Arturas schien der Beratertyp zu sein, der Mann mit dem Plan, der alle Eventualitäten durchspielte und Risiken sorgsam abwog, ein kühler Denker. Sein Boss war ganz anders. Volcheks Bewegungen waren langsam und elegant wie bei einer großen Raubkatze, die sich im hohen Gras an ihre Beute heranpirscht. Sein Verstand war ursprünglich, instinktgeprägt, beinahe wild. Mein eigener Instinkt sagte mir, dass diese Männer mich nicht am Leben lassen würden, egal, was geschah.

»Ich habe seit langer Zeit keinen Fuß mehr in dieses Gebäude gesetzt. Wie kommen Sie darauf, ich könnte heute einfach da hineinspazieren, ohne durchsucht zu werden?«, sagte ich schließlich.

»Sie kennen die Wachleute, und die Wachleute kennen Sie«, erwiderte Arturas. Er hob die Stimme und beugte sich vor, um seine Worte zu unterstreichen. »Wir beobachten dieses Gericht schon sehr lange, Anwalt. Ich plane die ganze Sache seit fast zwei Jahren bis in die kleinste Kleinigkeit. Die Bombe kann nur jemand reinbringen, dem die Wachleute trauen, bei dem sie es am wenigsten vermuten. Anders bekommt man kein solches Ding in dieses Gebäude. Ich habe Sie persönlich beobachtet, wie Sie mit Verspätung zu einem Prozesstermin reingelaufen sind, den Alarm auslösten und den Wachleuten nur zuwinkten. Die Eingangskontrollen haben ihn ignoriert und Sie einfach durchgelassen. Sie reden mit ihnen. Die kennen Sie. Die nehmen sogar Gespräche für Sie entgegen.«

Ich habe kein Handy. Mir hat die Vorstellung nie behagt, dass mein Aufenthaltsort jederzeit anhand des nächstgelegenen Funkmasts bestimmbar ist. Eine Sicherheitsmaßnahme von früher, die ich beibehalten habe, obwohl Jack mir mehr als ein Handy besorgt hatte. Ich habe sie alle auf die eine oder andere Weise verloren. Als ich noch praktizierte, war ich einen großen Teil des Tages im Gericht. Wenn mich jemand dringend erreichen wollte, rief er in der Eingangshalle an. Meist wusste einer der Wachleute, in welchem Saal ich steckte, und ging los, um mich zu holen. Ein paar Flaschen Whisky für die Wachmannschaft zu Weihnachten und ein Geschenkkorb für jeden zu Thanksgiving waren ein geringer Preis dafür.

Mein Kopf wurde allmählich ein wenig klarer.

»Warum töten Sie diesen Kerl nicht auf andere Weise? Ein Scharfschütze könnte ihn beispielsweise auf dem Weg zum Gericht erledigen.«

Arturas nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich habe jede Möglichkeit durchgespielt. Wir wissen nicht, wo er ist und wie er ins Gericht gelangen wird. Das ist die einzige Möglichkeit. Die großen Anwaltskanzleien, denen wir den Fall vorgelegt haben, praktizieren in der ganzen Stadt. Sie und Jack dagegen hatten fast alle Ihre Fälle hier in der Chambers Street. Sie kennen das Personal. Die Anwälte in den anderen Kanzleien berechnen neunhundert Dollar die Stunde. Glauben Sie, die haben Zeit, mit einem Wachmann zu reden? Nein. Ich wusste, so muss es laufen, als ich Sie und Jack das erste Mal durch die Sicherheitsschleuse laufen und den Alarm auslösen sah, und niemand hat auch nur mit der Wimper gezuckt. Sie haben mir die Lösung aufgezeigt.«

Arturas war hier der Stratege. Das Ganze war eindeutig seine Idee. Er wirkte distanziert, kalt, rational, und so würde er selbst dann noch sein, wenn es darum ging abzudrücken. Für Volchek galt das Gegenteil. Obwohl er ruhig und beherrscht geblieben war, als ich ihn geschlagen hatte, spürte ich, dass ein Ungeheuer hinter seiner Fassade lauerte, das jederzeit zum Vorschein kommen konnte.

Ich legte den Kopf in die Hände und atmete tief durch.

»Da ist noch etwas, Mr Flynn«, sagte Volchek. »Sie sollten wissen, dass wir Soldaten sind. Wir sind stolz. Wir sind eine Bratwa, eine Bruderschaft. Ich vertraue diesem Mann.« Er legte die Hand auf Arturas’ Schultern. »Aber vieles kann schiefgehen. Sie müssen das Jackett in das Gebäude bringen. Der Tod Ihrer Tochter ist nur einen Anruf entfernt. Sie werden hineinkommen. Ich weiß es. Ich erkenne auch in Ihnen einen Soldaten. Aber kämpfen Sie nicht gegen mich.«

Er hielt inne, um sich eine neue Zigarre anzuzünden.

»Arturas und ich sind vor zwanzig Jahren mit nichts hierhergekommen. Wir haben viel Blut vergossen, um dahin zu gelangen, wo wir sind, und wir laufen nicht einfach davon. Aber wir sind nicht dumm. Der Prozess ist auf drei Tage angesetzt. Wir geben Ihnen zwei. Mehr können wir nicht riskieren. Zwei Tage, um Little Benny auf diesen Platz zu bekommen. Wenn er bis morgen Nachmittag um vier nicht tot ist, haben wir keine andere Wahl. Wir werden fliehen müssen. Je länger das Verfahren dauert, desto wahrscheinlicher wird die Staatsanwaltschaft versuchen, meine Kaution zu widerrufen. Das hat mir einer von diesen Neunhundert-Dollar-Anwälten erklärt. Sie sind klug genug, um zu wissen, dass er recht hat.«

Ich hatte es schon öfter erlebt. Die meisten Ankläger haben ihre schlagkräftigsten Beweise bei der Vernehmung noch nicht parat, wenn der Beschuldigte Freilassung auf Kaution beantragt. DNA-Nachweise und Expertengutachten brauchen Zeit, bis sie fertiggestellt sind. Bis zum Prozessbeginn hat die Staatsanwaltschaft alles beisammen und wird beim Richter möglicherweise beantragen, die Freilassung des Angeklagten gegen Kaution zu widerrufen. Damit ist das Schicksal des Angeklagten in der Regel besiegelt. Alles, was es braucht, ist eine kleine, vorsätzliche Verzögerung durch den festnehmenden Beamten, damit die Jury den Angeklagten in Handschellen sieht. Ein kurzer Blick auf diese Armbänder, und alles ist vorbei – die Jury kommt jedes Mal zu einem Schuldspruch.

Ich nickte. Volchek wusste, dass ich erfahren genug war, um die Kniffe der Staatsanwaltschaft zu kennen, es hatte also keinen Sinn, es zu leugnen.

Während Volchek sein Ultimatum bekannt gab, strengte er sich an, weniger brutal zu klingen.

»Das Gericht hat meinen Pass, das gehörte zu den Kautionsbedingungen. Ich lasse dreimal im Jahr Ware aus Russland einfliegen, mit einem privaten Flugzeug zu einem kleinen Geschäftsflughafen nicht weit von hier. Dieses Flugzeug trifft morgen um drei ein und fliegt um sechs zurück. Wenn Benny um vier noch lebt, ist Ihre Zeit um. Ich muss das Gericht um vier Uhr verlassen, um die Maschine noch zu erwischen. Es ist meine letzte Chance, aus den Vereinigten Staaten rauszukommen. Ich möchte aber gern bleiben. Ich möchte kämpfen. Little Benny muss vor vier Uhr morgen Nachmittag sterben, sonst töte ich Sie und … Sie wissen schon. Das schwöre ich feierlich.«

Das Whiskyglas zersprang in meiner Hand.

Mir war, als würde ich fallen. Ich sackte in mich zusammen, mein Kiefer zitterte, und ich biss die Zähne fest zusammen, damit sie nicht klapperten. Blut tropfte aus einem Schnitt in meiner Handfläche, aber ich fühlte keinen Schmerz. Ich war zu keiner Bewegung fähig. Ich konnte nicht denken. Wenn Amy etwas zustieß, würde mich der Schmerz umbringen. Meine Frau Christine hatte sich mit vielem abgefunden, mit den Überstunden im Büro, den Anrufen um drei Uhr morgens von einem Polizeirevier irgendwo in der Stadt, weil einer meiner Klienten verhaftet worden war, mit den verpassten Verabredungen zum Abendessen und meinen Ausreden, ich würde das alles für sie und Amy tun. Als ich vor einem Jahr dann auch noch zu trinken anfing, warf sie mich hinaus. Ich hatte eins der besten Dinge in meinem ganzen Leben verloren. Der Verlust unserer Tochter wäre ein Horror, den ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen konnte.

Von irgendwoher hörte ich die Stimme meines Vaters, des Mannes, der mir beigebracht hatte, wie man krumme Dinger dreht, der mir erklärt hatte, was zu tun war, wenn ich bei einem Betrug aufflog: Was auch passiert, verlier nicht den Kopf.

Ich schloss die Augen und betete leise. Lieber Gott, hilf mir. Bitte hilf meiner Kleinen. Ich liebe sie so sehr.

Ich wischte mir über die Augen, bevor die Tränen kamen, schniefte und stellte meine Digitaluhr auf einen Countdown bis morgen 16:00 Uhr ein.

»Sie müssen eine Entscheidung treffen, Anwalt«, sagte Arturas und befingerte seinen Revolver.

»Ich mache es. Tun Sie nur Amy nichts. Sie ist erst zehn.«

Volchek und Arturas sahen einander an.

»Gut«, sagte Arturas. »Gehen Sie jetzt, und warten Sie in der Eingangshalle auf mich, nachdem Sie durch den Checkpoint sind.«

»Sie meinen, falls ich durchkomme.«

»Soll ich Ihre Tochter für Sie beten lassen?«, fragte Volchek.

Ich antwortete nicht. Ich stieg aus der Limousine und sah, wie Arturas aus dem Wagen zu mir blickte, als ich auf dem Gehweg stand.

Ich nickte. »Ich werde nicht gegen Sie kämpfen.«

Das war gelogen.

So wie sie mich belogen hatten. Egal, was sie versprachen, selbst wenn Little Benny morgen um vier nur noch ein Fleck an der Decke des Gerichtssaals sein sollte, würden sie Amy nicht gehen lassen. Sie würden mich und meine Tochter töten.

Ich hatte einunddreißig Stunden.

Einunddreißig Stunden, um die Russenmafia auszutricksen und mir mein kleines Mädchen zurückzuholen. Und ich hatte keine Ahnung, wie ich es anstellen sollte.

Ich knöpfte meinen Mantel zu, schlug den Kragen hoch und ging zum Gerichtsgebäude. Die Stimme meines Vaters klang weiter leise in meinem Ohr: Verlier nicht den Kopf! Meine Hand blutete nicht mehr. Es schien noch kälter geworden zu sein, beim Ausatmen entstand ein Nebelschleier. Als sich der Dunst klärte, sah ich etwas, was ich in neun Jahren Tätigkeit an diesem Gericht noch nie gesehen hatte: eine Schlange von vielleicht vierzig Personen, Journalisten, Anwälten, Zeugen, Beklagten und Kamerateams, die alle vor der Sicherheitskontrolle warteten.

KAPITEL VIER

Vor Beginn eines großen Prozesses herrscht eine merkwürdig aufgeladene Stimmung. Als ich mich am Ende der Schlange anstellte, erinnerte mich die Erregung der Menge an das Flimmern der Hitze über einer texanischen Asphaltstraße. Manche der Wartenden hatten die Morgenausgabe der New York Times in der Hand. Ich konnte die Titelseite bei dem Mann vor mir sehen. Unter der Schlagzeile PROZESSGEGENRUSSENMAFIABEGINNT war ein Bild Volcheks zu sehen. Der Träger der Zeitung war sicher ein Polizeireporter. Wahrscheinlich freiberuflich oder für ein Boulevardblatt tätig. Das war schon auf eine Meile Entfernung zu erkennen: billiger Anzug, schlechter Haarschnitt und gelbfleckige Finger, die ihn als Kettenraucher auswiesen. Ich versteckte den Kopf zwischen meinen Mantelaufschlägen und bemühte mich, ihn nicht anzublicken.

Das Chambers Street Court Building war ein zu groß geratenes in viktorianischer Gotik erbautes Gerichtsgebäude. Einundzwanzig Gerichtssäle verteilten sich über achtzehn Stockwerke.

Ich zählte inzwischen zwanzig Leute in der Schlange vor mir.

Vor dem Einlass zum Gerichtsgebäude war eine fünfzehn Meter breite Steintreppe, die zu einer Reihe korinthischer Säulen hinaufführte. Sie drapierten eine heruntergekommene Eingangshalle, die zuletzt in den Sechzigerjahren renoviert worden war. Weitere Besucher kamen und stellten sich hinter mir an, während wir langsam die Stufen erklommen. Ich warf einen Blick auf die Vorderfront des Gerichts. Statuen, Büsten früherer Präsidenten und der ersten Richter New Yorks hausten auf den Simsen, aber Zeit und Wetter forderten ihren Tribut.

Als ich die letzte Stufe hinaufstieg, lief mir der Schweiß über die Wange. Das Hemd klebte mir am Rücken und machte mir die Bombe nur umso bewusster, die sich warm und fremd anfühlte. Ich zählte noch zwölf Leute vor mir.

Ohne Durchsuchung in das Gerichtsgebäude zu gelangen, kam mir noch abwegiger vor, als es mir in der Limousine erschienen war. Ich nahm plötzlich meinen Kugelschreiber in der rechten Hand wahr, den ich wohl, ohne dass es mir bewusst war, aus der Tasche geholt hatte. Geistesabwesend drehte ich ihn zwischen den Fingern. Ich tat das oft, ohne es selbst zu bemerken. Irgendwie half es mir beim Denken. Der Kugelschreiber war ein Geschenk von Amy.

Damals hatte es sich wie ein Abschiedsgeschenk angefühlt. Als ich trank, war ich kaum zu Hause gewesen. Etwa eine Woche vor dem Vatertag beschloss Christine, ich solle ausziehen und Amy habe ein Recht, es zu erfahren. Christine sagte, sie würde mich nicht mehr wiedererkennen und es sei besser für Amy, wenn sie nicht mit ansehen musste, wie es noch weiter bergab ging mit mir.

Kinder sind schlau, und Amy ist schlauer als die meisten. Sie wusste, dass etwas Schlimmes kommen würde, als sie uns beide in ihrer Zimmertür stehen sah. Sie hatte sich das lange blonde Haar hochgebunden, damit es ihr nicht in die Augen fiel, wenn sie an ihrem Computer arbeitete. Wie üblich trug sie ihre Lieblings-Jeansjacke über dem Pyjama; wenn sie nicht schlief oder in der Schule war, hatte sie diese Jacke immer an. Sie war voller Aufnäher mit Smileys und Logos von Rockbands. Amy hatte das wöchentliche Taschengeld eines ganzen Monats gespart, um die Jacke in einem billigen Kleiderladen zu kaufen, dann war sie darangegangen, sie auf ihre Weise zu verzieren. Ich starrte sie eine Weile an – Christine und ich starrten sie an. Ehe wir etwas sagen konnten, schob Amy ihren Laptop beiseite und fing an zu weinen. Wir brauchten nichts zu sagen. Sie hatte es längst verstanden. Sie stellte die Fragen, die alle Kinder stellen: Wie lange würde ich, ihr Dad, weg sein? War es für immer? Warum konnten wir, ihre Eltern, uns nicht einfach vertragen? Ich hatte keine Antworten. Ich saß nur auf dem Bett neben ihr, hielt sie im Arm und gab mir Mühe, stark zu sein. Stattdessen schämte ich mich. Bei einem Blick auf den Laptop bemerkte ich, dass sie sich eine Seite mit gravierten Kugelschreibern ansah und einen mit der Inschrift WORLD’S BESTDAD ausgewählt hatte.

Ich hielt inne, den Kugelschreiber zu drehen, es war der, den mir Amy kurz nach meinem Auszug geschenkt hatte. Ich blickte auf das eingravierte Wort auf dem Aluminiumschaft. DAD. Es hatte mir fast das Herz gebrochen. Ich steckte den Stift in meine Tasche und zählte die Wartenden in der Schlange.

Noch zehn Leute vor mir.

Das Surren eines schweren Getriebes ließ mich nach oben sehen. Der Bürgermeister hatte eine umfangreiche Außenrenovierung des Gerichtsgebäudes genehmigt, und ein riesiges, hängendes Gerüst war etwa auf Höhe des vierten Stocks von oben angebracht. Die Arbeiter waren vom Boden aus kaum zu erkennen, aber selbst aus dieser Entfernung bemerkte ich, dass das Gerüst leicht im Wind schwankte. Die Arbeiter entfernten mit einem Hochdruckreiniger die Verschmutzungen von den Steinen und besserten die Ornamente aus. Investoren hätten das Gerichtsgebäude gern abgerissen und die Justiz in eine billigere Behausung verlegt. Doch da der Bürgermeister ein ehemaliger Anwalt war, hatte es nicht lange gedauert, bis eine Petition den Rückhalt einflussreicher Stadträte fand. Das Gericht durfte bleiben. Man würde die Fassade renovieren und das Innere weiter verfallen lassen. So war New York manchmal, zufrieden damit, wenn ein glänzender Firnis den verfaulenden Kadaver im Keller verbarg. Die Wahrheit war, dass das Chambers Street Courthouse historischen Wert besaß, denn es war das erste Strafgericht mit nächtlichen Öffnungszeiten, das in den Vereinigten Staaten jemals eingerichtet wurde. Es ist das wichtigste Gericht in der Stadt. Jeder Beschuldigte muss binnen vierundzwanzig Stunden nach seiner Verhaftung einem Richter vorgeführt werden. Bei dreihundert Verhaftungen pro Tag allein in Manhattan hatte das zunächst ein zusätzliches Gericht bedeutet, das von sieben Uhr abends bis ein Uhr nachts amtierte. Als die Rezession richtig zuschlug, nahm die Kriminalität in der Stadt zu. Jetzt unterhielt die Chambers Street ein Strafgericht rund um die Uhr. Die Gerechtigkeit schlief nicht in dieser Stadt, und das Gericht hatte seine Pforten seit zwei Jahren nicht mehr geschlossen.

Während sich die Schlange langsam vorwärtsbewegte, hörte ich gelegentlich ein Piepen, das von der Sicherheitsschleuse kam. Zum Glück kannte ich die Wachleute mit Namen. Eins der Geheimnisse erfolgreicher Prozessführung besteht darin, das Personal am Gericht kennenzulernen – das gesamte. Man weiß nie, ob man jemand von ihnen um einen Gefallen bitten muss – eine dringende Nachricht, die entgegengenommen werden muss, ein unberechenbarer Klient, den es aufzuspüren gilt, Kleingeld für den Kaffeeautomaten oder in meinem Fall jemand, der einen holt, wenn ein dringender Anruf auf dem Telefon in der Eingangshalle eingeht.

Acht Leute vor mir.

Ich spähte um den Reporter vor mir herum zum Kontrollpunkt in der Eingangshalle. Barry und Edgar kümmerten sich um die Tür. In den meisten New Yorker Gerichten sind Wachleute für die Sicherheit zuständig, die bis auf die Bezeichnung im Grunde Polizisten sind. Sie tragen Waffen und eine Uniform. Sie dürfen dich verhaften, festhalten, und wenn du ernsthaft eine Gefahr darstellst, dürfen sie dich ausschalten, auf Dauer.

Barry stand an dem großen Scanner, er sammelte die Handys, Geldbörsen, Schlüssel und Taschen in flachen Schalen ein und ließ sie durch den Röntgenscanner laufen, während die Leute durch den Metalldetektor gingen und hofften, dass er nicht piepte. Edgar tastete die Besucher ab, ließ sich von ihnen vergessene Gegenstände geben, die einen Alarm ausgelöst haben konnten, und schickte sie dann erneut durch die Sicherheitskontrolle, bis er zufrieden war.

Hinter Barry und Edgar sah ich einen jungen blonden Wachmann, den ich nicht kannte. Und dahinter einen vierten, er stand ein paar Meter hinter dem Eingang, die Hände am Waffengürtel, die Daumen eingehakt, die Arme um den dicken Bauch gelegt. Zusätzliche Sicherheitsbeamte in der Eingangshalle als Verstärkung waren nichts Ungewöhnliches. Diesen Kerl brachte ich nicht recht unter. Er hatte einen Schnauzbart und kleine, schweinsähnliche schwarze Augen. Auch wenn ich mich nicht an ihn erinnerte, mussten wir uns schon begegnet sein, denn er erkannte mich eindeutig. Barry, Edgar und der Neue waren darauf konzentriert, die Leute zu kontrollieren. Der gewichtige Wachmann dagegen sah mich die ganze Zeit unverwandt an.

Nur noch sechs Leute zwischen mir und der Sicherheitsschleuse.

Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen.

Wenn ich in der Schlange wartete, würde ich dasselbe Verfahren durchlaufen wie alle anderen. Ich überlegte angestrengt, wie ich mich normalerweise verhielt. Dieses Gebäude zu betreten, war für mich wie Zähneputzen gewesen. Ich tat es jeden Morgen, aber ich erinnerte mich an nichts davon. Spazierte ich einfach am Checkpoint vorbei? Wartete ich wie alle anderen und wurde dann durchgewunken? Als ich nun mit zitternden Händen und trockenem Mund in der Schlange stand, war ich einer Panik nahe. Ich erinnerte mich an kein einziges Mal, an dem ich durch diese Tür gegangen war.

Einzig vier vor mir.

Die Bombe fühlte sich mit jedem Schritt größer und schwerer an. Der dicke Wachmann starrte mich immer noch an. Vielleicht strahlte ich alle Warnsignale aus, auf deren Erkennung diese Leute getrimmt wurden. Seit dem 11. September wurden sämtliche Personen, die auch nur entfernt mit der Justiz zu tun hatten, dazu ausgebildet, eine potenzielle terroristische Gefahr zu erkennen.

Ich dachte an Amy, die sich die Tränen an ihrem Pyjama abwischte und mich anflehte, nicht zu gehen.

Nein. Meine Tochter zu enttäuschen kam nicht mehr infrage. Ich entschied mich in einem Sekundenbruchteil. Terroristen drängeln sich nicht vor. Sie warten. Sie wollen nicht auffallen. Ich beschloss, als dummdreistes, arrogantes Arschloch aufzutreten, so laut und ekelhaft wie möglich, in der Hoffnung, dass der dicke Wachmann mich einfach für einen Wichser hielt und nicht für einen potenziellen Bombenleger.

Man rief mir hinterher, als ich nach vorn ging. Den Reporter hörte ich »Arschloch« murmeln. Mein Puls ging immer schneller, je näher ich dem Kopf der Schlange kam.

»Hallo, Barry. Lass mich mal ganz schnell durch. Ich bin zu spät dran für mein großes Comeback«, sagte ich und ging durch den Metalldetektor, was ein sehr lautes Piepen auslöste. Wahrscheinlich war es genauso laut wie bei allen anderen, aber mir erschien es ohrenbetäubend. Ich warf einen Blick zu dem gewichtigen Wachmann. Er hatte sich nicht bewegt. Er starrte mich nur an. Edgar andererseits war damit beschäftigt, einen Mann an der Spitze der Schlange zu durchsuchen.

»Eddie!«, sagte Barry. Er stand von seinem Hocker neben dem Scanner-Bildschirm auf und schlurfte um den Apparat herum. »Ich muss Sie mal kurz sprechen.«

Ich beschleunigte meinen Schritt in Richtung Eingangshalle, aber der blonde junge Wachmann hob die Arme und versperrte mir den Weg. Er ließ die Arme so, in einer Kreuzigungshaltung, und es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass ich es ihm gleichtun sollte – damit er mich abtasten konnte. Ich behielt die Hände unten.

Der dicke Wachmann setzte sich in Bewegung. War ich aufgeflogen? Ich dachte daran wegzulaufen. Alle Leute aus dem Weg zu stoßen und an den Wartenden vorbei nach draußen zu rennen. Hinter mir stand ein großer, bärtiger Typ im Eingang und versperrte den Weg, selbst für einen großen Teil des Tageslichts. An dem kam ich nicht vorbei. Ich unterdrückte das Bedürfnis zu fliehen, und meine Beine fingen zu zittern an.

»Hey, normalerweise müssen Sie mir erst ein Abendessen spendieren«, sagte ich.

»Heben Sie einfach die Hände, Sir. Ich muss Sie nur rasch durchsuchen.«

»Schauen Sie, ich muss weiter. Wir sind uns nie begegnet, aber verlassen Sie sich darauf, ich habe zehn Jahre lang praktisch hier gewohnt. Ich bin Anwalt. Fragen Sie Barry.« Ich versuchte, an ihm vorbeizugehen.

Seine offene Hand schwebte Zentimeter über dem Griff seiner Beretta, und er beugte und streckte die Finger wie ein schlechter Schauspieler in einem alten Western.

Ich blieb abrupt stehen.

»Was ist? Wollen Sie mich zum Ziehen auffordern, Cowboy?«

Ich spürte, wie Leute hinter mir aus dem Weg gingen. Noch ein Moment, dann war alles vorbei, dank einem wandelnden Donut-Shop und einem dummen Youngster, der nur seinen Job erledigen wollte.

»Hank, lass Eddie durch«, kam mir Barry zu Hilfe.

Hank ließ die Arme sinken, verdrehte die Augen und trat zur Seite. Der dicke Wachmann blieb stehen und verschränkte die Hände über dem Bauch.

Barry drohte mir mit dem Zeigefinger und lachte. »Dieser verdammte heilige Christophorus bringt Ihnen eines Tages noch eine verschärfte Leibesvisitation ein.«

Wie zum Teufel hatte ich das vergessen können? Ich ließ einen weiteren Knopf an meinem Hemd aufspringen und zog die Silberkette heraus. Ich lachte nervös, bevor ich das Christophorus-Medaillon in Richtung Barry schwenkte.

Es fiel mir alles wieder ein.

Als ich mit meiner Anwaltstätigkeit begann und die ersten Klienten in diesem Gericht vertrat, löste ich den Alarm jeden Tag aus. Barry, Edgar und die anderen durchsuchten mich, fanden nichts und schickten mich erneut durch den Scanner, nur um das Piepen noch einmal zu hören. Das Medaillon hing seit meiner Teenagerzeit um meinen Hals. Ich nahm es nie ab, es war wie ein Teil von mir. Ich dachte nicht daran. Während die Wachleute mich fragten, ob ich eine Stahlplatte im Bein hätte, und ich mich halb entkleiden musste, kratzten sie sich ungläubig am Kopf und wunderten sich, warum es immer noch piepte. Es war Barry, der an einem regnerischen Mittwochmorgen schließlich die Kette fand. Er erzählte allen Wachleuten davon. Im Rückblick konnte ich mich nicht erinnern, danach noch einmal durchsucht worden zu sein. Wenn es piepte, ging ich weiter, und wenn sich ein Wachmann die Mühe machte aufzustehen, um mich zu filzen, zog ich die Kette heraus und winkte ihm im Vorbeigehen zu. Selbst nach dem 11. September wurde ich nicht kontrolliert. Inzwischen war ich ein bekanntes Gesicht; ich war jeden Tag da. Mich zu durchsuchen, wäre gewesen, wie die Richter zu durchsuchen. Ich hatte sogar ein paar von den Wachleuten vertreten. Sie begannen, mich als Inventar zu betrachten, als einen Freund. Es gab keinen Grund, einen Freund zu filzen. Es musste das Adrenalin, der Schock über meine Situation, vielleicht auch das Saufen oder der Schlag auf den Kopf von dem großen Russen gewesen sein, denn aus irgendeinem Grund hatte ich die Sache mit dem Medaillon vollkommen vergessen, bis Barry sie erwähnte.

»Weißt du nicht, wer das ist?«, fragte Barry. »Das ist Mr Eddie Flynn. Ich vergesse immer, dass du noch nicht so lange da bist. Dieser Bursche ist der beste Anwalt in New York. Du kümmerst dich um ihn, und er wird sich um dich kümmern. Wenn er etwas braucht, ruf mich.«

Hank nickte widerwillig und wandte sich der Person hinter mir zu, um sie durch den Metalldetektor zu rufen. Barry triezte den Jungen wahrscheinlich in jeder Minute.

Ich sah, wie sich der Donut von Wachmann umdrehte und wegging.

Das war knapp gewesen, verdammt knapp.

»Barry, ich muss wirklich los, Mann. Ich bin bei dem Mafiaprozess, der heute Vormittag anfängt, und ich weiß noch nicht einmal, in welchem Gerichtssaal ich erscheinen soll.«

»Ich wusste nicht, dass Sie den Scheißkerl vertreten. Auf jeden Fall haben Sie Glück. Richterin Pike verhandelt den Fall, und sie frühstückt noch. Edgar und ich müssen sie in fünfzehn Minuten holen. Tut mir leid wegen Hank. Ich versuche ständig, ihm etwas beizubringen, aber er ist zu dumm, um zu lernen. Kommen Sie schnell hier rüber, es dauert nur eine Sekunde.«

Ich sah mich um und entdeckte niemanden von Volcheks Leuten in der Schlange. Aber es konnte auch sein, dass mich jemand beobachtete, den ich noch nicht kannte. Mein Puls rauschte in meinen Ohren. Ich wusste nicht, was Barry wollte. Was, wenn er irgendwie wegen Jack Wind bekommen hatte? Was, wenn die Russen mich mit Barry flüstern sahen?

Ich musste mit ihm reden. Wenn ich es nicht tat, würde er wissen, dass etwas im Busch war.

»Sicher«, sagte ich und drehte den Kopf in alle Richtungen, als wir in eine Ecke der Eingangshalle gingen. Barry winkte mich verschwörerisch näher.

»Es ist wegen Terry«, sagte Barry. »Er wollte über sein chronisches Erschöpfungssyndrom mit Ihnen reden.« Ich sprach ein lautloses Dankgebet. Barry wollte seinem Kumpel einen kostenlosen Anwalt besorgen. Ich mochte Barry. Er war in den Sechzigern und würde bald in den Ruhestand gehen, ein Ex-Polizist, der nichts weiter im Sinn hatte, als bis Schichtende an seinem Scanner zu sitzen und sich anschließend in die Kneipe zu verziehen.

»Terry ist bei Hollinger und Dunne, und sie kosten ihn ein Vermögen. Ich habe ihm von Anfang an gesagt, er soll zu Ihnen gehen, aber er wollte es mit dem Gewerkschaftsanwalt versuchen. Ich konnte es ihm nicht ausreden. Sie haben schon sechzig Riesen genommen, und er hat erst einen Arzt gesehen. Könnten Sie mal einen Blick in seine Akte werfen?«

In diesem Moment hätte ich Terry geküsst und ihm ein Sieben-Gänge-Menü im Ritz spendiert, wenn mich das von der Sicherheitskontrolle wegbrachte, von einer Freikarte für einen Fall von chronischem Erschöpfungssyndrom ganz zu schweigen.

»Sagen Sie ihm, ich vertrete ihn umsonst«, sagte ich.

Barry lächelte. »Ich sage es ihm, klar. Ich rufe ihn sofort an. Er ist oben, Saal zwölf.«

»Jetzt muss ich mich aber wirklich sputen, Barry.«

»Kein Problem. Und danke. Ich sage es ihm auf der Stelle. Er wird es verdammt noch mal nicht glauben.«

Er eilte zu seinem Platz am Scanner zurück. Ich war der Beschlagnahme durch Barry schneller als erhofft entronnen.

Und ich war drin.

Ich drehte mich um, lehnte mich an den kühlen Marmor und spürte die Bombe, die an meinem Rücken klebte, während ich die Schlange der Menschen betrachtete, die durch den Eingang strömten.

Auf meiner Uhr war es halb zehn. Wir hatten vielleicht noch eine halbe Stunde bis Prozessbeginn.

Arturas kam durch die Schleuse und hob einen großen Samsonite-Koffer vom Rollband, nachdem dieser den Scanner durchlaufen hatte. Er stellte ihn auf den Boden und zog ihn hinter sich her, als er zu mir trat.

»Gut gemacht«, sagte er.

Ich sagte nichts. Er griff um mich herum und drückte den Knopf für den Aufzug.

Die Aufzugtür öffnete sich, und ich betätigte den Knopf für den dreizehnten Stock, in dem Saal 16 untergebracht war. Arturas den Knopf für das oberste Stockwerk, achtzehn.

»Wir sind in Saal 16. Der ist im dreizehnten Stock«, sagte ich.

»Wir haben oben ein Zimmer. Sie müssen sich noch fürs Gericht umziehen«, sagte Arturas.

Die Türen schlossen sich, und der Aufzug setzte sich in Bewegung.

KAPITEL FÜNF