Zurück zu den Wurzeln des Karate-Do - Rüdiger Janson - E-Book

Zurück zu den Wurzeln des Karate-Do E-Book

Rüdiger Janson

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Beschreibung

In diesem zweiten Band wurde Titel und Untertitel getauscht. Letztendlich soll mit diesen beiden Bänden ein effizientes Karate wiederentdeckt werden, das jeder Karateka in der Selbstverteidigung möglichst leicht umsetzen kann; egal wie alt man ist. Es geht auch darum, die Kampfkunstaspekte der alten Meister zu erforschen. Wir gehen zurück über verwandte Stilrichtungen, bis zu den Wurzeln des Karate.

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Dies ist die Fortsetzung von:

Effizientes Karate für Ü50 Zurück zu den Wurzeln des Karate-Do

(Im Handel erhältlich)

www.janson-ruediger.de

Inhalt

Vorwort

Auf der Suche nach dem goldenen Gral des Karate

Die Gemeinsamkeiten aller Kampfkünste

Kreisbewegungen in der Kampfkunst

Fließende Bewegungen und fließende Übergänge

Die Sängerin und der Karateka

Kanku-Sho - Kusanku-Sho

Tuite, Torite, Chin Na oder Qin Na?

Was ist Bo-Uke?

Vaterschaftstest bei den Kata

Fazit Kanku-Sho

Gemeinsamkeiten aller Kampfkünste, mit Partner

Bassai-Sho - Koryū no Passai

Und wieder wird das Bein gehoben.

Waffen-Techniken in den Kata.

Mutationen und originale Kata

Die 36 Kammern der Shaolin. (1978)

Bassai-Sho, und was wir heute haben und nutzen können.

Ein Kampf ist wie eine Kommissionierung

Der Yoko-Geri wurde überall eingebaut

Fazit Bassai-Sho

Gangaku - Chinto

Kann man Äpfel mit Birnen vergleichen?

Stille Post mit Gesten und Mimik

Kin-Geri, das Stiefkind im Shotokan-Karate

Fazit Gangaku (Gankaku)

Das tapfere Schneiderlein.

Gojushiho-Sho - Gojushiho-Dai - Gojushiho – Useishi

Die festgefahrene Stilrichtung

THE DRUNKEN MASTER.

Washide / Washite. Adlerhand / Adlerklaue.

Ikken Hissatsu

Fazit Gojushiho

Die Evergreen-Kata

Chinte – Chinti - Chintei

Der Meister und seine Kata

Die Legende vom Meister, der nur die halbe Kata konnte.

Fazit Chinte.

Wie erforscht man eine Kata?

Sochin

Fazit Sochin

Meikyo – Rohai

Was ist Joshin-Kamae?

Warum sind Bo-Techniken für die heutige SV wichtig?

Fazit Meikyo

Wankan

Hasami Uke aus der Kata Nijushiho.

Tigermaul-Haltung Koko gamae; was ist das?

Fazit Wankan

Die Suche nach den Überlieferungen.

Jitte

Waffentechnik oder keine Waffentechnik?

Die unsichtbaren Waffen.

Der berühmte Stampftritt im Shotokan-Ryu

Fazit Jitte

Die Stil-Anpassungen der Kata und des Karate-Do

Ji'in

Was ist eine Funktionelle Kata?

Fazit Ji'in

Ringen, Greifen und Werfen, im alten Okinawa-Te

Tekki Nidan – Naihanchi Nidan

Die Naihanchi Stellung

Fazit - Tekki Nidan

Tekki Sandan – Naihanchi Sandan

Beide Arme bilden eine Einheit.

Die Bewegungslehre

Warum hat man den Kosa-Uke rausgenommen?

Fazit Tekki Sandan

Unsu

Die Mutation der Unsu

Die Geschichte der UNSU

Von der Sanchin zur Unsu

Die Cocktail-Kata.

Manchmal ist es nur eine Übung; kein Bunkai

Spektakulär oder Schwerpunkt?

Ein kleiner Abstecher zum Keito-Uchi

Des Kaisers neue Kleider

Die Schönheitschirurgen des Karate.

Mawashi-Uke in Sanchin-Dachi

Fazit Unsu

Schlusswort für beide Bände

Die Katze des Gurus

Anhang

Informationsquellen: Literatur

Internet:

YouTube

Danksagung

Ihr anderen werdet sicherer immerdar.

Ich werde fragender von Jahr zu Jahr.

Christian Morgenstern (1871 - 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Wer sich wirklich verbessern will, der muss immer das infrage stellen, was er gerade für richtig hält.

Vorwort

Dies ist die Fortsetzung von: „Effizientes Karate für Ü50“.

Hier werden nach und nach weitere Kata erforscht und für die Selbstverteidigung auf einem effizienten Weg so erklärt, dass jeder damit klar kommt. Das geschieht genau so, wie im ersten Teil erklärt wurde. Es gibt also weitere Beschreibungen der alten Okinawa-Kata, im Vergleich zu den neueren Kata unserer Zeit. Wobei es in erster Linie um Shotokan geht. Aber da es auch um die Wurzeln des Karate geht, werden auch immer wieder Shito-Ryu und andere verwandte Stilrichtungen mit einbezogen.

Ich kann einige Worte türkisch. Leider weiß ich nicht was sie bedeuten. Ich habe sie aber schon sehr oft geübt und kann sie akzentfrei aussprechen. ;-) Mit meinen Kata ist das anders; da bemühe ich mich auch zu verstehen was ich trainiere.

Als Karate in den Jahren nach 1920 nach Japan kam, wurde alles zu sehr versportlicht. Und es entstand eine Hierarchie, die nicht förderlich war.

Zu viele Karate-Köche haben den Brei verdorben.

Und niemand wagte es ihnen zu widersprechen. Es ist heute noch vielerorts regelrecht eine Glaubensfrage. Glauben, aber nicht fragen. Diese Einstellung bremste aber jede Entwicklung. Dazu kam noch, dass das Okinawa-Fundament immer mehr ignoriert und verdrängt wurde. Es wurde ein neues „Japanisches Fundament“ errichtet. In meinen Büchern gehen wir darauf ein, und finden den Weg zurück, als Karate noch eine Kunst der Selbstverteidigung war, die ohne Pokale und ohne besondere Akrobatik auskam. Allerdings geht es nicht ohne Dojo und nicht ohne Sensei. Niemand kann Karate nur aus einem Buch erlernen. Und da ist die Suche schwer; aber nicht unmöglich. Es gibt eine Menge Karate-Lehrer, die den Weg der SV, die ihre Wurzeln und das Fundament in Okinawa haben, gehen und unterrichten.

Dieses Buch - und der erste Band - muss man daher studieren; lesen alleine genügt nicht. Und man muss danach trainieren.

Viel Erfolg

Rüdiger Janson

Auf der Suche nach dem goldenen Gral des Karate

Wenn man Shotokan Karate als Beispiel nimmt, und entsprechend andere Stilrichtungen hinzu nimmt die ähnlich trainiert und unterrichtet werden, dann muss man die Veränderungen der Zeit analysieren und Irrtümer beschreiben. Solche Irrtümer sind im Denken und im Verständnis teilweise tief verankert und fest eingraviert. Trotzdem muss man sie ansprechen; wenn’s auch weh tut.

Zum Beispiel der Grundgedanke wie man eine Kata anfasst.

Kata-Wettkämpfe sind tatsächlich fürs Karate größtenteils unbedeutend. Bei der Kata kommt es auf andere Dinge an. Bevor man eine Kata, den heutigen Ansprüchen nach, "Schön" macht, sollte man sie erst einmal verstehen lernen. Das ist viel wichtiger.

Kata wurde im Laufe der Zeit mehr zur Choreographie. Eine gute Show und gute Akrobatik sind mittlerweile wichtiger als das Verständnis, die Bewegungsprinzipien und die Kampfkunstaspekte. Aber nicht das „WIE“, sondern das „WAS“ ist wichtig in einer Kata.

Die Frage die man sich daher stellen muss ist, wozu man einem Rhythmus in einer Kata braucht.

Man kann schon froh sein, wenn nach dem "schön machen“ der Versuch kommt, eine Kata auch zu verstehen. Das bleibt vielfach aus. Doch Rhythmus, Atmung, schnelle und langsame Bewegungen, schnelle Ausholbewegungen mit langsam ausgeführter Techniken in Verbindung mit der „richtigen“ Atmung; solche Dinge werden immer wieder bevorzugt unterrichtet. Richtige Fußstellung, richtige Körperhaltung biomechanisch richtig bewegen, optimaler Hüfteinsatz; all das wird immer wieder penibel durchgekaut bis ins kleinste Detail. Und das immer im richtigen Rhythmus.

Anmerkung: Nicht überall. Aber in wettkampforientierten Richtungen ist das oft so.

Na, da muss man ernsthaft fragen, wozu man einen Rhythmus braucht, in einer Kata. Eventuell für eine gemeinsame Vorführung in der Gruppe? Ja, dann sind wir wieder beim Gruppentanz. Wozu macht man die Kata in der Gruppe gemeinsam. Da wäre es doch besser, wenn sie jeder für sich alleine trainiert. Eine Gruppenanpassung hat nichts mit dem Sinn der Kata zu tun.

Um das alles zu beantworten und wirklich zu verstehen, müssen wir uns zwei Punkte vorstellen, mit denen man an die Kata heran geht.

Punkt 1

Man konzentriert sich ganz auf die Kata. Dass Kata auch immer schon mit Tänzen in Verbindung gebracht wurden, ist bekannt. Wenn man also den Rhythmus als geistigen Ausgangspunkt nimmt, dann schaltet man den Sinn der Technik vollkommen aus. Denn der Sinn der Technik muss zum Tanz und zum Rhythmus passen. Und da ist das „WIE“ wichtiger als das „WAS“ und das „WARUM“. Aber es sollte eigentlich umgekehrt sein.

Punkt 2

Man konzentriert sich auf die Technik und auf das WAS man macht, und WARUM man es macht. Der Rhythmus ist egal; denn im Kampf gibt es keinen Rhythmus. Jede Technik muss von ihrer Basis her, erst langsam und intensiv trainiert werden. Dann schneller und immer mit der Vorstellung WAS man WARUM macht. Das WIE, ist erst einmal eine Grundlage die man vom Meister zu Beginn lernt. Dann aber muss man dem Schüler das WIE auch selbst überlassen. Und genau das ist der Punkt, der so wichtig ist. Denn das lässt man sehr oft nicht zu. Ein Schüler ist vielleicht effektiver und effizienter, wenn er die Technik auf sich selbst zurechtlegt. Das wird aber - wegen Punkt 1 – oft als „FALSCH“ bezeichnet.

Also, wozu braucht man in der Kata einen Rhythmus, wenn alle Techniken gleichwertig geübt und trainiert werden müssen, und wenn man sie unterschiedlich im Kata-Training zur Übung mit anderen Techniken verbinden kann? Der „Kampf-Rhythmus“ - wenn man diesen Ausdruck einmal verwenden darf – der ergibt sich dann schon, wenn man mit Partner übt, und wenn man verstanden hat worum es geht. Das muss man aber nicht unbedingt kampfmäßig in der Kata praktizieren. Besser man trainiert die Techniken einzeln und in Kombinationen gemischt.

Aber sehr oft wird die Kata nur wie ein Tanz gelaufen.

Das ist meiner eigenen Ansicht nach der Grund, warum einige alte Okinawa-Kata anders aussehen, als die Kata die wir in unserer Karate-Welt oftmals sehen.

Mag sein, dass unsere Wettkampf-Kata schöner sind. Darauf können wir uns auch etwas einbilden. Aber sie sind vollkommen uninteressant für das eigentliche Kata-Training.

Das mag zwar provokant klingen: Aber an dieser Stelle muss ich bemerken, dass eine Kata keinen genau festgelegten Rhythmus braucht, wenn man den Sinn verstanden hat, und demnach trainiert. Denn dann ist der Rhythmus frei. Man kann ihn nach seinen eigenen „Trainings-Bedürfnissen“ frei anpassen und frei wählen.

Das bedeutet, dass zu viele Dinge genau festgelegt wurden, die man prüfen und bewerten kann. Fraglich ist nur, ob diese Dinge wirklich wichtig sind. Denn die Kata wurden nicht gemacht, um Prüfungen zu bestehen oder Wettkämpfe zu gewinnen. Sie wurde aber dazu hochgepuscht.

Eine Kata ist KEIN Kampf gegen imaginäre Gegner. Sie wurde auch nicht für theatralische Showaufführungen entwickelt.

Die Kata wurden entwickelt um Techniken zu lernen, sie zu verstehen, zu vergleichen, zu perfektionieren und um ein Trainingskonzept zu entwickeln.

Nur wenn man das erkennt, kann man den goldenen Gral des Karate finden.

Die Gemeinsamkeiten aller Kampfkünste

Immer wieder sucht man in den verschiedensten Kampfkünsten nach einer schnell zu erlernenden Selbstverteidigung, oder nach irgendwelchen geheimen Techniken, oder nach einem Bunkai-Code. Aber wenn man verstanden hat worum es geht, erübrigt sich diese Suche. Alle Kampfkünste unterliegen der gleichen Bewegungs-Grundlage. Im ersten Teil dieser Buchreihe habe ich bereits die Kreisbewegungen erwähnt. Und ich brachte es auch immer mit Jonglieren lernen und Koordination in Verbindung.

Hierzu eine kleine Übung.

Grundübung Nr.1:

Machen Sie mit beiden Armen eine Kreisbewegung frontal vor der Brust von unten nach oben und außen herunter. Ähnlich wie zu Beginn der Kanku-Dai. Und dann auch wieder entgegengesetzt. Ähnlich wie am Ende der Kanku-Dai. Machen Sie diese Übung auch 45° und 90° nach den Seiten. Machen Sie auch kleinere Kreise. Und auch langsam. Diese Übung kann man auch zwischendurch mit nur einem Arm trainieren.

Grundübung Nr.2:

Nun machen sie diese Kreisbewegungen mit beiden Armen gleichzeitig in dieselbe Richtung. Also beidarmig mit dem Uhrzeigersinn, und beidarmig entgegen den Uhrzeigersinn. Machen Sie sehr große bis zu sehr kleinen Kreisbewegungen! Und auch wieder frontal und seitlich. (45° und 90°)

Mittelstufenübung Nr1:

Nun trainiert man die erste Grundübung mit einem Arm zuerst, dann zieht man den anderen Arm nach; also zeitversetzt. Beginnen Sie die Übung auch abwechselnd mit dem anderen Arm.

Mittelstufenübung Nr2:

Nun trainiert man die zweite Grundübung ebenfalls zeitversetzt, auf die gleiche Weise wie die erste Mittelstufenübung. Sie bewegen hier aber beide Arme im gleichen Urzeigersinn. Also beide entgegen dem Uhrzeigersinn, oder mit dem Uhrzeigersinn.

Fortgeschrittenenübung Nr.1:

Trainieren Sie die vier ersten Stufen und erkennen Sie Abwehrtechniken, die Sie, aus diesen Kreisbewegungen heraus, machen können.

Fortgeschrittenenübung Nr.2:

Versuchen Sie ab hier Techniken aus den Kata zu finden, die vom Bewegungsprinzip zu den Übungen passen! Versuchen Sie zu den Techniken auch Konter hinzuzufügen. (Auch schnell oder sogar, wenn möglich, zeitgleich.)

Übungen für Meister Nr.1:

Versuchen Sie auf diesem Prinzip mehrere Techniken fließend miteinander zu verbinden und entsprechend Konter einzubauen.

Erkennen Sie die grundlegenden Gemeinsamkeiten aller Techniken und Kombinationen! Erkennen Sie die Gemeinsamkeit der Techniken aus dem Bewegungsprinzip. Üben Sie fließende Bewegungen und fließende Techniken. Üben Sie die Koordination der Bewegung! Mit dieser Koordination können Sie ihre fließenden Techniken steuern und in Einklang bringen. Erkennen Sie folgende Gemeinsamkeiten der Kata-Techniken, und teilen sie diese in die wenigen grundlegenden Bewegungsprinzipien ein.

Doppelblock (oder Block mit Konter) von innen kommend. Z.B. wie Kakiwake-Uke oder auch Juji-Uke-Jodan. (Auch seitlich trainieren und weiter führen, 45° und 90°! Denken Sie auch an die Heian Godan oder die Gangaku!)Doppelblock mit beiden Armen in die gleiche Richtung. Natürlich immer mit weiterführender Kombination. (Auch seitlich trainieren und weiter führen, 45° und 90°! Versuchen Sie wirklich alle Möglichkeiten zu finden! Es sind mehr als man am Anfang denkt.)Doppelblock von oben nach unten. (Auch seitlich trainieren! 45° und 90°)Block und Konter über Kreuz. (Konter über oder unter dem Block) (Auch seitlich trainieren! 45° und 90°)Üben Sie beidhändige Techniken von außen nach innen und von innen nach außen.

Übungen für Meister Nr.2

Beginnen Sie wieder von vorne! Bei der Grundübung 1. Verbessern sie sich in allen Punkten und bauen sie diese nach eigenem Verständnis immer weiter aus. Experimentieren Sie! Seien Sie immer mehr kreativ.

Wenn man die etwas mehr als dreißig Kata betrachtet, die wir üben, wird man erkennen, dass sie im Wesentlichen lediglich Variationen von nur einer Handvoll sind. Gichin Funakoshi, Zitat aus dem Buch Karate-Do Nyumon.

Am Anfang wird es ihnen noch etwas schwer fallen, diese Übungen kreativ technisch und vielfältig mit den Kata-Techniken zu verbinden. Aber glauben Sie; es wird mit der Zeit immer besser. Sie werden sehen! Experimentieren Sie mit diesen Übungen immer weiter!

Sie werden erkennen, dass es keine zehntausend Karate-Techniken gibt. Vom Prinzip der Bewegung, sind es nur wenige. Das wurde bereits im Buch: „Der vergessene Weg des Karate“ beschrieben. Denken Sie an den Kreis! Wenn Sie von Hand einen Kreis malen, dann sieht kein Kreis aus wie der Andere. Und doch sind es alles Kreise. Es bringt uns aber nicht weiter, wenn wir diese Kreise perfektionieren wollen; so dass sie alle gleich aussehen. Die Karate-Techniken gehen nach außen, nach innen, nach unten oder nach oben. Hier immer wieder auf die Perfektion der Unterschiede zu pochen, bringt niemanden ans Ziel. Lasst die Kreise, Kreise sein. Lasst die Vierecke, Vierecke sein. Und die Dreiecke, Dreiecke. Wenn man sie malt, sehen sie alle etwas anders aus, aber sie sind im Prinzip der Bewegung alle gleich. Wer das erkennt, der erkennt auch, dass es keine tausende unterschiedliche Techniken gibt.

Und wie es mit diesen Übungen weiter geht erfahren Sie, nachdem wir die nächste Kata erforscht haben. Dann kommen wir noch einmal auf diese Übungen zurück.

Kreisbewegungen in der Kampfkunst

Ich habe einmal ein kleines Video gemacht in dem ich die oben beschriebenen Übungen zeige, die ich seit neuestem täglich zuhause mache. Allerdings wird nicht jeder einen Bezug dazu finden. Ich habe selbst viele Jahre gebraucht, um das zu ergründen und zu finden.

Bei der Produktion dieses Videos habe ich selbst erst damit angefangen, und der Ablauf musste daher noch etwas bearbeitet und erweitert werden.

Mir ist klar, dass nicht jeder einen Bezug dazu findet. Ich habe selbst lange gebraucht, um den Weg aus der "Bunkai-Show" zu finden. Der Körper muss Bewegungen lernen. Das ist bei jedem Handwerk so. Kata werden heute aber nur wie genau festgelegte Tänze gemacht. Und auch die Bunkai-Vorführungen laufen wie eine genau festgelegte Show ab. Man nennt das dann: "Anzustrebende technische Perfektion". Aber wo sind die freien Bewegungen? Man kann eine genau festgelegte Choreografie tanzen, oder eben sich eben nach Gefühl bewegen. Jede Bewegung die ihr im Video seht, ist nur grob vorgeplant. Sie ist vorher nicht extra genau festgelegt. Und sie funktioniert nur mit dem Gedanken der Verteidigung. Man kann diese Kata also jedes Mal nach Gefühl selbst gestalten, während man sie macht. Im Handwerk kann man niemals jede Bewegung als "genau festgelegte Technik" erlernen, die man in seinem ganzen Handwerkerleben einmal braucht. Man lernt "das Werkeln der Hände" indem man die Hände (den Körper) lernen lässt. Was ich hier zeige sind also genau genommen keine festgelegten Techniken. Es sind Bewegungen die zwar aus der "Kata-Erfahrung" stammen. Aber sie sind im Moment ihrer Entstehung frei. Es sind Bewegungsübungen, die nur auf einem grundlegend groben Konzept bestehen. Und nochmal: Es wird bei Weitem nicht jeder einen Bezug zu diesen Übungen finden. Aber vielleicht irgendwann einmal.

Hier geht es zum Video zu diesem Thema:

youtu.be/aL-RrPgdtDA

Nun erkennt man, dass man „das“ für sich selbst trainieren muss, was uns nützt und was wir „Verdauen“ können. Unnötigen Ballast, den wir zwar für die Prüfung brauchen, den wir aber in unserem Inneren nicht „verdauen können“, lassen wir weg. Wir gehen auf Entdeckungsreise, und fügen für uns das hinzu, was wir selbst verstehen und erkennen können. Das was uns nützt und was wir erkennen und umsetzen können, das trainieren wir immerzu. Nur so, kann das Unterbewusstsein im Ernstfall schnell reagieren.

Mache in der Kata niemals eine Technik, ohne dich gedanklich wirklich zu verteidigen oder einen Trainingssinn darin zu erkennen.

Mache niemals den Vorzug "Schön" vor dem WAS und WARUM.

Karate kann man nur erlernen, wenn man Bewegungen erlernt, miteinander kombiniert, neue Bewegungen entdeckt und immer geschickter im Kombinieren wird. Wenn man sich extrem exzessiv an ein paar standardisierten Grundtechniken hochzieht, wird man niemals Karate erlernen. Man glaubt nur man hätte es erlernt; weil man Prüfungen bestanden hat, die aber auf dem gleichen Irrtum aufgebaut sind.

Fließende Bewegungen und fließende Übergänge

Da wir im Karate - in den meisten Stilrichtungen - nur „isolierte Basis Techniken mit Einrasten-Funktion und geparkter anderer Hand an der Hüfte“ haben, und das auch vehement trainieren, sind fließende Bewegungen und fließende Übergänge so gut wie gar nicht verbreitet. Sie sind aber da. Man muss sie nur finden.

Wenn aber eine der beiden Hände immer erst auf dem Parkplatz zurückfährt, kann ein fließender Verkehr auf kürzesten Wegen „der beiden Taxen“ nicht gewährleistet werden. Ja, stellen Sie sich vor, ein Taxiunternehmen verlangt von seinen Fahrern, dass sie nach jeder Tour erst zurück zur Zentrale fahren, bevor sie den nächsten Kunden abholen. Das macht niemand, würden sie sagen. Im Karate ist das aber so. Man rechtfertigt es mit Hikite. Aber Hikite ist weit mehr, als nur „Hand an die Hüfte zurückziehen“.

Um das aber zu verstehen und zu erkennen, müssen solche Übungen wie oben beschrieben, wirklich durchgeführt werden; sonst kommt man nicht drauf.

Es gibt enorme Denkfehler, die mit allem intellektuellem Eifer und Erfindungsgeist verteidigt werden. Darum wird es jedes Mal unangenehm, wenn ich diesen Punkt erwähne.

Man spricht in vielen Stilrichtungen – insbesondere im Shotokan – von weit ausladenden Ausholbewegungen, die vor der eigentlichen Technik erst einmal gemacht werden müssen. Um das dann zu rechtfertigen erfindet man oft, in diesen Ausholbewegungen, eigene Abwehrtechniken, die sogar hin und wieder als „geheime und versteckte Okinawa-Techniken oder als Bunkai-Code“ bezeichnet werden. Besonders lustige Leute behaupten noch, dass die eigentliche Abwehr in den weiten Ausholbewegungen liegt, und die Abwehr selbst, eigentlich ein Angriff (Konter) ist. Also, ab hier kann ich nicht mehr folgen. Jetzt wird es zu bizarr.

Eine Abwehr ist eine Abwehr und eine Kontertechnik ist eine Kontertechnik. Und das, wenn möglich, beides gleichzeitig oder extrem schnell folgend. Alles Andere ist für den Spaß Comedy Club.

Mit Sicherheit gibt es hin und wieder kleinere Ausholbewegungen, die extrem schnell und sehr kurz gemacht werden. Weite Bewegungen gibt es auch. Das ist aber alles nur situationsbedingt und alles Andere als Standard.

Wenn Sie aber diese Kreisbewegungen mit dem „Technik-Gedanken“ trainieren, dann werden Sie erkennen, dass es im wahren Kampf keine weit ausholende Bewegungen, oder „geheime Okinawa-Techniken“ gibt; es sind nur fließende Bewegungen und fließende Übergänge. Eine Technik fließt zur anderen; und zwar ohne große Umwege. Und das möglichst mit beiden Armen am Gegner. Nehmen Sie um Himmelswillen die Hand von der Hüfte. Arbeiten Sie immer mit beiden Armen am Gegner. Alles andere ist Anfänger-Grundschule.

Dieses fortgeschrittene Karate (fließend beidarmige Übergänge mit entsprechenden Kombinationen) werden aber derzeit so gut wie gar nicht, oder eher selten, oder nur vereinzelt trainiert. (Einige „Okinawa-nahe“ Stilrichtungen ausgenommen) Extra weite Ausholbewegungen kann man machen, wenn man die Zeit dazu hat. Und die haben Sie nur dann, wenn der Gegner angeschlagen ist.

Sie werden erkennen, dass es nur fließende Bewegungen gibt; die mit wirkungsvollen Kontertechniken abgeschlossen werden. Und Sie werden erkennen, wie Sie ihre Schnelligkeit trainieren müssen.

Wenn wir uns also hier auf einem höheren Niveau befinden, liebe Ü50-Karateka, dann sollten Sie diese Übungen und die fließenden Übergänge erkennen und trainieren.

Die Sängerin und der Karateka

Um dieses Kapitel noch weiter zu ergänzen, müssen wir in eine Talentshow abwandern.

In einer solchen Show ist einmal eine Sängerin aufgetreten, die musiktechnisch perfekt war. Jeder Musiklehrer wäre überzeugt und überaus zufrieden gewesen: warum war es die Jury nicht?

Ein bekannter und berühmter Juror meinte nach dem Song, dass das zwar perfekt vorgetragen war, dass man aber selbst den Song spüren muss, wenn man ihn vorsingt. Einen Song vorzusingen den man nicht spürt oder vielleicht sogar gar nicht mag, kann man niemals überzeugend rüber bringen. Da kann man technisch so perfekt sein wie man will.

Genau so verhielt es sich in einer Science Fiktion Serie, als ein Androide den Kapitän fragte warum er glaubt, dass das Publikum nicht zufrieden ist mit seinem Geigenspiel. Der Kapitän versuchte ihm dann zu erklären, dass die beste Perfektion niemals die Variationen des Gefühls ersetzen kann.

Auf Karate bezogen, muss man das ähnlich sehen. Standardisierte Techniken, sind wie Musiknoten auf dem Papier. Nur mit dem Unterschied, dass man mit Musiknoten nahezu alles festlegen kann, was Musik betrifft. Das kann man mit Karate-Techniken niemals. Man kann niemals die Vielfalt oder das Chaos eines Kampfes vorherberechnen und festlegen.

In dem Bestreben perfekt zu sein, schalten wir mitunter das aus, was uns von Natur aus gegeben ist; unser Gefühl, unsere Kreativität und die Variationen der freien eigenen technischen Gestaltung.

Was der strenge Musiklehrer als Fehler anmahnt, weil auf dem Notenblatt eine Viertelpause steht, erkennt der Zuhörer als gefühlvolle freie Gestaltung eines Liedes.

Was uns immer wieder die Frage stellen lässt, was richtig und was falsch ist. Viele Karate-Lehrer verhalten sich wie Musik- oder Tanzlehrer, die keine Abweichung zulassen und das dann sofort als „FALSCH“ bezeichnen.

Im Karate werden solche „Viertelpausen“ auch hin und wieder - von vielen entsprechend einflussreichen Lehrern - einfach eingefügt, beliebig geändert und unabwendbar festgelegt. Fortan ist alles falsch, was sich anders verhält. Nur sie haben Recht und Ahnung.

Solche Dinge kann man dann prüfen, und auch schon mal jemanden durchfallen lassen.

Ist das „Do“? Ist das der Weg des Karate? Vielleicht ist es etwas, was uns irgendwo in die Wiege gelegt ist: Der Drang perfekt zu sein.

Und es ist ein Drang, andere zu dieser Perfektion zu zwingen. Doch in der Talentshow kam diese Perfektion nicht so gut an. Sie war seelenlos und kreativlos. In den Kreisen der Sängerin wird man dann aber eher behaupten, dass die Juroren keine Ahnung haben, und dass sie viel schlechtere Sänger durchließen.

Dieser Wille zur Perfektion, schaltet oftmals das WAS und das WARUM aus. Nur noch das WIE zählt. Das ist genau so, wie bei der perfekten Sängerin, die genau und exakt nach dem Notenblatt singen konnte.

Wenn man bedenkt, dass in einem freien wirklich ernsten Kampf, das Unterbewusstsein reagiert, dann muss man sich die Frage stellen, ob man es mit der Perfektion nicht etwas übertrieben hat. Denn die freie Variation, die Koordination, die Motorik, all das ist uns seit Jahrmillionen in die Wiege gelegt. Dies gilt es zu gestalten und zu fördern.

Dann klappt es auch mit dem richtigen Gefühl. Denn auch im Karate muss ein Schüler von seiner Technik selbst überzeugt sein. Die Technik perfekt nachzuahmen, wird ihn niemals ans Ziel bringen.

Vielleicht habe ich mich in diesem Abschnitt etwas oft wiederholt; aber es ist nun mal wichtig.

Und nehmen Sie die Hand aus der Hüfte! Kämpfen Sie immer mit beiden Händen am Gegner.

Kanku-Sho - Kusanku-Sho

Die Kanku-Sho ist eine Kata, die keinen Ursprung im alten China hat. Wenn man den Überlieferungen Glauben schenken darf, dann hat Yasutsune Itosu die Kata aus der Kanku-Dai heraus geschaffen. Es war in Okinawa durchaus üblich, dass man die Schrittfolge einer Kata nutzte, um auch andere Techniken zu trainieren, die dazu passten. Dass Überlieferungen, Berichte, Artikel und Bücher nicht alle stimmen müssen, erkennt man immer wieder an gewissen Details. So wird auch immer wieder behauptet, Itosu hätte auch auf die gleiche Weise aus der Passai die Bassai-Dai und die Bassai-Sho geschaffen. Dass diese immer wiederkehrende Behauptung stark angezweifelt werden kann, kommen wir, wenn wir uns mit der Bassai-Sho beschäftigen.

Wir müssen jetzt nicht genau recherchieren, wie die Kanku-Sho ins Shotokan kam. Wichtig sind die einzelnen Linien, die von Itosu weg führen.

Chosin Chibana – Kusanku-Sho

KANKU SHO - OKINAWA SHIDOKAN

Mabuni Kenwa Shito Ryu – Kosokun-Sho

Funakoshi Gichin und Yoshitaka - Kanku-Sho

Kanku-Sho Technik 1 – 3

Die ersten drei Bewegungen sind eigentlich unspektakulär. Doch alleine die Rückwärtsbewegung nach links, nach rechts und in die Nördliche Richtung, mit Morote-uchi-uke zu Beginn der Kata, ist für „Shotokan-Verhältnisse“ schon etwas Besonderes. Man könnte also bei der „unspektakulären“ Übung bleiben. Doch man muss dann aber erst erwähnen, dass das nur Abwehr-Übungen sind, die keinen Angriff beenden. Also eben nur Abwehr-Übungen in verschiedene Richtungen. Wenn man will, kann man als abschließende Bunkai-Übung ja irgendeinen Konter anhängen. Aber offenbar geht es hier erst einmal nur um die Abwehrübung. Und diese Abwehrübung ist bekanntlich immer nur eine halbe Technik.

Dass der Morote-uchi-uke eine vielseitige Technik sein kann, wenn man ihn vom engen Korsett befreit, dürfte inzwischen auch klar sein.

Aber nun haben wir das erste Problem. Hier wurde schon etwas gewaltig missverstanden. Eigentlich kann man nur etwas missverstehen, wenn man überhaupt etwas versteht. Aber je mehr man sich mit den Okinawa-Kata beschäftigt, umso deutlicher wird, dass den ersten Karatepionieren in den japanischen Gründerjahren vieles gezeigt, aber so gut wie nichts richtig erklärt wurde.

Erst einmal werden in den Kusanku-Sho Kata die ersten Techniken in Neko-ashi-dachi gemacht. Diese Stellung ist generell immer wieder durch einen Kokutsu-dachi ersetzt worden. Man muss aber eventuellen Kritikern dieser Neko-ashi-dachi Stellung sagen, dass das nur eine „Sekunden-Kampfstellung“ ist. Außerdem wird sie oftmals etwas anders gemacht, wie wir sie heute kennen. Manchmal sieht es aus, wie eine Mischung aus Kokutsu-Dachi und Neko-ashi-dachi. Das ist so, weil die Kata damals nicht alle zu einer einzigen Stilrichtung gehörten, sondern von der Wurzel her unterschiedlich behandelt wurden. Eine einzige absolute Standardisierung hat es erst in späteren japanischen Karate-Zeiten gegeben. Eine Kata stand damals also für sich alleine.

Aber viel wichtiger an der Stelle ist die dritte Technik; denn das ist kein Morote-uchi-uke in Kokutsu-dachi, sondern einfach nur ein Uchi-uke in Neko-ashi-dachi.

Womit wir bei der nächsten Technikfolge sind. Denn der Uchi-uke gehört bereits dazu.

Kanku-Sho Technik 4 – 6

Es folgt ein Oi-Zuki in einem etwas höheren Zenkutsu-dachi. Und dann ein Uchi-uke in Neko-ashi-dachi. Das ist genau die gleiche Uchi-uke-Technik wie eben auch.

Man hat also drei Uchi-uke Techniken und drei Oi-Zuki Techniken.

Diese Wechsel zwischen Zuki und Uchi-uke kommen in den Kata öfter vor. Zum Beispiel in der Kanku-Dai und der Bassai-Dai. In den Okinawa-Versionen erkennt man sie öfter. Es gibt sie mit Gyaku-Zuki auch schon in der Heian Nidan (Pinan Shodan).

Diese schnellen Wechsel zwischen Verteidigung und Angriff mit dem gleichen Arm, (anschließend Kizami-Zuki) oder mit schnellem Schrittwechsel aus Neko-ashi-dachi heraus, oder aus Morote-Uchi-Uke mit dem hinteren Arm weiter angreifen (Gyaku-Zuki), sind im Okinawa-Karate völlig normal und oft vertreten. Egal wie; aber Abwehr und Konter sind eins.

Leider wurde das nicht verstanden und in der Kanku-Sho entsprechend „verschlechtert“.

Hier muss für uns Ü50 wiederum klar sein, dass eine Abwehrtechnik niemals für sich alleine steht, sondern nur als Teil einer Kontertechnik wirken kann. Daher ist es wichtig, diese Stelle wirklich bewusst zu üben. Abwehr und Konter mit schnellem Schrittwechsel.

Im Shito-Ryu hat man zwar den ersten identischen Uchi-Uke nicht gemacht, sondern ebenfalls ein Morote-uchi-uke in Neko-ashi-dachi. Aber die anderen Uchi-uke zwischen den Oi-Zuki sind deutlich zu erkennen, und wechseln ebenfalls von Zenkutsu-Dachi in Neko-ashidachi.

Nun wird auch klar, was man mit den Techniken Nummer 1 bis 6 trainieren wollte.

Mit beiden Händen am Gegner agieren. Bei den ersten beiden Morote-Uchi-Uke in der Kushanku-Sho werden Richtungswechsel und Technik trainiert. Dann folgen Basisübungen. Zusammen ergibt das eine schnelle Reaktion aus einer beidhändigen Abwehr (Morote-Uchi-Uke) heraus, zum schnellen Konter. Dieser Morote-Uchi-Uke fällt in die Kategorie: Beide Hände am Gegner, wie Kakiwake-Uke oder Juji-Uke. Aus diesen Abwehren erfolgen dann sehr schnelle Konter.

Man findet dieses Kampfkonzept in ähnlichen Formen immer wieder in den Kata. Schon in der Heian-Yondan sind sie vorhanden. Kakiwake-Uke, Mae-Geri und Renzuki.

Das System ist immer wieder von der Grundlage her gleich.

Aber was hat man im Shotokan daraus gemacht?

Eine Stilrichtung kann nur so gut sein, wie die Gründer es verstanden haben, und die Nachfolger es weiter geben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klar stellen, dass ich Shotokan nicht schlecht reden will, mit dieser Arbeit. Aber Kritik muss erlaubt sein. Und nur wer seine Fehler erkennt und auch akzeptiert, kann mit ihnen wachsen.

Im Shotokan hat man diese immer wiederkehrenden Wechsel zwischen Verteidigung und Konter, und die Gemeinsamkeiten mit ähnlichen Techniken, nicht erkannt.

Man macht KEINEN Uchi-Uke an der Stelle. Man zieht nur den Arm etwas zurück und dreht ihn um. Das ist dann alles andere als ein Uchiuke. Mir hat man einmal gesagt, als ich an der Stelle einen Uchi-uke machte, dass man auf einem Lehrgang erfahren hat, dass das falsch sei.

„Aber was macht man da“, war meine Frage. Die Antwort lautete wie immer: „Jemand greift dich am Handgelenk. Du drehst den Arm um und befreist dich so aus der Handgelenkumklammerung.“

Und das ist die Standard-Erklärung, die seit Jahrzehnten durch die Dojos geistert. Ich muss hier einmal so hart sein. Denn die Wahrheit tut manchmal weh. Und ich könnte mich schütteln vor meiner gefühlten Resignation.

Ein altes arabisches Sprichwort sagt: Man muss immer einen Fuß im Steigbügel haben, wenn man die Wahrheit ausspricht.

Ein altes Indianisches Sprichwort sagt:

Wenn zwei Falken auf einem Baum sitzen und ein Schwarm Wildenten fliegt vorbei, dann sagt auch nicht ein Falke zum anderen: "Schau, da fliegt die Mehrheit, das muss der richtige Weg sein, schließen wir uns an!" Sie werden weiterhin als Falken dem Weg der Falken folgen. Ph. Deere

Quelle: http://hantayo.at/indianische-weisheiten/

Eine wichtige Zwischenbemerkung: Trainieren Sie diese Kata-Kombinationen und Kata-Techniken nicht nach dem „Bunkai-Gedanken“! Das brauchen Sie nur, wenn Sie die Kata „Laufen“. Trainieren Sie die Techniken so, als wenn Sie im Ernstfall von einem üblen Schläger bedroht werden. Also nicht gegen einen langen Oi-Zuki Angriff. Das sind Kinderschuhe; und da sind wir längst raus gewachsen.

Kanku-Sho Technik 7

Soete-kake-dori oder (Ryosho, Shō) Tsukami-uke

Es folgt eine Wendung in die rückwertig südliche Richtung mit Soetekake-dori oder auch oft Tsukami-uke genannt.

Wir hatten bereits dieses Thema im ersten Buch im Kapitel „Wir ändern unsere Taktik“. Es gibt diese Technik in der Bassai-Dai, der Bassai-Sho und der Kanku-Sho.

In der Bassai-Dai wird die helfende Hand nur am „Greifenden Arm“ leicht angelegt (berührt); oder manchmal auch gar nicht berührt. In der Bassai-Sho wird die helfende Hand auf das Handgelenk des greifenden Armes flach aufgelegt. In der Kanku-Sho umschließt die helfende Hand das Handgelenk.

Das sind die Mauern des Labyrinths, die wir selbst hoch ziehen. Wenn man eine solche Technik erkennt, dann sollte man alle nur denkbar passenden Möglichkeiten so trainieren, dass sie in einer entsprechenden Bedrohung – ob hart oder eher harmlos – passen. Nur dann trainiert man Kata. Und nur dann ist es egal ob man fünf Kata trainiert oder 27; wie im Shotokan. Es sind im Grunde genommen nur „Variationen einer Handvoll“. Das sagte schon Gichin Funakoshi.

Die anschließenden Fuß- und Greiftechniken sind in den Kata penibel genau festgelegt. Es ist nicht egal wie und wohin man den Arm des Gegners zieht. Man sollte das nicht mit einer Schablone, sondern mit einem Partner probieren. Nur so kann der Körper die Bewegungen erlernen.

Wichtig an der Stelle ist, solche Techniken immer wieder so zu trainieren, dass man sie auch versteht, fühlt und verinnerlichen kann. Nur dann sollte man weiter machen.

Wie man sie für eine Prüfung macht, sollte ihnen niemals genügen.

Denn das WIE ersetzt niemals das WAS und das WARUM.

Interessant: Bei der Kushanku-Sho steht man nicht im tiefen Zenkutsu-Dachi, sondern in einer hohen L-Stellung. Diese Stellung wird jedoch hier anders gemacht. Der hintere Fuß zeigt gerade nach vorne; der vordere Fuß steht meist quer. Es gibt auch Versionen, bei denen hier mehr ein Neko-Ashi-Dachi gemacht wird. Im Shito Ryu steht man in einer hohen Zenkutsu-Dachi Stellung.

Kanku-Sho Technik 8 - 10

Die nun folgende Kombination ist auch ein Bestandteil aus der Kanku-Dai, Technik 38 - 41. Die vorherige Technik 37 ist von der Armtechnik etwas anders, die folgende Kombination ist aber im Prinzip die Gleiche.

Es folgt eine Greif- und eine Ziehbewegung, (Tsukami-Uke) die an der rechten Hüfte endet. Diese Technik wird zusammen mit einem Mae-Geri gemacht. (Diesmal kein Gedan-Yoko-Geri-Kekomi, wie in der Bassai Dai und der Bassai Sho.)

Dann folgt ein Kosa-Dachi mit Uraken. Weiter wird der linke Fuß in Zenkutsu-Dachi zurückgesetzt mit Uchi-Uke und Renzuki.

Im Grunde genommen überlaufen wir wieder einmal viel zu oft solche Techniken. Sie taucht ja auch schon in der Heian Yondan auf. Der Tritt in den unteren Bereich des Gegners hat in der Regel zur Folge, dass der Gegner reflexartig die Hände zum Schutz nach unten schlägt. Dann donnert der Tate-Uraken-Uchi (Faustrücken-Schlag von oben) herein. Eine verheerende Technik. Diese Technik wird uns noch öfter begegnen. Zum Beispiel in der Gojushiho-Sho und Dai. Für uns Ü50 ist es sehr wichtig, dass - wenn wir technisch besser werden wollen – solche Gemeinsamkeiten aus anderen Kata erkennen. Denn sie unterliegen dem Gemeinamen Bewegungsprinzip.

Der folgende Uchi-Uke in Zenkutsu-Dachi mit Zweifach Fauststoß ist in etwa gleich wie in den anderen Kushanku-Sho Kata, oder der Kanku-Dai.

Kushanku-Sho Unterschied: Die Technik wird nicht im tiefen Zenkutsu-Dachi gemacht, sondern wieder in einer höheren Stellung, Neko-Ashi-Dachi.

Kanku-Sho, Technik 11 + 12

Wendung in nördliche Richtung zu Kokutsu-Dachi mit Gedan-Barai links und Uchi-Uke rechts. Man nennt diese Technik auch Kasui-Ken.

Dann den linken Fuß langsam zurückziehen. (wie in Kanku-Dai Technik 20 und 25) Mit langsam ausgeführten Gedan-Barai.

Nun müssen wir uns die Kushanku-Sho, Technik 11 + 12 einmal etwas näher ansehen. Denn das wird dort etwas anders gemacht. Erst einmal ist es dort kein Kasui-Ken, den man macht, sondern ein Okinawa Manji-Uke; wie am Ende der Pinan Godan. Aus dieser Stellung kommen wir exakt bei Technik 3 der Heian Shodan (Okinawa Pinan Nidan) an. Die Kreisbewegung mit dem Hammerfaustschlag, mit Zurückziehen des vorderen Fußes. Nur wird es hier mit dem linken Arm gemacht. In der Pinan (Heian) Kata macht man diese Kreisbewegung mit dem Hammerfaustschlag, mit dem rechten Arm.

In der späteren Heian Shodan ist das Zurückziehen kaum noch vorhanden. Dort geht man mit dem Hammerfaustschlag direkt zum tiefen Zenkutsu-Dachi über.

Man bleibt in der Kushanku-Sho in der höheren L-Stellung, und macht anschließend einen Gyaku-Zuki.

In der Kanku-Sho zieht man an der Stelle ja nur den vorderen Fuß langsam, mit einem langsam ausgeführten Gedan-Barai, heran. Was im Vergleich zur Kushanku-Sho, wirklich sinnlos wirkt.

An solchen Stellen frage ich mich immer wieder, warum man im Shotokan so eine schöne und gute Technik nicht so gelassen hat wie sie war.

Kanku-Sho, Technik 13 + 18

Die gleiche Kombination wie 7 – 12, mit Endstellung Technik 18 mit Blick südlich.

Kanku-Sho, Technik 19 - 22

Wendung nach links östlich zu Kokutsu-Dachi - Körperrichtung südlich - mit Gedan-Barai und Jodan-Uchi-Uke (Manji-Uke). Dann Nachgleiten in Kiba-Dachi mit Morote-Zuki. Ebenso in die andere Richtung.

Hier muss ich bemerken, dass ich mich bei der Shotokan-Version nie so richtig wohl gefühlt habe. Der Grund ist die Richtung des Körpers und die Seitliche Aktion der Technik.

In den meisten Stilrichtungen Okinawas, erkennt man eine etwas frontalere Stellung zum Gegner. Den vorherigen Manji-Uke findet man gar nicht.

Ich gebe einmal ein paar Suchbegriffe, mit denen man einige Okinawa-Versionen sehen kann.

(kushanku) KANKU SHO - OKINAWA SHIDOKAN

Kusanku Sho - Yasuhiro Uema Sensei

Kosokun Sho - International Hayashi-Ha Shito-Ryu

Luis Aguilar - Kosokun sho - USA Open 2012

Man erkennt das Grundprinzip der Begegnungen. Es folgen Abwehrtechniken nach unten und beidarmige Konter, die wegen der frontaleren Neko-Ashi-Dachi Stellung einleuchtender sind. Diese Technik ist vom Prinzip des Kampfes her wesentlich einleuchtender und auch daher besser zu trainieren. Denn wer kocht schon gerne ein Essen, das er selbst nicht mag. Die Okinawa-Version aber kann man mögen; weil sie eben sehr viel mehr kampfbetonter ist. Schauen Sie sich die Technik und den Unterschied an! Und erkennen Sie Parallelen zu anderen Kata.

An dieser Stelle muss man noch anmerken, dass in Okinawa auch mit Waffen wie Sai, Jutte und Tonfa trainiert wurde; was durchaus auch an diese Stelle passt.

Man kann eine solche Kata nur dann wirklich weiter geben, wenn man die Techniken auch versteht. Sie zu kennen nützt nichts. Denn das Gehirn verarbeitet oftmals die Daten des Auges nur mit dem was es kennt. Wenn es aber an Kenntnis fehlt, interpretiert man etwas Falsches.

Kanku-Sho, Technik 23 - 25

Vor (südlich) in Kokutsu-Dachi mit Bo-Uke (Bo Dori). Vor springen und den Bo herunter drehen.

Ähnliche Techniken finden wir auch in der Bassai-Sho, oder in der Meikyo