Zukunftswelten - Patrick Cramer - E-Book

Zukunftswelten E-Book

Patrick Cramer

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Beschreibung

Werden wir alternative Energiequellen erschließen und so die Klimakatastrophe abwenden können? Werden unsere Demokratien die Herausforderungen durch neue Kommunikationsformen und künstliche Intelligenz bestehen? Werden wir eine alternde Gesellschaft medizinisch versorgen können? Auf der Suche nach Antworten auf diese und viele weitere »Zukunftsfragen« besuchte Patrick Cramer die 84 Institute der Max-Planck-Gesellschaft, bevor er deren Vorsitz antrat. Dabei begegnete er leidenschaftlich forschenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und lernte Zukunftswelten kennen, die gerade erst in ihren Köpfen entstehen. Von Astronomie und Klimaforschung über Biomedizin und künstliche Intelligenz bis hin zu Energieforschung und Gesellschaftswissenschaften – Cramer nimmt uns mit in die Maschinenräume der Forschung und gewährt exklusive Einblicke in die Wissenschaft von morgen.

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Seitenzahl: 393

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Patrick Cramer

Zukunftswelten

Meine Reise zur Wissenschaft von morgen

 

 

Über dieses Buch

 

 

Werden wir alternative Energiequellen erschließen und so die Klimakatastrophe abwenden können? Werden unsere Demokratien die Herausforderungen durch neue Kommunikationsformen und künstliche Intelligenz bestehen? Werden wir eine alternde Gesellschaft medizinisch versorgen können?

Auf der Suche nach Antworten auf diese und viele weitere »Zukunftsfragen« besuchte Patrick Cramer die 84 Institute der Max-Planck-Gesellschaft, bevor er deren Vorsitz antrat. Dabei begegnete er leidenschaftlich forschenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und lernte Zukunftswelten kennen, die gerade erst in ihren Köpfen entstehen. Von Astronomie und Klimaforschung über Biomedizin und künstliche Intelligenz bis hin zu Energieforschung und Gesellschaftswissenschaften – Cramer nimmt uns mit in die Maschinenräume der Forschung und gewährt exklusive Einblicke in die Wissenschaft von morgen.

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Patrick Cramer, geboren 1969 in Stuttgart, studierte Chemie in Stuttgart, Heidelberg, Bristol und Cambridge. Nach Forschungsaufenthalten am EMBL Grenoble und an der Stanford University forschte und unterrichtete er an der LMU München. Von 2014 bis 2021 war er Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen, ab 2022 leitete er das Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften. Im Juni 2022 wurde er zum Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft gewählt. Bevor er das Amt im Juni 2023 antrat, besuchte er alle 84 Institute, um sich einen Überblick über ihre vielfältigen Forschungsaktivitäten zu verschaffen.

Inhalt

[Inhalt]

Vorwort

Kapitel 1 Unser Platz im Universum

Kapitel 2 Komplexes System Erde

Kapitel 3 Bedrohte Ökosysteme

Kapitel 4 Mensch und Evolution

Kapitel 5 Zellen und Leben

Kapitel 6 Entwicklung der Medizin

Kapitel 7 Altern und Regeneration

Kapitel 8 Roboter und künstliche Intelligenz

Kapitel 9 Quanten und neuartige Materialien

Kapitel 10 Grüne Chemie und Stoffkreisläufe

Kapitel 11 Energie aus Wasserstoff

Kapitel 12 Kernfusion und Supraleitung

Kapitel 13 Gesellschaften im Wandel

Kapitel 14 Regeln für das Zusammenleben

Kapitel 15 Gehirn und Gedächtnis

Kapitel 16 Sprechen, Lernen und Handeln

Kapitel 17 Zeit und Schönheit

Nachwort

Anhang

Über die Max-Planck-Gesellschaft

Über den Autor

Dank

Liste der Institutsbesuche

Karte der Max-Planck-Institute

Vorwort

Die Idee zu diesem Buch entstand unterwegs – an einem Spätsommertag im Jahr 2022 auf dem Weg vom Heidelberger Schloss hinauf zum Gipfel des Königstuhls. Der Blick auf die romantische Stadt im Neckartal weckte Erinnerungen an alte Zeiten: Bereits Anfang der neunziger Jahre kam ich als Chemiestudent hierher. Oft stand ich dann mit weißem Kittel im alten Laborsaal, vor mir eine Glasapparatur, in der es lustig vor sich hin brodelte. Doch mein Interesse galt schon damals etwas anderem: der Chemie des Lebens. Diese Sehnsucht zog mich als Forschungsstudent nach Bristol und Cambridge.

Im Jahr 1994 kam ich nach Heidelberg zurück, um an einem Auswahlverfahren für Doktoranden teilzunehmen. Wie hunderte andere Bewerber wollte ich einen der wenigen Plätze am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) ergattern. Im zweiten Anlauf erhielt ich die ersehnte Promotionsstelle und forschte einige Jahre an einem Teilchenbeschleuniger in Grenoble in den französischen Alpen. Dann ging ich an die Stanford University in Kalifornien, forschte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wechselte schließlich in die Max-Planck-Gesellschaft nach Göttingen. Über all die Jahre kam ich immer wieder nach Heidelberg, arbeitete dort in einem Beirat der Universität und im Rat des EMBL.

Heidelberg ist mir also vertraut. Aber an diesem Augusttag im Jahr 2022 kam es mir fremd vor. Ich sah die Stadt mit anderen Augen, denn nur wenige Wochen zuvor, am 23. Juni, hatte sich mein Leben nachhaltig verändert: Ich wurde zum Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft gewählt, was eine neue Perspektive für meinen Blick auf die Wissenschaft erforderte. Das wurde mir während der Fahrt hinauf zum Max-Planck-Institut (MPI) für Astronomie, das nur wenige Kilometer vom EMBL entfernt liegt, nochmals so richtig bewusst.

Fast drei Jahrzehnte lang hatte ich Molekularbiologie betrieben. Unsere internationale Forschungsgruppe drang immer tiefer zu den Geheimnissen der Gene vor. Mit meiner neuen Aufgabe sollten nun aber Forschungsmanagement, Wissenschaftspolitik und Öffentlichkeitsarbeit viel mehr als bislang in den Vordergrund treten. Ich stellte mir die Frage, wie ich diesen neuen Herausforderungen begegnen könnte, und erinnerte mich daran, wie meine akademische Laufbahn in Heidelberg begonnen hatte. Wie wäre es, wenn ich mich ein weiteres Mal von hier aus auf den Weg machte?

Und so beschloss ich, eine große Reise zu unternehmen, um mich auf meine neue Aufgabe vorzubereiten: Ich wollte mich auf die Suche nach der Wissenschaft von morgen begeben und die 84 Institutionen der Max-Planck-Gesellschaft besuchen, die auf 38 deutsche und vier ausländische Standorte verteilt sind. Ich wollte möglichst nah ran an die aktuelle Wissenschaft und mir einen Überblick über die vielfältigen Forschungsaktivitäten in den Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften, den Natur- und Computerwissenschaften sowie den Lebenswissenschaften und der Biomedizin verschaffen. Ich wollte Menschen treffen, die Wissenschaft betreiben und ermöglichen. So hoffte ich herauszufinden, was in den Laboren und Denkräumen geschieht und wie neues Wissen die Welt in der Zukunft gestalten kann. Bereits lange vor meiner Reise war klar: Forschung beeinflusst unser Leben grundlegend und verändert die Art und Weise, wie wir zusammenleben, arbeiten und kommunizieren.

Werden wir alternative Energiequellen erschließen, um die Klimakatastrophe abzuwenden? Werden unsere Demokratien die Herausforderungen durch neue Kommunikationsformen und künstliche Intelligenz bestehen? Werden wir eine alternde Gesellschaft medizinisch versorgen können? Auf meiner Suche nach Antworten auf diese und viele weitere Zukunftsfragen reiste ich an Orte, die für die meisten Menschen schwer zugänglich sind. Ich tauchte ein in unterirdische Bibliotheksschätze, ging durch Forschungsvolieren voller Zebrafinken und stand staunend vor riesigen Plasmaspeicheranlagen. Die Reise führte mich aber nicht nur in die Maschinenräume der Forschung. Viel wichtiger waren meine Begegnungen mit leidenschaftlich forschenden Menschen. Ich begann einen Dialog mit den rund dreihundert Direktoren, mit Forschungsgruppenleitern und Vertretern der etwa 24000 Mitarbeiter. Auf meiner Reise hatte ich manchmal den Eindruck, rund um die Welt zu fahren, denn in der Max-Planck-Gesellschaft arbeiten Menschen aus über einhundert Ländern.

So lernte ich Zukunftswelten kennen, die gerade erst in den Köpfen der Forscher entstehen. Ich konnte erahnen, wo sich der Horizont weitet und welche Möglichkeiten vor uns liegen. Um Neues zu lernen, sammelte ich Ideen und Träume, Sorgen und Herausforderungen. Dadurch blieb ich nicht Besucher, sondern wurde zum Reisenden. Ich begann, die verschiedenen Fachkulturen besser zu verstehen. Mit meiner Reise verband ich zudem die Hoffnung, positive Zukunftsszenarien zu entwickeln.

Es ist wenigen vergönnt, eine so faszinierende Reise zu unternehmen. Aus diesem Grund will ich Sie daran teilhaben lassen und gebe hier ausgewählte Eindrücke, Erlebnisse und Einsichten wieder. Mein Reisebericht kann zwar unmöglich auch nur annähernd die Forschung abbilden, die in einer so großen Wissenschaftsorganisation wie der Max-Planck-Gesellschaft betrieben wird. Aber die hier beschriebenen Begegnungen können beispielhaft Einsichten in die faszinierende Welt der Wissenschaft bieten. Um sie darzustellen, habe ich stets den Wissensstand des Forschungsfelds mitberücksichtigt und auch Forschungsergebnisse hinzugenommen, die nicht in der Max-Planck-Gesellschaft entstanden sind, sondern von der weltweiten Community erarbeitet wurden. Durch die Einbettung meiner Gespräche und Erfahrungen in den Gesamtwissensstand ergibt sich über die vielfältigen Themenfelder hinweg eine grobe Übersicht über die aktuelle Forschungslandschaft. Immer wieder flechte ich offene Fragen ein, denen nachgegangen werden muss. So hoffe ich, den Prozess des Erkenntnisgewinns aufzuzeigen und Sie dazu anzuregen, sich eingehender mit ausgewählten Forschungsfeldern zu beschäftigen.

Die Ausgangsbasis für meine Institutsbesuche war Göttingen, wo die Max-Planck-Gesellschaft 1948 gegründet wurde. Von hier aus brach ich zwischen August 2022 und April 2023 fast jede Woche zu Bahnreisen auf. Im vorliegenden Buch sind meine Institutsbesuche allerdings weder chronologisch noch nach Standorten sortiert, vielmehr habe ich ausgewählte Erlebnisse rund um die Zukunftsthemen der Wissenschaft angeordnet. Die Kapitel kreisen folglich um die großen Rätsel der Forschung und um die Herausforderungen von Forschungsfeldern, zu denen jeweils mehrere Institute beitragen. Ich bitte ausdrücklich um Nachsicht, dass ich die Forschungsaktivitäten der Max-Planck-Institute nur bruchstückhaft darstellen kann und die Aktivitäten anderer Forschungsorganisationen und Universitäten im In- und Ausland keine explizite Erwähnung finden, obwohl sie viele fundamentale Beiträge liefern. Auch bitte ich um Verständnis, dass ich namentlich nur einige Nobelpreisträger erwähne, obwohl ich auf über eintausend Forscher traf.

So kann ich Sie nun auf eine ganz andere Reise einladen, als ich sie in vielen kleinen Etappen selbst unternommen habe, eine Reise, die so nur im Kopf stattfinden kann – eine Reise in Zukunftswelten. Die Route führt uns zunächst durch die Weiten des Universums bis zu unserem Heimatplaneten mit all seinen Rätseln. Auf der Erde wandern wir durch eine bedrohte Tier- und Pflanzenwelt, wenden uns anschließend der menschlichen Schaffenskraft zu und erkunden die Zukunft der Medizin, Technologie und Energiegewinnung. Schließlich tauchen wir ein in die faszinierende Welt menschlichen Zusammenlebens. Wir erahnen, wie die großen Dinge in die Welt kommen, wie Wissen, Recht und Kultur entstehen und was sie für uns Menschen bedeuten.

Und wer weiß? Vielleicht gelangen Sie am Ende der Reise – so wie es mir geschah – ja ein Stück weit mehr zu sich selbst. Vielleicht sehen Sie dann Ihre persönlichen Zukunftswelten vor sich: Ihre Neugier, Hoffnungen und Handlungsoptionen. Falls dies geschieht, hätte ich mein Ziel mit diesem Buch erreicht und würde mich glücklich schätzen.

Kapitel 2Komplexes System Erde

Fasziniert streiche ich über den Gesteinsklumpen in meiner Hand. Der Meteorit stamme aus dem Gebiet zwischen Mars und Jupiter, sagt mein Kollege am MPI für Sonnensystemforschung. Er bleibt ganz ruhig, doch mein Herz pocht. Ob ich die kleinen weißen Flecken im Stein sehe, fragt er. Ich nicke, immer noch überrascht vom enormen Gewicht des außerirdischen Objekts. Das seien Calcium-Aluminium-reiche Einschlüsse. Das älteste Material, das man kenne – rund 4,6 Milliarden Jahre alt. Im Jahr 2031 würde die NASA-Mission JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) den Jupiter erreichen, um dessen Monde zu inspizieren, erklärt der Forscher. Vielleicht gebe es dort unter dicken Eisschichten die Bedingungen für einzelliges Leben. Viele glaubten das.

Ich streiche noch einmal über den kalten Meteoriten und blicke dann auf. Ich frage, ob wir nicht enormes Glück mit unserem Heimatplaneten hätten. Natürlich, meint er. Die Erde liege im bewohnbaren Bereich unseres Sonnensystems, in der sogenannten habitablen Zone. Gerade im richtigen Abstand von der Sonne ist es auf dem »Blauen Planeten« nicht zu heiß und nicht zu kalt, so dass Leben entstehen konnte. Näher an der Sonne, wie etwa auf der Venus, ist es so heiß, dass Kohlenstoffverbindungen, die allem Leben zugrunde liegen, sprichwörtlich verkohlen würden. Weiter entfernt von der Sonne liegen die Temperaturen meist weit unter null Grad, was Leben an der Oberfläche unmöglich macht.

Angesichts all des Wissens, das wir über unser Sonnensystem und unseren Planeten bereits sammeln konnten, erscheint es erstaunlich, dass unsere Erde noch immer voller Geheimnisse steckt. Allem menschlichen Forscherdrang zum Trotz bleibt die Erde unvollständig verstanden, und das liegt in erster Linie daran, dass sie ein komplexes System darstellt. Nähern wir uns auf unserer Gedankenreise aus den Weiten des Universums unserem Heimatplaneten, lässt sich das Erdsystem in verschiedene Bereiche aufteilen: unter anderem die feste Geosphäre, die eisige Kryosphäre, die flüssige Hydrosphäre, die gasförmige Atmosphäre und die lebendige Biosphäre. Die Komplexität beginnt schon damit, dass diese Bereiche in ständigem Austausch und in direkter Verbindung miteinander stehen. Der Mensch hängt unmittelbar ab von anderen Teilen der Biosphäre, wie Tieren und Pflanzen, aber auch von der Geosphäre, Hydrosphäre und Atmosphäre. Und gleichzeitig nimmt er Einfluss auf alle anderen Bereiche, mehr als jedes Lebewesen zuvor. Wenn Sie jetzt an den Klimawandel denken, sind Sie auf der richtigen Spur.

Um mehr über das Klima und die Atmosphäre zu erfahren, nehme ich an einem Spätsommertag frühmorgens den Zug nach Hamburg zum MPI für Meteorologie. Auf dem Weg dorthin bin ich recht aufgeregt, denn ich besuche den Ort, an dem erstmals der direkte Nachweis des menschengemachten Klimawandels gelang. Hier am Institut wurden in internationaler Zusammenarbeit die Grundlagen dafür gelegt, aufzuzeigen, dass die Erderwärmung ein Ergebnis menschlichen Handelns ist. Dafür erhielt Klaus Hasselmann im Jahr 2021 den Nobelpreis. Er warnte wie andere Wissenschaftler schon in den achtziger Jahren vor dem Klimawandel und konnte bereits 1993 mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent die menschengemachte Herkunft der für die Erderwärmung verantwortlichen, zusätzlichen Treibhausgase nachweisen.

Heute ist allgemein anerkannt, dass der derzeitige Klimawandel durch den Menschen verursacht wird, vor allem durch den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen wie Methan und Lachgas. Doch dies bedurfte wissenschaftlicher Erkenntnisse. Der durch Hasselmann statistisch untermauerte Kausalzusammenhang trug sicherlich dazu bei, dass das Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 verabschiedet wurde. Damit verpflichteten sich 195 Staaten, den Klimawandel einzudämmen, die Weltwirtschaft klimafreundlich umzugestalten und die Erderwärmung auf deutlich unter 2 und möglichst unter 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Ein Kollege holt mich am Bahnhof Dammtor ab und begleitet mich durch die Morgensonne zum Institut. Strahlend erklärt er mir, wie Hasselmann darauf kam, dass man in den komplexen Klimadaten Hinweise auf den Einfluss des Menschen aufspüren kann. Diese Daten sind aufgrund vielfältiger Einflüsse, wie etwa kurzzeitiger Wetterschwankungen, so variabel, dass man nur sehr schwer Signale finden kann, die von der Emission von Treibhausgasen stammen. Hasselmann erkannte jedoch, dass dieses physikalische Problem mit Methoden gelöst werden konnte, die auch in der Nachrichtentechnik Anwendung finden. Er entwickelte bereits in den siebziger Jahren das entsprechende mathematische Handwerkszeug und wandte es auf die Klimaforschung an. Tatsächlich gelang es damit, externe, vom Menschen stammende Signale vom natürlichen Rauschen zu trennen, das vor allem durch Wetter verursacht wird.

Wir passieren einen futuristischen Gebäudeklotz, das Deutsche Klimarechenzentrum. Hinter den grauen Fassaden werden hier auf einem riesigen Rechencluster, einem Netzwerk aus Höchstleistungscomputern, Projektionen des zukünftigen Erdklimas erstellt. Um einen Blick auf potenzielle Zukunftswelten zu ermöglichen, entwickeln die Kollegen am Hamburger Institut gemeinsam mit ihren Partnern seit Jahrzehnten ein kompliziertes mathematisches Klimamodell. Nach wie vor verbessern die Arbeitsgruppen das Modell mit immer detaillierteren Daten zu den Ozeanen, zur Landmasse und zur Atmosphäre. Damit wurden die Berechnungen genauer, und das Erdklima ließ sich immer präziser vorhersagen.