Zukunftskompetenz Praxismanagement - Klaus-Dieter Thill - E-Book

Zukunftskompetenz Praxismanagement E-Book

Klaus-Dieter Thill

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Im Zuge der vielfältigen Veränderungen des Gesundheitswesens kommt der Qualität des Praxismanagement eine zentrale Rolle bei der akuten Arbeitsbewältigung und für die Nachhaltigkeit des medizinischen und ökonomischen Erfolges von Haus- und Fachärzten zu. Mit dem wachsenden Bewusstsein für diesen Zusammenhang verändern sich auch die Anforderungen der ärztlichen Zielgruppen an den Vertrieb in Richtung einer ganzheitlichen Betreuung, die neben der Information über Produkte, Präparate und andere Angebots-Leistungen auch Unterstützung bei der Betriebsführung umfassen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits heute diese Entwicklung antizipieren und entsprechende Support-Lösungen in ihre Verkaufs-Konzepte integrieren, sichern ihre eigene Ziel-Erreichung durch die Erfolgs-Entwicklung ihrer Kontakt-Personen und eine frühzeitige unikale Differenzierung zu ihrer Konkurrenz. Das Buch vermittelt hierzu die Grundkenntnisse des Best Practice-Managements für Haus- und Facharztpraxen und zeigt Wege auf, Praxisinhaber und ihre Teams im Rahmen einer ganzheitlichen Betreuung bei der Optimierung ihrer Arbeit konkret zu unterstützen.

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Seitenzahl: 292

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Klaus-Dieter Thill

Zukunftskompetenz Praxismanagement

Basiswissen zur Best Practice-Praxisführung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Medizintechnik- und Pharma-Vertrieb

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

1 Die Bedeutung des Praxismanagements für Ärzte und Vertrieb

2 Planung

3 Patientenmanagement

4 Marktforschung

5 Organisation

6 Corporate / Dienstleistungsdesign

7 Marketing

8 Führung / Teamwork

9 Selbst- und Zeitmanagement

10 Finanzmanagement

11 IGeL-Management

12 Patientenzufriedenheit

13 Best Practices für den Start in ein digital unterstütztes Praxismanagement

14 Adhärenz-zentriertes Praxismanagement: Die Brücke zwischen therapeutischem und wirtschaftlichem Erfolg

15 Umsetzungs-Beispiele für ein Medical Practice Reinforcement

Impressum neobooks

Vorwort

Im Rahmen der Themen, die für die Betreuung von Haus- und Fachärzten nicht nur heute, sondern auch zukünftig relevant sind, besitzt das Praxismanagement eine herausragende Position. Unabhängig davon, ob es einem Praxisinhaber darum geht, akut seine Arbeitsbelastung zu senken, Praxisprozesse zu optimieren, das Ergebnis seiner Arbeit mittelfristig zu sichern oder seine Praxis strategisch zu entwickeln, stets ist die Praxisführung die entscheidende Stellgröße. Doch den meisten Medizinern erscheint die Beschäftigung mit der Materie zu komplex oder zu zeitaufwendig, die Inanspruchnahme externer Berater ist ihnen zu teuer und so bleiben viele defizitäre, risikobehaftete oder verbesserbare Möglichkeiten ungenutzt. Diese Lücke ist ein wichtiger und lohnender Ansatz für nachhaltige Service-Leistungen des Vertriebes, um seine Zielgruppen unaufwendig mit Hilfe eines Medical Practice Reinforcements (MPR) mit einem Mehrwert zu unterstützen. Kein Service-Ansatz bringt mehr Nutzen und ist gleichzeitig leichter umzusetzen als die Unterstützung der Praxisführung. Das liegt an der Best Practice-Orientierung der Praxisführung und ihrem Katalog aus festen Regeln und klar definierten Instrumenten, die grundsätzlich für jede Praxis unabhängig von ihrer Fachrichtung im Grundsatz gelten. Viele Defizite und Veränderung-Möglichkeiten sind auf seiner Basis sogar durch einfache Beobachtung identifizierbar. Hinzu kommt, dass die konkrete Arzt-Unterstützung in ihrer Umsetzung von simplen Tipps über Checklisten bis hin zur Unterstützung bei der Durchführung von Praxisanalysen reicht.
Etwa 10% der Vertriebsmitarbeiter nutzen den MPR-Ansatz heute erfolgreich, der Bedarf ist jedoch deutlich größer. Marktforschungs-Untersuchungen zeigen, dass Ärzte Vertriebs-Mitarbeitern aufgrund ihrer vielfältigen Praxis-Kontakte auch die Kompetenz für derartige Unterstützungen zuschreiben.
Mancher Mitarbeiter mag sich in diesem Zusammenhang fragen, ob es denn für das Erreichen seiner primären Ziele nicht kontraproduktiv ist, Ärzte mit ihren Defiziten zu konfrontieren, doch es geht ja nicht um Kritik, sondern um Ideen für mehr Erfolg, ein Ansatz, dem jeder Praxisinhaber folgt.

Dieses Buch vermittelt das Wissen zu dem genannten Best Practice-Ansatz und verfolgt das Ziel, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vertriebs in die Lage zu versetzen, über Praxismanagement-Unterstützungen für sich selbst eine Zukunfts-Kompetenz -Profilierung aufzubauen. Einige der beschriebenen Best Practice-Regeln, Instrumente und Verhaltensweisen sind in mehreren Aktionsbereichen der Praxisführung einsetzbar. Um dem Leser unnötiges Vor- und Zurückblättern zu ersparen, werden sie an den entsprechenden Stellen mehrfach aufgeführt

1 Die Bedeutung des Praxismanagements für Ärzte und Vertrieb

1.1 Begriffs-Definition

Der Begriff „Praxismanagement“ bezeichnet die Gesamtheit aller Regelungen. Instrumente, Maßnahmen und Verhaltensweisen,

die in den Aktionsbereichen Planung, Organisation, Marktforschung, Führung und Zusammenarbeit, Zeit- und Selbstmanagement, Patientenmanagement, Marketing und Finanzmanagement von Arztpraxen aller Fachrichtungen eingesetzt werden und

deren Zusammenwirken den Praxisbetrieb gewährleistet.

Das Praxismanagement fungiert als Transmitter der medizinischen ärztlichen Kompetenz und der Tätigkeiten der Medizinischen Fachangestellten in die konkrete Versorgung der Patienten. Von der Qualität seiner Gestaltung hängt es ab, wie umfassend das Können der Ärzte und die Fähigkeiten des Personals den Patienten in Form umfassender Hilfestellungen zuteil werden. Darüber hinaus bestimmt sie, wie früh und wie schnell Praxisteams flexibel auf Veränderungen jeglicher Art reagieren, diese implementieren und von ihrem Nutzen profitieren können. Ein Beispiel ist Digitalisierung, die Praxisbetrieben ohne ein funktionierendes Praxismanagement nur einen geringen Nutzen bietet. Ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement basiert dabei auf dem systematischen Einsatz betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrumente.

1.2 Der Beginn eines Erkenntnis-Prozesses

Haben Praxisinhaber sich in der Vergangenheit kaum mit dem Thema „Praxismanagement“ beschäftigt, findet seit einiger Zeit ein Umdenken statt. Haus- und Fachärzte erkennen in einem sich wandelnden Umfeld mit veränderten Patienten-Bedürfnissen, neuen gesundheitspolitischen Regelungen und beginnender Digitalisierung zunehmend die operative und strategische Bedeutung eines reibungslos funktionierenden Praxismanagements, um

ihren Arbeitsdruck zu senken,

die zeitlichen Freiräume zu vergrößern,

effizient, produktiv und flexibel zu arbeiten,

die Attraktivität für Patienten zu erhöhen,

das Praxisergebnis zu stabilisieren, zu verbessern oder langfristig zu sichern und um

flexibel auf zukünftige Anforderungen reagieren zu können.

Eine von unserem Institut durchgeführte Exploration zeigt den Stellenwert, den das Praxismanagement inzwischen für niedergelassene Ärzte erreicht hat: 2/3 der Befragten gaben an, dass sie den Eindruck haben, mit den in ihren Betrieben umgesetzten Strukturen und Abläufen den Erfordernissen der Arbeit nicht zu entsprechen. In die gleiche Richtung ging das Resultat unseres Projektes „OnlineSupport Praxismanagement“, bei der sich Praxisinhaber mit ihren Problemen und Fragen zur Praxisführung an uns wenden und Rat suchen konnten. Hier gingen bereits in der ersten Woche mehr als 1.400 Anfragen ein.

1.2 Die Praxismanagement-Insuffizienz (PMI)

Dieses hohe Anfrage-Aufkommen erklärt sich vor allem aus der Tatsache, dass die in deutschen Arztpraxen von den Praxisteams ausgewählten Regelungen des Praxismanagements gegenwärtig nicht geeignet sind, den Praxisbetrieb so zu gestalten, dass er den Anforderungen des Arbeitsalltages gerecht wird und grundsätzlich reibungslos funktioniert. Grund für diese Praxismanagement-Insuffizienz (PMI)ist, dass

die Auswahl der getroffenen Vorkehrungen und realisierten Maßnahmen unvollständig und / oder falsch bzw.

ihre Umsetzung unzureichend und / oder fehlerhaft ist.

Symptomatik

Erste Symptome einer PMI treten zu Beginn schleichend in Form von Ärger, Stress und Unzufriedenheit auf, sowohl innerhalb des Teams als auch seitens der Praxisbesucher. Sie werden meist einzelnen Arbeits-Situationen zugerechnet, nehmen im weiteren Verlauf jedoch in ihrer Intensität deutlich zu. Hauptsymptome der PMI sind:

dauerhafter Zeitmangel

häufige Überstunden

steigender Arbeitsdruck

eine zunehmende Fehlerquote

unzufriedene Patienten

Konflikte im Praxisteam

Demotivation.

Zudem gibt es auch symptomlose Verläufe, die durch verdeckte Risikofaktoren entstehen und die erst mittel- bis langfristig, dann aber schlagartig wirksam werden.Grade der PMIAufgrund der Schilderungen von Ärzten und Medizinischen Fachangestellten sowie von Patienten und - bei Facharztpraxen Zuweisern - kann die PMI grob in vier PMI-Grade unterteilt werden:

PMI-Grad I

Praxisteams berichten über keine größeren Probleme, die während ihrer Arbeit auftreten, es existieren jedoch Risikofaktoren, die aber noch nicht zur Wirkung gelangt sind.

PMI-Grad II

Arzt / Ärzte und Mitarbeiterinnen sind kontinuierlich wiederkehrenden Problemen bei ihrer Arbeitserledigung ausgesetzt. Sie werden jedoch noch nicht als sehr gravierend empfunden und beeinträchtigen die Arbeitsqualität nur in geringerem Ausmaß.

PMI-Grad III

Das Praxismanagement ist durch eine Vielzahl von täglich auftretenden Problemen gekennzeichnet, die sich in ihrem Zusammenwirken dauerhaft und spürbar auf die Arbeitsqualität, das Praxisteam selbst und die Patienten auswirken. Die Arbeitsatmosphäre ist durch wechselnde Intensitäten von Hektik und Stress charakterisiert, erste Patienten beschweren sich, Arbeiten bleiben teilweise unerledigt.

PMI-Grad IV

Praxisteams sind kaum noch in der Lage, das tägliche Arbeitspensum zu erledigen. Es fallen viele Überstunden an, Patienten wandern kontinuierlich ab, der Zugang neuer Patienten erfolgt hierzu nur unterproportional.

1.4 Die PMI und ihre Folgen

Art und Intensität der Auswirkungen einer PMI sind je Praxisbetrieb in Abhängigkeit von den jeweiligen Ursachen und ihren Ausprägungen verschieden, am häufigsten ergeben sich folgende fünf generelle Konsequenzen:

Die Patientenversorgung und -betreuung sind schlechter als es eigentlich möglich wäre, denn die medizinische Leistung kommt nicht in vollem Umfang den Patienten zugute. Beispielsweise unterbrechen Ärzte, die unter Zeitdruck stehen, die Symptom-Schilderungen ihrer Patienten bereits nach wenigen Sekunden und treffen Entscheidungen, ohne alle Fakten zu kennen. Hinzu kommen Informations- und Kommunikations-Defizite bei der Kooperation mit anderen Leistungsanbietern.

Die Arbeitsbelastung des Teams ist größer als notwendig, es wird viel und lange gearbeitet, das Arbeitsergebnis ist aber im Vergleich dazu nur unterdurchschnittlich, da die Arbeit nicht zu bewältigen ist. Effizienz und Produktivität des Praxisteams sind eingeschränkt, es entsteht ein Hamsterrad-Effekt. Das Personal entwickelt im Zeitablauf zwar Mechanismen, mit der PMI und ihren Folgen umzugehen, diese punktuellen Nachbesserungen lösen aber nicht die Grundprobleme. In einigen Fällen verstärken sie die negativen PMI-Auswirkungen sogar noch.

Die PMI schränkt generell die Leistungsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten einer Praxis ein, denn wichtige Tätigkeiten kommen zu kurz, da für sie keine Zeit ist (z. B. Qualifizierung der MFA, Umsetzung von notwendigen Veränderungen etc.), Flexibilität und Reagibilität sinken ebenso wie die Arbeitsmotivation.

Die Bewertung der Praxisleistung verschlechtert sich durch eine sukzessiv wachsende Unzufriedenheit der Patienten, die Weiterempfehlungsbereitschaft sinkt ebenfalls.

Das Praxisergebnis entspricht nicht den Möglichkeiten.

Fehleinschätzungen bei der UrsachenanalysePraxisteams machen vor allem externe Einflüsse für ihre Probleme verantwortlich, beispielsweise

Ausufernde Bürokratie

Sie ist ärgerlich, aber kalkulierbar und kann deshalb in Prozesse eingeplant werden, eine PMI-Ursache ist sie damit nicht.

Eine zu hohe Anzahl Patienten

Saisonal beschränkt kann diese Beeinträchtigung des Praxisbetriebs durchaus auftreten, z. B. in Grippezeiten. Auf Dauer ist der Zustand Ausdruck einer Fehljustierung des Praxismanagements, ausgelöst durch ein unangepasstes Bestellverhalten oder zu wenig Personal.Ein grundlegendes Problem in Zusammenhang mit der PMI besteht darin, dass Teams meist monokausal denken und versuchen, „die“ Fehlfunktion des Praxismanagements zu identifizieren. Praxisführung ist jedoch ein multifaktorielles Geschehen, das in seiner Gesamtheit untersucht werden muss, denn die Erfahrung zeigt, dass es nie „die eine“ Ursache gibt.Überdies ergibt sich für viele Praxisinhaber und Mitarbeiterinnen die Problematik, dass die durch die PMI verursachte Arbeitsüberlastung keine Freiräume bietet, Optimierungsanalysen durchzuführen.

Die Prävalenz der PMIEtwa 2/3 der deutschen Arztpraxen sind heute von der PMI in unterschiedlichen Ausmaßen und Ausprägungen betroffen. Diese große Anzahl resultiert aus der Tatsache, dass Haus- und Fachärzte im Durchschnitt knapp 50% des Best Practice-Standards, d. h. der für einen reibungslos funktionierende Praxisbetrieb notwendigen Vorkehrungen, gar nicht einsetzen. Kommen zukünftig weitere Anforderungen oder konkurrierende Leistungsanbieter hinzu, wird in vielen Praxen die Grenze des Machbaren deutlich überschritten, so dass z. B. Digital-Lösungen – aufgesetzt auf ein unzureichendes Praxismanagement – ihren Nutzen gar nicht entfalten können.Der positive Aspekt der PMIAnderseits ist aber auch anzumerken: sind die Defizite und Schwachstellen des Praxismanagements erst einmal identifiziert, können sie in den Praxisbetrieben zum größten Teil in Eigenregie beseitigt werden. Die Folgen: Produktivität, Arbeitsqualität, Patientenbindung und -gewinnung sowie Praxiserfolg verbessern sich nachhaltig. Das Problem von Praxis-Teams ist also nicht die Problem-Beseitigung, sondern ihre Identifizierung.

1.5 Die Praxismanagement-Insuffizienz schwächt auch die Unternehmen

Der Status von Arztpraxen als „Management-Underperformer“ hat aber auch Bedeutung für die Healthcare-Industrie: Partner, mit denen heute erfolgreich zusammengearbeitet wird, können zukünftig in ihren Möglichkeiten deutlich eingeschränkt sein und müssen dann in ihren Bearbeitung-Prioritäten herabgestuft werden. Derartige Zielgruppen-Umstrukturierungen sind keine Besonderheit, es ist nur zu beachten, dass unter Wachstums-Zielen der Aufbau von Neukontakten deutlich aufwendiger ist als die Stützung von Bestandskontakten. Wer frühzeitig gegensteuert, erzielt dadurch einen deutlichen Konkurrenz-Vorsprung.

Eine Exploration im Rahmen unseres Projektes „SalesTalk Insights“ untersuchte u. a. die in die A-Kunden-Kategorie eingestuften Arztpraxen verschiedener Außendienst-Mitarbeiter. Dabei zeigte sich, dass in der Durchschnittsbetrachtung 40% dieser Betriebe eine Best Practice-Relation von unter 60% auf (Optimum: 100%) aufwiesen, so dass ihr Kundenwert-Bestand bereits kurzfristig gefährdet war.

Darüber hinaus ist ein funktionierendes Praxismanagement unerlässlich, um z. B. neue Therapien in Arztpraxen zu implementieren: Patienten hinterfragen ihre Behandlungspläne zunehmend intensiver und kritischer. Um hierauf im Sinne der Adhärenz reagieren zu können, benötigen Haus- und Fachärzte mehr Zeit, doch diese Ressource kann nur freigesetzt werden, wenn das Praxismanagement hierzu die notwendige Flexibilität bietet.

1.6 Kaum Verbesserungen in Aussicht

Doch Praxisinhabern und ihren Mitarbeiterinnen fehlt es an Know-how und Zeit für professionelle Schwachstellen-Analysen. So bleibt nur der Weg, sich an Beratungsunternehmen zu wenden. Doch oft scheitern derartige Vorhaben bereits in der Angebotsphase: so werden für die Erstellung einer einfachen Stärken-Schwächen-Analyse nicht selten Preise über € 1.500,-- kalkuliert, eine Größenordnung, die für Mediziner nicht akzeptabel ist. Abschreckend kommt hinzu, dass Ärzte, bei denen Beratungen durchgeführt wurden, darüber klagen, oftmals nur Standardlösungen zu erhalten und dass viele Berater sich mit den Gegebenheiten der Praxisbetriebsführung nur unzureichend auskannten.

Die Konsequenz dieses Settings: das defizitäre Praxismanagement mit seinen negativen Folgen bleibt unverändert. Diese „Passivität“ hat jedoch auch ihren Preis: Haus- und Fachärzte, die die Defizite des Managements ihrer Betriebe nicht beseitigen, können mittelfristig das Niveau ihres qualitativen und quantitativen Praxiserfolges nicht halten.

1.7 “Veränderer“ und „Passive“ im Vergleich

Das zeigen die Resultate einer Langzeit-Exploration in Haus- und Facharztpraxen mit Betrieben, die

50% des Best Practice-Standards aufwiesen, d. h. lediglich die Hälfte der Regelungen, Instrumente und Verhaltensweisen, die einen reibungslosen Praxisablauf gewährleisten, einsetzten

die Zufriedenheit hinsichtlich ihres finanziellen Praxiserfolges als „befriedigend“ bewerteten und die

anderthalb Jahre nach ihrer Erstanalyse eine Folgeanalyse durchführten.

Der Vergleich der Resultate der Praxen, in denen die in der Erstanalyse vorgeschlagenen Veränderungen umgesetzt wurden mit denen, die keine diesbezüglichen Schritte unternommen hatten, zeigt die zerstörerische Wirkung der Passivität:

hatte sich die Beurteilung der „Veränderer“ zu ihrem Praxisergebnis deutlich verbessert, war die Zufriedenheit der passiven Praxisinhaber noch weiter dramatisch abgesunken,

gleichzeitig standen sich nachhaltige positive Zuwächse bei Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, Empfehlungsbereitschaft, Effizienz und Produktivität auf Seiten der optimierten Praxen und entsprechende negative Entwicklungen bei der Vergleichsgruppe gegenüber.

1.8 Medical Practice Reinforcement: Der Ansatz für den Healthcare-Vertrieb

Für die Wahrung des mittel- bis langfristigen Erfolges ihrer Praxen kommt es für Praxisinhaber vor allem darauf an, auf der Grundlage eines funktionierenden Praxisbetriebs genügend Flexibilität zu besitzen, sich auf veränderte Rahmendaten und Arbeitsbedingungen einzustellen, um das Niveau von Versorgungsqualität und Praxisergebnis dynamisch zu stabilisieren. Hier existiert ein Unterstützungs-Ansatzpunkt für den Healthcare Vertrieb, der nahtlos in das eigene originäre Angebots-Konzept integrierbar ist. Seine Grundlage ist eine ganzheitliche Sichtweise, die davon ausgeht, dass die positiven Eigenschaften von Arzneimitteln und Medizintechnik nur in einem professionalisierten Behandlungskontext zur Geltung kommen können. Betrachtet wird also der gesamte Behandlungsprozess, in den sowohl pharmazeutische als auch medizintechnische Produkte selbst als auch die deren Einsatz beeinflussenden Aspekte des Praxismanagements eingebunden sind.Gemeinsames Ziel aller Außendienst-Mitarbeiter, die auf diesem Gebiet aktiv werden, ist das Angebot zusätzlicher, die Kern-Angebote unterstützender Leistungen. Das Konzept besteht drin, die Zielpersonen konkreten Nutzen und einen Mehrwert dadurch zu bieten, dass sie bei ihrer Arbeit konkret unterstützet werden.

Wichtig ist hierbei: sind in einem Betrieb die Defizite erst einmal entdeckt, können sie zum größten Teil aus eigener Kraft, d. h. ohne externe Hilfe, beseitigt werden. Doch vielen Ärzten fehlen Grundkenntnisse und / oder die Zeit, sich im Praxisbetrieb hierum adäquat kümmern zu können. Ein Ausweg ist der Rückgriff auf externe Berater. Deren Hilfe ist jedoch teuer und die eingesetzten Spezialisten bieten oftmals nur Standardlösungen, da sie sich mit den Gegebenheiten der Praxisbetriebsführung nur unzureichend auskennen. Diese Situation hat inzwischen eine ganze Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im pharmazeutischen Außendienst erkannt und eigenständig Hilfestellungen und Lösungsansätze entwickelt.

In den nachfolgenden Abschnitten werden die wichtigsten Fragen zur MPR-Nutzung beantwortet und durch Zitate aus Interviews mit Vertriebs-Mitarbeitern ergänzt.

1.8.1 Wie viele Vertriebs-Mitarbeiter beraten Ärzte?

Etwa 10% der Medizintechnik- und Pharma-Außendienstmitarbeiter beraten während ihrer Arbeit die von ihnen besuchten Ärzte im Bereich „Praxismanagement“. Als Berater werden hierbei solche Miarbeiter definiert, die selbst unterstützende Leistungen in Arztpraxen durchführen und umsetzen und nicht lediglich als Vermittler zu Dritten fungieren. Der Prozentsatz ist in Anbetracht der Tatsache, dass jedes zweite Praxisteam nach eigenem Empfinden in seiner Arbeitsproduktivität durch Probleme in der Gestaltung der Praxisarbeit behindert wird, bislang sehr gering. Besondere Voraussetzungen für diese Service-Form werden nicht benötigt:

"Für die Unterstützung brauchst Du kein Studium, nur Beobachtungsgabe, Wissen über den Praxisbetrieb und gesunden Menschenverstand."

"Im Zeitablauf entsteht so etwas wie eine Schablone, die man über die Praxen legen kann. Damit wird jede neue Analyse einfacher, bringt aber zusätzliche neue Informationen."

"...und mit den Profis will ich ja gar nicht konkurrieren, sondern nur meinen Job optimal machen."

1.8.2 Wie kommen Vertriebs-Mitarbeiter dazu, Arztberatungen anzubieten?

Die Idee der beratenden Unterstützung besuchter Ärzte in Bezug auf das Praxismanagement ergibt sich bei den meisten Referenten unmittelbar aus dem Betreuungsalltag, wie die folgenden Statements aus Interviews belegen:

"Ich bin im Wartezimmer auf die Idee gekommen. Dort erfährt man - einfach durch Hinschauen - so viel über Abläufe und Patientenreaktionen, dass ich mir gedacht habe: "Das erzähle ich meinen Ärzten!"

"Ich suchte nach Ideen, die nicht zum Standard zählen, die nicht jeder hat, die Aufmerksamkeit erzeugen und natürlich auch meinen Kunden Nutzen bringen."

"Früher habe ich Beratungen durch Externe als Service angeboten. So etwas läuft aber komplett an einem vorbei, für eine optimale Nutzung muss man sich selbst einbringen."

"Die Ärzte heute "ticken" anders, sie erkennen immer mehr, dass sie auch wirtschaftlich denken müssen und hierfür Unterstützung benötigen."

"Bei einer unserer firmeneigenen Verkaufsschulungen kam mir der Gedanke, dass die Inhalte doch auch auf den IGeL-Verkauf übertragbar wären und meine Kunden interessieren könnten."

"Man muss das selbst machen. Bei Veranstaltungen und anderen Dingen ist man immer nur der Vermittler oder irgendwie mit dabei. Bei den Beratungen bin ich es selbst, das macht den Unterschied, auch zur Konkurrenz."

1.8.3 Akzeptieren Ärzte denn Außendienst-Mitarbeiter als Praxisberater?

Das Konzept, von Vertriebs-Mitarbeitern Hilfe bei Praxisführungs-Problemen zu erhalten, ist bei Medizinern breit akzeptiert. Vergleicht man die Zufriedenheit von Ärzten, die durch hauptberufliche Berater unterstützt wurden, mit denjenigen, die die Hilfe spezialisierter Pharma-Berater in Anspruch genommen haben, ergibt sich ein äußerst interessantes Bild: liegt der Consulting Quality Score, das Verhältnis auf der Gesamtzufriedenheit mit einer Praxisberatung in Relation zu den Anforderungen, der kommerziellen Beratungsunternehmen durchschnittlich bei einem Wert von knapp 59% (Maximum: 100%), realisieren praxisberatende Pharma-Berater im Mittel einen Score von 67%.Auch wenn die Berater aus pharmazeutischen und medizintechnischen Unternehmen nicht das gesamte Beratungs-Spektrum abdecken, punkten sie dennoch gegenüber ihren Kollegen mit einer genau definierten Leistung einschließlich Nachbetreuung zu vertretbaren Kosten und mit hohem Nutzen für die Ärzte. Vor allem ihre praktischen Erfahrungen in Arztpraxen machen sie dabei zu einer echten Alternative, wenn Ärzte Unterstützungsbedarf in Sachen „Praxismanagement“ benötigen.

1.8.4 Wie viele Ärzte erreichen die Mitarbeiter mit ihren Beratungen?

Genaue Angaben hierzu konnten wir in Zusammenhang mit unseren eigenen Analysen erheben, die für den Vertrieb entwickelt wurden: Außendienstmitarbeiter, die die Analyse als Bestandteil in ihre Arbeit integriert haben, beraten durchschnittlich 74 Arztpraxen pro Jahr.

1.8.5 Was bewirken die Beratungen in den Praxisbetrieben?

Die meisten für Beratungen ausgewählten Praxen realisieren mit ihrem Praxismanagement ein Jahr nach Durchführung der Analyse, Beseitigung der identifizierten Defizite und Umsetzung der möglichen Optimierungen im Mittel einen 30% höheren Best Practice-Score und einen messbar wirtschaftlichen Erfolg.

1.8.6 Wie profitieren die Mitarbeiter von ihrem Betreuungsansatz?

Die „Vertriebs-Consultants“ berichten hinsichtlich ihrer eigenen Tätigkeit über ein Kontakt-Reframing, das unmittelbar aus den Analysen resultiert: statt der sonst üblichen Frage: „Was haben Sie denn heute Neues / Interessantes?" heißt es nun seitens der Ärzte: „Ich habe da eine Frage, ein Problem, können sie mir helfen?“ Diese veränderte Haltung ist gleichzeitig Ausdruck einer Kompetenz-Steigerung der Vertriebs-Mitarbeiter in den Augen der betreuten Ärzte. Weitere Vorteile der Praxis-Unterstützungen sind: eine bessere Kundenkenntnis, problemlose Terminvereinbarungen, deutlich verlängerte Kontaktzeiten und intensivere Produktgespräche bei gleichzeitig größerer Offenheit der Ärzte. Statements der Pharma-Referenten zu ihrer Beratungstätigkeit verdeutlichen die Möglichkeiten:

„“Es entsteht eine andere Beziehung zu den Praxen, mehr Partnerschaft und Zusammenarbeit als Betreuung."

„Die Ärzte freuen sich oft richtig, dass ich so etwas anbiete und nicht den x-ten Kugelschreiber."

„Praxisberatungen sind so vielfältig einsetzbar, sie unterstützen im Grunde alle Kundenziele."

„Das Entscheidende ist: man ist mit den Ärzten immer zu einem für sie interessanten und wichtigen Thema im Gespräch, wobei ich jetzt noch mehr als früher über meine Palette sprechen kann, denn da ist Vertrauen.“

„Über diese Arbeit bekommt man einen hervorragenden Draht zum ganzen Team. Voraussetzung ist, dass es gelingt zu verdeutlichen, dass man am gleichen Strang zieht und nicht oberlehrerhaft auftritt."

Der Nutzen für die Bearbeitung des Verkaufsbezirks

"Der Wettbewerb ist hart, gerade hier im Stadtgebiet, und da muss man den Ärzten schon einen Grund geben, warum sie einen empfangen sollen."

"Ich habe oft genug erlebt, dass ein Außendienst-Kollege einer anderen Firma, der nach mir kam, fortgeschickt wurde, damit für meine Beratung mehr Zeit zur Verfügung stand."

"In einigen Fällen hat die Analyse auch für mich ein Ergebnis gebracht, nämlich dass ich die Praxis nicht mehr so oft kontaktieren muss, da der Patientenbestand nicht groß genug ist. Das hätte ich ohne die Beratung nicht gesehen."

"Die Zentrale und mein Chef waren der Meinung, dass eine bestimmte Praxis sehr wichtig für uns sei und dass ich da häufig hin müsste. Ich war anderer Meinung, hatte aber vor der Analyse keine schlagkräftigen Argumente. Jetzt kann ich belegen, dass die Praxis nicht dauernd besucht werden muss."

1.8.7 Welche Ergebnisse hat die Vertriebsforschung?

Praxisunterstützende Mitarbeiter sind deutlich erfolgreicher als ihre Außendienstkollegen, der Customer Care Quality Score (CQS, Verhältnis der durch die Betreuung erzielten Arzt-Zufriedenheit in Relation zu den Anforderungen) ist wesentlich höher. Darüber hinaus ist es – wie die Resultate einer Exploration zeigen – auch möglich, den CQS gezielt mit dem Einsatz von Praxisanalysen zu entwickeln.Auch die Langzeit-Memorierung der Kontakte und Inhalte ist wesentlich ausgeprägter. Ebenso positiv sind die Angaben der Pharma-Referenten über das Er-reichen der ihnen vorgegebenen Zielsetzungen.

Der entscheidende Entwicklungsschritt vom Außendienst-Mitarbeiter zum praxisunterstützenden Vertriebsmitarbeiter ist das Ablegen der "euphorisierten Kundensicht", die vielfach in Außendienst-Trainings vermittelt wird. Praxisanalysen „erden“ diese realitätsferne Betrachtung und ersetzen sie durch ein objektiviertes Rating. Das wünschen sich auch die beratenen Ärzte, denn nur so ist es möglich, das bislang inaktive Optimierungspotential ihrer Praxen zu identifizieren. Vertriebs-Mitarbeiter, die eine längere Zeit Praxis-Support angeboten und die geschilderte Grundhaltung abgelegt haben, sind ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Lage, ein Teil der Verbesserungsmöglichkeiten bereits vor Beginn der Analysen zu erkennen. In Verbindung mit ihrem Präparate-Know-how erhalten sie auf diese Weise in den Augen der betreuten Mediziner eine Praxis-Gesamtkompetenz.

Ein derartiges Vorgehen besitzt aber noch einen weiteren strategischen Vorteil: Anbieter können der Substitution durch das Internet entgehen, die besonders im Informations-Bereich greift, denn niedergelassene Ärzte finden im Netz eine Vielzahl von Quellen, denen sie die von ihnen benötigten Informationen zu Medikamenten, Geräten oder Dienstleistungen entnehmen können. Im Laufe der Jahre hat sich hieraus eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu den persönlichen Kontakten des Vertriebs ergeben. Im Rahmen Regionaler Kundenzufriedenheits-Analysen im Pharma-Sektor bewerteten beispielsweise niedergelassene Ärzte auf einer Skala von „0%“ bis „100%“, ob die Inhalte ihrer Gespräche mit Außendienstmitarbeitern überhaupt nicht / vollständig durch die im Internet verfügbaren Informationen ersetzbar gewesen wären. Ziel der Beurteilung war allein der Substitutions-Grad, nicht die Qualität der Kontakte. Der ermittelte repräsentative Mittelwert hat sich im Laufe der Jahre deutlich in Richtung einer vollständigen Ersetzbarkeit entwickelt und liegt aktuell bei 71,4%. Parallel stufen Mitarbeiter die Ersetzbarkeit ihrer Kommunikations-Inhalte mit 36,8% als sehr niedrig ein. Doch die Tatsache, dass Mediziner nach wie vor für Außendienstbesuche offen sind, bedeutet nicht, dass dies auch langfristig so bleiben wird. Dem kann jedoch über bedarfsgerechte Support-Leistungen entgegengewirkt werden.

Praxismanagement-Unterstützungen können in verschiedenen Formen erfolgen, auf die zum Ende des Buches eingegangen wird.

1.8.8 Warum beraten trotz der Vorteile nur so wenige Mitarbeiter?

Zwei Gründe führen zu dieser geringen Nutzung:

(1) Die meisten Mitarbeiter reagieren skeptisch, wenn es um die Aufnahme derartiger Maßnahmen in das eigene Service-Repertoire geht. Ein Kommentar hierzu skizziert diese Einstellung: „…stellt sich die Frage, wer für die "Basics" in der Praxis zuständig ist, die Industrie oder der Inhaber. Meine persönliche Erfahrung aus elf Jahren ist, dass gerade im Praxismanagement das medizinische Personal nicht willens ist, sich etwas von einem "Vertreter" sagen zu lassen.“ Die Aussage bringt auf den Punkt, wo die Problematik der Entwicklung des Pharma-Vertriebs liegt: wer sich selbst als reiner "Vertreter" sieht und entsprechend auftritt, wird auch als solcher angesehen und eingeordnet. Die Voraussetzung für notwendige und nachhaltige Veränderung ist deshalb ein "Mental Switch", eine Neudefinition der eigenen Arbeit, vom Vertreter zum ganzheitlichen (Medizin und Management) Experten und Berater. Mit Hilfe strukturierter Konzepte, die auf den Arbeitsrahmen des Vertriebs ausgerichtet sind, lassen sich dann problemlos die Praxismanagement-Bedarfslage der einzelnen Praxis ermittelt und auf dieser Basis dort Hilfestellung anbieten. Wer so agiert, gelangt automatisch auf ein anderes Kompetenz-Niveau.

(2) Das größere Hindernis einer Verbreitung sind aber Widerstände in den Unternehmen. Hier herrscht auf Seiten des Managements die Befürchtung vor, dass durch derartige Angebote die Kern-Tätigkeit der Mitarbeiter verwässert und nicht genügend Kontakte realisiert werden. Zudem ist der Ansatz, Ärzte ganzheitlich auch als Unternehmer zu sehen, bislang noch nicht verankert. Unternehmensintern findet sich im Marketing- und Vertriebsmanagement außerdem eine Art "vorauseilender Gehorsam“: man unterstellt, dass das Controlling die benötigten Mittel nicht bereitstellen wird, da der Erfolg einer derartigen Tätigkeit nicht messbar ist. Dabei ist die Investition in Beratungs-Konzepte nur gering, da die Ärzte die Kosten tragen. Wird gleichzeitig eine den einzelnen Mitarbeiter entlastende organisatorische Strukturierung für derartige Projekte implementiert, ändert sich die Arbeit vor Ort kaum (bis auf die Analyse- und Beratungsgespräche). Gleichzeitig entwickeln sich die Erfolgsparameter von "Beratern" überproportional positiv.

1.8.9 Vermindert die Beratung die Zeit für das Kerngeschäft?

Beratende Mitarbeiter realisieren ihre Besuchsvorgaben wie alle anderen ihrer Kollegen auch. Dafür haben sie eine effizientere Zeitnutzung, da Beratungsgespräche in der Regel während der Mittagszeit oder Mittwoch- und Freitag-Nachmittag stattfinden, Zeiträume, in denen "normale" Mitarbeiter nicht empfangen werden.

"Viele Beratungsinhalte kann ich um mein Angebot herum aufbauen, z. B. durch die Kombination notwendiger Kontrolluntersuchungen mit der Einführung eines Recall-Systems."

"Zunächst dachte ich auch: "Wie bekomme ich das geregelt?" Aber in der Praxis hat sich schnell herausgestellt, dass die beiden Ansätze - Produkt- und Beratungsarbeit - sich bestens ergänzen. Ich frage mich manchmal sogar, wie die Produkt-Besprechungen früher ohne das Konzept liefen."

“Ich bin der Meinung, dass meine Mediziner mir jetzt mit den Analysen im Hintergrund intensiver bei meinen Informationsgesprächen zuhören als früher.”

"Die Zusatzarbeit für die Beratungen ist äußerst gering, weil in vielen Praxen die gleichen Probleme anliegen."

"Initial war der Arbeitsaufwand natürlich größer, bis man alles entwickelt hat. Heute arbeite ich mit meinem Service nicht mehr als früher, nur erfolgreicher.

1.8.10 Gibt es unterschiedliche Berater-Typen?

Nach den Beratungsbereichen kann unterschieden werden zwischen

Aspekt-Beratern, die sich auf kleine Teilbereiche konzentriert haben,

Themenbereich-Beratern, die größere Zusammenhänge untersuchen und

Allround-Beratern, die für multiple Problemstellungen Lösungen entwickeln können.

Etwa 2/3 der Berater zählen zu den Gruppen (a) und (b), 1/3 zu (c).

1.8.11 Welche Support-Leistungen werden angeboten?

Das Spektrum der Beratungsleistungen ist sehr breit. Es reicht von der Vermittlung von Tipps über die Unterstützung der Durchführung von Patientenzufriedenheits-Analysen bis hin zu einem Support für Zuweiser-Befragungen.

Die konkrete Umsetzung:

"Zunächst habe ich es bei einigen wenigen Ärzten versucht, noch relativ wenig systematisch. Doch als der große Zuspruch kam, habe ich mir Checklisten angefertigt und erstelle jetzt auch kleine Ergebnisberichte, die ich gemeinsam mit den Ärzten durchspreche."

"Ich baue meine Arztgespräche nun nach dem Motto: "Erst die Produkt-Informationen, dann der Beratungs-Service“ auf. Damit verlängere ich meine Gesprächszeit bis zu einer halben Stunde, viele Ärzte wollen sogar, dass ich nach Praxisschluss nochmals komme, um in die Details zu gehen."

"Ich konzentriere mich voll und ganz auf das Thema "Patientenzufriedenheit". Ist die ok, kommen genug Patienten in die Praxis und der Erfolg meiner Arbeit ist gesichert."

"Ich habe z. B. mit dem ganzen Team besprochen, wie man einen Nutzen richtig formuliert und das haben wir dann für die Praxis-IGeL gemacht. Ein halbes Jahr später sagte der Doktor zu mir:" Herr W., durch Sie haben wir jetzt doppelt so viele IGeL-Patienten wie vorher. Vielen Dank!" Besser kann Erfolg für mich nicht sein."

"Ich bin auf die Praxisorganisation spezialisiert. Ein Freund, der in einer Unternehmensberatung arbeitet, hat mir einen einfachen Laufzettel für Patienten entwickelt, denn ich einsetze und auswerte. Im Schnitt schaffe ich es inzwischen, dass in den von mir untersuchten Praxen 20 bis 30 Patienten pro Tag mehr behandelt werden können, ohne dass es stressig wird."

"Mein Kollege, der mich zur Praxisanalyse gebracht hat, hat mir immer gesagt: "Du musst Dir was überlegen, wie Du die späteren Nachfragen in den Griff bekommst. Die (Ärzte) rufen Dich auch sonntags an!" Das fand ich sehr übertrieben, muss aber heute sagen: er hatte Recht."

"Ich verschaffe mir einen Überblick über das Praxismarketing - ein bislang unbestellter Acker. Es ist faszinierend, welche Begeisterung man bereits mit einfachen Empfehlungen wecken kann."

"Beratungsgespräche lege ich inzwischen in die Mittagszeit, da habe ich genügend Zeit und die größte Aufmerksamkeit der Ärzte."

"Viele Fragen kommen erst viel später nach der Besprechung oder Ergebnispräsentation. Da nehmen die Ärzte die Resultate mit nach Hause und dann kommen die Fragen. Manche können es gar nicht abwarten, dass man wiederkommt.“

1.8.12 Was schätzen die Ärzte an den Angeboten?

Primär liegt den Medizinern an der Sachkenntnis der Vertriebs-Berater sowie an ihren pragmatischen und konkreten Empfehlungen. Eine wichtige Rolle spielt auch, dass die Ärzte „ihre“ Helfer kennen und so nicht auf ihnen unbekannte Drittanbieter angewiesen sind.

1.8.13 Was geschieht bei negativen Resultaten?

"Ich habe mich gefragt: "Kann ich denn einen Kunden kritisieren?". Die ersten Reaktionen haben mir dann aber gezeigt: das ist kein Problem, wenn man positiv - in die Richtung "noch besser" - begründet."

"Der Anfang war etwas schwierig, ich musste mich erst in die Rolle des Beraters einfinden, aber meine Ärzte haben das problemlos akzeptiert."

"Natürlich fragt man sich zu Beginn, ob die Ideen und Beobachtungen nicht zu dünn sind, ob man vor der Arztkritik bestehen kann. Aber die Erfahrung zeigt dann: "Je einfacher, desto besser!". Die Docs haben ja oft selbst überhaupt keinen Plan, was den Praxisbetrieb betrifft."

Die meisten Außendienstmitarbeiter sind nicht gewohnt, mit ihren Kunden kritische Diskurse zu führen. Die Angst, Ärzte zu verärgern, ist einfach zu groß. Dabei wird außer Acht gelassen, dass gerade derjenige, der qualifiziert kritisiert, als gleichwertiger Gesprächspartner angesehen wird. Dieser Zusammenhang ist u. a. für die gezielte Entwicklung der Industrie-Arztpraxis-Beziehung zu einem B2B-Geschäft von entscheidender Bedeutung. Erfolgreiche Kritik ist vor allem eine Frage des Kritik-Nutzens und der Form. Werden im Rahmen von Organisationsanalysen Defizite erkannt, die ja i. d. R. auf Entscheidungen der Praxisinhaber beruhen, kann ihre Benennung den Ärzten zu durchschnittlich 25% mehr Umsatz verhelfen, ein wesentlicher Grund, sie anzuführen. Vermeidet man Negativ-Formulierungen ("...das Bestellsystem ist bei Ihnen ganz schlecht geregelt...") und nutzt Positiv-Perspektiven ("...durch diese Umstellungen ergibt sich für Ihr Team der Vorteil, dass..."), wird Kritik zu aktiver Hilfestellung. Mut zur Kritik ist also der Weg zum Erfolg, für beide Seiten.

1.8.14 Wie steht es um die Kosten der Unterstützungen?

Aufgrund der gesetzlichen Regelungen sind alle Angebote durchgängig kostenpflichtig. Die Preise liegen zwischen € 50,-- und € 2.000,--.

1.8.15 Die Optionen des Ansatzes

"Ich habe nach den Anfängen erkannt: das kannst Du gut auch über die Zeit verteilen, in Einzelaspekten, so eine Art Beratungsprogramm."

"Mit einer ganzen Reihe von Praxen habe ich regelmäßige Kontrollen ihrer Arbeit vereinbart, da bin ich mit meiner Service-Leistung bereits ein fester Bestandteil der Praxisarbeit."

„Selbstverständlich biete ich den Service kostenpflichtig an. Die Ärzte erhalten dann von der Firma eine Rechnung. Viele fragen inzwischen schon vorher nach den Kosten, weil sie bereit sind, dafür zu bezahlen. Es ist ein richtiger Qualitätsbeweis, wenn die Leistung nicht gratis ist."

"Ich verschicke regelmäßig Informationen zum Praxismarketing aus Fachmagazinen per Mail an meine Ärzte. Die sammeln das - ich war ganz erstaunt, als ich das erfuhr - und fragen beim nächsten Besuch, welche Dinge ich ihnen zur Umsetzung empfehlen würde."

"Die Frage ist doch, wie Du Deine Produkte positionierst, auch in der Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten. Wenn man dafür noch Wissen über den Aufbau und die Förderung von Kooperationen besitzt, ist man mit seinem Angebot gut aufgestellt."

"Ein positiver Nebeneffekt ist, dass ich in manchen Fällen das Betriebsklima in Praxen verbessern konnte, da Chef und Personal sich nicht so gut verstanden. Das ist positiv für die Praxis, aber auch für mich."

2 Planung

Mit Hilfe der Planung koordinieren, steuern und kontrollieren Ärzte die Arbeit ihrer Praxisunternehmen. Zu diesem Aktionsbereich zählen folgende Elemente:

2.1 PraxiszieleZiele sind vorweggenommene Vorstellungen, die Praxisinhaber über das Ergebnis Ihrer Praxistätigkeit entwickeln. Sie geben Antwort auf die Frage „Was will ich mit meiner Praxisarbeit erreichen?“ und müssen unter Beachtung er Praxisperspektive (Halten, Wachsen, Reduzieren) für jeden Bereich des Praxismanagements, z. B. in Form von Arbeitszielen für die Mitarbeiterinnen, definiert werden.

ZielformulierungDamit Praxisziele helfen, die Arbeit zu koordinieren, zu steuern und zu kontrollieren, benötigen die Zieldefinitionen eine ganz bestimmte Gestaltungsform: (1) Sie müssen auf ein oder mehrere Bezugsobjekte konkret spezifiziert werden. So genügt es z.B. nicht, ein Ziel wie „Die Praxis soll besser laufen“ formulieren. Zwar gibt man eine Zielrichtung vor („besser laufen“), aber das Bezugsobjekt („die Praxis“) ist viel zu allgemein, als dass Maßnahmen zur Erreichung des Ziels ableitbar si.(2) Es werden eindeutige Maßgrößen benötigt, mit deren Hilfe die beabsichtigten Resultate überprüfbar werden. Verwendbar sind Wertgrößen (z.B. Umsatz, Scheinzahl, Anzahl Patienten / Stunde o.ä.), aber auch qualitative Parameter wie z.B. den Grad der Patientenzufriedenheit, die Bekanntheit, das Image oder die Einstellungen von Patienten zur Praxis.(3) Ziele sollten so realistisch wie möglich formuliert werden. Sind sie zu hoch angesetzt, werden sie häufig vor allem von den Mitarbeiterinnen abgelehnt. Sind sie zu niedrig, werden sie nicht ernstgenommen.(4) Des Weiteren benötigt eine Zieldefinition unbedingt eine Beschreibung der beabsichtigten, vom Ist-Zustand aus gesehenen Veränderung und der hierfür benötigten Zeit. Ist dieser Zielhorizont langfristig ausgerichtet (ein Jahr und mehr), spricht man von strategischen Generalzielen. Diese sind aufgrund ihres Zeithorizontes allgemein gehalten und dienen als Orientierungshilfen für den generellen Zielerreichungsgrad. Die Generalziele setzen sich aus weiteren, mittel- bis kurzfristig ausgelegten, operational-taktischen Teilzielen zusammen. Mit diesen werden die Teilschritte zur Erreichung der strategischen Ziele festgelegt. Gleichzeitig dienen sie als Kontrollinstrument für den Erfolg drer kurzfristigen Praxisarbeit.(5) Darüber hinaus sind die für die Zielerreichung Verantwortlichen u benennen. Das trifft weniger auf die General- als auf die Teilziele zu, die im Zuge der Delegation von Aufgaben an die Mitarbeiter „weitergeben“ werden.(6) Ziele sind keine für immer fixierten Größen. Sie müssen regelmäßig überprüft und den internen und externen Veränderungen entsprechend angepasst werden. In manchen Fällen genügt es, das eine oder andere Teilziel zu modifizieren, in anderen Fällen kann es auch notwendig werden, ein ganzes Globalziel und alle Teilziele zu ändern. Folgende Beispiele verdeutlichen die Ausführungen:

Beispiel 1:Generalziel: Die Anziehungskraft der Gemeinschaftspraxis soll im Hinblick auf die relevanten Zielgruppen „Patienten“ und „Zuweiser“ insgesamt so ausgebaut werden, dass folgende Einzelziele erreicht werden:

Teilziel 1: Gewinnung von x% der niedergelassenen Ärzte des Einzugsgebietes in einem Zeitraum von einem Jahr als Zuweiser

Teilziel 2: Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Angebotes von Akupunkturleistungen bei der Zielgruppe „Selbstzahlungsbereite Patienten“ um 20% auf insgesamt 50% bis zum Ende des Jahres

Teilziel 3: Erreichung eines Patienten-Zufriedenheitswertes von 1,6 bis zum Ende des Jahres

Beispiel 2:Generalziel: Innerhalb der nächsten drei Jahre soll für die Gemeinschaftspraxis ein Image als Expertenpraxis für angiologische Erkrankungen geschaffen werden.

Teilziel 1: Die Patienten erhalten neben einer bestmöglichen Versorgung auch umfassende Informationen zum Leben mit ihrer Erkrankung. Hierfür ist bis zum (Datum) ein Kommunikationskonzept zu entwerfen.

Teilziel 2: Zuweiser werden als Kooperationspartner eng in den Behandlungsprozess einbezogen. Zu diesem Zweck ist eine Zuweiserbefragung durchzuführen, die ermittelt, welche Anforderungen zuweisende Ärzte an die Zusammenarbeit haben.

Teilziel 3: Aufgrund des hohen Stellenwertes von Familienangehörigen für den Behandlungs- und Genesungsprozess sollen diese in das Therapiekonzept integriert werden.

Teilziel 4: Der Rufaufbau soll zusätzlich durch eine enge Zusammenarbeit mit Gefäßsport- und sonstigen, auf den Bereich Angiologie ausgerichtete Selbsthilfegruppen unterstützt werden.

2. 2 Praxisstrategie

Mit Hilfe der qualitativ ausgerichteten Praxis-Strategie werden die Wege und Mittel beschrieben, mit deren Hilfe die Praxisziele erreicht werden sollen. Die Strategie ist – wie die Ziele – keine feste Größe, sondern muss sich der Entwicklung Ihrer Praxis und des Umfeldes anpassen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und die Strategie anzupassen.

Zwei Interpretations-Welten