Zwei herzergreifende Bergromane September 2023 - Anna Martach - E-Book

Zwei herzergreifende Bergromane September 2023 E-Book

Anna Martach

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Heimatromane: Bauplan für die Liebe (Anna Martach) Zwei Herzen auf dem Irrweg (Anna Martach) Schon vor der eigentlichen Trauzeremonie flossen die Tränen in Strömen. Noch während die Kirchenglocken von St. Antonius das freudige Ereignis in alle Welt verkündeten, saßen auf den Kirchenbänken die Eltern der Braut, wie auch Vreni Kollmannberger, und schnieften um die Wette. Vreni war mit Arndt und Emma Ammersberger eng befreundet. So war es natürlich eine Ehrensache, heute am Hochzeitstag von Stefanie und Frank dabei zu sein. Als das junge Paar sich endlich fürs Leben gefunden hatte, war wohl niemand glücklicher gewesen als "das lebende Tageblatt" von Hindelfingen. Sie, die keine Gelegenheit ausließ, über alle Leute die tollsten Geschichten zu erzählen, hatte im Vorfeld tatsächlich über diese junge Liebe geschwiegen. Bis zu dem Tag, da endlich die Verlobung bekanntgegeben werden konnte. Heute nun war endlich der große Tag gekommen, da die Hochzeit des Jahres stattfinden sollte. Die Tochter des größten Fabrikanten der Umgebung und der Sohn des größten Holzhändlers, der Filialen im ganzen Land besaß, traten vor den Traualtar. Es war das Ereignis des Jahres, und ganz Hindelfingen war auf den Beinen, um nicht eine Sekunde davon zu verpassen.

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Anna Martach

Zwei herzergreifende Bergromane September 2023

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Inhaltsverzeichnis

Zwei herzergreifende Bergromane September 2023

Copyright

Bauplan für die Liebe: Wildbach Bergroman

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Zwei Herzen auf dem Irrweg

Zwei herzergreifende Bergromane September 2023

Anna Martach

Dieser Band enthält folgende Heimatromane:

Bauplan für die Liebe (Anna Martach)

Zwei Herzen auf dem Irrweg (Anna Martach)

Schon vor der eigentlichen Trauzeremonie flossen die Tränen in Strömen. Noch während die Kirchenglocken von St. Antonius das freudige Ereignis in alle Welt verkündeten, saßen auf den Kirchenbänken die Eltern der Braut, wie auch Vreni Kollmannberger, und schnieften um die Wette. Vreni war mit Arndt und Emma Ammersberger eng befreundet. So war es natürlich eine Ehrensache, heute am Hochzeitstag von Stefanie und Frank dabei zu sein.

Als das junge Paar sich endlich fürs Leben gefunden hatte, war wohl niemand glücklicher gewesen als „das lebende Tageblatt“ von Hindelfingen. Sie, die keine Gelegenheit ausließ, über alle Leute die tollsten Geschichten zu erzählen, hatte im Vorfeld tatsächlich über diese junge Liebe geschwiegen. Bis zu dem Tag, da endlich die Verlobung bekanntgegeben werden konnte.

Heute nun war endlich der große Tag gekommen, da die Hochzeit des Jahres stattfinden sollte. Die Tochter des größten Fabrikanten der Umgebung und der Sohn des größten Holzhändlers, der Filialen im ganzen Land besaß, traten vor den Traualtar.

Es war das Ereignis des Jahres, und ganz Hindelfingen war auf den Beinen, um nicht eine Sekunde davon zu verpassen.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Bauplan für die Liebe: Wildbach Bergroman

von Anna Martach

Der Umfang dieses E-Book entspricht 101 Taschenbuchseiten.

Annemie ist empört, denn direkt angrenzend an ihre Landwirtschaft soll eine Autoteststrecke gebaut werden. Natürlich wird sie dagegen angehen. Allerdings erhält sie von ihrem Freund Stefan nicht die erhoffte Unterstützung. Und als sie dann auch noch den charmanten Architekten Klaus kennenlernt, gerät Stefan vor Eifersucht außer sich...

1

„Das gibt‘s doch net. Das können die doch net einfach so tun!“ Annemarie Glinegger las fassungslos noch einmal den Brief, den sie soeben vom Bürgermeisteramt erhalten hatte.

„... teilen wir Ihnen mit, dass Ihre Grundstücke an das neu zu erbauende Testgelände angrenzen. In naher Zukunft werden Sie daher durch die notwendigen Bauarbeiten einige Beeinträchtigungen erleiden, für die schon jetzt um Entschuldigung gebeten wird. Sollten Sachschäden anfallen, bitten wir um Benachrichtigung. Doch wie uns die ausführende Firma mitteilt, wird man sich bemühen, diese Belästigungen so gering wie möglich zu halten. Sollte dennoch ein schwerwiegender Grund zu Beanstandung vorhanden sein, so bitten wir Sie, sich sofort mit uns kurzzuschließen, um bereits im Vorfeld mögliche Missverständnisse auszuräumen.“

Annemie, wie sie allgemein genannt wurde, schüttelte den Kopf. Testgelände? Autos? Bauarbeiten? Ja, was hatte denn das zu bedeuten? Von einer Änderung oder gar einer Ausweitung des Bebauungsplanes für das Land war bisher nichts bekannt gewesen. Im Gegenteil, ein Naturschutzgebiet sollte dort entstehen, jedenfalls nach der bisherigen Planung, wo demnächst stattdessen brüllende Motoren und Asphalt sich breitmachen würden, wenn das denn so stimmte, was hier schwarz auf weiß stand. Aber das konnte doch einfach net sein!

Das war ein wirklich dickes Ding.

Wie kam denn nur jemand dazu, mitten in einem Gelände, in dem Felder, Wiesen und reine Natur vorherrschten, eine Teststrecke für Autos bauen zu wollen? Noch dazu, wo das ganze Gelände ja nicht eben war, sondern sich durch Hügel und Geröll schlängelte, eine Karstlandschaft, wie sie hier eher selten war.

Annemie ließ sich das noch einmal durch den Kopf gehen, doch dann stemmte sie entschlossen die Hände in die Hüften.

„Net mit mir, meine Herren. So net!“, sagte sie energisch und reckte stolz den Kopf in die Luft.

Annemarie Glinegger war eine junge Frau von sechsundzwanzig Jahren, schlank und hochgewachsen, mit haselnussbraunen Augen und glänzenden braunen Haaren. Ihr Mund war voll und rot, und sie besaß eine entzückende kleine Stupsnase, wie ihr Freund Stefan immer wieder feststellte. Und jetzt, da das Madl so angriffslustig in die Welt schaute, sah sie eher noch hübscher aus als ohnehin schon. Aber im Augenblick war niemand da, der es hätte bemerken können.

Was hatte sich dieser Dummstoffel von einem Bürgermeister dabei nur wieder gedacht? In einem so kleinen Ort wie Heiligenbach kannte natürlich jeder jeden, und Bürgermeister war der Huber Franz geworden. Ganz einfach, weil sich kein anderer gefunden hatte, der diese Arbeit tun wollte. Einige Leute hatten dem Huber Franz schon vorgeworfen, dass er ein bisschen langsam im Denken sei, aber hier in einem so kleinen Ort kam es ja nicht so sehr darauf an.

Doch nun schien er eindeutig etwas zu viel gedacht zu haben, denn ein solcher Beschluss, der in die Grundstücksrechte der Einwohner eingriff, der konnte doch wohl net mit rechten Dingen zugehen.

Annemie band sich die Schürze ab, die sie in der Küche trug, nahm den Brief und ging hinaus.

Ihre Mutter saß draußen im Garten und jätete Unkraut. Heidemarie Glinegger war eine ältere Frau, die ihren Mann, Annemies Vater, vor fünf Jahren verloren hatte, und sie war körperlich nicht mehr sehr gut beisammen. Aber sie ließ es sich auf keinen Fall nehmen, im Hause und im Garten immer noch etwas zu tun. Ihre Tochter hatte bereits jetzt die ganze Landwirtschaft in die Hand genommen und war zufrieden mit den Erträgen, die sie erwirtschaftete.

Annemie rief ihr im Vorbeigehen zu, dass sie eben schnell zum Bürgermeister unterwegs sei und gleich wieder zurückkäme.

Noch immer von einer heiligen Wut erfüllt, lief das Madl die kurze Strecke die Hauptstraße entlang, bis sie zum Bürgermeisteramt kam, das direkt neben der Grundschule untergebracht war in einem schmucken kleinen Fachwerkhaus aus dem siebzehnten Jahrhundert.

Elsbeth, die Sekretärin, blickte erstaunt auf, als das Madl hereinstürmte, dann aber lächelte sie, als sie den Brief in der Hand der jungen Frau sah.

„Elsbeth, ich muss sofort mit dem Franz reden“, rief Annemie und wedelte heftig mit dem Brief.

„Der Franz ist net da“, sagte die Sekretärin bedauernd. „Und du bist heut‘ auch net die einzige, die ihn auf der Stelle sprechen und dann vielleicht in der Luft zerreißen möcht‘. Ich nehm‘ an, bei dir geht‘s auch um die Autostrecke.“

Annemie nickte heftig. „Da ist er ja wohl ganz schön feige, unser Herr Bürgermeister. Schickt uns erst aus heiterem Himmel solche Briefe, und dann ist er net mal da, damit man ihn darüber ausfragen und ihm die Meinung sagen kann.“

Elsbeth nahm einen Brief von einem Stapel auf ihrem Schreibtisch und reichte ihn Annemie.

„Der Franz hat sowas schon vorausgesehen, und deswegen hat er eine Anhörung für alle Betroffenen einberufen, die sich dazu äußern wollen. Da wollen auch zwei Abgeordnete aus dem Landtag kommen, die das ja wohl mit zu verantworten haben. Und natürlich werden auch Vertreter der Firma da sein, welche die Strecke bauen will. Da könnt‘s ihr euch alles vom Herzen reden, damit es zu einer Einigung kommt.“

Ein wenig verwirrt griff das Madl nach dem Brief und überflog ihn. „Und was soll uns das bringen?“, fragte sie dann fast aggressiv. „Ich will ganz einfach net, dass Autos bei mir da draußen herumrasen. Das ist reine Natur da neben meinen Wiesen und Äckern, was ich einmal mit in die Ehe einbringen will. Schließlich ist das meine Mitgift. Aber wenn da jetzt eine Rennbahn gebaut wird, dann ist mein Land doch nix mehr wert.“

„Nun beruhige dich erst mal“, sagte Elsbeth begütigend. „Hier wird ja nix so heiß gegessen wie‘s gekocht wird.“

„Du, da kann ich dir net so recht glauben“, erwiderte das Madl. „Dieser Brief ist ja schon was Offizielles, und da steht drin, dass das eine beschlossene Sache ist. Wie soll‘s denn da noch zu einer Einigung oder Änderung kommen. Ich glaub‘, hier will man uns Sand in die Augen streuen, damit wir gar net sehen, was die uns und der Natur antun.“

Elsbeth seufzte. An diesem Tag hatte sie den Blitzableiter für alle empörten Bürger zu spielen, die von dem geplanten Bauvorhaben betroffen waren. Und dabei handelte es sich nicht um wenige Leute. Der Huber Franz hatte sehr richtig vorausgesehen, dass es böses Blut geben würde und hatte deswegen rechtzeitig einen Termin in der Kreisstadt.

Und jetzt stand Annemie ein wenig ratlos da in ihrer gerechten Empörung, aber sie musste sich damit zufriedengeben, dass es auf der Anhörung eben nur um dieses eine Thema gehen würde. Und da würde man sie schon kennenlernen. Das ließ sie net so einfach mit sich machen.

„Na gut, Elsbeth, ich dank dir erst mal, du kannst ja eh nix weiter tun“, sagte das Madl dann aber und ging heim. Dort wartete mittlerweile Stefan Hintermoser, ihr Freund und vielleicht baldiger Verlobter. Auch er hatte einen solchen Brief bekommen, denn auch seine Felder grenzten an die geplante Strecke an. Aber er war längst nicht so stark betroffen wie Annemie, deren gesamtes Land an das Bauvorhaben anschloss.

„Was sagst denn du dazu?“, ereiferte sich das Madl gegenüber Stefan, doch der blieb einigermaßen ruhig.

Er zog seine Freundin in die Arme. „Ich sag dazu, dass du noch viel schöner bist, wennst wütend wirst“, erklärte er ernsthaft und versuchte sie zu küssen.

„Ach geh, sei net albern. Das ist eine ernste Sache“, schimpfte Annemie liebevoll und löste sich aus seinen Armen. „Darüber treiben wir keine Scherze. Ich versteh einfach net, was der Franz sich dabei gedacht hat, wenn er überhaupt dabei gedacht hat, was man ja bei ihm net immer weiß.“

„Ach, nun komm“, meinte Stefan. „Schimpf net so sehr auf ihn.“

„Eine Entscheidung von solcher Tragweite hat er net allein getroffen, net allein treffen dürfen, da steckt noch mehr dahinter“, beharrte das Madl stur. „Und wenn auch noch Abgeordnete kommen wollen, dann kannst sicher sein, dass da eine Menge Geld mit drin steckt, das ist bestimmt eine politische Entscheidung.“

„Ja, siehst, und politische Entscheidungen kannst eh net rückgängig machen.“

„Deswegen können‘s mir aber noch lang net mein Land kaputtmachen“, fuhr Annemie auf.

Stefan schüttelt den Kopf über so viel gerechten Zorn. „Ich glaub net, dass sie‘s dir kaputt machen wollen. Und vielleicht ist das für die Gegend hier sogar recht gut. Es gäb mehr Arbeitsplätze und mehr Touristen, und wir würden alle mehr Geld verdienen.“

Annemie starrte Stefan fassungslos an. „Du bist doch net etwa dafür?“

„Nun, ich mein‘ ja bloß, aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten.“

„Ach, zum Teufel mit deinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten“, schimpfte das Madl, aber Stefan zog sie jetzt wieder an sich. „He, durch Reden und Schimpfen werden wir jetzt eh nix ändern können. Wart einfach ab, bis die Anhörung ist. Und da kannst ja dann alles sagen, was dich aufregt und bedrückt. Aber jetzt wüsst‘ ich wirklich was Besseres als mit dir über Politik zu diskutieren.“ So sprach er, nahm sie fester in den Arm und busselte sie erst einmal ab.

2

Der kleine Gemeindesaal war rappelvoll. Alle Plätze waren besetzt, und selbst ringsum an den Wänden standen die Bewohner aus Heiligenbach dicht gedrängt. Auf der Bühne hatte man eine Art Podium errichtet, dort saßen neben dem Huber Franz die beiden Landtagsabgeordneten, der ausführende Architekt für das geplante Bauvorhaben, Klaus Salme, und ein Vertreter der Automobilfirma, die das Ganze bauen lassen wollte. Unruhe herrschte im Saal, weil viele Bürger noch miteinander redeten. Aber so nach und nach beruhigte sich die Menschenmenge, und schließlich stand der Bürgermeister auf und ergriff das Wort.

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger.“

Sofort erhob sich wieder Tumult. Rufe wie Verräter, depperter Ochs, Dummkopf und andere wenig schmeichelhafte Bezeichnungen wurden laut.

Huber wartete einige Zeit, bis sich die Unruhe wieder gelegt hatte, warf dann einen Blick in die Runde und begann von neuem, indem er erst einmal die Männer vorstellte, die hier oben mit ihm saßen. Dann ging es aber gleich zur Sache, denn er spürte sehr wohl, dass des Volkes Meinung absolut gegen ihn war, aber er hatte durchaus vor, das Projekt zu verteidigen, auch wenn es nicht ganz allein auf seinem Mist gewachsen war.

Annemie war frühzeitig erschienen und hatte einen Platz in der ersten Reihe, von wo aus sie alles gut beobachten konnte. Und so war da zunächst der Huber, so wie sie ihn seit Jahren kannte, schwergewichtig, behäbig, mit grauen Haaren und seiner etwas langsamen Art und der Brille, die immer etwas schief auf seiner Nase saß. Sein gerötetes Gesicht zeugte davon, dass er gerne aß und trank und auch häufig Gast im Schwanenkrug war.

Dann waren da die beiden Abgeordneten, die sich glichen wie Zwillinge, sie wirkten farblos in ihren korrekten grauen Anzügen, und die Gesichter schienen irgendwie nichtssagend, aber ein ständiges Lächeln lag darauf, als könnten sie gar nicht anders. Doch es wirkte einstudiert und nicht ehrlich.

Ganz anders dagegen der Vertreter der Automobilfirma in seinem maßgeschneiderten Anzug, mit perfekt geschnittenem Haar und manikürten Fingern, die nie etwas Schwereres gehoben hatten als einen Kugelschreiber. Er blickte fast gelangweilt über die Versammlung, und das Madl nahm sich vor, auf diesen Mann besonders zu achten und ihn, wenn möglich in Schwierigkeiten zu bringen, auf die er keine Antwort hatte.

Tja, und dann war da noch Klaus Salme, der Architekt. Auf den ersten Blick wirkte dieser Mann ungeheuer sympathisch. Er hatte ein jungenhaftes Gesicht mit einem ansteckenden Lächeln, mochte wohl Mitte bis Ende dreißig sein, war schlank, hochgewachsen und trug legere Kleidung, die aber recht gut als teuer zu erkennen war. Er schaute sich aufmerksam um, und dann blieb sein Blick einen Augenblick länger auf Annemie hängen. Das Madl fühlte sich plötzlich beobachtet und blickte Salme schließlich direkt ins Gesicht. Ein Lächeln zeichnete sich dann bei ihm ab, das so gar nicht zu der ernsten Situation hier passen wollte, dann zwinkerte er ihr zu, und in Annemie kroch Empörung hoch.

Was bildete sich dieser Lackaffe eigentlich ein? Er mochte ja ruhig sympathisch sein, aber er stand auf der falschen Seite. Da konnte es keine Freundlichkeit geben zwischen ihnen, dachte sie abfällig.

Annemie war von vornherein eingenommen gegen alle, die etwas mit diesem Großprojekt zu tun hatten, und Sympathie für einen von denen kam schon gar nicht in Frage und war somit verschwendet.

Trotzdem verweilte der Blick des Madls noch einmal auf dem Mann, und insgeheim musste sie zugeben, dass er doch sehr fesch aussah.

Die einführenden Worte des Bürgermeisters plätscherten an Annemie vorbei, denn bisher war noch gar nichts Konkretes ausgesagt worden. Im Gegenteil, mit jedem Wort schürte er den Unmut unter den versammelten Mitbürgern, weil er nicht endlich auf den Punkt kam.

Schließlich aber brüllte jemand aus den hinteren Reihen: „Franz, nun ist es aber genug. Sag endlich, was hier los ist, und spar dir deinen Schmus.“

Der Huber Franz räusperte sich, mitten im Satz unterbrochen, schaute auf den Zwischenrufer, und gab dann ein wenig resigniert das Wort ab an einen der Abgeordneten.

Der Mann hatte eine Stimme wie eine Schlaftablette, befand Annemie, und was er sagte, hatte noch längst nicht Hand und Fuß. Wieder machte sich unmutiges Gemurmel in der Zuhörerschaft breit, aber schließlich ging es doch zur Sache.

Der Vertreter der Firma stand auf und erklärte in schönsten Worten, was genau geplant war und wie es irgendwann einmal in zehn oder zwanzig Jahren aussehen würde. Schließlich aber wurde es Annemie entschieden zu dumm. Alle redeten hier drum herum, und bisher hatte noch niemand den Mut, eine richtige Diskussion zu eröffnen. Also hob sie die Hand und stand dann auf.

„Das Gelände, auf dem gebaut werden soll, war ursprünglich als Naturschutzgebiet vorgesehen. Stimmt es, dass jetzt eine Bebauungsplanänderung eintritt? Wer hat das zu entscheiden gehabt? Und werden dafür Ausgleichsflächen zur Verfügung gestellt? Wenn ja, wo? Wie werden dann die Betroffenen entschädigt, deren Land nicht nur genutzt wird, sondern auch angrenzt an diese – diese Rennbahn“, fragte sie sehr sachlich und sehr nüchtern.

Einer der Abgeordneten antwortete ein wenig ausweichend, und Annemie war damit natürlich nicht einverstanden.

„Wenn ich auf meine ersten Fragen schon keine klaren Antworten kriege, dann können S‘ mir vielleicht verraten, inwieweit die Landschaft zerstückelt werden wird bei diesem Mammutprojekt. Das ist ja eine riesige Fläche, die bebaut werden soll“, beharrte sie.

Der Franz war gar nicht glücklich über die Zwischenfragen von Annemie, deutete jetzt aber auf den Architekten. „Ich bin ganz sicher, der kann dir deine Fragen beantworten, jedenfalls, was den Bau an sich angeht.“

Klaus Salme stand auf. Sein Blick ruhte jetzt voller amüsierter Anerkennung auf dem Madl, aber zumindest verstand er etwas von seiner Arbeit. Das merkte Annemie gleich darauf, als er antwortete.

Hinter den Männern auf dem Podium hing eine Leinwand, und als Salme jetzt ein Zeichen machte, wurde ein Bild von einem Projektor eingeblendet, worauf die Planung im Detail zu sehen war, einschließlich aller angrenzenden Grundstücke.

„Wie Sie sehen können, meine Damen und Herren, fügt sich die geplante Teststrecke in das Gelände ein, ohne dass es zu großen landschaftlichen Veränderungen kommen muss. Hier in der Mitte sehen Sie das große Gebäude, in dem die Fahrzeuge gewartet und umgebaut werden können, wie auch ein angeschlossenes Wohnhaus, in dem Mitarbeiter leben, die sich um das Gelände kümmern werden, sei es nun Rasenmähen, die Gebäude instand halten, oder was auch immer.“

„Soll das heißen, dass Sie neben der Autostrecke eine gepflegte Parklandschaft mit kurzgeschnittenem Rasen und ein paar Büschen daraus machen wollen?“, fragte Annemie jetzt feindselig.

Klaus Salme lächelte. „Ich wüsste nichts, was dagegen spricht“, antwortete er ruhig.

Annemie sprang wütend auf. „Ist Ihnen klar, was Sie da im Begriff sind zu zerstören? Das ist ein seltenes Gebiet. Es handelt sich dabei um eine Heidelandschaft, die in dieser Form relativ selten ist. Dort brüten Vögel, die es hier in der Gegend sonst net gibt, und es wachsen seltene Pflanzen, außerdem gibt es Wild, das sich nur dort wohl fühlt. Und das alles wollen Sie kaputtmachen für ein paar blöde Autos?“

Jetzt hob Klaus Salme eine Augenbraue hoch, wie um seine amüsierte Missbilligung auszudrücken, während der Huber Franz wütend aufsprang.

„So kannst mit dem Herrn net reden, Annemie“, schnauzte er sie an, aber sie reckte nur ihr Kinn angriffslustig in die Höhe.

„Ich red‘ mit denen, wie ich‘s mag und wie sie‘s verdienen. Und da lass ich mir schon gar net von dir dreinreden. Wenn die Herrschaften keine Kritik vertragen können, dann sind‘s hier ohnehin verkehrt.“

Salme legte dem Bürgermeister fast kumpelhaft eine Hand auf die Schulter.

„Lassen S‘ die junge Dame ruhig reden, deswegen sind wir ja hier. Wir wollen Missverständnisse ausräumen und um Verständnis werben. Und dafür müssen wir uns halt eben der Kritik stellen.“

„Wo liegt denn Ihrer Meinung nach das Missverständnis, für das Sie um Verständnis werben wollen?“, fragte Annemie jetzt scharf. „Doch ganz sicher net bei mir. Ich will, wie viele andere Bürger auch, eine intakte und schützenswerte Landschaft erhalten. Sie wollen die unter Asphalt begraben und zersiedeln.“

„Nun, ganz so krass würde ich das nicht sehen“, erwiderte der Architekt, aber seine Worte trafen auf wenig Gegenliebe.

„Da ist doch wohl kein großer Unterschied, ob Sie‘s nun betonieren oder mit Rasen einsäen. Tatsache ist doch, dass das Naturschutzgebiet dadurch verändert und sogar zerstört wird.“

„Annemie, das ist kein Naturschutzgebiet“, begehrte der Huber auf.

„Sollte es aber sein!“, konterte sie.

„Darüber hast du jetzt hier nix zu befinden“, empörte sich der Bürgermeister, dem es sichtlich peinlich war, dass seine Einwohner sich so renitent zeigten.

„Ich lass mir doch von dir net befehlen, was ich zu denken und zu sagen hab“, gab Annemie trocken zurück. Doch nun mischte sich Klaus Salme wieder ein, dem das Ganze hier einen Riesenspaß zu machen schien. Denn er wirkte nicht pikiert oder verärgert über die Einwände des Madls. Er betrachtete sie auch immer wieder mit wohlgefälligen Blicken, was ihr aber im Augenblick entging. Sie aber konzentrierte sich jetzt wieder auf den Architekten, er schien zumindest Ahnung von dem zu haben, was geplant war.

„Dieses große Gebäude in der Mitte: Habe ich das richtig verstanden, dass dort auch Werkstätten hineingebaut werden sollen?“

Salme nickte.

„Und ich nehm‘ an, Sie werden auch Benzintanks unterirdisch anlegen?“

Der Architekt nickte wieder.

„Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie damit dem Grundwasser antun? Nicht nur, dass unsere Grundstücke nix mehr wert sein werden, wenn Sie einmal fertig sind. Wir müssen dann also auch noch befürchten, dass unser Wasser verseucht wird durch Benzin und Öl.“

„Annemie, jetzt gehst du zu weit“, brüllte Huber.

Die aber machte nur eine wegwerfende Handbewegung in seine Richtung. Seine Einwände interessierten sie jetzt nicht, er hatte nicht genug Ahnung von allem.

Salme aber nickte langsam, als verstände er jetzt die Sorgen und Befürchtungen des Madls. „Wir haben hier in Deutschland sehr strenge Auflagen in Bezug auf die Grundwasserregelung und besonders für Abdichtungen bei solchen Bauvorhaben, wie wir es planen. Ich kann Ihnen versichern, dass nach menschlichem Ermessen nichts passieren kann.“

Annemie lachte spöttisch auf. „Menschliches Ermessen, ja? Die meisten Fehler und Katastrophen passieren durch menschliches Versagen. Wie wollen Sie das ausschließen?“

Der Architekt schüttelte den Kopf. „Das kann niemand ausschließen. Aber wenn Sie das so genau nehmen, dann dürfen Sie ja nicht einmal mehr aus dem Hause gehen, weil Sie damit rechnen müssen, dass jemand Sie auf der Straße überfährt. Auch das ist dann menschliches Versagen. Ich versichere Ihnen, dass wir bereits im Vorfeld alle erdenklichen Sicherungen einbauen, um soweit wie möglich alle Fehlerquellen auszuschließen. Und im Übrigen müssen wir uns einfach darauf verlassen, dass die Menschen, soweit wie möglich, Fehler vermeiden. Ich nehme an, Sie halten das ebenso. Und ich frage Sie: Haben Sie noch nie einen Fehler gemacht?“

Annemie schnappte fast nach Luft. Was fiel diesem Kerl ein, sie auf diese Weise persönlich anzugreifen? Hier ging es schließlich um etwas anderes als ihre persönlichen Fehler.

„Ich hab nie gesagt, dass ich keine Fehler mache“, gab sie darum jetzt ruhig zurück. „Aber man kann Fehler in der Größenordnung ausschließen, wenn man sich auf eine so waghalsige Sache erst gar net einlässt.“

„Ich halte dieses Projekt nicht für waghalsig“, erwiderte Salme ebenso ruhig wie sie. „Ich glaube allerdings, dass Ihre Sicht sehr einseitig ist, auch wenn ich das gut verstehen kann. Aber denken Sie doch auch einmal an die wirtschaftlichen Vorteile für die ganze Region hier. Wir schaffen Arbeitsplätze, wir zahlen Gewerbesteuer, der Tourismus wird angekurbelt ...“

„Ja, klar“, warf Annemie bitter ein. „Hinter wirtschaftlichen Erwägungen muss natürlich der Naturschutz zurückstehen. Ich glaube, für heute habe ich genug gehört.“ Sie sprang auf und wollte hinauslaufen, doch noch einmal drehte sie sich um. „Sie können sicher sein, dass ich mich damit noch nicht zufrieden gebe. Ich werde Einspruch einlegen und notfalls auch vor dem Verwaltungsgericht klagen. Das lass ich mir so net bieten.“

Mit diesen Worten stürmte sie endgültig hinaus. Stefan, der die ganze Zeit über reglos und still neben ihr gesessen hatte, lief jetzt hinterher.

Der Huber Franz war ziemlich rot geworden im Gesicht und suchte jetzt verzweifelt nach den richtigen Worten, um sich zu entschuldigen für das, wie er meinte, schlechte Benehmen seiner Mitbürgerin. Aber Klaus Salme winkte ab.

„Sagen Sie mir lieber, wer diese reizende junge Frau ist. Ich würd‘ gerne noch mal unter vier Augen mit ihr reden. Vielleicht kann ich sie ja doch noch überzeugen.“

Huber schnappte nach Luft. „Was die Annemie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das ändert niemand mehr. Ich glaube, da ist jedes Wort von Ihnen verschwendet. Aber lassen S‘ das Madl ruhig laufen. Was will sie schon tun? Sie kann sich ja doch net dagegen wehren, wenn‘s einmal beschlossene Sache ist.“

Salme betrachtete den dicklichen Bürgermeister nachdenklich. „Es ist das gute Recht dieser jungen Dame zu protestieren. Aber ich möchte trotzdem jeden Versuch unternehmen, ihr zu erklären, dass sie viel zu schwarz sieht.“

„Na, dann wünsch‘ ich Ihnen viel Vergnügen dabei“, meinte Huber und gab Salme dann die Adresse von Annemie.

Noch viel wurde an diesem Abend geredet und diskutiert, obwohl die Entscheidung ja im Grunde längst gefallen war.

Doch Klaus Salme kehrte an diesem Abend in sein Hotelzimmer zurück und dachte voller Vorfreude an ein erneutes Zusammentreffen mit Annemie, auch wenn sie so völlig anderer Meinung war als er. Sie war eine so reizvolle Person, und der Mann fühlte, wie sein Herz zu ihr flog. Allerdings würde es sicher noch einiges an Nerven und Überredung kosten, bis sie sich vielleicht einmal von ihm einladen ließ.

Ob sie wohl einen Freund hat?, fragte er sich, bevor er mit angenehmen Gedanken an das Madl einschlief.

3

„Warum hast denn net auch mal was gesagt?“, fuhr Annemie ihren Freund Stefan an, als sie beide draußen wieder aufeinander trafen. „Du hast da nur herumgesessen und mich allein reden lassen, statt mir zur Hilfe zu kommen.“

„Was hätt‘ ich denn dazu noch sagen sollen?“, verteidigte er sich lahm. „Du hast doch eh schon alles gesagt, was zu sagen war.“

„Na, dann hätt‘st dir noch was einfallen lassen müssen. Du bist doch sonst auch net auf den Mund gefallen. Und allein wird man da ja regelrecht abgekanzelt. Die nehmen unsere Befürchtungen gar net ernst. – Nein, net jetzt“, sagte sie energisch und schob Stefan beiseite, der sie versöhnlich in den Arm nehmen wollte. „Ich bin jetzt net in der Stimmung für sowas.“

„He, du, langsam“, sagte Stefan, der nur mühsam seine Geduld bewahrte. Ich bin net dein Feind, ich bin dein Freund, schon vergessen?“

Annemie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Entschuldige, du hast ja vollkommen recht. Tut mir leid, ich wollt‘ dich net verletzen. Aber diese ganze Geschichte geht mir einfach über die Hutschnur. Sowas aber auch. Da kommen die einfach daher und wollen unsere schöne Landschaft verschandeln. Aber noch sind wir net am Ende mit unserem Latein. Gleich morgen früh werd‘ ich zu einem Anwalt gehen und mir richtigen Rat holen, was ich noch tun kann. Und dann werden wir ja sehen, was wir diesen feinen Herrn noch entgegensetzen können.“

4

Doch allzu viel Hoffnung konnte ihr der Anwalt am nächsten Tag nicht machen.

„Ich würd‘ ja sagen, klagen Sie ruhig“, meinte er. „Aber der einzige, der davon profitieren könnte, wäre ich. Und so muss ich ehrlich zu Ihnen sein, da besteht so gut wie keine Aussicht auf Erfolg auf dem Rechtsweg. Die andere Möglichkeit, die sich vielleicht für Sie noch ergeben könnte, wäre eine Demonstration, oder vielmehr mehrere Demonstrationen gegen dieses Projekt. Machen Sie die Medien aufmerksam, lautstark und beharrlich, so dass sich die Firma früher oder später dem Volksentscheid beugen müsste. Aber auch das hat nicht viel Aussicht auf Erfolg, wenn es nicht von allen unterstützt wird. Dagegen spricht natürlich, dass das Bundesland an diesem Bauprojekt beteiligt ist und selbst Finanzmittel zur Verfügung stellt. Die Herren Volksvertreter pflegen ihre Entscheidungen nur unter starkem Druck rückgängig zu machen. Es tut mir sehr leid, Frau Glinegger, aber mehr Hoffnung kann ich Ihnen da wirklich nicht machen.“

Annemie war zutiefst enttäuscht. „Nun, damit muss ich mich wohl zufriedengeben“, sagte sie dann leise. „Aber ich find‘ noch immer net, dass es richtig ist.“

Der Anwalt stand auf und reichte ihr verabschiedend die Hand. „Leider ist net immer alles richtig, was wir so empfinden. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen keine andere Auskunft geben konnte.“

„Schon gut“, erwiderte sie, „ich wird‘ mir halt noch was einfallen lassen müssen.“

5

In den nächsten Tagen bemerkte man in Heiligenbach auffällig viele fremde Autos, die ersten Vermessungsarbeiten auf dem riesigen Gelände wurden durchgeführt.

Annemie verstand es so einzurichten, dass sie rein zufällig immer in der Nähe war. Zuerst hielt sie sich zurück und beobachtete nur. Doch dann wurde ihre innere Unruhe immer stärker, und sie hielt es nicht mehr aus. Vor allem, als die Vermessungsingenieure begannen auch auf ihren Grundstücken herumzulaufen und die dort weidenden Tiere aufzuschrecken.

„He, Sie da!“, brüllte sie schließlich einen der Männer an. „Diese Wiese gehört mir. Lassen S‘ meine Tiere zufrieden und bleiben S‘ weg da!“

„Ich muss aber einen Peilpunkt haben“, widersprach der Mann.

„Das ist mir egal. Peilen S‘ von mir aus nach der Sonne oder nach dem Daumen, aber net auf meinem Grund und Boden“, kam Annemies schnippische Antwort.

Der Mann schüttelte den Kopf. Er hatte scheinbar von den Protesten hier am Ort noch nichts gehört und dachte jetzt, er könnte mit ein wenig Höflichkeit die Erlaubnis bekommen das Grundstück von Annemie zu benutzen. Natürlich hatte sie auch gar nicht das Recht diese Leute fortzuweisen, es war eine amtliche Tätigkeit, und die Ingenieure hätten ihre Erlaubnis gar nicht gebraucht. Aber allen war eingeschärft worden, sich besonders freundlich und zurückhaltend zu benehmen, allerdings ohne Angabe von Gründen. Und Annemie hatte einfach etwas dagegen, dass fremde Leute auf ihren Wiesen herumliefen, sie war fest entschlossen, soweit wie möglich alles zu behindern.

„Ich will auf keinen Fall, dass Sie mein Eigentum betreten“, beharrte Annemie also auch nach einer freundlichen Bitte des Mannes.

Weil sie hartnäckig bei ihrer Weigerung blieb, machten die Männer zunächst an einer anderen Stelle weiter. Doch es ließ sich auf Dauer natürlich nicht vermeiden, dass immer wieder jemand auf ihre Wiesen kam. Und Annemie war schließlich so ungehalten darüber, dass sie selbst zur Tat schritt, um diese Anfangsarbeiten zu stören. Sie schlich in die Nähe der Männer, verschob dann rasch die Instrumente, so dass die Peilpunkte nicht mehr stimmten, lief dann wie zufällig durch die Peilstrecken und störte sich offensichtlich gar nicht daran, dass die Leute langsam unfreundlich wurden. Die Arbeit ver zögerte sich, und jede Stunde kostete schon jetzt ein Vermögen, weil sich auch der Baubeginn damit weiter verzögerte.

Schließlich aber hatten die Männer genug von dem Madl, das so beharrlich dafür sorgte, dass nichts klappte. Sie beschwerten sich offen bei Klaus Salme und forderten ihn auf, für Abhilfe zu sorgen.

Er aber musste unwillkürlich schmunzeln, als er von Annemies Streichen hörte. Er hatte damit gerechnet, dass sie nicht stillhalten würde, und bisher waren ihre Maßnahmen nicht bösartig gewesen. Doch diese Verzögerungen konnte man sich einfach nicht leisten. Vor allem würden vielleicht noch andere Leute auf die gleiche Idee kommen, dann würden die Schwierigkeiten wesentlich größer werden.

Klaus Salme nahm sich also vor, mit Annemie vernünftig zu reden, irgendwie musste sie doch verstehen, wie wichtig dieses Projekt war.

Er nahm die erstbeste Gelegenheit wahr, sie aufzusuchen und einmal unter vier Augen mit ihr zu reden.

6

Annemie war nicht wenig erstaunt, als Klaus Salme plötzlich vor ihr stand. Sie war gerade aus dem Haus gekommen, um einkaufen zu gehen, als er aus seinem Wagen stieg und auf sie zukam.

„Wie schön, Sie wiederzusehen. Ich hoffe doch, Sie haben net vergessen, wer ich bin?“, fragte er lächelnd.